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Welche Sprache(n) sprachen Jesus und seine Juenger?

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Arcangel
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Beiträge : 4340

Die Muttersprache Jesu und wohl auch die der meisten seiner Jünger war ziemlich sicher Aramäisch. Aber das ist nur eine Annahme, denn wir wissen es schlicht nicht. Es gibt sehr viele gute Hinweise dafür, dass Jesus Aramäisch als Muttersprache sprach, aber es ist schlussendlich doch nur eine Annahme und nicht bewiesen. Es ist ausserdem auch sehr wahrscheinlich das Jesus Hebräisch sprach. Seine Hebräisch Kenntnisse ermöglichten es ihm, den biblischen Text in der Synagoge zu lesen und mit anderen jüdischen Lehrern seiner Zeit (den Pharisäern, den Schriftgelehrten usw.) eine respektable Debatte zu führen. Aber auf die Argumente hierfür möchte ich nicht eingehen, da es für diesen Kurs keine Rolle spielt. Vielmehr möchte ich im Detail aufzeigen, warum ich der Meinung bin, dass wir im Neuen Testament nicht einfach nur aus dem Aramäischen ins Griechisch übersetzte Worten von Jesu haben, sondern, dass Jesus oft Griechisch gesprochen hat und dass Jesus vielleicht sogar die Bergpredigt auf Griechisch hielt.
Da die Manuskripte der Evangelien auf Griechisch verfasst sind, haben wir nicht den Vorteil, wie im Falle des Aramäischen, wo aramäische Wörter und Sätze tatsächlich transliteriert und in den griechischen Text der Evangelien aufgenommen wurden. Zitate eines griechisch sprechenden Jesus würden nicht hervorstechen, sondern einfach in den griechischen Text einfliessen. Es gibt deshalb keine Beweise dafür, dass Jesus Griechisch sprach, sondern nur Indizien, aber diese sind nicht unbedeutend.
Ein erstes Indiz ist die Tatsache: dass die Evangelien in griechischer Sprache verfasst sind, , dass viele, wenn nicht sogar die meisten der ersten Christen, einschliesslich einiger Jünger Jesu Griechisch kannten und es häufig verwendeten, vielleicht sogar als ihre erste Sprache. Viele jüdische Schriften aus der Zeit Jesu wurden auf Griechisch verfasst, darunter Werke wie 2 Makkabäer und 1 Esdras. Andere hebräische Schriften wurden in Jerusalem ins Griechische übersetzt (z. B. das Buch Esther im Jahr 114 v. Chr.). Das Griechisch selbst in Jerusalem verbreitet war, kann anhand von gefundenen Ossuaren (Knochenbehältern) gezeigt werden, die aus der Zeit Jesus stammen in oder um Jerusalem gefunden wurden und griechische Inschriften enthielten.
Seit der Eroberung Palästinas durch Alexander den Großen im Jahr 332 v. Chr. war Griechisch die Sprache der Regierung und zunehmend auch des Handels und der Wissenschaft. Obwohl Aramäisch weiterhin von vielen gesprochen wurde, gewann Griechisch an Beliebtheit und Einfluss. Zur Zeit Jesu kannten und benutzten gut ausgebildete Juden, vor allem aus der Oberschicht, Griechisch. Das Gleiche gilt für diejenigen, die im Handel oder in der Regierung tätig waren. Aber auch viele andere Juden besaßen zumindest rudimentäre Griechischkenntnisse, die sie bei ihren Geschäften und Reisen in die größeren Städte nutzten.
Das Vorhandensein und die Verbreitung der griechischen Sprache in Palästina wird durch einen Fund in der Region Nahal Hever in der judäischen Wüste nahe dem Toten Meer belegt. In einer Höhle wurde eine Schriftrolle gefunden, die wesentliche Teile der Kleinen Propheten in griechischer Sprache enthält. Die so genannte Schriftrolle der Kleinen Propheten von Nahal Hever, die auf die Zeit Jesu datiert wird, zeigt den Einfluss und die Beliebtheit des Griechischen, selbst unter hochreligiösen Juden.
Die neutestamentlichen Evangelien sagen uns zwar nicht, ob Jesus Griechisch sprach oder nicht, aber sie beschreiben Situationen, in denen es wahrscheinlich ist, dass Griechisch verwendet wurde. In Matthäus 8,5-13 zum Beispiel unterhält sich Jesus mit einem römischen Zenturio. Der Zenturio sprach mit ziemlicher Sicherheit griechisch. Und wie Matthäus die Geschichte erzählt, sprachen er und Jesus direkt miteinander, ohne einen Übersetzer. Natürlich ist es immer möglich, dass ein Übersetzer eingesetzt wurde, der von Matthäus einfach nicht erwähnt wird. Der Sinn der Geschichte legt jedoch eine direktere Kommunikation nahe, die auf Griechisch stattgefunden hätte.
Das Gleiche könnte man über das Gespräch Jesu mit Pontius Pilatus vor seiner Kreuzigung sagen (Matthäus 27:11-14; Johannes 18:33-38). Auch hier besteht die Möglichkeit, dass ein Übersetzer nicht erwähnt wird. Aber die Erzählung der Geschichte deutet auf einen griechisch sprechenden Jesus hin.
Wenn Jesus genug Griechisch konnte, um sich mit einem römischen Zenturio und einem römischen Statthalter zu unterhalten, wo hat er es dann gelernt?
Nach Matthäus 2,13-21 nahm Josef Maria und Jesus mit nach Ägypten, um Herodes zu entkommen. Dort mussten Maria und Josef eine Zeit lang auf Griechisch kommunizieren. Sie kehrten nach Nazareth zurück, wo Josef ein "Zimmermann" (griechisch tektōn, τέκτων) war, was so viel bedeutet wie jemand, der mit Holz oder Stein arbeitet. Wenn aber Nazareth ein kleiner Weiler war, dann beschränkte sich Josef offensichtlich nicht nur auf die Versorgung des Ortes, sondern führte auch Arbeiten für weiter entfernte Orte aus.
