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Yuval Noah Harari - sind wir verdammt in eine nutzlose Klasse von Menschen unterzugehen?

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GoodFruit
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Beiträge : 3453

Hallo Community!

Yuval Noah Harari ist israelischer Historiker und Hochschullehrer, der an der hebräischen Universität Jerusalem lehrt und als Schriftsteller von populärwissenschaftlichen mehr philosophischen Werken zur Geschichte der Menschheit wichtige Impulse in der aktuellen Diskussion um Zukunftsperspektiven setzt.

Bekannt wurde er mit dem Werk "Eine kurze Geschichte der Menschheit", das sicher viele im Bücherregal haben. Sein Ansatz ist der, die Geschichte ganzheitlich zu betrachten. Er interessiert sich für die großen Linien und das, was die Entwicklungen treibt.

Dabei macht er nicht an der Gegenwart halt, sondern entwickelt aus seinem Ansatz heraus Visionen in die Zukunft hinein. Das ist zunächst einmal intellektuell interessant und auch notwendig, weil es immer Ideen sind, die die Geschichte treiben und auf diesem Gebiet sehe ich große akademische Defizite in unseren Tagen. So ist er dann einigermaßen allein auf weiter Flur, was seinem Ansatz so natürlich eine gewissen Macht verleiht.

Und diese Macht, die noch weiteren Faktoren gestützt wird, ist es, die mich zu diesem Thread getrieben hat. Yuval Noah Harari gilt als "Hausprophet des Silikon Valley", ihm wird eine Nähe zu Klaus Schwab nachgesagt, auch wenn ich ihn im Team Young Global Leaders des WEF nicht finden konnte. Immerhin gibt es auf der Webseite des WEF eine Kurzbiographie von ihm: https://www.weforum.org/people/yuval-noah-harari/ Nach 2020 kam da allerdings kein neuer Impact.

Warum glaube ich nun, dass die Lehren der Yuval Noah Harari aktuell so beachtenswert und gefährlich sind?

Mit Elon Musk befindet sich ein Vertreter des Silicon Valley in nächster Nähe des mächtigsten Mannes der Welt - des amerikanischen Präsidenten. Und dieser Präsident wurde von reichen Vertreter der Silicon Valley Bubble mit ins Amt gebracht. Somit ist naheliegend, dass die Konzepte des Yuval Hoah Harari dort Beachtung finden und möglicherweise verwendet werden, um Zukunft zu gestalten. Zwar sieht es so aus, als würde Donald Trump mit seinem stark nationalistisch geprägten Ansatz eine komplett andere Richtung einschlagen - aber das Umfeld, das die Gedanken des Yuval Noah Harari weitergeben könnte, ist sehr präsent.

Warum ist das gefährlich?

Yuval Hoah Harari versucht in seiner Vision der Zukunft die technische Entwicklung, die Möglichkeiten von Maschinen und damit auch von Menschen sehr stark zu berücksichtigen. 

In seinem Vortrag auf dem WEF 2020 gibt er hier einen Einblick

https://www.weforum.org/stories/2020/01/yuval-hararis-warning-davos-speech-future-predications/?_x_tr_sl=en&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=wapp

Die Übersetzung des Artikels gelang leider nur mit dem russischen Service Yandex: https://translated.turbopages.org/proxy_u/en-de.de.e9cc1c16-677a8b0a-de851e73-74722d776562/https/www.weforum.org/stories/2020/01/yuval-hararis-warning-davos-speech-future-predications/

Google scheiterte kläglich an dem Versuch bzw. verweigerte die Übersetzung.

Hier die großen Punkte des Vortrags als Bullet-List:

- Moderne Technologie ersetzt den Menschen und nimmt ihnen die Arbeit ab. Es entsteht eine große Kaste von Menschen, die als nutzlos gelten müssen.

- Es wird Länder geben, die die Daten besitzen und es wird Länder geben, die zu Datenkolonien degradiert werden. China und die USA sind da aktuell führend.

- Daten schaffen eine Grundlage für Macht. Sie können dafür sorgen, dass man billiger produziert, als der andere es kann oder aber Daten schaffen Macht über Menschen, weil alle Fehler und Eskapaden von einzelnen Persönlichkeiten gespeichert sind.

- B x C x D= AHH : Biologisches Wissen x Rechenleistung x Daten = Fähigkeit, Menschen zu hacken. Die geheime Seele wird zum hackbaren Tier.

- Die menschliche Freiheit kann durch KI untergraben werden. Wir geben Entscheidungen in die Hand von AI. Und das machen wir schon jetzt, wenn wir personifizierte Werbung oder Vorschläge auf Amazon etc. uns beeinflussen lassen.

- AI kann viel größer werden als menschlicher Verstand und so können Menschen die Entscheidungen der AI nicht mehr nachvollziehen.

- Die Revolution aus Biochech und Infotech geben Machthabern eine neue Möglichkeit, Himmel und Hölle zu schaffen, deren Konzeptionierung Philosophen nicht mehr nachvollziehen können.

- auf dem Bereich der Biologie kann es zu der Fähigkeit von Menschen können, neu zu schöpfen, nach einem "intelligent design" den Menschen neu zu kreieren, was Intelligenz und Disziplin fördern könnte und bei dem die Fähigkeit zu Mitgefühl, Sensibilität und Spiritualität verlorengeht.

- "Mein Land zuerst" Ansatz (Nationalismus) schafft Kriege. Wir brauchen Globalisierung für den Frieden. Idealbild Fussball WM: Nationen treffen sich und folgen gemeinsamen Regeln, um sich unter diesen Regeln gegenseitig zu messen. Das alles in friedlichem und harmonischem Miteinander.

- Eine Globale Ordnung braucht verantwortungsvolle Führer (= das WEF), das macht, dass wir nicht nur in globaler Gemeinschaft leben, sondern dafür sorgt, dass jeder dazu beiträgt, diese Gemeinschaft zu erhalten.

 

Das war 2020. Inzwischen sind wir ein paar Bücher von Yuval Hoah Harari weiter. Sie beinhalten eine Geschichte auf der Grundlage der Entwicklung von Informationsnetzwerken und auch ein Buch mit dem Titel "Homo Deus: Eine Geschichte von Morgen".

Der Mensch wird zu Gott. Er kann neu schaffen und er kann gottgleich herrschen. Und in der schönen neuen Welt werden die meisten Menschen nicht mehr gebraucht werden. Was mit dieser Klasse nutzloser Mensch tun?

Yuval Hoah Harari erwartet eine posthumanisitsche Gesellschaft voll mit technologischer Kontrolle. Die Algorithmen geben eine neue Ethik vor, der jeder sich zu beugen hat. Verloren ist da nichts, da Yuval Hoah Harari das Ich, das Selbst und seine Freiheit als Illusion begreift.

 

Soweit so schrecklich.

Meine Kritik an dem Ansatz des Yuval Hoah Harari ist vielfältig.

- Ich sehe sein Menschenbild ungenügend begründet. Ich würde dem das Menschenbild der Bibel entgegenstellen, wo die Menschen mit Freiheit ausgestattet sind und wo es zwar Gesetze und Regeln gibt, aber durch das Blut Christi weder ein Recht noch überhaupt die Möglichkeit einer Verurteilung auf der Grundlage geistiger oder ungeschriebener Gesetze. Werden die Gesetze klassisch juristisch wirksam, so muss jedem Urteil ein ereignisoffenes und faires juristisches Verfahren mit Anhörung des Beschuldigten vorangehen.

- Ich sehe die Einschätzung der technischen Möglichkeiten stark überbewertet. Biotechnologie ist eine von ihren Möglichkeiten stark überschätzte Technologie. Erfolge sind selten und noch seltener ohne heftige Nebenwirkungen. Kunstfleisch ist sehr energieintensiv in seiner Herstellung und benötigt Input von krebserzeugenden Einflüssen, um das Kunstgewebe überhaupt wachsen zu lassen. Anreicherung von schädigenden Möglichkeiten in einem Virus wird kaum ein Killervirus schaffen, weil jede zugefügte Eigenschaft Kosten hat - zum Beispiel auf die Möglichkeit, der Verbreitung. Auf der anderen Seite sind die neuen "Impfstoffe" kaum in der Lage effektiv zu schützen. Menschengemachte Geschöpfe werden immer Qualgeschöpfe mit heftigen Unzulänglichkeiten sein. Das Funktionieren und die Möglichkeit natürlicher Geschöpfe ist sehr komplex und wir sind weit entfernt davon, es zu verstehen. Das Aufklären des menschlichen Genoms hat wenig dazu beigetragen den Menschen zu verstehen - allein, weil die Vielfalt der darin enthaltenen Möglichkeiten nicht verstanden sind und die Interaktion mehrerer Geschöpfe immer komplexitätsstiftend und möglichkeitserweiternd hinzukommt.

- Ich sehe die Möglichkeiten von KI stark überschätzt. Der Mensch ist bei weiten zu komplex, um von KI verstanden zu werden. Das Element der persönlichen Freiheit und damit der Möglichkeit, komplett unvorhersagbare Reaktionen zu zeigen, gehört da zu den Features, die eine umfassende Hackbarkeit vermeiden. Nehmen wir noch das Wissen um die Manipulationsmöglichkeiten von KI hinzu, so kann der Mensch bewusst Entscheidungen der Maschine ablehnen. Die KI, die ich aktuell nutze halte ich für sehr hilfreich. Sie gibt mir wichtige Inspiration aber niemals einen Inhalt, der unüberprüft für sich stehen kann. Dazu ist die Gefahr, Unfug für wahr zu halten, viel zu groß. Und diese Gefahr wird mit jeder Halluzination, die Ki dem globalen Internetwissen hinzufügt, größer und nicht kleiner.

- Ich sehe das extreme Überflüssigwerden von Menschen als übertrieben. 1982 war ich in der Oberstufe. Neben mir saß ein Schulfreud, dessen Vater grade seine junge Firma an IBM verkauft hatte. Diese Firma hatte Software zur Erstellung von Steuererklärungen etc. entwickelt. Nun war sein Vater in dem Prozess des Anlegens von viel Geld und mit ihm seine Familie und da bekam man als Schulfreund etwas mit. Damals ging er davon aus, dass wegen der Möglichkeiten der Computer die Arbeit weniger werden würde und daher investierte er in Freizeitaktivitäten - Sportstudios etc. Klar kam das in gewissem Umfang, aber die Arbeit ist nicht so viel weniger geworden, dass wir nicht wissen, was wir mit der Freizeit tun sollten. Ganz ähnlich war meine persönliche Einschätzung, dass wir wegen der digitalen Möglichkeiten viel Papier sparen würden, ein Irrtum. Das Gegenteil war der Fall. Ein kleiner Fehler im Skript - korrigiert und neu ausgedruckt - fertig. In Tippex-Zeiten hätte die Lösung anders ausgesehen.

- Ich sehe Alternativen zu dem Lebensinhalten der nutzlosen Klasse, die Harari sieht (Drogen und Computerspiele): Die Menschen könnten spirituell, z.B. im Glauben wachsen und so als geistige Größe wertvollen Beitrag zum Besserwerden der globalen Verhältnisse leisten. Sie könnten kunstfertige Produkte fertigen. Sie könnten eine neue Kultur schaffen, die mit geringen Mitteln große Dinge schafft.

- Harari berücksichtigt nicht, dass es eine neue Wirtschaft mit neuem Bedarf an Menschen geben könnte. Hier eine Betrachtung eines möglichen kommenden Kondratieff-Zirkusses, der zahlreiche neue Arbeitsfelder schaffen würde:

https://www.kondratieff.net/the-sixth-kondratieff

- Wer glaubt, der Mensch könnte gottgleich werden, hat offenbar Gott noch nicht kennengelernt.

Insgesamt halte ich Lehren von Yuval Hoah Harari als sehr stark von dem Elfenbeinturm, in dem er sich wohl befindet, geprägt. Das Ausschließen von Menschen vom Produktionsprozess ist auch keine fatale Notwendigkeit, sondern eine politisch geförderte Entscheidung. Bei der Bewertung von Unternehmen, ist eine großer Anteil an Leistung, die für den Gesamterfolg des Unternehmens von Menschen ausgeht, ein belastendes Element. Warum gibt es die Wirtschaft? Ist sie für den Menschen oder ist der Mensch für die Wirtschaft? Ich halte hier ein Umdenken für nötig und auch für möglich. Die Entscheidung, was gefördert wird und was nicht, ist auch eine politische.

Hier eine Kritik des christlichen Oxford-Mathematikers Dr. John Lennox:

https://legitim.ch/gut-zuhoeren-der-verwirrte-wef-vordenker-yuval-noah-harari-erklaert-was-die-globalisten-mit-den-nutzlosen-essern-vor-haben/

Lennox kritisiert das Geschichtsbild von Harari. Dazu eine Überlegung von mir: Der Ansatz der Betrachtung langfristiger Entwicklungen, ist immer in der Gefahr, dass nicht die Realität das Bild formt, sondern dass ein Bild, das jemandem gekommen ist, auf die geschichtlichen Vorgänge angewendet wird und die Realität in dieses Narrativ gepresst wird. Das scheint Harari zumindest zum Teil passiert zu sein.

Lennox kritisiert auch das Menschenbild des Yuval Hoah Harari, das hier deutlich wird (Zitat aus dem Link oben):

„Wir erlangen jetzt wirklich göttliche Macht über Schöpfung und Zerstörung, so wie Gott in den alten Religionen die Macht hatte, Tiere, Pflanzen und Menschen nach seinen Wünschen zu erschaffen. Nun erhält die Menschheit im 21. Jahrhundert mit Bioengineering und künstlicher Intelligenz diese göttliche Macht, Leben zu erschaffen und herzustellen.“

Harari zufolge werden die Hauptprodukte der Wirtschaft des 21. Jahrhunderts nicht Dinge wie Textilien, Fahrzeuge und Waffen sein. „Die wichtigsten Produkte werden Körper, Gehirne und Köpfe sein. Wir lernen, das Leben zu gestalten … wir rüsten uns wirklich zu Göttern auf“.

Es handelt sich nicht um eine absolut sichere Technologie, sie ist nicht deterministisch und wir können immer noch etwas dagegen tun, sagte er. „Aber wenn wir nicht aufpassen, könnten wir innerhalb des nächsten Jahrhunderts – sagen wir innerhalb von hundert Jahren – erleben, dass sich die Menschheit in biologische Kasten aufspaltet … Mit dem Aufkommen der Biotechnik könnte es möglich sein, wirtschaftliche Ungleichheit in biologische Ungleichheit zu übersetzen, und dann … werden wir erleben, dass sich die Menschheit in Kasten aufspaltet.“

 

Mein Resümee:

Es ist gut, dass es überhaupt noch Visionäre gibt, die sich Gedanken über zukünftige Entwicklungen machen.

Es ist nicht gut, dass wir auf diesem Feld meist nur den Entwurf von Dystrophien finden und keine positiven Aussichten oder Modelle.

Kennt jemand positive Visionen im Sinne einer offenen Gesellschaft, die kooperativ auf gutes Wachstum, gegenseitige Hilfe und Achtung mit dem Ziel eines besseren Lebens und des Überwindens von Problemen setzt?

Seid Ihr interessiert an Zukunftsgestaltung?

Wie informiert Ihr Euch diesbezüglich?

Tut ihr vielleicht aktiv etwas, um dahingehend das "Gute" anzustreben?

Glaubt Ihr, dass die überkommenden Kräfte (Politiker, Parteien, Wirtschaft, große Firmen) in der Lage sein werden, dieses Land oder vielleicht sogar die Welt zu einem besseren und lebenswerteren Ort zu machen?

Seht Ihr aufkommende Kräfte, die hier erfolgreich sein könnten?

Ich würde mich freuen, wenn ihr trotz dieses gigantisch langen Beitrags, Euch an eine Diskussion beteiligen würdet.

Liebe Grüße

GoodFruit

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Fizzibitz
(@fizzibitz)
Beigetreten : Vor 1 Jahr

Beiträge : 291
Veröffentlicht von: @goodfruit

Hallo Community!

Ich würde mich freuen, wenn ihr trotz dieses gigantisch langen Beitrags, Euch an eine Diskussion beteiligen würdet.

Liebe Grüße

GoodFruit

Was im Augenblick noch viiiiiiel wichtiger ist, als dicke Bücher zu wälzen.......was sollen wir am 23. Februar wählen?

fizzibitz antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3453

@fizzibitz Die Frage kann ich Dir nicht beantworten. Ich bin mir da selber nicht darüber im Klaren. Es braucht einen Neuanfang, der aber das bisher erreichte nicht beschädigt.

Neulich habe ich von einem YouTuber die Empfehlung gehört, sich doch eine der kleineren Parteien, die bisher unter "ferner liefen..." unterwegs waren, eine auszusuchen, wo mir Vertreter und Konzepte gefallen. Das würde dann zwar sehr wahrscheinlich nicht gleich zu neuen politischen Impulsen im Parlament führen - aber es würde frische politische Kräfte sponsern, die dann in ein paar Jahren vielleicht so weit sind, zu übernehmen.

