Umgang mit dem Ungeheuer namens Scham
Wie kann man Scham überwinden? Nicht die Scham, die schützt und auch gut ist, sondern die, die selbst das Einfachste und Banalste zur Qual werden lässt oder ganz verunmöglicht.
Die Traumatherapeutin meinte neulich, mittels konkreter Traumabearbeitung könnte ich noch einiges an Freiheit und Lebensqualität dazugewinnen. Das glaube ich durchaus und wünsche mir das auch. Doch diese riesige, alles erdrückende und alles erwürgende Scham, dieses Ungeheuer, verhindert auch, dass ich mich da ran wage.
Hat jemand Erfahrung oder Tipps zum Umgang damit?
Anonyma
Leider kann ich dir keinen speziellen Rat geben. Ich hab nur den Eindruck, dass die Traumabewältigung und das Thema Scham verschiedene Paar Schuhe sind. Das Thema Scham würde ich eher seelsorgerlich angehen. Auf diesem Weg könntest du herausfinden, wie Jesus dich sieht und so eine positivere Einstellung zu dir selber finden.
Aber wie bereits geschrieben: das ist nur eine Idee, basierend auf meinem Eindruck.
Danke Herbsrose
mit Seelsorge im Umfeld von Gemeinde habe ich leider ausgesprochen schlechte Erfahrung gemacht, so dass ich an so einem Ort vorerst bestimmt keine Hilfe suchen werde.
Bei mir hat Scham explizit mit den Traumata zu tun und gehen Hand in Hand. Daher bin ich damit bei der Therapeutin gut aufgehoben.
Danke dir für deinen Eindruck teilen!
Lg Anonyma
Schade, dass du negative Erfahrungen machen müsstest. Ich kann verstehen, dass du abwehrend die Hände hebst.
Wenn Trauma und Scham zusammenhängen und du deiner Therapepeutin vertraust, dann werdet ihr gemeinsam einen guten Weg finden, um dein Selbstvertrauen zu stärken und deine Gefühle in die richtigen Bahnen zu bringen.
Jessica Libbertz hat ein Buch über destruktive Scham geschrieben. Sie kommt sicher nicht aus der christlichen Ecke - aber vielleicht wäre das trotzdem etwas, was für Dich hilfreiche Aspekte enthalten kann.
Ich hatte am Sonntag zufällig ein Interview mit ihr gehört (SWR3 - Talk mit Thees, ist auch als Podcast online).
Viele Gruße
Ecc
Danke für den Buchhinweis. Habe gesehen, dass das Buch in der Bibliothek in meiner Stadt auszuleihen ist - werde mir das mal anschauen.
Es ist ja nicht so ganz klar, welche Situationen/Gedanken bei Dir schambesetzt sind, daher fehlt etwas die Grundlage, Dir nun konkrete Hinweise zu geben.
Der verhaltenstherapeutische Ansatz scheint mir aber auch hinsichtlich als belastend empfundener Schamgefühle vielversprechend zu sein: Bewußt sich wiederholt in Situationen sich begeben, in welchen erfahrungsgemäß die Scham "kommt" und so immer wieder erleben, dass die Situationen nicht wirklich weh tun/schlimm sind. Scham besteht ja großteils aus den befürchteten Reaktionen anderer auf das, was man tut oder ist. Die in den Szenarien, die man sich da ausmalt, viel schlimmer sein können als sie's in der Realität wären.
Da Du schon in Behandlung bei einer Traumatherapeutin bist, denke ich allerdings, dass deren Vorschläge besser und paßgenauer sein dürften als alles, was wir hier beisteuern könnten.
Veröffentlicht von: @blackjackScham besteht ja großteils aus den befürchteten Reaktionen anderer auf das, was man tut oder ist. Die in den Szenarien, die man sich da ausmalt, viel schlimmer sein können als sie's in der Realität wären.
Das stimmt und ist mir immerhin vom Kopf her bewusst.
Veröffentlicht von: @blackjackDa Du schon in Behandlung bei einer Traumatherapeutin bist, denke ich allerdings, dass deren Vorschläge besser und paßgenauer sein dürften als alles, was wir hier beisteuern könnten.
Wobei es doch oft auch gute Anregungen gibt.
Danke dir.
lg Anonyma
Veröffentlicht von: @anonyma-58a20dc20Doch diese riesige, alles erdrückende und alles erwürgende Scham, dieses Ungeheuer, verhindert auch, dass ich mich da ran wage.
