Luther 1521 in Worm...
 
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Luther 1521 in Worms


andreas
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An diesem Wochenende jährt sich zum 500. Mal Luthers "Auftritt" auf dem Reichstag zu Worms, wo er die berühmten Worte "Hier stehe ich, ich kann nicht anders" - nie gesagt hat. Und wenn ich seine Argumentation recht verstehe, hat er sie auch nicht gedacht.

Ihm war freies Geleit zugesagt worden, und er hatte gehofft, dort seine Thesen diskutieren zu können, wurde aber nur vor die Frage gestellt, ob er widerrufe.
Luthers gesamte Antwort, original in Latein, ins Deutsche übersetzt, findet sich u.a. hier, der meist zitierte Schlussabschnitt lautet:

Wenn ich nicht mit Zeugnissen der Schrift oder mit offenbaren Vernunftgründen besiegt werde, so bleibe ich von den Schriftstellen besiegt, die ich angeführt habe, und mein Gewissen bleibt gefangen in Gottes Wort. Denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzilien allein, weil es offenkundig ist, daß sie öfters geirrt und sich selbst widersprochen haben. Widerrufen kann und will ich nichts, weil es weder sicher noch geraten (andere Übersetzung: heilsam) ist, etwas gegen sein Gewissen zu tun.
Gott helfe mir, Amen.

Für mich sind hier im Vergleich zu populärer Darstellung einige Dinge auffällig:

1. Luther wird oft als besonders frei auftretend gelobt, er bezeichnet sich selbst aber als "gefangen", nur eben in Gottes Wort.

2. Auch die "Gewissensfreiheit", für die er oft in Anspruch genommen wird, passt nicht recht, ist doch dezidiert sein Gewissen gefangen.

3. Ist er mutig? Davon steht hier nichts.

4. "Ich kann nicht anders"? Vielleicht konnte er nicht, aber ich finde es zwischen den Zeilen spürbar, dass er gern anders gewollt hätte: Wenn er halt Gegenargumente bekommen hätte. Vernünftige und auf der Schrift gegründete. Das hätte die Spaltung der Kirche, die er nie wollte, verhindern können.

5. Worauf geht die Rede, es sei weder sicher noch geraten, gegen sein Gewissen zu handeln, zurück? 1. Korinther 10? Oder spätere Entwicklungen?

Meine unsortierten Diskussionsfragen:

Worin ist Luther hier Vorbild, und worin vielleicht auch gar nicht?

Gilt das, was er übers Handeln gegens Gewissen sagt, auch, wenn das Gewissen nicht in Gottes Wort gefangen ist, sondern - ja was?

Gibt es eigentlich so etwas wie "Gewissensfreiheit"? Oder ist unser Gewissen nicht immer an irgendetwas rückgebunden?

Hätte Luther dann nicht auch anders herum das an die Tradition gebundene Gewissen seiner Gegner respektieren müssen?

Findet Ihr, dass ich ihn hier richtig deute?

Antwort
16 Antworten
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Gewissensfreiheit

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Worin ist Luther hier Vorbild,

In seiner Gradlinigkeit und Klarheit in dem, was er erkannt hat.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

worin vielleicht auch gar nicht?

Seine Kleidung.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Gilt das, was er übers Handeln gegens Gewissen sagt, auch, wenn das Gewissen nicht in Gottes Wort gefangen ist, sondern - ja was?

Worin sollte das Gewissen sonst gefangen sein? Auch wenn "das" nicht im Wort Gottes ist, müsste es sich zumindest an ihm messen lassen können.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Gibt es eigentlich so etwas wie "Gewissensfreiheit"? Oder ist unser Gewissen nicht immer an irgendetwas rückgebunden?

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es absolute Gewissensfreiheit gibt. Schließlich wird das Gewissen auch durch Erziehung, Prägung, unterschiedliche Menschen auf dem Lebensweg geprägt.

Aber andererseits würde ich Gewissensfreiheit als Schutz vor Ideologien bejahen.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Hätte Luther dann nicht auch anders herum das an die Tradition gebundene Gewissen seiner Gegner respektieren müssen?

Wenn sich die Tradition am Wort Gottes messen lässt, ja.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Findet Ihr, dass ich ihn hier richtig deute?