Am liebsten würde ich Armin Laschet mit Team in die Verantwortung wählen. Aber das geht ja leider nicht.

goodfruit antworten
Fizzibitz
(@fizzibitz)
Beigetreten : Vor 1 Jahr

Beiträge : 291

@goodfruit Geht mir auch so, bin unschlüssig was ich wählen soll.
Bei den Grünen gefällt mir ihr Vorstoß zu regenerativen Energien was Deutschland erhebliche Vorteile bringen würde, aber ihr Multikultiwahn stößt mich ab, das geht solange bis unser Grundgesetz außer Kraft gesetzt und durch die Sharia ersetzt wird.....
die AfD will gar alle  Atomkraftwerke wieder hochfahren,  das wäre so als wenn wir wieder zu kohlebetriebenen Dampfloks zurück kehren wollten, 
die CDU macht den Eindruck einer kriegsbegeisterten Partei, die um jeden Preis eine Kriegs Eskalation herbei führen möchte
undsoweiter, an jeder Partei gibt es etwas auszusetzen und man weiß nicht was man wählen soll.....

Oder doch vorsichtshalber BSW wählen?

fizzibitz antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3453

@fizzibitz BSW ist politisch so gar nicht mein Ding. Sie haben aber einige respektable Kandidaten, was nicht jede kleine Partei von sich behaupten kann.

Habe grad mal einen Thread gestartet, der dazu aufruft, die Unterstützungsunterschrift für die Kleinpartei, die man gerne auf dem Wahlzettle hat, zu tätigen. Die scheinen da Probleme zu haben, diesmal überhaupt auf den Wahlzettel zu kommen!

goodfruit antworten
Fizzibitz
(@fizzibitz)
Beigetreten : Vor 1 Jahr

Beiträge : 291
Veröffentlicht von: @goodfruit

 

Habe grad mal einen Thread gestartet, der dazu aufruft, die Unterstützungsunterschrift für die Kleinpartei, die man gerne auf dem Wahlzettle hat, zu tätigen.

Kleinparteien können ja in einer Demokratie auch nicht die Lösung des  Problems sein, das haben wir schon in der Weimarer Republik gelernt. Wir werden nicht umhin kommen uns zu entscheiden, welcher Groß Partei wir unsere Stimme geben wollen.

Von PBC  (Partei bibeltreuer Christen) hört man leider auch nichts mehr.

fizzibitz antworten
Chai
 Chai
(@chai)
Beigetreten : Vor 6 Monaten

Beiträge : 1010
Veröffentlicht von: @fizzibitz.

Von PBC  (Partei bibeltreuer Christen) hört man leider auch nichts mehr.

Jetzt gibt's doch Bündnis C - das dürfte doch ein Nachfolger sein.

chai antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3453

@fizzibitz Kleinparteien können ja in einer Demokratie auch nicht die Lösung des  Problems sein, das haben wir schon in der Weimarer Republik gelernt. Wir werden nicht umhin kommen uns zu entscheiden, welcher Groß Partei wir unsere Stimme geben wollen.

Wenn Parteien sich so sehr aneinander angeglichen haben, dass Du Unterschiede kaum noch ausmachen kannst - und die Alternative keine ist, dann wäre manchmal ne echte Alternative wünschenswert.

Der Weimarer Effekt kann ja wegen der 5% Hürde nicht mehr eintreten. Wenn aber eine Kleinpartei nach vielen Jahren diese Hürde mal knackt, dann kann frischer Wind in die Politik kommen. Und dafür sind diese Parteien wichtig.

goodfruit antworten
Fizzibitz
(@fizzibitz)
Beigetreten : Vor 1 Jahr

Beiträge : 291
Veröffentlicht von: @goodfruit

dann wäre manchmal ne echte Alternative wünschenswert.

 

Also doch dann die AfD wählen?

fizzibitz antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3453

@fizzibitz Nach der Rede von Frau Weigel auf dem Parteitag möchte ich diese Frau auf keinen Fall als Entscheiderin irgendwo. Generell hatte ich vor dieser Frau bisher etwas Achtung - mehr jedenfalls als vor anderen AfDlern. Aber ihr Ton hat mich derart erschreckt, dass es mich gegraust hat. Und inhaltlich war das ja auch abscheulich.

Dann lieber ner andren Kleinpartei in Position bringen ...

goodfruit antworten
Kappa
 Kappa
(@kappa)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 897

@fizzibitz 

Warum soll ich gezwungen werden einer Partei die Stimme zu geben die mir zu vermutlich mehr als die Hälfte Wiederstrebt?

kappa antworten
Kappa
 Kappa
(@kappa)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 897

@fizzibitz Ich kann das verstehen. Der Vorstoß mit regenerativen Energien ist aber so eine Sache....ich persönlich hab Zweifel an der Seriosität wie es dargestellt wird und welche Kosten es hat.

Man rechnet sich den Haushalt aus mit dem was die letzten 10 Jahre hier war, aber die Realität wird die kommenden 20 Jahre vermutlich eine andere sein. Die teuren Energiekosten kommen natürlich auch ganz Dick von woanders her. Auf jeden Fall trägt es sein Teil dazu bei, das Teile der Industrie ersatzlos abwandern und dabei vielleicht noch ein paar Fachkräfte gleichzeitig mitgenommen werden.

Schlimmer finde ich persönlich aber noch das der Habeck sich zum Ziel gesetzt hat das Wehretat fast zu verdoppeln. 

Andere Staaten erreichen lange nicht das 2 Prozent Ziel und die haben keine Millionen Flüchtlinge im Bürgergeld wegen den Kriegen.  Das ist ja schön und gut, aber die Folge müsste sein bei Sachen die auch andere Staaten angehen, dafür zu kürzen das die anderen mal spüren, das wir nicht Zahlemann und Söhne sind.

 

kappa antworten
Fizzibitz
(@fizzibitz)
Beigetreten : Vor 1 Jahr

Beiträge : 291
Veröffentlicht von: @kappa

@fizzibitz Ich kann das verstehen. Der Vorstoß mit regenerativen Energien ist aber so eine Sache....ich persönlich hab Zweifel an der Seriosität wie es dargestellt wird und welche Kosten es hat.

 

Schlimmer finde ich persönlich aber noch das der Habeck sich zum Ziel gesetzt hat das Wehretat fast zu verdoppeln. 

 

 

Wenn man mal die Reden auf Phönix hört, etliche sagen,  es wird darauf hinaus laufen den Wehretat zu verdoppeln und dafür die Sozialkosten zu beschneiden.
Ansonsten werden wir bald von Putin und nicht von CDU oder Grüne oder SPD oder FDP regiert, sagen die  Experten jedenfalls so.

fizzibitz antworten
GoodFruit
Themenstarter
Beiträge : 3453

Ich würde diesem Thread gerne wieder etwas Leben einhauchen.

Dazu folgende Frage an uns alle:

Wenn KI und Industrie 4.0 tatsächlich den Menschen die Arbeit abnehmen sollte:

Was tun mit der freien Zeit?

Wie könnte das Leben von den vielen Menschen aussehen, die Harari als "unnütz" bezeichnet und die er mit Drogen und Videospielen vor sich hin vegetieren lassen will?

Gibt es Inhalte, mit denen diese Menschen die Welt zu einem besseren Ort machen könnten? Gibt es ein Leben jenseits der Arbeit, das einen besonderen Wert darstellt?

Eigene Gedanken:

- Intensives nur auf Gott ausgerichtetes Glaubensleben oder Leben generell.

- Freie Forschung in allen möglichen Bereichen.

- Kunsthandwerk mit großer Vielfalt.

- Gärtnerei auf neuem Niveau.

- Philosophische Kreise, die in stetem Lernen und Lehren die Weisheit und das Wissen der Menschen voranbringen und ihre Erkenntnisse mit allen teilen.

Pflege von Gemeinschaft und Miteinander. Das Leben genießen.

Wellnessangebote für die arbeitenden Menschen.

Die vorhandene Arbeit so verteilen, dass auch den Arbeitenden ein erfülltes Leben in der Gemeinschaft mit den Nicht-arbeitenden und ihrer neuen wunderbaren Welt ermöglicht wird.

Das sind so Gedanken von mir.

 

Habt Ihr andere Ideen? Für wie wahrscheinlich haltet Ihr es, dass den Menschen die vorhanden Arbeit ausgeht und wir es zu einem Wachstum der alternativen Betätigungsfelder kommt? Habt Ihr noch Ideen, wie das große Heer der nicht in Arbeitsprozesse eingebunden die Welt zu einem besseren Ort machen könnten?

goodfruit antworten
16 Antworten
Seidenlaubenvogel
(@seidenlaubenvogel)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 1821

@goodfruit

Lieber Goodfruit, warum ist es dir so wichtig Zukunft zu denken? Gibt es nicht genügend Themen, die dich im „Hier und Jetzt“ beschäftigen? Was auch immer du dir im Bereich KI und Entwicklungen ausmalst… Und ob es dann kommt oder nicht, macht es einen Unterschied? Willst du dich in irgendeiner Weise auf etwas vorbereiten oder bist du in der Lage, die Bahnen dafür zu lenken?

Die Themen, die du ansprichst, sehe ich entweder nicht oder es gilt sie zu bewältigen, wenn sie da sind.

Wie sind denn deine Lösungsansätze für Verhinderung von Missbrauch von Ki? Wie löst du die aktuellen, großen Probleme?

Entscheidend für ein gutes Miteinander scheint mir z.B. Solidarität, Verantwortlichkeit und Toleranz. Darin sehe ich wesentliche Felder für ein gutes Miteinander. Und sicher gibt es da noch weitere hilfreiche Werte. Da lohnt es sich bereits jetzt (weiter) zu investieren - ganz konkret im eigenen Umfeld. Und damit wären wir auch für alle Variationen einer möglichen Zukunft vorbereitet. Gefahr sehe ich weniger in „der KI“ und ihren Folgen, über die wir jetzt nur spekulieren können als in bestimmten Anteilen des Menschen. Prüfet alles und behaltet das Gute - da kann die Jahreslosung auch eine gute Leitlinie im Blick auf den Menschen sein…

seidenlaubenvogel antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 14 Jahren

Beiträge : 24417

@goodfruit 

Für wie wahrscheinlich haltet Ihr es, dass den Menschen die vorhanden Arbeit ausgeht und wir es zu einem Wachstum der alternativen Betätigungsfelder kommt? 

Ich halte die ganze Prognose für unsinnig. Seit den 70er Jahren (Und teilweise noch früher) haben Maschinen damit angefangen, Menschen die Arbeit wegzunehmen. Heute kann ein einzelner Mensch am PC locker die Arbeit bewältigen, für die früher eine ganze Abteilung von 100 Sachbearbeitern notwendig war.

Aber die 99 überflüssig gewordenen Sachbearbeiter lungern jetzt nicht unbeschäftigt auf der Straße herum... vielmehr wurde die Produktion enorm gesteigert, und statt einer Firma gibt es jetzt 100. Und der Verdienst der Sachbearbeiter wird mehr und mehr in Konsum investiert, welcher die Produktion noch einmal steigert...

KI bedeutet hier noch einmal einen gewaltigen Sprung. Aber das ist nicht das erste Mal, auch die Industrialisierung brachte vor 150 Jahren einen ähnlichen Sprung.

Die Gefahr, dass viele Menschen dabei auf der Strecke bleiben ist zwar real... aber diese Menschen müssen auch weiterhin Geld verdienen, denn sonst hätte die Produktion durch die Maschinen ihren Sinn verloren.

Was nützt es denn, wenn eine KI- gesteuerte Fabrik eine Million Autos produziert, die sich aber nur 100 Menschen auf der Welt leisten können? Die Autos gingen aus der Fabrik direkt auf den Schrottplatz... oder sie wären vielmehr so günstig, dass auch der Rest der Welt davon etwas abbekommt.

Und damit funktioniert der Kreislauf wieder.

Warum soll ich mich also zu einer Prognose äußern, die höchstwahrscheinlich nie zutreffen wird...?

Wie viele Vorhersagen für die Zukunft kennst du denn, die genau so eingetroffen sind, wie sie prognostiziert wurden...? (Vom Klimawandel einmal abgesehen, aber die Vorhersage basierte auf naturwissenschaftlichen Daten...)

lucan-7 antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3453

@lucan-7 

Ich habe ChatGPT mal gefragt, welche Vorhersagen es kennt, die eingetroffen sind:

Es gibt zahlreiche historische, wissenschaftliche und kulturelle Vorhersagen, die tatsächlich eingetroffen sind. Hier sind einige Beispiele aus verschiedenen Bereichen:

Wissenschaft und Technologie

  1. Mondlandung (Jules Verne und H.G. Wells)

    • Schriftsteller wie Jules Verne („Von der Erde zum Mond“, 1865) und H.G. Wells („Die ersten Menschen auf dem Mond“, 1901) beschrieben die Möglichkeit einer Mondlandung, lange bevor sie mit der Apollo-11-Mission 1969 Realität wurde.
  2. Mobiltelefone (Star Trek)

    • In der Serie Star Trek (1960er Jahre) wurde ein tragbares Kommunikationsgerät gezeigt, das den heutigen Mobiltelefonen ähnelt. In den 1970er Jahren wurden tragbare Mobiltelefone entwickelt und sind heute allgegenwärtig.
  3. Künstliche Intelligenz (Alan Turing)

    • Alan Turing prophezeite in den 1950er Jahren, dass Maschinen in der Lage sein würden, komplexe Probleme zu lösen und menschenähnliches Denken zu simulieren – eine Realität, die wir heute durch maschinelles Lernen und KI-Systeme erleben.

Politik und Gesellschaft

  1. Zerfall der Sowjetunion (George Kennan)

    • Der amerikanische Diplomat George Kennan sagte bereits in den 1940er Jahren voraus, dass das sowjetische System aufgrund seiner inneren wirtschaftlichen und politischen Schwächen langfristig kollabieren würde. Dies geschah 1991.
  2. Aufstieg Chinas als globale Macht (Napoleon Bonaparte)

    • Napoleon Bonaparte wird das Zitat zugeschrieben: „China ist ein schlafender Riese. Wenn er erwacht, wird er die Welt erschüttern.“ Heute ist China eine der führenden globalen Wirtschaftsmächte.

Naturwissenschaften

  1. Plattentektonik (Alfred Wegener)

    • Alfred Wegener schlug 1912 die Theorie der Kontinentaldrift vor, die damals abgelehnt wurde. Später wurde diese durch die Plattentektonik bestätigt und bildet die Grundlage moderner Geowissenschaften.
  2. Klimawandel (Svante Arrhenius)

    • Der Wissenschaftler Svante Arrhenius berechnete 1896, dass CO₂-Emissionen durch menschliche Aktivitäten zur Erderwärmung führen könnten – eine Erkenntnis, die heute im Zentrum der Klimaforschung steht.

Kultur und Literatur

  1. Überwachungsgesellschaft (George Orwell)

    • George Orwells Roman 1984 (1949) beschrieb eine dystopische Welt der totalen Überwachung. Mit der Verbreitung moderner Technologien und Überwachungsinstrumente ist diese Vision in Teilen Realität geworden.
  2. Das Internet (Mark Twain)

    • Mark Twain schrieb 1898 in „From the ‘London Times’ of 1904“ über eine Art globales Netzwerk zur Übertragung von Nachrichten. Dies wurde später durch das Internet Wirklichkeit.

Teilweise denke ich, dass es eben die von den Autoren entwickelten Narrative waren, die dann zu der Umsetzung der die Prophezeiung erfüllende Technologie/ das Ereignis führte.

Aber es sind auch Beispiele dabei, wo die gute analytische Fähigkeit oder auch ihr sehr gut ausgeprägtes "Bauchgefühl" zu der richtigen Prognose führte.

Meine Erfahrung ist die, dass viele Vorhersagen zu den Folgen von Computern und Software in der Arbeitswelt nicht eingetroffen sind. Andererseits ist es bei KI wirklich noch einmal eine andere Sache.

Wer es versteht, KI zu nutzen, der kann damit Grenzen sprengen - und so vielleicht auch den Menschen zu helfen, ein erfüllendes Leben ohne wirklich notwendige Aufgabe in der Wirtschaft zu führen.

 

goodfruit antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 14 Jahren

Beiträge : 24417

@goodfruit 

Um hier zu einem umfassenden Überblick zu kommen müsste man aber auch jene Vorhersagen einbeziehen, die NICHT eingetroffen sind - und das sind wesentlich mehr!

Denn es ist falsch zu sagen, man hätte bereits Anfang der 80er "gewusst", dass es zum Klimawandel kommen würde. Es war lediglich eine begründete Prognose, die sich später sowohl als richtig wie als falsch erweisen konnte.

Erst nachdem sich die Zeichen verdichteten, dass die Klimakrise tatsächlich wie prognostiziert eintreffen würde, können wir von einem "Wissen" sprechen. Das war spätestens am Ende der 90er der Fall, und spätestens dann hätte die Politik bereits reagieren müssen.

Was die Prognose einer "nutzlosen Bevölkerung" betrifft so sehe ich keine Anzeichen, dass das tatsächlich so eintreffen könnte. Wir müssen die Entwicklung allerdings genau beobachten, und sobald sich abzeichnet, dass eine bestimmte Voraussage tatsächlich einzutreffen droht, sollte dann auch reagiert werden.

So viel sollten wir gelernt haben... 

 

lucan-7 antworten
Kappa
 Kappa
(@kappa)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 897

@lucan-7 ich würde noch den großen Wilhelm letzen Kaiser des Deutschen Reiches hinzufügen;

"Das Automobil (damals im wesentlichen als Benzinkutsche verstanden) ist eine vorübergehende Erscheinung" 

😁

kappa antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3453

@kappa Vollständig zitiert ist das noch mal netter:

Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung.

Wilhelm II. (1859 – 1941), letzter deutscher Kaiser und preußischer König

https://gallant-horseman.com/glossar/ich-glaube-an-das-pferd-das-automobil-ist-nur-eine-voruebergehende-erscheinung/

goodfruit antworten
Seidenlaubenvogel
(@seidenlaubenvogel)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 1821

@lucan-7 … vorsichtige Gegenfrage: Waren wir Menschen je nützlich? Und wenn ja aus welcher Sicht und wozu?

