Ist die westliche Welt verweichlicht?
Heute morgen gelesen.
Angeblich sollen immer mehr Kinder, wegen Corona, Suizidgefährdet sein.
Das tut mir schon weh. Aber dann stelle ich mir die Frage, ob die verwöhnte, hochtechnisierte reichen Industriestaaten verweichlicht sind. Ich bin Jahrgang 66 und hatte wirklich kein einfaches leben. Aber an Suizid habe ich ´sehr selten gedacht. Irgendwie ging es immer weiter.
Ich kenne Leute, die sind wegen ein wenig Depri und andere "Kleinigkeiten" seit 8 Monaten krank gemeldet. Dann sehe ich hier allleinstehende und verheiratete Mütter, die arbeiten gehen und nebenher Haushalt und Kinder....und auch Stress haben und doch froh sind was zu tun zu haben.
Mein Vater hatte so seine Probleme mit Alkohol und anderes, aber er stand jeden Tag um 5 auf, ging zur Arbeit. Dann sehe ich Leute am Nürnberger Hauptbahnhof herumlungern, Bier saufend und manchmal gröhlend.
Es gibt Länder, da hat man keine Zeit für Depri, Suizid...da helfen Kinder im Haushalt und gehen nebenher zur Schule. War bei mir auch so. Ich musste auch mit 14 arbeiten und dann kamen Freunde und anderes.
Meine Neffen haben, sobald es erlaubt war, Zeitung ausgetragen und haben so zum Taschengeld was dazu verdient. Relativ früh hatten sie Führerschein und ihre Autos waren gebrauchte. Nichts mit Kredite und nichts mit Schulden machen.
Was denkt ihr?
Ja, was dran. Seh ich auch an mir
Überleg mal:
Egal woher man kommt, in Deutschland würde man ohne große Probleme wenn man will neu anfangen und über die Runden kommen können
Aber ich als Deutscher, wo könnte ich leben, was würde ich schaffen?
Österreich, Norditalien, England oder USA usw vielleicht noch aber schon in Polen oder der Tschechei würde ich Gnadenlos untergehen ohne sehr viel Geld in der Tasche... 🙂
Veröffentlicht von: @meriadocAber dann stelle ich mir die Frage, ob die verwöhnte, hochtechnisierte reichen Industriestaaten verweichlicht sind. Ich bin Jahrgang 66
Im Jahr 2019 starben in Deutschland insgesamt 9 041 Personen durch Suizid - das waren über 25 Personen pro Tag. [...] Insgesamt ist die Zahl der Suizide in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen: 1980 nahmen sich beispielsweise noch rund 50 Personen pro Tag das Leben.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Todesursachen/Tabellen/suizide.html
Veröffentlicht von: @meriadocAngeblich sollen immer mehr Kinder, wegen Corona, Suizidgefährdet sein.
Wenn dem so ist, würde ich weniger auf eine verwöhnte Jugend schließen, sondern auf die außergewöhnliche Situation, in der sich diese Kinder und Jugendlichen befinden.
Sicherlich sah es vor ein paar Jahrzehnten in Deutschland noch viel schlimmer aus, und Kinder sind in großer Zahl an Bomben, Krankheiten oder Unterernährung gestorben. Es wäre interessant zu wissen, wie hoch die Suizidrate damals war.
Was aber die Kriegsjahre vom mittlerweile vollendeten Corona-Jahr unterscheidet, ist die soziale Isolation, die für Jugendliche schwerer zu verkraften ist, als für Kinder oder Erwachsene. Ich kann mir vorstellen, daß dieser Effekt die Suizidzahlen nach oben treiben könnte.
Die Statistik macht mich doch sehr nachdenklich.
Warum nehmen sich deutlich mehr Männer als Frauen das Leben?
Sind Frauen lebenswiderstandsfähiger als Männer?
Haben sie bessere Lebensphilosophien, mehr Lebensmut, mehr Kampfkraft in Stressphasen und Sackgassen des Lebens, weniger Angst vor Krankheit und Schmerzen?
Hm ...
Veröffentlicht von: @banjiSind Frauen lebenswiderstandsfähiger als Männer?
Haben sie bessere Lebensphilosophien, mehr Lebensmut, mehr Kampfkraft in Stressphasen und Sackgassen des Lebens, weniger Angst vor Krankheit und Schmerzen?
Ich hätte ja Lust, dir einfach mit einem frechen JA zu antworten. Aber natürlich ist es eine ernsthafte und auch interessante Frage. Darum 2 Stück Spekulazius von mir:
- Männer neigen (Testosteronverursacht) mehr als Frauen dazu, auf Konflikte mit einer Art schnellem, aktivem Machtverhalten zu reagieren. Deshalb überwiegt ihr Anteil auch so sehr in der Kriminalitätsstatistik. Sogar auf körperlicher Ebene: Ihre Muskeln können kurzfristige Höchstleistungen vollbringen. Während verzweifelte Frauen vielleicht noch 100 andere Möglichkeiten und die Folgen ihres Tuns abwägen, haben Männer schon gehandelt.
- Frauen sind viel mehr in nahe soziale Gefüge eingebunden. Sie stellen die überwiegende Zahl der Alleinerziehenden, pflegen Alte. Ihnen steht deutlich vor Augen, welche Katastrophe sie hinterlassen würden. Und sie haben eher Ansprechpartner oder suchen sich welche im Ernstfall. Sie empfinden "Hilfe annehmen" weniger als Männer als ehrenrührig.