Wer will das objektiv beurteilen?
Ich für mich würde sagen: ich deute ihn aus meiner Sicht so oder so oder so.

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Beiträge : 18002
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

...wo er die berühmten Worte "Hier stehe ich, ich kann nicht anders" - nie gesagt hat.

Ist das schon gesichert? Meines Wissens nach sind die Worte nur schlechter überliefert und vermutlich nicht gesprochen worden. Allerdings vermute ich das auch, denn die Worte würden m.E. nicht so recht ins Ende passen, sondern sollen wohl eher seine seine Haltung in der ganzen Sache zusammenfassen.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Luther wird oft als besonders frei auftretend gelobt, er bezeichnet sich selbst aber als "gefangen", nur eben in Gottes Wort.

Luther hat sich eben ziemlich verwegen in die Gewalt des Wortes Gottes begeben. Mehr hatte er nicht mehr. Wem konnte er noch vertrauen? Konzile und die Lehrgewalt des Papstes hat er nicht mehr anerkannt. Konzile irrten und der Papst - oder besser die Renaissance-Fürsten, die sich anmaßten, die Kirche zu regieren und höchste weltliche Macht anstrebten - war der offenbare Antichrist.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Auch die "Gewissensfreiheit", für die er oft in Anspruch genommen wird, passt nicht recht, ist doch dezidiert sein Gewissen gefangen.

Jedes Gewissen ist ja "gefangen" in dem, was es bildet. Das Gewissen ist ja nicht das "von Natur aus Gute" in uns, sondern bedarf der Erziehung und Pflege: Gewissensbildung.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Ist er mutig? Davon steht hier nichts.

Es gibt den Ausspruch, daß er unbedingt nach Worms wolle, auch wenn dort so viele Teufel wären wie Ziegel auf den Dächern. Keine Ahnung, ob das gesichert ist. Aber daß er überhaupt dort hingegangen ist, finde ich überaus mutig. Wohlwissend, daß die Kirche Johannes Hus verbrannt hat trotz Zusicherung des freien Geleits. Wohlwissend, daß die Kirche Girolamo Savonarola verbrannt hat und gar keine Reformen wollte. Wäre ich dort hingegangen? Zu den mächtigsten Menschen der Welt oder ihrer Vertreter, von denen man wußte, daß vor diesen ein Menschenleben rein gar nichts gilt?

In seiner Schrift davor "An den christlichen Adel deutscher Nation" schreibt er am Ende:

Es ist mir lieber, die Welt zürnt mit mir, als Gott; man wird mir ja nicht mehr als das Leben nehmen können.

Die Wahrheit des Gotteswortes war ihm lieber als sein Leben.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Wenn er halt Gegenargumente bekommen hätte. Vernünftige und auf der Schrift gegründete. Das hätte die Spaltung der Kirche, die er nie wollte, verhindern können.

Die Kirche seiner Zeit war so weit weg von der Bibel wie die Erde von der Sonne. Sie berief sich auf Konzilsentscheidungen und die Lehrgewalt des Papstes. Punkt. Die Bibel wurde gar nicht mehr ernst genommen. Der römische Stuhl war ein Hurenhaus voller Habgier und Bösewichter, eine Hölle des Unrechts und der Willkür, eine Schmiede der Lügen und Irrlehren. Wer hätte da noch mit Luther ernsthaft über die Schrift disputieren können? Es gab keine Christen mehr in Rom. Die Kirche dort war tot. Friedrich Nietzsche schrieb später völlig richtig:

Luther, dies Verhängnis von Mönch, hat die Kirche, und, was tausendmal schlimmer ist, das Christentum wiederhergestellt, im Augenblick, wo es unterlag... Das Christentum, diese Religion gewordene Verneinung des Willens zum Leben!... Luther, ein unmöglicher Mönch, der, aus Gründen seiner »Unmöglichkeit«, die Kirche angriff und sie – folglich! – wieder herstellte...

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Worauf geht die Rede, es sei weder sicher noch geraten, gegen sein Gewissen zu handeln, zurück? 1. Korinther 10? Oder spätere Entwicklungen?

