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Nächstenliebe - hört sie wo auf?

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Anonymous
 Anonymous
Beiträge : 0

Hallo zusammen

Hierhin passt mein Thema vielleicht am ehesten.
Anonym aufgrund der Situation.

Seit nunmehr mehreren Jahren laden wir regelmässig Peter* ein und zwar seit er geschieden ist bzw. vor der Scheidung aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen ist. *(Peter heisst im RL natürlich anders.)
Peter hat seit jeher ein ungesundes Verhältnis zum Thema Frauen sowie zu Alkohol, auch sein Selbstbild und -wert sind ausgesprochen miserabel. Das spiegelt sich in seinem Verhalten und seiner Sprache wieder.

Mein Mann und ich kennen Peter schon lange aus der Gemeinde, wo wir aber seit einigen Jahren nicht mehr hingehen. Peter geht auch nicht mehr hin. Seine sozialen Kontakte sind massiv geschrumpft und beschränken sich mittlerweile praktisch nur noch auf uns. Mit Arbeitskollegen hat er nur soviel zu tun, wie unbedingt für die Arbeit nötig ist. Der Hauskreis, in den er noch ging, ist seit der "Corona-Zeit" passé.

Wir laden Peter zu uns ein, um ihm ein Mindestmass an sozialem Kontakt zu ermöglichen, und einmal pro Woche ein anständiges Essen, sonst verwahrlost er komplett. Man könnte auch sagen, wir tun dies aus christlicher Nächstenliebe.
Zu diesem i.d.R. wöchentlichen Nachtessen kommt zudem ein weiterer befreundeter Kollege aus dieser ehemaligen Gemeinde. Wir kennen uns alle schon über 20 Jahre oder mehr.

So, nun sitzen wir also jeweils da, drei Männer und ich, kochen zusammen, essen zusammen - und reden zusammen. Und hier ist mein "Problem".
Peter scheint nicht imstande zu sein, über Dinge einfach "normal" zu reden. Seine Sprache ist durch und durch sexualisiert. Sexistische, Frauen verachtende, demütigende oder rassistische Aussagen sind an der Tagesordnung. Mittlerweile zumindest. Und das stört mich massiv.

Diese Grundhaltung muss er "schon immer" gehabt haben, und als ich ihn noch nicht so lange kannte, damals noch in der Gemeinde, bin ich ihm deswegen an den Karren gefahren, was ihm aber wohl imponiert hat, dass eine Frau ihm Paroli bietet. Da ich in manchen Belangen nicht "typisch Frau" bin, gibt es auch Momente, in denen Peter mich nahezu vergöttert. Nun ja, sei's drum.
Ich konfrontierte ihn immer mal wieder mit seiner sexistischen, rassistischen, entwürdigenden Sprache. Dann entschuldigte er sich bei mir, bemühte er sich eine Zeit lang, bis es nach und nach immer wieder mehr wurde. Ich konfrontiere Peter eigentlich permanent, seit er zu uns kommt, mal dezenter, mal auch sehr klar und direkt, auch schon mal heftig.
Doch über alles gesehen ändert sich nichts.
Und ich hab so langsam die Nase voll.

Mein Mann sieht das grundsätzlich auch so, geht aber gelassener damit um, wie er sagt. Der dritte ist auch nicht der, der da als "Ritter der Stunde" auftreten würde - er kennt Peter noch viel länger als ich und sagt, so sei Peter schon immer gewesen und würde es auch bleiben.

Mein Mann und ich laden Peter wie gesagt ganz bewusst ein. Die Chance, dass er sonst komplett verwahrlost, ist riesig. So können wir ihm immerhin ein gewisses Mass an sozialer Integration oder dergleichen oder auch mal ein paar Impulse geben.

Und doch ertappe ich mich immer häufiger bei der Frage, wo christliche Nächstenliebe aufhört.
Hört sie irgendwo auf?

Danke für eure Gedanken dazu.
Lg, Anonyma

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27 Antworten
Suzanne62
Beiträge : 7672
Veröffentlicht von: @anonyma-2fe80f43d

Peter scheint nicht imstande zu sein, über Dinge einfach "normal" zu reden. Seine Sprache ist durch und durch sexualisiert. Sexistische, Frauen verachtende, demütigende oder rassistische Aussagen sind an der Tagesordnung. Mittlerweile zumindest. Und das stört mich massiv.