Ein Ort in der Nähe, von dem wir wissen, dass es viele Bauarbeiten gab, war Sepphoris, die Hauptstadt Galiläas bis 19 n. Chr. Dass Sepphoris in den Evangelien nicht erwähnt wird, ist kaum überraschend, da sie so wenig über die Gegend berichten, in der Jesus aufgewachsen ist. Es gibt jedoch viele Gründe, die dafürsprechen, dass Jesus sich dorthin begeben haben könnte.
Ein Ort in der Nähe, von dem wir wissen, dass es viele Bauarbeiten gab, war Sepphoris, die Hauptstadt Galiläas bis 19 n. Chr. Dass Sepphoris in den Evangelien nicht erwähnt wird, ist kaum überraschend, da sie so wenig über die Gegend berichten, in der Jesus aufgewachsen ist. Es gibt jedoch viele Gründe, die dafürsprechen, dass Jesus sich dorthin begeben haben könnte. Es war:
Weniger als sechs Kilometer entfernt
- Von Nazareth aus Sichtbar
- an der Hauptstrasse nördlich von Nazareth auf dem Weg nach Kana, wo Jesus Verwante hatte
- Die traditionelle Heimatstadt Marias (nach dem Bericht des Pilgers aus Piacenza aus dem sechsten Jahrhundert)
Maria, Josef und Jesus könnten also in dieser Stadt ausgiebig mit der griechischen Sprache in Berührung gekommen sein. Interessant ist auch, dass es in Sepphoris ein Theater gab. Hat Jesu Verwendung des Wortes "Heuchler" (griechisch hypokrites, ὑποκριτής, d.h. "Schauspieler") damit zu tun, dass griechische Theaterstücke nur eine gute Stunde Fussweg von seinem Haus entfernt regelmässig aufgeführt wurden?
Jesus wuchs also vielsprachig auf, und hatte wohl regelmässig mit griechisch sprechenden Kunden zu tun. Können wir mit Sicherheit wissen, dass Jesus Griechisch gesprochen hat? Nein. Kann man davon ausgehen, dass er Griechisch sprechen konnte und dies auch gelegentlich tat? Ja, ich glaube schon. Jesus hat wohl hat wohl seine Botschaft auf Aramäisch, Hebräisch und Griechisch unter die Leute gebracht. Denn die Menschen der damaligen Zeit sprachen Aramäisch, Hebräisch und Griechisch. Mich persönlich würde es nicht wundern, wenn einige der Unterschiede in den Aussagen Jesu darauf zurückzuführen sind, dass Jesus drei Sprachen gesprochen hat. Ich persönlich bin kein Linguist oder Übersetzer, und kann deshalb wenig zu diesem Speziellen Thema sagen.
Das überzeugendste Argument, dass Jesus nicht nur Griechisch konnte sondern auch auf Griechisch gelehrt und gepredigt hat liegt denn auch bei seinen Zuhörern. In Johannes 7,3 und 7,10 wird berichtet, dass die Brüder Jesu wie üblich während des Laubhüttenfestes in Jerusalem anwesend waren. In Lukas 2,42 werden Josef, Maria und ihre weitere Familie als übliche Besucher eines Festes in Jerusalem dargestellt, während Matthäus und Lukas Jesus als jemanden beschreiben, der Jerusalem oft besucht hat (Matthäus 23,37; Lukas 13,34). Die Verbreitung der griechische Sprache in Jerusalem ist gut belegt, und während des Festes würde der Anteil der Griechisch sprechenden Menschen aufgrund der Anwesenheit von Diaspora-Juden auf Pilgerfahrt beträchtlich ansteigen. Es ist naheliegend anzunehmen, dass Jesus bei diesen Anlässen mit griechischsprachigen Menschen zu tun hatte.
In Galiläa wird Jesus als Lehrer unterwegs, der durch eine Vielzahl von Städten und Dörfern zog (Matthäus 9,35; Markus 6,6.56; Lukas 8,1; 13,22), darunter auch die Dörfer von Cäsarea Philippi (Markus 8,27), die von der griechischen Kultur dominiert wurden. Er sandte seine Jünger auch in verschiedene Städte und Dörfer (Matthäus 10,11; Lukas 9,6). Als er die 70 (oder 72) in Paaren aussandte und diese in "jede Stadt und jeden Ort, wo er hinkommen wollte" (Lk 10,1), dann gingen die Teams vermutlich jeweils in mehrere Dörfer oder Städte und es ist nicht anzunehmen, dass sie nur mit Aramäern sprachen. Wanderprediger müssen sich naturgemäss an die Sprachen ihrer Zuhörerschaft anpassen. Und viele Juden sprachen zu der Zeit Griechisch.
Jesus hatte zwei Jünger mit griechischen Namen: Andreas und Philippus. Das Philippus Griechisch sprach können wir anhand einer Episode aus Johannes 12,20-23 erkennen, wo eine Gruppe von Griechen sich speziell an Philippus wendet, der wiederum Andreas anspricht. Philippus und Andreas wenden sich dann gemeinsam wegen der Griechen an Jesus.
Die Juden der damaligen Zeit haben griechisch gesprochen insbesondere auch dort wo Jesus Predigte, Griechisch war die damals am weitesten Verbreitest Sprache und gewann an Einfluss. Es ist deshalb mehr als nur wahrscheinlich das Jesus Griechisch gesprochen hat und auch Griechisch gepredigt hat und das auch bei seiner berühmtesten aller Predigten, der Bergpredigt. Während sich zwar aus dem Text keine eindeutigen Hinweise herleiten lassen, so lässt ein Satz zu Beginn aufhorchen. In Matthäus 4 25 stet folgendes: “Und es folgten ihm viele Leute, aus Galiläa, der Dekapolis, aus Jerusalem und Judäa und von jenseits des Jordan.“ All diese Leute aus den unterschiedlichen Regionen hatten unterschiedliche Muttersprachen, aber sie alle hatten eine Sprache gemeinsam und das war das Griechisch, es ist deshalb gut möglich das Jesus die Bergpredigt weder auf Aramäisch noch Hebräisch, sondern Griechisch hielt. Es ist klar, dass dies nur Spekulation ist, aber so ist auch die Annahme das Jesus auf Aramäisch gepredigt hat. Welche Argumente man wie bewertet, dass kann jeder selbst beurteilen, die Möglichkeit und die Wahrscheinlichkeit aber das Jesus auf Griechisch gepredigt hat, sind gegeben.

