Holocaust:"... fast normales Ereignis" ?
Wegen seiner Holocaust-Äußerungen wird das neue Buch des Mitbegründers der Klimabewegung Extinction Rebellion, Roger Hallam, nicht beim Ullstein Verlag auf Deutsch erscheinen. Hallam hatte den Holocaust in einem Interview der »Zeit« als »fast normales Ereignis« bezeichnet. »Tatsache ist, dass in unserer Geschichte Millionen von Menschen unter schlimmen Umständen regelmäßig umgebracht worden sind.«
https://www.juedische-allgemeine.de/politik/ullstein-stoppt-buch-von-extinction-rebellion-gruender/
Wie denkt ihr darüber? Politisch wurde ja schon öfters versucht, die Judenvrrnichtung für die eigenen Ideen zu mißbrauchen: "Hühner KZ", "Homocaust" bis hin zu vergleichen, der Abtreibung mit den Nazis.
So eine Aussage ist nicht neu und eine Spur härter. Da wird der systematische und möglichst entgültige Vernichtungsversuch eines Volkes als normales Ereignis in der historischen Kette der Genozide eingereiht. Ich finde, um mich in der Wortwahl nicht zu vergreifen, das ist starker Tobak.
Das ist eine sehr schwierige und auch recht alte Diskussion: Darf man Völkermorde vergleichen? Darf man sie in eine Reihe stellen?
Der erste, der den Begriff "genocide" benutzte war Raphael Lemkin - ein polnisch-stämmiger Jude, der dann ins Exil gegangen ist und die vergleichende Völkermordforschung begann.
Und seitdem diskutiert man. Manche befürchten, dass Opfer weniger gewürdigt werden, andere dass man dann die Täter und ihre Taten relativiere. ein ganz schwieriges Terrain. Geraed in Deutschland.
In meinen Augen kann man das durchaus machen - aber nicht in einem Interview, wo man ja nur wenige Sätze hat, um seine Aussage zu erläutern. Dafür braucht es durchaus sehr viel mehr.
Allerdings finde ich diesen medialen Aufschrei ein wenig... befremdlich.
LG Bat
Nachtrag vom 21.11.2019 0836
Achso, als Info zum Anfang: https://de.wikipedia.org/wiki/Vergleichende_V%C3%B6lkermordforschung
Veröffentlicht von: @littlebatAllerdings finde ich diesen medialen Aufschrei ein wenig... befremdlich.
Geht mir ähnlich.
Hat aber m.E. viel mit Emotionen zu tun.
Distanziert betrachtet ist ein Mord zuerst einmal ein Mord. Da gibt es nicht viel Spielraum zwischen "besser" und "schlechter".
Der Holocaust war in seiner Systematik und Tragweite sicher ein anderes Kaliber als Völkermorde in der Antike.
Wenn man nun den Holocaust als "Weiterentwicklung" in die nahezu endlose Reihe vorangegangener Völkermorde einreiht, hat das fast schon etwas von Erlösung.
Die "Deutschen" sind dann eben nicht böser als andere, sondern ähnliches kann überall auf der Welt wieder geschehen. Und diese Vorstellung macht den Menschen Angst.
Veröffentlicht von: @groffinDer Holocaust war in seiner Systematik und Tragweite sicher ein anderes Kaliber als Völkermorde in der Antike.
Absolut. Aber es gibt trotzdem natürlich immer die Möglichkeit des Vergleichs - wobei wiederum sehr unterschiedliche Dinge verglichen werden können. Geschwindigkeit, Protagonisten, Anzahl der Ermordeten etc. Gibt es auch heute schon, sogar innerhalb des Holocaust selbst gibt es riesige Unterschiede (z.B. wieviele Juden aus bestimmten Regionen ermordet wurden, das ist sehr unterschiedlich). All das wird heute durchaus gemacht, aber eben nicht in zwei Sätzen in einem Interview. Das kann eigentlich nur schief gehen.
Veröffentlicht von: @groffinWenn man nun den Holocaust als "Weiterentwicklung" in die nahezu endlose Reihe vorangegangener Völkermorde einreiht, hat das fast schon etwas von Erlösung.
