Erdogan lässt einfach nochmal wählen
Hallo zusammen,
ich habe das zuerst für ein Possenspiel gehalten, aber es sieht so aus, als wenn Erdogan die Bürgermeisterwahl in Istanbul tatsächlich wiederholen lässt - und warum? Weil dort sein AKP-Bürgermeister ziemlich verloren hat:
Das gibt es doch gar nicht. Lässt er dann immer so lange "wählen", bis das Ergebnis seinen Vorstellungen entspricht? Das hat doch rein gar nichts mit Demokratie zu tun. Am Härtesten finde ich diesen Ausspruch Erdogans - Zitat aus dem Artikel: Es handele sich dabei um den "besten Schritt" für das Land, sagte Erdogan bei einem Treffen von Abgeordneten seiner Partei AKP. Damit werde "unser Wille, Probleme im Rahmen von Demokratie und Gesetz zu lösen, gestärkt". --- Ich wüsste gerne mal sein Verständnis von Demokratie...??
Aber ich überlege, was das für das deutsch-türkische Verhältnis bedeuten könnte, wenn er sich damit durchsetzt - wenn er so beweisen kann, daß er alles plattwalzen kann, was ihm nicht in den Kram passt. Was würde das für uns bedeutet mit den vielen Erdogan-Anhängern, die wir hier beherbergen? Und ich frage mich, welchen Einfluß das auf die Bewerbung der Türkei für eine EU-Mitgliedschaft haben könnte? Sollte das nicht so einen "Point of no return" markieren, der signalisiert, daß ein Recep Tayyip Erdogan für die EU absolut untragbar wäre?
Was denkt Ihr über diese "Neuwahl"?
Grüssle Katrin
Veröffentlicht von: @katy3Was denkt Ihr über diese "Neuwahl"?
Wenn ich so darüber nachdenke halte ich es für positiv, dass Erdogan unmissverständlich klarmacht, was er wirklich von Demokratie hält - denn es scheint ja immer noch Leute zu geben, die die Türkei nach wie vor mehr oder weniger für einen demokratischen Rechtsstaat halten.
Diese Lüge lässt sich wohl kaum noch aufrecht halten... und ich denke, dass die Opposition davon profitieren wird.
Veröffentlicht von: @lucan-7Wenn ich so darüber nachdenke halte ich es für positiv, dass Erdogan unmissverständlich klarmacht, was er wirklich von Demokratie hält - denn es scheint ja immer noch Leute zu geben, die die Türkei nach wie vor mehr oder weniger für einen demokratischen Rechtsstaat halten.
Deine Antwort ist für mich ein echtes Aha-Erlebnis - so gesehen ist das geradezu demaskierend für Erdogan. Und das ist wirklich positiv. Nur ob das auch Konsequenzen hat, wird sich zeigen.
Veröffentlicht von: @lucan-7Diese Lüge lässt sich wohl kaum noch aufrecht halten... und ich denke, dass die Opposition davon profitieren wird.
Hoffentlich!
Naja, dann holt er die Knute und die Russen dazu und man hat ein zweites Syrien.
Ich hoffe, es kommt nicht dazu.
M.
Veröffentlicht von: @meriadocNaja, dann holt er die Knute und die Russen dazu und man hat ein zweites Syrien.
Ich hoffe, es kommt nicht dazu.
Es könnte tatsächlich sehr schlimm kommen. Aber noch gibt es Gründe, auch optimistisch zu sein. Die Türkei ist ja trotz allem ein modernes Land, mit sehr vielen Menschen, die die Lage sehr wohl durchschauen und sich eine friedliche Änderung wünschen.
Ich hoffe sehr, dass das gelingt...
Veröffentlicht von: @lucan-7Ich hoffe sehr, dass das gelingt...
Ich auch.
Ein zweites Syrien kann Europa nicht verkraften.
M.
Veröffentlicht von: @katy3Ich wüsste gerne mal sein Verständnis von Demokratie...??
Er ist eine 1-Mann-Demokratie: stimmt demokratisch mit sich ab 😉
Ich hab's mir schon gedacht gehabt, dass er die Wahl anfechten wird. Passt nicht in seine Pläne als Alleinherrscher.
Veröffentlicht von: @deborah71Er ist eine 1-Mann-Demokratie: stimmt demokratisch mit sich ab 😉
super 😀 - das ist toll ausgedrückt 😊
Es wird immer schwerer zu Erdogan eine Meinung zu haben, denn was immer ich über ihn sage ist nicht positiv, ich müsste ihn als erstes Erdowahn nennen, was sich natürlich verbietet, weil man so seinen Namen verunglimpft.
