Der Untergang des Abendlandes
So hieß ein Buch von Oswald Spengler, das ich nicht gelesen habe. Aber seit ich mal eine kurze Radiosendung hörte, die sich damit befasste, weiß ich, dass da - in Analogie zum Untergang des römischen Reichs - kein plötzlicher Untergang gemeint ist, sondern ein Prozess, der sich über Jahrhunderte erstreckte.
Setzt man das »Abendlandſ mit Westeuropa gleich, scheint es tatsächlich so zu sein. Bis 1914 noch der Ort, dem den Kolonialmächte standen, die praktisch ganz Afrika und große teile der übrigen Welt kolonialisiert hatten (nur die Amerikas waren größtenteils wieder unabhängig). Nach 1945 mit der Entkolonialisierung ein deutlicher Bedeutungsverlust, aber zusammen mit den USA doch ein wichtiges Machtzentrum, zumal die europäische Einigung Bedeutung für längere Zeit versprach. Jetzt durch Trump kalt erwischt, gezwungen in ein Wettrüsten mit Russland von jetzt auf gleich - und damit ist langfristig auch eine wirtschaftliche Schwächung absehbar. Zollkriege mit den USA können das auch beschleunigen …
Klar, bis Westeuropa so unwichtig wird wie Südamerika (oder gar Afrika) in den 60-er Jahren, muss noch Einiges passieren. Aber könnte es sein, dass das, was wir jetzt erleben, ein Schritt hin in die Bedeutungslosigkeit (und Verfall?) ist.
Die speziellen Thesen von Spengler müssen wir nicht diskutieren. Seine »kulturmorphologischen« philosophischen Voraussetzungen teile ich nicht, und wenn ich bei Wiki lese, dass er Russland als nächste bestimmende Hochkultur identifizierte und China offenbar überhaupt nicht im Blick hatte, sind wohl auch seine Vorhersagen nicht allzu viel wert.
Aber was denkt ihr?
Klar, bis Westeuropa so unwichtig wird wie Südamerika (oder gar Afrika) in den 60-er Jahren, muss noch Einiges passieren. Aber könnte es sein, dass das, was wir jetzt erleben, ein Schritt hin in die Bedeutungslosigkeit (und Verfall?) ist.
Ich denke nicht, dass Aufstieg und Untergang von Reichen tatsächlich immer so eindeutig funktioniert, wie es die Geschichtsschreiber damals dachten. Man ist ja heute auch eher der Ansicht, dass das römische Reich nie "untergegangen" ist, es gab lediglich eine Transformation der zentralen Verwaltung hin zur Selbstverwaltung und Autonomie der einzelnen Regionen. Zerstört wurde dabei gar nicht viel.
Denn das "Römische Reich" war ja nie ein einheitliches Reich mit einheitlicher Kultur, sondern ein Verbund verschiedendster Regionen, Völker und Kulturen unter gemeinsamer römischer Verwaltung.
Das ist nur bedingt mit späteren Reichen vergleichbar, denn die Kolonialreiche waren extrem einseitig auf die Ausbeutung militärisch unterlegener Regionen und Völker ausgelegt. Deren Bewohner waren in dem Sinne nie Bürger des Reiches, sondern wurden als Ressource ohne Rechte betrachtet.
Aber was denkt ihr?
Ich denke, dass man es sich zu einfach macht, wenn man "Reiche" gleich setzt, ohne deren Unterschiede zu berücksichtigen...

Man ist ja heute auch eher der Ansicht, dass das römische Reich nie "untergegangen" ist
Na ja, einerseits sind eine Reihe von zivilisatorischen Errungenschaften verlorengegangen, die römische Wasserleitung, mit der Klön mit Wasser versorgt wurde, galt beispielsweise im Mittelalter als ein Bauwerk, dass wohl vom Teufel errichtet worden ist.
denn die Kolonialreiche waren extrem einseitig auf die Ausbeutung militärisch unterlegener Regionen und Völker ausgelegt
Gilt das auch noch für das heutige Europa?
Und beim römischen Reich war es ja auch nicht so, dass immer alle Bürger des Reichs waren. Erst um 100 v.Chr. wurden die Bewohner Italiens zu Bürgern (statt de facto rechtlose »Bundesgenossen«). Und für die Provinzler war das über 300 Jahre später …
Die Parallele war, dass es nicht um einen plötzlichen Zusammenbruch geht, sondern einen nahezu fließenden Übergang.

die römische Wasserleitung, mit der Klön mit Wasser versorgt wurde, galt beispielsweise im Mittelalter als ein Bauwerk, dass wohl vom Teufel errichtet worden ist.
Das bezweifle ich doch irgendwie...
Gilt das auch noch für das heutige Europa?
Das wir den Rest der Welt ausbeuten? Das tun wir auf jeden Fall - wenn auch mit anderen, weniger offensichtlichen Methoden als zuvor.
Und beim römischen Reich war es ja auch nicht so, dass immer alle Bürger des Reichs waren. Erst um 100 v.Chr. wurden die Bewohner Italiens zu Bürgern (statt de facto rechtlose »Bundesgenossen«). Und für die Provinzler war das über 300 Jahre später …
Was ja nur bestätigt, dass es zu dieser Zeit eben kein einheitliches Reich war, sondern ein Verbund von Regionen unter gemeinsamer Verwaltung.

Das bezweifle ich doch irgendwie...
Es gibt die Sage, dass sich ein Baumeister des Doms vom Gerücht stürzte, nachdem er eine Wette mit dem Teufel verloren hatte, der Wasser in Köln sprudeln ließ, bevor der Dom fertig war.
sondern ein Verbund von Regionen unter gemeinsamer Verwaltung.
Schon mehr als das. Erstens war, bevor es das Bürgerrecht für Alle gab, es mehr ein Kolonialreich (vgl. britisches Empire), zweitens war es danach deutlich einheitlicher als du offenbar meinst.

zweitens war es danach deutlich einheitlicher als du offenbar meinst.
Wie "einheitlich" kann ein Vielvölkerstaat schon sein?
Das ist so einer der großen Irrtümer, der immer wieder gemacht wird. Die aktuelle US Regierung sieht die USA ja auch als "ein Reich". Und zwar als ein Reich von Weissen - und nur diesen. Alle anderen spielen keine große Rolle. Aber das entspricht ja nicht der Realität.
Genau so wenig wie es ein einheitliches "Römisches Reich" aus lauter "Römern" gab... es waren Germanen, Iberer, Gallier und sonstwer... aber eben keine "Römer".

es waren Germanen, Iberer, Gallier und sonstwer... aber eben keine "Römer".
Von den Iberern sind heute nur die Basken übrig geblieben - die Keltiberer sind zu 100% romanisiert worden und sprechen jetzt Spanisch (Kastilianisch, Katalonisch, Galizisch etc.) bzw. Portugiesisch. Auch in Frankreich und Rumänien siehst du, dass die dortigen Völker im Lauf der Zeit romanisiert wurden.
Ähnliches gilt für weite Teile Nordafrikas - nur dass später das Lateinische vom Arabischen verdrängt wurde.
»Römer« im antiken Sinn war ein Bürger der Stadt Rom, oder wie wir sagen würden, »römischer Bürger«. Im kulturellen Sinn Römer waren es am Ende die Bewohner des größten Teils von Westrom - während Ostrom hellenisiert blieb.

Von den Iberern sind heute nur die Basken übrig geblieben - die Keltiberer sind zu 100% romanisiert worden und sprechen jetzt Spanisch (Kastilianisch, Katalonisch, Galizisch etc.) bzw. Portugiesisch.
Sicher. So wie ja auch die Schwarzen und Latinos in den USA englisch sprechen. Und trotzdem kein Teil der weißen Kultur sind, die die Republikaner jetzt als "amerikanisch" propagieren.
Und in Tarragona (Katalonien) wohnen die Leute teils heute noch in Häusern, die von den Römern erbaut wurden. Trotzdem sind die Leute keine Römer...

Sie sprachen Lateinisch und haben auf römische Art gelebt.
Und sie waren römische Bürger.
Auch die Schwarzen und Hispanos in den USA haben Sprache und Lebensweise übernommen - und trotzdem sind sie nicht Teil der dortigen weißen Kultur und werden von den jetzt Herrschenden aus Geschichte und Bildungseinrichtungen getilgt, weil sie unerwünscht sind.

@lucan-7 Das stimmt zwar, und gerade gestern habe ich auf YT ein interessantes Interview mit jenem Faschismus-Forscher, der nun die Columbia-Universität verläßt und nach Kanada übersiedelt, gesehen, durch welches mir so richtig deutlich gemacht wurde, wie extrem gerade dieser System-Change in den USA (von einer Demokratie hin in eine faschistoide Autokratie/Oligarchie) sich vollzieht. Aber: worauf willst Du mit dem Vergleich in der Diskussion mit Helmut hinaus? Das verstehe ich nicht. Sind die Hispanos und die Schwarzen in den USA also Deiner Ansicht nach keine kulturell "echten" us-amerikanischen Bürger (analog: Römer)?

Aber: worauf willst Du mit dem Vergleich in der Diskussion mit Helmut hinaus? Das verstehe ich nicht. Sind die Hispanos und die Schwarzen in den USA also Deiner Ansicht nach keine kulturell "echten" us-amerikanischen Bürger (analog: Römer)?
Ich will darauf hinaus, dass der "Untergang des römischen Reiches" immer gerne als Narrativ für alle möglichen "Untergänge" verwendet wird, dass diese Dinge aber nur bedingt vergleichbar sind.
Denn das römische Reich war ein Vielvölkerstaat. Der Vergleich wird ja auch gerne von Rechtsextremen verwendet: Das römische Reich wurde dekadent und faul, dann wurde es von "Fremden" überrannt... so wie es jetzt angeblich in Deutschland der Fall ist. Und das ist natürlich Quatsch.
Wenn man hier vergleichen will, dann muss man erst einmal schauen, was genau das römische Reich war, wer Teil davon war, wer nicht - und was genau daraus wurde.
Viele Hispanos und Schwarze in den USA fühlen sich nicht als Teil der US-Kultur, sondern haben ihre eigenen Wurzeln. Und das bestärkt sich immer wieder gegenseitig, weil Leute wie Trump und seine Schergen sie darin bestätigen.
Der Unterschied zum römischen Reich ist, dass diese Kulturen nicht erobert wurden, sondern Teil des Landes sind. Sie können sich nicht lösen und selbst verwalten, wie es am Ende des römischen Reiches geschah. Deshalb ist die Ausgangslage hier eine andere.

