Doku: Warum Kinder keine Tyrannen sind
Mir sind schon seit ein paar Tagen Zeitungsberichte mit Kritiken an den Therapiemethoden von Hrn. Winterhoff aufgefallen.
Heute habe ich die Doku dazu gesehen:
https://www.ardmediathek.de/video/reportage-und-dokumentation/warum-kinder-keine-tyrannen-sind/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3JlcG9ydGFnZSBfIGRva3VtZW50YXRpb24gaW0gZXJzdGVuL2Q1ZWQ2NTAwLWFkYmItNDJlMC04NmVmLTNlYTExOTAzNDZmZQ/
Ich bin erstaunt, wie wenig Wellen diese Reportage bislang schlägt.
Der Tagesspiegel berichtet knapp darüber - und die Kommentare bezweifeln eher die Aufrichtigkeit der Doku, weil man von einem öffentlich-rechtlichen Sender nichts Seriöses erwarten dürfe.
Der dort zitierte Arzt Renz-Polster setzt sich auf seiner Homepage ausführlich, aber auch sehr emotional mit der Sendung auseinander: https://www.kinder-verstehen.de/mein-werk/blog/das-system-winterhoff-ist-kollabiert-und-das-system-dahinter/
Was mich besonders erschreckt ist, dass sowohl dort als auch auf Twitter noch mehr Patienten von ähnlichen Szenarien berichten.
Ich komme aus einem Pädagogenhaushalt. Natürlich stehen Winterhoffs Werke in den Regalen. Die von Renz-Polster jedoch auch.
Ich fand an beiden immer ihr Sendungsbewusstsein seltsam.
Aber wenn auch nur annähernd stimmt, was der WDR recherchiert hat, dann finde ich vor allem, dass auch das "System Jugendhilfe" dringend auf den Prüfstand gehört.
Gibt es weitere Meinungen zu diesem Fall?
Ab mir jetzt das gesamte Video angesehen - das ist heftig, was da recherchiert wurde!
Veröffentlicht von: @blondschopf10000Aber wenn auch nur annähernd stimmt, was der WDR recherchiert hat, dann finde ich vor allem, dass auch das "System Jugendhilfe" dringend auf den Prüfstand gehört.
Nein. Nicht das System Jugendhilfe ist das Problem, sondern dieser Kinderpsychiater. Dass es Einrichtungen gab, die darauf hereingefallen sind, ist tragisch. Sicher kann man da auch hinterfragen, welche Strukturen das möglich gemacht haben. Aber ich glaube nicht, dass das ganze System Jugendhilfe das Problem ist.
Hoffentlich kann man diesem Mann jetzt bald das Handwerk legen - bzw. genau untersuchen, ob das, was da recherchiert wurde, so stimmt und ob er in großem Maßstab ärztliche Kunstfehler begangen hat.
Gruß, Tineli
Veröffentlicht von: @tineliAb mir jetzt das gesamte Video angesehen - das ist heftig, was da recherchiert wurde!
Absolut!
Veröffentlicht von: @tineliNein. Nicht das System Jugendhilfe ist das Problem, sondern dieser Kinderpsychiater. Dass es Einrichtungen gab, die darauf hereingefallen sind, ist tragisch.
Mmh. "System Jugendhilfe" war vielleicht nicht ganz treffend formuliert. Aber es scheint mir dann doch nicht nur tragische Einzelfälle durch diesen einen "Arzt" zu sein, sondern ein systematisches Problem dahinter zu stecken. Mir berichten mehrere Fachkräfte, dass sowohl in der Jugendhilfe als auch bei den entsprechenden Gerichten kaum Ressourcen und entsprechend auch nicht die Bereitschaft besteht, eine ärztliche Meinung zu hinterfragen, bzw. eine Zweitmeinung einholen zu lassen (auch ganz unabhängig von diesem konkreten Fall in Bonn).
Dass es Verbesserungen bedarf, das ist ok. Aber so wie du es formuliert hast, hatte ich den Eindruck, dass du die Jugendhilfe komplett umkrempeln willst.
Aber Personalmangel ist ja an vielen Stellen ein Problem, und wenn man zu viel Arbeit hat, dann ist alles, was noch mehr Arbeit macht, einfach zu viel.
Ich muss leider sagen, dass viele Jugendämter die ähnliche Einstellung haben, wie Herr Winterhoff. Ob sie auf den gehört haben oder auf ähnlich gestrickte „Fachleute“ weiß ich nicht. Tatsache ist aber, dass leider zu viele JAs zu schnell und überheblich reagieren und viele Familien kaum eine Chance haben dagegen anzugehen.
Wenn ein Jugendamt sagt, „da besteht Kindeswohlgefärdung…“! Dann hast du schlechte Karten. Wenn dann noch so ein Psychiater um die Ecke kommt, der sie unterstützt, sieht es schlecht aus.