Aber kann man Erdogan überhaupt verunglimpfen? Das besorgt er eigentlich komplett selbst. Und Deutschland müsste scharf reagieren, aber man muss auch diplomatisch sein, ... also wird am Ende nicht viel rumkommen.
In die EU (soviel muss klar sein), darf man Erdogan nie aufnehmen, der Ärger mit den Rechtspopulisten aus Ungarn, Polen und Co. ist schon groß genug, Österreich mit der FPÖ nicht zu vergessen.
Veröffentlicht von: @dustinpedroiaAber kann man Erdogan überhaupt verunglimpfen? Das besorgt er eigentlich komplett selbst. Und Deutschland müsste scharf reagieren, aber man muss auch diplomatisch sein, ... also wird am Ende nicht viel rumkommen.
Genau, die "höheren Interessen" - das ist ein echtes Trauerspiel. Und Erdogan spielt dieses Spiel offenbar brilliant.
Veröffentlicht von: @dustinpedroiaIn die EU (soviel muss klar sein), darf man Erdogan nie aufnehmen, der Ärger mit den Rechtspopulisten aus Ungarn, Polen und Co. ist schon groß genug, Österreich mit der FPÖ nicht zu vergessen.
Hoffentlich wissen das auch die entsprechenen Entscheidungsträger ...
Die Türkei entstand in einer Zeit, als ein nationalistisches Gedankengut der Renner war. Dieses damalige Gedankengut verknüpfte sich dann später mit dem Streben, dass nur noch einer das Land führt. Die Türkei blieb demokratisch. Das war nicht in jedem Land in Europa so. Die Demokratie, mit all den westlichen Grundsätzen wurde vom Militär geschützt. Erdogan hat die Unabhängigkeit des Militärs durch austauschen der Köpfe zerschlagen. Es ist nicht mehr viel da, was ihm gefährlich werden könnte.
Ich und ich denke, dass kann niemand hier, kann nicht beurteilen, was an dem Vorwurf der Wahlmanipulation dran ist. Erdogan glaube ich so, oder so kein Wort. Deswegen ist man allerdings der Wahrheit nicht näher.
Meine erste Frage zu dem Thema ist, gab es denn keine internationalen Wahlbeobachter und falls ja, dürfen die sich öffentlich über die Wahlen äußern. Das wäre ein Anhaltspunkt, um die Vorwürfe objektiver bewerten zu können. Eine interne Untersuchung auf Anweisung eine politischen Führers, der was Menschenrechte und Demokratie betrifft, ohnehin in Zwielicht geraten ist, ist als Beleg ein bisschen dünn.
So, oder so jetzt wird es Neuwahlen geben und die Türkei wäre gut beraten, wenn sie durch internationale Wahlbeobachter die von der Staatengemeinschaft anerkannt sind, ins Land holen würde. Möglich hierfür, wären die Wahlbeobachter, die durch Helsinki ins Leben gerufen wurden, oder eine Abordnung vom Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates. Schließlich gibt es ja Verträge mit der EU. Glücklicherweise haben wir die Türkei als EU Land nicht an der Backe. Wie gut, dass die Befürworter, die es in ihrer Unendlichkeit ihrer Toleranz wollten, nicht durchsetzen konnten.
Noch mehr Sorgen mache ich mir allerdings darin, dass die Türkei auf ein Bankrott hinausläuft. Dem Volk gegenüber versucht er mit Verschwörungstheorien, die Angelegenheit zu überwinden. Mittelfristig ist in der Türkei einiges unschöne möglich. Angefangen mit einem Bürgerkrieg, bis hin zu bewaffneten Konflikten, die international sind. Die Türkei ist das Tor ins Schwarze Meer. Aber ich will, weil ich nicht die Gabe der Prophetie habe, den Teufel an die Wand malen. 😉 In den letzten Jahren und vermutlich in den nächsten Jahren auch, haben/werden sich in der ereignet, die gravierender sind als die Neuwahlen. Nur am Rande erwähnt. Auch, wenn ich es gerne hätte, dass es so ist, so ist Demokratie kein internationales Menschenrecht.
Veröffentlicht von: @orangsayaNoch mehr Sorgen mache ich mir allerdings darin, dass die Türkei auf ein Bankrott hinausläuft.
Ich sehe da eher Parallelen zu Venezuela. Dort ist auch ein Alleinherrscher, der sich seine Demokratie selber macht, mit Unterstützung des Militärs, die er selber dort mit wirtschaftlichen Vorteilen bei der Stange hält.
