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Zwischen Missbrauch und dem gesellschaftlichen Muss

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Saturius
Themenstarter
Beiträge : 11

Hi,

ich bin neu hier. Und ich muss zugegeben, früher war ich gläubig. Aber mit den Jahren verlor ich den Glauben. Aus Wut? Aus Hass? Aus Selbstzweifeln? Aus dem, was in meiner Kindheit passierte?

Ich weiß es nicht. Lange Zeit war ich ohne Glaube glücklich, weil ich mir sagte, was mir passierte, lässt kein Gott zu. Und doch bin ich hier. Und doch frage ich fast jeden Abend zu Gott: "Warum?"

Es ist viel passiert in meinem Leben. Ich versuche es für euch möglichst kurz zu halten.

Als ich 6 war starb meine Schwester an metachromatischer Leukodystrophie (was das genau ist, lest es bitte nach, zu umfangreich es zu erklären).

Ca. als ich 8 war fing es an, dass mein Bruder mich für gewisse Gefälligkeiten .... Wenn ich was von ihm geliehen haben wollte sollte ich eine gewissen Gegenleistung bringen. Ich wisst, was ich meine.

Es war unregelmäßig. Aber das ging bis zum 12. Lebensjahr. Er war dann 15 und hatte eine Freundin. Ab da hörte es auf.

Ich habe das bisher "gut" weggesteckt. Aber mit 19 fing ich an zu ritzen. Zuerst war mein Grund, weil meine Freundin mich verließ. Aber das war es nicht. Es war Wut auf mich selber. Ja, es grenzte schon an Hass.

Die Ritzerei hab ich schon seit über 10 Jahren nicht mehr.

Ich sprach meinen Bruder vor 2 Jahren an. Seine Antwort am Telefon "keine Ahnung mit wem du das erlebt hast, aber mit mir nicht. Du an meinem P.... Das ist ja widerlich.... " etc pp.

Natürlich leugnet er es. Ich bin ihm auch nicht mehr böse. Ich wollte es nur abgehandelt haben. Aber er leugnet es. Vllt aus Scham, Vllt weil er es selbst verdrängt hat.

Ich habe es auch meinen Eltern erzählt vor 4 Jahren. Sie waren geschockt. Aber deren Verhalten zeigt mir auch, sie glauben es nicht.

 

Ich weiß nicht, was ich mir von diesem Post verspreche oder erhoffe.

Ich beantworte auch gerne Fragen. Vllt hilft mir das auch.

Ich danke für dieses Forum

Der neue Manuel

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60 Antworten
Getaufter
Beiträge : 36

@saturius

Höre, Bruder. Alles, was du erlebt hast, ist wahr, d.h. es ist tatsächlich geschehen. Diese Bestätigung wird dir vorenthalten durch den Bruder und die Eltern,
[gestrichen - Bemühungen um Interpretation und Ursachensuche sind hier fehl am Platz und stehen uns in dieser Form nicht zu. LG komMODe]

getaufter antworten
2 Antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21584

@getaufter 

[gestrichen - siehe Posting oben. LG komMODe]

Ich denke nicht, dass dir eine solche Deutung zusteht.

 

lucan-7 antworten
Getaufter
(@getaufter)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 36

@lucan-7 Dann viel Spaß euch noch und Grüße!

getaufter antworten


Mariposa22
Beiträge : 475

@saturius Hallo, erst einmal vielen Dank für deine Offenheit hier. Ich selbst habe sexuellen Missbrauch in der Form nicht erleben müssen, habe aber oft beobachtet, dass solche Erlebnisse in der Kindheit tatsächlich zum Selbsthass führen. Du magst vielleicht wütend auf dich selbst sein, dich selbst hassen, Gott aber tut das nicht, er liebt dich, für ihn bist du ein liebenswerter, wertvoller Mensch. Er nimmt dich genau so wie du bist, wohingegen viele Blender in ihrer Selbstgerechtigkeit bei ihm nicht ankommen können.

Du schreibst, du vertraust Psychologen nicht mehr. Das geht mir genauso. Ich habe in der Vergangenheit selbst erleben müssen, wie Psychologen alles nur noch schlimmer gemacht haben, weil sie mir ihre Sichtweisen aufdrücken wollten, die ich absolut nicht nachvollziehen konnte, und mich noch unfähiger fühlte. Wenn es nach mir ginge, würde ich ein Warnzeichen auf ihre Praxisschilder anbringen. Es gibt aber auch einige wenige gute Psychologen, aber so einen zu erwischen, ist wohl wie ein 6er im Lotto. Oder man muss aus eigener Tasche für sie zahlen. Ich würde da eher auf eine Heilung durch Jesus setzen. Und das wird passieren, da kannst du dir sicher sein. Jesus sagte zu einem Gelähmten "Steh auf, nimm dein Bett und geh" (Joh 5,6). Für mich bedeutet das, einfach weitermachen, so als wäre alles ganz normal und so, als hätte man keine seelischen Verwundungen davongetragen. Auch wenn das bedeutet, man liegt abends im Bett wach, schreit Gott an und fragt nach dem Warum. Irgendwann kommt der Augenblick, wenn die erste Schicht des Traumas abfällt, und man ein bisschen mehr Frieden spürt, dann fällt die nächste ab usw. Vielleicht ist es eine Lebensaufgabe sämtliche Schichten fallen zu lassen, aber es wird immer besser.

Hier noch ein Tipp für eine Serie über Jesus , Gott und den Heiligen Geist: Amazon.de: Die Hütte und ich ansehen | Prime Video

Der Erzähler hat als Kind ebenfalls sexuellen Missbrauch erlitten und berichtet darüber, was das mit ihm gemacht hat, und wie er es mit Gottes Hilfe überwunden hat.

 

mariposa22 antworten
14 Antworten
Queequeg
(@queequeg)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 5678

@mariposa22 

Therapeuten

"Ich würde da eher auf eine Heilung durch Jesus setzen."

Da sprechen meine Erfahrungen deutlich gegen. Ich hatte mit einer Unmenge Menschen zu tun, die genau das jahrelange gemacht haben, ohne dass sich etwas verbessert hätte. Was für nicht wenige dann bedeutete, dass Gott sie auch nicht haben wollte. Es wurde daher nicht besser, sondern schlechter.

Ansonsten - klar, es gibt gute Therapeuten und schlechte, sowie es gute und schlechte Bäcker und gute und schlechte Pastoren gibt. Ein Therapeut, der dem Klienten seine eigene Sichtweise aufdrückt, ist definitiv im falschen Beruf. Es geht in einer Therapie immer darum, den Weg des Klienten mitzugehen und nicht darum, ihm einen Weg zu zeigen.

queequeg antworten
Mariposa22
(@mariposa22)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 475

"Ich würde da eher auf eine Heilung durch Jesus setzen."

Da sprechen meine Erfahrungen deutlich gegen. Ich hatte mit einer Unmenge Menschen zu tun, die genau das jahrelange gemacht haben, ohne dass sich etwas verbessert hätte. Was für nicht wenige dann bedeutete, dass Gott sie auch nicht haben wollte. Es wurde daher nicht besser, sondern schlechter.

Ich vermute mal, das liegt daran, dass du aus deinem persönlichen Umfeld heraus das so beurteilst. Also ich meine damit, wenn du z.B. in einer Psychiatrie arbeitest, dann triffst du wahrscheinlich auf eine Menge an Leuten, denen nichts geholfen hast, wenn du Leiter einer religiösen Gruppe bist, dann triffst du auf lauter Leute, denen genau deine Religion das Leben zum Positiven geändert hat. Die Frage ist, was man genau an "Verbesserung" erwartet, und wie.

Ich kann dir nur sagen, dass mir Jesus nicht nur geholfen hat, sondern mich aus dem Sumpf herausgezogen hat. Und das nicht durch eine verklärte Vorstellung von Jesus, die ich mir gemacht hätte, sondern im Gegenteil hat er mir falsche Vorstellungen abgenommen, so wie als ob eine Verschleierung nach der anderen verschwinden würden.