@lucan-7 Der Unterschied zum römischen Reich ist, dass diese Kulturen nicht erobert wurden, sondern Teil des Landes sind. Sie können sich nicht lösen und selbst verwalten, wie es am Ende des römischen Reiches geschah.
Die Vergleichbarkeit halte ich ja auch für problematisch, wenngleich auf andere Weise. Hier über dem Thread wird ja das "Abendland" genannt und nicht die USA. Wenn wir allerdings uns auf eine kulturelle, statt eine geopolitische Entität beziehen, so würde ich sagen: die us-amerikanische Kultur war seit dem 2. Weltkrieg, spätestens nach 89 tatsächlich der globale Hegemon. Diese hegemoniale Position war auf dem us-Kapitalismus begründet. Kultur ist seither eine eher ökonomische als identitätspolitische Angelegenheit, insbesondere, was die medial vermittelte Massenkultur angeht. Seit ich politisch und kulturell denken kann, also ungefähr seit Mitte/Ende der 70er Jahre hatte ich das Gefühl, in der US-Kultur zu leben.
Alles, was es so an deutschem Brauchtum gab (und gibt) ist in Relation zu dem, was an Gegenwartskultur (Musikcharts, Literatur, Film) sich wesentlich anfühlt, nebensächlich, irgendwie out of date, bzw. halt: Folklore. Ganz besonders gut ist das an den Modewellen zu erkennen, an irgendwelchen Trends, auch an Konsumtrends. Früher hieß es: bei uns kommt alles zehn Jahre später (nachdem es in den USA trendete) an. Inzwischen ist dieser Delay kaum noch mit der Stoppuhr zu messen.
Ich halte es daher für unmöglich, zwischen einer weißen US-Kultur und der Kultur der Schwarzen oder Hispanic zu unterscheiden. Das wäre, wenn wir mal die römische Analogie verwenden wollten so, als würden wir sagen, dass die Popularen und die Optimaten nicht beide der "römischen Kultur" angehörten. Die Analogie hat Schwächen, weil es da um unterschiedliche politische Lager geht - aber so gut kenne ich mit mit der "Kultur" im alten Rom nicht aus und weiß nicht, ob es auch sowas wie eine keltische, iberische oder germanische Subkultur gab, die man da besser vergleichen könnte. Aber ich hoffe, es wird verständlich, was ich meine: innenpolitisch mag es da starke Differenzen geben, aber von aussen betrachtet ist das alles US-Kultur. Selbst der US-Rassismus ist ja gewissermaßen Teil der amerikanischen Kultur, so, wie der Antisemitismus Teil der deutschen Kultur ist: selbst noch präsent in den Bemühungen des Trump-Regimes, die Erinnerungen an "Black lives matter" und ähnliche emanzipatorische Bewegungen aus dem kollektiven Gedächtnis zu löschen.
Wie auch immer: in den relevanten, d.h. ökonomisch relevanten Teilen der Kultur - dem "Kulturbetrieb", um mal adornomäßig zu formulieren - sind sowohl hispanische als auch afroamerikanische Zutaten eh lediglich unter dem Gesichtspunkt ihrer profitablen Verwertbarkeit relevant. Es ist da nun wirklich eine spannende Frage, wie schnell die Großkonzerne ihre Diversitäts- und Identitätsrepräsentationsversprechen einkassieren und womöglich wieder auf alte Rezepte a la blaxploitation zurückgreifen werden. Ich bin grad am Überlegen, wohin wohl die "Rings of Power" unter dem Trump-Regime steuern könnten: ob wir da bei Galadriel womöglich eine "Der Widerspentigen Zähmung" bekommen werden, nach welcher der einstige Girlboss zum Tradwife am heimisch-elbischen Herd zurückkehrt und Bilder von dunkelhäutigen Elben aus den Militärzeitschriften Gondors herausretouschiert werden?

Ich halte es daher für unmöglich, zwischen einer weißen US-Kultur und der Kultur der Schwarzen oder Hispanic zu unterscheiden.
Dann nenne es "Identität". Wobei eine solche Identität auch zu einer kulturellen Abgrenzung führt.
Wenn wir allerdings uns auf eine kulturelle, statt eine geopolitische Entität beziehen, so würde ich sagen: die us-amerikanische Kultur war seit dem 2. Weltkrieg, spätestens nach 89 tatsächlich der globale Hegemon.
Nur zum Teil. China übernahm zwar den Kapitalismus - aber nicht die individuelle Freiheit, welche Zweifel an der Regierung beinhaltet und Teil der US Kultur ist.
Ich bin grad am Überlegen, wohin wohl die "Rings of Power" unter dem Trump-Regime steuern könnten: ob wir da bei Galadriel womöglich eine "Der Widerspentigen Zähmung" bekommen werden, nach welcher der einstige Girlboss zum Tradwife am heimisch-elbischen Herd zurückkehrt und Bilder von dunkelhäutigen Elben aus den Militärzeitschriften Gondors herausretouschiert werden?
Ich erwarte, dass genau das passieren wird.

@jack-black Da hast du vollkommen Recht: Das ursprüngliche Deutsche ist "Out" Folklore. Man würde schon komisch angesehen. Völlige Egalität gegenüber der eigenen Kultur ist eher "Normal"
Im Schroffen Gegensatz zu unseren Migrantengruppen hier:
Türken, Russen, Italiener, Griechen, Jugoslawen, Syrer- Deren Folklore ist nicht "Out" - Gegenteil.
Einmal die Frage wie sich im selben Land das parallel so Entwickeln konnte und ob das eine nicht mit dem anderen Zusammenhängt.
Klassische Integration die über Arbeit haben und zufällig gleiche Sprache sprechen hinaus geht, funktioniert nicht in einem Staat der sich selbst gegenüber keine "Liebe" hat wenn man so will.
Deutschland ist wie der schüchterne Kerl, der ohne Selbstbewusstsein keine Abbekommt. Deshalb ist es ein ungeliebter Staat.
Sogar in den Zeiten bester ökonomischer Bedingungen wanderten Großstädte pro Jahr hier aus. Das ist nicht normal und für eine Gesellschaft die ohnehin Zuwenig Kinder hat, Katastrophal.
Die BRD hat mittlerweile Dimensionen wie in der DDR vor dem Mauerbau erreicht. Da sollte man sich um solche "Softfacts" mal Gedanken machen, bevor sie zu "Hardfacts" werden

@kappa Da hast du vollkommen Recht:
Danke. Aber Du hast mich vermutlich missverstanden. 🙂
Das ursprüngliche Deutsche ist "Out" Folklore.
Was ist denn das "ursprüngliche Deutsche"? Ich stelle diese Frage immer wieder, habe aber immer noch keine Antwort bekommen.
Selbst innerhalb Deutschlands gibt es doch Unterschiede, was also ist "ursprünglich deutsch"?
Man würde schon komisch angesehen.
Von wem? Beispiele?
Jugoslawen
Von wem redest Du? Kroaten, Serben, Slowenen, Montenegriner, Bosniaken, Mazedonier?
Einmal die Frage wie sich im selben Land das parallel so Entwickeln konnte und ob das eine nicht mit dem anderen Zusammenhängt.
Wo ist es denn anders? In den klassischen Einwandererländern wie den USA, dem Vereinigten Königreich ist das doch auch zu beobachten. Und das sind ja nicht gerade Länder, die für mangelnden Nationalstolz bzw. Selbstliebe bekannt sind.
Deutschland ist wie der schüchterne Kerl, der ohne Selbstbewusstsein keine Abbekommt. Deshalb ist es ein ungeliebter Staat.
Deutschland hat sich halt zu den Zeiten, wo es vor Selbstbewusstsein strotzte, ziemlich unbeliebt gemacht.

Jugoslawen, Syrer- Deren Folklore ist nicht "Out" - Gegenteil.
Weder "Jugoslawen" noch "Syrer" haben eine "jugslawische" oder "syrische" Identität.
Beides sind und waren Vielvölkerstaaten, in denen es eine Menge verschiedener Identitäten und Rivalitäten gab und gibt.

Das gilt entsprechend auch für die meisten Staaten außerhalb Europas. Etwa der Türkei (Ich sag nur Kurden …).
Trotz allem gibt es eine "türkische Identität", so wie es ja auch eine "deutsche Identität" gibt, trotz dänischer oder sorbischer Minderheiten.
Jugoslawien war aber ein künstliches Gebilde. Ähnlich wie Syrien, auch wenn die Geschichte natürlich grundverschieden ist.

Trotz allem gibt es eine "türkische Identität"
Armenier, Griechen und Assyrer wurden ja drastisch reduziert, und die Kurden wehren sich bis heute gegen diese türkische Identität. Diese Identität gilt also fast nur für Türken. Für andere nur gezwungenermaßen.
Die DEM Partei (früher HDP=Partei der Völker) vertritt diese Völker.
so wie es ja auch eine "deutsche Identität" gibt
Die ist im 19.Jh. entstanden. Vorher haben sich die Leute in erster Linie als Bayer, Sachse, Mecklenburger etc. gefühlt. Ist mir das erste Mal aufgefallen, als ich Jürnjakob Swehn, der Amerikafahrer las.

Die ist im 19.Jh. entstanden. Vorher haben sich die Leute in erster Linie als Bayer, Sachse, Mecklenburger etc. gefühlt.
Früher war halt manches Anders... aber wir reden ja von der heutigen Situation. Dass auch manche gefühlte Einheit durch Leid anderer Menschen entstand ist ja unbestritten.

Und zur heutigen Situation gehört, dass es eine türkische Identität gibt, zu der sich viele Kurden nicht zugehörig fühlen - und von den übrigen Völkern in der Türkei sind nur wenige Reste übrig geblieben: Völkermord an Armenier, Bevölkerungsaustausch mit Griechenland, jahrzehntelanger Exodus der Süriayani, die den Druck nicht länger ertragen konnten - somit sind einzig die Kurden noch als relevante Minderheit übrig geblieben.


Und zur heutigen Situation gehört, dass es eine türkische Identität gibt, zu der sich viele Kurden nicht zugehörig fühlen - und von den übrigen Völkern in der Türkei sind nur wenige Reste übrig geblieben:
Ja, da wurde eine türkische Identität geschaffen, indem alle, die sich da nicht zugehörig fühlten, bekämpft wurden. Dafür gibt es ja einige Beispiele in der Geschichte.
Für die Kurden, die als größte Gruppe übrig geblieben sind, wäre es sicher am besten, sie würden ihren eigenen Staat bekommen, mit Teilen der Türkei, des Iraks, Syriens und des Irans.
Leider denken deren Machthaber aber immer noch hauptsächlich territorial: Je mehr Quadratkilometer zum eigenen Staat gehören, desto besser, und hergeben darf man davon nichts...
Aber ich würde es ihnen gönnen, weil ich vermute, dass Kurdistan ein recht lebenswerter Staat sein würde... zumindest wäre das Potential dafür vorhanden, was tatsächlich dabei herauskommen würde weiss man nie.