Da sehe ich auch die Gratwanderung. Auf der anderen Seite ist es auch wieder nicht sinnvoll, wenn man so tut, als sei der Holocaust eine Art "deutsches Verbrechen" und so eben von anderen nicht verübbar. Ist nämlich auch wieder nicht richtig. (Daniel Goldhagen hatte da vor 20 Jahren etwa eine große Debatte ausgelöst... https://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/hitlers-willige-vollstrecker-und-die-goldhagen-debatte-in-deutschland/ )
Es ist ein schwieriges Terrain.
Veröffentlicht von: @groffinUnd diese Vorstellung macht den Menschen Angst.
Es ist heute auch vielfach undenkbar. Besonders weil es in Deutschland auch die Tendenz gibt, dass das ja immer "die anderen" waren. Welche Familie hat heute schon noch das Wissen um die Taten von Groß- und Urgroßeltern? Wenn du rumfragst sind die allermeisten Nazigegner gewesen - ein jubelndes Volk von Gegnern...
Also, meine Urgroßeltern väterlicherseits (die Eltern meiner Oma) konnten mit Hitler tatsächlich nicht viel anfangen.
Ihre Kinder dagegen schon, da wirkte die Propaganda.
Bis einer meiner Großonkel bei einer Erschießung von Juden dabei war. Dabei hat er "den Glauben an den Führer verloren". Kurze Zeit später fiel er, es hieß, weil er mit dem Erlebten nicht klarkam.
Im Familienbesitz war auch "Mein Kampf" in Leder gebunden - das Machwerk verschwand in der Toilette, als die Alliierten kamen.
Mein Opa war auch in der Wehrmacht. Was der von Hitler hielt weiß ich leider nicht.
(Und meine Großeltern mütterlicherseits haben nichts damit zu tun, weil sie in der Ukraine lebten. Mein Großvater wurde allerdings als Übersetzer von der Wehrmacht rekrutiert (soweit ich weiß nicht ganz freiwillig), weil der sowohl Deutsch als auch Ukrainisch auf muttersprachlichem Niveau beherrschte.)
Damit bist du aber immer mehr in der Minderheit. Ich frage manchmal in meinen Gruppen, was sie so wissen - das ist interessant, erschreckend und macht mich zutiefst traurig. Aber ich kenne das aus meiner eigenen Familie. Da werden Nazis zu Widerständlern gemacht und plötzlich werden die Geschichten, die ich aus dem KZ-Zusammenhang kenne mit völlig anderen Protagonisten erzählt. Ganz schräg, was die Überlieferung tut.
Man spricht halt nicht drüber. Kaum einer wird zugeben wollen, daß man mehr oder weniger aktiv dabei war. Oder auch nur weggeschaut hat.
In Frankreich, Belgien und Holland waren ja auch alle im Widerstand.
War ja auch später niemand bei der Stasi, und niemand war ein Spitzel.
Allzu viel weiß ich da auch nicht.
Mein Großvater mütterlicherseits musste für ein paar Wochen ins Zuchthaus, weil er mit diesem "Lumpenpack von Nazis" nichts zu tun haben wollte und nicht in die Partei eingetreten ist. An der Front war er nie.
Väterlicherseits ist es etwas diffuser - meine Großeltern lebten damals schon vor dem Krieg in Böhmen und man Großvater war in der Stadtverwaltung von Prag. Wie weit er dann im Krieg mit den Nazis kollaborierte entzieht sich meiner Kenntnis. Da er gut tschechisch konnte, wurde er am Ende des Kriegs nicht erschossen, sondern ins Gefangenenlager gesteckt. Die Familie meiner Oma wurde enteignet und musste mit 4 kleinen Kindern flüchten und sich eine neue Existenz aufbauen. Sie erzählte noch, wie sie unterwegs in einem Hof Unterschlupf fand und am Abend die Tschechen kamen und alle Männer erschossen. Bis zu ihrem Ende hat sie auf die Tschechen geschimpft.
Mein Opa wurde dann nach ein paar Jahren freigelassen, starb aber wenig später an einer Staublunge. Kennengelernt habe ich ihn nicht mehr.
Der Großvater väterlicherseits meiner Frau war auf einem U-Boot stationiert. Dass die auch Schiffe versenkt haben hat er nie bestritten.
Am Ende des Kriegs hat sich der Kommandant ergeben und er kam in britische Gefangenschaft, wo er in einer christlichen Familie Gott kennen lernte.
Veröffentlicht von: @groffinDass die auch Schiffe versenkt haben hat er nie bestritten.