Wer sich Hilfe durch Jesus verspricht, braucht gar nicht viel zu machen, sich nichts vorzustellen und an etwas glauben, es geht nur um Vertrauen, und darum, die eigene Wahrheit zu erkennen. Der Blick nach Innen ist schon wichtig.

 

Ansonsten - klar, es gibt gute Therapeuten und schlechte, sowie es gute und schlechte Bäcker und gute und schlechte Pastoren gibt. Ein Therapeut, der dem Klienten seine eigene Sichtweise aufdrückt, ist definitiv im falschen Beruf. Es geht in einer Therapie immer darum, den Weg des Klienten mitzugehen und nicht darum, ihm einen Weg zu zeigen.

Die guten Therapeuten sind aber eindeutig in der äußerst seltenen Minderheit. Wie soll es überhaupt gehen, dass ein Therapeut seine eigene Sichtweise nicht mit einbringt? Es sei denn, er sitzt die ganze Zeit mit unbewegter Mine da und hört zu. 

 

 

mariposa22 antworten
Queequeg
(@queequeg)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 5678

@mariposa22 

"Ich kann dir nur sagen, dass mir Jesus nicht nur geholfen hat, sondern mich aus dem Sumpf herausgezogen hat."

Das will ich nicht in Frage stellen. Nur - das ist Dein eigenes subjektives Erleben. Und so etwas kann man nicht verallgemeinern oder ein quasi Naturgesetz daraus machen.

Die Menschen, mit denen ich zu tun hatte, haben fast alle meist jahrelang dieses Vertrauen gehabt, ohne dass sich an ihrem Leid etwas geändert hätte. Mir ist auch niemand begegnet, der mit dem Hintergrund einer kindlichen Missbrauchssituation nicht seine Erlösung in Jesus/Gott gesucht hätte.

-----------------

Tja sicher. Gute Therapeuten gibt es nicht wie Sand am Meer. Und manchmal muss man ein paar "ausprobieren, bis man den richtigen gefunden hat.

Und natürlich bringt jeder Therapeut seine Sichtweise mit, sonst wäre er ja auch überhaupt nicht authentisch. Aber er darf sie nicht als Maßstab für den Klienten nehmen.

Ansonsten ist es tatsächlich so, dass eine Therapie umso besser läuft, je weniger der Therapeut sagt.

 

queequeg antworten
komMODe
Moderator
(@kommode)
Beigetreten : Vor 18 Jahren

Beiträge : 372

@mariposa22 
Hallo Mariposa

Ich vermute mal, das liegt daran, dass du aus deinem persönlichen Umfeld heraus das so beurteilst.

Die guten Therapeuten sind aber eindeutig in der äußerst seltenen Minderheit.

 

Beurteilst Du das gerade möglicherweise aus Deinem persönlichen Umfeld heraus?... Du merkst: Persönliches Erleben ist nicht zwingend übertragbar.

Ich kann dir nur sagen, dass mir Jesus nicht nur geholfen hat, sondern mich aus dem Sumpf herausgezogen hat. Und das nicht durch eine verklärte Vorstellung von Jesus, die ich mir gemacht hätte, sondern im Gegenteil hat er mir falsche Vorstellungen abgenommen, so wie als ob eine Verschleierung nach der anderen verschwinden würden.

Das freut mich aufrichtig für Dich! Schön, dass Du Jesus so erfahren durftest/darfst!
Aber ich muss nachhaken:

Wer sich Hilfe durch Jesus verspricht, braucht gar nicht viel zu machen, sich nichts vorzustellen und an etwas glauben, es geht nur um Vertrauen, und darum, die eigene Wahrheit zu erkennen. Der Blick nach Innen ist schon wichtig.

Bedeutet dies doch im Umkehrschluß: Du hast genug vertraut. Wer keine Heilung erfährt, hat nicht genug vertraut. Ergo: Jesus heilt nur, wenn ich genug vertraue, wenn ich also genug leiste. An welchem Maßstab soll ich mich denn orientieren? Was ist genug?
Nein, das ist nicht das Bild, das ich von Jesus habe. Das ist nicht die Beziehung, die er mir anbietet.

Liebe Grüße

komMODe

kommode antworten
Mariposa22
(@mariposa22)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 475

Bedeutet dies doch im Umkehrschluß: Du hast genug vertraut. Wer keine Heilung erfährt, hat nicht genug vertraut. Ergo: Jesus heilt nur, wenn ich genug vertraue, wenn ich also genug leiste. An welchem Maßstab soll ich mich denn orientieren? Was ist genug?

Jesus ist kein Magic Thinking, woran man nur genug glauben muss, und es wird wahr. Vielleicht habe ich das ein wenig missverständlich ausgedrückt. Ich habe ja eigentlich geschrieben, man muss sich gar nicht große Vorstellungen machen und braucht auch keinen unumstößlichen Glauben. Jesus wird alle heilen, damit bin ich mir sicher. Es steht in der Bibel. Er wird auch das letzte verlorene Schaf suchen.

mariposa22 antworten
Lachmöwe
(@seidenlaubenvogel)
Beigetreten : Vor 12 Jahren

Beiträge : 1527

@mariposa22 Du schreibst „Jesus wird alle heilen […] verlorene Schaf suchen“ Hmm, warum hat her das nicht mal damals gemacht, als er auf Erden gelebt hat? Die Welt, in der ich lebe ist da vielfältiger. Ja, Jesus heilt. Jesus begleitet aber auch in Krankheit und Leid. Ja, Jesus geht uns allen nach. Mancher realisiert dies ein Leben lang nicht.

Was heißt das für mich?

Jeder geht seinen Weg. Dabei darf er Hilfe annehmen, so wie es ihm nützt. In alledem ist Jesus stets dabei. Allein auf Jesus zu verweisen, ist aber zu wenig. Wir sind als Menschen in Gemeinschaft gestellt und können und dürfen einander dienen - jeder in seiner Funktion sei es als zufällige Begegnung, als Freund oder in einem erlangten Beruf. Wenn bzw. wem Jesus allein hilft - wunderbar. Dankbar bin ich für alle diese Erfahrungen. Nur so funktioniert Leben nicht; auch Glaube funktioniert so nicht. Leben und Glaube gehen Hand in Hand und eigne Wege - begleitet von dem Motto „es wird sich erweisen“. Genau das funktioniert nicht nach immer gleichem Schema. Es ist nicht immer alles gleich - wie es sich so oft erweist. Wir sind hochgradig individuell unterwegs. Und genauso so gehen wir (glaubend) durch unser Leben. Besonders gefährlich ist, dass auch der Glaube (nicht Gott/ Jesus) eine Prägung haben kann, die zerstörerisch wird - gerade dann braucht es professionelle Korrektur. 

seidenlaubenvogel antworten
Queequeg
(@queequeg)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 5678

@seidenlaubenvogel 

Gut, dass Du das so geschrieben hast.

Ich sag das mal mit meinen Worten so:

Natürlich kann es hilfreich sein, wenn man sozusagen im Dunstkreis Jesu lebt. Das meine ich überhaupt nicht abwertend, sondern mehr so wie eine Art Glocke um einen, die einen aber nicht abschließt von anderem, sondern vielleicht eher so, wie ein Sauerstoffzelt wirkt.

Aber es ändert eben als solches nichts, wenn nicht die eigene Auseinandersetzung mit der Realität dazu kommt.

Es wäre ja sehr angenehm, wenn man sich nicht mit den Verletzungen und allem, was damit zu tun hatte und hat, beschäftigen müsste, um sie zu überwinden und stattdessen auf eine himmlische Veränderung der Wirklichkeit hoffen dürfte, aber ich denke, so läuft das nicht.

queequeg antworten
komMODe
Moderator
(@kommode)
Beigetreten : Vor 18 Jahren

Beiträge : 372

@mariposa22 
Hallo Mariposa

Danke, dass Du uns Einblicke in Dein Erleben gewährst.

