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Drei Monate danach

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Jemima65
Themenstarter
Beiträge : 161

Viele haben inzwischen per PN nachgefragt, wie es mir inzwischen über drei Monate nach dem Corona-Tod meines Mannes geht. Damit ich nicht alles x Mal schreiben muss, hier das Wichtigste:

Der Alltag gewinnt allmählich an Normalität - und genau das empfinde ich manchmal als schmerzhaft falsch. Es ist falsch, dass Vertretungsprediger seine Gottesdienste halten, dass ich nur noch für 2 Personen koche, etc.
Nach wie vor geht es emotional auf und ab zwischen Abschieds-schmerz und Auferstehungs-Zuversicht, zwischen Von-Gott-getragen -Wissen und dem Gefühl, nur Opfer eines sadistischen Schicksals zu sein, zwischen Immer-noch-nicht-ganz-Erfassen der Realität und Tragweite von Martins Tod und schmerzend schönen Erinnerungen an fast 30 gemeinsame Jahre.
Einerseits gönne ich ihm die "Abkürzung" weg von manchen für ihn sehr belastenden Situationen hin zur Ewigkeit, aber in unserer Familie wird die Lücke immer riesig bleiben. Wir hatten doch gemeinsam alt werden und unsere Liebe genießen wollen...

Im Nachhinein erweist es sich als Segen, dass wir vor sieben Jahren, statt in die Pfarrwohnung im 2. Stock zu ziehen, ein Haus gekauft haben. So muss ich nun nicht innerhalb von 3-6 Monaten auch noch die Dienstwohnung räumen. Wir können einfach hier vor Ort bleiben, wo wir uns längst heimisch fühlen.

Das liegt vor allem an dem engen sozialen Netz unserer Kirchengemeinde, das uns jetzt engagiert und liebevoll auffängt: Mit Gebet, offenen Ohren bei Gesprächsbedarf und konkreten Hilfen. Sieben Frauen aus unserem Bibelkreis sprechen sich ab, dass werktags immer eine von ihnen um 17.00 Uhr bei mir vor der Tür steht. Da muss ich nicht extra um Beistand bitten – das federt das Geschehene enorm ab.
Viele Freunde, die während Martins Krankheit für ihn gebetet haben, tun das jetzt eben für mich und die (erwachsenen) Jungs. Und das wirkt sich aus. Ohne göttlichen und menschlichen Beistand und die Gewissheit, dass Jesus in Martin stärker ist als der Tod, wüsste ich definitiv nicht, wie ich Martins Tod ertragen könnte. Schwer ist es trotzdem, und manchmal kann ich mir nur noch die Decke über den Kopf ziehen und hinein heulen. Aber das ist nur die zeitliche Seite des Lebens - wie gut, dass ich auch von der ewigen Seite wissen darf.

Antwort
11 Antworten
Glasgraveurin
Beiträge : 321

Hallo Jemima,

zunächst einmal mein herzliches Beileid.

Danke die für deine Offenheit.

Ich wünsche dir viel Kraft und Trost jetzt in diesen schweren Zeiten und, dass du die Nähe Gottes spürst.

Dass du soviel Unterstützung aus deiner Gemeinde bekommst, finde ich schön.

Sei gesegnet und liebe Grüße

Glasgraveurin

glasgraveurin antworten


maggie.x
Beiträge : 1687

Auch von mir ein "Danke" fürs Teilen deiner Erfahrungen.

Veröffentlicht von: @jemima65

zwischen Von-Gott-getragen-Wissen und dem Gefühl, nur Opfer eines sadistischen Schicksals zu sein,

Diese Spannung, die du beschreibst, beschäftigt mich sehr. In meinem Leben sind Dinge geschehen, wo ich nur sagen kann, das hätte genauso gut anders, nämlich tödlich, enden können. Das war so nahe beeinander, nur durch einen Zufall wurde zugunsten des Lebens entschieden. ... Und anders herum genauso: Da hätte etwas nicht tödlich ausgehen müssen. Es war eine Kleinigkeit/ Unachtsamkeit, die den Menschen früh und unerwartet hat sterben lassen.

Und gleichzeitig gibt es nichts, wodurch wir aus Gottes Hand und Fürsorge herausfallen. Diese Gleichzeitigkeit zu fassen, das beschäftigt mich.

jeddie-x antworten
Deborah71
Beiträge : 22992

Danke für dein Einblickgeben in dein Herz.

Es ist schön, zu lesen, wie du eingehüllt bist in ein liebevolles Beziehungsnetz und du Zeit und Raum zum Trauern finden kannst.

Bitte erlaube dir, zu weinen....darin ist Heilung verborgen. ❤

deborah71 antworten
2 Antworten
Jemima65
(@jemima65)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 161
Veröffentlicht von: @deborah71

Bitte erlaube dir, zu weinen

Oh ja, das tue ich!
Und ich entschuldige mich auch nicht dafür.

Wenn der Mann, mit dem ich 30 Jahre lang durch Höhen und Tiefen hindurch glücklich zusammen war, mir keine Tränen wert wäre - das wäre doch wesentlich schlimmer als alles andere...

jemima65 antworten
Deborah71
(@deborah71)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 22992

Mein Fokus liegt auf der Heilung der riesigen Wunde. Bei jedem Weinschub heilt sie ein wenig weiter zu. Da wird die heilsame Gnade unseres HErrn sichtbar ❤

deborah71 antworten


Lachmöwe
Beiträge : 1527

zeitlich-ewig - alles in gottes hand!
... danke dir fürs Mitteilen und deine sehr offenen Worte.

Viel Trost wünsch ich dir und dass du so getrost deinen Weg weitergehen darfst.

Gott sei mit dir, segne dich und dein Umfeld!
Liebe Grüße von Seidenlaubenvogel

seidenlaubenvogel antworten
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