Kann man wohl auch schlecht. Bei meinem Opa väterlicherseits gehe ich auch mal davon aus, daß der nicht nur in die Luft geschossen hat.
Er kam in französische Kriegsgefangenschaft. War wohl nicht so toll.
Vom Krieg hatte er jedenfalls echt genug, er mochte sich auch im Fernsehen keine Kriegsfilme anschauen.
Veröffentlicht von: @groffinDie Familie meiner Oma wurde enteignet und musste mit 4 kleinen Kindern flüchten und sich eine neue Existenz aufbauen. Sie erzählte noch, wie sie unterwegs in einem Hof Unterschlupf fand und am Abend die Tschechen kamen und alle Männer erschossen.
Meine Großeltern mußten auch aus der Ukraine fliehen.
Von meiner Großtante - der Schwester meines Opas - weiß ich, daß ihr erster Mann - wie sie ein sog. Volksdeutscher - von den Sowjets erschossen wurde und ihr zweiter Mann - ein Ukrainer - von den Deutschen. Einer davon, ich weiß nicht mehr welcher, sogar vor ihren Augen.
Kategorien
Ja, denke auch, dass man - bspw. als Historiker - diese Gegenüberstellungen und Analysen machen kann und muss (um die Menschen und die Menschheitsgeschichte besser zu verstehen).
Die Ergebnisse solcher Betrachtungen sollten aber nicht zu Folge, dass Kategorien durchmischt werden.
Denn ein Polizeirevier mag durchaus Recht haben, dass die Ermordung des Nachbars auf die Stadt bezogen, ein fast normales Ereignis ist, da in dieser Stadt ca. 10 bis 20 Morde im Jahr geschehen.
Diese Erkenntnis aus einer statistischen Analyse mag durchaus seine Berechtigung für ein Polizeirevier haben,
allerding ist denke ich nicht, dass sich eine solche Erkenntnis eignet (außerhalb einer Analyseaufgabe) etwas zu relativieren.
Veröffentlicht von: @lombard3Die Ergebnisse solcher Betrachtungen sollten aber nicht zu Folge, dass Kategorien durchmischt werden.
Das kommt sicher auf die Kategorien an 😉
Aber am Ende müssen Täter eben Täter und Opfer sollen Opfer bleiben. Allerdings finde ich, dass das manchmal so aussieht, als wollte man unbedingt "Platz 1 der fiesesten Genozide" behalten, und die Verteidigung dieses Platz 1 macht es doch auch schwierig über Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu sprechen.
Veröffentlicht von: @littlebatDas kommt sicher auf die Kategorien an 😉
Sicherlich und ich weiß auch nicht, ob mein Ausdruck "Kategorien" es so gut beschreibt.
Ich meinte lediglich, was statisch / mathematisch "normal" ist, ist noch lange nicht moralisch / ethisch "normal".
Veröffentlicht von: @littlebatAllerdings finde ich diesen medialen Aufschrei ein wenig... befremdlich.
Bis jetzt habe ich noch keinen "medialen Aufschrei" mitbekommen. Kann aber auch an mir liegen.
Ist der ähnlich laut wie bei Gaulands "Vogelschiss"?
Veröffentlicht von: @julia46Ist der ähnlich laut wie bei Gaulands "Vogelschiss"?
Nein.
Das wird v.a. daran liegen, daß der Name Roger Hallam relativ wenig Leuten ein Begriff ist.
Der nächste Grund ist sicher auch der, daß Roger Hallam und Extinction Rebellion keine deutsche Partei bilden, die im Bundestag und diversen Landtagen vertreten ist.
Veröffentlicht von: @aleschaDer nächste Grund ist sicher auch der, daß Roger Hallam und Extinction Rebellion keine deutsche Partei bilden, die im Bundestag und diversen Landtagen vertreten ist.
Diese Organisation hat aber viele Anhänger, die ihnen regelmäßig auf die Straße folgen und zweifelhafte "Aktionen" durchführen (z. B.):
Über diese Aktionen kann man sicher diskutieren, ich finde da auch nicht alles o.k. und sehe auch manche Aussagen Hallams kritisch.
Trotzdem ist es ein wesentlicher Unterschied, ob Hallam das sagt oder Gauland oder sonst ein deutscher Politiker.