Womit ich große Schwierigkeiten habe, ist eigene Erfahrung als absolut oder für alle gültig zu setzen.

"Ich würde da eher auf eine Heilung durch Jesus setzen. Und das wird passieren, da kannst du dir sicher sein. Jesus sagte zu einem Gelähmten "Steh auf, nimm dein Bett und geh" (Joh 5,6). Für mich bedeutet das, einfach weitermachen, so als wäre alles ganz normal und so, als hätte man keine seelischen Verwundungen davongetragen. Auch wenn das bedeutet, man liegt abends im Bett wach, schreit Gott an und fragt nach dem Warum. Irgendwann kommt der Augenblick, wenn die erste Schicht des Traumas abfällt, und man ein bisschen mehr Frieden spürt, dann fällt die nächste ab usw. Vielleicht ist es eine Lebensaufgabe sämtliche Schichten fallen zu lassen, aber es wird immer besser."

Das ist so einfach nicht richtig. Heilung durch Jesus KANN erfolgen, ist schon oft geschehen. Aber daraus zu schlußfolgern, dass es 'passieren wird, man sicher sein kann' ist nicht haltbar. Was Du schreibst, ist allen gegenüber, bei denen dies nicht der Fall ist, sogar sehr unfair.
"Für mich bedeutet das", schreibst Du - und das ist auch o.k. Für DICH darf es das gerne bedeuten, aber bitte sieh davon ab, es auf andere zu übertragen.

Schade, dass auch Du an Psychologen geraten bist, die Dir keine Hilfe waren. Das tut mir leid. Auch an Dich mein Wunsch, einen passenden Ansprechpartner zu finden, wenn/falls Du irgendwann einen weiteren Versuch wagen möchtest.

Liebe Grüße

komMODe

kommode antworten
Queequeg
(@queequeg)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 5678

@kommode 

Traumatische Erfahrungen

"Aber daraus zu schlußfolgern, dass es 'passieren wird, man sicher sein kann' ist nicht haltbar."

Nein, natürlich nicht. Aber solche Äußerungen setzten oft - auch wenn es so nicht gemeint ist - einen Standard, an dem sich die Menschen messen und dann abgrundtief enttäuscht werden. Damit werden dann Vorstellungen von Alternativen zu einer Therapie zu einer weiteren traumatischen Erfahrung.

queequeg antworten
komMODe
Moderator
(@kommode)
Beigetreten : Vor 18 Jahren

Beiträge : 372

@queequeg So ist es.

kommode antworten
Queequeg
(@queequeg)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 5678

@kommode 

Paradigmenwechsel

Als ich vor über 40 Jahren mit der Psychotherapie angefangen habe, gab es bei beiden großen Kirchen ganz überwiegend noch offizielle Anlaufstellen für Seelsorge und Lebensberatung, in denen die Menschen sozusagen auf Kurs gebracht werden sollten, weil offenbar die Vorstellung herrschte, dass ein Mensch, der wirklich eine Beziehung zu Jesus/Gott hat, keine seelischen Probleme haben könne.

Das hat sich dann glücklicherweise vor vielleicht 20-25 Jahren geändert, so dass die Mitarbeiter entsprechender Beratungsstellen seither eine fundierte Ausbildung bekommen, die sich an den Realitäten des menschlichen Seelenlebens orientiert und nicht an religiösen Wunschbarkeiten. Dadurch ist dann auch die Hilfe für Betroffene deutlich besser geworden. Es kam sogar einige Male vor, dass jemand von einer Beratungsstelle zu einem Therapeuten delegiert wurde.

queequeg antworten
Mariposa22
(@mariposa22)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 475

@kommode Oh come on, ich hatte mal eine handfeste Depression und meine Tante sagte zu mir, ich werde wieder gesund, sie sei sich ganz sicher. Und gerade ihre Zuversicht, die ich nicht haben konnte, SIE aber hatte, war unendlich viel wert. Genau diese Übervorsicht, das Zögern, die Zweifel lassen die Menschen doch mit Jesus und ihrer persönlichen Heilung hadern. Ich denke dabei an das Gleichnis vom Sämann. Bibeltext (die-bibel.de)

Es ist, wie als wäre man neu verliebt und ist happy mit seinem neuen Partner, weiß genau DAS ist der Mann fürs Leben. Dann kommt dauernd einer daher, der einen die Beziehung madig machen will. "Ah, ob er wohl der Richtige ist, ob das hält? Sei lieber vorsichtig, er könnte ein Narzisst sein und bla bla bla." Wobei ich jetzt nicht sagen will, dass man mit einer Beziehung nicht auf die Nase fallen kann, das ist aber ein anderes Thema.

 

mariposa22 antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21584

@mariposa22 

Es ist, wie als wäre man neu verliebt und ist happy mit seinem neuen Partner, weiß genau DAS ist der Mann fürs Leben. Dann kommt dauernd einer daher, der einen die Beziehung madig machen will. "Ah, ob er wohl der Richtige ist, ob das hält?

Die Beziehung hat hier niemand in Frage gestellt. Es geht um den Weg dahin.

 

 

lucan-7 antworten
komMODe
Moderator
(@kommode)
Beigetreten : Vor 18 Jahren

Beiträge : 372

@mariposa22 
Hallo Mariposa,

es ist nicht meine Absicht, Dir das Vertrauen auf Jesus und eine Heilung durch ihn madig zu machen. Im Gegenteil.
@Seidenlaubenvogel hat es schön ausgeführt. Jesus kann heilen, Jesus kann auch 'nur' durch Leid helfen.

Du hast in einem anderen Posting ja bereits klargestellt, dass ein Automatismus auf Heilung bei ausreichendem Vertrauen nicht das war, was Du zum Ausdruck bringen wolltest.
Was wäre er auch für ein Gott, wenn unsere Leistung gemessen werden würde? das würde doch auch bedeuten: Du bist selbst schuld, wenn Du nicht geheilt wirst. (Ironie on) Super, Überlebende sexualisierter Gewalt haben eh schon oft Schuldgefühle und machen sich Vorwürfe. Dann kann Jesus ihnen auch gleich noch welche draufsetzen. (Ironie off)

Aber da schreibst Du wieder:

"Jesus wird alle heilen, damit bin ich mir sicher. Es steht in der Bibel. Er wird auch das letzte verlorene Schaf suchen."

Sorry, das steht so nicht in der Bibel. Es sei Dir unbenommen, an Heilung für alle zu glauben. Ich fände es klasse, wenn es so wäre. Die Realität ist aber eine andere. Was sagst Du denn Menschen, die doch keine Heilung durch Jesus erleben? Wer hat das dann -mal ganz salopp ausgedrückt- verbockt?
Und nimm es mir bitte nicht krumm: Wenn in einem Forum wie diesem, in dem Menschen, die Unvorstellbares und Unerträgliches erlebt haben, lesen und schreiben, Behauptungen dieser Art aufgestellt werden, stelle ich mich vor diese Menschen! 

LG
komMODe

kommode antworten
komMODe
Moderator
Beiträge : 372

[MOD-POSTING]

Ihr Lieben,

bitte denkt immer daran, wo wir uns gerade befinden. Das MiK ist nicht das geeignete Unterforum für theologisch-dogmatische Grundsatzdiskussionen. Kleine Abstecher sind manchmal unumgänglich und auch wichtig. Lasst uns bitte hier jetzt nicht weiter in die Tiefe gehen.
Diesen Thread hat Saturius eröffnet, um seine Gedanken mit uns zu teilen. Dass man schnell von einem Thema zum nächsten kommt, ist klar. Aber lasst uns bitte nicht zu weit abschweifen.

Danke für den Austausch!

LG
komMODe

kommode antworten


Saturius
Themenstarter
Beiträge : 11

Ersteinmal ein ganz herzliches Dank an all die, die sich hier so rege austauschen.

