eingeschlafene Ehe wiederbeleben - wie erklärt man Bedürfnis nach emotionaler Nähe?
Hallo,
Sorry ich muss etwas ausholen, damit die Frage verständlich ist. Die Frage selbst ist im letzten Absatz.
Ich bin schon lange mit meiner Frau verheiratet (>25J) wir haben einige interessante Unterschiede in den letzten Jahren entdeckt, manche Ursachen herausgefunden - insbesondere dass die typischen Rollenverteilung "emotional schweigsamer Mann" etc bei uns in vielen Bereichen genutzt umgekehrt verteilt ist.
Meine Frau hat nun einen Tanzkurs vorgeschlagen, damit wir mal wieder mehr gemeinsam unternehmen. Ich habe ihr gesagt, dass ich es schöner fände, wenn wir davor erstmal wieder etwas in Richtung "emotionale Nähe finden" unternehmen würden. Denn die gibt es seit Jahren nicht.
Emotionale Nähe kennt sie leider nur über Projekte und Zusammenarbeit (lange Geschichte): da klappt es dann. Selbst ganz am Anfang unserer Ehe gab es keine öffentlichen Umarmungen o.ä.- Das war ihr zu privat. Aber mittlerweile hat sie kein Problem damit andere Männer auch in meiner Gegenwart, auch bei uns zu Hause zu umarmen. Dass so etwas "heimlich" zu tun daneben wäre, darüber herrschte Einigkeit. Dass umarmen vor mir für mich schräg ist, hat sie schon schwer verstanden. Meine Bitte es nicht mehr in unserem Haus oder davor zu machen Hat sie zur Kenntnis genommen.
Dass es "harmlose" Umarmungen sind darüber besteht zwar Einigkeit aber es tut halt trotzdem weh, insbesondere weil es mehr ist als sie jemals mir vor anderen zeigte.
Nun hat sie mich gefragt, warum mir denn das Thema emotionale Nähe so wichtig sei. Wie würdet ihr das jemandem erklären, der Gefühle, Emotionen nur über Bande (Billiard!) zeigen kann aber nicht ohne Projekte o.ä.
Was schwebt dir denn so vor bei dem Gedanken an "emotionale Nähe finden"?
Beim Tanzen empfehle ich, falls das musikalisch was für euch ist, Tango-Arten ... da geht es viel um Körpersprache (lesen/verstehen) ...
Es ist schon viele Jahre her, da kannte ich ein Pärchen, bei dem sie um einiges älter war als er ... beide aber eng miteinander ... um ihre Ehe aufzupeppen oder etwas mehr Schwung reinzubringen, absolvierten sie auch einen Tanzkurs - Salsa - und tanzten quasi in ein gemeinsames Hobby rein, das sie dann sehr mochten und ausgiebigst lebten. Da lernte ich sie auch kennen ...

es geht mir gar nicht so sehr um das was mir vorschwebt, sondern wie ich ihr das Bedürfnis an sich verklickern kann.
hallo shasta-or, zuerst mal meinen Glückwunsch zu eurer über 25-jährigen Ehe. Das schaffen ja inzwischen scheinbar immer weniger Paare und deshalb darf man darauf schon stolz sein - und auch etwas dankbar!
Beim Lesen deines Beitrags und der Erwähnung eurer Probleme mit emotionaler Nähe hatte ich spontan den Eindruck, dass sich da zwei eher sachorientierte Menschen möglicherweise durch gemeinsame Projekte kennen und schätzen lernten und dadurch "beziehungstechnisch zusammengewachsen" sind. Und auf dieser Schiene läuft es bei euch wohl auch weiterhin gut - aber wenn es um Emotionen, Offenheit, Bedürfnis nach Nähe und Berührung geht - da scheint es Defizite zu geben, die Ihr wohl unterschiedlich stark empfindet.
