Familie
Wir alle kennen Familie als etwas, was großen Segen, aber auch viel Leid bringen kann. - Das ist auch in meiner Familie so. Wir hatten keinen wirklich en Zusammenhalt, haben einander gerade so ertragen. In meiner Familie bin ich die einzig Gläubige. - Weihnachten goß Gott viel Segen über uns aus: die Familie kam zusammen, die Hälfte eben auch nach vielen Jahren "Abstinenz", wir konnten aufeinanderzugehen, wir konnten einander zuhören, einander wahrnehmen, neu kennenlernen, neue Bindungen knüpfen, Er hat so viel Heilung geschenkt ...
Meine Eltern werden alt. Ich bin jemand, der nicht so gut damit klarkommt. (das nur nebenher) Sie sind beide autark, benötigen aber hier und da Hilfe. Der Papa hat mittlerweile einen Pflegegrad (3) ob der Demenzdiagnose, die Mama hat ja schon seit letztem oder vorletztem Jahr Grad 2. Bisher konnten sie sich nicht durchringen, sich Hilfe zu holen. Das ist auch für mich und die Familie schwierig. Für mich besonders, denn wir haben engen Kontakt und ich "sehe" ihre "Baustellen", ihre "Hürden" ... ich konnte die Familie motivieren, weil sich Menschen förmlich anboten, zu recherchieren nach Pflegeheimen, nach Kontakten und sich Wissen anzueignen über Demenz und was das Alter so mit sich bringt. Das war ... wow.
Dann ein "Einbruch". Plötzlich sagte mein Bruder ab, er wolle jetzt nicht mehr Bevollmächtigter sein, das ist ihm zu viel, er habe keinen so guten Kontakt, da sei in der Kindheit was vorgefallen, weshalb er wenig emotionale Bindung zur Mama hat, zum Papa etwas mehr. Auch sagt er, sie wären beide erwachsen, könnten für sich selbst entscheiden und er weigere sich, "hinter ihrem Rücken" nach Pflegeheimen zu schauen. Seine Tochter schloß sich dem an, sie habe mit sich selbst genug zu tun (was auch stimmt/emotional) und sie ist ebenso dagegen, dort aktiv zu werden. Beide zogen sich wieder zurück, also ganz zurück, sodass sie zu gar nichts mehr bereit waren. Da stand ich nun. Das kam wie eine Wand, wie ein Bus, der mich streift, wie ... voll vor'n Kopp halt. Wo war es hin, dieses Wunder von Weihnachten? Nach einem halben Jahr schon weg? Was hab ich übersehen? Was falsch gemacht? Was ist schiefgelaufen? Ja, meine Kommunikation war nicht soo korrekt, was ich auch vor allen zugegeben habe, aber eben nicht, damit sich alle zurückziehen, sondern damit wir als Familie darüber nachsinnen können, wie es trotzdem weitergehen kann ... nun ja.
Da stand ich nun. Ich bin in solchen "Momenten" nicht wirklich zum beten fähig. Ich bitte dann vertraute Geschwister. Ich kann nur "beobachten" ... mich und die Situation und harre darauf, ob und dass Gott etwas sagt, tut ...
Und dann saß ich da am Wochenende bei meinen Eltern, die eigentlich zu mir kommen wollten, sich aber umentschieden und ich den Weg zu ihnen auf mich nahm. Wir tauschten uns aus, gingen Essen, tranken Kaffee unterwegs und sahen noch bei einem kleineren (Volks)Fest zu. Ich kündigte schon an, ihnen was zeigen zu wollen. - Ich hatte einen Kontakt "klargemacht" zu einem Sozialdienst von ein paar Heimen, wenn ich das richtig verstanden habe. Das wollte ich ihnen mitteilen und sie mithineinnehmen in "meine" Suche. Ich wollte "wiedergutmachen", was ich mit meiner Kommunikation angerichtet hatte (die Mama weinte, weil sie das Gefühl hatte, dass ich sie als unmündig betrachtete - das schmerzte mich sehr und ich war erschrocken).