Aus meiner allgemeinen Sicht kann ich das aus persönlicher, individueller Situation heraus bejahen. Aus meiner christlichen Sicht haben wir, was die Bewahrung der Erde angeht teils zu einem gewissen Grad mehr versagt als das wir nützlich waren; was im „gesamten Plan“ einkalkuliert war(?) (gewesen ist?) und somit war (ist) unser Verhalten immerhin ausreichend nützlich.

seidenlaubenvogel antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 14 Jahren

Beiträge : 24417

@seidenlaubenvogel 

… vorsichtige Gegenfrage: Waren wir Menschen je nützlich? Und wenn ja aus welcher Sicht und wozu?

Das ist eine sehr berechtigte Frage. Aus Sicht eines Elefanten, einer Waldameise oder einer Birke sind Menschen wohl kaum zu irgendetwas nutze, sondern eher ein Störfaktor in der Welt.

Aber auch den Menschen sind Menschen nur bedingt nützlich... vermutlich könnten wir auch mit der Hälfte der Weltbevölkerung hier ein gutes Leben haben, womöglich sogar ein sehr viel besseres. Aus dieser Perspektive wäre schon jetzt die Hälfte der Bevölkerung "unnütz".

Deshalb habe ich die Frage auch etwas anders aufgefasst: Es geht ja eher darum, dass es in Zukunft womöglich für einen großen Teil der Menschheit keine Aufgaben mehr geben wird, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ihre Arbeitskraft wird nicht mehr gebraucht, weil die Technik alles erledigt.

Das wäre natürlich in mehrfacher Hinsicht bedenklich... zum einen geht es um die Frage der Versorgung, aber auch um das Selbstwertgefühl. Wenn man nicht gebraucht wird - also wirklich nirgendwo - dann schlägt sich das auf das Gemüt nieder. Wenn man hier nicht sinnvolle Beschäftigungen schafft, dann kommt dabei nichts Gutes heraus.

Eben deshalb denke ich aber, dass es nicht dazu kommen wird. Womöglich wird es eine Klassengesellschaft geben, von Menschen, die zwischen all den Maschinen noch Tätigkeiten für sich finden, und solchen, die ausserhalb davon ihre eigene Gesellschaft gestalten - und dort dann auch wieder Sinn und Beschäftigung finden.

Und ich bin mir gar nicht sicher, ob ich selber das Leben bei den Maschinen wirklich bevorzugen würde... oder mich nicht lieber zu den "Nutzlosen" gesellen würde...

 

 

lucan-7 antworten
Jack-Black
(@jack-black)
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@lucan-7 Ich halte die ganze Prognose für unsinnig. Seit den 70er Jahren (Und teilweise noch früher) haben Maschinen damit angefangen, Menschen die Arbeit wegzunehmen.

Das Argument kommt immer wieder, was für mich ein Beleg dafür ist, dass der grundsätzliche Unterschied für uns Menschen anscheinend "unfassbar" ist: Maschinen hatten bisher stets nur körperliche Arbeit übernehmen können. Auch das schnelle Rechnen ist dabei noch eine rationalisierte Form von Buchhaltern, die an ihren Abaki saßen und Kügelchen hin- und her schoben: alles Abarbeiten der klassischen Computer von bloßen Algorithmen ist immer noch nichts weiter als eine Mechanisierung von Arbeitsschritten.

Die intellektuelle Arbeitsleistung musste von Menschen geleistet werden. Weswegen sich im kapitalistischen System eben auch damit Profit erzielen lässt, dass man Leute im Büro am Computer arbeiten lässt: ohne menschliche Arbeitsleistung ist im kapitalistischen System kein Profit möglich.

Aber KI wird - es ist nicht eine Frage des Ob, sondern lediglich eine des Wann - intellektuelle Arbeit leisten können, die irgendwann eben kostengünstiger ist als die von Menschen geleistete Arbeit.

Das geschieht zum ersten Mal und es gibt also keinerlei brauchbaren Vergleich zu früheren disruptiven Technologien: alle Vergleiche zu früheren "Beispielen" führen in die Irre. Die KI ist kein "Instrument" oder "Tool", wie sie früher halt so entwickelt wurden, um menschliche Arbeit effektiver zu machen*. Sie ist ein neuer Konkurrent** auf dem Arbeitsmarkt. Und zwar einer, der schneller, effizienter, fehlerfreier und tendenziell so gut wie kostenfrei arbeiten wird. Jeder Marktteilnehmer, der die Kosteneinsparungen bei der Produktion, die durch die "Anstellung" dieses neuen hyperfleissigen und billigen Konkurrenten möglich sind, nicht wahrnehmen mag, wird in der kapitalistischen Konkurrenz untergehen. Man überlege sich einmal, wo in der Warenproduktion KI-Arbeit die menschliche Arbeit prinzipiell nicht ersetzen kann: unser ganzes Wirtschaftssystem beruht nach wie vor nämlich darauf, dass Dinge hergestellt werden, die wir für unsere körperlichen Bedürfnisse brauchen, die also konsumiert werden...

Was mich dieser Tage am meisten beunruhigt ist, dass anscheinend kaum jemand diese - in meinen Augen notwendig eintreffende - Entwicklung erkennt. Aber es liegt wohl in der Natur der Menschen so zu denken wie Du:  Also aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit mit Entwicklungen, die sich anfangs ähnlich anfühlten, davon auszugehen, dass die Entwicklung sich ähnlich fortsetzen wird. Das grundsätzlich Neue sind wir nicht in der Lage zu realisieren: Noch nie in der Geschichte der Menschheit trat eine den Menschen intellektuell überlegene Entität in einen Wettstreit mit ihr ein. Wir sind von unserem evolvierten Vorstellungsvermögen her nicht auf diese Eventualität vorbereitet.

Auch mir fällt ehrlich gesagt nicht ein, wie wir als Menschen sinnvollerweise auf die Ankunft dieser überlegenen Konkurrenz auf dem "Arbeitsmarkt" reagieren sollen, bzw. wie ein Übergang des prä-AI-Kapitalismus zu einer post-AI-Wirtschaftsordnung aussehen könnte.

 

*ChatGPT, das heute von so vielen als Tool verstanden und benutzt wird, ist noch keine AGI, und es bedarf auch noch menschlicher intellektueller Leistung, das Programm zu bedienen.

**Die Ingenieure, die dieser Tage an der Vervollkommnung einer AGI arbeiten, könnte man umgekehrt als Werkzeuge betrachten, welche die Effizienz der KI-Arbeit steigern: Der Mensch wird hier zum Werkzeug und scheint es nicht mal zu bemerken.

jack-black antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
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@jack-black 

Maschinen hatten bisher stets nur körperliche Arbeit übernehmen können. Auch das schnelle Rechnen ist dabei noch eine rationalisierte Form von Buchhaltern, die an ihren Abaki saßen und Kügelchen hin- und her schoben: alles Abarbeiten der klassischen Computer von bloßen Algorithmen ist immer noch nichts weiter als eine Mechanisierung von Arbeitsschritten.

Die intellektuelle Arbeitsleistung musste von Menschen geleistet werden. Weswegen sich im kapitalistischen System eben auch damit Profit erzielen lässt, dass man Leute im Büro am Computer arbeiten lässt: ohne menschliche Arbeitsleistung ist im kapitalistischen System kein Profit möglich.

Aber KI wird - es ist nicht eine Frage des Ob, sondern lediglich eine des Wann - intellektuelle Arbeit leisten können, die irgendwann eben kostengünstiger ist als die von Menschen geleistete Arbeit.

Zunächst mal: Auch die komplexen Berechnungen, die Computer heute leisten, hätte man früher bereits als "intellektuelle Leistung" betrachtet, die eine Maschine niemals übernehmen könnte. Das ist also auch nichts Neues.

Und zum anderen betrachte ich die Angelegenheit offenbar etwas abstrakter als du. Ich gehe von einem Betrieb aus, der für seine Wirtschaftlichkeit Arbeitskraft benötigt, die man üblicherweise in "Arbeitsstunden pro Kopf" ausrechnen kann (Unterschiedliche Gehälter einmal aussen vor gelassen). Um einen Motor zusammenzubauen benötigt man beispielsweise 200 Arbeitsstunden, das heisst ein Arbeiter schraubt da 200 Stunden dran herum oder 20 Arbeiter machen das in 10 Stunden, was im Ergebnis auf das gleiche hinausläuft.

Jetzt kommt eine Maschine, die 150 dieser Arbeitsstunden übernehmen kann. Wenn das Ding weiterhin in 10 Stunden produziert werden soll, werden künftig statt 20 nur noch 5 Arbeiter benötigt (plus Maschine).

Und so fallen in den Betrieben mehr und mehr menschliche Arbeitsstunden weg. Manche Dinge werden womöglich sogar vollautomatisiert, so dass komplette Abteilungen von Maschinen übernommen werden. Ob das nun eine Abteilung ist, die Dinge zusammenschraubt, oder eine kreative Abteilung, die Musik komponiert und Bilder entwirft, spielt für die Rechnung keine Rolle... es bleibt dabei, dass "Arbeitszeit pro Kopf" reduziert wird.

Das ist ein Prozess, der schon vor 150 Jahren begonnen hat. Früher gab es in den Industriebetrieben Heerschaaren von Arbeitern, die sogar in eigenen Arbeitersiedlungen auf dem Fabrikgelände oder in der Nähe wohnten. Und jeder, der damals gesehen hätte, was künftige Industrieroboter leisten, hätte gefragt: "Und die Arbeiter? Jetzt werden zehntausende, ja hunderttausende von Menschen plötzlich überflüssig! Die werden als Bettler durch die Straßen ziehen und verhungern, die werden ja nicht mehr gebraucht!"

Was aber ist tatsächlich passiert? Die Betriebe wurden einfach sehr viel größer. Jetzt stehen statt 500 Menschen nur noch 20 Menschen in einer Montagehalle - dafür gibt es aber auch statt einer solchen Halle 25, in denen überall Maschinen gebaut werden!

Und jetzt trifft es eben auch kreative Berufe in gleicher Weise. Musikkomposition ist eine Handwerkskunst, die künftig weniger gebraucht werden wird. So wie sich ja auch heute kaum noch jemand Möbel von einem Schreiner machen lässt.

 

Was mich dieser Tage am meisten beunruhigt ist, dass anscheinend kaum jemand diese - in meinen Augen notwendig eintreffende - Entwicklung erkennt.

Da wir hier von Prognosen sprechen geht es weniger um das "erkennen" (Denn die Zukunft können wir nicht "erkennen", die ist noch gar nicht da), sondern um die Wahrscheinlichkeit von Prognosen, also wessen Prognose am Ende eintreffen wird.

Und da habe ich den Eindruck, dass dir der gleiche Fehler unterläuft wie religiösen Menschen (Ja, der Seitenhieb musste jetzt sein ;-P ): Du vermenschlichst die unheimliche Technik, so wie religiöse Menschen das ihnen Unbekannte und Rätselhafte vermenschlichen.

In deiner Vorstellung leitet eine Maschine einen Betrieb voller Maschinen, die jegliche denkbare Arbeit übernehmen, die in einem Betrieb überhaupt nur anfallen kann. Die Maschinen kontrollieren, prognostizieren, kalkulieren, produzieren... und das alles besser und perfekter als ein Mensch es tun könnte. Und die ehemaligen Angestellten, jetzt vom Betrieb ausgeschlossen und auf sich gestellt, drücken sich die Nase am Fenster platt und staunen ob dieser Geschäftigkeit, die alles in den Schatten stellt, was sie selbst hätten leisten können.

Es stellt sich halt nur die Frage: Wem soll das ganze jetzt dienen? Verdienen die Maschinen auch ihr eigenes Geld, damit sie die von ihnen produzierten Produkte kaufen? Oder landet der ganze Krempel dann direkt auf der Müllhalde, weil es ja niemand mehr bezahlen kann?

Was für ein Wirtschaftssystem liegt dem ganzen denn dann zugrunde? Gibt es auf der ganzen Welt dann nur noch ein paar Dutzend Milliardäre, denen der ganze Krempel gehört, und die sich dann gegenseitig ihre Waren abkaufen?

Oder geben die sich dem Müssiggang hin, weil ja die Maschinen alles, wirklich alles machen?

Genau das ist die "Vermenschlichung" der Maschinen. Und da sollte man schon unterscheiden zwischen dem Marketing, das immer wieder eine "Superintelligenz" ankündigt (Vermenschlichung von Technik), und dem, was es wirklich gibt und möglich ist.

lucan-7 antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

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@goodfruit Wie könnte das Leben von den vielen Menschen aussehen, die Harari als "unnütz" bezeichnet und die er mit Drogen und Videospielen vor sich hin vegetieren lassen will?

 

Hast Du eins seiner Bücher gelesen? Solche Formulierungen (dass er etwas so und so wolle...) lassen mich vermuten, dass Du Dich auf Sekundärquellen stützt, die aber ihrerseits halt schon Tendenzen enthalten. Die Formulierung, jemand sei unnütz, ist beispielsweise je nach Kontext sachlich völlig korrekt: Wenn wir Gesellschaftsbeziehungen gemäß des Nutzens der Einzelnen für die jeweils anderen strukturieren und wenn wir dann noch vor allem markttechnisch denken (also jedem Nutzwert ein Preisschild angehängt werden kann), dann sind diejenigen, die keine für andere wertvolle Arbeit leisten, selbstverständlich nutzlos.

KI und Robotik werden in absehbarer Zukunft menschliche Arbeitsleistung weitgehend überflüssig machen, weil praktisch jede Arbeit von Maschinen wird kostengünstiger erledigt werden können. Wenn wir das mal als gegeben annehmen, stellt sich die Frage: was tun mit den Menschen, deren Arbeitsleistung nicht gebraucht wird? ganz pragmatisch und überhaupt nicht mit abwertender Konnotation.

Wenn wir weiterhin annehmen (was mit den empirischen Daten ja auch durchaus kompatibel ist), dass Glücksgefühle sich per chemischer Manipulation in unseren Gehirnen erzeugen lassen, dann müssen wir halt nochmal unsere Einstellungen zum Drogenkonsum überdenken: wenn Menschen praktisch keine Optionen mehr haben, z.B. durch Erfolge im Beruf Zufriedenheit- und Glücksgefühle zu bekommen - was macht man dann? Sollen die unglücklich daheim sitzen im berechtigten Bewußtsein, dass niemand sie braucht und dort dann Däumchen drehen? Wir sprechen hier von einem Szenario*, in welchem man diese Leute nicht verhungern lässt (so ging man früher mit Leuten um, die man nicht brauchte). Warum sollten die dann nicht drogeninduziertes Glück erleben dürfen und/oder ihre Zeit mit Videospielen verbringen?

 

 

 

 

*Also einem Szenario, in welchem der von Maschinen erwirtschaftete Reichtum allen zugute kommt im Sinne einer Grundversorgung. Wie sich Harari das konkret vorstellt, weiß ich nicht, mir erscheint es eine sehr gewagte Utopie, anzunehmen, dass diejenigen, die heute über den Reichtum und die Ressourcen verfügen, sich kampflos von diesen wirtschaftlichen Privilegien verabschieden könnten. Mir erscheint also ein Szenario wahrscheinlicher, dass irgendwann das kapitalistische System im Zuge der technologischen Entwicklungen an seinen Grundwidersprüchen zerbrechen wird: wenn menschliche Arbeitskraft keinen Wert mehr hat, werden die "Kunden" kein Geld mehr in der Tasche haben, um sich die von den Maschinen produzierten Waren kaufen zu können. Der Kapitalismus kann nicht ohne menschliche Arbeitsleistungen funktionieren, ein Wirtschaftssystem, das auf menschliche Arbeitskraft verzichten kann, muss also prinzipiell anders aufgebaut sein. Wenn also, wie von mir vermutet, das kaptialistische System auseinanderbrechen wird - was kommt danach? Die bisher geschaffenen Werte (Ressourcen, Reichtum) verschwinden ja nicht, sondern verbleiben in den Händen der Reichen (und zwar jener Reichen, die clever genug waren, ihr Geld in Hardware zu investieren: Maschinen, aber auch - und vor allem - natürliche Ressourcen: Land, Wasser, Rohstoffvorkommen, sowie die dazugehörige Infrastruktur.

Warum sollten die Reichen nach dem Ende des Kapitalismus den Armen (wirtschaftlich Überflüssigen) dann irgendetwas abgeben? Warum nicht jene unnützen Fresser verhungern lassen? Ist ja auch gut für die Biosphäre, wenn's weniger Leute hat, die Dreck produzieren... Harari hab meines Wissens (aber ich hab halt nur zwei seiner Bücher gelesen) keine wirklich überzeugende Vision davon, wie sich jene utopische Welt, in welcher die "unnützen" Mensche zumindest ihre Zeit mit Drogenkonsum und Videospielen verbringen können, überhaupt erreichen ließe.

 

jack-black antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

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@jack-black Hallo Jack-black,

ich habe das verlinkte Material verwendet. Es sind das alles Primärquellen, also von Harari selbst erstelltes Material oder seine Äußerungen in Vorträgen oder Talkshows. Die Bücher selbst habe ich nicht verwendet, aber es sind das trotzdem Hararis eigene Worte und keine Zitate in Sekundärquellen.

Dass er von überflüssigen Menschen spricht und sich offenbar nicht vorstellen kann, dass ein Mensch, der keine Arbeit hat, etwas anderes tun könnte, als sich zuzudröhnen und billig zu unterhalten.