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66 Antworten
andreas
Beiträge : 1800

Hi!
Ich halte Deine Ausführungen im Großen und Ganzen für gut nachvollziehbar und sehe es ähnlich.

Möchtest Du darüber hinaus etwas diskutieren?

Interessant fände ich sonst die Frage, wie wichtig denn diese Frage ist, welche Sprache(n) Jesus sprach. Ich bin an der Stelle selbst noch auf dem Weg zu einer Meinungsbildung. Wie würdest Du das sehen?

andreas-wendt antworten
13 Antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Möchtest Du darüber hinaus etwas diskutieren?

Ich bin erst mal daran interssiert wie dieser Gedanke ankommt, denn ich habe schon diverse Reaktionen auf diese Aussagen bekommen.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Interessant fände ich sonst die Frage, wie wichtig denn diese Frage ist, welche Sprache(n) Jesus sprach. Ich bin an der Stelle selbst noch auf dem Weg zu einer Meinungsbildung. Wie würdest Du das sehen?

Für mich spielt diese Frage insofern eine Rolle, das es gewisse Argumentationen entkräften könnte.
z.B. "Wir haben die Orginalen Worte Jesu nicht mehr, da wir nur noch die aus dem Aramäischen Übersetzungen haben." - "Um Jesus richtig zu verstehen muss man von der Hebräischen Denkweise ausgehen." - "Jesus wurden Aussagen in den Mund gelegt da die griechischen Texte die LXX benutzten Jesus aber wohl nicht Griechisch gelesen hat." (die LXX ist an entscheidenden Stellen dann doch sehr anderes)

Wenn Jesus vor einem griechisch Sprechenden Publikum aus der Torah zitiert hat, und dabei wie es die Evanglisten nahe legen die LXX benutzt hat, dann gibt es der LXX eine andere Tragkraft.

Und zu letzt hat es auch einen Einfluss darauf wie wir den Menschen Jesus sehen.

arcangel antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1800

Danke für die Ausführungen.

Veröffentlicht von: @arcangel

Und zu letzt hat es auch einen Einfluss darauf wie wir den Menschen Jesus sehen.

Vermutlich ist es in der Praxis oft andersrum: Wie wir Jesus sehen, hat Einfluss darauf, welche Sprachkenntnis wir vermuten. Weil wir - und da sehe ich Deinen Punkt - intuitiv vermuten, dass das wiederum Einfluss darauf hätte, wie wir Jesus sehen müssten.

Aber wenn ich Deine Sicht richtig verstehe, geht sie doch weit über "Jesus sprach Griechisch" hinaus. Ich würde v.a. wegen der Bautätigkeit in einem ethnisch diversen Gebiet wie Galiläa davon ausgehen, dass er sich auf Griechisch verständigen konnte.

Aber das ist etwas Anderes als die LXX zitieren zu können. Oder bei der Verwendung griechischer Ausdrücke auch das semitisch-sprachige Denken abgelegt zu haben. (ich sage jetzt "semitisch", weil ich hebräisch und aramäisch darunter zusammenfasse.)

Griechisch dürfte für die meisten, die in Galiläa und angrenzenden Gebiete Handel trieben, eine gut beherrschte Fremdsprache gewesen sein. Aber selbst wenn sie es z.B. so gut beherrschten wie Wladimir Kaminer die deutsche Sprache - einige Wendungen bekommen durch Kenntnis des Denkens in der Muttersprache nochmal eine andere Tiefe.

Darum denke ich, Kenntnis semitischen Denkens ist auch in dem Fall, dass Jesus Griechisch sprach, sehr hilfreich.

Von der Konstruktion angeblicher "Rückübersetzungen" ins Aramäische, die dann vom griechischen Sinn zufällig abweichen, halte ich allerdings nichts.

andreas-wendt antworten
Deborah71
(@deborah71)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 22789
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Darum denke ich, Kenntnis semitischen Denkens ist auch in dem Fall, dass Jesus Griechisch sprach, sehr hilfreich.

Guter Punkt 😊

Im NT wird auf aramäische Sätze Jesu hingewiesen, indem dazu vermerkt ist, was es in Griechisch bedeuten soll.
https://www.bibleserver.com/DBU.LUT.ELB.HFA/Markus15%2C34

Interessant ist, dass in den 4 verschiedenen Übersetzungen zwei verschiedene Formen angeboten werden.
Was davon ist Hebräisch und was davon ist Aramäisch?
Hebräisch: Lama asabtani? עָזַב azab Wortwurzel
Aramäisch: Lema sabachtani? שְׁבַק shebaq Wortwurzel
Quelle: [url= https://biblehub.com/interlinear/mark/15-34.htmBible Hub interlinear[/url]

In der Hebräischschule gab es eine Randbemerkung, dass Jesus wohl westliches/galiläisches Aramäisch gesprochen hat und nicht östliches Aramäisch.
Das sei wichtig für die richtige Übersetzung.

https://de.wikipedia.org/wiki/Aram%C3%A4ische_Sprachen

Nachtrag vom 13.09.2021 2133
huii, was ein linkmix... mal entzerre:

https://de.wikipedia.org/wiki/Aram%C3%A4ische_Sprachen

https://biblehub.com/interlinear/mark/15-34.htm

deborah71 antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340

Welches ja ein direckter Bezug zu Psalm 22 ist. Aber dieser Vers ist ja nicht Kritisch, da egal in welcher Sprache der Sinn der gleiche bleibt.

Das hier explizit erwähnt wird da Jesus Aramäisch gesprochen hat, ist doch eher bezeichnend. Denn wenn Jesus ständig Aramäisch sprach währe es wohl keine extra Erwähnung wert. Weiter ist seltsam das die Umstehenden nicht verstanden was Jesus sagte und meinten er Rufe den Propheten Elia. Währen die Umstehenden Aramäisch- oder Hebräischsprechende gewesen, dann wäre ihnen der Ausdruck Eloi Eloi oder Eli Eli geläufig gewesen und sie hätten ihn nicht verwechselt.

arcangel antworten
Deborah71
(@deborah71)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 22789
Veröffentlicht von: @arcangel

Aber dieser Vers ist ja nicht Kritisch,

genau... er dient als Beleg, dass Jesus mehrsprachig war und Zuhörer hatte, die wahrscheinlich nur eine der Sprachen beherrschten. 😊

deborah71 antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340

also belege haben wir keine, nur indiziien.

mit abschliessender sicherheit kann man nicht behaupten das Jesus irgend eine andere sprache als Aramäisch sprach, aber es ist doch höchst wahrscheinlich das Jesus mehrsprachig war.

arcangel antworten
Deborah71
(@deborah71)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 22789
Veröffentlicht von: @arcangel

mit abschliessender sicherheit kann man nicht behaupten das Jesus irgend eine andere sprache als Aramäisch sprach, aber es ist doch höchst wahrscheinlich das Jesus mehrsprachig war.