Aber in meinen Augen ist der Wunsch deiner Frau nach einem gemeinsamen Tanzkurs ein deutliches Signal, dass auch sie nach Gemeinsamkeiten und Nähe sucht, aber vielleicht auch nach Kontakten außerhalb eurer "eingefahrenen Gleise" und eures etwas nüchternen Alltags. Und ich finde es gut, dass sie da etwas Konkretes vorgeschlagen hat - denn miteinander reden könnt ihr ja außerdem immer noch. Und wo kommt man sich (in der Öffentlichkeit) eigentlich näher als beim Tanzen?
Einige deiner Empfindungen sind mir persönlich nicht ganz fremd. Ich bin inzwischen 47 Jahre verheiratet. Meine Frau gehört auch nicht zu der Sorte, die mir beständig "am Hals hängt" und mich mit sehnsuchtsvoll-schmachtenden Blicken anhimmelt. So ist unser Alltag also eher sachlich-nüchtern. Aber ab und zu frischen wir unsere Beziehung auf, sei es durch Kurzurlaube, vor Jahren auch mal durch einen gemeinsamen Tanzkurs, nicht selten durch gemeinsame Aktionen mit Freunden...
Ach ja - und wenn man sich mit Freunden trifft, dann begrüßt man sich ja auch. In unserem Fall unter Freunden, bei Verwandten und guten Bekannten meistens mit freundlicher und freundschaftlicher Umarmung (mal mehr und mal weniger intensiv).
Mir scheint es, dass deine Frau im Verlauf eurer Ehe etwas lockerer geworden ist während du noch Schwierigkeiten hast, "aus deiner Haut rauszukommen" und deine Förmlichkeit zu überwinden. Und so findest du diese Umarmungen "etwas schräg", weil du dich dadurch vielleicht etwas zurückgesetzt oder an den Rand gedrängt fühlst, während deine Frau für einen kurzen Moment einem anderen Mann gegenüber jene Emotionen zeigt, die du in eurer Ehe dir gegenüber vermisst.
Eigentlich verständlich, wenn emotionale Nähe unter Partnern mit den Jahren nachlässt und sich eigene und neue Interessen entwickeln, die nicht deckungsgleich sein müssen. Aber ich denke, dass Ihr lange genug verheiratet seid, so dass du keine Verlustängste haben musst. Jedoch - gerade eine langjährige und funktionierende Ehe muss gepflegt werden - und das bedeutet Aufmerksamkeit, Interesse, positive Überraschungen, Einfühlung... also "echte Arbeit". Mit einer Beziehung ist es wie bei einem Auto - mit den Jahren benötigt es mehr Pflege und Achtsamkeit. In der Praxis sieht es leider oft anders aus (zumindest in vielen Ehen).
Also muss man Gemeinsamkeiten suchen und pflegen - und miteinander reden. Auch über eigene Befindlichkeiten, Sorgen, Ängste, Wünsche. Und ich sehe als als gute Idee, dies alles mit einem gemeinsamen Tanzkurs zu verbinden. Also los - worauf wartet Ihr noch?
LiGrü
Dschordsch

hallo Dschordsch,
Schön dass du noch dabei bist. Ich wrinnere mich an manchen wertvolle Tipps und herausfordernde Gedankenanstösse von dir. Danke für die Glückwünsche, ich gebe sie gerne zurück. 47 Jahre sind ja auch eine echte Nummer.
Deine Vermutung, dass wir uns über ein Projekt kennengelernt hätten stimmt sogar, wird mir dabei mal wieder ganz neu bewusst.
Was du über Umarmungen unter Freunden schreibst ist richtig. Bei ihren aktuellen Freunden komme ich damit klar. Aber wenn die Person, die umarmt wird, sich mir gegenüber sehr arrogant und ihr gegenüber sehr besitzergreifend verhält, dann ist das halt was anderes. Und ja, ich wünschte ich könnte die Vergangenheit komplett ausblenden, vergessen. Ich bin froh, dass ich sehen kann, dass die heutigen Freunde anders sind.