Anzumerken wäre, dass Frauen häufiger Suizidversuche starten als Männer*. Die Methoden, die Männer bei Suiziden verwenden, sind allerdings "drastischer", man könnte auch sagen: brutaler als bei Frauen.
Wieviele der "schief gegangenen" Suizidversuche von Frauen eigentlich nur Hilferufe (ich leide, sehr ihr das nicht?) waren, läßt sich sicherlich nicht so einfach beantworten.
Unter Ärzten (deren Suizidrate um ein Mehrfaches höher liegt als in der Durchschnittsbevölkerung), die das Know-How in Sachen Selbttötung haben und auch leichter an Mittel kommen, mit denen man sich schmerzfrei töten kann, liegt interessanterweise der Anteil der Frauen ungefähr bei dem der Männer. Insofern ließe sich schließen, dass tatsächlich ein nicht unwesentlicher Faktor dafür, dass nicht medizinisch versierte Frauen sich seltener töten als Männer, darin liegt, dass Frauen inkompetenter an die Sache herangehen.
Während Männer eher sich den Kopf wegschießen oder sich vor die Bahn werfen, greifen Frauen womöglich immer noch "lieber" zu Schlaftabletten - die man aber heutzutage eigentlich nicht mehr in lethalen Mengen schlucken kann. Kurz: Männer, die sich wirklich töten (und nicht nur ein Notsignal senden) wollen, wählen besser funktionierende Methoden als Frauen. Was - so meine Vermutung - ganz einfach eine Sache der geschlechterrollenspezifischen Sozialisierung ist, nach welcher sich Frauen insgesamt "sanfterer" Methoden bei der Lösung beliebiger Probleme bedienen als Männer.
*Dafür konnte ich jetzt im Nachhinein auf die Schnelle keine Statistik als Quelle ergoogeln. Ich hatte mich im letzten Jahr nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Thema Sterbehilfe mal ausführlicher mit dem Thema befasst und verlasse mich bei dieser Behauptung also auf meine Erinnerung.
lieber Banji,
Frauen mögen körperlich schwächer sein wie wir Männer, aber innerlich sind sie stärker. Das sehe ich an meiner eigenen lieben Frau.
Eine der Heldinnen aus der Bibel hat keinen Namen. Sie wird in Sprüche 31 beschrieben, das Lob der guten Hausfrau. Den Hausmann gab es schon lange.
In unseren Nachkriegsjahren reduzierte sich die Rolle der Hausfrau auf die Betreuung der meist kleinen Familie. Diese Frau war Managerin eines offensichtlich größeren Anwesens mit einer Reihe von Angestellten. Sie verwalteter die Finanzen, entschied Kaufentscheidungen, war als Händlerin aktiv, brachte ihre eigenen handwerklichen Erzeugnisse auf den Markt. Sie plante langfristig und handelte so, das für alle alles gut lief. Kraft und Würde war ihr Gewand. Ein erfolgreiche Managerin, die nicht nur ihre Worte reden ließ, sondern auch ihre Taten....................
An keiner Stelle wird sie als Managerin kritisiert. Sie wird von ihrem Mann und Söhnen gelobt.
Und Frauen bringen mit Schmerzen Kinder zur Welt, setzen sich für sie ein, während wir Männer nichts tun, als über alles Mögliche und
Unmögliche diskutieren, streiten. Während die Frauen den Glauben leben, ihn oft noch still und leise leben, demütig......................
Da können wir Männer echt etwas davon lernen. Frauen sind ebenbürtig, gleich so viel wert wie Männer.
Und wir dürfen uns gegenseitig annehmen und wert schätzen.
liebe Grüße an dich,
Frederick
Menschen haben zu allen Zeiten das getan, was notwendig ist. Das hat nichts mit "hart" oder "weich" zu tun. Die Menschen wären früher auch im Bett geblieben, wenn sie es sich denn hätten leisten können.
Was wohl richtig ist ist, dass die körperliche Belastbarkeit nachlässt. Das hängt natürlich mit den Lebensumständen zusammen... und auch mit der medizinischen Versorgung, weil heute auch Kinder überleben die es im Mittelalter nicht geschafft hätten.
Da sehe ich allerdings nichts Negatives... und was die Selbstmordraten betrifft hat Orleander ja schon was geschrieben.
Veröffentlicht von: @meriadocWas denkt ihr?
Dass es wichtig ist, seine Werteskala zu erweitern. Viele Menschen sind heute materiell abgesichert, aber trotzdem unglücklich. Ihnen fehlt es an Sinn, sozialer Interaktion und Bestätigung, Beziehung zu sich selbst und zu einem natürlichen Lebensraum... usw.
Deshalb lebt es sich unter Umständen leichter, wenn man es gerade so schafft, täglich seine Familie zu ernähren und ihnen ein zu Hause und Zukunft zu geben als wenn man satt und versorgt dauerhaft keine Arbeit findet und permanent unterfordert bleibt.
Veröffentlicht von: @meriadocIch bin Jahrgang 66 und hatte wirklich kein einfaches leben. Aber an Suizid habe ich ´sehr selten gedacht. Irgendwie ging es immer weiter.
Naja - irgendwann wird es nicht mehr weitergehen, da auch Du nicht unsterblich bist.