Siehe oben. Sein Gewissen ist vom Wort Gottes gebildet, geformt und ausgeprägt. So ist das Gewissen hier nichts anderes als das Wort Gottes "in uns". Und daß man nicht wider Gottes Wort handeln soll, ist klar.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Worin ist Luther hier Vorbild, und worin vielleicht auch gar nicht?

Vorbild sicher in seiner Sorge um andere, die das Leben - Gottes Wort - versäumen könnten. Vorbild auch in seinem konsequenten Befolgen des Gotteswortes. Vorbild auch als Beispiel, daß noch eine Macht über der weltlichen ist und man sich vor keinem Menschen fürchten soll.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Gilt das, was er übers Handeln gegens Gewissen sagt, auch, wenn das Gewissen nicht in Gottes Wort gefangen ist, sondern - ja was?

Auch die Nazis handelten besten Gewissens. Darum ist es ja so wichtig, daß das Gewissen die richtige Nahrung bekommt. Darum hat Luther immer wieder so vehement aufs Gotteswort verwiesen und alle Irrlehren so scharf bekämpft.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Gibt es eigentlich so etwas wie "Gewissensfreiheit"? Oder ist unser Gewissen nicht immer an irgendetwas rückgebunden?

Gewissensfreiheit meint ja eigentlich nur, die Freiheit zu haben, tun und sagen zu dürfen, was man innerlich für richtig hält.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Hätte Luther dann nicht auch anders herum das an die Tradition gebundene Gewissen seiner Gegner respektieren müssen?

Das mag man der RKK heutzutage zugestehen, ganz sicher. Das Antichristentum der Renaissance und des Spätmittelalters ist so nicht mehr in der Kirche zu finden, obgleich ich mit den Geschehnissen um Bischof Tebartz-van Elst die alten Geister schon wieder aus dem Grabe kommen sah 😉 ...

Die Kirchenleitung damals war auch überhaupt nicht an die Tradition gebunden. Die fragten nicht nach Tradition und Bibel, sondern nach Geld und noch mehr Geld. Und das ganz ungescheut unter Absicherung ihrer willkürlich erfundenen Gesetze.

Offenbares Unrecht läßt sich m.E. nicht mit Gewissensfreiheit entschuldigen.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Findet Ihr, dass ich ihn hier richtig deute?

Ich denke, Du betonst zu sehr das Gewissen. Letztlich ist es Luther vor allem immer nur ums Wort gegangen und das der Mensch dieses Wort lernt, lehrt und lebt. Und wenn dieses Wort in ihm lebendig wird, dann hat der Mensch durch Gottes Wort das gottgefällige Gewissen, "ein freier Herr über alle Dinge zu sein und niemandem untertan" und dazu "ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan".

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7 Antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1807
Veröffentlicht von: @plueschmors

Ist das schon gesichert? Meines Wissens nach sind die Worte nur schlechter überliefert und vermutlich nicht gesprochen worden.

Stimmt. Dass etwas nicht gesagt oder geschehen sei, ist letztlich nie gesichert. Es steht halt nicht in den Mitschriften. Aber ich meine, dass es auch zu dem sonst gesagten nicht gepasst hätte. Die Metapher des "Stand-Punktes" kommt sonst nicht vor, und anders können wollte er ja, wenn's halt Argumente gegeben hätte.

Veröffentlicht von: @plueschmors

Sie berief sich auf Konzilsentscheidungen und die Lehrgewalt des Papstes. Punkt.

Tatsächlich gab es auch in der Kirche vor Luther viel Streit, ob im Zweifelsfall Papst oder Konzil Recht hätten. Das Konstanzer Konzil war nach neuesten Forschungen gar nicht berechtigt, Hus zu verurteilen. Sie in einen Topf zu werfen, war neu.

Veröffentlicht von: @plueschmors

Die Kirchenleitung damals war auch überhaupt nicht an die Tradition gebunden. Die fragten nicht nach Tradition und Bibel, sondern nach Geld und noch mehr Geld. Und das ganz ungescheut unter Absicherung ihrer willkürlich erfundenen Gesetze.

Ich glaube, ganz so einfach war es nicht. Zwar spielte Geld eine Rolle in Rom, aber Luthers direktes Gegenüber wie Eck oder Cajetan war durchaus dem Selbstverständnis nach gottergeben.