Man ist ja heute auch eher der Ansicht, dass das römische Reich nie "untergegangen" ist, es gab lediglich eine Transformation der zentralen Verwaltung hin zur Selbstverwaltung und Autonomie der einzelnen Regionen. Zerstört wurde dabei gar nicht viel.
Denn das "Römische Reich" war ja nie ein einheitliches Reich mit einheitlicher Kultur, sondern ein Verbund verschiedendster Regionen, Völker und Kulturen unter gemeinsamer römischer Verwaltung.
Das ist nur bedingt mit späteren Reichen vergleichbar, denn die Kolonialreiche waren extrem einseitig auf die Ausbeutung militärisch unterlegener Regionen und Völker ausgelegt. Deren Bewohner waren in dem Sinne nie Bürger des Reiches, sondern wurden als Ressource ohne Rechte betrachtet.
Das römische Reich ist klar untergegangen. Es gibt kein römisches Reich mehr. Da das römische Reich eng mit dem Christentum verbandelt war, musste das Christentum für sein Überleben etwas tun.
Und an der Stelle haben wir Augustinus. Mein Eindruck ist der, dass Augustinus nicht aus Zufall dem Kaisernamen "Augustus" so ähnlich ist. Denn Augustus war es, der ein Machtkonstrukt geschaffen hat, das das römische Reich als Kaiserreich festigte.
- Er verhinderte das Aufkommen eines Kultes um erfolgreiche Heerführer (was früher ein Problem war) dadurch, dass er Triumphzüge nach gewonnenem Krieg in Rom verboten hat.
- Er bot Brot uns Spiele. Hier kommt das Konzept der Planwirtschaft zum Tragen. Viele Menschen waren in wirtschaftlicher Not. Sie hingen ab vom Brot durch den Herrscher und hielten ihn deshalb in Ehren. In einer Planwirtschaft, in der ich nicht als selbstständig wirtschaftender Mensch aktiv bin, sondern gnädig versorgt werde (das ist ja auch eine Idee hinter der Planwirtschaft), kann ich es nicht wagen, gegen meinen Brotgeber zu opponieren. Da das entwürdigend ist, braucht es eine zweite Komponente zum Machterhalt: die Spiele. Die Unterhaltung für die Bevölkerung, damit diese sich ihrer Position durch zu viel Nachdenken in der freien Zeit bewusst wird.
- die Moralgesetze, zu denen die Ehegesetze gehören, schafften ein Instrument gegen mögliche Kontrahenten. Denn über das Ehegesetz ließen sich er Emporkömmlinge leicht eliminieren. Dabei fiel deren Vermögen dem Staate zu (abzüglich des 5ten Teils, das die staatlichen Spitzel für sich einstrichen). Ein extrem menschenverachtendes System, aber zugleich in Bezug auf den Machterhalt und die finanzielle Ausstattung des Staates sehr effektive Methode.
- Er bezeichnete sich als "Gleicher unter Gleichen" - wobei wir die Idee, dass es in solchen vor allem propagandistisch nutzbare Herrschaftsmodellen, praktisch um den Gedanken erweitert sehen, dass machen gleicher sind als andere.
- Er wird überall in der Gesellschaft präsent. Augustus war der erste, der sein Konterfei auf Münzen drucken ließ. Überall im Reich gab es Büsten und Standbilder von ihm.
Mein Eindruck ist der, dass diese Methode vom Augustinus in seine christlichen Lehren mit "eingebacken" wurden. Sie bildeten die Grundlage für die weltliche Macht des Papsttums, das wir als Verlängerung des römischen Reiches betrachten können. Auch spätere Zaren und Kaiser bedienten sich dieses Machtinstrumentes. Dabei blieben dann weite Teile christlicher Lehre auf die Strecke. Es war nicht mehr absolutes No-Go für Christen, andere zu verurteilen. Denn angeblich konnte man ja erkennen, wer gut und wer nicht gut war. Und trotz des Gleichnisses vom Schalksknecht, dem Gleichnis vom Unkraut auf dem Feld und der Beseitigung der richtenden, verdammenden Dimension des Gesetzes durch Christi Blut am Kreuz, konnten wieder Menschen verfolgt, enteignet, verbannt oder getötet werden. Das eigentliche Evangelium war so aufgehoben. Calvin hat diese Lehre wieder aufgegriffen und die religiöse Elite, die Donald Trump unterstützt, scheint sich auch dort zu bedienen. JD Vance hat schon Augustinus Gottesstaat zitiert. Donald Trump ist in den Medien allgegenwärtig - nicht zuletzt auch wegen seiner vielfältigen Aktionen. Er könnte ein neuer Augustus werden bzw. eine solche Position anstreben.
Das römische Reich war immer auch Kolonialmacht - denn alle eroberten Gebiete hatten Abgaben zu machen. Ich erinnere mich an die Aufzeichnungen eines gewissen Plinius den älteren, der meine friesische Heimat besuchte und feststellen sollte, warum aus dieser Region immer so kleine Kuhhäute kamen. Er konnte feststellen, dass die Kühe dort tatsächlich kleiner waren und daher kein Betrugsversuch vorlag.
Dieses Modell ist immer noch "in". Totalitäre Charaktäre finden es aufgrund der Machtfülle, die es garantiert, ausgesprochen attraktiv. Moderne Zäsaren und Kaiser bedienen sich da gerne.
Einige Bezüge zu Trump habe ich ja schon gemacht. In seiner Reaktion auf die Predigt der Bischöfin, die um Gnade für die Geringen gefleht hat, die Trump angehen will, konnten wir erfahren, dass er mit seinen biblischen Bezügen eher weniger auf das Evangelium ausgerichtet ist. Und wer einmal nach "TheoBros" oder "New Apostolic Reformation" googelt, der muss zwar englisch verstehen (oder mit google translate umgehen können), da diese Begriffe in Deutschland wohl noch nicht angekommen sind. Sie sind aber total wichtig, um die moralische Begründung für Trumps Wirken und ihre pseudochristliche Fundierung verstehen zu können.
Die Rolle des erhabenen Führers (denn nichts anderes heißt der Ehrentitel "Augustus") ist eine beliebte Diktatorenposition. Die Methoden, diese Positon zu erreichen und zu wahren, sind meist ähnlich. Und wir werden nicht lange warten müssen, bis auch die Verbindung zum römischen Reich geknüpft ist. Die Papstkrone mit der sich Papst Pius VI als letzter Papst krönen ließ, lagert ja schon mal in Washington. Wie praktisch!

@goodfruit der letzte römische Kaiser war Romulus Augustulus der 476 n.Chr. vom Heerführer Odoaker gestürzt wurde, lange nach dem Tod von Augustinus von Hippo. Odoaker hatte kein Interesse an einer neuen Marionette im Westen, schickte die Kaiserinsignien gen Osten und unterstellte Ostrom.

unterstellte sich Ostrom

@der_alte Hier ein guter Artikel über Augustinus und seine Zeit:
https://www.deutschlandfunk.de/augustinus-vater-der-abendlaendischen-theologie-der-fall-100.html
Das römische Reich mag noch nicht offiziell zu Ende gegangen sein - aber Rom war am 24.08.410 an die Barbaren gefallen. Die zogen zwar kurz darauf weiter. Die Spätwirkungen waren mehr auf der psychologischen Ebene. Ein Mythos war zerstört und man wusste, dass das römische Reich verletzlich war. Römischen Kaisern war immer klar, dass für den Bestand des Reiches die Haltung im Kopf stimmen musste. War da Ablehnung oder große Zweifel am Fortbestand des Reiches, war es schon so gut wie kaputt. Und da war man nun.
Interessante Deine Beschreibung vom wirklichen Ende des römischen Reiches.
Bei der Recherche zu Augustus, Cäsar und dem Ende der Republik habe ich einige YouTube Beiträge angesehen. Sehr interessant das alles - grade auch für die Epoche, die wir grad durchlaufen. Wärmste Empfehlung, sich einmal mit diesem Abschnitt der Geschichte, den Abläufen darin, den Strategien der Beteiligten zu beschäftigen. Ich konnte viele Parallelen entdecken, von denen ich einige aufgeführt habe (im vorangegangenen Beitrag).
Ich meine, das Augustinus hier z.T. Prinzipien in sein Werk mit eingebunden hat, so dass eine christliche Lehre entstand, die das Potential hat, das Evangelium zu verwässern und, wie es jetzt bei JD Vance geschehen ist, für die Begründung von unmenschlichem Tun zu missbrauchen.

Und wer einmal nach "TheoBros" oder "New Apostolic Reformation" googelt, der muss zwar englisch verstehen (oder mit google translate umgehen können), da diese Begriffe in Deutschland wohl noch nicht angekommen sind. Sie sind aber total wichtig, um die moralische Begründung für Trumps Wirken und ihre pseudochristliche Fundierung verstehen zu können.
Dazu möchte ich gern mehr Infos teilen, Quelle (verantwortet von der Arbeitsgemeinschaft Christl. Kirchen in Deutschland): konfessionskunde.de/strukturen/begriff/neue-apostolische-reformation/
Neue Apostolische Reformation
Überblick
Als „Neue Apostolische Reformation“ bezeichnete der US-amerikanische Missiologe (am Fuller Theological Seminary im kalifornischen Pasadena) und Missionar (vor allem in Lateinamerika) C. Peter Wagner (1930-2016) eine neue Gestalt von Kirchlichkeit.
Ausgangspunkt war die Frage nach dem Gemeindewachstum: Um zu wissen, was Kirchen und Gemeinden wachsen lässt, muss man Kirchen und Gemeinden studieren, die wachsen.
Hier ist zu verorten, was die Neue Apostolische Reformation ausmacht:
Erfahrungen von Unabhängigen Kirchen in Afrika, von Charismatischen Gemeinden in den USA und der Hauskirchenbewegung; die Verbindung evangelikaler Mission mit der vor allem über John Wimber (1934-1998) vermittelten „Zeichen und Wunder“-Praxis der sog. „Dritten Welle“ des Heiligen Geistes (Heilung, Prophetie, Befreiung von dämonischen Mächten durch Gebetsmärsche und geistliche Kriegführung nach Eph 6,10-13, auch ganzer Regionen, darunter Orte der Marienverehrung, Spiritual Warfare und Spiritual Mapping),
die fünffältige Ämterstruktur nach Eph 4,11 (Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten, Lehrer), gemeindebasierte Netzwerke anstelle neuer Denominationen, das Streben nach gesellschaftlichem und kulturellem Einfluss (Dominionism).
Wagner sah in der Neuen Apostolischen Reformation die größte kirchliche Veränderung seit der Reformation (churchquake). Die Elemente des Projekts beeinflussten nachhaltig die Neocharismatik. Sie finden sich fast alle im Papier „The Characteristics of the New Charismatic Churches“, allerdings ohne Übernahme des Gesamtkonzepts und seiner Etikettierung.
In Deutschland gibt es Hinweise etwa beim Gospel Forum (eine neue Reformation in Kirche und Gesellschaft durch die Kraft des Heiligen Geistes, das fünffältige Amt nach Eph 4,11, Vernetzung von Gemeinden im D-Netz).
Hans Gasper
Literatur
Burgess, Stanley M.: New International Dictionary of Pentecostal and Charismatic Movements, Grand Rapids (MI) 2002.
Wagner, C. Peter: The New Apostolic Reformation, in: Renewal Journal. A Chronical of Renewal and Revival.
Internetquellen
The Characteristics of the New Charismatic Churches, Rom 2018.

@martha Hallo Martha,
danke für den Text. Das klingt für mich jetzt alles gar nicht so schlimm. Ich frage mich nur, wie das alles zusammenpasst. Ein Mann, der einen Lügengeist hat, wie ich das nie zuvor gesehen habe. Ein Umgang mit sozialen Randgruppen, wie sich das Christen ganz sicher nicht leisten sollten, eine Rachsucht, die hemmungslos ist, ein Verdrehen von geistlichen Inhalten (JD Vance zur Liebe). Das geht alles nur, wenn mir das Blut des Herrn egal ist.
Trump wurde besonders auch von Christen aufs Schild gehoben. Sollte es da nicht klare Aussagen geben von denen, die um Gottes Willen wissen und einfach sehen müssen, was da getrieben wird?
Sicher gibt es Dinge, die wichtig und richtig sind, die Trump angeht. Es gibt da gute Gründe. Aber nichts rechtfertigt eine entwürdigende Behandlung von Menschen und eine Missachtung von Gesetzen.

danke für den Text. Das klingt für mich jetzt alles gar nicht so schlimm.
Ich habe bewusst eine Quelle gewählt, die neutral berichtet. Da gibt es im Netz noch ganz andere Einschätzungen.
Es steht mir nicht zu, die "Neue Apostolische Reform" zu bewerten. Und frage mich, ob das 5fältige Amt (Epheser 4,11) nicht genug Sicherheitsmechanismen an sich hat, die Herde nach Gottes Wort zu weiden?
So stelle ich mir das jedenfalls vor. Propheten warnen, Lehrer achten auf Fakten, die sie mit der Realität abgleichen, Hirten haben die Seele ihrer Schäfchen im Blick u achten darauf, dass keines in die Irre geht.
Im Text wird auf das Gospel-Forum verwiesen. Gibt es auf Jesus.de Christen, die schon da waren?
Über einen Austausch würde ich mich freuen.