Nimm doch dazu die Stelle in der Synagoge, als Jesus aus der Schriftrolle las. War sie in Griechisch oder Hebräisch oder Aramäisch?

deborah71 antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340

Ich meine das es Griechisch war, da er aus der LXX zitiert.

Aber man kann auch Argumentieren, das Lukas der hier Jesus zitiert einfach die Stelle aus der LXX genommen hat, unabhängig davon aus welchem Text Jesus Zitiert hat.

Wie gesagt beweisen kann man nichts.

arcangel antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1800
Veröffentlicht von: @deborah71

Was davon ist Hebräisch und was davon ist Aramäisch?

Zumindest ist

Veröffentlicht von: @deborah71

Lama asabtani? עָזַב azab Wortwurzel

direktes Zitat aus Psalm 22.

Allerdings zitiert der griechische Text selbst in fast allen Handschriften Jesus auf Aramäisch
Matthäus27,46: ηλι ηλι λεμα σαβαχθανι;
Markus 15,34: ελωι ελωι λεμα σαβαχθανι;

Das hebräische Zitat kommt in deutlich weniger Handschriften vor, und man kann sich vorstellen, dass eine Anpassung hin zum hebräischen Wortlaut des Psalms eher vorgenommen wurde als andersherum. Sehr wahrscheinlich haben die ersten Zeugen Jesus auch an dieser Stelle auf Aramäisch in Erinnerung gehabt.

Interessant wäre, ob auch sie schon den Bezug zu Psalm 22 hergestellt haben.
Ich würde vermuten: Alle Ähnlichkeiten, die wir bemerken, werden früheren Generationen auch schon aufgefallen sein, so dass auch sie irgendwie Psalm 22 wiedererkannten.

Aber auch in der Übersetzung ins Griechische unterscheiden sich Mt und Mk, und beide noch einmal von Psalm 22,1 (bzw. 21,1 nach deren Zählung) in der Septuaginta:

Psalm LXX: ῾Ο θεὸς ὁ θεός μου, πρόσχες μοι· ἵνα τί ἐγκατέλιπές με;
Matthäus: θεέ μου θεέ μου, ἱνατί με ἐγκατέλιπες ;
Markus: ὁ θεός μου ὁ θεός μου , εἰς τί ἐγκατέλιπές με ;

Die Unterschiede fallen vom Sinn her nicht ins Gewicht, und die Fassungen sind sich immer noch ähnlicher, als es heutige deutsche Bibelübersetzungen sind. Da sie alle dasselbe Verb ἐγκατέλιπές verwenden, würde ich vermuten, dass auch Mt und Lk irgendwelche voneinander abhängige AT-Übersetzungen vorliegen hatten und nicht aus dem Stand selbst Jesu Worte übersetzten, aber ich weiß, dass ich schon mal stärkere Argumente als dieses hatte.

andreas-wendt antworten
Deborah71
(@deborah71)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 22789

Danke für deine näheren Erläuterungen. 😊

Mir ging es darum, dass ich hier einen Beleg für Jesu Mehrsprachlichkeit verorte.

deborah71 antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1800
Veröffentlicht von: @deborah71

Mir ging es darum, dass ich hier einen Beleg für Jesu Mehrsprachlichkeit verorte.

Soweit, es als Beleg zu sehen, würde ich noch nicht gehen. Die Evangelisten zitieren ihn ja auf Aramäisch, und dass er Aramäisch sprach, bestreitet ja niemand.
Man könnte höchstens daraus, dass sie ihn sonst nicht auf Aramäisch zitieren, schließen, dass das wohl auch sprachlich in irgendeiner Weise hervorstach. Aber in welcher, wage ich nicht zu sagen.

Vielleicht, aber das ist jetzt wirklich seeehr spekulativ, wurde ja zum Passah in Jerusalem wegen der vielen Pilger Griechisch gesprochen, und dies wären Jesu erste aramäische Worte nach längerer Zeit gewesen.

Also ich sehe wie Du mehrere Indizien, warum Jesu Mehrsprachigkeit die plausibelste These ist. Als Belege würde ich sie noch nicht zwingend sehen.

andreas-wendt antworten
Adjutante
(@adjutante)
Beigetreten : Vor 16 Jahren

Beiträge : 2553
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Also ich sehe wie Du mehrere Indizien, warum Jesu Mehrsprachigkeit die plausibelste These ist. Als Belege würde ich sie noch nicht zwingend sehen.

Mehr weiß man nicht.

adjutante antworten
Gelöschtes Profil
(@deleted_profile)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 17470

Von der Konstruktion angeblicher "Rückübersetzungen" ins Aramäische, die dann vom griechischen Sinn zufällig abweichen, halte ich allerdings nichts.

Wie meinte Jesus deiner Meinung nach das, was wir im Vater unser heute mit „Unser tägliches Brot gib uns heute“ beten? Ich frage vor allem deshalb, weil die Rückübersetzung ins Aramäische, die ich ansonsten für sehr hilfreich halte, in diesem Fall nicht gelingt.

deleted_profile antworten


Lucan-7
Beiträge : 21306

Ich halte es ebenfalls für plausibel, dass Jesus Griechisch gesprochen hat... einfach aus dem simplen Grund, dass er wohl ein recht gebildeter Mensch war, der sich intensiv mit der Schrift auseinandersetzte.

Was die Begründungen betrifft müsstest du allerdings vorher noch die Voraussetzungen benennen, von denen du hier ausgehst.

Das reicht ja im Grunde von "Jesus war Gott selbst und konnte deshalb alle Sprachen!" über "Alle Bibelstellen sind historisch genau so geschehen wie beschrieben" und "Nicht alle Bibelstellen beschreiben historische Tatsachen" bis zu "Jesu Existenz selbst ist umstritten", wenn wir hier mal von einem Extrem zum nächsten gehen.