Veröffentlicht von: @plueschmors

Ich denke, Du betonst zu sehr das Gewissen. Letztlich ist es Luther vor allem immer nur ums Wort gegangen und das der Mensch dieses Wort lernt, lehrt und lebt.

Da magst Du Recht haben. Ich habe Luther auch immer so gelesen. Darum hat mich das, was er hier übers "Handeln gegen das Gewissen" sagt, so irritiert, und deswegen habe ich es evtl. überbetont.

andreas-wendt antworten
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Luthers Fluch auf den Papst

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Tatsächlich gab es auch in der Kirche vor Luther viel Streit, ob im Zweifelsfall Papst oder Konzil Recht hätten.

Ja, sicher. Kritiker gab es immer in der Kirche. Gott sei Dank. Nur hatten diese durch Simonie und Vetternwirtschaft keine Posten, die etwas hätten bewegen können.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Luthers direktes Gegenüber wie Eck oder Cajetan war durchaus dem Selbstverständnis nach gottergeben.

Genauer gesagt dem, was sie für Gott hielten:

Hörst du es, Papst, nicht der Allerheiligste, sondern der Allersündigste, daß Gott deinen Stuhl vom Himmel herab möglichst bald zerstöre und in den Abgrund der Hölle senke! Wer hat dir Vollmacht gegeben, dich über deinen Gott zu erheben, das zu zerbrechen und zu lösen, was er geboten hat, und die Christen [...] unbeständig, meineidig, Verräter, Bösewichte, treulos zu sein? Du bestimmst in deinen ketzerischen, antichristlichen Dekretalen, du habest dazu Vollmacht - und durch deinen Hals und deine Feder lügt der böse Satan, wie er noch nie gelogen hat -, zwingst und drängst die Schrift nach deinem Gutdünken. Ach Christus, mein Herr, sieh herab, laß deinen Jüngsten Tag anbrechen und zerstöre des Teufels Nest zu Rom! Hier sitzt der Mensch, von dem Paulus gesprochen hat, der sich über dich erheben und in deiner Kirche sitzen wird, sich stellen wie Gott, der Mensch der Sünde und Sohn der Verdammnis. Was ist päpstliche Gewalt anderes als nur Sünde und Bosheit lehren und mehren, nur Seelen zur Verdammnis führen unter deinem Namen und Schein?

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Hopsing
(@hopsing)
Beigetreten : Vor 2026 Jahren

Beiträge : 893
Veröffentlicht von: @plueschmors

Wohlwissend, daß die Kirche Girolamo Savonarola verbrannt hat

Meines Wissens war das nicht die Kirche, sondern eine Volksmenge in Florenz. Papst Alexander VI. hatte vom Magistrat der Stadt lediglich die Gefangennahme Savonarolas gefordert.
Bei Johannes Hus wurde das Todesurteil zwar letztlich auch von einem weltlichen Gericht unter König Sigismund, von dem auch die Zusicherung des freien Geleits stammte, vollstreckt, aber ich stimme Dir zu, dass dabei die Kirche ebenfalls große Schuld auf sich geladen hat und das Todesurteil gesprochen hatte.

Veröffentlicht von: @plueschmors

Die Kirche seiner Zeit war so weit weg von der Bibel wie die Erde von der Sonne. Sie berief sich auf Konzilsentscheidungen und die Lehrgewalt des Papstes. Punkt. Die Bibel wurde gar nicht mehr ernst genommen. Der römische Stuhl war ein Hurenhaus voller Habgier und Bösewichter, eine Hölle des Unrechts und der Willkür, eine Schmiede der Lügen und Irrlehren. Wer hätte da noch mit Luther ernsthaft über die Schrift disputieren können? Es gab keine Christen mehr in Rom. Die Kirche dort war tot.