@martha Ich war schon im Gospel-Forum. Allerdings war das vor einer Zeit, in der sich die Gemeinde etwas zerlegt und dann neu formiert hat. Peter Wenz führt die Gemeinde sehr straff - das war jedenfalls mein Eindruck. Er predigt aber sehr gut und der Worship war vom Feinsten. Damals gab es sehr viele Pastoren, die gut gepredigt haben. Wie es heute ist, vermag ich nicht zu sagen.
In der Gemeinde gab es neben Heilungsgebet oder Gebeten, die konkrete Handlungen oder zumindest direktes Eingreifen von Gott erwarteten (wie das ja auch zur Neuen Apostolischen Reformation gehört) auch Zungenreden und Prophetie. Zungenreden sollte aber wohl nur Peter Wenz selber. Ich habe einmal mitbekommen, wie er einen Pastor, der da einstimmte und den ich sehr schätze, regelrecht zurückgepfiffen hat. Was die Prophetie anging, so wurden da von Gemeindegliedern erhaltene Eindrücke weitergegeben. Die fand ich nicht immer hilfreich und prophetische Aussagen fand ich auch meist hinterher nicht bestätigt.
Aber wie gesagt: das ist schon viele Jahre her.
Generell finde ich es gut, die geistlichen Gaben dankbar von Gott anzunehmen und wenn ich sie nicht habe, mich danach auszustrecken und sie zu erbitten.
Kritik von manchen Christen ist dann oft, dass das, was die Charismatiker als "Eingreifen Gottes" Bezeichnen, von "unten" sei - also im Grunde genommen Hexerei. Wie schon bei Mose vor dem Pharao können beide Seiten - Gott wie auch Satan - so einige "Tricks". Heilungswunder oder Wunder generell sind nicht immer Beleg der Gottesnähe einer Gemeinde. Ich kann da nicht urteilen, wie wir ja generell nicht urteilen sollen. Aber ich kann ein Gefühl dafür haben, was woher kommt. Gottes Gegenwart ist für mich immer mit Liebe und Annahme verbunden. Und wenn die nicht da ist, dann habe ich bei solchen Dingen ein schlechtes Gefühl. Jeder muss da dann selber für sich einschätzen, wie er die Dinge sieht.

Ich kann da nicht urteilen, wie wir ja generell nicht urteilen sollen. Aber ich kann ein Gefühl dafür haben, was woher kommt.
Ja, das war mir wichtig. Nicht vorschnell zu urteilen, ohne das Forum zu kennen.
Ich bin einem Gefühl/Impuls gefolgt und habe jetzt gerade mal auf Youtube in Folge 8 eines Podcast "Zwischen Himmel und Hölle" mit P. Wenz hieingehört (Dauer ca. 50min):
Wird die Charismatik missverstanden?
Er wurde vor 3 Monaten aufgezeichnet. Und darin spricht er unaufgefordert ab ca Minute 13 alle geistlichen Leiter an:
"Nehmen wir uns doch nicht zum Vorbild, was in Amerika passiert ist vor dem Wahlkampf, wo auch Christen für Politik auf die Barrikaden gehen in einer Art und Weise, in einer Aggressivität, in einer Rechthaberei, die mit der Bibel überhaupt nichts mehr zu tun hat.
Ich distanziere mich z.B. auch öffentlich von jeder Form von christl Nationalismus. Das ist uns nirgendwo in der Bibel vorgegeben.
Wenn ich als Pastor sagen würde, ich trete jetzt in den Riss für die CDU, SPD oder die Grünen, sage ich im gleichen Augenblick: andere bei uns, die eine andere Partei wählen als die, die ich vorschlage, das sind die, die bei mir unten durch sind.
Ja, wie kann ich so was als Pastor tun?
In Amerika ist das ganz offen. Da gibt's eine Bewegung, die heisst "Pastors for Trump". 1500 Pastoren gehören dazu. Wie kann man Teil einer solchen Bewegung sein? In deiner Gemeinde, die nicht für Trump sind, die haben dich als Gegner.
Das ist nie der Plan von Gott gewesen, dass wir uns aufgrund von politischen Überzeugungen innerhalb der Christenheit zerstreiten, das wir polarisieren, das wir diffamieren, protestieren, aggressiv intervenieren - das hat mit Christentum, mit der Nachfolge Jesu und seiner Liebe nichts zu tun."

Nachdem ich mir das durchgelesen habe, frage ich mich, was denn die »New apostolic reform« mit Vance etc. zu tun hat?

Das römische Reich ist klar untergegangen. Es gibt kein römisches Reich mehr.
Die Frage ist, was wir mit so einem "Untergang" assoziieren. Denn die Vorstellung, die mit diesem "Untergang" meist einhergeht, ist die einer dekadenten Oberschicht, die nicht mehr in der Lage war eine vernünftige Politik zu gestalten und das Reich zu verteidigen, so dass das römische Reich schließlich von Barbaren gestürmt und zerstört wurde.
Nun hat es zwar immer wieder Kriege und Überfälle gegeben, aber ganz so dramatisch war es letztlich nicht. Das römische Reich ist in viele Einzelreiche zerfallen, welche die jeweiligen Regionen sehr viel besser verwalten konnten.
Was den Rest deines Postings betrifft... ja, da mag sicher etwas dran sein. Und die Methoden der Herrschaft ähneln sich.

@lucan-7 Was den Untergang Roms betrifft, so gibt es da immer wieder neue Begründungen. Ich denke, dass es eine multifaktorielle Angelegenheit. Vielleicht ist ein Hauptgrund mit ein Klimawandel mit Missernten, mit der Beschädigung und der Unmöglichkeit, Straßenverbindungen aufrecht zu erhalten. Und dann da noch oben drauf eine Migrationswelle von Völkern aus dem Norden, die neuen Raum zum Leben suchen und das auch durch die Auftrennung schon geschwächtes Reich einfach überrannten. Auch wenn das noch alles reparabel gewesen wäre, so war doch die "Magie" des römischen Reiches futsch. Man war nicht länger der sichere Sieger, sondern mehr so ein Reich wie andere auch.

Das römische Reich ist in viele Einzelreiche zerfallen, welche die jeweiligen Regionen sehr viel besser verwalten konnten.
Es hat sich aus Randgebieten (Britannien, Dacien) völlig zurückgezogen, Kulturelle Errungenschaften (z.B. römische Wasserleitungen) blieben zwar ggf. als Bauwerke erhalten, aber niemand konnte vergleichbare neu bauen oder sie warten.
Das war schon ein kultureller Rückschritt. Also das mit der »besseren Verwaltung« muss schon relativiert werden.

Das war schon ein kultureller Rückschritt. Also das mit der »besseren Verwaltung« muss schon relativiert werden.
Sicher, da muss man regional nochmal genau hinschauen.
Aber es ist eben nicht so, dass da plötzlich alles verfallen wäre und Europa überall der Finsternis und Barbarei anheimfiel, wie es ja oft dargestellt wird.

Das habe ich ja schon eingangs gesagt, dass das ein gaaanz langsamer Untergang war.
Es ist halt die Frage, ob "Untergang" nicht einfach etwas zu dramatisch klingt. Da denkt man gleich an Schiffskatastrophen und dergleichen, wo eine Menge Menschen sterben.
In vielen Gegenden war es aber einfach nur ein Übergang in eine andere Verwaltungsform. Natürlich endete das Römische Reich damit und ging damit auch "unter"... aber eigentlich war es nur eine Transformation in eine andere Staatsform, keine große Tragödie oder dergleichen.
Abgesehen natürlich von jenen Gegenden, in denen Krieg herrschte... aber das waren eben nicht so viele, wie manche sich das vorstellen.

Mir scheint, du blendest den Verlust an Wissen und Fertigweisen aus, der damit einher ging.
Welcher Verlust genau? Es mag wohl sein, dass manches an Wissen und Technik verloren ging. Aber es ist ja nicht so, dass die Römer überall von den Barbaren vertrieben wurden und die Menschen fortan wieder in Höhlen hausten.
Ich denke, dass sich oftmals einfach die Prioritäten verschoben. Und man eben nicht unbedingt die Notwendigkeit von unterbodenbeheizten Badehäusern sah, sondern sich anderen, notwendigeren Dingen zuwendete.
Wie gesagt: Dass da manches verloren ging will ich gar nicht bestreiten. Es gab nun einmal einen Umbruch.
Aber es ist nicht unbedingt so, dass deshalb überall die Kulturen wieder auf Steinzeitniveau herabfielen.

Ich hab ja schon das Beispiel der Kölner Wasserleitung genannt, die man später für einen Bau des Teufels hielt (irgendwann fiel sie aus, weil der aus dem Wasser ausfallende Kalk die Leitung verstopfte).
Grundsätzlich wurde Zement erst im 18.Jh. wiederentdeckt. Und Einrichtungen wie Kanalisation gab es später nur noch in Rom, wo die colaca maxima noch heute ihren Dienst tut.
Zwei Beispiele, die mir spontan einfallen. Der Verlust an Wissen zeigt sich auch in den zahlreichen antiken Werken, die erst im Hochmittelalter (als lateinische Übersetzungen aus dem Arabischen) bzw., direkt mit der Renaissance wieder nach Europa kamen.
Klar, das Mittelalter war nicht so »finster« wie es die Humanisten behauptet hatten. Aber es ging doch Vieles verloren.

Zwei Beispiele, die mir spontan einfallen. Der Verlust an Wissen zeigt sich auch in den zahlreichen antiken Werken, die erst im Hochmittelalter (als lateinische Übersetzungen aus dem Arabischen) bzw., direkt mit der Renaissance wieder nach Europa kamen.
Das wird gar nichts sein im Vergleich zum digitalen Wissen, das uns bald verloren gehen wird.
Denn digitale Speichermedien sind, historisch gesehen, nur für die kurzfristige Archivierung von wenigen Jahrzehnten vorgesehen. Mittelalterliche und selbst antike Schriften liegen uns teils noch im Original vor. Heutiges Wissen wird die nächsten 500 oder 1000 Jahre aber in der vorliegenden Form nicht überstehen.
Und auch wenn wir natürlich nicht wissen, was kommt, halte ich es für recht wahrscheinlich, dass die Menschen in naher Zukunft andere Sorgen haben werden, als ständig die digitalen Speicher zu kopieren und auf den neuesten Stand zu bringen. Und auch die besten Server laufen keine 200 Jahre.
Beim Wissen aus dem alten Rom ist ja die Frage, wie vielen Leuten das überhaupt bekannt war. Wenn da einzelne Spezialisten durch die Lande fuhren, die ihr Wissen nicht weitergaben, dann gab es auch keine große Verbreitung.
Soll heißen, dass die Leute, die in der Nachfolge der Römer nicht mehr über das Wissen verfügten, nicht unbedingt dümmer waren. Sie hatten halt andere Prioritäten.

