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Bipolare Störung


wollschaf
Themenstarter
Beiträge : 1

Hallo Zusammen,

ich bin schon lange Mitglied im Forum, war aber lange Zeit nicht hier aktiv.

Heute schreibe ich, weil ich sehr dringend Hilfe und Unterstützung suche.

Ein Angehöriger ist an der bipolaren Störung (manisch-depressive Erkrankung) erkrankt. Kennt jemand christliche Organisationen, Selbsthilfegruppen oder sogar hier im Forum Mitglieder, die selbst Betroffene oder Angehörige sind, für diese Erkrankung?

Ich bin dankbar für Tipps und Rückmeldung!

Antwort
9 Antworten
neubaugoere
Beiträge : 15262

Hallo wollschaf 🙂

auch wenn ich selbst früher Tendenzen in die manisch-depressive Richtung hatte und meine Nichte sich deswegen in Therapie befindet und ich in meiner alten Gemeinde eine krasse Form davon kennengelernt habe, kann ich doch nicht viel dazu sagen. Eine Therapie kann ich auf jeden Fall empfehlen und bei dem krassen Fall in der alten Gemeinde waren auch Medikamente im Einsatz. Es ist ja nichts Schlimmes daran, sich fachliche Hilfe zu holen von Therapeuten und/oder einem Psychiater. - Zu meiner Nichte besteht leider kein wirklicher Kontakt mehr. 

Du klingst etwas beunruhigt. Kann das sein? Wenn ja, was genau beunruhigt dich?

Lieben Gruß

neubaugoere antworten


Goldapfel
Beiträge : 1981

@wollschaf 

Eine inzwischen verstorbene Angehörige litt darunter. Ich weiß nur, dass sie wohl in manischen Phasen ihre Medis nicht nahm, was dann regelmäßig zu Katastrophen führte. Sie hatte keine Krankheitseinsicht und ihr Umfeld wusste insgesamt zu wenig über psychische Erkrankungen.

Das erwachsene Kind einer Freundin hat das auch vor einigen Jahren diagnostiziert bekommen. Es lebt aber recht gut damit, achtet auf einen ausgeglichenen Lebensstil mit genug Ruhe Phasen und Regelmäßigkeit und nimmt die Medikamente, hat m.W.n. auch Therapie. Krankheitseinsicht ist da und auch das Umfeld weiß darum. Dort läuft es ziemlich gut. Die Person weiß allerdings auch, dass sie vermutlich dauerhaft keine Vollzeit Stelle wird arbeiten können. Auch wenn sie sich dazu "fit" fühlt. In der Therapie lernt man wohl auch, auf Warnsignale zu achten.

Glücklicherweise ist das Stigma psychisch erkrankt zu sein, nicht mehr so groß, wie noch vor 40 Jahren und auch die Behandlungsmethoden sind besser geworden. 

Welche Art von Hilfe/Unterstützung erwartest du dir hier im Forum? Wie können wir dir konkret helfen?

 

 

goldapfel antworten
Evana2
 Evana2
Beiträge : 435

@wollschaf 

Meine Tochter hat einen Freund, der eine bi-polare Störung hat.

Sehr schwierige Beziehung, weil er selbst wenig Krankheitseinsicht hat und auch
seine Medikamente nicht regelmäßig nimmt.
Wenn er sie vergisst, wird er sehr verwirrt, depressiv, ist aber für uns leichter händelbar.
Wenn er sie über einen längeren Zeitraum nimmt, wird er sehr manisch und dann treibt er meine
Tochter zu überfordernden Handlungen an. Da ist er gar nicht mehr lenkbar. Er sieht nur noch seine 
Bedürfnisse, kann kein Nein akzeptieren.
Meine Tochter ist nun in der Loslassphase. Sie weiß, dass es keine dauerhafte Beziehung sein
kann, dass er hochgradig aggressiv werden kann und sie dann in Gefahr gerät, verletzt zu werden.
Aber den Schlussstrich zu ziehen, fällt sehr schwer.

So eine Krankheit überfordert das gesamte Umfeld und daher finde ich Selbstschutz am Wichtigsten. 