Jein. Mit dem Medici-Papst Leo X., der Luther exkommuniziert hatte, ohne die Lage in Deutschland wirklich zu kennen, und das Ganze als "Mönchsgezänk" abgetan hatte, war ein solcher Disput tatsächlich nicht möglich.
Aber schon 1523 hat sein Nachfolger, Papst Hadrian VI., ein in Utrecht geborener Deutscher, den folgenden Text auf dem Reichstag von Nürnberg verlesen lassen:

"[...] Wir wissen wohl, dass auch bei diesem heiligen Stuhl schon seit manchem Jahr viel Verabscheuungswürdiges vorgekommen, Missbräuche in geistlichen Sachen, Übertretungen der Gebote, ja, dass alles sich zum Argen verkehrt hat. So ist es nicht zu verwundern, dass die Krankheit sich vom Haupt auf die Glieder, von den Päpsten auf die Prälaten verpflanzt hat.

Wir alle, Prälaten und Geistliche, sind vom Weg des Rechtes abgewichen, und es gab schon lange keinen einzigen, der Gutes tat. Deshalb müssen wir alle Gott die Ehre geben und uns vor ihm demütigen; ein jeder von uns soll betrachten, weshalb er gefallen, und sich lieber selbst richten, als dass er von Gott am Tage seines Zornes gerichtet werde. Deshalb sollst Du in unserem Namen versprechen, dass wir allen Fleiß anwenden wollen, damit zuerst der Römische Hof, von welchem vielleicht alle die Übel ihren Anfang genommen, gebessert werde; dann wird, wie von hier die Krankheit ausgegangen ist, auch von hier die Gesundung beginnen.

Solches zu vollziehen, halten wir uns umso mehr verpflichtet, weil die ganze Welt eine solche Reform begehrt. [...]"

Quelle: https://www.fr.de/kultur/haben-schwer-gesuendigt-11084213.html

Leider hat erstens Luther darauf nicht reagiert und ist zweitens Hadrian VI. bald darauf gestorben, und sein Nachfolger war wieder ein Medici.
Das von Papst Pius III. einberufene Konzil von Trient 1545-1563 hat dann zwar einige Reformen in der kath. Kirche gebracht, aber da war die Spaltung schon zu weit fortgeschritten.

hopsing antworten
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Hadrian vs. Martin

Veröffentlicht von: @hopsing

Meines Wissens war das nicht die Kirche, sondern eine Volksmenge in Florenz.

Das war kein Lynchjustiz des aufgebrachten Pöbels, sondern eine geplante Hinrichtung seiner mächtigen Feinde in der Stadt nach seiner Exkommunikation als "Häretiker, Schismatiker und Verächter des Heiligen Stuhls" durch Papst Alexander VI., was einem Todesurteil quasi gleichkommt, der freilich auch allen nur erdenklichen Grund hatte, von Savonarola angep... gewesen zu sein. Er war anderthalb Monate im Gefängnis und wurde gefoltert, bevor er gehängt und anschließend verbrannt wurde.

Also keine aufgebrachte "Volksmenge", die ihn im Viehstall umzingelte und dann nur noch das Stroh anzündete, sondern alles geplant vom Rat der Stadt unter dem Schutz der Kirche.

Veröffentlicht von: @hopsing

Leider hat erstens Luther darauf nicht reagiert und ist zweitens Hadrian VI. bald darauf gestorben...

Hast Du den ganzen Text gelesen? Papst Hadrian VI. hat Luther und die Seinen ausrotten wollen:

Da also der Luther und seine Anhänger die Konzilien der heiligen Väter verurteilen, das heilige kanonische Recht […] verbrennen und alles nach ihrem Gutdünken durcheinanderbringen, ja die ganze Welt in Aufruhr versetzen, kann es keinen Zweifel geben,
daß sie als Feinde des öffentlichen Friedens und Aufrührer […] von allen, die den Frieden lieben, ausgerottet werden müssen.

Und reagiert hat Luther sehr wohl:

Des Bapsts und der Papisten narheyt unnd unverstand will ganz erfur an den tag komen, das sie zu spott und zu schaden werden und sich selb fur yderman verachtlich machen. - Aber hie redet der Satan aus meyster Adrian...

Naja, und dann ist Hadrian halt "plötzlich" gestorben in der Blüte seines Wirkens. Kann natürlich passieren, besonders als unliebsamer Papst. Besonders damals 😉 ...