Und bitte entschuldigt mein etwas längeres Fernbleiben. Ich bzw wir (meine beiden Brüder, ich und mein Vater) besprechen momentan Erbschaftsmodalitäten. Und da sind noch ein paar unschöne Dinge meiner Brüder zur Sprache gekommen (die mich betreffen).

Einer muss den Job des schwarzen Schafs in der Familie übernehmen 😉 . Ja, das ist Galgenhumor.

 

Ich versuche möglichst auf alle Posts von euch einzugehen.

 

Veröffentlicht von: @getaufter

Höre, Bruder. Alles, was du erlebt hast, ist wahr, d.h. es ist tatsächlich geschehen. Diese Bestätigung wird dir vorenthalten durch den Bruder und die Eltern,

Ich weiß jetzt nicht genau, wie ich das einordnen soll. Aber ja, mir ist bewusst, dass es wirklich geschehen ist (auch wenn mein Bruder das beim persönlichen Gespräch geleugnet hat). Vermutlich hat er es geleugnet aus Scham oder weil er es selbst verdrängt hat bzw nicht wahrhaben möchte.

 

Veröffentlicht von: @mariposa22

habe aber oft beobachtet, dass solche Erlebnisse in der Kindheit tatsächlich zum Selbsthass führen. Du magst vielleicht wütend auf dich selbst sein, dich selbst hassen, Gott aber tut das nicht, er liebt dich, für ihn bist du ein liebenswerter, wertvoller Mensch. Er nimmt dich genau so wie du bist, wohingegen viele Blender in ihrer Selbstgerechtigkeit bei ihm nicht ankommen können.

Vielen Dank mariposa22 für die Worte. Ich muss aber sagen, dass ich mich damals nicht selbstgehasst habe (oder teilweise heute noch tue), wegen dem Missbrauch. Er ist ein Puzzleteil in einem mehr oder minder großen Bild. Natürlich hätte ich "Nein" sagen können. Aber "kleine" Kinder wissen nicht das Unrecht einzuordnen. Damals war für mich das sexuelle komplettes Neuland. Ich kannte es nicht und ob das "normal" ist oder "böse" wusste ich natürlich damals nicht. Ich war ca 9 Jahre als es anfing. Aber allein dafür mich zu hassen, dass ich das "mitgemacht" habe... Nein. Aber es spielt schon eine Rolle für meinen weiteren Werdegang.

 

Veröffentlicht von: @mariposa22

Du schreibst, du vertraust Psychologen nicht mehr. Das geht mir genauso. Ich habe in der Vergangenheit selbst erleben müssen, wie Psychologen alles nur noch schlimmer gemacht haben, weil sie mir ihre Sichtweisen aufdrücken wollten, die ich absolut nicht nachvollziehen konnte, und mich noch unfähiger fühlte. Wenn es nach mir ginge, würde ich ein Warnzeichen auf ihre Praxisschilder anbringen.

Da haben wir eine ähnliche Sichtweise. Nach dem Tod meiner Schwester (ich war damals 6 und ein knappes halbes Jahr in der Grundschule) schickten unsere Eltern uns zu einem Kinderpsychologen. Ob er gut oder schlecht war, kann ich nicht beurteilen. Ich zumindest habe es wie eine Art Freizeit mit malen und ein wenig Reden empfunden. Aber nichts, was rückblickend mir geholfen hätte. Oder es hat geholfen und ich habs nicht gemerkt.

Danach war ich mit 19 bei einem Psychologen mit meiner damaligen Freundin eben wegen diesem Missbrauch. Er war der erste Mensch, dem ich das erzählt habe. Der Grund für den Besuch beim Psychologen war, dass ich ca 4 Monate vorher anfing am linken Unterarm zu ritzen. Also ging ich auf wirken meiner damaligen Freundin dorthin. Und er war derjenige der meinte "das ist normal. Kinder und auch Geschwister erkunden sich gegenseitig". War auch mein letzter Besuch dort.

Der 2. war 2 Jahre später nicht besser. Seine Frage war, ob es wirklich Missbrauch war oder nur ein Erkunden. Ich hab mir unhöflicherweise erlaubt zu fragen, ob ein "nimm meinen ... in die Hand und mach solange bis was rauskommt" oder ein "leg dich von hinten auf mich und reib dich an meinem ... zum Erkunden oder zum Kuscheln zählt?". Ja, ich kann auch Zynisch sein (Rheinländer halt).

 

Veröffentlicht von: @mariposa22

Ich würde da eher auf eine Heilung durch Jesus setzen. Und das wird passieren, da kannst du dir sicher sein. Jesus sagte zu einem Gelähmten "Steh auf, nimm dein Bett und geh" (Joh 5,6). Für mich bedeutet das, einfach weitermachen, so als wäre alles ganz normal und so, als hätte man keine seelischen Verwundungen davongetragen. Auch wenn das bedeutet, man liegt abends im Bett wach, schreit Gott an und fragt nach dem Warum. Irgendwann kommt der Augenblick, wenn die erste Schicht des Traumas abfällt, und man ein bisschen mehr Frieden spürt, dann fällt die nächste ab usw. Vielleicht ist es eine Lebensaufgabe sämtliche Schichten fallen zu lassen, aber es wird immer besser.

Die Phase habe ich schon hinter mir. Noch nicht ganz, aber weitestgehend. Ich möchte nicht sagen, dass ich es nur für mich allein ausgemacht habe. Gott hatte da einen schon großen Anteil. Ja, ich habe viele Jahre geritzt und mit Selbsthass verbracht. Nicht nur wegen dem Missbrauch. Meine Brüder wurden beruflich sehr sehr erfolgreich, ich nicht. Meine Brüder gründeten Beziehungen und Familien, ich nicht. Über meine Brüder wird stolz erzählt, das sie tolle Jobs haben und Frau und Kinder, über mich eher mal kurz etwas nettes gesagt. 

Meine Eltern lieben mich, wie jeden meiner Brüder. Das weiß ich. Und das tun sie wirklich. Der Selbsthass rührte eher daher, dass ich in Zugzwang kam, es denen gleich zu tun. Aber so bin ich nicht. Meine Brüder sind ... wie soll ich sagen... Kapitalistisch-Gesellschaftsorientiert. Denen ist es wichtig, was die Menschen drumherum sagen und wollen großes Ansehen. Aber das bin ich nicht. Und es brauchte seine Zeit, das zu verstehen und zu leben. Ich will keine 8000 Euro im Monat verdienen wie die beiden. Ich möchte nicht 15 Std am Tag arbeiten, damit die anderen sagen "wow, der arbeitet so viel". Ich muss kein großes Haus haben oder das große Sparkonto.

Ich bin nicht materialistisch. Lieber wenig in der Tasche, aber emotional bei dem Menschen mir gegenüber. Lieber nur ein Wohnwagen, als ständig hoffen, dass das Haus groß genug für die falschen Leute ist.

Ich bin eher sozial orientiert. Und auch wenn ich derzeit Arbeitslos bin, helfe ich anderen Menschen. Überwiegend in dem was gelernt habe. Und es hilft Ihnen sehr. Auch wenn ich damit nichts verdiene.

 

Veröffentlicht von: @queequeg

"Ich würde da eher auf eine Heilung durch Jesus setzen."

Da sprechen meine Erfahrungen deutlich gegen. Ich hatte mit einer Unmenge Menschen zu tun, die genau das jahrelange gemacht haben, ohne dass sich etwas verbessert hätte. Was für nicht wenige dann bedeutete, dass Gott sie auch nicht haben wollte. Es wurde daher nicht besser, sondern schlechter.

Ich kann jetzt nur meine Sicht dazu sagen:

Ein Psychologe hilft, zu sich selbst zu finden und sich dadurch auch selbst zu helfen. Nichts anderes macht Gott. Die Psychologen nehmen einen an die Hand und führen sie den Weg lang. Dieser gabelt sich manchmal und jeder entscheidet, welchen Pfad er nimmt. Ein Psychologe hält nur die Hand, stolpern wird man immer selbst.