Unter Dummheit verstehe ich mangelnde Intelligenz. Verlust von Wissen macht nicht weniger intelligent, sondern mehr ahnungslos (in Bezug auf das, was früher gewusst wurde).
Sie hatten halt andere Prioritäten.
Das ergab sich schon daraus, dass die Zivilisation nicht mehr so reibungslos funktionierte wie zuvor.
Der Untergang des römischen Reichs war nicht so wie der Untergang einer Insel durch eine Sturmflut, sondern eher wie eine Insel, die 1cm pro Jahr im Meer versinkt.
Und klar, es gibt auch Dinge, die den Untergang des Reichs überdauert haben, aber das Reich war weg, und mit ihm manche zivilisatorische Errungenschaften.
@hkmwk in Analogie zum Untergang des römischen Reichs
Da liegt unser eigentliches Problem, die heutigen Entwicklungen richtig einzuschätzen: Wir denken in Analogien, die so dermaßen out of date sind... Mir ist das in letzter Zeit häufiger mal aufgefallen, dass ich bei allen möglichen tagesaktuellen Meldungen an's alte Rom dachte. Beispielsweise als Trump sein Gaza-Video in die Online-Welt pumpte, musste ich an Caligula, der sein Pferd zum Konsul machte, denken.
Solche Assoziationen, die dann zu entsprechenden Analogien werden, führen in die Irre. Das ganze Imperiums-Denken - wie wir es bei Trump, Putin und auch Xi sehen - kann nicht zu sinnvollem Handeln in der heutigen Welt führen.
Als Spengler sein Buch schrieb, war er den alten Römern, was den Zustand der Welt antraf, näher als uns. Die Weltbevölkerung hatte um 1918 (Erstveröffentlichung seines Buchs) herum die 2-Milliardengrenze noch nicht angekratzt. Es gab keine digitalen Technologien. Es gab keine globale Kultur. Niemand ahnte etwas vom Klimawandel. Es gab keine Atombomben. Die Ökononomie war praktisch noch kaum globalisiert und der Kapitalismus hatte relevante Teile der Welt noch nicht mal erreicht (während er heutzutage bis in die letzte Slumhütte Indonesiens, Guatemalas oder der Elfenbeinküste hineinherrscht), ob das Leibeigenensystem im Zarenreich durch das bolschewistische System ersetzt werden würde, stand auf des Messers Schneide, Mao war gerade mal dabei, in Xiangtan Abendschulen für Arbeiter zu organisieren...
Und gab es keine KI.
kein plötzlicher Untergang gemeint ist, sondern ein Prozess, der sich über Jahrhunderte erstreckte.
Ja: Einst konnten Imperien über Jahrhunderte an Macht und Ausdehnung wachsen. Und dann konnten sie über Jahrhunderte hinweg wieder verfallen. Jahrhunderte sind kein Zeitrahmen, in welchem man heutzutage noch sinnvoll denken kann. Der "abendländische" Way of life kann unmöglich noch über ein weiteres Jahrhundert gegangen werden und erst recht nicht als Vorbild für den Rest der Welt. Dieser Way of life hat uns dahin geführt, dass unser Haus brennt (Klimawandel, Artensterben) und wir uns darüber streiten, ob der Nachbar Butter aus unserem Kühlschrank geklaut haben könnte. Beziehungsweise, wie wir ihn die nächsten Jahre daran hindern können, sich auch noch die Autoersatzteile aus unserer Kellerwerkstatt zu mopsen (Aufrüstung gegen Putin, Gaza-Krieg, Kaschmir-Konflikt und und und).
Der abendländische Way of life passt nicht zu einer globalisierten Menschheit; die Regeln, die in der Vergangenheit galten, waren nicht nachhaltig gestaltet. In einem (schon etwas älteren) Interview mit "Jung und naiv" hat Dieter Nuhr (dessen einstiger Fan zu sein mir heute eher peinlich ist...) mehrfach darauf hingewiesen, dass er die größte Hoffnung, was den Umgang mit dem Klimawandel usw. angehe, in China setze. Die Chinesen würden langfristig denken, die hätten einen Plan...
Und ich konnte ihn sogar ein Stück weit nachvollziehen: dass wir, der Westen, es nicht gebacken kriegen, die Lebensbedingungen auf dem Globus langfristig zu sichern, ist ja offensichtlich. Aber ich musste mich halt auch an meinen alten Geschichts-LK-Lehrer erinnern, der - das Waldsterben, bzw. der saure Regen - und im Zusammenhang damit ganz allgemein die Umweltverschmutzung (in der öffenltichen Wahrnehmung noch nicht der Klimawandel!) waren gerade das große Thema - mal meinte, dass die Russen wohl eher in der Lage wären, solche Probleme zu lösen, auch wenn Maßnahmen dazu noch so sehr von der Bevölkerung abgelehnt würden. Mein Geschichts-LK-Lehrer also machte mich zum ersten Mal mit dem Gedanken bekannt, dass ein demokratisches System womöglich nicht in der Lage wäre, existentiell bedrohliche Probleme zu lösen.
Er traute damals also den Russen dazu, die echten Problem zu lösen, und D. Nuhr traut es heute den Chinesen zu, und der Gedanke ist derselbe: Nur totalitäre Machtverhältnisse erlauben es, gegen das Volk und dessen allzu kurz gedachte Interessen zu regieren und auch langfristig erfolgversprechend zu regieren.
Aber so wenig, wie die totalitären Russen damals in der Lage gewesen wären, die Umwelt zu retten (nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts kam so langsam heraus, wie katastrophal man im Osten mit der Natur umgegangen war), so wenig werden uns die totalitären Chinesen vermutlich vor dem globalen Klimakolaps bewahren. Weil Xi eben sehr wohl darauf achten muss, sein Milliardenvolk irgendwie zufrieden zu stellen - beispielsweise die 300 Millionen Wanderarbeiter, die wie unvertäute Frachttonnen im Bauch des Chinesischen Schiffes zur Gefahr werden könnten, sollte man in zu raues Wetter geraten.
Das Denken in den traditionellen Schemata passt nicht. Nationalismus ist blöd (Ukraine-Krieg blöd), das Denken in Territorialstaaten ist blöd, es adressiert nicht die tatsächlichen Probleme, denen sich die Menschheit heute zu stellen hätte. Das Abendland, wie es in den letzten siebzig Jahren war, könnte in ferner Zukunft von Historikern als ein interessantes Beispiel für einen glückseligen Massenwahn betrachtet werden. Der Westen (ich inkludiere mal praktischermaßen die USA) verhielt sich wie die Lotosesser aus der Odyssee. Nach dem 2. Weltkrieg hätte man erkennen können, dass die Welt zu einem Boot geschrumpft war, in welchem man nur gemeinsam überleben oder untergehen kann. Ja, es wurde ein paar Schritte in die richtige Richtung gegangen, die UN wurden wichtiger, die EU entstand... Aber dann reichte es den Leuten auch mit der Anstrengung und man wollte vor allem konsumieren.
Was wäre nötig? Eine Weltregierung wäre nötig. Eine, die sich nicht alle naslang durch irgendwelche Zwischenwahlen zu neuen unhaltbaren Wahlversprechen zwingen lassen dürfte. Eine, die aus sehr intelligenten Leuten bestünde. Oder eben aus KIs.
Da sehe ich die einzige realistische Zukunftsvision für die Menschheit, zu der dann auch "das Abendland" zu zählen wäre. Eine Weltregierung, die Schluss macht mit Kriegen, weil Kriege unter ihr keinen Sinn mehr ergäben. Eine Weltregierung, die ein Wirtschaftssystem etabliert, dessen Basis nicht die Konkurrenz ist: eine gute Planwirtschaft. Wenn eine solche Weltregierung nicht in den nächsten 50 bis 60 Jahren zustande kommt, ist die Frage, welches Imperium fällt und welches aufsteigt, in meinen Augen nicht mehr von Belang. Dann wird nicht nur das Abendland untergehen, sondern die gesamte Menschheit.
p.s.: Was das Kulturelle angeht: ich alter Mann bin vermutlich kulturell näher an Oswald Spengler als an der zwölfjährigen Tochter unserer Nachbarn, die den ganzen Tag tiktokisiert. Deren Kultur unterscheidet sich womöglich mehr von der meinen als einer Zwölfjährigen in einer chinesischen oder südafrikanischen oder italienischen oder mexikanischen Kleinstadt.
Kultur im identitätspolitischen Sinne ist von ihrer Bedeutung her inzwischen kaum mehr als Folklore.

Du redest über die Zukunft der Menschheit, das ist ein anderes Thema.
Aber du hast schon Recht, Umweltprobleme (insbesondere Klimawandel) können schon zu einem Zusammenbruch führen, der das Senken in Einflusssphären, Imperien etc. obsolet macht. Aber bis dahin wird es immer Machtblöcke geben, Zentren von militärischer oder wirtschaftlicher macht. Eine Weltregierung höchstens auf dem Papier.
Was sein kann: Dass ein Land so mächtig wird wie die USA nach 45, und »die ganze Welt« regiert. Was wortwörtlich natürlich niemals gestimmt hat, aber so ungefähr schon …

@hkmwk Du redest über die Zukunft der Menschheit, das ist ein anderes Thema.
Jein. 🙂
Aber bis dahin wird es immer Machtblöcke geben, Zentren von militärischer oder wirtschaftlicher macht.
Na klar. Die Frage ist eben, welchen Zeitraum "bis dahin" abbildet. Meine These lautet: keine hundert Jahre. Eher bloß 50. Und also wird kein "Imperium" mehr genügend Zeit haben, auf eine ähnliche Weise wie das Römische Reich abzusteigen.
Was die zukünftigen Machtblöcke angeht, so finde ich, es lohnt sich dieser Tage immer noch, in Huntingtons Bestseller "Clash of civilisations" reinzuschauen.
In den Details sieht's heute schon wieder etwas anders aus, aber das politische "Grundmodell", dass er vor Augen hatte, scheint mir nicht so schlecht für Prognosen zu taugen. Der Ukrainekrieg zumindest passt recht gut in sein Konzept der Bruchlinienkonflikte - was übrigens der Grund ist, weswegen ich wenig Angst davor haben, dass Russland, egal wie der Ukrainekrieg ausgeht, danach beispielsweise das katholisch geprägte Polen angreifen könnte. Diese Angst würde eher auf dem "altmodischen" Imperialismusmodell begründet erscheinen, wie es vermutlich zu Spenglers Zeiten vertreten wurde. Ich hab dabei ja schon den nächsten "großen Krieg" im Auge, also dem um Taiwan: aus dem sollte "der Westen", wenn wir nun in der Ukraine absehbarerweise aussteigen, tunlichst sich raushalten, und falls Trump so eine politische Linie fährt, dann agiert er womöglich vernünftiger als es bisher die "wertebasierte" Aussenpolitik des Westens war. Naja, obwohl... Hong Kong wurde ja schlußendlich auch komplett an China übereignet, da hatte sich "der Westen" eigentlich schon vernünftig, im realpolitischen Sinne, verhalten.
Eine Weltregierung höchstens auf dem Papier.
Ich vermute, da liegst Du richtig. Aber ich hab ja nicht ohne Grund auf Kinder verzichtet... 😉
Was sein kann: Dass ein Land so mächtig wird wie die USA nach 45, und »die ganze Welt« regiert. Was wortwörtlich natürlich niemals gestimmt hat, aber so ungefähr schon …

Ich würde sagen: der Kapitalismus übernahm China schon unter Deng Xiaoping.
In der Tat. Die Wirtschaft Chinas war spätestens in den 90ern voll kapitalistisch aufgestellt. Der Kommunismus war zu dieser Zeit mehr so etwas wie Folklore als Realität.