Davon hängt dann auch die Begründung ab.

Ich selber gehe davon aus, dass große Teile der Evangelien nicht historisch sind, das betrifft etwa die Geburt in Betlehem oder die Flucht nach Ägypten.

Für plausibel halte ich allerdings die Episode vom 12jährigen Jesus im Tempel. Auch wenn da vielleicht übertrieben wurde scheint es mir naheliegend, dass es eine Episode ist, die von Maria selbst aus der Erinnerung weitergegeben wurde und den Evangelisten überliefernswert erschien. In diesem Fall hätte Jesus schon in jungen Jahren eine hohe Intelligenz und Interesse an der Schrift bewiesen - was ja auch seine spätere Tätigkeit als Prediger erklärt. Dass er Zeit aufwendete, um die griechische Sprache zu lernen erscheint mir daher glaubhaft.

Es erscheint mir auch dann noch glaubhaft, wenn man einzelne Episoden wie die genannte nicht für historisch hält, weil generell viele Gespräche Jesu mit Gelehrten überliefert wurden. Und irgendwo muss Jesus ja auch sein überzeugendes Auftreten begründen können, da sind Sprachkenntnisse sicher hilfreich.

Die theologische Bedeutung dieser Vermutung halte ich allerdings auch für gering... schliesslich kam es sicherlich mehr auf den Inhalt an als auf die verwendete Sprache.

lucan-7 antworten
5 Antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340

Ich gehe von davon aus was Möglich und Plausible ist wenn Jesus als Mensch auf dieser Erde zur Besagten Zeit gelebt hat.

Das Jesus genug Berührungspunkte mit dem Griechischen hatte, selbst ohne Kindheit in Ägypten, ist sehr naheliegend.

Tatsächlich ist es wohl so das Jesus in seinem Alltag mehr mit Griechisch in Kontakt kam denn mit Hebräisch.

arcangel antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340
Veröffentlicht von: @lucan-7

Die theologische Bedeutung dieser Vermutung halte ich allerdings auch für gering... schliesslich kam es sicherlich mehr auf den Inhalt an als auf die verwendete Sprache.

Inhalte können aber mit einer anderen Sprache andere Konotationen bekommen.

arcangel antworten
Tatokala
(@tatokala)
Beigetreten : Vor 18 Jahren

Beiträge : 2607
Veröffentlicht von: @arcangel

Inhalte können aber mit einer anderen Sprache andere Konotationen bekommen.

Damit haben sich sicher schon Leute befasst, könnte ich mir vorstellen. 😊

lg
Tatokala

tatokala antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340

da hast du sicher recht, soll mich oder uns das aber davon abhalten darüber zu sinnieren.

arcangel antworten
Tatokala
(@tatokala)
Beigetreten : Vor 18 Jahren

Beiträge : 2607

Abhalten werde und kann ich sicher niemanden...😀

Nur ich selber würde, wenn mich das Thema selber so interessieren würde, dann gezielt nach solchen Quellen suchen... Einfach nur ins Blaue sinnieren/spekulieren wäre nicht so meins.

Aber jedem, wie er meint. 😊

lg
Tatokala

tatokala antworten
Adjutante
Beiträge : 2553

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass Jesus alle Sprachen sprechen konnte. Denn er ist Gottes Sohn.
Was die Jünger betrifft, so tritt für mich Apostelgeschichte 2 in Kraft, dass die Jünger durch den Heiligen Geist mit entsprechenden Fremdsprachen ausgerüstet wurden.

adjutante antworten
11 Antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340

Der Auferstandene Jesus kann definiv alle Sprachen sprechen.

Die Frage ist aber ob der Mensch Jesus hier auf Erden SupperMensch war und einfach alles easy konnte. Oder ob er wie jeder andere Mensch dinge Lernen musste.

Ich denke zweites ist der Fall, und in diesem Szenario würde dann Jesus nur die Sprachen sprechen die er gelernt hat.

arcangel antworten
Adjutante
(@adjutante)
Beigetreten : Vor 16 Jahren

Beiträge : 2553

Jesus war "voller Weisheit" (Luk. 2, 40). Mir ist nur bekannt, dass Jesus Gehorsam gelernt hat - durch sein Leiden ... (siehe Hebräer 5)

Nachtrag vom 13.09.2021 1750
... demnach ist ihm nicht einfach alles in den Schoß gefallen ...

adjutante antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340

aber Weisheit nichts nicht mit Wissen zu tun oder?

arcangel antworten
Adjutante
(@adjutante)
Beigetreten : Vor 16 Jahren

Beiträge : 2553

Gewiss kann man diese Begriffe differenzierter betrachten. Doch wenn ich von dem Begriff "sophia" ausgehe, dann liegt für mich Wissen und Weisheit beieinander.

Nachtrag vom 13.09.2021 1449
- auch in Verbindung mit der thora, wenn ich mich richtig erinnere -

adjutante antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21306
Veröffentlicht von: @adjutante

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass Jesus alle Sprachen sprechen konnte. Denn er ist Gottes Sohn.

Es heisst allerdings, dass Jesus "ganz Mensch" war - und nicht "ganz Supermann".

Schwäche gehört zum Menschsein dazu... und Jesus räumte ja an anderer Stelle auch ein, dass er keineswegs alles wusste (bezüglich der Widerkunft).

lucan-7 antworten
Adjutante
(@adjutante)
Beigetreten : Vor 16 Jahren

Beiträge : 2553
Veröffentlicht von: @lucan-7

Es heisst allerdings, dass Jesus "ganz Mensch" war - und nicht "ganz Supermann".

Richtig. Doch war er auch "ganz Gott".

Veröffentlicht von: @lucan-7

Schwäche gehört zum Menschsein dazu... und Jesus räumte ja an anderer Stelle auch ein, dass er keineswegs alles wusste (bezüglich der Widerkunft).

Ja, bezüglich der Wiederkunft. Mir persönlich sagt das, Jesus hatte eine Autorität über sich, in die er sich eingefügt hat.

adjutante antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340
Veröffentlicht von: @adjutante

Richtig. Doch war er auch "ganz Gott".