Ich finde das einigermaßen dramatisch, weil Harari ja wichtige und mächtige Menschen berät. Das war auch ein Grund für diesen Thread.

Ich selber hatte ja im Verlauf des Threads geschrieben, dass es immer mal wieder Erwartungen gab, dass es mit der Arbeit deutlich weniger werden würde. Alle haben sich nicht oder zumindest nicht in dem Ausmaß als richtig erwiesen. Das kann auch mit KI so sein. Trotzdem haben wir es hier wohl mit einem unvergleichlich mächtigen Werkzeug zu tun.

Und selbst wenn es gelingen sollte, viel Arbeit stark zu vereinfachen oder an Maschinen zu delegieren, so sehe ich in unserer heutigen Wirtschaft viele Lücken, die bleiben, weil wir nicht genug Menschen haben, die sich drum kümmern.

Ich sehe viele unerforschten Bereiche, wo eine Aufklärung sehr sinnvoll wäre, ich sehe alte Menschen, die in den Heimen vereinsamen, ich sehe viele Menschen, die mit dem Leben nicht zurechtkommen, depressiv sind und leiden - die keinen Therapeuten finden, ich sehe viele billig produzierte und hochverarbeitete Lebensmittel, die zumindest zum Teil durch wertigere ersetzt werden könnten, wenn Menschen bereit sind, die zu produzieren - oder einfach für andere zu kochen. Warum nicht die freiwerdenden Arbeitsstellen in einem Unternehmen durch ein selbst organisiertes Küchenteam mit gutem und gesundem Angebot an Nahrung ersetzen? Warum nicht denen, die Arbeiten, ein Angebot für Massage ode Wellness machen? 

Und all jene, die keine neugeschaffenen Stellen in der Arbeitswelt abbekommen, können ähnliche Angebote außerhalb der Arbeitswelt machen.

Kritisch sehe ich auch Hararis kastenartig aufgebaute Gesellschaft ohne Übergänge zwischen den Kasten. Dass ein so differenzierter Mensch sich für das formulieren von derart primitiven Gesellschaftskonzepten hergibt, hat mich einigermaßen schockiert.

Warum sollten die Reichen nach dem Ende des Kapitalismus den Armen (wirtschaftlich Überflüssigen) dann irgendetwas abgeben?

Die Frage gebe ich mal zurück: Mit welchen Recht beanspruchen die Reichen mehr Geld als sie je im Leben sinnvoll ausgeben können? Ich bin kein Kommunist und ich meine, dass ehrlich erwirtschaftetes Kapital auch dem Arbeitenden/Wirtschaftenden, gute Früchte abwerfen sollte. Aber es gibt einen Bereich, wo es ungesund wird, wo der Kapitalismus destruktiv auf die Gesellschaft und letztendlich auch auf das Wirtschaftssystem wirkt.

Harari verwendet gerne das Geld als Beispiel eines funktionieren künstlichen Narratives.  Nur aufgrund dieses Narratives konnten die Menschen so reich werden. Würden sie in Bananen bezahlt, so würden sie auf einem riesigen Berg gammeliger Bananen sitzen.

In China wurden Menschen enteignet, die sich mit erwirtschaftetem Geld in China ein Leben in Prunk aufbauen wollten. Aber auch in China gibt es Unterschiede in Bezug auf den Wohlstand. Es lohnt sich, gut zu wirtschaften, aber es wird abgeschöpft, wenn der Reichtum ins Gesellschaftsschädigende kippt. Hier denke ich, dass China fairer und gesellschaftserhaltender wirtschaftet als Länder, in denen dem Reichtum keine Grenzen gesetzt sind.

In unserer Verfassung steht, dass Eigentum verpflichtet. Menschen mit viel Geld haben viel Verantwortung - und hier ist nicht das Tragen von Verantwortung als Argument für hohen Lohn gemeint, sondern die Verantwortung, Kapital in Händen zu halten, dass, wenn es einfach nur gehortet wird, in der Gesellschaft fehlt.

Warum sollten die Reichen etwas abgeben ist keine Frage, die mir so spontan käme? Ich hätte ehr gefragt: Was fällt denen ein, Geld in dem Umfang zu horten und so das Narrativ, das ihnen überhaupt erst das Horten von Kapital ermöglicht, zu zerstören? Es gibt da eine Verantwortung - auch vor Gott!

goodfruit antworten
Jack-Black
(@jack-black)
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@goodfruit Die Frage gebe ich mal zurück: Mit welchen Recht beanspruchen die Reichen mehr Geld als sie je im Leben sinnvoll ausgeben können?

Sie beanspruchen es mit dem strukturellen Recht des Stärkeren: sie haben die Macht dazu.

Ich bin kein Kommunist und ich meine, dass ehrlich erwirtschaftetes Kapital auch dem Arbeitenden/Wirtschaftenden, gute Früchte abwerfen sollte.

Vielleicht wäre es für Dich interessant, Dich mal etwas ausführlicher mit der marxistischen Analyse des (Börsen-) Kapitalismus auseinander zu setzen: das kapitalistische System funktioniert nun mal so, dass sich das Kapital akkumuliert, und der kapitalistische Profit beruht immer (!!!) darauf, dass den Arbeitenden (also denen, die als Angestellte der Kapitaleigner Arbeit leisten) ein Teil des Wertes, den sie dadurch erzeugen, weggenommen wird. Wie groß dieser Anteil ist, darüber können sich zwar im Prinzip Kapitaleigner und Arbeiter einigen und wenn der Kapitaleigner ein ganz Lieber ist, dann wird er vielleicht sagen: "Naja, ich brauch nicht viel, beanspurche also nur 1 Prozent dessen, was du Arbeiter mittelst meiner Produktionsmittel (Land, Maschinen, Infrastruktur...) an Wert erzeugst."

Allerdings wird dieser Kapitaleigner kaum Investoren finden, die in die Aktien seines Unternehmens auch nur einen roten Heller stecken wollen: Um an der Börse was werden zu können, muss er den Aktionären gewissermaßen versprechen, seine Arbeiter so gut, wie's geht, auszubeuten: denn die Aktionäre wollen ja eine hübsche Dividende am Jahresende auf ihrem Konto haben, oder, wie es euphemistisch formuliert wird: sie wollen ihr Geld für sie arbeiten lassen...

Also: das Recht der Reichen, immer mehr Reichtümer aufzuhäufen, nach welchem Du fragst, besteht im So-Sein des Kapitalismus.

 

Wenn nun der Kapitalismus - so denn meine Prognose zutreffen sollte - irgendwann zusammenbricht (weil dank KI die menschliche Arbeitskfraft bei der Warenproduktion überhaupt nicht mehr nachgefragt wird, da alle Produktionsmittel von KI-gesteuerten Robotern, also in der Tendenz kostenlosen Arbeitern, genutzt werden können, wodurch menschliche Arbeitskraft nicht mehr ausgebeutet werden kann... usw. usf.), dann besitzen zu dem Zeitpunkt die reichen Kapitalisten alles: Land, Maschinen, Infrastruktur. Und die Armen besitzen nichts mehr als ihre nunmehr wertlose Arbeitskraft: eine Ware, die sie auf dem "Arbeitsmarkt" ja nicht mehr loswerden.

Nun können die Besitzenden also entweder freiwillig den Mittellosen etwas von ihren angehäuften Ressourcen abgeben, d.h.: schenken. Oder sie lassen's lieber vor dem Hintergrund, dass sich dieser Reichtum nicht wie einst im Kapitalismus weiter mehren lässt per Ausbeutung menschlicher Arbeit: da wäre es doch klüger, die Ressourcen, die man hat, sparsam zu verwalten, da sie schließlich doch auch endlich sind (irgendwann ist die Kupfermine, die der Reiche besitzt, dann halt komplett ausgebeutet von den fleissigen Roboter-Bergleuten).

Warum sollte die besitzende Kaste der mittellosen Kaste etwas schenken in einer Welt, in der die mittellose Kaste ihr im Gegenzug nichts Substantielles zu geben hat, d.h. aus (wirtschaftlich betrachtet) unnützen Menschen besteht?

Du magst nun einwenden, da handele es sich um ein erschreckendes Menschenbild, das dahinter steckt, und dass das christliche Menschenbild da irgendwie überlegen sei. Dann aber möchte ich darauf hinweisen, dass dieses christliche Menschenbild nun 2000 Jahre Zeit hatte, beispielsweise den Hunger in der Welt zu besiegen, beziehungsweise die gigantischen Reichtumsunterschiede zwischen den Besitzenden und den Besitzlosen. What took them so long?!

Ich hatte hier vor ein paar Monaten (Jahren) schon mal auf auf Singer und dessen Buch von 1972 "Hunger, Wohlstand und Moral" verwiesen, aus dem eigentlich logisch abgeleitet werden kann, dass Menschen sich in ihrer weit überwiegenden Zahl unmoralisch in dem Sinne verhalten, dass sie nicht denen in Not helfen, obwohl es ihnen möglich wäre. Siehe dazu nochmal die (englischsprachige) Zusammenfassung des Gedankens in diesem YT-Vortrag von Jeffry Kaplan.

Wenn Singer recht hat - und die Fakten sprechen eindeutig in dieser Hinsicht - dann werden die Menschen vermutlich nach dem durch die KI bedingten Umbruch im Wirtschaftssystem sich moralisch entsprechend weiter verhalten: diejenigen, die abgeben könnten, werden es weiterhin nicht tun (und keine Gewerkschafsbewegung wird sie da mit Streikdrohungen drängen können), und die christlichen think tanks werden dafür schon die entsprechenden Bibelauslegungen hervorbringen - das schafften sie in der Vergangenheit ja auch verlässlich, wenn's darum ging, die Interessen der "Obrigkeit", also der Machteliten, als im Einklang mit Gottes Willen - *Wohlstandsevangelium hüstel* - darzustellen.

jack-black antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
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@jack-black 

Wenn nun der Kapitalismus - so denn meine Prognose zutreffen sollte - irgendwann zusammenbricht (weil dank KI die menschliche Arbeitskfraft bei der Warenproduktion überhaupt nicht mehr nachgefragt wird, da alle Produktionsmittel von KI-gesteuerten Robotern, also in der Tendenz kostenlosen Arbeitern, genutzt werden können, wodurch menschliche Arbeitskraft nicht mehr ausgebeutet werden kann... usw. usf.)

Wie kommst du eigentlich darauf, dass KI-gesteuerte Roboter "kostenlos" sein werden? Allein deren Energieverbrauch wird recht hoch sein, und sie werden auch Wartung und Ersatzteile benötigen. Ganz zu schweigen davon, dass sie ja auch aufwändig entwickelt werden müssen, was sie teuer machen wird.

Und wie alle Maschinen werden sie auch einen "Lebenszyklus" durchlaufen, von der Anschaffung bis zur Verschrottung.

Und je komplexer die Maschinen sind, desto komplexer (Und damit teurer) wird auch die Wartung sein.

Am Ende werden die Maschinen kaum günstiger sein als es die Arbeitermassen des 19. Jahrhunderts waren...

lucan-7 antworten
Jack-Black
(@jack-black)
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@lucan-7 Wie kommst du eigentlich darauf, dass KI-gesteuerte Roboter "kostenlos" sein werden?

Ich schrieb: "in der Tendenz kostenlos". So billig also, dass es hinsichtlich der Konkurrenzsituation (wen betraue ich mit einem Job: den Menschen oder die Maschine?) wie kostenlos wirkt.

Allein deren Energieverbrauch wird recht hoch sein

Nicht so hoch wie der von menschlichen Arbeitern, welche, um produktiv sein zu können, neben der für die Arbeit aufgewendeten Energie auch noch beheizte Wohnungen, mit elektrischem Schnickschnack aufbebrezelte Freizeitmöglichkeiten usw. usf. brauchen. Darüber hinaus können Roboter auf die jeweiligen Arbeitsnotwendigkeiten hin gezielt konstruiert werden: der Energieaufwand kann also mit jeder Generation von Robotern stetig optimiert werden.

(...) sie werden auch Wartung und Ersatzteile benötigen. (...)

Du meinst: Gesundheitsaufwendungen vom täglichen Duschen bis hin zur Bypassoperation, Behandlung von Sehnenscheidenentzündeungen, Burnout-Syndromen und künstlichen Hüften? 😀

Der Wartungs-Aufwand lässt sich zwar nicht auf null reduzieren, aber tendenziell in Richtung "unerheblich hinsichtlich der Produktionskosten".

Ganz zu schweigen davon, dass sie ja auch aufwändig entwickelt werden müssen, was sie teuer machen wird.

Ja. Aber sie müssen pro Generation immer nur einmal entwickelt werden und diese Entwicklungskosten können dann durch die Zahl der eingesetzten Roboter geteilt werden. Die Entwicklung eines menschlichen Arbeiters - das Großziehen vom Säugling an bis zur Berufsausbildung - muß pro Arbeitnehmer immer und immer wieder finanziert werden. All Deine Einwände treffen im selben Maße ja auch auf ganz herkömmliche Maschinen zu, die in der Vergangenheit menschliche Arbeit ersetzten - vom Webstuhl über dampfbetriebene Pumpen bis hin zu Fertigungsrobotern in der Autoindustrie (<-- ich hatte zuerst Chipindustrie schreiben wollen, aber da sind wir ja schon bei Arbeitsbereichen, in denen Menschen heute schon unfähig sind, das zu tun, was von Algorithmen gesteuerte Maschinen können).

Wären also Deine Einwände substantiell, so hätte sich Automatisierung nie in der Produktion durchsetzen können. Das Gegenteil ist bekanntlich der Fall.

jack-black antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
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@jack-black 

Ich schrieb: "in der Tendenz kostenlos". So billig also, dass es hinsichtlich der Konkurrenzsituation (wen betraue ich mit einem Job: den Menschen oder die Maschine?) wie kostenlos wirkt.

Natürlich wird eine Maschine günstiger sein... sonst würde man sie ja nicht nutzen. Aber du suggerierst hier einen Sprung von "teuren Maschinen" hin zu "kostenlosen Maschinen", so als würden jetzt plötzlich alle wirtschaftlichen Regeln ausser Kraft gesetzt. Und das ist nicht der Fall.

An den grundlegenden wirtschaftlichen Prinzipien hat sich seit dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit nicht viel geändert. Trotz Industrialisierung und Automatisierung.

 

Wenn jetzt KI-Maschinen Gebrauchsgegenstände produzieren, die aber niemand bezahlen kann, weil die Arbeiter alle entlassen wurden und niemand mehr Geld verdient - dann wird auch die KI-Maschine überflüssig sein, weil ihre Tätigkeit sinnlos wird. Denn die wirtschaftlichen Prinzipien bleiben ja gültig.

Die Tätigkeiten der Menschen werden sich also verlagern, so wie es immer schon war, wenn neue Techniken Arbeiten überflüssig machten. Das fing seinerzeit mit den Bauern an. Früher arbeiteten 90% der Menschen in der Landwirtschaft. Heute sind es noch 2%.

Damals hätte man sich auch gefragt, wo denn nun die ganzen Menschen eigentlich hin sollen... und wer soll das denn finanzieren, wenn 88% der Bevölkerung plötzlich arbeitslos werden...? Unvorstellbar!

 

All Deine Einwände treffen im selben Maße ja auch auf ganz herkömmliche Maschinen zu, die in der Vergangenheit menschliche Arbeit ersetzten - vom Webstuhl über dampfbetriebene Pumpen bis hin zu Fertigungsrobotern in der Autoindustrie

Eben. Und dein Einwand bezieht sich auf eine Technologie, die den Menschen vollumfänglich ersetzen kann... die es aber noch gar nicht gibt und von der zweifelhaft ist, ob es sie überhaupt einmal geben wird. Denn etliches, was da jetzt berichtet wird ist auch nur Propaganda.

Denn auch eine KI ist nur so gut wie die Daten, die sie zur Verfügung hat und die Ergebnisse, die sie bewerten und aus denen sie lernen kann (Deshalb ist auch der durch KI verursachte Atomkrieg unwahrscheinlich - es gibt keine realen Szenarien, aus denen die KI lernen könnte, wie man hier am effektivsten vorgehen muss).

Dabei schätze ich die Gefahren durch KI auch sehr hoch ein, und es gibt da jetzt bereits üble Tendenzen (Stichwort: Tech-Milliardäre, die die sozialen Medien kontrollieren). Dass in Zukunft die Mehrheit der Menschheit durch KI eher Nachteile haben wird, in der Befürchtung stimmen wir wohl überein. Nur nicht darin, woher genau diese Gefahr kommen wird.

lucan-7 antworten


Chai
 Chai
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Sollte es zu viel 'nutzlose Bevölkerung' geben, wird halt irgendwo ein Krieg angezettelt. 
Dass die Menschen sich dem Müßiggang hingeben und dafür noch Geld bekommen, halte ich nicht für wahrscheinlich. 
(Also ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass das im Sinne der 'Eliten' ist.)

chai antworten
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GoodFruit
(@goodfruit)
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@chai Sollte es zu viel 'nutzlose Bevölkerung' geben, wird halt irgendwo ein Krieg angezettelt.
Dass die Menschen sich dem Müßiggang hingeben und dafür noch Geld bekommen, halte ich nicht für wahrscheinlich.
(Also ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass das im Sinne der 'Eliten' ist.)

Ich finde es auf jeden Fall bemerkenswert, dass ein Denker auf dem Forum des WEF die Perspektive des großen Anteils "nutzloser Bevölkerung" bzw. "überflüssiger Menschen" (was ich noch einmal schlimmer von der Formulierung her finde) aufmacht.