Ohne die Scham noch eine Zeit lang direkter zu fühlen, wirst du sie wahrscheinlich nicht losbekommen. Das wäre sonst eins dieser ganz besonderen Wunder, die es natürlich auch gibt, aber leider im Moment selten. Interessant dabei ist, wie sich die Scham während der Bearbeitung sehr verändert. Du bemerkst, wie die Bearbeitung wirkt, auch wenn es etwas dauert. Die halbe Miete ist eine gute Traumatherapeutin. Da du die schon hast, ist deine Position gar nicht so schlecht.
Du wirst dich wohl entscheiden müssen, das Problem irgendwann anzugehen, sonst belästigt es dich weiter. So wie du es beschreibst, ist es mehr als nur eine nebensächliche Belästigung. Den Zeitpunkt könntest du mit der Therapeutin besprechen, es muss ja nicht gleich sein. Wann fühlst du dich dem mit ihrer Hilfe einigermaßen gewachsen?
Als Christin kannst du noch viel mehr tun und das sofort: Vergewissere dich deiner Identität als geliebtes Kind Gottes. Es gibt sehr viel zu lesen und zu hören dazu. Lies die Verse in der Bibel nach, die dich besonders ansprechen und bete sie für dich selbst immer wieder. Zusätzlich kannst du um Fürbitte bitten. Das gibt dir ein echtes Fundament.
Danke dir.
Du hast (leider) recht mit dem, was du schreibst. Aber auch, dass ich eine gute Traumatherapeutin habe; ein grosser Pluspunkt.
Das andere, mich meiner Identität als Christ zu vergewissern, ist ein wichtiger Aspekt. Ich bin mir dem sehr bewusst und das gibt mir ein solides Fundament.
Nur: in den entsprechenden Situationen hilft das nur sehr wenig, weil mein Gehirn durch die Trigger einfach überflutet wird.
Veröffentlicht von: @tagesschimmerInteressant dabei ist, wie sich die Scham während der Bearbeitung sehr verändert. Du bemerkst, wie die Bearbeitung wirkt, auch wenn es etwas dauert.
Das klingt ja durchaus verheissungsvoll, zumindest wenn ich mir das Resultat vor Augen male. *seufz*
Scham ist oft Folge eines Traumas, das kenne ich selber sehr gut. Bei mir war aber bei der Traumakonfrontation eher Angst das große Thema. Ich dachte eine zeitlang, ich müsse sie bekämpfen, aber meine Therapeutin hat mir den Tipp gegeben, diesen Anteil zu integrieren. Das hat ganz gut funktioniert.
Ich habe mit diesem Anteil geredet, ihm gesagt, dass ich verstehe, warum es ihn gibt, ich ihm aber als gesunde Erwachsene sage, dass aus den und den Gründen die Angst in der jetzigen Situation nicht begründet ist. So habe ich den Anteil wahrgenommen, nicht versucht, abzuspalten oder ihn fertigzumachen und er hat einen Platz bekommen, bei dem er mich in der Traumakonfrontation nicht beherrschen konnte.
Das war eine Methode, die für mich ganz gut gepasst hat und mir auch geholfen hat, mich noch mehr anzunehmen. Wichtig war dabei, dass der gesunde erwachsene Anteil das Steuer hatte und die Anteile einen passenden Platz bekommen haben.
Hätte ich sie bekämpfen und eliminieren müssen, hätte ich mich gefühlt, als ob ich einen Teil von mir bekämpfen muss (und ein stückweit die Aggressionen gegen mich richte, das kann ja auch gefährlich werden), obwohl es ja Gründe gibt, das es ihn gibt.
Ich weiß nicht, ob das passend für Dich ist, überprüfe es einfach (am besten auch mit der Therapeutin), wenn ja, super, wenn nein, verwerfe es. Es kann mehrere Wege geben, um etwas zu bewältigen, jede Person ist ja auch anders und hat unterschiedliches erlebt.
Danke Ano für deine Antwort und dein Berichten.
Das mit dem Anteil integrieren, nicht bekämpfen sondern akzeptieren und anerkennen hat mir auch schon sehr viel geholfen.
Wahrscheinlich ist das der Weg, den es weiter zu gehen gilt, wenn ich das eines Tages konkret angehen will. Ähnlich dem, wie du es von dir beschreibst. Es klappt einfach noch nicht so wie es gut wäre, dem Anteil in diesen Situationen seinen Platz zuzuweisen, so dass einzig der erwachsene Anteil am Steuer ist.
Lg Anonyma