Ja, seinem Wesen nach, aber er hat sich seiner herrlichkeit entkleidet und wurde Mensch. Das heist Jesus hat all die göttlichen Attribute wie, allmacht, allwissenheit, allgegenwart, uä abgelegt.

Wenn Jesus in irgend einer Form ein Übermensch gewesen währe dann hätte er die Sünde der Welt nicht auf sich nehmen können, den er musste Knechtgestallt annehmen um für uns Sühne leisten zu können.

Zwischen seiner Geburt und seinem Tod, war Jesus in allen belangen so limitiert wie jeder andere Mensch auch. Er hatte es nicht leichter und Er hatte keinen Vorteil. Nur so war Jesus fähig an deiner und meiner Stelle sühne zu leisten. Das einzige was ihn von den Menschen unterschied, war das Er Gott kannte, dass ihn nichts von seinem Vater trennte und das wuste woher er kommt und wohin er geht.

arcangel antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1800
Veröffentlicht von: @adjutante

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass Jesus alle Sprachen sprechen konnte.

Selbst des vorausgesetzt, sagt das ja noch nichts darüber aus, welche Sprachen er tatsächlich sprach.

Gut möglich, dass er sich mit einem Germanen, der sich nach Palästina verirrt hätte, in dessen Sprache hätte unterhalten können. Aber mit hoher Wahrscheinlichkeit hat sie nie ein Germane dorthin verirrt, und so dürfte nie ein germanisches Wort aus dem Munde Jesu gekommen sein.

In der Frage, welche Sprache er sprach, geht es ja vor allem darum, ob er das, was im NT auf Griechisch von ihm zitiert wird, so von ihm gesagt wurde oder schon eine Übersetzung ist.
Was manche zum Anlass nehmen, den Text anzuzweifeln, aber selbst wenn man das nicht tut, ist es ja eine interessante Frage.

Dabei geht es also eher darum, in welchem Sprachraum er sich bewegte und wie sehr er sich dem anpasste.

Wie würdest Du das sehen?

andreas-wendt antworten
Adjutante
(@adjutante)
Beigetreten : Vor 16 Jahren

Beiträge : 2553
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Dabei geht es also eher darum, in welchem Sprachraum er sich bewegte und wie sehr er sich dem anpasste.

Wie würdest Du das sehen?

Dass er sich dem jeweiligen Sprachraum anpassen konnte, das zeigt sich für mich in dem, dass er die jeweiligen Gepflogenheiten kannte und sie in seinem Reden einbezogen hat. Also, er hat über Dinge gesprochen, welche die Leute in seinem Umfeld kannten. Vermutlich drücke ich mich grad etwas blöd aus, aber verstehst du trotzdem?

adjutante antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1800
Veröffentlicht von: @adjutante

Vermutlich drücke ich mich grad etwas blöd aus, aber verstehst du trotzdem?

Ich denke ja.

Dann würdest Du es auch so sehen, dass Jesus während seines irdischen Lebens maximal aramäisch, hebräisch und griechisch sprach, unabhängig davon, was er noch theoretisch hätte sprechen können?

andreas-wendt antworten
Adjutante
(@adjutante)
Beigetreten : Vor 16 Jahren

Beiträge : 2553
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Dann würdest Du es auch so sehen, dass Jesus während seines irdischen Lebens maximal aramäisch, hebräisch und griechisch sprach, unabhängig davon, was er noch theoretisch hätte sprechen können?

Gut, das kann ich auch so sehen. Vermutlich hat er tatsächlich nicht "mehr" gebraucht. Weil, das Koine-griechisch war ja damals "Weltsprache".

adjutante antworten


ALF.MELMAC
Beiträge : 2157

Lateinkenntnisse müssen sie wohl auch gehabt haben
allein schon wegen der römischen Besatzer

alf-melmac antworten
13 Antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340

das ist halt die Frage ob die römischen Besatzer aus Italien stammten, oder von sonnst wo. Das gross der römischen Armee sprach wohl kein Latain da die grossen Hilfstruppen nicht aus latainisch sprechenden Regionen kamen.

Ob die Truppen in Palästina Latain sprachen weis ich ehrlich gesagt nicht, kann sein, muss nicht. Griechisch war viel weiter Verbreitet als Latain. Ein römischer Legionär konnte wahrscheinlich beide Sprachen.

Hat Mel Gibson recht und Jesus sprach mit Pilatus Latain oder hat er unrecht und Jesus Sprach mit Pilatus Griechisch.

arcangel antworten
ALF.MELMAC
(@alf-melmac)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2157
Veröffentlicht von: @arcangel

Hat Mel Gibson recht und Jesus sprach mit Pilatus Latain oder hat er unrecht und Jesus Sprach mit Pilatus Griechisch.

eine gute Frage, wir können nur spekulieren...

alf-melmac antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340
Veröffentlicht von: @alf-melmac

eine gute Frage, wir können nur spekulieren...

Sowiso, es ist eine Frage der Wahrscheinlichkeit. Möglich ist es das Jesus Latain sprach, aber dafür haben wir noch viel weniger Hinweise als das Jesus Hebräisch und Griechisch sprach.

arcangel antworten
ALF.MELMAC
(@alf-melmac)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2157
Veröffentlicht von: @arcangel

Latain

oder Latein? 🤨🤨🤨

alf-melmac antworten
Adjutante
(@adjutante)
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Je nachdem. Gibt beides.

adjutante antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1800
Veröffentlicht von: @arcangel

Hat Mel Gibson recht und Jesus sprach mit Pilatus Latain oder hat er unrecht und Jesus Sprach mit Pilatus Griechisch.

Dass in dem ganzen Film kein Wort Griechisch fällt, ist sicher seine größte historische Ungenauigkeit.
Die Darstellung des Dialogs Jesu mit Pilatus auf Latein habe ich immer als Stilmittel verstanden um auszudrücken, dass Gott in Jesus sich auch mit dem Römer auf Augenhöhe begibt. Nicht als historisch korrekte Darstellung.