Das würde ich mir in meiner Freizeit und in meinem eigenen Zuhause nicht antun.
Soll Peter doch seine Freizeit mit seinesgleichen verbringen.
Ich sehe das durchaus auch aus seiner Sicht: wenn mich jemand zu sich nach Hause einlädt, dann hoffe ich dass er das tut, weil er mich sympathisch findet und nicht, weil er das für seine Christenpflicht hält.
Menschen möchten gemocht und nicht nur ertragen werden.

Veröffentlicht von: @anonyma-2fe80f43d

ich hab so langsam die Nase voll.

Wenn Bekannte das über mich sagen sollten, dann hoffe ich, dass sie mich nicht mehr einladen.
Und ich lade definitiv niemanden ein, über den ich so denke. Da fehlt ja jegliche Basis für ein erfreuliches Zusammensein.
Das Leben ist zu kurz um es mit Leuten, die man unsympathisch findet, zu verschwenden.

suzanne62 antworten


lhoovpee
Beiträge : 2788

Ich sehe hier zwei konträre Punkte.
a) Eure Sichtweise auf Peter
b) Peters Sichtweise auf dich

a)

Veröffentlicht von: @anonyma-2fe80f43d

Wir laden Peter zu uns ein, um ihm ein Mindestmass an sozialem Kontakt zu ermöglichen, und einmal pro Woche ein anständiges Essen, sonst verwahrlost er komplett

Das hört sie sehr nach einem verurteilenden Sichtweise an. Gab es in der Vergangenheit Probleme bei ihm aufgrund fehlender sozialer Kontakte? Oder ist dies eine Vermutung eurerseits, weil ihr seinen Lebensstil nicht mögt? Weiß er, dass ihr so über ihn denkt? Für mich hört sich das nicht nach einer Begegnung auf Augenhöhe an. Wenn ihr ihn als Opfer seht, das gerettet werden muss, sehe ich ein Ungleichgewicht, dass eurer Beziehung nicht gut tut.

b)

Veröffentlicht von: @anonyma-2fe80f43d

Und doch ertappe ich mich immer häufiger bei der Frage, wo christliche Nächstenliebe aufhört.
Hört sie irgendwo auf?

Nächstenliebe beinhaltet nicht, sich beleidigen zu lassen. Vielleicht sollten sich dein Mann und die weitere Person alleine mit Peter treffen.

Du bist Peter nichts verpflichtet. Nächstenliebe bringt nichts, wenn sie nicht angenommen wird und dir schadet.

lhoovpee antworten
1 Antwort
Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 1 Sekunde

Beiträge : 0
Veröffentlicht von: @lhoovpee

Das hört sie sehr nach einem verurteilenden Sichtweise an.

So kommt es anscheinend bei manchen rüber. Ich versuchte lediglich die Umstände kurz und knapp zu beschreiben. Deinen weiteren Vermutungen, die du schreibst, kann ich darum so nicht bestätigen.

Anonymous antworten
Tineli
 Tineli
Beiträge : 1380

Zum einen Hut ab für euren Einsatz! Über Jahre einen Menschen so zu begleiten, das kostet viel Kraft.
Zum anderen dürft ihr aber auch eure eigenen Kräfte realistisch beurteilen. Und ihr dürft auch Grenzen setzen. Und für mich stellt sich die Frage, ob es wirklich noch Nächstenliebe ist, Peter weiter zu helfen, wenn von seiner Seite kein Änderungswille da ist.
Die sexualisierte Sprache, die Verwahrlosung etc. deuten auf eine massive psychische Störung. Und was Peter wirklich braucht, wäre professionelle Hilfe. Aber vermutlich ist er nicht bereit, diese anzunehmen, oder?
Mein Vorschlag: Ihr setzt Peter eine klare Grenze: Er hört mit diesen sexistischen und rassistischen Sprüchen in eurer Gegenwart auf. Vielleicht könnt ihr ein gemeinsames Zeichen ausmachen, damit er lernt, wo die Grenze ist. Also immer wenn ihr z.B. "Stop, Grenze" sagt (oder was immer ihr vereinbart), hat er umgehend seine Rede zu stoppen. Ist ihm das nicht möglich oder nehmen diese Stopps zu sehr überhand, dann muss er an diesem Abend sofort eure Wohnung verlassen. Er kann ja beim nächsten Mal wiederkommen. Wenn auch das nicht auf Dauer mehr Ruhe in die Abende bringt, dann werdet ihr sie ganz beenden. Die Ansage sollte dann auch für Peter klar formuliert sein.
Des weiteren empfehle ich euch, Peter immer wieder darauf hinzuweisen, dass er Hilfe braucht. Sozial-psychiatrischer Dienst z.B.