 

evana2 antworten
2 Antworten
Goldapfel
(@goldapfel)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 1981

@evana2 

Hallo Evana,

es tut mir leid, dass eure Situation so ist, wie sie ist und seine eigenen Grenzen zu kennen und zu schützen ist generell wichtig. Ich wünsche deiner Tochter, dass sie ihre Grenzen wahrnehmen kann, sowie dir als Mutter mit der ganzen Situation gut umgehen zu können. Es ist nie leicht, einem Kind zuzusehen, wie es leidet. Ich hoffe auch für den jungen Mann, dass er Krankheitseinsicht gewinnt und sich in gute ärztliche Behandlung begibt. Vielleicht auch zunächst in eine Form des betreuten Wohnens, um gesunde Strukturen zu lernen. Das wäre für ihn vielleicht hilfreich.

Dass du allerdings von vornherein sagst, so eine Krankheit überfordere das gesamte Umfeld, macht mir etwas Magenschmerzen. Die Threaderöffnerin wirkt bereits beunruhigt, inwieweit sie überfordert ist, kann ich nicht sagen. Zumal wissen wir zuwenig über den Angehörigen und die Ausprägung seiner Krankheit.

Meine Freundin war definitiv nicht mit der Krankheit ihres Kindes überfordert, obwohl das wohl anfangs auch heftiger war. Und wenn ich mich an einen länger zurück liegenden Fall in meiner alten Gemeinde erinnere, ist die Person dort auch inzwischen lange dank Medikamenten und Therapie ziemlich stabil, wenn das Umfeld damals auch zunächst Schwierigkeiten hatte, damit umzugehen.

Eine psychische Krankheit ist eigentlich immer eine  Herausforderung. Aber nicht unhandlebar. Und nicht immer Überforderung für das Umfeld. Manchmal kommt es auch auf das Umfeld an, wie tragfähig es ist. Selbsthilfegruppen für Angehörige können sowohl beim Mit-Tragen als auch beim 'persönliche Grenzen setzen' helfen, wenn es nötig ist.

goldapfel antworten
Evana2
 Evana2
(@evana2)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 435

@goldapfel 

Du hast natürlich recht, es kommt auch darauf an, wie tragfähig das Umfeld des Betreffenden
Ist und wie stabil man selbst ist. Es ist von Person zu Person unterschiedlich und kann nicht
verallgemeinert werden. Jeder Fall ist für sich zu behandeln und zu schauen, wie man damit
umgeht.

Ich wünsche der Threaderöffnerin viel Kraft und Weisheit und viel Hilfe und Hilfsangebote.
LG
Evana

evana2 antworten


Queequeg
Beiträge : 5634

@wollschaf 

Kontakte zu entsprechenden Organisationen und Selbsthilfegruppen sind in jedem Fall für Betroffene und Angehörige sinnvoll. Dabei wäre es zunächst von untergeordneter Bedeutung, ob diese christlich sind oder nicht, weil es in erster Linie um Informationen und das Gefühl, nicht alleine zu sein - auch wieder Betroffene und Angehörige - geht. Zusätzlich kann man dann ja noch nach einer passenden christlichen Gruppe suchen.

Das A und O ist in jedem Fall die medikamentöse Behandlung für die jeweiligen akuten Situationen und vor allem für die Langzeitprophylaxe. In der Zeit, als ich damit zu tun hatte, waren für die Langzeitbehandlung Lithium und ein Antiepileptikum Mittel der Wahl, mit denen man teilweise dramatische Verbesserungen der Lebenssituation erreichen konnte. Allerdings mussten beide Medikamentengruppe engmaschig blutchemisch kontrolliert werden. 

Was heute Standard ist, kann ich nicht sagen. In jedem Fall dürfte eine ebenfalls sehr engmaschige ärztliche Kontrolle angesagt sein. Falls das noch nicht durchgeführt wird, ist die Chance, jemanden dafür zu motivieren, in einer depressiven Phase am größten.

queequeg antworten
3 Antworten
Lachmöwe
(@seidenlaubenvogel)
Beigetreten : Vor 12 Jahren

Beiträge : 1527

@wollschaf Queequegs Beitrag kann ich voll und ganz unterschreiben. Was du als Angehörige tun kannst, hängt natürlich stark davon ab, wie sehr du Teil des unmittelbaren Umfelds bist. Entscheidend für den Betroffenen wird eine Krankheitseinsicht und die Behandlung sein. Bei der Behandlung kommt es - auch aus meiner Sicht - nicht auf eine christliche Ausrichtung an. Um weitere Tipps zu geben, müsstest du mehr preis geben. Wie akut ist die Krankheit? Ist ein Klinikaufenthalt notwendig? Geht es um eine Wiedereingliederung in den Alltag? …

Auch als Angehörige ist Unterstützung z.B. durch Angehörigengruppen hilfreich oder du findest für eine christliche Begleitung z.B. als Gebetspartnerschaft oder für Seelsorge.