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Hopsing
(@hopsing)
Beigetreten : Vor 2026 Jahren

Beiträge : 893
Veröffentlicht von: @plueschmors

Das war kein Lynchjustiz des aufgebrachten Pöbels, sondern eine geplante Hinrichtung seiner mächtigen Feinde in der Stadt

Da hast Du vermutlich recht. Er hatte sich in der Stadt sehr viele Feinde gemacht, besonders auch (aber bei weitem nicht nur) unter den Mächtigen. Dennoch war es, anders als in Deinem vorherigen Beitrag behauptet, nicht die Kirche, die Savonarola verbrannt hat. Die Macht Alexanders über die italienischen Städte war nicht sonderlich groß.
Ich zitiere aus "Der Skandal der Skandale - Die geheime Gerschichte des Christentums" von Mafred Lütz (der als Hauptquelle für sein Buch das Geschichtswerk "Toleranz und Gewalt - Das Christentum zwischen Bibel und Schwert" des renommierten Kirchenhistorikers Arnold Angenendt benannt hat):
"In der Auseinandersetzung um den fanatischen Dominikanermönchg Savonarola in Florenz, der in dieser Stadt ein hypermoralisches Terrorregime errichtet hatte und von der Kanzel aus die Menschen aufforderte, seinen Gegners den Kopf abzuschlagen, plädierte Alexander lange Zeit für Milde, bis am Ende die Stadt Florenz selbst sich des tyrannischen Eiferers entledigen wollte".

Veröffentlicht von: @plueschmors

nach seiner Exkommunikation als "Häretiker, Schismatiker und Verächter des Heiligen Stuhls" durch Papst Alexander VI., was einem Todesurteil quasi gleichkommt

Mit dem letzten Teilsatz übertreibst Du meines Erachtens. Anders als viele heutzutage meinen, hat die Kirche auch damals nicht alle Häretiker, Schismatiker und Verächter des Heiligen Stuhls umgebracht oder umbringen lassen, wobei ich allerdings nicht bestreite, dass es solche Fälle gab.

Veröffentlicht von: @plueschmors

der freilich auch allen nur erdenklichen Grund hatte, von Savonarola angep... gewesen zu sein.

Da hast Du sicher recht. Aber da war der Papst bei weitem nicht der einzige, siehe oben.

Veröffentlicht von: @plueschmors

Hast Du den ganzen Text gelesen? Papst Hadrian VI. hat Luther und die Seinen ausrotten wollen:

Da also der Luther und seine Anhänger die Konzilien der heiligen Väter verurteilen, das heilige kanonische Recht […] verbrennen und alles nach ihrem Gutdünken durcheinanderbringen, ja die ganze Welt in Aufruhr versetzen, kann es keinen Zweifel geben,
daß sie als Feinde des öffentlichen Friedens und Aufrührer […] von allen, die den Frieden lieben, ausgerottet werden müssen.

Übrigens war der Borgia-Papst Alexander VI. nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen bei weitem nicht das Scheusal, zu dem ihn die damalige Geschichtsschreibung unter seinen italienischen Zeitgenossen und Nachfolgern gemacht hat (auch der Elsässer Johannes Burckard war am Rufmord an Alexander VI. und seiner Tochter Lucrezia maßgeblich beteiligt), die ihn schon allein deshalb hassten, weil er Spanier war, und als das er in einer ZDF-Serie vor ein paar Jahren dargestellt wurde. Natürlich war er kein Heiliger, und sein Lebenswandel war nach heutigen Maßstäben eines Papstes völlig unangemessen; er hatte Kinder und hat Verwandte zu Kardinälen gemacht - wie allerdings die meisten seiner Vorgänger und Nachfolger im gleichen Jahrhundert auch.

Veröffentlicht von: @plueschmors

Hast Du den ganzen Text gelesen? Papst Hadrian VI. hat Luther und die Seinen ausrotten wollen:

Da also der Luther und seine Anhänger die Konzilien der heiligen Väter verurteilen, das heilige kanonische Recht […] verbrennen und alles nach ihrem Gutdünken durcheinanderbringen, ja die ganze Welt in Aufruhr versetzen, kann es keinen Zweifel geben,
daß sie als Feinde des öffentlichen Friedens und Aufrührer […] von allen, die den Frieden lieben, ausgerottet werden müssen.

Da in der in meinem vorigen Beitrag genannten Quelle, deren Text ich ganz gelesen habe, auch wenn ich nur einen Teil zitiert hatte, der von Dir genannte Abschnitt nicht vorkommt, bitte ich Dich um Angabe Deiner Quelle.