Damals habe ich aber auch gedacht, Gott hilft mir aus der Klemme. Gott, wird das schon richten. Gott, zieht mich da raus. Nein, Gott ist nur dabei. Stolpern und fallen werde ich selbst, aber er reicht die Hand um wieder aufzustehen.

Was mir missfällt, bei Psychologen weniger bei Psychiatern mehr, Medikamente. Nimm das und das und es geht dir besser. Das ist Symptombehandlung, keine Ursachenbewältigung.

Wenn Psychiater und Psychologen helfen, frage ich mich, warum meine Mutter seit 7 Jahren zu einem Psychiater geht wegen PTBS und Depressionen, aber es nicht besser wurde? Warum ich 4 Jahre lang bei einem Psychologen war wegen "Boderline" und es keine Besserung gab?

Mittlerweile hab ich die Bestätigung, es war keine Borderline. Und irgendwie hab ich das "allein" in den Griff bekommen. Es braucht nur ein paar gute Freunde mit viel Zeit zum Reden, auskotzen und Unterstützung mit guten Worten und Ehrlichkeit.

Ich habe meine Depressionen und mein Ritzerei ohne Psychologen hinbekommen.

 

Veröffentlicht von: @kommode

Das ist so einfach nicht richtig. Heilung durch Jesus KANN erfolgen, ist schon oft geschehen. Aber daraus zu schlußfolgern, dass es 'passieren wird, man sicher sein kann' ist nicht haltbar. Was Du schreibst, ist allen gegenüber, bei denen dies nicht der Fall ist, sogar sehr unfair.

Dem schließe ich mich zumindest größtenteils an. Manchen hilft diese Art "Arzt". Manchen ist das aber auch eher kontroproduktiv. Einzig NUR die Heilung durch Jesus oder Gott halte ich selbst auch für zu einseitig. Der Glaube hilft sehr viel. Keine Frage. Aber sie halten, wie gesagt, nur die Hand. Es braucht gute Freunde, Liebe und einen starken Willen das zu bewältigen.

 

Veröffentlicht von: @kommode

Schade, dass auch Du an Psychologen geraten bist, die Dir keine Hilfe waren. Das tut mir leid. Auch an Dich mein Wunsch, einen passenden Ansprechpartner zu finden, wenn/falls Du irgendwann einen weiteren Versuch wagen möchtest.

Und genau DAS ist einer der Gründe, warum ich mich hier an das Forum gewandt habe. Hier wird man ernst genommen, nichts lächerlich gemacht, ungeniert offen sprechen, und es wird "zugehört". Man bekommt Ratschläge, ist nicht allein und man bekommt unter anderem Zuspruch.

Veröffentlicht von: @queequeg

"Aber daraus zu schlußfolgern, dass es 'passieren wird, man sicher sein kann' ist nicht haltbar."

Nein, natürlich nicht. Aber solche Äußerungen setzten oft - auch wenn es so nicht gemeint ist - einen Standard, an dem sich die Menschen messen und dann abgrundtief enttäuscht werden. Damit werden dann Vorstellungen von Alternativen zu einer Therapie zu einer weiteren traumatischen Erfahrung.

Es war wohl nicht als "Statement of Standard" gemeint, sondern vielmehr, man soll nicht nur auf Gott hoffen, dass er/sie alles regelt, sondern man muss auch selbst etwas tun. So wie ich es getan habe. Psychologen und Psychiater kamen mit Medikamenten mit denen "es mir besser gehen wird und ich MUSS sie immer einnehmen". Erinnert ein wenig an "ich hab Fieber, also nehm ich ein Fiebersenkendes Mittel" anstatt den wahren Grund für die Ursache zu finden.

Ich habe all meine Baustellen weitesgehend mit mir selbst ausgemacht und akzeptiert. Was nicht heisst, dass die Baustellen komplett abgeschlossen sind.

 

Veröffentlicht von: @queequeg

Das hat sich dann glücklicherweise vor vielleicht 20-25 Jahren geändert, so dass die Mitarbeiter entsprechender Beratungsstellen seither eine fundierte Ausbildung bekommen, die sich an den Realitäten des menschlichen Seelenlebens orientiert und nicht an religiösen Wunschbarkeiten. Dadurch ist dann auch die Hilfe für Betroffene deutlich besser geworden. Es kam sogar einige Male vor, dass jemand von einer Beratungsstelle zu einem Therapeuten delegiert wurde.

Das sollte aber auch umgekehrt passieren können. Manchmal ist es auch "nur" der Mangel an sozialter Teilhabe, die Menschen emotional versiegen lassen und dadurch ein ungesunder Kreislauf entsteht. Vielen hilft es, sich "einfach" nur mal mitzuteilen, verstanden werden zu wollen. Ernstgenommen zu werden. Natürlich kann das auch ein Psychologe. Aber er kann auch in Gruppen vermitteln, die ihn "überflüssig" werden würden.

 

Ich habe so einige Baustellen. Das gebe ich zu. Die meisten habe ich gelernt mit meinen Freunden angegangen. Beendet sind die Baustellen alle noch nicht. Aber viele davon habe ich durch Freunde, durch Fremde und durch Akzeptanz weitestgehend beendet und bin beim Abbau.

Natürlich nagt es an mir, dass mein Eltern "stolz" auf meine Brüder sind, weil sie BERUFLICH erfolgreich sind. Familien gegründet haben und mittlerweile Kinder haben. Ich werde keine Kinder mehr zeugen, das ist sicher. Aber Sollten Eltern nicht auf die Kinder stolz sein, wenn sie für sich ein Leben gefunden haben, in dem sie für sich glücklich sind? Klar, die Eltern sind so erzogen worden, dass man beruflich erfolgreich sein muss, dass man finanziell gut darsteht, dass ein Gros der Gesellschaft zu einem heraufschaut. Aber das ist doch alles nur materiell.

Meine beiden Brüder sind ihren Frauen fremdgegangen. Beider Frauen meinen Brüdern. Was ist denn das für ein "Stolz"? Tut mir leid, so etwas habe ich in meinen kurzen 40 Jahren nicht einmal "geschafft". Treue, loyalität, Bedingungslosigkeit, Sozialität... Und vor allem glücklichsein, wenn das Kind mit seinem Leben zufrieden ist. Aber man kann ja nicht zufrieden und glücklich sein, wenn man nicht arbeitet oder nicht erfolgreich ist.

Ich habe jetzt schon viel zu viel geschrieben. Es tut mir leid. Aber ich wollte zu  möglichst vielen Posts antworten.

saturius antworten
3 Antworten
Queequeg
(@queequeg)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 5678

@saturius 

Ein Bisschen fachliche Aufklärung:

Ein Psychiater ist immer ein Arzt mit fachärztlicher Ausbildung. Sein Arbeitsfeld sind Erkrankungen eines Menschen, die man "endogen" nennt, also sozusagen ohne erkennbare Begründung aus dem Inneren kommen und letztlich Fehlfunktionen der hirnphysiologischen Abläufe sind. Hierzu zählen vor allem die Psychosen und endogenen Depressionen. Daneben wären noch die hirnorganischen und körperlich begründbaren Erkrankungen (z.B. Stoffwechselstörungen) zu nennen.

Ein Psychotherapeut kann ein Arzt oder Psychologe sein. Ein ärztlicher Psychotherapeut hat nach seinem Medizinstudium irgendeine Facharztausbildung gemacht - in der Regel Psychiatrie - und im Anschluss daran die Ausbildung zum Therapeuten.

Aus historischen Gründen ist es oft so, dass es einen "Arzt für Psychiatrie und Neurologie" mit der Zusatzausbildung "Psychotherapie gibt. Wer sich so in drei Fachbereichen niederlässt - sage ich jetzt mal ganz frech - kann in keinem Gebiet wirklich gute Arbeit leisten. Schon Psychiatrie und Psychotherapie gehen zusammen in ambulanter Arbeit kaum.