Es verdeutlicht dies, wie er die Wirtschaft sieht. Die Wirtschaft dient nicht der Versorgung der Bevölkerung, sondern die Menschen gibt es nur, um wirtschaftlich zu agieren. Können sie das nicht, so verlieren sie ihre Daseinsberechtigung (so jedenfalls lese ich die Formulierung).

Das ist etwas, das ganz wach machen sollte, etwas, was die Hirne und Herzen von Christen aktivieren sollte, dem etwas entgegenzustellen. Denn die Sicht Hararis dürfte in starkem Maße von marxistischer Ideologie beeinflusst sein, die ja auch den Menschen nur aus seinem Beschäftigungsverhältnis her definiert und nicht von seiner persönlichen Einzigartigkeit, die auch ohne jede Arbeit ihren besonderen Wert hat.

Es gibt ja soetwas wie "Schwarmintelligenz" und letztendlich ist eine KI ja nichts anderes. Könnte nicht gemeinsames Denken und Handeln einer Vielzahl von Menschen die Welt transformieren, sie in eine von einer lebendigen und mit liebenden Herzen beseelten Bevölkerung in einen anderen Zustand versetzen?

Von der Pflicht und auch der Möglichkeit befreit, einer Arbeit nachzugehen, die Geld einbringt, könnte Potenzial freigesetzt werden, das die Menschheit so noch nicht gesehen hat.

Die veränderte Situation muss in eine veränderte Sicht auf die Arbeit führen: Das, was heute selbstverständlich ist und als gerecht gilt, kann in einer Zeit, in der sehr viele im Arbeitsleben nicht mehr benötigt werden, nicht länger so gelten. Das muss insbesondere ein WEF begreifen und ich denke, dass sie da auch dran sind. Die vorgesehene Enteignung der Massen, scheint mir das - trotz gegenteiliger Ankündigung - nicht der beste Weg zu sein, zum Glück zu führen. Dieser Weg führt höchstens in eine neue Form der Sklaverei, denn ohne Besitz gibt es nichts mehr, von dem ich aus mir heraus leben kann. Ich bin immer abhängig vom neuen Lehnsherren und seiner Bereitschaft, mit aus seiner Gnade heraus mir die Grundlage für mein Leben zu erhalten. Was müsste das für eine abscheuliche Welt sein! Wo die Freiheit fehlt, kann der Mensch sein wahres Potenzial nicht mehr entfalten. Da ist dann außer Ballerspiele und Drogen tatsächlich nichts mehr möglich. Aber das wäre ein Missbrauch der Menschen und der ganzen Menschheit!

Ich sehe kein Recht der Eliten, so eine Welt zu installieren. Klar können sie sagen: Ich habe das Geld und ich kann bestimmen, was damit gemacht wird. Sie sollten aber nicht vergessen, dass das Geld nicht mehr ist als ein Narrativ, das in dem Moment zerbricht, wo die Menschen aufhören, dem Narrativ zu folgen. Harari selber sprich davon.

Wenn es aber keine alternativen Konzepte zu den Konzepten der Mächtigen und Reichen gibt, dann sind deren Konzepte alternativlos. Ich sehe eine Verantwortung der Kirchen, dem menschenwürdige Alternativen entgegenzustellen!

 

 

goodfruit antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

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Als ich diesen Beitrag hier sah, musste ich an die angeblich so "nutzlosen" Menschen denken:

https://www.n-tv.de/mediathek/videos/panorama/Japaner-koennen-Freunde-oder-Familie-mieten-article25472251.html

Es ist das ein Bericht über eine mietbare Familie in Japan.

Auch wenn der Beitrag ein wenig traurig macht - die Einsamkeit dürfte eine Begleiterscheinung der "schönen neuen Welt" sein. Da ist es denn gut, wenn es noch Menschenseelen außerhalb der kleinen Kaste gibt.

goodfruit antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

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@goodfruit Es verdeutlicht dies, wie er die Wirtschaft sieht. Die Wirtschaft dient nicht der Versorgung der Bevölkerung, sondern die Menschen gibt es nur, um wirtschaftlich zu agieren. Können sie das nicht, so verlieren sie ihre Daseinsberechtigung (so jedenfalls lese ich die Formulierung).

"Die Wirtschaft" dient nicht. Sie funktioniert. Sie ist keine Entität (Wesenheit, der man dann Pflichten wie z.B. das Dienen, das Versorgen usw. zuordnen könnte), sondern ein System: die Gesamtheit von wirtschaftlichen Transaktionen der "Marktteilnehmer", in welchem gegebenenfalls Muster/Regeln gefunden oder per politischer Machtausübung (Gesetzen) implementiert werden können.

Selbstverständlich sind Menschen, wenn man das System "Wirtschaft" betrachtet, nur wirtschaftliche Agenten. Wenn sie nicht wirtschaftlich agieren, spielen sie für das System überhaupt keine Rolle.

Menschen, die nicht ihre Arbeitsleistung im wirtschaftlichen Zusammenhang anbieten können, verlieren damit nicht automatisch ihre "Daseinsberechtigung": als nachfragende Marktteilnehmer sind sie nach wie vor ein Faktor: wenn sie z.B. ein paar Milliönchen von Papi geerbt haben oder per Börsenspekulation zusammenraffen konnten, aber auch, wenn ein Dritter, der über Geld verfügt, ihnen etwas davon schenkt: beispielsweise der Staat denen, die wirtschaftlich nicht selbst für sich aufkommen können: per Sozialhilfe usw.. Letzteres kann der Staat freilich nur, indem er sich das an die Bedürftigen zu verteilende Geld den anderen Marktteilnehmern wegnimmt.

Freilich: wenn sie weder weder über Geld (Nachfrage) noch nachgefragte Leistung (Angebot) verfügen: dann sind Menschen im wirtschaftlichen Zusammenhang irrelevant, verlieren also ihre "Daseinsberechtigung" insofern, als man sie nicht weiter zu berücksichtigen braucht.

 

 

jack-black antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
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@jack-black "Die Wirtschaft" dient nicht. Sie funktioniert

Das kommt darauf an, wie ich sie sehe. Wenn sie nur "funktioniert" dann klingt das nach einem zufälligen Ereignis, das sich einstellt, wenn man nichts macht. Das klingt libertär - wie Elon Mask sich die Welt wünscht.

Wenn ich aber weise Rahmenbedingungen setze, dann funktioniert die Wirtschaft auch - aber zugleich dient sie der Bevölkerung: für ihre Versorgung, als Quelle von Arbeitsplätzen, als Ort, wo Kultur und Fortschritt wird.

Wirtschaft ist das, was bei der Arbeit der Menschen herauskommt inklusive der Arbeit selber. Sie ist bezogen auf Menschen, auf ihre Versorgung. Eine Wirtschaft, die ihren dienenden Aspekt für die Menschen nicht erfüllt, ist ein kalter Moloch, der nichts als Profit erzeugt und höchstens im Dienste Satans und der seinen steht - aber nicht der Versorgung der Menschen generell.

Das ist ein Feld, wo das Herz von Menschen besonders deutlich zum Ausdruck kommt und daher im jüngsten Gericht ein wichtiger Inhalt sein wird.

goodfruit antworten
Jack-Black
(@jack-black)
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@goodfruit Das kommt darauf an, wie ich sie sehe. Wenn sie nur "funktioniert" dann klingt das nach einem zufälligen Ereignis, das sich einstellt, wenn man nichts macht. Das klingt libertär - wie Elon Mask sich die Welt wünscht.

Sorry, da sind mir zuviele versteckte Assoziations-Sprünge drin, darauf weiß ich nicht zu antworten.

 

Wenn ich aber weise Rahmenbedingungen setze, dann funktioniert die Wirtschaft auch - aber zugleich dient sie der Bevölkerung: für ihre Versorgung, als Quelle von Arbeitsplätzen, als Ort, wo Kultur und Fortschritt wird.

Wie ich oben schrieb: es können in dem System Wirtschaft Regeln implementiert werden. In unserer Wirtschaft haben wir solche Regeln, und zwar ganz fundamentale Regeln: diejenigen, nach denen der Kapitalismus funktioniert. Eine der Regeln lautet beispielsweise, in religiöser Sprache formuliert: Eigentum ist heilig. Jemand kann Produktionsmittel (wie Land, Ölquellen, Maschinen) besitzen und darüber frei entscheiden, ob diese Produktionsmittel für die Produktion von Waren eingesetzt werden oder nicht. Und falls er entscheidet, dass sie dafür eingesetzt werden, dann kann er entscheiden, wer sie einsetzt, d.h. er kann entscheiden, wer ihm seine Arbeitskraft verkauft. Es wären andere Regeln denkbar: beispielsweise die Vergemeinschaftung aller Produktionsmittel...

Wie auch immer: die Wirtschaft dient "der Bevölkerung" nur dann, wenn sie entsprechend organisiert wird, d.h. geplant wird nach dem Muster: "Wir machen das jetzt so und so, damit alle genug zu essen und zu trinken haben." Sie ist dabei aber nicht ein Ding, das irgendwie da ist und über das man befinden kann. Sondern sie ist die Gesamtheit aller wirtschaftlichen Transaktionen (ich wiederhole mich), und damit also die Menge aller möglichen individuellen planvollen ökonomisch relevanten Taten.

Wenn man nun versuchen möchte, die Wirtschaft auf bestimmte gesamtgesellschaftliche Ziele hin zu organisieren, dann muss man die in ihr herrschenden Gesetzmäßigkeiten verstehen und sich vor Romantisierungen hüten. Beispeil: Du schreibst, die Wirtschaft diene als "Quelle von Arbeitsplätzen". Wollte man sarkatisch sein, so könnte man darauf entgegnen: Ja, solche Arbeitsplätze, wie der dieser Tage tot geborgenen Minenarbeiter in Südafrika...

Arbeitsplätze sind erstmal konkret jene Plätze, an denen der Kapitalist die Arbeitskraft seiner Angestellten ausbeutet. Arbeit als Selbstverwirklichung und der Arbeitsplatz als Ort der Selbstverwirklichung - das ist eine Romantisierung des Umstandes, dass in unserer Gesellschaft der Sozialstatus mehr oder minder direkt mit dem Erwerbseinkommen zusammenhängt. Niemand arbeitet um des Arbeiten willens. Arbeit dient nicht der Selbstverwirklichung, sondern der Überlebenssicherung, der "Reproduktion". Die Leute kämen gut ohne Arbeitsplätze aus, wenn sie ihre Reproduktionskosten anderweitig finanziert bekämen, bzw. alle Waren und Dienstleistungen derer sie (objektiv oder subjektiv) bedürfen, ohne Arbeitsaufwand zur Verfügung gestellt bekämen.

Entsprechend wäre es auch - rein theoretisch - möglich, dass alle notwendige (dem Selbsterhalt der Menschen dienende) Arbeit von (intelligenten) Maschinen erledigt würde und die Leute nur noch das täten, wozu sie Lust haben (spielen, kiffen, Kreuzworträtsel lösen, Sex haben, Online-Diskussionen ad ultimo führen, Live-Konzerte, für deren Besuch niemand zahlen muss, veranstalten...). Das wäre in weitem Maße schon heute, ganz sicher aber in näherer Zukunft mit ki-gesteuerten Roboterarbeitern durchaus möglich.

Nur eben nicht im kapitalistischen Wirtschaftssystem, das grundsätzlich auf der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft fußt, dessen treibender Faktor das konkurrenzorientierte Profitinteresse ist und das Privateigentum an den Produktionsmitteln voraussetzt.

 

Eine Wirtschaft, die ihren dienenden Aspekt für die Menschen nicht erfüllt, ist ein kalter Moloch, der nichts als Profit erzeugt und höchstens im Dienste Satans und der seinen steht - aber nicht der Versorgung der Menschen generell.

Das ist mir wieder viel zu religiös-emotional aufgeladen. Bisher hat der Kapitalismus als System ja "die Menschen" anscheinend besser versorgt als konkurrierende Wirtschaftssysteme (wie der Feudalismus oder auch der "real existierende Sozialismus"). Das Stichwort "Moloch" erinnert mich natürlich sofort an die Website, auf die ich hier im Forum schon des öfteren verwies: Meditations on Moloch. Aber obwohl den dort ausgebreiteten Gedanken ja ein Gedicht zugrunde liegt, sind sie denn doch in sich wieder kühler und sachlicher als das, was Du hier schreibst, wenn Du von "Satan und den seinen" raunst und einen Absatz später dann gleich mal zum Jüngsten Gericht vorspulst... Damit machst Du es Dir m.An.n. zu einfach und tust so, als gäbe es ein "Gut" und ein "Böse" in wirtschaftlichen Angelegenheiten.

Wenn man Moloch mit dem Kapitalismus identifiziert (über das Für und Wider dieser Interpretation wird auf der verlinkten Seite nachgedacht), dann gehört jeder Mensch, der im Kapitalismus lebt und agiert, immer auch dazu. Wir zwei beide auch. 🙂

 

 

jack-black antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

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@jack-black Du hattest geschrieben, dass Wirtschaft nicht dient sondern funktioniert.

@jack-black: Sorry, da sind mir zuviele versteckte Assoziations-Sprünge drin, darauf weiß ich nicht zu antworten.

Darauf hatte ich geantwortet, dass eine nur auf Funktion bedachte Wirtschaft - also eine die nicht mit irgendeinem Ziel geführt wird, eine nur aus sich selber entstehenden Wirtschaft ist.

Klar kann man das machen und wir dürfen das für die USA jetzt so erwarten, denn Elon Musk hat libertäre Vorstellungen von einer optimalen Wirtschaft.

Libertär bedeutet, dass der Staat so wenig wie möglich eingreift. Das ist dann wirklich eine Wirtschaft, die ausschließlich "funktioniert"

Ich weiß nicht, wo das Assoziationssprünge drin sein sollen. Ich finde den Gedankengang stringent und mit Blick auf eine nur auf das Funktionieren bedachte Wirtschaft - also eine ohne sozialen oder ökologischen Ziele - eigentlich zwingend.

Wenn Du die Wirtschaft in einen Dienst stellst: sagen wir, die Wirtschaft hat zur Aufgabe die Bevölkerung mit Waren zu versorgen und Arbeitsplätze zu schaffen, damit die Menschen die Waren auch kaufen können. Dann dient die Wirtschaft einem Ziel. In so einer Wirtschaft kann ein Unternehmer Profite erwirtschaften. Aber das ganze System ist nicht ausschließlich auf Profitmaximierung bedacht, weil Rahmenbedingungen jegliches Wirtschaften dem vorgegebenen Ziel, ihrem gesellschaftlichen Dienst, zustreben muss.

Eine der Regeln lautet beispielsweise, in religiöser Sprache formuliert: Eigentum ist heilig. Jemand kann Produktionsmittel (wie Land, Ölquellen, Maschinen) besitzen und darüber frei entscheiden, ob diese Produktionsmittel für die Produktion von Waren eingesetzt werden oder nicht. 

Ich weiß jetzt nicht in welchem Land Du lebst. Aber in Deutschland klingt das etwas anders: 

Artikel 14, Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland:

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
 
Dafür brauchst Du auch keine religiöse Sprache. Für staatliche Vorgaben ist nicht die Bibel sondern es sind die Gesetzeswerke zuständig, wenn es darum geht, das Leben im Staat zu organisieren.
 
Wie auch immer: die Wirtschaft dient "der Bevölkerung" nur dann, wenn sie entsprechend organisiert wird, d.h. geplant wird nach dem Muster: "Wir machen das jetzt so und so, damit alle genug zu essen und zu trinken haben."
Nun, das ist aber eine reichlich uninspirierte Sicht. Wer sich eine Wirtschaft, die in einem Dienst gestellt wird, nur als primitive Planwirtschaft vorstellen kann, hat vermutlich noch nie ernsthaft systemisch gedacht. Du kannst die Wirtschaft sehr wohl sich selbst regulieren lassen, wie man das in einer Marktwirtschaft erwartet. Aber wenn Du das Feld, in dem sich die Wirtschaft organisieren kann, nicht unbeschränkt lässt (wie das das Ideal einer libertären Gesinnung wäre), sondern ihr Rahmenbedingungen definierst, die sie in ihrer Selbstorganisation beschränken, dann kommt da eine Wirtschaft dabei heraus, die dienenden Charakter haben kann.
 
Beispeil: Du schreibst, die Wirtschaft diene als "Quelle von Arbeitsplätzen". Wollte man sarkatisch sein, so könnte man darauf entgegnen: Ja, solche Arbeitsplätze, wie der dieser Tage tot geborgenen Minenarbeiter in Südafrika...
Unfälle sind schrecklich. Sie werden sich nie ganz vermeiden lassen. In einer Wirtschaft, der Rahmenbedingungen gesetzt wurden, kannst Du aber krasse Unfälle auf Grund übler Arbeitsbedingungen vermeiden. Und das ist es doch, was wir haben: Du kannst in Deutschland keinen Menschen in einer Wart und Weise beschäftigen, dass er dabei absehbar oder sehr wahrscheinlich zu Schaden kommt.
 