Veröffentlicht von: @plueschmors

Naja, und dann ist Hadrian halt "plötzlich" gestorben in der Blüte seines Wirkens. Kann natürlich passieren, besonders als unliebsamer Papst. Besonders damals 😉 ...

Kann passieren, muss aber nicht. Wir wissen es nicht. Allerdings hast Du recht, dass auch in der eigenen Kirche keiner sein Schuldbekenntnis hören wollte. Ich zitiere noch mal aus https://www.fr.de/kultur/haben-schwer-gesuendigt-11084213.html : "Sie wurde damals vorgelesen. Aber keiner hörte auf sie. Nicht die Vertreter der katholischen Kirche, nicht die rebellierenden Gefolgsleute Martin Luthers."

Liebe Grüße,
Hopsing

hopsing antworten
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Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 18002

Savonarolas Hinrichtung

Veröffentlicht von: @hopsing

Dennoch war es, anders als in Deinem vorherigen Beitrag behauptet, nicht die Kirche, die Savonarola verbrannt hat.

Wer hat ihn denn dann verbrannt? Laut gleichlautender Berichte und dem Augenzeugenbericht des Apothekers Luca Landucci wurde am Mittwochmorgen des 23. Mais 1498 "das Opfer dieser drei Frati vollzogen":

Man brachte sie aus dem Palast und führte sie auf das Podium der Rednertribüne. Hier befanden sich die Acht, die Kollegien, der Beauftragte des Papstes und der General des Dominikanerordens, viele Kanoniker, Priester und Brüder verschiedener Orden, sowie der Bischof de' Paganotti, dem vom Papst aufgetragen worden war, die drei Brüder zu degradieren, und hier auf der ringhiera wurde diese Zeremonie durchgeführt. Sie wurden zunächst mit allen Paramenten bekleidet, dann nahm man ihnen eines nach dem andern ab, mit den der Degradierung jeweils entsprechenden Worten. Dabei wurde Frate Girolamo ständig als Häretiker und Schismatiker bezeichnet und also deswegen zum Feuer verurteilt...

Weltliche Gewalt stand im Hintergrund. Die große Show zog die Kirche mit ihm ab: "Der Beauftragte des Papstes, der General des Dominikanerordens, viele Kanoniker, Priester und Brüder verschiedener Orden, sowie der Bischof de' Paganotti, dem vom Papst aufgetragen worden war, die drei Brüder zu degradieren"... Alle dabei.

Quelle: Savonarola, Girolamo: O Florenz! O Rom! O Italien! Predigten, Schriften, Briefe / Manesse Verlag, Zürich 2002.

Veröffentlicht von: @hopsing

Ich zitiere aus "Der Skandal der Skandale - Die geheime Gerschichte des Christentums" von Mafred Lütz...

Was soll da anderes kommen als Kritik am Christentum? Ist doch klar, daß die Blutsäufer der Renaissance gegenüber der Kirche noch verteidigt werden. Siehe Nietzsche und Konsorten. Allein schon die Wahl der Worte:

...fanatischer Dominikanermönch...hypermoralisches Terrorregime...tyrannischen Eiferer...

Veröffentlicht von: @hopsing

Mit dem letzten Teilsatz übertreibst Du meines Erachtens.

Nein, denn "dewegen wurde er zum Feuer verurteilt". Siehe oben den Bericht.

Veröffentlicht von: @hopsing

...bitte ich Dich um Angabe Deiner Quelle.

Bittesehr: WA 11, 355 und WA Br 3, 91.

Liebe Grüße,
Plueschmors.

Nachtrag vom 24.04.2021 1035
Hier sieht man die edlen Kirchenleute auch auf der Showbühne dem Spektakel beiwohnen.

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Gelöschtes Profil
(@deleted_profile)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 18002

Nachtrag
Oben die Quelle zu den Lutherworten, da hatte ich Dich falsch verstanden. Du wolltest die Quelle zum Wort Hadrians:

"Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen. Ein Arbeitsbuch, hrsg. von Heiko Augustinus Obermann, Neukirchen-Vluyn, III. Band S. 93"

Da findest Du den ganzen Text Hadrians und nicht nur die hübschen Worte 😉 ...