Die deutsche Sektion von Extinction Rebellion distanziert sich übrigens von Hallam:
Auf Twitter und in einer Pressemitteilung bezeichneten die Aktivisten die Aussagen des Briten als "verharmlosend und relativierend". Weiter heißt es: "Seine Aussage ist in Diktion wie Inhalt für XR Deutschland nicht tragbar, er ist kein Sprecher für XR Deutschland und hat sich in keiner Weise mit uns abgesprochen. Dies gilt ebenso für Hallams Aussagen zur Demokratie, zu Sexismus und Rassismus."
Wann sagt die AfD entsprechendes über Gaulands Vogelschiß? Oder über diverse Aussagen Höckes?
Allerdings ist Hallams nicht irgendjemand der XR Bewegung, sondern gehört zu den Gründungsvätern. Da ist es zu einfach zu sagen er ist nicht der Sprecher bei uns in Deutschland.
Gauland ist Gründungsmitglied der gegen den Euro gerichteten Wahlalternative 2013 und der daraus hervorgegangenen Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD).
https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Gauland
Außerdem ist er Bundessprecher.
Also erst recht nicht irgendjemand in der AfD.
Wenn sich nun eine Sektion von den Aussagen des Gründungsmitglieds distanziert, wäre das vielleicht vergleichbar mit einer Distanzierung eines Landesverbandes der AfD von den Aussagen Gaulands.
Sowas gab es m.W. nicht.
Allenfalls eine kleine Gruppierung innerhalb der AfD hat sich distanziert.
Die "Alternative Mitte" schreibt, sie entschuldige sich "öffentlich bei allen Opfern des Naziregimes sowie deren Familien für die als unglaubliche Bagatellisierung der Nazizeit empfundene Äußerung unseres Parteivorsitzenden". Und sie bittet Gauland, sich zu entschuldigen. Vorher schon schrieb der AfD-Bundestagsabgeordnete Uwe Witt auf Facebook: "Der größte Massenmörder Deutschlands, Hitler, ist beileibe kein Vogelschiss!"
https://www.sueddeutsche.de/politik/afd-gauland-vogelschiss-1.4001211
Hast Du schonmal von der Alternativen Mitte gehört? Ich nicht. In der AfD dominiert eher Höcke, der eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad fordert, mit seinem Flügel, den der Verfassungsschutz als "immer extremistischer" einstuft. Da dominiert ein Gauland, der Höcke in der Mitte der AfD verortet. Da möchte man gar nicht wissen, was bei denen "rechts" ist.
Zwischen Höcke und Gauland, sehe ich immernoch einen Unterschied.
Beide provozieren sagen etwas, was unterschiedlich gemeint sein kann und leben davon dass die scimmste Deutung ihnen angehängt wird. Ich habe die AfD seit 2015 (Trennung von Lucke und Henkel) immer kritisch gesehen. Die Geister die ich rief, werde ich nicht mehr los. Wenn ich auf die Grünen schaue. In der Entwicklung gab es Phasen, da war die Partei ebenfalls gefährlich. Das ist bis heute nicht überwunden.
Ich finde da macht es sich XP zu einfach. Sie kritisieren und distanzieren sich von ihrem Gründungsvater, und dann ist alles gut.
Bei der AfD nehme ich mal Gedeon als Beispiel. Da braucht man nicht viel zu deuten, um auf den Antisemitismus zu stoßen. Was hat die AfD in BaWü gemacht. Sie hat sich von Gedeon distanziert. Nein nicht nur distanziert, sondern die Fraktion wurde formal gespalten und von Gedeon distanziert
Desweiteren läuft ein Parteiausschlussverfahren.
Das ist eine klare Kante. Mehr als nur eine kurze Kritik und jetzt ist aber gut. ...
Veröffentlicht von: @orangsayaZwischen Höcke und Gauland, sehe ich immernoch einen Unterschied.
Der besteht hoffentlich.
Veröffentlicht von: @orangsayaIn der Entwicklung gab es Phasen, da war die Partei ebenfalls gefährlich. Das ist bis heute nicht überwunden.
Wo, meinst Du, sind die Grünen heute noch gefährlich?
Veröffentlicht von: @orangsayaWas hat die AfD in BaWü gemacht. Sie hat sich von Gedeon distanziert. Nein nicht nur distanziert, sondern die Fraktion wurde formal gespalten und von Gedeon distanziert
Desweiteren läuft ein Parteiausschlussverfahren.