Und es ergab sich eben einfach, dass ich ihnen die Webseite zeigte, erzählte, wie ich da hinkam, was ich tat, wem ich wann schrieb und warum, was meine Motivation war, meine "Hintergedanken" ... ich erzählte von den beiden Kontakten in dem Sozialdienst und was mein Eindruck ist und wie ich vorgehen würde ... und sie hörten zu, waren erstaunt, erfreut, "gingen mit mir mit" und verstanden meine Motivation, fühlten sich gut dabei. - Jetzt haben wir einen "Plan", einen Kontakt und werden die nächsten Schritte gemeinsam gehen. Nebenher hörte ich mit Erstaunen, dass sie über eine Bekannte, die bereits in einem Heim wohnt (beii ihnen ums Eck), bereits eine Bewerbung an dieses Heim abgegeben hätten, ganz selbstständig. Sie sind aus meiner Sicht noch nicht soweit für ein Pflegeheim. Aber wir haben uns mit dem Gedanken an betreutes Wohnen/Servicewohnen befasst und sie haben es angenommen, gehen diesen Weg mit. Ich hatte kein einziges Mal den Eindruck, dass wir nicht miteinander waren.
Natürlich wird ein erneuter Umzug Mitte ihrer 80er-Jahre schwer. Sie sind gerade vor sieben Jahren in ihre Wohnung gezogen (weil die Mama keine Treppen mehr hätte laufen können, wegen ihres Herzens, nicht wegen orthopädischer Dinge). Aber wir gehen den Weg gemeinsam. Ich hoffe, dass ich mithelfen kann, ihnen ihren Lebensabend nach dem mitgestalten zu können, was sie so lieben. - Und ich hoffe so sehr, dass ich ihnen etwas von dieser, meiner "Familienvorstellung" mitgeben/zeigen konnte (die ich ja von ihnen nicht mitbekam), mehr von diesem Miteinander, das sie aus ihrem Leben gar nicht kennen, sie waren immer Einzelkämpfer (ich kenne die Hintergründe, verstehe, warum das so ist). Ich hoffe, dass sie aus diesem Miteinander Kraft schöpfen können und dass sie natürlich irgendwann unseren Heiland kennenlernen. Sie haben mich jetzt einmal in meiner neuen Gemeinde besucht und ich "duftete" ein Stück weit die Bedeutung von Joh. 13(34-35) ... und werde diesem Impuls auch weiterhin nachgehen ... vielleicht ist ihr Weg. Gott wird es zeigen.
Ich bin sehr dankbar für Seine Begleitung und dass er mir zugewandt ist, auch wenn ich in vielen Momenten unfähig bin, zu beten/mit ihm zu reden. Ich falle quasi zurück auf ein Urvertrauen, auf mein Urvertrauen in Ihn, in den König, den Heiland dieser Welt, ich falle zurück auf "du bist der Herr, ich sehe dir zu, ich kann und darf dich bitten, doch du hast alles in deiner Hand und ich glaube, du wirst es gut machen. Es steht so geschrieben und ich glaube das. Ich halte an dir fest und hoffe ...
Liebe Neubaugoere,
ich finde, dass du im Moment alles richtig machst.
Auch ich musste vor einigen Jahren ziemlich schnell Entscheidungen treffen, als meine Mutter mit 99 Jahren körperlich und geistig sehr schnell "abbaute" - und dies gerade in der ersten Phase der Coronazeit, als die Pflegeheime keine Neuzugänge aufnehmen wollten und überall Ungewissheit herrschte. Glücklicherweise stand in diesem Fall neben einem Pflegedienst fast unsere ganze Familie zur Betreuung bereit, also außer mir meine Schwester und noch eine meiner Töchter.
Im Moment erlebe ich, wie eine Freundin sich bei der Betreuung ihrer Eltern buchstäblich "aufreibt", weil diese einerseits in ein Heim wollen - und dann wieder nicht, manchmal im eigenen Haushalt noch gut zurecht kommen - und dann wieder garnicht. So pendelt sie ständig zwischen ihrer eigenen Wohnung und der ihrer Eltern hin und her und hat kaum noch Zeit für sich selbst und Freunde.
Und ein Ende ist nicht abzusehen...
Bei dir scheint sich ja insofern eine Lösung anzubieten, da deine Eltern jetzt selbst etwas initiativ wurden und daher wohl Offenheit für neue Wege zeigen. Aber ganz ehrlich - das kann sich auch wieder schnell ändern.
Dir wünsche ich daher viel Kraft, innere Ruhe und die Gewissheit, selbst geborgen und behütet zu sein.
Deinem Bruder aber solltest du klipp und klar sagen, dass du dich zwar momentan um deine Eltern kümmerst, soweit es deine Möglichkeiten zulassen - aber dass du evtl. gelegentlich auf ihn zukommen wirst, um seinen Anteil an Unterstützung einzufordern.
Denn dazu ist er rechtlich sogar verpflichtet und kann sich dem nicht mit der Begründung entziehen, die Verbindung zur Mutter sei doch nicht sooo gut gewesen. Und falls er sich zeitlich nicht genügend engagieren könne, dann müsse er sich halt auf einen finanziellen Anteil einrichten.