Wenn alles gut geht, werde ich selbstbestimmt sterben. Was mit dem diesbezüglichen Verfassungsgerichtsurteil von vor ungefähr einem Jahr so zusammenhängt, [Verweis auf Youtube-Video gestrichen, da keine Zusammenfassung erfolgt. MfG AleschaMod]
Soviel also zum "verweichlichten Westen": ich selbst sehe es als einen Akt der Selbstbestimmung, als ein Wahrnehmen eines Freiheitsrechts, mich irgendwann selbst zu töten (wie Rux spreche ich nicht von Selbstmord, sondern von Freitod oder halt einfach wertneutral von Selbsttötung). Wenn Du es für Dich strikt ablehnst, selbstbestimmt zu sterben, ist das freilich Deine eigene zu respektierende Festlegungsentscheidung - für die ich z.B. dich aber nicht als besonders tough (Gegensatz zu verweichlicht) bewundern würde. Immerhin ist die Angst vor dem Totsein noch kein Mut. Also nein, es geht nicht immer irgendwie weiter, sondern irgendwann ist auf jeden Fall Schluss - und mit diesem Wissen kann man unterschiedlich umgehen, unterschiedliche Konsequenzen für sich selbst ziehen.
Veröffentlicht von: @meriadocIch kenne Leute, die sind wegen ein wenig Depri und andere "Kleinigkeiten" seit 8 Monaten krank gemeldet.
Über die Leute, die Du kennst, können wir hier freilich wenig sagen - aber dass es sich bei Depressionen, derentwegen man 8 Monate krank geschrieben wird, um ernsthafte Krankheiten handeln dürfte, sollte im Regelfall eigentlich klar sein: da sind hierzulande die Krankenkassen vor, dass einfach jeder, der mal daheimbleiben möchte, gleich monatelang psychiatrische Fake-Atteste ausgestellt bekäme. Da geht es um Geld; und bei Geld ist hierzulande meist Schluss mit lustig. Also werden die meisten, die solcherart krankg geschrieben wurden, nicht "ein wenig Depri" haben, sondern tatsächlich psychisch krank sein. Und das dann so von oben herab zu formulieren zeugt ungefähr vom Gegenteil dessen, was Neudeutsch "Wokeness" genannt wird: Ein Aufmerksamsein dafür, dass andere Menschen anders denken und fühlen als man selbst und dass die eigenen Überzeugungen darüber, was richtig und normal ist, eben doch immer subjektiv sind.
Veröffentlicht von: @meriadocEs gibt Länder, da hat man keine Zeit für Depri, Suizid.
Nenn mal welche. Ich vermute, das sind dann so Länder, wo die durchschnittliche Lebenserwartung wesentlich höher ist als hierzulande? Im Ernst: es fällt mir sehr schwer, bei so einer Formulierung "kene Zeit für Depri" nicht sofort in den Sarkasmus-Modus zu schalten, weil sie mich einfach ärgert in ihrer Großkotzigkeit und Strunzerei.
Veröffentlicht von: @meriadocMein Vater hatte so seine Probleme mit Alkohol und anderes, aber er stand jeden Tag um 5 auf, ging zur Arbeit. Dann sehe ich Leute am Nürnberger Hauptbahnhof herumlungern, Bier saufend und manchmal gröhlend.
Und? Dein Vater also ein Held - dabei unterschied ihn - nach dieser Deiner Schilderung - von den Leuten am Hauptbahnhof erstmal nur, dass er jeden Tag zur Maloche ging. Gesoffen hat er ja auch.
Nicht, dass ich ihm das jetzt zum Vorwurf machen würde - in der Generation wurde extrem viel gesoffen: den Umstand, dass ich meinen ersten Schwips erst mit über dreissig hatte, habe ich den Erlebnissen mit besoffenen Männern aus jener Generation zu verdanken, die bei Vereinsfeiern besoffen in ihrer eigenen Kotze unter'm Tisch lagen und angesichts deren ich mir vornahm, schön die Finger vom Alk zu lassen.
Diese hart malochenden Männer mit ihrer toughen Art: viel fettes Fleisch fressen und zünftig saufen - dürften mitverantwortlich sein dafür, dass die "harten" Männer mehrere Jahre hinter den Frauen herhinken, was die durchschnittliche Lebenserwartung angeht. Saufen und massenhaft Fleisch fressen ist ja nichts anderes als Selbstmord - pardon! Freitod - auf Raten...
Hältst Du Männer wie Deinen Vater (und manche Männer in meiner Familie, die ihr Leben genauso gestalteten wie er) tatsächlich für vorbildhaft und tough?
Veröffentlicht von: @meriadocEs gibt Länder, da hat man keine Zeit für Depri, Suizid...da helfen Kinder im Haushalt und gehen nebenher zur Schule. War bei mir auch so.
Du kommst aus dem Ausland?
Naja, dann lass Dich mal aufklären: Hier in Deutschland gibt es durchaus Kinder, die im Haushalt helfen und "nebenher" zur Schule gehen. In Familien der gehobenen Einkommensklassen herrscht hierzulande übrigens inzwischen die Erkenntnis vor, das "zur Schule gehen" und "nebenher" nicht so recht zusammenpassen, sondern dass die Leistung, fünf bis sechs Stunden im Unterricht zu sitzen und nachher noch zwei bis drei Stunden Hausaufgaben zu machen oder anderweitig etwas zu lernen (beispielsweise ein Instrument oder eine Sportart) der Leistung eines Erwachsenen, acht Stunden täglich im Job zu arbeiten nicht nur nicht nachsteht, sondern intellektuell sogar überlegen ist: denn der Job, den die Kinder da ausüben, besteht in Lernen. Nenne mir einen Job von Erwachsenen, der ähnlich herausfordernd ist, in welchem jeden Tag durchschnittlich ähnlich viel Neues erlernt werden muß wie im Schulunterricht eines durchschnittlichen Schülers! Eltern, die sich für ihre Kinder eine bessere Zukunft erhoffen, werden darauf bedacht sein, diese harte Arbeit, die das (erfolgreiche!) Schülersein bedeutet, insofern zu erleichtern, als sie ihnen die besten Umstände hierfür bieten.