Das ist eine klare Kante. Mehr als nur eine kurze Kritik und jetzt ist aber gut. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Gedeon#Verbleib_in_der_AfD
Die Spaltung war bereits 2016 wieder beendet.
Gedeon und die AfD machten weiter gemeinsame Sache:
Trotz der herbeigeführten Fraktionslosigkeit von Wolfgang Gedeon wurde die Zusammenarbeit mit seinen ehemaligen AfD-Fraktionskollegen fortgesetzt. So stellte Gedeon gemeinsam mit vier AfD-Landtagsabgeordneten drei Anträge zum Bundesparteitag im Dezember 2017.[44] Ferner wurde er am 21. November 2017 von der Landtagsfraktion in deren Arbeitskreis Europa aufgenommen
(Klick), und im Oktober scheiterte das Parteiausschlußverfahren.
Das nennst Du "klare Kante"?
Für mich sieht eine klare Kante anders aus.
Ist der ähnlich laut wie bei Gaulands "Vogelschiss
Das weiß ich nicht. Ich denke, dass der Satz wohl überdacht war. Er wusste, dass gerade bei ihm ein Aufschrei kommen wird. Er brauchte nicht genau sagen, was er meint, denn die schlimmsten Interpretationen erledigen die Anderen. Er war mit dem Satz in den Medien und zwar sehr nachhaltig. Das war sein Ziel.
Ich denke mit dem Satz spricht er viele an. Einmal die Antisemiten. Besonders die, die glauben die Juden würden die Welt geiseln.
Aber er berührt viele Menschen, die Schuldgefühle haben. Einmal die, die Schuld für richtig halten und die, die sich nicht schuldig fühlen, die eine Schuld von außen aufgezwungen zu bekommen, usw. Ich sage mal , da hat Gauland die Mitte, oder besser die Masse der Gesellschaft angesprochen. Ein Maß für die Aufarbeitung haben wir bis heute nicht gefunden. Zumal dieser Mord in der Masse kaum möglich ist sich vorzustellen. Es bleibt da was surreales, weil der Kopf diese Masse nicht mit keinem Bild, mit keinem Zahlenwerk in so einem Ausmaß mit dem Verstand erfassbar ist.
Veröffentlicht von: @julia46Bis jetzt habe ich noch keinen "medialen Aufschrei" mitbekommen.
Dann lies halt mal den Artikel und schau dir den kollektiven Ruf innerhalb der sozialen Medien an.
Veröffentlicht von: @julia46Ist der ähnlich laut wie bei Gaulands "Vogelschiss"?
Ich würde spontan sagen, dass das sehr unterschiedliche Menschen sind (von ihrer Bedeutung z.B. für die deutsche Gesellschaft) und auch sehr unterschiedliche Aussagen.
"Gerede"
Finde eigentlich gut, was Armin Laschet schreibt:
"Dieses den Holocaust relativierende Gerede des Mitgründer der Umweltbewegung „Extinction Rebellion“ ist inakzeptabel. Warum dieses antisemitische und rechtsradikale Framing, wenn es doch angeblich um Klimaschutz geht?"
Und eine Anmerkung von mir:
Ich kann auch sagen, dass es fast ein normales Ereignis ist, dass in Mexiko in Gegenden wo Drogenkartelle herrschen, tagtäglich Menschen ermordet und hingerichtet werden.
Und selbst wenn ich dumm-wissenschaftlich sogar Recht hätte: Wen kümmert's?
Nachtrag vom 21.11.2019 0937
PS: Wen sollte mein Gerede kümmern?
Veröffentlicht von: @lombard3Ich kann auch sagen, dass es fast ein normales Ereignis ist, dass in Mexiko in Gegenden wo Drogenkartelle herrschen, tagtäglich Menschen ermordet und hingerichtet werden.
Ja, aber das sagt nicht aus, wie Du dazu stehst?
Wie ich in meinem anderen Beitrag geschrieben habe, es kann doch auf zweierlei gesagt werden?
Entweder "normal" im Sinne von Verharmlosen, oder "normal" im Sinne von "leider dort üblich".
LG
Karibu
Veröffentlicht von: @karibu20Entweder "normal" im Sinne von Verharmlosen, oder "normal" im Sinne von "leider dort üblich".
Richtig. Das hatte ich in einem anderen Beitrag ähnlich gemeint mit Kategorien.