Ein Psychologe ist - wie der Name schon sagt - kein Arzt, sondern eben Psychologe, der aber auch eine Zusatzausbildung braucht, um Therapeut sein zu können.

Meist sind Psychologen Verhaltenstherapeuten und Ärzte Tiefenpsychologen.

Das ist für jemanden, der Hilfe sucht, ziemlich verwirrend und oft muss man erst eine Odyssee durchlaufen, bis man den richtigen Therapeuten gefunden hat.

Ansonsten - klar, kein Therapeut, egal ob Arzt oder Psychologe, kann für den Patienten die Welt ändern. Aber wenn er gut ist, kann er den Patienten begleiten, so dass er den Mut finden kann, sich Aspekten seines Lebens zu öffnen, die er bislang immer vermieden hatte.

Das kann theoretisch auch im Kontakt mit Freunden oder einem Partner gelingen. Das Problem hier ist nur, dass so gut wie immer ein solcher Gesprächspartner eigene Vorstellungen und Wünsche hat, wie der Betreffende reagieren soll und das sabotiert dann eine Veränderungsmöglichkeit. So etwas ist bei einem Therapeuten seltener zu erwarten, aber leider auch nicht prinzipiell unmöglich.

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(@kommode)
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@saturius Moin 🙂

Und bitte entschuldigt mein etwas längeres Fernbleiben. Ich bzw wir (meine beiden Brüder, ich und mein Vater) besprechen momentan Erbschaftsmodalitäten. Und da sind noch ein paar unschöne Dinge meiner Brüder zur Sprache gekommen (die mich betreffen).

Ich sehe schon... Dir wurde nicht langweilig... 🙁 Erbschaftsfragen sind ein super gutes Thema, um alte Wunden aufzureißen, ungeklärte Konflikte in die Runde zu schmeißen, mal loszuwerden, was man dem anderen schon immer an den Kopf werfen wollte etc. Für manche Familie DAS Thema, das (endlich) die Wahrheit in den Beziehungen ans Licht bringt. Birgt Chancen und Risiken.
Euch wünsche ich das richtige Maß, den angemessenen Ton und viel Weisheit für Entscheidungen.

Und genau DAS ist einer der Gründe, warum ich mich hier an das Forum gewandt habe. Hier wird man ernst genommen, nichts lächerlich gemacht, ungeniert offen sprechen, und es wird "zugehört". Man bekommt Ratschläge, ist nicht allein und man bekommt unter anderem Zuspruch.

Danke für Dein Feedback!

Manchmal ist es auch "nur" der Mangel an sozialter Teilhabe, die Menschen emotional versiegen lassen und dadurch ein ungesunder Kreislauf entsteht. Vielen hilft es, sich "einfach" nur mal mitzuteilen, verstanden werden zu wollen. Ernstgenommen zu werden. Natürlich kann das auch ein Psychologe. Aber er kann auch in Gruppen vermitteln, die ihn "überflüssig" werden würden.

Menschen, Erlebnisse, Umstände sind so unterschiedlich und wenig miteinander vergleichbar. Umso schöner und wichtiger finde ich es auch, dass es bei Angeboten zur (Selbst)Hilfe ebenfalls eine große Bandbreite gibt. Der Nachteil: Eine große Auswahl macht es oftmals nicht leichter, das für einen selbst passende herauszufiltern. Wer weiß schon sofort, was er benötigt, welche Unterstützung ihm gut täte? Manche Menschen wissen, wenn sie sich wegen 'ich reagiere manchmal so seltsam' an jemanden wenden, noch nicht im Ansatz, was los ist und wie ihr Weg aussehen könnte. Selten ist der erste Ansprechpartner (ob nun Beratungsstelle, Psychologe/therapeut, Seelsorger/Freund) der, der einen dann bis zu einem Abschluss der Baustelle, begleitet.
Leider ist die Suche nach einer Begleitung immer auch mit Frust, Zweifel an sich und dem Gegenüber verbunden - und viele geben auf. Ich verstehe das - möchte aber weiter alle ermutigen, sich trotz Rückschlägen Unterstützung zu suchen, wenn das Bedürfnis danach da ist. Jede(r) ist es wert, nicht alleine durch irgendwas durchzumüssen.

Beendet sind die Baustellen alle noch nicht. Aber viele davon habe ich durch Freunde, durch Fremde und durch Akzeptanz weitestgehend beendet und bin beim Abbau.

...und es wird in jedem Leben Baustellen geben, die nicht abgeschlossen werden (können). Kaum ist der letzte Meter Pflasterung verbaut, reißt im vorderen Abschnitt wieder eine Wurzel etwas auf oder eine Stelle erweist sich im Nachhinein als nur notdürftig geflickt. Gut, wenn der Untergrund, auf den die Pflastersteine verlegt werden, stabil und tragfähig ist.
Es macht durchaus Sinn, dass Therapeuten sich in der Regel erst um Stabilisierung bemühen, bevor sie heikle Themen angehen.
'durch Akzeptanz weitestgehend beendet' Ja, es gibt auch Baustellen, bei denen man den Zustand so akzeptiert, wie er ist. Nicht jede Kopfsteinpflaster-Buckelpiste muss topfeben werden. Manchmal macht es das Leben mit Unvermeidbarem leichter, wenn man es ohne sich zu verbiegen und ehrlich vor sich selbst akzeptieren kann.

Natürlich nagt es an mir, dass mein Eltern "stolz" auf meine Brüder sind, weil sie BERUFLICH erfolgreich sind. Familien gegründet haben und mittlerweile Kinder haben. Ich werde keine Kinder mehr zeugen, das ist sicher. Aber Sollten Eltern nicht auf die Kinder stolz sein, wenn sie für sich ein Leben gefunden haben, in dem sie für sich glücklich sind? Klar, die Eltern sind so erzogen worden, dass man beruflich erfolgreich sein muss, dass man finanziell gut darsteht, dass ein Gros der Gesellschaft zu einem heraufschaut. Aber das ist doch alles nur materiell.

Meine beiden Brüder sind ihren Frauen fremdgegangen. Beider Frauen meinen Brüdern. Was ist denn das für ein "Stolz"? Tut mir leid, so etwas habe ich in meinen kurzen 40 Jahren nicht einmal "geschafft". Treue, loyalität, Bedingungslosigkeit, Sozialität... Und vor allem glücklichsein, wenn das Kind mit seinem Leben zufrieden ist. Aber man kann ja nicht zufrieden und glücklich sein, wenn man nicht arbeitet oder nicht erfolgreich ist.

Kommunizieren das Deine Eltern so deutlich? Oder ist das das, was Du empfindest, was bei Dir ankommt?

Sollten Eltern nicht auf die Kinder stolz sein, wenn sie für sich ein Leben gefunden haben, in dem sie für sich glücklich sind?

Definitiv!

Hab noch einen guten Tag!

LG

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Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21584

@saturius 

Natürlich nagt es an mir, dass mein Eltern "stolz" auf meine Brüder sind, weil sie BERUFLICH erfolgreich sind. Familien gegründet haben und mittlerweile Kinder haben. Ich werde keine Kinder mehr zeugen, das ist sicher. Aber Sollten Eltern nicht auf die Kinder stolz sein, wenn sie für sich ein Leben gefunden haben, in dem sie für sich glücklich sind?

Wer sollte denn festlegen,was Kinder "sollten"? Zu irgendwelchen historischen Zeiten waren Eltern stolz,wenn ihr Sohnemann eigenhändig in einem Krieg jede Menge Leute getötet hat und siegreich aus der Schlacht hervorging. Heute eher unvorstellbar (Aber wer weiss...).

Soll heissen: Die Werte deiner Eltern müssen keineswegs die gleichen Werte sein, die dir etwas bedeuten. Du hast ja schon geschrieben, dass dir Ehrlichkeit und ein aufrichtiger sozialer Umgang mehr bedeuten. Und ja, das IST etwas wertvolles, das viele Leute nicht haben - und nicht alle wissen das zu schätzen. Daran wirst du wohl auch nichts ändern können, viele schauen da haltmehr auf das Äusserliche. Und leider wird das durch die Gesellschaft gestützt. Trotzdem bestimmst du selbst, was du für wertvoll hälst - und niemand sonst.