Kinder, die nun im Rahmen der Coronakrise zuallererst leiden und "ein wenig depri" werden, wie von Dir verniedlichend formuliert, sind Kinder in Familien, in denen daheim keine entsprechenden Umstände geboten werden können. Wenn man sich nicht auf die Schulaufgaben konzentrieren kann, weil die Geschwister Radau machen, weil der Familienhund auf den Teppich gekackt hat und deswegen die ganze Wohnung stinkt, weil Mama und Papa sich genervt in der Küche ankeifen und der Uraltcomputer mal wieder keine Internetrecherche zu einem Sachkundethema ermöglicht - dann sind das ganz und gar beschissene Arbeitsbedingungen, die gehörig stressen mit den entsprechenden hirnphysiologischen Folgen.
Wird von einem Kind in solchen Verhältnissen erwartet, dass es dieselben intellektuellen Leistungen erbringt wie Mitschüler, die daheim ihr eigenes, mit Bücherregal, schnellem Internetzugang und Fensterausblick in den großzügigen Garten ausgerichtetes, Zimmer haben, kann allein schon dieser Konkurrenzdruck, diese Erwartung, trotz widriger Umstände noch erfolgreich sein zu müssen, zu Versagensängsten und einem höheren Risiko, an Depressionen zu erkranken, führen.
Veröffentlicht von: @meriadocWar bei mir auch so.
Veröffentlicht von: @meriadocMeine Neffen haben, sobald es erlaubt war, Zeitung ausgetragen und haben so zum Taschengeld was dazu verdient. Relativ früh hatten sie Führerschein und ihre Autos waren gebrauchte. Nichts mit Kredite und nichts mit Schulden machen.
Veröffentlicht von: @meriadocWas denkt ihr?
Ihr wart halt ganz harte Helden. Wären alle solche Helden wie Ihr, dann wäre "der Westen" ganz weit vorn und überhaupt nicht verweichlicht, sondern hart wie Kruppstahl*. Überall im Rest der Welt würde "der Westen" beneidet und die Leute würden versuchen, in ihn einzuwandern.
Nun ist es aber andersrum und alle versuchen, in Länder zu immigrieren, wo Kinder schon mit 14 oder gar noch früher der Erwerbsarbeit nachgehen und nur nebenher zur Schule gehen: Guatemala, Kongo, Algerien und Co können sich ja gar nicht des Ansturms erwehren.
*Info für die verweichlichten jugendlichen Mitleser: Kruppstahl war der Stahl, der einst von der Krupp AG hergestellt wurde, damals, in den glorreichen Zeiten, als die deutschen Männer noch hart wie die Kanonen waren, die aus eben jenem Stahl gefertigt wurden, um die weichliche Restwelt am deutschen Wesen genesen zu lassen.
Guter Beitrag wie so oft... bis auf die Sache mit dem Selbstmord. Ich bin da jetzt auch nicht informiert, inwieweit ein selbstbestimmter Tod, also etwa bei schwerer Krankheit, in die Statistik mit einfliesst - ich würde hier aber doch klar unterscheiden zwischen einem selbstgewähltem Tod, der einem im Alter unnötige Qualen erspart, und etwa dem leichtfertigen Selbstmord eines Schülers, der sich aus Liebeskummer vor die Bahn wirft... oder Fälle, wo eben eine Depression oder anderes vorliegt.
Denn das sind Fälle, wo man davon ausgehen kann dass der Todeswunsch nicht wirklich selbstbestimmt ist, sondern von Umständen herbeigeführt wurde, die nicht dem tatsächlichen Wunsch des Betroffenen entsprechen.
Teilweise gebe ich dir vollkommen recht, hier z.B.
Veröffentlicht von: @jack-blackUnd? Dein Vater also ein Held - dabei unterschied ihn - nach dieser Deiner Schilderung - von den Leuten am Hauptbahnhof erstmal nur, dass er jeden Tag zur Maloche ging. Gesoffen hat er ja auch.
Du bekommst von mir allerdings kein Linke, wegen einem ganz wesentlichen Grund:
Deinen überaus leichtfertigen Standpunkt zum Thema Suizid.
Es ist nicht "selbstbestimmt", wenn jemand so zerbrochen wurde daß er/sie keinen Ausweg mehr sieht. Erst recht nicht wenn es sich z.B. um gemobbte Schüler handelt. Für solche Fälle hat das Bundesverfassungsgericht in seinem äußerst gleichgültigen und zynischen Urteil den Tätern recht gegeben.
Und, wie du schon sagst, ist Depression eine Krankheit. Eine, die das Urteilsvermögen gravierend eintrübt. Jemanden in dem Zustand einfach gehen lassen obwohl noch Heilungschancen und damit Chancen auf glückliche Jahre bestehen ist kaltschnäuzig, zynisch und brutal.