Es sollte unmissverständlich sein, sich aus einer eventuellen historischen oder statistisch / mathischen "Normalität" nicht eine moralische "Normalität" oder Unbedeutsamkeit ergibt.
Jemand, der ein Interview gibt oder sich öffentlich äußert sollte sich aus meiner Sicht bewusst sein, dass nicht alle Leser oder Hörer unterscheiden können, wie es gemeint ist.
Insofern sehe ich seine Aussage als "Gerede".
Ich kann auch sagen, dass es fast ein normales Ereignis ist, dass in Mexiko in Gegenden wo Drogenkartelle herrschen, tagtäglich Menschen ermordet und hingerichtet werden.
Ich denke, diese kriminellen Handlungen kann man nur schwer vergleichen. Die Stadt Mexiko steht auf einem Grund, auf der schon mal eine große Stadt, einer hohen Kultur stand. Das Volk gibt es praktisch nicht mehr. Vielleicht kann man das ein bißchen vergleichen.
Veröffentlicht von: @orangsayaIch denke, diese kriminellen Handlungen kann man nur schwer vergleichen.
Das stimmt.
Hoffentlich kam es bei meinem Vergleich aber so rüber (denn nicht ein Vergleich mit kriminellen Handlungen und dem Holocaust war gemeint), dass ich meinte, dass es eben
- statisch, mathematische, historische Aussagen gibt
- moralische
und nur in diesen Kategorien wollte ich vergleichen.
Das heißt, obwohl es "statistisch normal" für einen mexikanischen Polizisten ist, dass in seiner Stadt bspw. 10 Menschen pro Tag umgebracht werden, ist das noch lange nicht in Kategorien wie "in Ordnung" oder moralisch "normal".
Der verlinkten Seite kann ich nicht entnehmen, in welchem Zusammenhang und Tonfall er das gesagt hat.
Denn es gibt doch zwei Motive, das so zu sagen:
1. Verharmlosung "ach, passiert doch ständig, ...."
2. "Gewalt ist da an der Tagesordnung und normal für diese Gegend".
Das Zweite verharmlost Gewalt aber in keiner Weise. es sagt nur etwas über die Menschen dort aus.
Und in diesem Sinne hat er leider Recht, Völkermord hat es in der Menschheitsgeschichte leider immer wieder gegeben und das auch im großen Ausmaße, da könnte ich allein nun schon 3-4 Beispiele "aus dem Stehgreif" nennen. Aber die Juden werden bis heute nicht geduldet sondern verfolgt, siehe Palästina und auch Andere.
Damit will ich in keinster Weise diese furchtbaren Vorgänge des Holocaust am Volk Gottes kleiner machen oder gar verharmlosen.
Nein, die verlinkte Aussage zitiert "erstmal nur" einen Hinweis darauf, dass es wie gesagt leider in der Geschichte der Menschheit oft solche schrecklichen Völkermorde gab (und gibt).
Aber auch die Juden wurden nicht zum ersten Mal versucht ausgerottet zu werden zur Zeit des Holocaust, zumindest stark unterdrückt btw. unterjocht zu werden geschah schon früher in Israel regelmäßig, da kamen oft neue Besetzer.
Türken, Römer, ......
Kreuzigen war eine ganz schreckliche Hinrichtungsmethode, und sie geschah viel zu schnell und oft.
"Im Römischen Reich wurden vor allem Nichtrömer und entlaufene oder aufständische Sklaven am Kreuz (arbor crucis) gekreuzigt, zum Beispiel tausende Anhänger des Spartacus und Jesus von Nazaret.
Nach der konstantinischen Wende (313) wurde die Kreuzigung in Europa durch andere Hinrichtungsmethoden ersetzt. In einigen vom Islam geprägten Staaten ist sie bis heute als Strafe im Gesetz verankert.er in das Land."
Das wie gesagt verharmlost den schrecklichen Holocaust in keiner Weise (meinerseits), es "rückt" bzw. stellt ihn "nur" in einen geschichtlichen Zusammenhang.
Die Aussage an und für sich stimmt als so wie sie getroffen wurde, der Zusammenhang in dem es geschah (abwertend?) und die Person die es sagte mögen da eine entscheidene Rolle spielen, die ich nicht weiß.