Man kann mit Adjutante behaupten, dass Jesus als Gottes Sohn sicher auch Latein konnte. Aber seit der Gefangennahme gibt Jesus ja gerade keinerlei Beweise seiner Göttlichkeit mehr, obwohl er es könnte. Darum würde ich doch dazu tendieren, dass Autoren und Leser sich den Dialog auf Griechisch vorstellten und dies auch näher an der historischen Wahrscheinlichkeit ist als Latein.

andreas-wendt antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4340

Seh ich genauso.

arcangel antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 3518
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Die Darstellung des Dialogs Jesu mit Pilatus auf Latein

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

auf Griechisch vorstellten und dies auch näher an der historischen Wahrscheinlichkeit ist als Latein.

Davon abgesehen, ob der Dialog überhaupt statt fand (und, falls ja, auch in der überlieferten Weise), könnte ein Argument hinsichtlich der Frage sein, ob Pilatus überhaupt das ortsübliche Griechisch beherrschte und, falls ja: ob es mit seiner "Amtswürde" zu vereinen war, dass er es in offiziellen Zusammenhängen* auch verwendete? Zwar war die Geschäftssprache im östlichen Mittelmeer, wie Arcangel es darlegt, wohl Griechisch. Aber die Herkunft von Pilatius wird in Samnium vermutet, Zentralitalien sozusagen. Was spricht dafür, und was dagegen, dass der Präfekt Pontius Pilatus sich bei Gerichtsverhandlungen lieber lateinisch äußerte und es Übersetzern überließ, das von ihm Gesagte dem Angeklagten oder Kläger zu verklickern?

*Hier ging es laut Bibel immerhin um einen Hochverratsprozeß, was gab es bei solchen Anlässen für bürokratische Vorschriften hinsichtlich der Gerichtsakten?

jack-black antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1800
Veröffentlicht von: @jack-black

Was spricht dafür, und was dagegen, dass der Präfekt Pontius Pilatus sich bei Gerichtsverhandlungen lieber lateinisch äußerte und es Übersetzern überließ, das von ihm Gesagte dem Angeklagten oder Kläger zu verklickern?

Da hast Du Recht. Und ich würde es in dem Fall auch für wahrscheinlich halten, dass Chronisten die Dolmetscher wegließen, so es welche gab.

Nun wird es Dich wenig überraschen, dass ich davon ausgehe, der Dialog fand statt.
Aber ich würde auch bei Verfilmungen fiktionaler Werke, die in einem konkreten historischen Kontext angesiedelt sind, sagen, es gibt Darstellungen mit unterschiedlicher Nähe zur historischen Wahrscheinlichkeit. Oder, wenn "Wahrscheinlichkeit" zu sehr nach Historizität klingt, müsste ich vielleicht eher sagen, es gibt historisch genauere und plausiblere Darstellungen und weniger genaue und plausible. Auch die Ilias würde man entweder in Homers Griechisch oder in heute verständlicher Sprache inszenieren, aber nicht auf Keltisch - außer zum Zwecke stärkerer Verfremdung.

Auch in einem ausgedachten Dialog zwischen einem Zimmerer aus Galiläa und einem Statthalter aus Zentralitalien um das Jahr 30 würde ich, wenn ich aus dramaturgischen Gründen keine Dolmetscher inszenieren wollte, sie eher Griechisch als Latein miteinander reden lassen.

andreas-wendt antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 3518
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Nun wird es Dich wenig überraschen, dass ich davon ausgehe, der Dialog fand statt.

Klar. 😊

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Auch in einem ausgedachten Dialog zwischen einem Zimmerer aus Galiläa und einem Statthalter aus Zentralitalien um das Jahr 30 würde ich, wenn ich aus dramaturgischen Gründen keine Dolmetscher inszenieren wollte, sie eher Griechisch als Latein miteinander reden lassen.

Darauf wollte ich hinaus, bzw. ich stellte mir die Frage, ob die Threadfrage sinnvollerweise beantwortet werden kann, indem man ausgerechnet die Prozeß-Passagen mit PP und Jesus als Grundlage der Argumentation für oder gegen die These, Jesus habe Griechisch gesprochen, hernimmt. Falls es üblich gewesen sein sollte, dass Hochverratsprozesse schon allein aus formalen Gründen auf Lateinisch geführt werden mußten, wäre dies ein starkes Argument dafür, dass der Dialog zwischen PP und Jesus nicht auf Griechisch und auch nicht auf Hebräisch oder Aramäisch geführt wurde, sondern entweder auf Latein (unter der - von mir sicherlich bezweifelten, aber hier im Thread ja schon durchgewunkenen Annahme, Jesus als Gottes Sohn habe sämtliche Sprachen fließend sprechen können), oder aber vermittelt durch Dolmetscher/Übersetzer. Dass man die Dolmetscher dann später aus dramaturgischen Gründen hätte weglassen können, erscheint mir plausibel, übrigens wäre für mich das kleine Detail, dass Jesus auf die Frage des PP, was Wahrheit sei, einfach gar nicht antwortete, sogar ein Indiz dafür: womöglich war die Frage des PP gar nicht an Jesus gerichtet, sondern sollte nur von den Schreibern vermerkt werden. Oder die Antwort Jesu wurde nicht korrekt von den Dolmetschern übersetzt, bzw. von den Schreibern, weil sie sie nicht verstanden (inhaltlich oder akkustisch) weggelassen... (nebenbei: Mir ist bekannt, dass es für diese "offen gebliebene" Frage eine dramaturgisch schön zum christlichen Narrativ passende Auslegung gibt: "Ecce homo!"). Aber die Threadüberschrift geht ja eher in die Richtung, dass nicht nach der Bestätigung eines theologisches Dogmas (Jesus ist die Wahrheit), sondern nach historischen Tatsachen gefragt wird.
Freilich ist das Indiz der unbeantworteten Frage nur recht schwach: PP hätte sie auch direkt an Jesus stellen können und Jesus hätte einfach die Aussage verweigert haben können...

jack-black antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1800
Veröffentlicht von: @jack-black

Darauf wollte ich hinaus, bzw. ich stellte mir die Frage, ob die Threadfrage sinnvollerweise beantwortet werden kann, indem man ausgerechnet die Prozeß-Passagen mit PP und Jesus als Grundlage der Argumentation für oder gegen die These, Jesus habe Griechisch gesprochen, hernimmt.