Ich spreche nicht gern drüber, aber ich war auch mal suizidal. Und ich bin froh daß damals jemand enorm viel Zeit mit mir verbracht hat, statt einfach zu sagen: "Mach doch, ist deine Entscheidung! Mir egal ob du lebst oder tot bist!"
Nachtrag vom 12.03.2021 1246
PS: Der gerühmte Kruppstahl wäre heute auch eher weicher und schlechter Stahl. Thomasstahl halt.
Veröffentlicht von: @blackholeDeinen überaus leichtfertigen Standpunkt zum Thema Suizid.
Ich sehe den durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil bestärkt.
Veröffentlicht von: @blackholeEs ist nicht "selbstbestimmt", wenn jemand so zerbrochen wurde daß er/sie keinen Ausweg mehr sieht. Erst recht nicht wenn es sich z.B. um gemobbte Schüler handelt.
Solche Einwände werden in dem verlinkten Video behandelt, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit, sämtliche Abwägungen in meine - ohnehin meist viel zu langen - Postings mit hineinzuschreiben. Selbstverständlich kann ein gemobbter Mensch nicht mehr wirklich "wohlüberlegt" oder "selbstbestimmt" handeln.
Das Bundesverfassungsgericht hat nicht differenziert, ob das Recht auf Selbsttötung für medizinisch aussichtslose Schwerstkranke gelten solle.
Es hat unterschiedslos alle gemeint, und damit auch Mobbingopfer und Menschen die aus psychischen Gründen (Depression und anderes) gerade nicht Herr ihres Willens sind, wo aber Heilungsaussichten bestehen. Und das ist zynisch, gleichgültig und brutal.
Hast Du den verlinkten Vortrag angeschaut?
Hast Du schon eine kurze Inhaltsangabe zum verlinkten Vortrag gemacht?
Veröffentlicht von: @aleschamodHast Du schon eine kurze Inhaltsangabe zum verlinkten Vortrag gemacht?
Was mit dem diesbezüglichen Verfassungsgerichtsurteil von vor ungefähr einem Jahr so zusammenhängt, trägt Michael Rux hier ausführlich und gleich noch nachlesbar vor.
Falls das nicht ausreicht, streicht von mir aus gern mein gesamtes Posting, aber bitte nicht nur den Link, weil Passagen des im Vortrag Enthaltenen Teil meines Arguments sind.
Leider reicht das nicht aus.
Und gerade den Link müßte ich ja streichen.
Es würde reichen, wenn Du ein paar Punkte herausgreifst, die Dir besonders wichtig sind und die Dein Argument unterstützen.
Veröffentlicht von: @aleschamodLeider reicht das nicht aus.
Dann streich bitte mein Posting. So wichtig ist es mir nicht, da jetzt den Zusammenfassungsaufwand zu betreiben.
Ich habe nur den Verweis auf das Video gestrichen. Um das ganze Posting wäre es ja schade.
Ach weisste, ich bin mit einem schmerzhaften Loch im Fuß und Orthese zur Arbeit gegangen.
Und ja, mein Vater ist in dem Fall ein Vorbild an Verantwortung. Ich bin froh und dankbar, das ich gutes Essen und anderes hatte. Natürlich wäre es schöner gewesen wenn er mehr Aufmerksamkeit gezeigt hätte. Trotzdem, er hat das Geld nach Hause geschafft, im Garten gearbeitet und sonstiges.
Veröffentlicht von: @meriadocAch weisste, ich bin mit einem schmerzhaften Loch im Fuß und Orthese zur Arbeit gegangen.
Und hättest Deinen Fu? beinah verloren.
Was ist daran vorbildlich?
Veröffentlicht von: @meriadocUnd ja, mein Vater ist in dem Fall ein Vorbild an Verantwortung.
Ein Vorbild an Verantwortung hätte ich sich Hilfe geholt, anstatt seine Kinder dabei zusehen zu lassen, wie sich zu Tode säuft.
Nachtrag vom 12.03.2021 1345
Natürlich weiß ich nicht, ob Dein Vater sich "zu Tode gesoffen" hat, allerdings komm ich selbst aus einem Alkoholikerhaushalt und es war für mich traumatisch meinem Vater beim Trinken zuzusehen. Das hat mir die ganze Kindheit vermurkst, obwohl er arbeiten gegangen ist. Ich halte das für nicht vorbildlich, im Gegenteil. Das ist rücksichtslos.
Veröffentlicht von: @tristesseEin Vorbild an Verantwortung hätte ich sich Hilfe geholt, anstatt seine Kinder dabei zusehen zu lassen, wie sich zu Tode säuft.
Danke, das ist ein großartiger Satz! Der trifft ins Schwarze!
Mein Vater war langzeitarbeitslos, das war in den 1980ern und 1990ern noch ganz furchtbar schlimm, konnte man niemandem erzählen, das war total pfui und furchtbar: Der Mann ist arbeitslos und die Frau bringt das Familieneinkommen heim.
Sich drum gerissen, mehr im Haushalt zu übernehmen hat er auch nicht. Er war ja der Mann, das war unter seiner Würde. Nur jeden Samstag beide Bäder sehr sorgfältig geputzt hat er, in seinem eigenen Interesse (Schuppenflechte).
Lieber hat er resigniert und sich zu Tode gesoffen.