Liebe Grüße
Karibu
Roger Hallam stellt, wie du schon schreibst. den Holocaust in die historische Kette der Genozide ein. "Genozide sind in den vergangenen 500 Jahren immer wieder geschehen". Als Beispiel erwähnt er die Belgier im späten 19. Jahrhundert im Kongo. Was die Besonderheit des Holocausts angeht, als staatlich organisierter, systematischer und möglichst endgültiger Vernichtungsversuch der europäischen Juden, so bestreitet er die Einzigartigkeit: "Ich weiß, dass es diese Überzeugung in Deutschland gibt. Aber ich stimme da nicht zu, bei allem Respekt. - For me it's just another fuckery in human history" (Für mich ist es nur ein weiterer Scheiß in der menschlichen Geschichte).
Das ist in der Tat starker Tobak.
Kolonialismus und Sklavenhandel in Afrika; Ausrottung der Indianer
Mir scheint, als hätte der Brite irgendwie die Deutschen "in Schutz" nehmen wollen. Ob das angemessen ist, kann man sich streiten.
Ich meine, dass so schreckliche Vorgänge wie die Massentötungen im 2. Weltkrieg niemals verharmlost werden dürfen.
Allerdings - gerade die Briten finden es oft unglaublich lustig, eine Person, von der sie wissen, dass sie Deutsche ist, mit dem Hitlergruß zu begrüßen... Mir ist es auch in Frankreich oft passiert.
Und da kann man dann schon sagen: Vielleicht sollten sich gerade Großbritannien, Frankreich, aber auch alle anderen Länder, die Kolonien weltweit besetzt hatten, mal fragen, was eigentlich ihr Anteil an dem unendlichen Leid dort und an den unfassbar vielen Toten dabei ist. Auswirkungen Richtung "failed states" und Gewalt hat die Kolonialpolitik des 15. bis 20. Jhdts. ja noch bis heute.
Man verstehe mich bitte nicht falsch: Ich möchte nicht ein furchtbares Geschehen gegen das andere aufrechnen. Jeder dieser Vorgänge war entsetzlich und unmenschlich.
Deswegen sollte man aber von anderen Menschheitsverbrechen nicht schweigen.
Ich vermute, dass er etwas in diese Richtung sagen wollte.
Allerdings, wenn man sich zu solchen Themen äußert, wäre es vielleicht doch angebracht, seine Worte weit sorgfältiger zu wählen. Hoffe, er lernt das aus dem anhaltenden Shitstorm.
Ich tippe, darauf dass er die deutschen Empfindlickeiten falsch eingeschätzt hat. Die Briten haben einen völlig anderen Umgang mit der Geschichte. Sie sind die Sieger und Deutschland war der Feind. Sie sind dabei noch die Befreier. Mit einigen Dingen gehen sie unbefangen um. Stell dir vor in Deutschland gäbe es ein KZ als Freizeitanlge, wie es eine Sauna gibt. In GB gibt es das. In Deutschland ist das undenkbar.
Die Aufarbeitung in GB ist auch eine andere. Teilweise eine andere und mit einem Generationekonflikt belastet. Die Jugend wirft der älteren Generation vor, ihr sagt, ihr habt die Nazis bekämpft, ihr seid aber auch nicht besser, oder anders. Dann kommt eine Liste der Unzufriedenheiten und Kritik. Das wird gerne von der jüngeren Generation hoch gehalten und insbesondere gerne von politischen Aktivisten.
Mir scheint, als hätte der Brite irgendwie die Deutschen "in Schutz" nehmen wollen. Ob das angemessen ist, kann man sich streiten.
Ich habe es zuerst im Radio gehört. Ich habe spontan an Pete Doherty gedacht. Das ist ein britischer Sänger, der auf der Bühne nett sein wollte. Auf einem Konzert in Deutschland sang er die Nationalhymne. "Deutschland, Deutschland über alles. Er schaute dumm, denn das Publikum hat ihn ausgepfiffen. Er gehört zu den Vertretern, die wohl ungewollt den Nationalsozialismus relativiert. Den Generationen vor ihm, wirft er vor. Das sie sagen, die hätten die Nazis besiegt, aber sie sind nicht besser. Na ja, dass ist ein innerer Konflikt, der nicht selten zwischen links und rechts besteht. Da muss ich als Deutscher kein Schulmeister sein . Ich halte es für möglich, daß er entlasten wollte, aber auch, dass er so relativierend tatsächlich denkt