@jack-black Was wäre nötig? Eine Weltregierung wäre nötig. Eine, die sich nicht alle naslang durch irgendwelche Zwischenwahlen zu neuen unhaltbaren Wahlversprechen zwingen lassen dürfte. Eine, die aus sehr intelligenten Leuten bestünde. Oder eben aus KIs.
Na, dann sind wir ja auf einem guten Weg. Elon Musk als Intelligenzbestie geht erst mal mit der Sense durch demokratische Institutionen. Donald Trump ist ja auch so hochintelligent. Dann steht es also gar nicht so schlecht um den Westen. Und offen für KI ist man mit der Silcion Valley Nähe der Regierung sicher auch. Denn viele der entlassenen Mitarbeiter sollen sicher durch KI ersetzt werden. Dein Traum ist also quasi schon auf einer nationalen Ebene Realität!
Da sehe ich die einzige realistische Zukunftsvision für die Menschheit, zu der dann auch "das Abendland" zu zählen wäre. Eine Weltregierung, die Schluss macht mit Kriegen, weil Kriege unter ihr keinen Sinn mehr ergäben. Eine Weltregierung, die ein Wirtschaftssystem etabliert, dessen Basis nicht die Konkurrenz ist: eine gute Planwirtschaft.
Oh ja, Kriege beendet Donald Trump ja auch. Du hast alles, was Du willst. Und da er alle Macht will, wird die Planwirtschaft sicher auch bald Realität, denn das ist die Planwirtschaft in erster Linie: machtvolles Instrument in den Händen von Diktatoren.
Und wehe Du bist nicht ihrer Meinung. Man wird Dich finanziell ruinieren, Deine Persönlichkeitsrechte entledigen und vielleicht noch einen Job irgendwo im Arbeitslager finden - denn das gehört natürlich auch ganz zwangsläufig zu solchen Systemen, denn weil die Elite ja so überaus weise ist, ist jede andere Meinung ganz selbstverständlich eine Rebellion der Dummen - und die darf man mit allen Mitteln und Konsequenzen auslöschen.
Ist das zu hart formuliert? Dann schau doch mal in Länder mit Planwirtschaft, ob es dort nicht vielleicht so etwas gibt ...
Warum ein Diktat von Menschen, die sich für die intellektuellen Überflieger halten? Warum die Menschheit zu Vieh degradieren (die Elite natürlich ausgeschlossen)? Warum ein Ende jeglicher Freiheit, wo die doch Voraussetzung ist für einen Menschen nach Gottes Schöpfungsplan und es ohne Freiheit keine kulturelle und technologische Fortschritte mehr geben wird. Glaubst Du im Ernst, die Menschheit könnte mit dem technologischen Geraffel unserer Zeit überleben?
Warum nicht die Freiheit der Menschen bewahren? Warum nicht wirtschaften ohne Konkurrenz - dafür aber in der Haltung des Wohlwollens aller gegen alle?
Kultur im identitätspolitischen Sinne ist von ihrer Bedeutung her inzwischen kaum mehr als Folklore.
Nein, das ist sie selbstverständlich nicht! Auch wenn inzwischen so ziemlich alle Innenstädte von Großstädten mit dem gleichen Satz an Unternehmen betreiben werden dürften, die Geschäfte identisch sind, so gibt es doch große kulturelle Unterschiede, die sich oft nicht materiell äußern, sondern z.B. im Umgang mit Problemen und ihrer Lösung, in der Risikobereitschaft, in der Definition von Work-Live-Balance, in dem Mindset in Bezug auf sich selber, den Mitmenschen, nationalen Ideen, religiösen Überzeugungen und vielem mehr.
Wer glaubt, Kultur gäbe es nicht mehr, der hat wohl nur einen sehr oberflächlichen Blick auf die Welt. Allein die Sprachen bedingen schon unterschiedliche Kulturen. Sprachen sind die Firmware des Hirns. Sie formen Bewusstsein, Vorstellungen und den Umgang miteinander, den ganzen Lifestyle.
Kooperative und wohlwollende Konzepte sind bei vielen Menschen nicht gerne gesehen - denn sie geben so viel Macht wie möglich in die einzelne Person. Aber zum Machterhalt und zur Machtkonzentration sind alle anderen Systeme überhaupt existent. Und da haben wir natürlich die totalitären Diktaturen mit ihrer Planwirtschaft als Extrem - auch im Hinblick auf die Zerstörung individueller Persönlichkeiten und ihrer Rechte, der damit einhergehenden wirtschaftlichen und kulturellen Abflachung bis hin zur Dekadenz in Dreck und tiefste Not.
Ich frage mich ernsthaft, wie Du die „intelligentesten“ Menschen finden willst. Das fängt schon damit an, dass es absolut schwierig ist, Intelligenz zu definieren. Welche meinst Du? Die Intelligenz, die man klassischer Weise misst und die durch KI bei Menschen bald überflüssig werden dürfte, oder sprichst Du mehr von sozialer Intelligenz, emotionaler Intelligenz, sprachliche Intelligenz, spirituelle Intelligenz, ästhetische Intelligenz ...
Ich vermute mal, dass Du da eher an den grauen angestaubten Technokraten denkst, der dann für Trabbis für alle sorgt und der Auffassung ist, mehr als Schwarzbrot und Wasser braucht der Mensch nicht (mal als extreme Idealisierung dieses Ansatzes).
Kann es sein, dass Du Dich in Deinem Ideal von Platon inspirieren lässt - und zwar nicht den Platon, der die Genialität des Sokrates zu Papier gebracht hat, sondern der Platon, der sich in seinem übrigen Werk als höchst durchschnittlichen Denker mit abgefahren verdorbenen und menschenverachtenden Ansätzen ausweist?
Können wir diesen Unfug nicht einfach in die Mottenkiste philosophischer Verirrungen verschwinden lassen und uns Konzepten zuwenden, in denen der Mensch weiter Mensch sein darf?

@goodfruit Na, dann sind wir ja auf einem guten Weg.
Ich verstehe, dass Du das sarkastisch meinst. Der Sarkasmus könnte ebenso von meiner Seite kommen, aber ich würde es an anderer Stelle ironisch meinen als Du.
Trumps politisches Ideal ist freilich das Gegenteil einer Weltregierung - er will us-amerikanische Hegemonie.
Oh ja, Kriege beendet Donald Trump ja auch.
Warten wir's ab. Bisher hat er ja erstmal nur einen gegen die Huthi im Jemen angefangen. Sollte seine Politik allerdings tatsächlich dazu führen, dass der Ukraine-Krieg endet und dass die Gefahr eines Taiwan-Krieges vom Tisch kommt... Dann weiß ich nicht, wie man ihm das zum Vorwurf machen sollte.
Ist das zu hart formuliert? Dann schau doch mal in Länder mit Planwirtschaft, ob es dort nicht vielleicht so etwas gibt ...
Ich meine, ich hatte verständlich genug formuliert. Wenn Du mich partout gegen den Strich lesen willst, kann ich damit leben, und habe nicht das Bedürfnis, jeden einzelnen Punkt geradezurücken.
Ich frage mich ernsthaft, wie Du die „intelligentesten“ Menschen finden willst.
Ich will die gar nicht finden. Die intelligentesten werden in dem Zeitrahmen, auf den ich mich beziehe, künstliche Intelligenzen sein. Ich behaupte überhaupt nicht, dass wahrscheinlich eine den Menschen wohlwollende KI diesen Globus regieren werde. Ich behaupte nur, dass die Alternative dazu höchstwahrscheinlich die Selbstauslöschung der Menschheit (per KI oder, wenn wir uns tüchtig anstrengen, noch rechtzeitig die Atomraketen zu starten, sogar ohne KI) sein wird.
Wer glaubt, Kultur gäbe es nicht mehr, der hat wohl nur einen sehr oberflächlichen Blick auf die Welt.
Na, da bin ich ja froh, dass ich solches überhaupt nicht glaube.
Kann es sein, dass Du Dich in Deinem Ideal von Platon inspirieren lässt (...)
Nein. Allein schon, da ich überhaupt kein Ideal vertrete, sondern nur Möglichkeiten skizziere, die ich für die Zukunft sehe. Und ich kann insbesondere jetzt nicht behilflich sein, Dir Platon (mit dessen Ideenlehre ich, wie in einigen Threads schon dargelegt, große Probleme habe und sie größtenteils ablehne) verständlich zu machen und würde darüberhinaus vorschlagen, dass wir, bevor wir den nochmal zum Gegenstand einer Diskussion machen, beide sorgfältig seine Politeia komplett - nicht nur inform von Zitaten, die uns von Dritten vorgekaut wurden, durchlesen. 🙂
Können wir diesen Unfug nicht einfach in die Mottenkiste philosophischer Verirrungen verschwinden lassen (...)
Ich weiß nicht, auf welchen Unfug Du Dich gerade beziehst. Platon's Konzept eines idealen Staats (das ich ausgewiesenermaßen nicht vertrete, aber aus anderen als moralistischen Gründen) kann es nicht sein, denn über dessen Philosophie scheinst Du zu wenig zu wissen, um Dir ein eigenes kompetentes Urteil bilden zu können. Und falls Du Dich auf andere von meinen Gedanken oben beziehen solltest: verwechsele nicht das, was ich schreibe, mit dem, was Du da hineininterpretierst. 🙂
uns Konzepten zuwenden, in denen der Mensch weiter Mensch sein darf?
Ich bin hier weniger auf der ethischen als der ontologischen Schiene unterwegs: Menschen dürfen stets Menschen sein, wer soll's ihnen verwehren? Sie waren es bisher stets: in ihrem Leiden, in ihrem Glücklichsein, in ihrem Gewaltausüben und in ihrem Sich-vor-der-Gewalt-Beugen. Die Frage ist, ob sie noch Menschen sein können in absehbarer Zeit.
Meine Prognose (und sollte die widerlegt werden, wäre es mir eine helle Freude!) lautet: sie werden nur Menschen sein können, wenn sie es in den nächsten 50 Jahren hinkriegen, global geschlossen und vernünftig zu agieren. Und ich traue weder dem Kapitalismus noch der hier im Westen derzeit herrschenden Form von Demokratie zu, die Menschheit dahin zu bringen.
Wir - der europäische Westen - hatten seit spätestens den 70er Jahren die Chance, es hinzukriegen. Und wir haben's verbockt. Warum sollte also diese Art des Abendlandes weitere fünfzig Jahre global die Richtung angeben? Das widerspricht ja sogar dem Grundgedanken, bzw. als besonderen Vorteil der Demokratie gepriesenen Konzept, dass nämlich jene die Möglichkeit biete, nicht funktionierende Regierungen abzuwählen...
Wir (zusammen mit den USA) regierten mindestens ökonomisch die letzten 50 Jahre die Welt. Die Ergebnisse werden uns allabendlich in der Tagesschau präsentiert und zwar in pädagogisch schonender, nicht zu sehr in's Detail gehender Art und Weise. ^^

@derelch Naja, ganz so doof war er dann auch wieder nicht - aus dem Wikipedia Beitrag zu ihm:
Den Nationalsozialismus lehnte Spengler ebenso ab wie die Weimarer Republik. Ein Angebot Gregor Strassers, des NSDAP-Gauleiters von Niederbayern, an den Nationalsozialistischen Monatsheften mitzuwirken, schlug er 1925 aus, weil ihm die „primitive Lösung eines Antisemitismus“ zuwider war. Aus dem gleichen Grund lehnte er 1927 eine Mitarbeit an der völkischen Zeitschrift Deutsches Volkstum ab.[24]
In privaten Aufzeichnungen bezeichnete er die nationalsozialistische Rassenideologie als Weltanschauung für die „geistig Minderbemittelten“. Der NS-Staat führe „eine Barbarei herauf“, die nicht die der „Germanen, sondern der Kannibalen ist: Foltern, Morden, Gesetzlosigkeit, Raub“.[25]
Allerdings waren seine Gedanken nicht frei von rassistischen Ideologien. Er war inspiriert von dem Biologen Ernst Haeckel, der einer sehr ideologiebeladenen Perspektive auf den Darwinismus folgte bzw. sogar anführte: dem Sozialdarwinismus, der möglicherweise erst dies von Spengler richtig als außerordentlich primitiv erkannten Ansätze der Nazis möglich machte.
Die Idee, Geschichte in Mustern zu betrachten, finde ich nicht schlecht. Und tatsächlich gibt es wohl solche Muster auch, bei denen man Phasen eines Großwerdens, einer Reifens, eines Wendepunktes und eines Abstiegs verfolgen kann. Ob aber Sprenglers Idee der 1000 Jahre irgendeinen Sinn macht, wage ich mal zu bezweifeln. Vielleicht erleben wir ja grad einen neuen Anlauf, ein 1000-jähriges Reich zu begründen. Davon, dass sich viele Parallelen zwischen dem Auftreten Trumps und dem von Cäsar/Augustus erkennen lassen, habe ich woanders hier schon geschrieben. Da passt es gut, wenn JD Vance auf Augustinus Gottesstaat zurückgreift, wo wir Elemente des Augustuschen Terrorstaat mit christlichen Werten vermengt finden. Dass dabei das Evangelium in seiner Kernaussage komplett platt gemacht wird, schein Herrn Vance nicht groß zu stören.