Liebe Grüße
Tineli

tineli antworten
7 Antworten
tristesse
(@tristesse)
Beigetreten : Vor 2026 Jahren

Beiträge : 19045

Grün.

tristesse antworten
Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 2 Sekunden

Beiträge : 0
Veröffentlicht von: @tineli

Und für mich stellt sich die Frage, ob es wirklich noch Nächstenliebe ist, Peter weiter zu helfen, wenn von seiner Seite kein Änderungswille da ist.
Die sexualisierte Sprache, die Verwahrlosung etc. deuten auf eine massive psychische Störung. Und was Peter wirklich braucht, wäre professionelle Hilfe. Aber vermutlich ist er nicht bereit, diese anzunehmen, oder?

Es war gar nicht die Motivation, Peter zu helfen (in einem therapeutischen Sinne), sondern ihm eben einfach einen Ort zu bieten, wo er sein kann, Gemeinschaft haben kann. Wir scheinen die einzigen zu sein, die sich für ihn noch interessieren, obwohl auch er jahrelang in die Gemeinde gegangen ist und dort auch mitgewirkt hat.
Daher tun mir deine ersten paar Sätze in deinem Post grad sehr gut. 😢

Dass er für sein Suchtproblem, für seine Selbstwertproblematik, die Verwahrlosung etc. professionelle Hilfe braucht, ist uns klar. Ihm teilweise wohl auch. Wir (d.h. ich, die zwei anderen Herren überlassen dies gerne mir) können ihn ja nur dazu ermutigen, tun müsste er es selbst.

Dass er bzgl. seinem Suchtverhalten oder seinen Selbstwertproblematik keinen Änderungswillen zeigt, damit kann ich umgehen, denn es ist sein Leben. Womit ich eben Mühe habe, ist seine sexistische, rassisitisch, entwürdigende Sprache und dass er hierin keine Änderungsbereitschaft zeigt, obwohl ich ihm gegenüber das schon so viele Male geäussert habe, ihm auch sagte, was sowas mit mir persönlich macht.

Veröffentlicht von: @tineli

Mein Vorschlag: Ihr setzt Peter eine klare Grenze: Er hört mit diesen sexistischen und rassistischen Sprüchen in eurer Gegenwart auf.

Das hab ich schon unzählige Male getan. Bis anhin hat sich Peter daraufhin bei mir entschuldigt, sich im besten Fall auch schon mal bemüht, seine Sprüche zu unterlassen, um dann nach und nach wieder so zu reden, anfangs entschuldigend "ich muss das jetzt doch sagen, auch wenn es politisch nicht korrekt ist, aber diese......".
Fazit: im besten Fall "bemüht" sich Peter eine kurze Zeit lang, dann ist alles wieder hinfällig.

Veröffentlicht von: @tineli

hat er umgehend seine Rede zu stoppen. Ist ihm das nicht möglich oder nehmen diese Stopps zu sehr überhand, dann muss er an diesem Abend sofort eure Wohnung verlassen. Er kann ja beim nächsten Mal wiederkommen.

uff, dazu fehlte mir bislang die nötige "Härte". Vielleicht u.a. auch deshalb, weil das ja kein professionelles Setting ist, in dem ich mich auch professionell wieder abgrenzen kann. Und wie andernorts geschrieben, die anderen zwei Männer finden es zwar nicht toll und machen auch nicht mit, aber sie konfrontieren nicht. Daher wird es mein Part bleiben, ihm diese Grenzen zu setzen. Ich fühle mich ein bisschen alleine gelassen.

Veröffentlicht von: @tineli

Wenn auch das nicht auf Dauer mehr Ruhe in die Abende bringt, dann werdet ihr sie ganz beenden. Die Ansage sollte dann auch für Peter klar formuliert sein.

Hier bin ich womöglich langsam angekommen, genau das zu tun.

Danke dir für deine Worte!

Anonymous antworten
Tineli
 Tineli
(@tineli)
Beigetreten : Vor 2026 Jahren

Beiträge : 1380

Liebe Ano,

Ein paar Gedanken:

Veröffentlicht von: @anonyma-2fe80f43d

sondern ihm eben einfach einen Ort zu bieten, wo er sein kann, Gemeinschaft haben kann. Wir scheinen die einzigen zu sein, die sich für ihn noch interessieren, obwohl auch er jahrelang in die Gemeinde gegangen ist und dort auch mitgewirkt hat.

Im Prinzip ein ausgesprochen von Liebe geprägter Gedanke. Aber alles hat seine Grenze. Und wenn man die übergeht, wird Liebe zur Co-Abhängigkeit. Irgendwann stützt man mit diesem Verhalten das ungesunde Verhalten des anderen. Weil er ja noch Support hat, braucht er sich nicht verändern. Vielleicht muss sein Leidensdruck groß genug werden, dass er Hilfe zulässt. Aber primär geht es nicht darum, dass Peter Hilfe bekommt, sondern dass du deine eigenen Grenzen achtest.