Wenn die Versorgungslage noch schlechter wird, dann wird nicht mehr vom Ausland investiert, die Inflation galoppiert und die Massen werden arbeitslos. Schon jetzt verlassen die jungen gut ausgebildeten Menschen das Land.
Für Deutschland wird es aber auch spannend: Wie verhalten sich die Deutsch-Türken?
Hallo Katy,
Ich wüsste gern mehr darüber, was die Wahlbehörde veranlasst hat, die Wahl zu annullieren. Wer sitzt da drin? Sind das alles Anhänger der Partei von Erdogan?
Abgesehen davon, ist so eine Wiederholungswahl nicht ungefährlich. Was macht denn Erdogan, wenn seine Partei die auch wieder verlieren sollte? Dann steht er ziemlich dumm da. Er kann ja schlecht solange wählen lassen, bis seine Partei die Wahl gewinnt, das sähe dann doch ein wenig komisch aus.
Ich hoffe das alles nach dem Gesetz abläuft, nur sicher bin ich mir da nicht, es steht zu befürchten das Erdogan dem Gesetz etwas nachhilft.
Ich bleibe dabei, ich hoffe das dies nicht geschieht, aber wundern würde es mich nicht, wenn Erdogan bei der Wiederholung auf Nummer Sicher gehen will.
Veröffentlicht von: @peterpalettiIch wüsste gern mehr darüber, was die Wahlbehörde veranlasst hat, die Wahl zu annullieren. Wer sitzt da drin? Sind das alles Anhänger der Partei von Erdogan?
Den Vorsitz hat ein AKP-Mitglied.
Veröffentlicht von: @peterpalettiAbgesehen davon, ist so eine Wiederholungswahl nicht ungefährlich. Was macht denn Erdogan, wenn seine Partei die auch wieder verlieren sollte? Dann steht er ziemlich dumm da.
Gewinnt die Opposition, muss er das akzeptieren, schafft er es, mit welchen Mitteln auch immer, zu gewinnen, wird es spannend, ob es zu massiven Protesten auf der Straße kommt. Werden die brutal unterdrückt, wird das Land isoliert und es wird ggf. ein zweites Venezuela geben.
Wenn er gewinnt, wird die Opposition die Wahl anzweifeln. Egal ob geschummelt wurde oder nicht - man muss dann einfach davon ausgehen.
Der Haken ist, wir können als EU keine Eskalation in der Türkei wollen, die zu einem Chaos führt. Und das sehe ich da schnell gegeben. So etwas wie ein zweites Venezuela wäre auch für uns ein Thema
Veröffentlicht von: @frihetDer Haken ist, wir können als EU keine Eskalation in der Türkei wollen, die zu einem Chaos führt. Und das sehe ich da schnell gegeben. So etwas wie ein zweites Venezuela wäre auch für uns ein Thema
Ein zweites Venezuela können wir uns am Rande von Europa nicht leisten, weder wegen der dann zu erwartenden Flüchtlingsströme noch wegen der vielen türkischstämmigen Einwohner.
Veröffentlicht von: @frihetDer Haken ist, wir können als EU keine Eskalation in der Türkei wollen, die zu einem Chaos führt. Und das sehe ich da schnell gegeben. So etwas wie ein zweites Venezuela wäre auch für uns ein Thema
Es gibt noch einen weiteren Grund. Die Türkei ist ein Bündnispartner und wegen der strategischen Lage, muss die Türkei es auch bleiben. Die Kriegsgefahr wegen der Ukraine ist noch lange nicht gebannt. Die Türkei ist das Tor in Schwarze Meer und vom schwarzen Meer aus, das Tor ins Mittelmeer.
Wir hatten vor nicht ganz fünfzig Jahren, schon mal so ein Problem. Wenn auch die Ursachen anders waren. Der Nato Partner Griechenland stand kurz vor einem Krieg mit dem Nato Partner Türkei. Kampfhandlungen und Eroberung von Gebieten hat es schon gegeben. Doch die türkische Marine und die griechische Marine fuhren aufeinander zu. Wäre da nicht verhindert worden, dann hätte es richtig und direkt gefunkt. Das Ergebnis wäre eine folgenschwere Schwächung der westlichen Allianz gewesen.
Veröffentlicht von: @peterpalettiAbgesehen davon, ist so eine Wiederholungswahl nicht ungefährlich. Was macht denn Erdogan, wenn seine Partei die auch wieder verlieren sollte?
Na, er wird schon dafür sorgen, dass das nicht passiert. Er weiß ja jetzt, dass er sich nicht nur auf die Wähler verlassen darf und kann entsprechende Vorkehrungen treffen.