Das ist also die Härte und Stärke an der wir uns alle ein beispiel nehmen sollen...
Ich hätte ihn so oder so verloren. Ob ich daheim bliebe oder zur Arbeit.
Aber es kam nicht dazu.
Eine gute Freundin hat immer wieder mit der Psyche zu arbeiten. Sie geht trotz allem zur Arbeit.
Meine Schwester ist geistig zurückgeblieben, sie geht gerne arbeiten.auch wenn es Menschen gibt die sie auslachen.
Ne, echt, es sind viele die dermaßen verweichlicht sind wegen Kleinigkeiten. Da können alte Leute nur noch den Kopf schütteln über die Jammerlappen heutzutage.
M.
Veröffentlicht von: @meriadocIch hätte ihn so oder so verloren. Ob ich daheim bliebe oder zur Arbeit.
Woher willst Du das wissen?
Veröffentlicht von: @meriadocEine gute Freundin hat immer wieder mit der Psyche zu arbeiten. Sie geht trotz allem zur Arbeit.
Wenn sie das kann, ist doch gut. Wenn es sie noch kränker macht ist es schlecht.
Ich hab übrigens ne Freundin, die hat sich während einer Depression krankschreiben und helfen lassen. Und ist dann nach einem halben Jahr wieder in die Eingliederungsmaßnahme ans Arbeiten gekommen.
Geht auch.
Und jetzt?
Veröffentlicht von: @meriadocMeine Schwester ist geistig zurückgeblieben, sie geht gerne arbeiten.auch wenn es Menschen gibt die sie auslachen.
Ich sprach nicht von einer geistigen Behinderung, sondern von einer Erkrankung. Du solltest als Angehöriger wissen, wo der Unterschied ist.
Veröffentlicht von: @meriadocNe, echt, es sind viele die dermaßen verweichlicht sind wegen Kleinigkeiten. Da können alte Leute nur noch den Kopf schütteln über die Jammerlappen heutzutage.
Ne, echt?
Und jetzt? Hackst Du auf denen mal eben rum, ohne sie zu kennen, regst Dich über den Zustand der Gesellschaft auf und stellst Dich als ganz harten Kerl da.
Was hast Du denn davon? Ich seh hier keinen Sinn im Thread.
Ich bin schon mit einer überaus schmerzhaften Rückenverletzung zur Arbeit gegangen, ich, neben dem Job aktive Einsatzkraft beim THW, bin auch schon 5 Stunden nach dem Blut spenden in einen THW-Einsatz gegangen (werde ich jedoch nie wieder tun), ich hatte auch schon Depressionen und bin weiter zur Arbeit gegangen. Trotzdem habe ich nicht jedes Gefühl für die Bedürfnisse von Kindern verloren, bzw. bin Kindern gegenüber hartherzig, verantwortungslos und gefühlskalt geworden.
Wer saufen kann, kann auch arbeiten...
Veröffentlicht von: @meriadocAch weisste, ich bin mit einem schmerzhaften Loch im Fuß und Orthese zur Arbeit gegangen.
Gut, so etwas wird heute an vielen Orten schmerzlich gesucht: Leute, die sich für den Job den A... aufreißen. Du hast aber auch eine entsprechende Vita, die Dich zu dieser Haltung gebracht hat: Kämpfen, durchhalten, durchbeißen, niemals aufgeben. Ich bin auch so ein Typ. Das ist allerdings nicht jedem Menschen gegeben. Schätze Deine Gabe - etwas ganz Besonderes! -, aber vergleich sie nicht mit anderen.
Veröffentlicht von: @meriadocUnd ja, mein Vater ist in dem Fall ein Vorbild an Verantwortung.
Ich kann Dich gut verstehen. Ich habe meinen Vater auch lange kritisch gesehen: Morgens nach dem Aufstehen erstmal ein Bier reinkippen, auf dem Weg zur Arbeit Bier, bei der Arbeit Bier und abends volle Kante Korn und Wein und Zigaretten. Eigentlich habe ich meinen Vater nie nüchtern erlebt. Ich habe erst spät erkannt, daß er das gemacht hat, um zu funktionieren. Nicht für sich, sondern um das abzuliefern, was von ihm erwartet wurde, nämlich eine Familie zu versorgen. Und das hat er auch konsequent getan, hat sich krumm und schief gebuckelt im Hamburger Hafen, konnte am Ende seine Hände nicht mehr bewegen, nicht mehr laufen... Das werden viele hier sicher nicht verstehen können mit ihren hehren Idealen vom perfekten Vatertum.
Es waren eben andere Zeiten damals, auch eine andere Genußkultur. Ich mach da keinen Vorwurf mehr. Heute kann ich sagen, daß mein Vater der beste Vater war, den ich kriegen konnte.
Laß Dir Deinen Vater nicht schlechtmachen. Er hat Dich sicher sehr lieb gehabt, auch wenn er es - wie viele Väter damals - nicht so zeigen konnte. Und Du hattest ihn auch lieb. Alles gut.
😊
Veröffentlicht von: @plueschmorsGut, so etwas wird heute an vielen Orten schmerzlich gesucht: Leute, die sich für den Job den A... aufreißen.
Ernsthaft?
Wenn ich über einen langen Zeitraum mit Schmerzen und einem offenen Fuß zur Arbeit antrete, dann aber über Monate hinweg ausfalle, weil ich es hab soweit kommen lassen und fast meinen Fuß dabei fast verloren hätte, gratuliert mir mein Chef mit Sicherheit nicht 😊
Außer vielleicht zu zuviel Kurzsichtigkeit.