Veröffentlicht von: @anonyma-2fe80f43d

Und wie andernorts geschrieben, die anderen zwei Männer finden es zwar nicht toll und machen auch nicht mit, aber sie konfrontieren nicht. Daher wird es mein Part bleiben, ihm diese Grenzen zu setzen. Ich fühle mich ein bisschen alleine gelassen.

Dann ist es an dir, diese deine Grenze zu setzen. Wenn es im Setting mit Peter nicht durchsetzbar ist, weil du von den beiden anderen da allein gelassen wirst, dann könntest du auch einfach sagen: "Mir wird das zu viel. Wenn ihr euch weiter mit ihm treffen wollt, dann könnt ihr das alleine tun." Dann müsstet ihr gemeinsam besprechen, in welchem Rahmen das möglich ist. Entweder die Herren suchen sich eine andere Räumlichkeit (Restaurant, bei dem anderen Mann, der in der Runde dabei ist), oder du ziehst dich für die Zeit des Besuchs zurück (falls das in eurer Wohnung gut möglich ist).

Alles Gute
Tineli

tineli antworten
Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 2 Sekunden

Beiträge : 0

Ich stimme dir völlig zu in dem, was du schreibst.
Meine Grenzen für mich definieren und setzen muss ich tun. Daraus ist (über die Zeit hinweg eben immer stärker) meine Frage entstanden, wo Nächstenliebe aufhört.

Dir auch alles Gute.

Anonymous antworten
Tineli
 Tineli
(@tineli)
Beigetreten : Vor 2026 Jahren

Beiträge : 1380

"... den Nächsten wie dich selbst" ist dabei ein guter Maßstab! Einen guten Ausgleich finden zwischen dem, was mein Nächster braucht, und dem, was ich an Kräften, Fähigkeiten, Möglichkeiten habe. Wenn diese Waage ungesund zu einer Seite neigt, dann hat man entweder Egoismus oder das Helfersyndrom oder Co-Abhängigkeit. Die Nächstenliebe hört nicht auf, aber sie hat eine Grenze in der Begrenztheit jedes einzelnen.

Andererseits: Wenn man ständig über seine Kräfte und seine Grenzen geht, dann hört die Nächstenliebe vielleicht wirklich auf. Dann bleibt irgendwann keine Kraft mehr dafür.

Gruß, Tineli

tineli antworten
Herbstrose
(@herbstrose)
Beigetreten : Vor 9 Jahren

Beiträge : 14194

Grenzen

uff, dazu fehlte mir bislang die nötige "Härte". Vielleicht u.a. auch deshalb, weil das ja kein professionelles Setting ist, in dem ich mich auch professionell wieder abgrenzen kann. Und wie andernorts geschrieben, die anderen zwei Männer finden es zwar nicht toll und machen auch nicht mit, aber sie konfrontieren nicht. Daher wird es mein Part bleiben, ihm diese Grenzen zu setzen. Ich fühle mich ein bisschen alleine gelassen.

Grenzen zu setzen bedeutet auch, diese durchzusetzen. So nach dem Motto: "Peter, du hast versprochen, dieses Vokabular in unserem Haus nicht mehr zu verwenden. Ich habe dich heute bereits mehrfach daran erinnert. Das jetzt ist mir zu viel. Bitte geh. Sofort."

Ich hab übrigens schon meinen Schwager rausgeschmissen, weil er gesetzte Grenzen mehrfach überschritten hat.

Wenn Peters Fehlverhalten keine Konsequenzen hat, wird es nie ändern.

herbstrose antworten
Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 2 Sekunden

Beiträge : 0
Veröffentlicht von: @herbstrose

Grenzen zu setzen bedeutet auch, diese durchzusetzen.

Veröffentlicht von: @herbstrose

Wenn Peters Fehlverhalten keine Konsequenzen hat, wird es nie ändern.

Du hast völlig recht.

Anonymous antworten


Anonymous
 Anonymous
Beiträge : 0

Nächstenliebe und gesunde Grenzen setzen
Danke für eure Antworten zu meinem Thema. Einiges hat mir durchaus geholfen meine Gedanken zu sortieren. Was an konstruktiven, hilfreichen Inputs kam, nehme ich gerne mit.

Hiermit möchte ich mich aus diesem Thread verabschieden.

lg, Anonyma

Anonymous antworten
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