Und genau DAS ist einer der Gründe, warum ich mich hier an das Forum gewandt habe. Hier wird man ernst genommen, nichts lächerlich gemacht, ungeniert offen sprechen, und es wird "zugehört". Man bekommt Ratschläge, ist nicht allein und man bekommt unter anderem Zuspruch.

Muss man natürlich auch vorsichtig sein. Ich weiss aus Erfahrung, dass die Anonymitätrecht gut tun kann bei manchen Fragen... aber man sollte sich natürlich nicht zuviel versprechen.

Aber ich denke, du kannst das schon ganz gut einordnen...

 

 

 

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Saturius
Themenstarter
Beiträge : 11
Veröffentlicht von: @queequeg

Ein Bisschen fachliche Aufklärung:

Vielen Danke erstmal für deine überaus schnelle Antwort auf mein leider sehr lang geworden Post (Aber ich hab ja auch ein paar Tage nicht geantwortet).

Ich weiß den Unterschied zwischen Psychologe und Psychiater. Der eine hat ein Medizinstudium hinter sich mit anschließender Spezalisierung, der andere hat ein ganz anderes Studienfach. Deshalb darf der Psychiater auch Rezepte austellen der Psychiater nicht.

 

Veröffentlicht von: @queequeg

Aus historischen Gründen ist es oft so, dass es einen "Arzt für Psychiatrie und Neurologie" mit der Zusatzausbildung "Psychotherapie gibt. Wer sich so in drei Fachbereichen niederlässt - sage ich jetzt mal ganz frech - kann in keinem Gebiet wirklich gute Arbeit leisten. Schon Psychiatrie und Psychotherapie gehen zusammen in ambulanter Arbeit kaum.

Und genau das sehe ich als das Problem. "Ich kann viel, aber nicht alles wirklich richtig". Daher auch wohl der Rezeptblock (sarkasmus meinerseits).

Von Psychiatern mache ich aus persönlicher Überzeugung ohnehin einen Bogen. Natürlich können die Medikamente gewisses Verhalten und Denkweisen beeinflussen oder verändern. Aber Sinn ist, das Problem zu lösen, nicht die Symptome.

 

Veröffentlicht von: @queequeg

Ansonsten - klar, kein Therapeut, egal ob Arzt oder Psychologe, kann für den Patienten die Welt ändern.

Das erwartet (hoffentlich) keiner. Meine Einstellung zu diesen chemischen Pharmazeutika/Psychopharmazeutika sei mal dahingestellt. Aber, und bitte ich spreche nicht über alle Psychologen, sind Psychologen nur gut bezahlte Zuhörer, die einem im Gespräch einen Gedankenschubs geben und sonst nur das Schema F runterbeten, was im Buch steht. So jedenfalls mein Erfahrung. Und ich war bei 7 verschiedenen. Darunter in einer anthroposophischen Tagesklinik. Wer dem was abgewinnen mag, ok. Aber Buchstabentanzen (kein Scherz), und Stühle im Werkunterricht zimmern... Gut, es gab auch Spaziergänge. Aber auch die hatten mich entlassen, dass bei mir keine Therapie nötig wäre (so im Entlassungsbericht nach 2 Wochen). Das war 2008.

Man muss diese Art der Therapie mögen. Geb ich zu. Aber all das mach ich privat schon zur Genüge.

 

Es soll auch niemand für mich die Welt ändern. Ich möchte nur endlich verstehen... "Warum?". Es wird wohl nie eine Antwort darauf geben. Aber es ist viel in meinem Leben passiert. Ich fange schon fast an, mich mit Hiob zu vergleichen:

Meine Schwester und beste Freundin im Kindalter genommen. Danach sexueller Missbrauch durch den Bruder. Ab der 5. Klasse der Aussenseiter und Punchingball zu sein (Neurodermitis damals wirklich schlimm, ich war damals dick, mein riesen Muttermal am Auge), am Ende meiner Ausbildung beim Gericht wurde ich von den Mitazubinen 4 Wochen vor Prüfung ausgegrenzt und gemobbt, vorher aber beliebt. Beim Landgericht rausgeflogen, weil eine "berüchtigte" Angestellte mich angelernt hat. Danach fing die Ritzerei an. Ich bin von einer Beziehung in die nächste gesprungen (wovon ich keine einzige selbst beendet habe),... Dann kamen die Minderwertigkeitsgefühle an weil auch mein kleiner Bruder anfing zu studieren und mein großer schon gut im Job war. Und ich hatte nix vorzuweisen. Dadurch vllt immer wieder die nächste Freundin verloren.

Mit 32 hatte ich dann eine Freundin, von der ich mich trennte, die mich dann aber bei der Trennung mit Tritt in den Rücken die Treppe runterstieß und ich deshalb mein Knie verlor. Ich konnte meinen Hobbies Radfahren und Wandern nicht nachgehen, bis heute (Das war meine Freizeit und mein Leben... Natur, draußen sein, unterwegs sein), selbige hat mir meinen Führerschein durch eine Lüge gekostet...

Soll nicht nach Mitleid klingen, aber ja, ich habe wirklich fast alles verloren, was mir wichtig war. Und dann kommt die Erwartung/Druck, ich muss beruflich viel erreichen, sonst kann man nicht glücklich sein, meiner Eltern. Ich bin auch mit wenig Geld bzw Einkommen glücklich. Aber "das kann man nicht. Man muss arbeiten, um zufrieden zu sein".

 

Ich sag ja, nicht nur eine Baustelle

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Saturius
Themenstarter
Beiträge : 11
Veröffentlicht von: @kommode

Kommunizieren das Deine Eltern so deutlich? Oder ist das das, was Du empfindest, was bei Dir ankommt?

Leider ja. Sie sagen zwar allgemein "hauptsache ihr seid glücklich" (also wir 3 Söhne). Aber ja, die sagen es sehr deutlich, dass sie es schade finden, dass ich momentan nicht arbeiten gehe, dass ich früher nicht das Abitur gemacht habe, dass ich nicht so erfolgreich wie meine Geschwister bin. Aber wäre ich wie meine beiden Brüder wäre ich sozial und moralisch "unschön". Ich sage jedesmal, ich bin glücklich und zufrieden mit meinem Leben. Sicher könnte das eine oder andere besser laufen. Aber kein Leben ist perfekt.

Aber mein Vater ist noch vom alten Schlag... "Ohne Arbeit kannst du nicht glücklich sein. Mit wenig Geld, kann man nicht zufrieden sein..."

Mit Sicherheit werde ich irgendwann auch wieder in Arbeit sein. Aber auch dann verdiene ich keine 3000 Brutto. Aber das hat andere Gründe (persönliche Überzeugung die auch kaum einer nachvollziehen kann oder will)

Meine Mutter ist da etwas "verständnisvoller". Ich ziehe mein Glück und Wohl jedenfalls nicht aus beruflichem Erfolg, Einkommen und daraus resultierender Bewunderung Fremder.

 

Veröffentlicht von: @kommode

Dir wurde nicht langweilig... 🙁 Erbschaftsfragen sind ein super gutes Thema, um alte Wunden aufzureißen, ungeklärte Konflikte in die Runde zu schmeißen, mal loszuwerden, was man dem anderen schon immer an den Kopf werfen wollte etc. Für manche Familie DAS Thema, das (endlich) die Wahrheit in den Beziehungen ans Licht bringt. Birgt Chancen und Risiken.
Euch wünsche ich das richtige Maß, den angemessenen Ton und viel Weisheit für Entscheidungen.