Veröffentlicht von: @plueschmorsDas ist allerdings nicht jedem Menschen gegeben
Na, Gott sei Dank möchte ich da sagen. Davon, sich kaputt zu arbeiten, am besten dann noch vorzeitig dran zu erkranken und zu sterben hat nämlich niemand was, auch nicht der Chef.
Veröffentlicht von: @plueschmorsDas werden viele hier sicher nicht verstehen können mit ihren hehren Idealen vom perfekten Vatertum.
Oh wow.
Nun ist es schon ein "hehres Ideal vom perfekten Vatertum", wenn man einen Vater erwartet, der sich nicht zu Tode säuft, nicht im Beisein der Kinder, Kontrolle über seine Körperfunktionen verliert und nicht an seinem Alkoholkonsum verreckt?
Meine Güte, haben wir hohe Ansprüche.
Veröffentlicht von: @plueschmorsEs waren eben andere Zeiten damals, auch eine andere Genußkultur.
Saufende Väter gibt es aber heute noch.
Und was hat das denn mit "Genußkultur" zu tun? Es hat doch nichts mehr mit "Genuß" zu tun, wenn der Vater vorm Frühstück schon das erste Bier gibt. Das ist Sucht. Und ich hab kein Verständnis dafür, wie man so etwas heroisieren und als "so war das damals" eben hinstellt.
Nein, so war das damals eben nicht. Das war bei manchen so. Und es war falsch, dagegen nichts zu tun und sich keine Hilfe zu holen.
Bevor Du jetzt mit einem "Du hast keine Ahnung" daherkommst: ich hatte auch einen Vater, der Alkoholiker war, das hat die Familie fast zerrissen. Wir haben gelitten wie Hunde unter der Sucht meines Vaters. Und ich hab dann erlebt, wie er nach Jahren sich endlich Hilfe geholt und wieder trocken geworden ist. Du kannst Dir nicht vorstellen, was das für eine Erneuerung in die ganze Familiensituation gebracht hat.
Er war lange Zeit nicht der "beste Vater, den ich kriegen konnte", weil ich selbst erlebt hab, wie er war, als er endlich trocken wurde.
Veröffentlicht von: @plueschmorsEigentlich habe ich meinen Vater nie nüchtern erlebt.
Wenn ich so etwas lese, kommen mir die Tränen. Das tut mir einfach unendlich leid für Dich. Und vor allem auch für Deine Mutter, die sich ihr Leben sicherlich auch anders vorgestellt hat.
Saufen ist keine "Genusskultur". Saufen genießt man nicht, denn der Säufer empfindet keinen Geschmack mehr, sondern braucht den Alkohol damit es ihm nicht so schlecht geht dass er nicht mehr funktioniert. Also um nicht heulend in der Zimmerecke zu liegen.
Genusskultur habe ich von den slowenischen und Wiener Vorfahren über meinen Großvater mütterlicherseits den ich leider nicht mehr kennengelernt habe mitbekommen. Meine Mutter hat von ihm kochen gelernt. Er stand Sonntags um 6 an zwei Herdplatten um mittags seiner Familie ein ganzes Menü bieten zu können.
Nach Maßstäben der damaligen Zeit war aber ein Mann der gern kocht natürlich auch "verweichlicht".
Veröffentlicht von: @meriadocAch weisste, ich bin mit einem schmerzhaften Loch im Fuß und Orthese zur Arbeit gegangen.
Nee, wußte ich nicht. Wieder was gelernt. 😊
Veröffentlicht von: @meriadocUnd ja, mein Vater ist in dem Fall ein Vorbild an Verantwortung. Ich bin froh und dankbar, das ich gutes Essen und anderes hatte. Natürlich wäre es schöner gewesen wenn er mehr Aufmerksamkeit gezeigt hätte. Trotzdem, er hat das Geld nach Hause geschafft, im Garten gearbeitet und sonstiges.
Ich wollte Dir Deinen Vater nicht schlecht reden. Du scheinst ihn zu lieben, ihm dankbar zu sein. Also war er ein liebenswürdiger Mensch. Womöglich war er sogar zumeist ein glücklicher Mensch.
Nur wenn Du ihn in Kontraposition zu denen stellst, die am Bahnhof lagern, saufen und gröhlen, wird halt nicht so ganz klar, welche Art Härte es ist, die Du anhand seines Beispiels abfeierst, bzw. welche Art Verweichlichung Du monierst.
Mir scheint die Art "Härte", die Du da positiv konnotierst, großteils eine "Duldungshärte" zu sein und allein der Begriff läßt mich an das denken, was man in der Schweinefleischproduktionsindustrie (aka: Bauernhof) als "Duldungsstarre" von Sauen kennt, die durch bestimmte, vom Eber abgesonderte, Geruchsstoffe dazu gebracht werden, still zu halten, wenn sie "bestiegen" werden. Man kann dann sagen: die sind nicht so verweichlicht, dass sie vor einem fetten stinkenden Kerl, der sie ficken will, Reißaus nehmen. Man kann aber auch sagen: sie sind so konditioniert (in ihrem Fall per genetischer Prägung), dass sie das für sie eher nicht so prickelnde Verfahren über sich ergehen lassen. Sie können nicht anders.