Naja, ganz so doof war er dann auch wieder nicht
Kann schon sein, relevant ist Oswald Spengler trotzdem nicht.
Veröffentlicht von: @hkmwkSie sprachen Lateinisch
Das ist so sicher nicht.

Na, wenn die Nachfahren eine Romanische Sprache sprechen, haben sie vor 1200 einen lateinischen Dialekt gesprochen.
Meinst du, sie haben die lateinische Sprache erst nach dem Ende des römischen Reichs übernommen?

Na, wenn die Nachfahren eine Romanische Sprache sprechen, haben sie vor 1200 einen lateinischen Dialekt gesprochen.
Meinst du, sie haben die lateinische Sprache erst nach dem Ende des römischen Reichs übernommen?
@hkmwk Hallo Helmut (?),
falls Du hier noch reinschaust - vielleicht interessiert Dich ja
mehr als dreistündige Interview Richard Wolffs durch Robinson Erhardt. Es ist auf Englisch und es ist mir unmöglich, da jetzt eine Zusammenfassung zu geben. Aber das Thema, unter dem es steht, passt hier in den Thread: Trump, Hitler und das Ende des amerikanischen Empires. Wolff interpretiert vieles, was jetzt gerade so tagesaktuell durch die News schwappt, als Symptome für den Untergang des (us-)amerikanischen Reiches. Und so, wie er da Beispiel für Beispiel bringt, Vergleich für Vergleich... ist das schon recht überzeugend. Auch, wenn er hie und da ein wenig großzügig historische Details zurechtbiegt, damit seine Erzählung noch runder wird (an einer Stelle z.B. erzählt er, wie Nero auf seinem Balkon steht, während unten Rom brennt und dabei Geige spielt... 😀 ), ist doch seine umfassende Kenntniss ökonomischer und historischer Zusammenhänge bewundernswert, und er rückt manche falschen Vorstellungen, die ich zumindest hatte, zurecht. Beispielsweise meinen Blick auf die europäische Politik hinsichtlich des Ukraine-Kriegs, insbesondere aber hinsichtlich der Frage, inwieweit Sanktionspolitik in diesem Zusammenhang angebracht war/ist (laut seinen Ausführungen ist sie völlig, total, absolut nutzlos), aber auch hinsichtlich DOGE, mit dem Elon Musk behauptet, die Ineffizienz der föderalen Verwaltung zu verbessern. Ich dachte bisher, dass Trump/Musk zumindest in der Hinsicht womöglich etwas, wenn auch für die Betroffenen Schmerzhaftes, so doch für die USA als Ganzes Notwendiges täten: Bürokratieabbau... Wolff weist darauf hin, dass seit den fünfziger/sechziger Jahren die Anzahl der föderalen Angestellten ungefähr gleich groß blieb (~ 2 Millionen), während die US-Bevölkerung um 150 Millionen anwuchs. Was bedeutet, dass die föderale Bürokratie heute deutlich effizienter arbeitet als in jener "guten alten Zeit", in der die MAGA-Leute ja so gern zurück möchten.
Darüber hinaus weist er darauf hin, das auf Staat- und Kommunalebene insgesamt runt 20 Millionen öffentliche Angestellte arbeiten, bei denen aber Trump/Musk eben nicht mit der Kettensäge das große Entlassungsmassaker veranstalten können - weil sie auf dieser Ebene eben nicht das Sagen haben.
Naja, das ist ein Beispiel von wirklich vielen, bei denen mich Wolff zum Re-Thinking veranlasst hat. Vielleicht findest Du in dem Interview andere Aspekte, die Du so noch nie so betrachtet hattest.
Interessant sind all die Parallelen, die Wolff zwischen den Faktoren, die schließlich zu Hitler führten und denen, die zu Trump führten, erläutert. Seine Grundaussage ist in beiden fällen: weder Hitler noch Trump sind/waren das ursächliche Problem der Katastrophe, sondern sie standen nur als irrsinnige "Alternative" (für das Deutsche Reich oder für die USA), der sich die durch zu viele Krisen traumatisierte "working class" zuwendet.
Interessant ist übrigens auch seine von Marx beeinflusste Betrachtungsweise des feudalistischen Systems - welches ja zuerst aus den Splittern des Römischen Reiches sich sehr dezentral entwickelte und erst später im Absolutismus seinen Peak erreichts (um dann vom kapitalistischen System abgelöst zu werden). Wolff nimmt einen da wirklich auf einen interessanten Überflug über die europäische Geschichte mit.
Interessant ist, wie der junge Interviewer den alten Interviewten reden und reden und reden lässt, ohne dessen Gedankengänge zu unterbrechen. Ein "kritisches" Interview sähe sicherlich anders aus, aber wenn man etwas von seinem Gast lernen möchte - dann ist das die perfekte "Gesprächsführung".

Nee, 3 Stunden sind mir den doch zu viel …
Aber etwas zu Punkten die du ansprichst:
wie Nero auf seinem Balkon steht, während unten Rom brennt und dabei Geige spielt...
Laut dem Gerücht seinerzeit war es eine Lyra 😉 und im Übrigen stimmt das nicht. Nero war gar nicht in Rom - und dass er drei Tage brauchte (vom Brandausbruch gerechnet), um da anzukommen, hat sein Image so ramponiert, dass er einen Sündenbock brauchte - schließlich nutze er den Brand, um seinen Superpalast zu bauen, und gemäß »qui bonum?« galt er als der Brandstifter.
Ich dachte bisher, dass Trump/Musk zumindest in der Hinsicht womöglich etwas, wenn auch für die Betroffenen Schmerzhaftes, so doch für die USA als Ganzes Notwendiges täten: Bürokratieabbau...
Das habe ich von Anfang an nicht geglaubt. Schon bei den Meldungen, was er da »abbaut«. Und Bürokratieabbau mit der Kettensäge ist wie Totalrenovierung ohne Baugerüst 😉 da bricht dann Einiges zusammen.
weder Hitler noch Trump sind/waren das ursächliche Problem der Katastrophe
Das erinnert mich an das, was ich bei Alfred Grosser gelesen habe: Die Weltwirtschaftskrise löste in den USA den Wahlsieg von Roosevelt (der mit den fast sozialistischen Reformen) aus, in Deutschland den Wahlsieg von Hitler. Wobei Grosser das »auslösen« in Gänsefüßchen setzte …

@hkmwk Nee, 3 Stunden sind mir den doch zu viel …
Ja, ich weiss... 😇 Kannst ja mal reinschauen, unten im Scrollbalken werden ja die einzelnen Themen benannt, falls Dich ein Unterthema besonders interessieren sollte.
Laut dem Gerücht seinerzeit war es eine Lyra
und im Übrigen stimmt das nicht. (...)
Ja, das wusste ich - ich brachte es als ein Beispiel dafür, wo er nicht wirklich historisch akkurat ist.
was ich bei Alfred Grosser gelesen habe: Die Weltwirtschaftskrise löste in den USA den Wahlsieg von Roosevelt (der mit den fast sozialistischen Reformen) aus, in Deutschland den Wahlsieg von Hitler.
Wolff betrachtet die Unterschiede auch, und spricht später, als er auf Gramsci zu sprechen kommt (den italienischen Kommunisten, den Mussolini in's Gefängnis werfen ließ und der dort in seinen berühmten Gefängnisheften unter anderem den Begriff der Hegemonie in die politisch-kulturelle Diskussion einführte), die kulturellen Unterschiede an, die dafür verantwortlich sein mögen, dass in verschiedenen Gesellschaften ähnliche oder fast gleiche "objektive Bedinungen" dennoch zu unterschiedlichen politischen Entwicklungen führen können. Wobei es in dem Zusammenhang eher um die Frage ging, warum z.B. in Rußland die sozialistische Revolution passieren konnte und in Italien nicht.
Allerdings dürften unabhängig von den kulturellen Unterschieden zwischen den USA und Deutschland anno 33 auch die "objektiven" Unterschiede wesentlich gewesen sein: die USA hatten nicht den WK1 verloren, das Land hatte nicht unter den Reparationszahlungen leiden müssen (welche, das führt Wolff aus, via England und Frankreich großteils in die USA flossen, welche jenen Ländern während des Kriegs mit Krediten geholfen hatten, die nun abgezahlt werden mussten) und hatte nicht die Hyperinflation '23 erlebt. Der große Sieger von WK1 waren die USA - in Relation zu den (west-)europäischen Entente-Mächten hatten sie deutlich weniger geblutet, das Land wurde nicht zum Kriegsschauplatz und also nicht verwüstet...
Wie dann im Rahmen der Weltwirtschaftskrise der Börsencrash in den USA auf Europa übersprang, weil plötzlich us-amerikanische Investitionen/Gelder abgezogen wurden, gerade auch aus Deutschland - darüber hatte ich jüngst mal eine interessante Doku auf 3Sat gesehen, deren Titel ich leider wieder vergessen habe.
Kurz: die Wirtschaftskrise in den USA traf ein Volk, das in den vergangenen Jahrzehnten eine ganz andere Geschichte gehabt hatte.
Und dennoch! Rassistische Faschisten gab's in den USA zuhauf, 1924 hatte z.B. der Ku Klux Klan 4 Millionen Mitglieder, und dies nicht im Verborgenen...
Die hier im Thread aufgeworfene Frage geht ja nun auch in die Richtung, ob womöglich nicht nur das Abendland (wenn Wolff, dessen Kenntnisse der europäischen Geschichte wirklich frappierend sind, über Europa spricht, dann wird klar: für ihn spielt dieses Abendland eh schon keine signifikante Rolle mehr in der Welt, das Sich-Wichtig-Nehmen unserer Regierungschefs wie Macron oder Starmer ist für ihn nur noch lächerlich - diese nüchtern-deutliche Aussenperspektive tat beim Zuhören schon ein bisschen weh...), sondern nun eben das westliche Imperium, dessen Kern die USA waren, nun untergeht: als das deutsche Reich (Imperium...) unterging, wurde dessen zentrale Macht-Rolle ja von den USA übernommen. Wenn nun aber das US-Imperium untergeht und womöglich auf einem ähnlichen Weg wie Hitler-Deutschland - wer übernimmt dann das Zepter?
Ähnlich wie ich - deswegen war ich vielleicht auch von dem Interview so begeistert - sieht Wolff das grundsätzliche Problem, das gerade so richtig hochkocht, nicht auf bestimmte Nationen bezogen - sondern er verortet es im Kapitalismus*. Interessant ist, wie er darlegt, dass China, der neue, große Antagonist der USA, nicht nur seine eigene Art von Sozialismus (den Maoismus) entwickelte, durchaus in bewußter Distanz zu den europäischen Spielarten - sondern dass China gleichzeitig auch eine eigene Art von Kapitalismus entwickelt hat, die offenbar den "altmodischeren" westlichen Kapitalismusvarianten überlegen ist: immerhin wurde mit diesem Staatskapitalismus die Armut eines Milliardenvolks erfolgreich gelindert.
Aber Wolff ist der Ansicht, dass an dem grundsätzlichen Problem des Kapitalismus - dem Klassenantagonismus von den wenigen da oben, die das Sagen und den Profit und Reichtum haben und den vielen da unten, die arbeiten müssen und sich ausbeuten lassen müssen - auch die modernere Kapitalismusvariante Chinas auf Dauer nicht wird vorbeikommen können. Was nach dem Untergang des amerikanischen Imperiums geschehen wird, darüber spekuliert er nicht so sehr konkret, nur glaubt er nicht, dass China dauerhaft zum globalen Hegemon aufsteigen wird, sondern hat eher eine multinationale (ich würde formulieren: multipolare) Welt vor Augen, womöglich mitbestimmt durch eine bessere Version der UN, wie immer sowas auch zustande kommen könnte. An der Stelle hätte ich gern in das Intervie reingegrätscht und gefragt, wie er zu dem Konzept der unterschiedlichen Kulturräume steht, das Huntington in seinem "Clash of civilizations" skizzierte. Na, vermutlich wäre ich da wohl ausgelacht worden... 😉
*Die Parallelen, die er zwischen der Geschichte des Feudalsystems (welches nach dem Untergang Roms Europa beherrschte) und der des Kapitalismus zieht, waren für mich neu und originell, auch wenn er sich da wieder auf Marx bezieht.