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Turmfalke1
Beiträge : 4122

Zwei Lieder, zwar völlig verschieden, aber meines Erachtens beide sehr bemerkenswert:

https://www.youtube.com/watch?v=JzLrV0BzQ5A

https://www.youtube.com/watch?v=qQDUlWDXtyg

turmfalke1 antworten
6 Antworten
sa.br
 sa.br
(@sa-br)
Beigetreten : Vor 16 Jahren

Beiträge : 483

Lieber Turmfalke,

danke für die Lieder zu Martin Luther.
Das zweite mit dem Kinderchor gefällt mir sehr gut ! Auch als Glaubensaussage!

Zu Martin Luther möchte ich noch sagen, dass ich denke, dass Gott ihm in seiner Zeit viel Mut gegeben hat -
und Luther war mutig, zu dem Reichstag in Worms zu erscheinen und zu seinen richtigen Glaubensaussagen zu stehen!
Außerdem, nur am Rande, warum soll er nicht diese prägenden Worte gesagt haben: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders.
Gott helfe mir." So habe ich es immer gelernt, schon in der Schule. Und diese Worte sind einfach so passend in der Situation.

sa-br antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1807
Veröffentlicht von: @sa-br

Außerdem, nur am Rande, warum soll er nicht diese prägenden Worte gesagt haben: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders.
Gott helfe mir." So habe ich es immer gelernt, schon in der Schule. Und diese Worte sind einfach so passend in der Situation.

Letztlich kann man nur sagen, dass sie nicht überliefert sind, sondern erst in späteren Fassungen standen. Aber Fehlen des Nachweises ist nicht Nachweis des Fehlens.

Ich finde allerdings, dass sie nicht so gut passen. Denn er hat ja sein "ich kann nicht" vorher eingeschränkt "wenn ich nicht... widerlegt werde". Am Schluss dann zu sagen "Ich kann nicht anders" würde diese Tür wieder zumachen.

andreas-wendt antworten
Turmfalke1
(@turmfalke1)
Beigetreten : Vor 16 Jahren

Beiträge : 4122
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Denn er hat ja sein "ich kann nicht" vorher eingeschränkt "wenn ich nicht... widerlegt werde". Am Schluss dann zu sagen "Ich kann nicht anders" würde diese Tür wieder zumachen.

Würde ich nicht so sagen. Er meint halt, wenn ihm seine Aussagen nicht klar wiederlegt werden, kann er nicht anders, als diese aufrechtzuerhalten.
So etwa in dem Sinne: "Wenn ihr auch gern möchtet, dass ich widerrufe, und es mir vielleicht auch lieber wäre, es geht einfach nicht!"

turmfalke1 antworten
Turmfalke1
(@turmfalke1)
Beigetreten : Vor 16 Jahren

Beiträge : 4122
Veröffentlicht von: @sa-br

danke für die Lieder zu Martin Luther.

Gerne. 😉

Veröffentlicht von: @sa-br

Das zweite mit dem Kinderchor gefällt mir sehr gut ! Auch als Glaubensaussage!

Sehe ich auch so, und auch sehr begeistert vorgetragen finde ich.

Veröffentlicht von: @sa-br

warum soll er nicht diese prägenden Worte gesagt haben: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders.
Gott helfe mir." So habe ich es immer gelernt, schon in der Schule. Und diese Worte sind einfach so passend in der Situation.

Und sie passen auch zu Luther meines Erachtens nach sehr gut. 😊

turmfalke1 antworten
sa.br
 sa.br
(@sa-br)
Beigetreten : Vor 16 Jahren

Beiträge : 483

Ja, danke! Schön, dass du auch in der Richtung denkst. Luthers Worte (Ich stehe hier....usw.) denke ich mir, waren eher zum
Schluss der ganzen Vorladung. Als Luther schon längst wusste, dass ihm jede Disputation über seine Themen
versagt wurde.

sa-br antworten
Turmfalke1
(@turmfalke1)
Beigetreten : Vor 16 Jahren

Beiträge : 4122

Stimmt, meines Wissens kamen diese Worte ja ganz zum Schluss.

turmfalke1 antworten


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