Leider mussten wir in den letzten Jahren so viel schlimmes erleben, nicht nur bei uns selber, sondern auch bei vielen anderen Familien, dass ich nicht einfach so noch daran glaube, dass es jedes Jugendamt bzw. jeder Mitarbeiter dort wirklich gut meint.
Oft geht es einfach ums Geld.
Die Jugendämter haben zu viel Macht. Keiner, der ihnen mal sagen kann, so geht es nicht. Kaum jemanden, der denen nicht glaubt…
So habe ich auch lange gedacht,- die sind doch für das Wohl der Kinder… . Leider kann ich dies nicht uneingeschränkt noch so sehen.
Ja klar, gibt es auch tolle Leute und gute Beispiele, aber leider auch sehr schlimme und schlechte. Es ist leider nicht mehr so, dass die „Fachleute“ es alle gut meinen und gut machen. Das gleiche gilt auch für Psychiater…
Das bezweifele ich alles nicht. Schlechte Menschen, schwarze Schafe gibt es überall. Und wo sie eine gewisse Machtstellung haben, endet das oft nicht gut.
Andererseits verhindern Jugendämter auch so manches Leid, weil sie die Kinder aus kaputten Familien holen. Ohne geht es auch nicht.
Die Frage ist: Wenn ich das "System Jugendhilfe" pauschal anzweifle, dann müsste man sagen, was genau an dem System selbst schlecht ist und wo es verbessert werden kann. Wenn es einzelne schwarze Schafe sind, dann ist nicht das System schlecht, sondern eben diese einzelnen Menschen. Es wird kein System geben, bei dem es nicht auch solche schwarzen Schafe schaffen, unnötiges Leid anzurichten.
Daher die Frage: Wer das System Jugendhilfe in Frage stellt, sollte sagen, wo das System an sich Ursache für Probleme oder Leid ist und wie diese abgestellt werden können.
Gruß, Tineli
Den Namen Winterhoff kannte ich bisher noch nicht; offenbar schaue ich doch nicht ausreichend Talkshows an.
Was erschreckt dich denn zu Winterhoff?
Veröffentlicht von: @johnnydWas erschreckt dich denn zu Winterhoff?
Ich denke nach einem kurzen Blick in die Doku oder einen Bericht darüber dürften da keine Fragen mehr offen sein.
Es gibt viel Erschreckendes in der Doku, daher frage ich.
Letztlich die Kumulation der recherchierten Dinge:
- ein zertifizierter Psychiater, der Diagnosen stellt, die in der Fachwelt sonst nicht existieren
- Untersuchungen an Kindern ohne Anwesenheit der Erziehungsberechtigten
- Kinderpflegeeinrichtungen, die ihre gesamten Bewohner zu einem einzigen Psychiater karren und alle mit der gleichen Therapie nach Hause gehen
- Jugendämter und -gerichte, die unhinterfragt solchen Diagnosen vertrauen
- die grundsätzliche Haltung, dass Kinder so lange therapiert (incl. Psychopharmaka) werden müssen, bis sie sich einfach widersetzen
- dass eine solche Person bis zum heutigen Tag als Redner in ganz unterschiedlichen Fachkontexten (Erzieher, Lehrer, Jugendhilfe usw) gebucht wird und damit seine singulären Diagnose(methoden) zigfach als unhinterfragbar an entscheidenden Stellen implementieren kann
usw usf. Eigentlich gab es nichts, was mich nicht entsetzte
Veröffentlicht von: @blondschopf10000Ich bin erstaunt, wie wenig Wellen diese Reportage bislang schlägt.
vielleicht liegt es daran, dass es diverse Skandale dieser Größenordnung gibt. Wir begreifen uns nicht mehr wirklich als Gesellschaft. Schließlich wird ja oft Gewaltopfern nicht mal mit einem anonymen Anruf geholfen. Es wird unverhältnismäßig oft denen, die in ein Leid geraten sind, die Schuld zugeschoben, gerade dann, wenn es undurchsichtig ist.
So ist eloquentes öffentliches Auftreten auf der einen Seite und Machtausübung (z. B. Der Vorwurf Kindeswohlgefährdung) auf der anderen Seite sind zu Instrumenten geworden, ein gut händelbares, einfaches Bild zu ergeben. Ich kenne mehrere Verwaltungsmitarbeiter, die in sozialen Bereichen zu immer schnelleren Entscheidungen gedrängt wurden und darüber in Unzufriedenheit oder Burnout kamen oder vorher schon gewechselt haben. Sie konnten wegen dem Druck einfach nicht verantwortlich handeln. Die Stellen werden mit Leuten besetzt, die es nicht so schwer nehmen.
Ich kann das System nicht ändern, aber achte jeden, der sich sowas zutraut. Mir ist sowas immer eine neue Motivation, in meiner Umgebung nicht oberflächlich zu sein und mich so zu verhalten, dass die Leute wissen, ich bin für sie da.
das sind sehr treffend formulierte Gedanken! Ich stimme absolut zu.
Oh danke, ich war schon unsicher, ob es zu negativ ankommt.