Kannst ja mal reinschauen, unten im Scrollbalken werden ja die einzelnen Themen benannt, falls Dich ein Unterthema besonders interessieren sollte.
Werde ich machen …
Allerdings dürften unabhängig von den kulturellen Unterschieden zwischen den USA und Deutschland anno 33 auch die "objektiven" Unterschiede wesentlich gewesen sein
Und im Einzelfall gibt es auch Zufälligkeiten. 1930 wählten ca. 25% Protest, die meisten Stimmen davon (19%) bekamen die Nazis. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass Hitler das Aushängeschild der Kampagne gegen den Young-Plan war. Wenn da Hugenberg & Co. sich einen anderen »Trommler« ausgesucht hätten, wäre vielleicht dieser Faschist groß geworden, wer weiß?
wenn Wolff, dessen Kenntnisse der europäischen Geschichte wirklich frappierend sind, über Europa spricht, dann wird klar: für ihn spielt dieses Abendland eh schon keine signifikante Rolle mehr in der Welt
Was meine These stützen wird.
sondern nun eben das westliche Imperium, dessen Kern die USA waren, nun untergeht: als das deutsche Reich (Imperium...) unterging, wurde dessen zentrale Macht-Rolle ja von den USA übernommen
Also Deutschland als das zentrale, führende Land Europas ist doch ziemlich Germanozentrisch (oder sollte ich Alemannozentrisch sagen?). Europa war schon lange multipolar, Großbritannien und Frankreich waren in etwas genauso wichtig (als Kolonialmächte sogar deutlich stärker). Die USA haben nicht ein Land als Imperium beerbt, sondern das Imperium des (als Einheit betrachteten) Europa.
Aber Wolff ist der Ansicht, dass an dem grundsätzlichen Problem des Kapitalismus - dem Klassenantagonismus von den wenigen da oben, die das Sagen und den Profit und Reichtum haben und den vielen da unten, die arbeiten müssen und sich ausbeuten lassen müssen - auch die modernere Kapitalismusvariante Chinas auf Dauer nicht wird vorbeikommen können
Solche »Klassen«gegensätze* wird es immer geben - wobei ich als grundlegenden Faktor die Macht sehe, die z.B. durch Geldbesitz entsteht, aber eben im »klassenlosen« Maoismus auf andere Weise begründet war. Das Heutige China ist nicht maoistisch, denn Maoismus und Kapitalismus sind Gegensätze. Xi hat seine eigene Ideologie entwickelt, die sich zwar auch auf Mao beruft, aber eben doch deutlich von ihm abweicht.
nur glaubt er nicht, dass China dauerhaft zum globalen Hegemon aufsteigen wird, sondern hat eher eine multinationale (ich würde formulieren: multipolare) Welt vor Augen
Die Grenze zwischen uni- und multipolar ist fließend. Für die 50-er und 60-er Jahre rede ich schon mal von einer Weltherrschaft der USA, aber natürlich war das nicht wörtlich die ganze Welt. Bei China wirds wohl ähnlich sein - aber natürlich wäre es denkbar, dass die USA da gleichziehen, evtl. auch Indien - insbesondere wenn sich Gegner Chinas zusammentun, wirds echt multipolar. Aber wird (oder unsere Enkel) werden ja erleben, was kommt …
Die Parallelen, die er zwischen der Geschichte des Feudalsystems (welches nach dem Untergang Roms Europa beherrschte) und der des Kapitalismus zieht, waren für mich neu und originell
Da habe ich mir vorgenommen, das näher anzuschauen. Aber wohl nicht heute …

@hkmwk Was meine These stützen wird.
Genau. Deswegen dachte ich ja auch an diesen von Dir gestarteten Thread, als ich das Interview anschaute.
Also Deutschland als das zentrale, führende Land Europas ist doch ziemlich Germanozentrisch (oder sollte ich Alemannozentrisch sagen?)
Ja sicher, das war vielleicht etwas übertrieben. Aber Deutschland war nun mal selbst noch in den späten Zwanzigern in Europa wirtschaftlich, wissenschaftlich und politisch-intellektuell - trotz verlorenem WK1, trotz Reparationszahlungen, trotz Inflation - führend: die europäische Zentralmacht. Und vor WK1 sah es noch deutlicher aus: die Reichs-Idee, das imperiale Denken, die Vorstellung, dass eine deutsche Hegemonie eigentlich nur richtig und gerecht sei, war in dem größten, bevölkerungsreichsten und wirtschaftlich stärksten Land Europas ziemlicher common sense. Dass man sich überschätzte - keine Frage, da reicht der Blick in die Geschichtsbücher.
Die Grenze zwischen uni- und multipolar ist fließend. Für die 50-er und 60-er Jahre rede ich schon mal von einer Weltherrschaft der USA, aber natürlich war das nicht wörtlich die ganze Welt. Bei China wirds wohl ähnlich sein - aber natürlich wäre es denkbar, dass die USA da gleichziehen, evtl. auch Indien - insbesondere wenn sich Gegner Chinas zusammentun, wirds echt multipolar.
Hhmm. Gestern wieder sah ich ein Interview mit Frank Dikötter, einem China-Experten, der einen deutlich abweichenden Blick auf die Position Chinas hat als wohl die meisten von uns. Er behauptet, dass China noch längst keine Supermacht sei (und seine Argumente scheinen mir auf den ersten Blick durchaus plausibel*) und er meint, eine Containment-Politik ähnlich der, die man einst gegenüber der Sovjetuntion betrieb, könne China auf ähnliche Weise implodieren lassen. Während Wolff in meinen Augen ein wenig zuuu großzügig in seiner Beurteilung Maos ist und dessen Rolle als Heilsbringer für das verarmte China überbetont, überzieht Dikötter es genau in die andere Richtung, indem er immer noch die Geschichte vom "Erfolgsmodell Demokratie" erzählt und die grundsätzliche Problematik des Kapialismus praktisch ignoriert.
Die beiden - den antimarxistischen Dikötter und den marxistischen Wolff - würde ich gern mal in einer Debatte zum Thema erleben. 🙂
*Insbesondere, falls er die Zustände in China zur Zeit des Tienanmen-Massakers korrekt beschreibt...

Aber Deutschland war nun mal selbst noch in den späten Zwanzigern in Europa wirtschaftlich, wissenschaftlich und politisch-intellektuell - trotz verlorenem WK1, trotz Reparationszahlungen, trotz Inflation - führend
Vor dem WK1 sicher, danach wird es etwas komplizierter.
Wogegen ich mich gewandt hatte war eine Formulierung, als ob Deutschland Europa dominierte (so wie die USA die NATO etc. dominiert haben). Und das war nie der Fall.
Er behauptet, dass China noch längst keine Supermacht sei
Das hängt davon ab, was man unter Supermacht versteht. Die UdSSR war wirtschaftspolitisch nie gleichauf mit den USA, aber wegen der starken Militärkraft (nicht zuletzt auch der Atomstreitmacht) eine Supermacht. China ist wirtschaftlich stark, schon auf Grund der schieren Bevölkerungszahl, militärisch auch, und ist immer stärker geworden. Bei der nächsten Rund um atomare Abrüstung (wenn - hoffentlich - wieder eine kommt) muss auch China dabei sein, sonst macht die keinen Sinn.
Während Wolff in meinen Augen ein wenig zuuu großzügig in seiner Beurteilung Maos ist
Er erwähnt nicht den großen Sprung nach vorn, der zum Flop wurde, dass die Sache mit den Volkskommunen scheiterte, und wie desaströs die Kulturrevolution war. Dass China heute halb kapitalistisch ist, hat nichts mit Mao zu tun (der wäre dagegen gewesen), sondern mit Deng. Vielleicht kann sich Wolff noch damit herausreden, dass es eine komplizierte Ursache-Wirkungskette von Mao zu der Reformpolitik Dengs führte, aber da alles mit allem zusammenhängt, wäre das ein schwaches Argument.
Wahr ist, dass Mao beim Massaker in Schanghai übrig blieb, und Wolff hat vergessen zu erwähnen (oder weiß er es nicht?), was übrigens zu seiner Erzählung passt: Dass Tschiang gar nicht gegen Japan kämpfen wollte, weil er die Kommunisten für die gefährlicheren Feinde hielt. Die Abtrennung der Mandschurei als japanischen Satellitenstaat hat er kampflos hingenommen. Erst als er entführt wurde und eine Vereinbarung mit Mao unterschreiben musste (die natürlich schon bekanntgemacht worden war, als er aus Jenan zurückkehrte, so dass er nicht mehr zurück konnte), begann 1937 der Kampf gegen die Japaner. Nebenbei: Bis heute wird in Rotchina nicht von der Mandschurei gesprochen, sondern den 5 nordöstlichen Provinzen (Heilungjian).
Auch beim Vergleich mit Feudalismus vereinfacht er fürchterlich. Könige gabs, seit es europäischen Feudalismus gab (der Titel ist natürlich noch viel älter). Es begann also nicht total dezentralisiert. Zwar ist das mit der Tendenz zur Zentralisierung nicht völlig falsch, aber das Bild war doch deutlich bunter: In Skandinavien gab es sviw nie eine absolute Monarchie, in England scheiterte absolute Monarchie im 17. Jh. (ein Jahrhundert (!) vor der französischen Revolution), in Deutschland war nicht der Kaiser absolut, sondern der jeweilige reichsunmittelbare Fürst (und auch da nicht überall, man denke nur an die freien Reichsstädte), ähnlich in Italien (nur dass es da keinen Kaiser gab …) - klar wenn man über solche Unterschiede hinwegsieht, ergibt sich ein Bild, das zu einer Erzählung wie Wolff sie bietet taugt. 😉
eine Containment-Politik ähnlich der, die man einst gegenüber der Sovjetuntion betrieb, könne China auf ähnliche Weise implodieren lassen
Ob China implodiert - keine Ahnung. Containment ist kaum noch möglich, mit BRICS gibts eine Allianz, die eher die USA »containern« könnte als umgekehrt. Aber die UdSSR hat gezeigt, dass auch eine Supermacht implodieren kann - aber in absehbarer Zeit ist das nicht zu erwarten. Aber was ist schon absehbar - spätestens für die Zeit nach dem Tod von Xi oder der Eroberung Taiwans (was immer zuerst kommt, falls überhaupt) überlasse ich Prognosen lieber den Experten …
Und nun reiche noch die Fußnote nach, die ich letztens vergessen habe, zum Stichwort »Klassen«gegensätze*:
* Klasse ist ja ein Bild aus der Mathematik: Eine Menge wird in Untermengen eingeteilt, und wenn die disjunkt sind, und ihre Vereinigung die gesamte Menge umfasst, heißen sie Klassen. Bei einer Klassengesellschaft kann man also von Mitglied der Gesellschaft sagen, zu welcher Klasse es gehört. Das trifft wortwörtlich natürlich auf keine Gesellschaft zu, aber in erster Näherung galt das schon für den Hochkapitalismus des 19. Jhs. Bei heutigen Gesellschaften ist das schon weniger klar. Auch wenn es wieder die Tendenz zu einer Klassengesellschaft gibt (die sich öffnende »Schere« zwischen Arm und Reich …).