Ja, Erbschaftssachen sind ein wunderschöner Zeitvertreib. Dabei geht es sich aber nicht, sich gegenseitig irgendwas an den Kopf zu werfen. Es geht sich um einen Schenkungsvertrag zwischen meinen beiden Brüdern und mir. Ich hatte vorher schon vor ein paar Dingen gewarnt, als mein Vater sein Haus auf die beiden übertragen hat. Aber beachtet wurde davon nichts und jetzt muss ich schauen, wie wir das wieder über den Vertrag ausbügeln.

Und O-Ton meines Vaters "Du bist schuld, dass es jetzt so ein Kuddelmuddel gibt". Ich habe denen die rechtlichen Konsequenzen gesagt, wie sie es am besten machen sollten. Aber ich hab ja keine Ahnung und der Notar hätte was ganz anderes gesagt. Dass ich aber recht hatte und hätten sie sich dran gehalten, wäre es jetzt kein Thema mehr. Ich war ja beim Landgericht beschäftigt, ich habs ja nur gelernt. Und privat halte ich mich auch juristisch immer auf dem neuesten Stand, weil ich das noch nebenberuflich mache. Aber ich hab ja keine Ahnung.

Veröffentlicht von: @lucan-7

Soll heissen: Die Werte deiner Eltern müssen keineswegs die gleichen Werte sein, die dir etwas bedeuten. Du hast ja schon geschrieben, dass dir Ehrlichkeit und ein aufrichtiger sozialer Umgang mehr bedeuten. Und ja, das IST etwas wertvolles, das viele Leute nicht haben - und nicht alle wissen das zu schätzen. Daran wirst du wohl auch nichts ändern können, viele schauen da haltmehr auf das Äusserliche. Und leider wird das durch die Gesellschaft gestützt.

Schade ist es dennoch. Wenn mich Fremde wegen meiner Lebenseinstellung oder Lebensansicht kritisieren ist es ok. Aber von der eigenen Familie ausgegrenzt zu werden deswegen ist schon ein anderes Gefühl. Vor allem bin ich ja auch mittlerweile glücklich und Zufrieden.

Bis vor 3 Jahren war ich nicht zufrieden oder wirklich glücklich. Ich hab das getan, was man von mir erwartet hat, wie man es von mir erwartet hat. Ich stand ständig unter Druck es anderen Recht zu machen. Und das habe ich vor 3 Jahren geändert. Es ist schließlich mein Leben und ich muss es Leben. Nicht meine Eltern, Brüder oder sonst wer. Aber die sind eben der Meinung, ohne beruflichen und finanziellen Erfolg kann das nicht sein.

Ich bin mehr der Naturtyp, also gern im Feld und Wald spazieren und Fotos machen. Gerne weg vom Lärm, Stress und Hetze der Stadt (deshalb hält es mich hier auch nicht ewig). Tierlieb und mit einer großen sozialen Ader und emotional und letzteres ist dann auch hinderlich.

Veröffentlicht von: @lucan-7

Muss man natürlich auch vorsichtig sein. Ich weiss aus Erfahrung, dass die Anonymitätrecht gut tun kann bei manchen Fragen... aber man sollte sich natürlich nicht zuviel versprechen.

Aber ich denke, du kannst das schon ganz gut einordnen...

Ich erwarte hier keine Wunder in Form von, es wird alles wieder so gut wie ungeschehen etc. Aber es hilft auch häufig einfach mal sich mitteilen zu können. Die Meinungen anderer zu hören/lesen. Sich mal ausschütten zu können. Ein Teil der Selbsthilfe.

 

saturius antworten
2 Antworten
Mariposa22
(@mariposa22)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 475

Leider ja. Sie sagen zwar allgemein "hauptsache ihr seid glücklich" (also wir 3 Söhne). Aber ja, die sagen es sehr deutlich, dass sie es schade finden, dass ich momentan nicht arbeiten gehe, dass ich früher nicht das Abitur gemacht habe, dass ich nicht so erfolgreich wie meine Geschwister bin. Aber wäre ich wie meine beiden Brüder wäre ich sozial und moralisch "unschön". Ich sage jedesmal, ich bin glücklich und zufrieden mit meinem Leben. Sicher könnte das eine oder andere besser laufen. Aber kein Leben ist perfekt.

Aber mein Vater ist noch vom alten Schlag... "Ohne Arbeit kannst du nicht glücklich sein. Mit wenig Geld, kann man nicht zufrieden sein..."

 

Dazu fällt mir der Ausspruch von Jesus ein: Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. (Mt 10,34-36; EÜ) und Wenn einer kommt zu mir und nicht hasst seinen Vater und seine Mutter und die Frau und die Kinder und die Brüder und die Schwestern und auch noch sein eigenes Leben, nicht kann er sein mein Schüler (Lk 14,26).

 

Das was du beschreibst, kenne ich auch in ähnlicher Weise. Ich war immer das Sorgenkind und meine Eltern haben das unbewusst ausgenutzt, um von ihren eigenen Missständen abzulenken. Aber das ist Vergangenheit und ich habe mich davon befreien können. Heute können wir uns auf Augenhöhe begegnen. Es ist nicht leicht, sich vom Einfluss der Familie zu befreien und ein eigenes selbstbestimmtes Leben zu führen. Es ist in einem drin, dass man den Eltern gefallen will. Im Grunde genommen wartet man darauf, dass die Eltern anerkennen, dass man erwachsen ist und bereit ist, sich dem Leben zu stellen. Irgendwie will man einen Freifahrtschein von den Eltern, den man aber möglicherweise niemals erhält. Viele Eltern wollen gar nicht, dass die Kinder sich ablösen, weil sie Angst davor haben, dass die Kinder mit ihrem eigenen Leben den Eltern vor Augen führen, was mit deren eigenem Leben nicht stimmt. Die Kinder könnten ja genau das besser machen, worin sie selbst versagt haben. Dabei spreche ich nicht von materiellem Kram. Und leider ist man als Kind versucht, den Eltern den Gefallen zu tun, sich nicht zu befreien, weil man ihnen keinen Schmerz zufügen will

Ich habe den Eindruck, du bist ein sehr reflektierter Mensch, der sich nicht so leicht in ein Schema pressen lässt. Ich denke, du bist auf dem richtigen Weg. Bleib wie du bist! 

 

mariposa22 antworten
komMODe
Moderator
(@kommode)
Beigetreten : Vor 18 Jahren

Beiträge : 372

@saturius 

Hallo Saturius

Leider ja. Sie sagen zwar allgemein "hauptsache ihr seid glücklich" (also wir 3 Söhne). Aber ja, die sagen es sehr deutlich, dass sie es schade finden, dass ich momentan nicht arbeiten gehe, dass ich früher nicht das Abitur gemacht habe, dass ich nicht so erfolgreich wie meine Geschwister bin...

Aber mein Vater ist noch vom alten Schlag... "Ohne Arbeit kannst du nicht glücklich sein. Mit wenig Geld, kann man nicht zufrieden sein..."

Das tut mir leid.
Es ist schwer, mal aus einer anderen Richtung auf eine Situation zu schauen, mit anderen Maßstäben an eine Frage heranzugehen. Eltern haben ja oft eine genauere Vorstellung davon, wie ihr Kind glücklich wird und bleibt, als das Kind selbst 😉 Meistens meinen sie es auch gut - und die Flexibilität wird im Älterwerden auch oft nicht besser, aber mittlerweile fordere ich gegenüber anderen da auch sowas wie Respekt ein: Du musst nicht gut finden oder es für Dich wollen, was ich wie mache oder lebe. Aber nimm es einfach als meine Entscheidung hin. Wir können sie diskutieren, Du kannst mir Deine Meinung dazu sagen. Aber am Ende ist meine Entscheidung die, die zählt.

Und O-Ton meines Vaters "Du bist schuld, dass es jetzt so ein Kuddelmuddel gibt".

*seufz* Da wird mal wieder der Bock zum Gärtner gemacht... Schuldzuweisungen in dieser Sache und ein Nicht-Glauben(-Wollen) der Übergriffe Deines Bruders. Wegsehen und das Weiterreichen von Verantwortung... leider ein übliches Schema.

LG
komMODe

kommode antworten
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