Was die Erkrankung angeht, möchte ich dir Mut machen. Sicher kann niemand vorhersagen, wie sie sich entwickeln wird, aber sie ist grundsätzlich behandelbar. Im weiteren ein normales Leben zu führen, ist durchaus möglich. Und selbst wenn langfristig Einschränkungen bestehen sollten, gibt es begleitende Einrichtungen, die dabei helfen selbständig ein „gut strukturiertes“ Leben zu führen.

Ganz viel Kraft wünsch ich, guten Mut und viel Zuversicht!

seidenlaubenvogel antworten
tristesse
(@tristesse)
Beigetreten : Vor 2026 Jahren

Beiträge : 19088

@queequeg 

Das A und O ist in jedem Fall die medikamentöse Behandlung für die jeweiligen akuten Situationen und vor allem für die Langzeitprophylaxe. In der Zeit, als ich damit zu tun hatte, waren für die Langzeitbehandlung Lithium und ein Antiepileptikum Mittel der Wahl, mit denen man teilweise dramatische Verbesserungen der Lebenssituation erreichen konnte. Allerdings mussten beide Medikamentengruppe engmaschig blutchemisch kontrolliert werden. 

Das kann ich nur unterstützen!

Ich hab zwei bipolare Kontakte im Freundeskreis. Eine Person hat sich einstellen lassen und nimmt Medikamente und wir zusätzlich noch durch eine Psychologin betreut. Sie hat gute und schlechte Tage, aber sie kann arbeiten, Kontakte pflegen und ein halbwegs normales Leben führen.

Die andere Person verweigert die Einstellung und Behandlung, das Umfeld versinkt im Chaos. Die Ehe ist kurz vorm aus, das Jugendamt muss regelmäßig in die Familie eingreifen und es ist für den Freundes- und Familienkreis eine sehr große Belastung.

 

tristesse antworten
Queequeg
(@queequeg)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 5634

@tristesse 

Crashkurs Psychiatrie

Ich kann das nur bestätigen - letzteres leider.

Vor Einführung der Sozialpsychiatrie in den 70-er Jahren galten paranoide Psychosen und bipolare Störungen (manisch-depressiv) als Geisteskrankheiten aufgrund eines organischen kranken Gehirns und wurden praktisch nur durch Verwahrung und teilweise äußerst skurrile “Therapien“ behandelt (z.B. Bad in Eiswasser, Insulinschocks, Infektion mit Masernviren).

Gleichzeitig mit der Sozialpsychiatrie und einem besseren Verständnis der Erkrankungen, dass sie eben keine Substanzdefekte des Gehirns sind, entwickelte sich die Pharmakotherapie, die mehr oder weniger gezielt die Informationsübertragung der Nervenimpulse im Gehirn beeinflussen konnten.

Nach heutigem Verständnis beruhen diese Erkrankungen auf überschießende oder unzureichende Übertragungen im Grunde ganz normaler Abläufe im neuronalen Netzwerk des Gehirns. Etwas verkürzt ausgedrückt: „eigentlich“ ist alles ganz normal, nur in die eine oder andere Richtung ohne Bremse.

Mit den Medikamenten konnten dann erstmals tatsächlich wirksame Behandlungen erreicht werden, die für eine Unzahl von Menschen wirklich segensreich war, so dass sie zum großen Teil ein ganz normales Leben führen können.

Leider ist es hier, wie auch in anderen Bereichen der Medizin so, dass nicht jeder Betroffene gleichermaßen auf die Medikamente reagiert und sie manchmal auch unangenehme Nebenwirkungen haben oder auch ein vergleichsweise hohes Management erfordern (anfangs wöchentliche, später monatliche Blutbildkontrolle). Das macht manchen mürbe und er verzichtet auf die weitere Einnahme, was dann fast immer zu einem Rückfall führt.

Man muss also davon ausgehen, dass eine medikamentöse Therapie - natürlich als Basis für eine Reihe anderer hilfreichen Möglichkeiten - sehr lange, oft lebenslang, durchgeführt werden muss. Das ist aber nicht anders als bei manchen anderen Krankheiten - Schilddrüsenerkrankungen, Diabetes, Bluthochdruck usw. - auch.

Gerade deshalb sind aber auch Selbsthilfegruppen so wichtig, weil da unabhängig - von vielleicht drängelnden Angehörigen - klargemacht wird, wie es sich mit der Erkrankung verhält, und man auch entsprechende Unterstützung bekommt.

queequeg antworten
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