Arbeitsplätze sind erstmal konkret jene Plätze, an denen der Kapitalist die Arbeitskraft seiner Angestellten ausbeutet
Willst Du nicht langsam mal den ollen Marx einmotten? In seiner Zeit waren seine Analysen sicher richtig und es war wichtig etwas für den Schutz der Arbeiter zu unternehmen. Aber was dann kam, hat ihn überflüssig gemacht. Seine Analyse vom Klassenkampf ist kalter Käse und damit erreichst Du keinen Arbeiter mehr - weshalb diese politische Species sich künstlich generierte Klassen geschafften hat, die sie jetzt aufeinander zu hetzen versucht um doch noch den Klassenkampf erleben zu können und so die Chance zu wahren, in die Diktatur des Proletariats (heute wohl eher: vulnerable Gruppen) zu kommen. Was die Arbeitswelt angeht, spielen kommunistische Ideen heute keine Rolle mehr.
 
Jeder Arbeitgeber ist bemüht gute Mitarbeiter zu finden und zu halten. Deshalb wird er gute Arbeitsbedingungen schaffen - zumindest aber die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Und kein Arbeitgeber wird es wagen, in Deutschland krass auszubeuten. Sollte das an die Öffentlichkeit kommen, wäre der Imageschaden in Euro deutlich größer als alles Geld, was er damit einsparen konnte.
 
Wenn man Moloch mit dem Kapitalismus identifiziert (über das Für und Wider dieser Interpretation wird auf der verlinkten Seite nachgedacht), dann gehört jeder Mensch, der im Kapitalismus lebt und agiert, immer auch dazu. Wir zwei beide auch. 🙂
Ich finde, dass Du Dich zu sehr auf extreme Formen von Wirtschaft fokussierst: Planwirtschaft oder Moloch ... Ich will weder noch! Und ich wüsste auch nicht, wo ich so etwas heute in Reinform vorfinde - jedenfalls nicht in Europa.
 
Warum nicht an eine Wirtschaft denken, die dem Menschen dient, wo es gegenseitiges Wohlwollen gibt. Ich diene meinem Arbeitgeber, weil mir die Arbeit Spaß macht und ich möchte, dass er Freude daran hat, dass ich bei ihm angestellt bin (das ist tatsächlich eine Intention, die ich habe, solange ich im Arbeitsleben stehe!). Und wenn ich dann meinen Arbeitgeber sehe, wie er um den Erhalt der Arbeitsplätze bemüht ist, wie er das Unternehmen weise führt, damit da eher Wachstum als Stagnation oder gar Rückschritt ist, wenn ich sehe, wie er versucht ein Umfeld zu schaffen, in dem man gerne arbeitet und auch Aufgaben, die jeder einzelne in der Familie etc. hat berücksichtigt sind, dann sehe ich da weder Moloch noch den "bösen" Kapitalisten.
 
All das ist möglich und das sollte Standard im Arbeitsleben sein. Damit das aber noch mehr werden kann, dürfen wir einerseits das Erreichte nicht kaputtreden und andererseits kann man dafür werben, dass noch mehr Arbeitgeber ihre Unternehmen in diese Richtung entwickeln. Aber letztendlich dürfte der Markt jene Arbeitgeber, die es nicht tun von selber aussortieren - denn mit unzufrieden Arbeitnehmer bucht jeder automatisch geringe Qualität, hohen Krankenstand und hohe Kosten für das Einlernen neuer Arbeitnehmer, weil eine hohe Fluktuation der Belegschaft ihm sicher sein dürfte.
 
Probleme sehe ich aber am Horizont, wenn KI tatsächlich zu sehr, sehr hoher Arbeitslosigkeit führen würde. Das könnte uns in Situationen frühen, wie wir es nach der Erfindung der Spinning Jenny und ihren Nachfolgern hatten. Gerhard Hauptmann schreibt davon in seinem Drama "Die Weber".
 
Weil so eine Situation im Rahmen des Möglichen ist, wäre es an die Politiker, diese Situation auf dem Schirm zu haben. Denn heute haben wir Kenntnis von geschichtlichen Prozessen und wir können uns anders, als zur Zeit der Webernot, vorbereiten und Konzepte haben, die die Not verhindert.
 
Da in Deutschland Eigentum verpflichtet, sehe ich auch Möglichkeiten, gangbare Wege zu finden.
goodfruit antworten
Chai
 Chai
(@chai)
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@goodfruit

Jeder Arbeitgeber ist bemüht gute Mitarbeiter zu finden und zu halten. Deshalb wird er gute Arbeitsbedingungen schaffen - zumindest aber die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Und kein Arbeitgeber wird es wagen, in Deutschland krass auszubeuten. Sollte das an die Öffentlichkeit kommen, wäre der Imageschaden in Euro deutlich größer als alles Geld, was er damit einsparen konnte.

Echt?

chai antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
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@chai Hier mal eine Liste:

https://netzbeitrag.de/wirtschaft/151/marken-und-unternehmen-die-man-meiden-oder-boykottieren-sollte/

Ich muss sagen, dass ich, bevor ich etwas boykottieren würde, auf jeden Fall noch einmal selber recherchieren würde. Ich bin mir echt nicht sicher, ob da alle Unternehmen auf diese Liste gehören.

Aber generell ist es so, dass, wenn ein Unternehmen säuisch mit Menschen umgeht, sich dieses Unternehmen nicht wundern muss, wenn der Umsatz einbricht.

Es gibt auch einige Unternehmen, die eine eigen Carta für Arbeits- oder Umweltschutzbedingungen haben. Wer mit diesen Unternehmen interagieren will, der muss die Carte erfüllen. Und wenn da rauskommt, dass man gegen etwas verstößt, dann ist der Geschäftskontakt futsch. Ob noch Strafzahlungen fällig werden können, weiß ich nicht. Wäre ja immerhin ein handfester Betrug!

 

goodfruit antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
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@goodfruit 

Jeder Arbeitgeber ist bemüht gute Mitarbeiter zu finden und zu halten. Deshalb wird er gute Arbeitsbedingungen schaffen - zumindest aber die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Und kein Arbeitgeber wird es wagen, in Deutschland krass auszubeuten. Sollte das an die Öffentlichkeit kommen, wäre der Imageschaden in Euro deutlich größer als alles Geld, was er damit einsparen konnte.

Wie du richtig schreibst: In Deutschland.

Deutsche Arbeitgeber haben aber kein Problem damit, Menschen in anderen Ländern auszubeuten. Vor allem deshalb, weil es die Öffentlichkeit hierzulande kaum interessiert.

lucan-7 antworten
Chai
 Chai
(@chai)
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Veröffentlicht von: @lucan-7

@goodfruit 

Jeder Arbeitgeber ist bemüht gute Mitarbeiter zu finden und zu halten. Deshalb wird er gute Arbeitsbedingungen schaffen - zumindest aber die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Und kein Arbeitgeber wird es wagen, in Deutschland krass auszubeuten. Sollte das an die Öffentlichkeit kommen, wäre der Imageschaden in Euro deutlich größer als alles Geld, was er damit einsparen konnte.

Wie du richtig schreibst: In Deutschland.

Deutsche Arbeitgeber haben aber kein Problem damit, Menschen in anderen Ländern auszubeuten. Vor allem deshalb, weil es die Öffentlichkeit hierzulande kaum interessiert.

Genau das meine ich. Wie will man das in einer globalisierten Welt noch nachprüfen? 

Früher wusste man, welche Unternehmen im Umkreis ihre Mitarbeiter verschlissen haben.
Da guckte man sich am Wochenende in die Stellenanzeigen in der Zeitung an und wenn diese Firma ständig neue Mitarbeiter suchte, war sie entweder groß oder eben ein Saftladen.
Und dann hat man die entweder gemieden oder man kam nicht um sie rum, weil es keinen anderen Betrieb mit diesem Angebot gab. 

chai antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
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@lucan-7 Deutsche Arbeitgeber haben aber kein Problem damit, Menschen in anderen Ländern auszubeuten.

Oh, das haben sie schon! Ziemlich sogar, denn so ein Verhalten wäre illegal.

Schau mal: https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/Gesetz-Unternehmerische-Sorgfaltspflichten-Lieferketten/gesetz-unternehmerische-sorgfaltspflichten-lieferketten.html

 

goodfruit antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
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@goodfruit 

Oh, das haben sie schon! Ziemlich sogar, denn so ein Verhalten wäre illegal.

Stimmt... habe ich auch schon gemerkt! Seit Anfang des Jahres sind in den Supermärkten etliche Regale leer, und Ausbeuterkonzerne wie KIK haben ihre Filialen geschlossen...

...oder auch nicht. Es scheint wohl eher, dass alles so weitergeht wie bisher.

Da dreht man das Ganze dann so hin, dass zwischen der Produktion und der Abnahme noch ein paar andere Firmen tätig sind, so dass man dann direkt für nichts mehr verantwortlich ist.

lucan-7 antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
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@lucan-7 Stimmt... habe ich auch schon gemerkt! Seit Anfang des Jahres sind in den Supermärkten etliche Regale leer, und Ausbeuterkonzerne wie KIK haben ihre Filialen geschlossen...

Das Gesetz ist noch relativ neu und die dazu gehörenden Mechanismen werden aktuell erst installiert. Da läuft noch nicht alles rund es ist eine Herausforderung für viele:

https://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/neues-gesetz-umweltschaeden-kinderarbeit-ausbeutung-jede-zweite-firma-kontrolliert-ihre-lieferketten-nur-mangelhaft/27955492.html

Kleiner Unternehmen dürften sich schwer tun, die Zusammenhäng im Ausland selbst zu kontrollieren. Ich könnte mir vorstellen, dass da ein unabhängiges Zertifizierungssystem her muss.

Größere Unternehmen könnten sicher bei ihren Produzenten prüfen und sollten es tun.

Da dreht man das Ganze dann so hin, dass zwischen der Produktion und der Abnahme noch ein paar andere Firmen tätig sind, so dass man dann direkt für nichts mehr verantwortlich ist.

Einer ist immer verantwortlich! Und wenn man den angehen würde, dann würde sich auch was ändern.

Was nun KIK speziell angeht, so ist das meiste Material, das ich dazu finde, von 2010. Seit dann kann sich ja schon etwas geändert haben.

Ich habe einmal ein Interview mit einem indischen Jeansproduzenten gesehen, der ca. 7 EUR mehr pro Jeans wollte und nachweislich faire Arbeitsbedingungen in der Produktion hatte. Er beklagte sich, dass er nach Deutschland nichts verkaufen würde - alle Einkäufer würden sich nur für eins interessieren: billig, billig, billig! Und da war kein Unterschied, ob es nun KIK oder ein Premiumhersteller war. Da wäre dann KIK, die den Preisvorteil z. T. jedenfalls noch an die Kunden weitergeben vielleicht sogar noch fairer als die Premiumfirmen, die für ähnliche Preis wie KIK einkaufen - aber in Deutschland ganz satt draufschlagen.

KIK gibt eine Selbstauskunft zum Thema - eine Carta:

https://unternehmen.kik.de/fileadmin/user_upload/KiK_Nachhaltigkeitsbericht_2021.pdf

Das sollte ja überprüfbar sein. Vielleicht würde es schon helfen, ein einfaches uns sicheres Whistleblowersystem anzubieten.

 

goodfruit antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
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@goodfruit 

Das sollte ja überprüfbar sein. Vielleicht würde es schon helfen, ein einfaches uns sicheres Whistleblowersystem anzubieten.

Ich halte das für greenwashing. Zwar ist das Gesetz im Kern sinnvoll und notwendig und wird sicherlich auch in der Bevölkerung breit unterstützt... sobald es aber ans eigene Geld geht oder wirtschaftliche Einbußen drohen wird es damit ganz schnell wieder vorbei sein.

lucan-7 antworten
Jack-Black
(@jack-black)
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@goodfruit Sorry, habe grad nicht die Zeit, auf alles einzugehen. Daher nur punktuell.

Ich schrieb:

Arbeitsplätze sind erstmal konkret jene Plätze, an denen der Kapitalist die Arbeitskraft seiner Angestellten ausbeutet

Du darauf:

Willst Du nicht langsam mal den ollen Marx einmotten? In seiner Zeit waren seine Analysen sicher richtig und es war wichtig etwas für den Schutz der Arbeiter zu unternehmen.

Nein, es wird nicht Zeit, den "ollen Marx" einzumotten, weil seine Analyse des Kapitalismus nach wie vor richtig ist. Es geht nich um den "Schutz der Arbeiter", mit ausbeuten ist nicht das gemeint, was umgangssprachlich darunter verstanden wird. Ausbeuten bedeutet: sich aus einer Sache heraus etwas nehmen. So beutet man beispielsweise Rohstoffe aus Minen oder per Fracking aus.

Und im Kapitalismus beutet nun mal der Kapitalist die Arbeitskraft seiner Angestellten aus, indem er sich von dem, was sie produzieren, einen Teil nimmt. Das ist immer so, egal wie gut die Arbeiter geschützt sein mögen: es ist das Wesen des Kapitalismus, dass der Kapitaleigner sein Kapital, bzw. seine Produktionsmittel nur deswegen den Arbeitern zur Verfügung stellt (in Form der Maschinen, der Produktionsräume usw. usf.), damit diese unter Verwendung dieser Produktionsmittel per Arbeit einen Mehrwert schaffen (das Material, das sie dabei verändern, z.B. das Holz, aus dem dann ein Stuhl wird, ist nach diesem Prozess mehr wert), von dem er, ohne einen Finger gerührt zu haben, einen Teil abbekommt: seinen Profit. Der Kapitalist beutet also die Arbeitskraft seiner Angestellten aus, wie man eine Mine ausbeutet: man nimmt sich etwas davon, man holt sich etwas heraus. So funktioniert Kapitalismus heute wie vor zweihundert Jahren. Wenn man die Mechanismen des Kapitalismus verstehen will, ist es so sinnvoll, den "ollen Marx" (bzw. dessen Hauptwerk "Das Capital") einzumotten, wie es sinnvoll wäre, den "ollen Newton" einzumotten, wenn es darum geht, Gravitationszusammenhänge wie Planetenbahnen usw. verstehen zu wollen.

Nur, weil Leute wie Stalin, Mao, Pol Pot sich in ihren Ideologien und Regimes (Sowjetbolschewismus, real existierender Sozialismus usw.) auf Marx beriefen, macht dies seine ökonomischen Analysen dessen, was der Fall ist, nicht falsch. Wenn Du an anderer Stelle  Kritisches zu Libertären wie Elon Musk anmerkst, solltest Du Dir vielleicht mal überlegen, wie es diesem Schlag von Verfechtern des enthemmten Kapitalismus gelungen sein mag, auch in Deinen Kopf reflexhafte Abwehr zu implementieren, sobald der Name Marx fällt, bzw. von ihm etablierte Begriffe in wirtschaftlichen Diskussionen verwendet werden.

Jeder Arbeitgeber ist bemüht gute Mitarbeiter zu finden und zu halten.

Ja. Und warum?! Etwa, weil er ein netter Kerl ist? Nein, sondern weil es für ihn profitabler ist. Gute Mitarbeiter sind produktiver, so, wie gesunde glückliche Kühe mehr Milcht geben... Und da er von allem, was sie produzieren, sich seinen Teil nimmt (sie also ausbeutet), und er daran interessiert ist, dass dieser Teil üppig ausfällt, versucht er eben; die besten Arbeiter zu bekommen und zu halten.

Wenn indes der eine gute Arbeiter bloß zehn Euro die Stunde haben will, der andere gleich gute Arbeiter aber zwanzig - welchen der beiden Arbeiter wird er dann wohl anstellen oder zu halten suchen (für den Fall, dass nur ein Arbeiter für die Produktion gebraucht wird)? Selbstverständlich wird er sich für den guten Arbeiter entscheiden, der nur zehn Euro pro Stunde haben will - weil dadurch ja der Profit des Arbeitgebers (Kapitaleigners) sich um zehn Euro pro Stunde erhöht.

Wenn der Arbeitgeber nun ein ganz Lieber ist und auf die Idee kommt: "Ach, ich möchte meinen Arbeitnehmer nicht so arg ausbeuten und zahle ihm also zwanzig Euro die Stunde, wodurch beinahe der gesamte Mehrwert in seiner Tasche bleibt..." Dann kommt ein konkurrierender Kapitalist und stellt den anderen Arbeiter für zehn Euro die Stunde an, und mit den zehn Euro pro Stunde, die er dadurch (per Mehrwert-Abschöpfung) mehr Profit macht, tut er Folgendes: er kauft weitere Produktionsmittel (d.h. er investiert, beispielsweise in effizientere Fertigungsanlagen), sodass er kostengünstiger produzieren kann, was es ihm ermöglich, die Preise seiner Waren herunterzusetzen und damit die Waren, die der liebe Arbeitgeber (Firmenchef) produzieren lässt, vom Markt zu drängen. Der "liebe Arbeitgeber" geht pleite, seine guten Mitarbeiter (Angestellten...) landen auf dem Arbeitslosenmarkt und wenn sie nicht von der Stütze leben möchten, werden sie wohl oder übel bei demjenigen, der jetzt den Markt beherrscht, zu den von ihm festgelegten Konditionen anheuern: für zehn Euro pro Stunde.

So funktioniert der Kapitalismus und so kamen die Fortschritte, von denen Du weiter oben mal schriebst, zustande: denn tatsächlich wurden so die Waren, welche die Arbeiter produzieren, ständig billiger und/oder besser: Nicht, weil die Kapitaleigner der Menschheit ganz altruistisch was Gutes tun wollten, sondern weil es ihrem Profitinteresse entsprach, immer bessere/billigere Waren durch ihre Angestellten produzieren zu lassen.

 

Ich schrieb:

Eine der Regeln lautet beispielsweise, in religiöser Sprache formuliert: Eigentum ist heilig.