Nun hat sie mich gefragt, warum mir denn das Thema emotionale Nähe so wichtig sei. Wie würdet ihr das jemandem erklären, der Gefühle, Emotionen nur über Bande (Billiard!) zeigen kann aber nicht ohne Projekte o.ä.
Lieber Shasta-Cor, ich habe mir nun mal „nur“ genau deine Frage herausgegriffen. Dir geht es um Worte, die dein Bedürfnis deiner Frau vermitteln? Und darf ich befürchten, dass deine Frau für Worte gar nicht so empfänglich ist?
Ich hab da erst mal Gegenfragen: Woran machst du emotionale Nähe fest? Und wie kannst du beurteilen (oder: kannst du sicher beurteilen), dass deine Frau emotionale Nähe „nur“ über Projekte und Zusammenarbeit kennt? Was genau wünschst du dir? Und bist du sicher, dass deine Frau das „leisten“ kann?
Ich befürchte, dass es Konstellationen gibt, da werden passende Worte kaum dazu führen, dass wechselseitig genau das ankommt, was man möchte - unabhängig von noch so klaren Formulierungen. Mir ist es wichtig klar zu erkennen und benennen; Worte/ Benennungen helfen mir zuverstehen; auch helfen mir Worte der Bestätigung oder es tut mir gut, wenn ich oder jemand etwas in Worten genau auf den Punkt bringt - nur gerade in Zusammenhang mit anderen Menschen ist mir aufgefallen, dass meine Taten/ meine Verhalten/ meine Ausstrahlung entscheidender sein kann als welche Worte ich wähle.
Ich will dich nicht entmutigen. Ich empfehle dir nur zu prüfen, ob du mit „deiner Methode“ wirklich zu deinem Ziel kommen kannst.
LG Seidenlaubenvogel

Danke, du äußerst Verständnis, machst dich mit mir auf die Suche und zeigst trotzdem auf, wo Schwierigkeiten drohen. 👍
Nun hat sie mich gefragt, warum mir denn das Thema emotionale Nähe so wichtig sei. Wie würdet ihr das jemandem erklären, der Gefühle, Emotionen nur über Bande (Billiard!) zeigen kann aber nicht ohne Projekte o.ä.
Hallo Shasta-Cor, ich würde ihr erklären, dass Menschen halt unterschiedlich sind, unterschiedlich empfinden und sich unterschiedlich ausdrücken.
Du hast nicht weiter ausgeführt, was du mit emotionaler Nähe meinst. Ich vermute, du meinst körperliche Nähe, z.B. Umarmungen, die Liebe ausdrücken und mehr Liebe erwecken. Der Gedanke kam mir, weil du eifersüchtig darauf reagierst, wenn deine Frau andere Männer umarmt. Erkläre ihr, was für dich solche körperlichen Berührungen bedeuten; dass sie Ausdruck deiner Liebe sind.
Akzeptiere aber bitte auch, dass deine Frau da anders gestrickt ist und emotionale Nähe anders ausdrückt, nämlich über gemeinsames Tun. Und vermeide vor allem, deine Art als besser darzustellen und ihre als schlechter, denn das sind sie nicht. Sie sind nur anders und ihr müsst lediglich lernen, euch gegenseitig zu verstehen, damit ihr eure gegenseitigen Bedürfnisse erfüllen könnt. Eine Hilfe zum gegenseitigen Verständnis könnte euch das Buch "Die fünf Sprachen der Liebe" von Gary Chapman sein.

Ich weiss jetzt nicht genau, wie Du "emotionale Nähe" definierst, aber da du so auf den Umarmungen herumreitest:
Manche Frauen ziehen sich körperlich von ihren Männern zurück, weil sie den Eindruck (bekommen) haben, dass der Mann vermeintlich belanglose Zärtlichkeiten wie Umarmungen, flüchtige Küsse, Kuscheln etc. immer gleich als Einladung zum Geschlechtsakt missinterpretiert.