Dem kann ich uneingeschränkt folgen. Ich bezog mich mit meinen Gedanken hier auf diesen Unterarm des Threads, in dem es ja um die gewählten Sprachen in dem Mel-Gibson-Film ging. Und der hat eine, auch wenn ich das Berichtete für zuverlässig halte, sehr verdichtete literarische Darstellung noch mehr verdichtet.

Was den Gesamtthread und die historische Fragestellung anging, sehe ich für mögliche Griechischkenntnisse Jesu auch stärkere Argumente als gerade den Dialog mit Pilatus.

andreas-wendt antworten
Gelöschtes Profil
(@deleted_profile)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 17470
Veröffentlicht von: @jack-black

Zwar war die Geschäftssprache im östlichen Mittelmeer, wie Arcangel es darlegt, wohl Griechisch. Aber die Herkunft von Pilatius wird in Samnium vermutet, Zentralitalien sozusagen. Was spricht dafür, und was dagegen, dass der Präfekt Pontius Pilatus sich bei Gerichtsverhandlungen lieber lateinisch äußerte und es Übersetzern überließ, das von ihm Gesagte dem Angeklagten oder Kläger zu verklickern?

Ich habe dazu einen interessanten Text aus dieser Masterarbeit (unter Punkt 3.1.3) gefunden (Hervorhebungen/Anmerkungen von mir):

"Seit in Rom im vierten/dritten Jahrhundert v.Chr. aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft zu den Griechen Interesse an der griechischen Sprache erwacht war, waren viele Römer, im Gegensatz zu den Griechen, zweisprachig [Anm.: Pilatus' verm. Herkunft aus Samnium]. Es war in der Kaiserzeit (27 v. Chr. bis 476 n. Chr.) üblich, dass Kinder die griechische Sprache von Sklaven lernten, in den Schulen wurde sowohl Latein als auch Griechisch gelehrt. (vgl. Hermann 1956:41) Menschen, die viele Sprachen beherrschten und somit keines Dolmetschers bedurften, wurden verehrt.

Trotzdem wurden im römischen Reich Dolmetscher eingesetzt, allerdings nicht unbedingt nur, um Sprachbarrieren zu überwinden, sondern auch, um den römischen Nationalstolz zum Ausdruck zu bringen und sich somit von Fremden zu distanzieren.

[Anm.: spräche somit eher für Mel Gibsons Latein, weiß aber nicht mehr ob da ein Dolmetscher im Film war]

Außerdem diente die lateinische Sprache auch innerhalb des römischen Reiches dazu, Macht zu beweisen. Römische Beamte waren beispielsweise auch in den Provinzen angehalten, Dolmetscher zu benutzen, selbst wenn sie der lokalen Sprache mächtig waren. Es gab sogar ein Magistratsgesetz, dass es Römern aus Gründen der Würde verbatGriechen anders als auf Latein zu antworten. (vgl. Hermann 1956:42)

Der römische Politiker, Anwalt, Schriftsteller und Philosoph Marcus Tullius Cicero (106 v. Chr. bis 43 v. Chr.) erwähnt Dolmetscher in seinen Schriften vergleichsweise häufig, seine Aussagen über die Dolmetscher sind sehr differenziert. Er spricht zum Beispiel über seinen Dolmetscher und Freund Marcilius, den er als treu, uneigennützig und anspruchslos bezeichnet. Bei einer anderen Gelegenheit äußert er sich über einen Dolmetscher auf Sizilien, der weniger Sprachmittler als vielmehr „Mittelsmann für Gaunereien und Schandtaten“ war, sehr negativ. Cicero bemerkt auch, dass die Zungenfertigkeit suspekt sei (lingua suspecta) und dass Interpreten (welcher Art auch immer) Unsicheres so auslegen könnten wie sie wollten. (vgl. Hermann 1956:38ff) Der erwähnte Dolmetscher Marcilius gehörte zu den Apparitores, den Amtsdienern der römischen Beamten, die vom Staat bestellt und auch bezahlt wurden. (vgl. Wiotte-Franz 2001:84) Als Staatsbedienstete hatten Dolmetscher zu dieser Zeit einen gewissen gesellschaftlichen Status inne. Über das Prestige, welches die Ausübung des Berufes den Dolmetschern selbst einbrachte, lässt sich allerdings keine Aussage treffen. Die Tätigkeit der Dolmetscher wird im besten Fall von Außenstehenden kommentiert (so wie das bei Cicero der Fall ist). Berichte von Dolmetschern selbst gibt es keine. Der Status der Dolmetscher war keineswegs Garant für ein sicheres „Beamtenleben“. Der römische Kaiser Caracalla ließ einen Dolmetscher nach der Unterredung bei der er gedolmetscht hatte, ermorden, um zu verhindern,dass dieser den Inhalt der Unterredung preisgeben konnte. (vgl. Andres 2008:51ff) Wieder ist es die Angst vor Verrat, die auch die Auftraggeber der römischen Dolmetscher ständig begleitete."

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Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 3518

Danke, das sind sehr interessante Ausführungen! Dass es in der römischen Oberschicht zum guten Ton gehörte, Griechisch zu sprechen, oder wenigstens einen griechischen Haus(sklaven)lehrer zu haben, war mir bekannt (nicht zuletzt durch die Cicero-Romane von Robert Harris - was hältst Du übrigens von denen?), aber ob deswegen z.B. Pontius Pilatus dann auch fließend Griechisch sprach, kann ja nicht sicher geschlossen werden. Allerdings: je üblicher und für die Übernahme wichtiger politischer Ämter notwendiger qualifizierend Griechischkenntnisse in der römischen Oberschicht waren, desto wahrscheinlicher erschiene es freilich.

Nochmal: danke!

jack-black antworten
Jimmy
 Jimmy
Beiträge : 167

Hallo Arcangel,

dass Jesus griechisch sprechen konnte, das hat Martin Hengel schon vor einigen Jahrzehnten gut begründet vertreten.
Vermutlich steht es auch in seiner Geschichte des Urchristentums.
Genaueres müßte ich nachschauen.

Ob und welche Reden Jesus auf Griechisch gehalten hat läßt sich atürlich schwieriger nachweisen. - (Man ist heutzutage ja schon froh, dass es in der Bibelforschung nicht mehr platt behauptet wird, die Bergpredigt sei reine spätere Gemeindebildung gewesen wie zu Bultmanns Zeiten.)

Gruß, Jimmy

jimmy antworten


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