Du darauf:

Ich weiß jetzt nicht in welchem Land Du lebst. Aber in Deutschland klingt das etwas anders: 

Artikel 14, Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland:

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
 
Ich hab jetzt mal die Fettungen geändert. Eigentum und Erbrecht (letzteres ist praktisch nur eine Form des ersteren) werden gewährleistet.
Das meinte ich mit "heilig". Per Grundsatzartikel wird hier also Eigentum gewährleistet - auch das an Produktionsmitteln.
Dass Eigentum verpflichte, ist dagegen erstmal eine Leer-Formel. Zu was genau verpflichtet es und welche Überprüfungskriterien könnte es geben hinsichtlich der Frage, ob die Pflicht erfüllt wurde? Sein Gebrauch soll, d.h. kann, muss aber nicht dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Und was, wenn es dies nicht tut? Wie ist es z.B. mit dem Gartengrundstück von Herrn Müller: inwiefern dient dessen Gebrauch dem Wohl der Allgemeinheit? Wie ist es mit den Aktienvermögen in Milliardenhöhe der Familie Quandt - inwiefern dient dessen Gebrauch dem Wohl der Allgemeinheit, wie wird das überprüft und was geschieht, wenn die Prüfung ergibt: der Gebrauch dieses Eigentums diene nicht so sehr dem Wohl der Allgemeinheit? Nur als Beispiel, von dem ich mal annehme, dass wir da ähnliches Bauchgefühle haben: Ein Herr Musk nutzt den ihm gehörenden Twitter/X-Kanal dafür, in Deutschlands Bundestagswahlkampf die Faschisten zu promoten. So gebraucht er sein Eigentum. Inwiefern dient dieser Gebrauch dem Wohl der Allgemeinheit?
Na gut, das betrifft jetzt schon sehr die Schnittstelle zwischen ökonomischer und politischer Macht. Besseres Beispiel, gleicher Mann: Herr Musk bietet an, mit seinem Kapital deutsche Arbeiter auzubeuten (statt Arbeiter in anderen Ländern), indem er in Berlin-Brandenburg eine "Gigafactory" baut, über deren Auswirkungen auf den Umweltschutz (Wasserversorgung etc.), gelinde gesagt, Uneinigkeit herrscht. Dient dieser Gebrauch seines Eigentums nun dem Wohl der Allgemeinheit? Wer ist überhaupt "die Allgemeinheit", deren Wohl angeblich berücksichtigt werden muss?! Die Gemeinden um Grünheide? Berlin-Brandenburg? Deutschland? Europa? Die Welt? Nix Genaues weiss man nicht.
 
Was sein soll, darüber kann man sich auch als Grundgesetz-Schreiber alles mögliche ausdenken. Die kapitalistischen Tatsachen scheren sich nur sehr bedingt darum, nicht zuletzt natürlich auch deswegen, weil finanzielle Macht gleichzeitig politische Macht ist: wie die Grundgesetzformulierungen in der konkreten Gesetzgebung ausgestaltet werden, hängt davon ab, wer diese konkreten Gesetze dann wie formuliert. (ungefähr ab Minute 38/39, aber es lohnt sich auch, den gesamten, rund 1stündigen Beitrag anzuschauen... 😉 ).
 
Wie auch immer: Ausgangspunkt war hier ja die Frage, was das Aufkommen der KI für unser grundsätzlich kapitalistisches Wirtschaftssystem bedeutet, von welchem ich nach wie vor behaupte, dass dieses nur auf Grundlage der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft funktionieren kann (das ist keine moralische Bewertung, sondern eine Beschreibung der Tatsachen).
Wenn nicht mehr Menschen die Arbeit verrichten und so dem Kapitalisten Profite ermöglichen - dann gibt's für ihn nichts mehr zu profitieren. Er kann sich von dem, was die Arbeiter an Mehrwert schaffen, nichts mehr abzweigen. Nun könnte man meinen: naja, dass so gut wie alle seine Angestellten wegrationalisiert werden, bedeutet ja nur, dass er, oder derjenige, den er mit der Leitung seiner Fabriken beauftragt, eine tausend- oder millionenfache Effiziensteigerung bedeutet. Ist doch supi!
Ja schon. Aber es erzielen dann eben nur noch er und sein Fabrik-Direktor auch ein Einkommen. Die "überflüssigen", wegrationalisierten menschlichen Arbeiter  werden nicht mehr gebraucht, also hat er auch keinen Grund, ihnen noch Gehalt zu zahlen. Solange sie noch woanders Arbeit finden können: kein Problem. Bis dahin kommen sie ja weiter als Käufer für die von ihm, bzw. seiner Roboterfabrik produzierten Produkte infrage.
Aber was, wenn nicht? Was, wenn plötzlich eine tendenziell kostenlose Sklavenarmee auf den Arbeitsmarkt drängt, jenen - wie üblich im Kapitalismus - nach Konkurrenzkriterien funktionierenden Markt? Die Robotersklaven (sie gehören ja dem Kapitalisten, sind vollständig unfrei, er kann mit ihnen tun, was er will; womit in meinen Augen alle Kriterien für Sklaventum erfüllt sind) sind ja keine Kunden, für deren Bedürfniserfüllung produktive Arbeit notwendig wäre.
Kurz: die Nachfrageseite bräche zusammen, nicht, weil die Menschen plötzlich keine Bedürfnisse hätten, sondern weil ihnen die Tauschmittel (das Geld) fehlen, um die in den menschenleeren Fabriken von Robotersklaven produzierten Waren zu kaufen. Waren zu produzieren, die keiner kaufen kann, für die es also keine Kunden gibt - das ist nicht profitabel, ganz egal, wie gut und günstig diese Waren auch produziert würden.

Nun höre ich schon den Einwand: Dienstleistungen! Mag ja sein, dass die Automatisierung in den Fabriken auf  nahezu hundert Prozent steigt, aber dann gibt's halt einen ökonomischen Wandel insofern, als die Menschen nicht mehr in der industriellen Warenproduktion arbeiten, sondern im Dienstleistungssektor.

Worin indes besteht der? Friseure, Pizzaliferanten, Kellner, Anlageberater, Steuerbeamte, Versicherungskaufleute, Inneneinrichter, OP-Ärzte, Diabetes-Berater, Rechtsanwälte, Rechercheure für Anwalts-Kanzleien, Work-life-balance-coaches, Paartherapeuten, Computercode-Schreiber?

Welche dieser Jobs ließen sich zukünftig (!!!) nicht von KIs oder von KI-gesteuerten Robotern effizienter, also kostengünstiger erledigen? Sobald KI-gesteuerte Roboter nachweislich sicherer operieren als menschliche Ärzte, werden die Kliniken den Ärzten kündigen, um sich dafür das Abo für die alle drei Monate mit den neuesten Optimierungs-Updates versorgt werdenden Operationsmaschinen leisten zu können: so minimiert man das Risiko von Kunstfehler-Klagen und kann entsprechend auch noch bei den Versicherungsprämien sparen...

Ich wähle dieses Beispiel aus der Hochqualifikations-Sphäre, um zu verdeutlichen, wie substantiell das Problem ist: Wenn selbst die heute noch unter die absoluten Spitzenverdiener fallenden bestens ausgebildeten Mediziner demnächst ersetzbar sein werden (und das geschieht, tagesaktueller Ärztemangel hin oder her) - was ist dann mit dem Heer der weit weniger hochqualifizierten heutigen "Arbeitnehmer"?

Es können sich doch nicht alle mit Tantra-Massagen (bei denen man dann doch lieber einen Menschen statt einer Maschine an sich ranlässt...) ihren Lebensunterhalt verdienen: kaum jemand braucht Tantra-Massagen, im Gegensatz zu Brot, Frühstückssaft und einem Ersatz für die durchgelegene Federkernmatratze...

 

jack-black antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
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@jack-black So funktioniert der Kapitalismus und so kamen die Fortschritte, von denen Du weiter oben mal schriebst, zustande: denn tatsächlich wurden so die Waren, welche die Arbeiter produzieren, ständig billiger und/oder besser: Nicht, weil die Kapitaleigner der Menschheit ganz altruistisch was Gutes tun wollten, sondern weil es ihrem Profitinteresse entsprach, immer bessere/billigere Waren durch ihre Angestellten produzieren zu lassen.

Was mich an Marx stört, ist seine ideologisch festgefahrene Haltung. Arbeitgeber beuten immer aus, sind immer böse. Ich glaube einfach nicht, dass das stimmt!

Produkte müssen sich am Markt behaupten. Wenn allein der Preis entscheidet, dann gewinnt der Ausbeuter. Wer aber entscheidet, welches Kriterium maßgeblich ist für den geschäftlichen Erfolg? Der Kunde!

Wenn ich immer nur billig einkaufe, dann drücke ich den Preis und dann bin ich der Ausbeuter.

Wenn ich Qualitätsbewusst einkaufe, wenn mich interessiert, wie eine Ware produziert wurde und woher die Rohstoffe kommen, dann mache ich andere Faktoren zu den Gewinnerfaktoren - vielleicht aber schaffe ich auch nur eine Marktnische, in der Fairness gedeihen kann.

Das Dilemma des Preisdrucks und der daraus folgenden Ausbeutung der Arbeitnehmer ist aber tatsächlich existent und sehr mit einem ungeregelten Markt verbunden. 

Ich erinnere mich an das Theaterstück von Berthod Brecht "Der gute Mensch von Sezuan", der tags als Arbeitgeber die Angestellten knechtet und ihnen Nachts als guter Mensch hilft und sie unterstützt. 

Ein Markt, der soziale Standards fordert, kann Ausbeutung verhindern. Er muss dann aber auch Importe mit solchen Forderungen belegen bzw. bei Nichteinhaltung von den Standards im Land, die im eigenen Land erzeugten Produkte mit angemessenen Zöllen schützen. Sonst ist nichts gewonnen.

Ein Herr Musk nutzt den ihm gehörenden Twitter/X-Kanal dafür, in Deutschlands Bundestagswahlkampf die Faschisten zu promoten. So gebraucht er sein Eigentum. Inwiefern dient dieser Gebrauch dem Wohl der Allgemeinheit?

Herr Musk tut das, was er aus den USA nicht anders kennt. Dort bestimmt die Summe eingesammelter Wahlkampfunterstützung entscheidend mit den Erfolg der Partei. Und keiner hat dabei auch nur ein wenig das Gefühl, dass das anrüchig sein könnte - wie es bei uns der Fall wäre. Herr Musk wird sich daher schwertun, die Kritik aus Europa zu verstehen.

Das Bündnis Sara Wagenknecht hat auch durch eine sehr üppige Parteispende gute Voraussetzungen.

Medien stehen immer im Zusammenhang mit Möglichkeiten, die Massen zu manipulieren. Einer der ersten Aktionen von Putin, als er an die Macht kam, war es, sich Zeitungen und Radio- und Fernsehstationen zu sichern, um das Feld propagandistisch zu ackern, damit seine Saat aufgehen konnte.

Die Grundlagen für unsere öffentlich- rechtlichen Programme habe die Alliierten gelegt, damit die Deutschen Demokratie lernen - und das hat über Jahrzehnte gut funktioniert.

Wir haben hier auch Medienangebote, die in privatem Besetz sind. Die alle haben im Rahmen eines demokratischen Rahmens die Möglichkeit, Inhalte zu verbreiten.

Wenn die Plattform X gegen Gesetze verstoßen sollte, dann kann man sie für Deutschland sperren. Nur ist eine Förderung der AfD nun einmal kein Gesetzesverstoß - solange die Partei nicht juristisch für illegal erklärt wurde. Das ist Demokratie und Meinungsfreiheit und da müssen wir durch. Umso mehr haben die Menschen, die die AfD nicht an der Macht sehen wollen, die Aufgabe, über diese Partei aufzuklären und vor der Wahl der Partei zu warnen.

Wer die Rede von Frau Weidel auf dem Parteitag der AfD noch nicht gehört hat, möge sich das gerne noch mal anhören: https://www.ardmediathek.de/video/phoenix-vor-ort/afd-parteitag-rede-von-alice-weidel/phoenix/Y3JpZDovL3Bob2VuaXguZGUvNDc0MDQ2Mg

Interessant wird es erst ab ca. der Mitte.

Ich habe eine Zeit lang mal gedacht, dass Frau Weigel cleverer ist als viele ihrer Parteikollegen. Und ich vermute, diese Frau Weigel hat Elon Musk gesehen, als er Empfehlungen für sie aussprach. Allerdings sollte sich Herr Musk vielleicht mal diese Rede anhören, um geläutert zu werden und sich zu korrigieren. Der Tonfall in dieser Rede - und ich schaue hier noch nicht einmal auf Inhalte - ist irgendwo zwischen Hitler und Freisler. Für mich klingt das nach einem Herzen, in dem nie ein Funke Liebe war! So jemand ist ungeeignet für Personalverantwortung und erst Recht für politische Führungsaufgaben. Denn dazu braucht es ein Mindestmaß an Liebe, damit es nicht komplett abstürzt und alle ins Elend reist. Die Frau wäre geeignet, eine Welt, die Marx damals korrekt analysiert und beschrieben hat, wiederentstehen zu lassen.

Wie auch immer: Ausgangspunkt war hier ja die Frage, was das Aufkommen der KI für unser grundsätzlich kapitalistisches Wirtschaftssystem bedeutet, von welchem ich nach wie vor behaupte, dass dieses nur auf Grundlage der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft funktionieren kann (das ist keine moralische Bewertung, sondern eine Beschreibung der Tatsachen).
Wenn nicht mehr Menschen die Arbeit verrichten und so dem Kapitalisten Profite ermöglichen - dann gibt's für ihn nichts mehr zu profitieren. Er kann sich von dem, was die Arbeiter an Mehrwert schaffen, nichts mehr abzweigen. Nun könnte man meinen: naja, dass so gut wie alle seine Angestellten wegrationalisiert werden, bedeutet ja nur, dass er, oder derjenige, den er mit der Leitung seiner Fabriken beauftragt, eine tausend- oder millionenfache Effiziensteigerung bedeutet. Ist doch supi!
Ja schon. Aber es erzielen dann eben nur noch er und sein Fabrik-Direktor auch ein Einkommen. Die "überflüssigen", wegrationalisierten menschlichen Arbeiter  werden nicht mehr gebraucht, also hat er auch keinen Grund, ihnen noch Gehalt zu zahlen. Solange sie noch woanders Arbeit finden können: kein Problem. Bis dahin kommen sie ja weiter als Käufer für die von ihm, bzw. seiner Roboterfabrik produzierten Produkte infrage.
Aber was, wenn nicht? Was, wenn plötzlich eine tendenziell kostenlose Sklavenarmee auf den Arbeitsmarkt drängt, jenen - wie üblich im Kapitalismus - nach Konkurrenzkriterien funktionierenden Markt? Die Robotersklaven (sie gehören ja dem Kapitalisten, sind vollständig unfrei, er kann mit ihnen tun, was er will; womit in meinen Augen alle Kriterien für Sklaventum erfüllt sind) sind ja keine Kunden, für deren Bedürfniserfüllung produktive Arbeit notwendig wäre.

Klingt so, als würden die Produzenten den Ast absägen, auf dem sie sitzen - und das ist sicher auch so. Deshalb sollte dieser Thread ja dazu aufrufen, sich Gedanken über ein Wirtschaftssystem der Zukunft zu machen, das diese Probleme auf humane Weise löst. Und das ist mal ganz unabhängig von der Einschätzung der Möglichkeiten der KI, die sicher von einigen massiv überschätzt wird.

Eine rein kapitalistischer Ansatz würde hier zur Zerstörung des gesamten Wirtschaftssystems führen. Ein planwirtschaftlicher Ansatz ist aber immer ineffizient bis hin zu dysfunktional - eben weil ihm die automatischen Regemöglichkeiten des Marktes fehlen und der Versuch eine Wirtschaft auf Grund von prognostischen Einschätzungen aufzusetzen noch immer gescheitert ist - denn Prognosen sind immer viel zu unsicher, als dass sie allein für konkrete Planungen taugen würden.

Welche dieser Jobs ließen sich zukünftig (!!!) nicht von KIs oder von KI-gesteuerten Robotern effizienter, also kostengünstiger erledigen? Sobald KI-gesteuerte Roboter nachweislich sicherer operieren als menschliche Ärzte, werden die Kliniken den Ärzten kündigen, um sich dafür das Abo für die alle drei Monate mit den neuesten Optimierungs-Updates versorgt werdenden Operationsmaschinen leisten zu können: so minimiert man das Risiko von Kunstfehler-Klagen und kann entsprechend auch noch bei den Versicherungsprämien sparen...

Bei den von Dir genannten Jobs gäbe es sicher durch KI gute Optimierungsmöglichkeiten. Aber kaum einer der Jobs wäre geeignet, 100%ig von KI übernommen zu werden.

Ich kann KI einsetzen - aber wenn etwas unter KI misslingt, dann trägt der Entscheider, der sich für den Einsatz von KI in diesem Umfang entscheiden hat, die juristischen Folgen des Misslingens. Und das dürfte dafür sorgen, dass kaum eine der Aufgabe exklusiv von KI erledigt werden könnte. Ich erinnere mich an einen Fall, wo ein Anwalt vor Gericht (ich meine es war in Großbritannien) vor Gericht kläglich gescheitert ist, weil seine KI Gesetze verwendet hatte, die es überhaupt nicht gab.

Längst wissen wir, dass die Möglichkeiten von KI begrenzt sind. Und für alles, wo keine Fehler passieren dürfen, sollte ein Mensch die Zusammenhänge prüfen. Und hier gibt die KI dann zwar wichtige Anhaltspunkte und am Ende wird ein besseres Ergebnis dabei herauskommen als ohne KI - aber die Arbeit ist nicht weniger, da die Grundlage der Entscheidungen einer KI nie transparent sind und der rational nachvollziehende Zweig der Analyse daher nicht weniger Arbeit hat, als wie es ohne KI der Fall wäre.

Es können sich doch nicht alle mit Tantra-Massagen (bei denen man dann doch lieber einen Menschen statt einer Maschine an sich ranlässt...) ihren Lebensunterhalt verdienen: kaum jemand braucht Tantra-Massagen, im Gegensatz zu Brot, Frühstückssaft und einem Ersatz für die durchgelegene Federkernmatratze...

Nur weil es einen Bedarf heute nicht gibt, bedeutet das ja nicht, dass das für alle Zeit so bleiben muss. 

In der Wirtschaft hat es Wellen mit großen Themen gegeben - was die Lehre der Kondratjew-Zyklen beschreibt: https://www.kondratieff.net/kondratieffcycles

Schau mal, das da für aktueller, sechste Zyklus genannt ist: Gesundheit in ganzheitlichen Sinn - wo wir sicher auch Tantra-Massage einordnen können.

Verknüpfe das mal mit den Erwartungen gemäß Spiral Dynamics! Wir streben holistischen Zielen zu, einem Verstehen von Allem im Zusammenhang. Das sorgt für neue Ausrichtungen - mit Bedarf an neuen Dienstleistungen und Produkten.

Ich fände es falsch, Lösungen nur im Rahmen des bisher verfügbaren und bekannten zu suchen. Und ich fände es noch schlimmer, die Welt auf der Grundlage einer Ideologie zu sehen, die unter den Bedingungen von Kondratjew 1 und 2 entstanden ist - wo wir heute am Tor zu Kondratjew 6 stehen!

goodfruit antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 4722

@goodfruit Was mich an Marx stört, ist seine ideologisch festgefahrene Haltung. Arbeitgeber beuten immer aus, sind immer böse. Ich glaube einfach nicht, dass das stimmt!

 

Stimmt ja auch nicht. Also: dass seine Haltung "ideologisch* festgefahren" sei, oder dass er behauptet, Arbeitgeber seien immer "böse".

Du kennst Marx anscheinend nur durch die Brille seiner Gegner. ^^

 

 

 

 

*Von welcher Ideologie ist denn da die Rede? Die marxistische Ideologie kann's ja schon mal nicht sein, die wurde ja erst nach ihm und nach ihm so be/genannt. 😀

jack-black antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 4722

@goodfruit Klingt so, als würden die Produzenten den Ast absägen, auf dem sie sitzen

Ja, richtig. Beziehungsweise: man sollte erstens statt "Produzenten" besser "Kapitalisten" sagen (bisher wurde von den Arbeitern - ich weigere mich, wie Du vielleicht merkst, die euphemistischen Begriffe "Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verwenden - , nicht den Kapitalisten produziert...), und zweitens nicht so tun/denken, als ginge es hier um Entscheidungen die Einzelne treffen und die sie auch anders treffen könnten: es ist ein systemisches Problem: der Kapitalismus als System kann nur funktionieren, wenn Menschen arbeiten und menschliche Arbeitskraft profitabel ausgebeutet werden kann. Sobald dies nicht mehr möglich ist - und das wird im Zuge der Ablösung menschlicher Arbeit durch maschinelle Arbeit irgendwann so eintreten - bricht der Ast, auf dem wir als Gesellschaften uns ökonomisch befinden, ab. (Ich hab genau dieses Bild gestern in einer Diskussion verwendet hinsichtlich dessen, wie wir als Gesellschaft uns verhalten, wenn wir Leute wie Weidel in Regierungsverantwortung bringen: nicht diese Figuren sägen an dem Ast, sondern wir als Kollektiv tun es, indem wir ihnen Entscheidungsgewalten übertragen.)

Was dann geschehen wird, weiß ich nicht: mir fehlt dafür die Vorstellungskraft. Alles, was ich dazu sagen kann: wenn dies geschieht, kann es nur geschehen, weil die AGI dann existiert und das bedeutet: weil dann die Maschinen intelligenter sind als wir Menschen, nicht nur punktuell, sondern generell. Und dann werden die Regeln, nach denen gewirtschaftet wird, vermutlich auch von KIs bestimmt und umgesetzt. Falls bis dahin das Alignmentproblem gelöst sein sollte (das best-case-scenario, von dem ich nicht ausgehe, das ich aber uns allen wünsche), werden die Wirtschaftsregeln dann im Sinne der Menschen verbessert sein, wie immer das ökonomische System, welches den Kapitalismus dann abgelöst hat, auch aussehen mag.

Falls nicht... Gute Nacht, Marie!

 

Deshalb sollte dieser Thread ja dazu aufrufen, sich Gedanken über ein Wirtschaftssystem der Zukunft zu machen, das diese Probleme auf humane Weise löst

Dieses Anliegen finde ich ja auch löblich. Aber wenn man sich solche Gedanken macht, sollte man eben die Tatsachen nicht mit irgendwelchen Idealen verwechseln: um richtig zu analysieren sollte man aufpassen, keinerlei Vorurteile, die man so hegt, zu übersehen. Denn die beeinflussen - und zwar in negativer Weise in Form von Bestätigungsfehlern - das Kalkül, also das Ergebnis der Problemanalysen.

 

Bei den von Dir genannten Jobs gäbe es sicher durch KI gute Optimierungsmöglichkeiten. Aber kaum einer der Jobs wäre geeignet, 100%ig von KI übernommen zu werden.

Warum nicht?

 

Ich kann KI einsetzen - aber wenn etwas unter KI misslingt, dann trägt der Entscheider, der sich für den Einsatz von KI in diesem Umfang entscheiden hat, die juristischen Folgen des Misslingens. Und das dürfte dafür sorgen, dass kaum eine der Aufgabe exklusiv von KI erledigt werden könnte.

Du gehst von heute aus, also dem "Krabbelalter" der KIs. Harari geht, ebenso wie ich, davon aus, dass dieses Krabbelalter in absehbarer Zeit Geschichte ist, dass die KIs erwachsen sein werden, dass AGI eine Tatsache ist. Der Grundgedanke, den Du hier verfolgst, ist ja der, dass Menschen sozusagen die KIs aus juristischen Erwägungen überwachen müssen, dass also eine Pflicht bestehe, dies zu tun.

Welchen Sinn haben jedoch Pflichten, die man nicht erfüllen kann? Im religiösen Zusammenhang mag man sie behaupten und mit Widersprüchen in sich durchkommen nach dem Motto: die Pflicht der Gläubigen, nicht zu sündigen, ist eine unerfüllbare Pflicht, aber dafür ist ja Gottes Vergebung da.

Aber in der rechtlichen Praxis? Wenn es menschlichen Entscheidern unmöglich sein wird, die Entscheidungen "ihrer" KIs zu überwachen - welchen Sinn ergäbe es dann, sie zu so einer Überwachung zu verpflichten? Ultra posse nemo obligatur.

Die einzige Möglichkeit für einen Akteur in ökonomischen Zusammenhängen, so einer Pflicht nachzukommen, läge also darin, auf den Einsatz der mächtigsten/besten KIs zu verzichten - was gemäß der kapitalistischen Logik zwingend dazu führen würde, dass dieser Akteur von der Konkurrenz vom Markt gefegt würde. KI-Einsatz ist dann, wenn die ensprechenden KIs erstmal verfügbar sind, für das Überleben eines Wirtschaftsteilnehmers unverzichtbar. Ein freiwilliger Verzicht käme ökonomischem Selbstmord gleich. Man kann nicht gesetzlich von den Marktteilnehmern verlangen, kollektiven Selbstmord zu begehen, kurz: eine gesetzliche Aufsichtspflicht der Marktteilnehmer über die von ihnen eingesetzten KIs ist längerfristig gesehen Blödsinn. Und ja, mir ist bewußt, dass momentan z.B. von Seiten der EU alle möglichen Bestrebungen genau dahin gehen, die "Zukunftsmärkte" durch irgendwelche juristischen Einhegungen zu regeln. Um mein obiges Bild weiter zu verwenden: man baut kleine Gitterställchen um das Baby, damit es nicht ausbüxt und irgendwo im Haushalt Unsinn verzapft. Als Kleinkind haben meine Eltern mich - um sich ihre Aufsichtspflicht etwas zu erleichtern - in so ein Gitterställchen gepackt und dann saß ich darin und durfte von dort aus zusehen, was die Erwachsenen so taten. Heute, wo ich erwachsen bin, wäre es lächerlich, meine greisen Eltern dazu zu verpflichten, mich daran zu hindern, Unsinn zu verzapfen...

😉

Nochmal hierzu:

 

aber wenn etwas unter KI misslingt

umgekehrt gefragt: Was, wenn unter KI-Verzicht etwas misslingt? Ich brachte ja schon das Arzt-Beispiel: Was, wenn ein Patient verstirbt, weil die Klinki sich weigerte, den - prinzipiell, da menschlich, fehleranfälligen Herzchirurgen durch einen KI-gesteuerte Roboter zu ersetzen? Wer haftet dann? Die Klinikleitung? Die wird sich dann vielleicht vor Gericht aufgrund irgendwelcher Gesetze darauf hinauslaufend verteidigen, dass es ihr unmöglich sei, entsprechend komplexe KIs zu überwachen und dass sie also aufgrund der Gesetzeslage, die zu so einer solchen Überwachung verpflichte, auf den Austausch Mensch vs. intelligenten Roboter verzichtet habe. Und vielleicht bekommt sie dann sogar Recht und muss also den Angehörigen des verstorbenen Patienten keine Entschädigung zahlen.

Aber wie will man verhindern, dass andere Leute von der Geschichte Wind bekommen und sich entschließen, ihre ähnlich kranken Verwandten an eine Klinik zu schicken, in der nur noch die höher qualifizierten, weniger fehleranfälligen Roboter-Ärzte behandeln? Wie würdest Du denn entscheiden, wenn ein von Dir geliebter Mensch an einem Lungenkarzinom, das schon gestreut hat, erkrankt ist: wenn die Roboter-Ärzte sie ihn mit einer 70%igen Wahrscheinlichkeit retten können, menschliche Ärzte aber nur zu einer 50%igen? Also mir wäre in dem Moment scheissegal, wie sich das gesamtwirtschaftlich auswirkt, mir wären die 20% höheren Überlebenschancen meines Verwandten das ausschlaggebende Entscheidungskriterium...

Und nun denken wir dieses Szenario eine Stufe weiter: Wer ist denn die Klinikleitung? Sind das Menschen? Wie gut entscheiden die? Die machen ja auch hie und da mal Managementfehler aus menschlichen Gründen: weil sie die Nacht zuvor schlecht geschlafen haben, weil sie es verabsäumten, ein für die Entscheidung wichtiges Memo gründlich genug zu studieren, weil sie ihrer Kollegin durch "Entschlossenheit" imponieren wollen oder weil sie halt zu dumm (wenig intelligent) sind, bestimmte Zusammenhänge zu erkennen. Warum also nicht die Klinkileitung einer Klinikverwaltungs-KI übertragen? Wäre es nicht äußerst verantwortungslos, so wichtige Management-Aufgaben, von denen letztlich das Überleben vieler Patienten abhängt, von fehleranfälligen (und darüber hinaus teuren...) Menschen erledigen zu lassen, wenn man nicht statt denen KI-Agenten damit beauftragen kann, die niemals müde, vergesslich, eitel oder faul sind und die mittelst Vernetzung Zugriffe auf die Erfahrungsdaten von tausenden Kliniken aus aller Welt hätten? Wer müsste also, wenn da dann was gelingt, die juristischen Konsequenzen tragen? Die Politiker, welche entsprechende gesundheitspolitischen Gesetze durchsetzten?

Welche Politiker werden denn heutzutage juristisch zur Verantwortung gezogen, wenn sie dumme Entscheidungen trafen...?!

 

 

 

jack-black antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 4722

Korrektur:

Wer müsste also, wenn da dann was gelingt, die juristischen Konsequenzen tragen?

-->

Wer müsste also, wenn da dann was misslingt, die juristischen Konsequenzen tragen?

jack-black antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3453

@jack-black KI wäre nicht nur attraktiv für Entscheider, wenn sie ihnen die Entscheidung abnehmen könnten und man Fehler auf die unfähige KI schieben könnte. Es gibt sicher Bereiche, wo das möglich wäre. Aber überall, wo es um wirklich wichtige Dinge geht, würde ich darauf plädieren, eine klassische Expertise zu erstellen und die dann der KI Entscheidung gegenüberzustellen.

Als Harari seinen Text verfasst hat bzw. die Interviews gab, war die Erwartung an KI noch schier endlos. Man weiß heute, dass das so nicht länger haltbar ist. Man hat von der Performance ein unerwartetes Plateau erreicht - das sicher noch durch einige höher gelegene Plateaus ersetzt wird. Aber generell kann die Leistung von KI nicht ins Endlose gehen. Das liegt zum einen an den "Halluzinationen" der Systeme, die sich sicher noch reduzieren lassen - aber ganz weg bekommen wird man die nicht.

Und dann ist es ja so, dass das Material, an dem die Systeme trainiert werden, nicht fehlerfrei ist. An sich wäre es wichtig, für das Trainieren KI erstellte Texte außen vorzuhalten. Aber die sind schlicht und ergreifend hinterher nicht mehr als solche identifizierbar. Und deshalb arbeitet in unserem globalen Internetwissen ein schleichender „Stille-Post“ Prozess, der zur Degradation der Inhalte führt - mit entsprechend schlechterer Performance der KI, die damit trainiert wurde.

Ich weiß nicht, ob man von Anfang an einer KI immer eine Expertise zur Seite stellen sollte. Aber spätestens ab den ersten schlimmen Unglücken aufgrund von KI Fehlentscheidungen, werden wir dorthin kommen. Die Empfehlung, die Salami auf der Pizza mit Klebstoff zu fixieren, ist sicher ein Anfängerfehler der KI. Aber beispielsweise der Aufbau einer juristischen Verteidigungsstrategie mit Gesetzen, die es nicht gibt, dürfte immer vorkommen können.

Dazu sehe ich die Gefahr einer Sabotage unseres Wissensspeichers "Internet" durch bösartiges Fluten mit Nonsens Information. Und so etwas gibt es ja selbst in wissenschaftlichen Fachjournalen. Wenn dann der Leser nicht aufgrund von Zusammenhängen erkennen kann, dass das da Unfug ist (wie es bei KI der Fall ist), dann gibt es keine Chance, die Information aus dem System auszuschließen.

goodfruit antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3453

@chai

Sollte es zu viel 'nutzlose Bevölkerung' geben, wird halt irgendwo ein Krieg angezettelt. 
Dass die Menschen sich dem Müßiggang hingeben und dafür noch Geld bekommen, halte ich nicht für wahrscheinlich. 
(Also ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass das im Sinne der 'Eliten' ist.)

Wenn Deine Sicht richtig wäre, hieße das, dass unsere Politiker komplett versagt hätten und dass es nun an den "überflüssigen Menschen in spe" ist, zu zeigen, dass keiner das Recht hat, sie entsprechend zu klassifizieren.

Die Wirtschaft ist für die Menschen da. Jegliche Führung ist für die Menschen und nicht für sich selber da. Die Aufgabe der Führung ist die eines Hirten: Dafür Sorge tragen, dass die Weiden gut und üppig dastehen, auf die Schafe aufpassen und sie zusammenhalten, damit keins in Gefahr gerät. Ich weiß auch, dass wir davon weit entfernt sind und dass es immer wieder vorkommt, dass Obrigkeiten Menschen wie Dreck behandeln. Die möge Gott dann nach dem Maß seiner Gnade, aber auch seiner Gerechtigkeit entsprechend behandeln! Ich denke, dass ich als Christ gar nicht erst erwähnen muss, dass es höhere Gerichtsbarkeiten gibt, auf die kein Mensch unmittelbaren Einfluss hat, aber die auf die Menschen Einfluss haben und wo es kein Ansehen der Person oder des Kontostandes gibt.

Es wäre schade, wenn Gott die Menschen erst über solche himmlischen Institutionen an ihre Aufgaben und Pflichten erinnern müsste ...

 

goodfruit antworten
Chai
 Chai
(@chai)
Beigetreten : Vor 6 Monaten

Beiträge : 1010
Veröffentlicht von: @goodfruit
Die Wirtschaft ist für die Menschen da. Jegliche Führung ist für die Menschen und nicht für sich selber da.
Die Aufgabe der Führung ist die eines Hirten: Dafür Sorge tragen, dass die Weiden gut und üppig dastehen, auf die Schafe aufpassen und sie zusammenhalten, damit keins in Gefahr gerät. ...
Du beschreibst ein Ideal.
chai antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3453

@chai Du beschreibst ein Ideal.

Ja, das ist sicher ein Ideal und wird praktisch so nicht erreicht. Aber solange es als Ideal akzeptiert ist und angestrebt wird, ist man zumindest mal auf dem richtigen Weg.

Was ich aber eher befürchte ist, dass aktuell die Welt vor einem Umschwung steht, bei dem ein kleine Elite den Rest ausbeutet oder beseitigt. Das ist dann zu tiefst satanisch, selbstbezogen und verdorben. Sollte das umgesetzt werden, bleibt als einzige Hoffnung für diese Menschen, dass Gott sie läutert und in die Umkehr treibt. Ewige Verdamnis im feurigen Pfuhl wäre sonst die Konsequenz und das wünsche ich niemanden!

goodfruit antworten
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