Viele der "harter Mann"-Tugenden, die aus Deinem Eingangsposting so herausduften, scheinen mir gar keine eigentlichen Tugenden zu sein, sondern Verhaltensweisen, die zu bestimmten Zeiten unter bestimmten Konditionen möglicherweise vorteilhaft waren, die aber sowenig moralischen Wert haben wie der Gehorsam, mit welchem der preußische Infanterist auf Geheiß des Majors in den feindlichen Kugelhagel zu marschieren pflegte oder der Arbeitseifer von Sklaven: Solche Tugenden dienten nicht dem Glück jener, die sie übten, sondern sie machten es anderen einfacher, sie auszubeuten.
In der Position dessen, der da ausgebeutet wird, ergibt es Sinn, das eigene Verhalten zu heroisieren, um so wenigstens vor sich selbst den Stolz bewahren zu können. Umso mehr, wenn die genauen gesamgesellschaftlichen Verhältnisse, die strukturelle Gewalt des Kollektivs, welche auf die Einzelnen ausgeübt wird, nicht wirklich durchschaut werden.
Dein Vater, wie Du ihn skizzierst, ist ja tatsächlich nicht gerade untypisch für eine bestimmte Männergeneration, die so zwischen den Sechzigern und Achtzigern des letzten Jahrhunderts die deutsche Gesellschaft dominierte: Familienväter zumeist, die es als Kinder eingebimst bekommen hatten, dass ein "echter Mann" kommewasdawolle seine Familie mit Geld zu versorgen habe. Wer seinen Kindern keinen Konsum bieten konnte, war ein Versager*. Das fing bei dem "guten Essen", von dem Du schreibst, an, aber endete da natürlich nicht. Ein echter Mann hatte nicht nur für das Essen auf dem Tisch zu sorgen. Sondern auch für den Wagen in der Garage, idealerweise neben dem Eigenheim samt Garten und darin wohlgestutztem Rasen. Ein echter Mann hatte seiner Frau regelmäßig Schmuck zu schenken, vorzugsweise "Brillis" und seine Kinder sollten es einmal "besser haben als er", also war es - ab einer bestimmten Bildungsschicht - auch selbstverständlich, dass er seinen Kindern eine gute Ausbildung, am liebsten akademischer Art, ermöglichte.
Und seine Erziehungsleistung bestand darin, seine Kinder, vorzugsweise seine Söhne (die eigenen Töchter nicht verstehen zu können gehörte zu einem echten Mann gewissermaßen dazu) im Verzichts- und Arbeitsethos zu unterrichten, wie er es - kurz nach dem Krieg - noch aus Gründen absolut existentieller Notwendigkeit hatte erlernen müssen (denn in Zeiten der Nahrungsmittelknappheit überlebt tatsächlich eher der Harte, d.h. der Rücksichtslose - gegen andere wie gegen sich selbst ).
Ich kenne genügend solcher Männer, die kurz vor, während oder kurz nach dem WK2 geboren wurden und in einer Gesellschaft aufwuchsen, wo die Sanften von den Rücksichtslosen ausgebootet und/oder marginalisiert wurden.
Was Du an Deinem Vater vor allem beschreibst, ist seine Härte und Rücksichtslosigkeit wider sich selbst. Ja - seinen Anstrengungen war es zu verdanken, dass Du was Gutes zu Essen bekamst.
Aber zu welchem Preis?
Zu dem, dass später auch Du mit Loch im Fuß zur Arbeit gegangen bist. Warum? Etwa auch, damit Deine Kinder was gutes zu Essen bekamen? Und so immer fort?
Mal anders rum gefragt: Was für eine Welt wollen wir? Eine Welt, in der Männer mit Schmerzen und Löchern in den Füßen zur Arbeit gehen, damit ihre Kinder was zu Essen haben? Oder eine Welt, in welcher der gesamtgesellschaftlich erwirtschaftete Reichtum auf eine Weise verteilt ist, dass Männer, die ein Loch im Fuß haben, auch mal ein paar Tage und nötigenfalls Wochen oder gar Monate daheim bleiben können, bis der Fuß wieder verheilt ist - ohne befürchten zu müssen, danach ohne Job auf der Straße zu sitzen und die Familie mit in die Existenzkrise zu reißen?
Wollen wir eine Gesellschaft, in welcher die Männer mit den Löchern im Fuß vor allem auf ihre Nachbarmänner mit den Löchern im Fuß schauen und denen vorhalten: "Sei kein Weichei, schlepp Dich halt in die Firma, so wie ich's mache!" Und wo diese Männer womöglich, wenn der Schmerz und die Erschöpfung und daraus resultierend die Frustriertheit mit ihrer Lebenssituation dazu führen, dass sie zur Flasche greifen, also besoffen-enthemmt den "Blagen" eine schallern, wenn die nicht ruhig sind oder frech oder sich ungefragt die Haare blau färben?
Was ist daran hart und nicht-verweichlicht?
Wer mit Loch im Fuß zur Arbeit humpelt - der geht doch in der Regel nicht aufrecht! Der krümmt sich unter der Fuchtel der strukturellen Gewalt, der ist Opfer der Verhältnisse, und zwar im wahrsten, physischen Sinne: er leidet körperlich wegen seiner Ohnmacht und Schwäche. Die Schwäche besteht darin, dass er nichts an seiner Situation zu ändern vermag. Dass er nicht die Macht hat, zu sagen: "Chef, ich komm heute nicht und morgen auch nicht und auch nächste Woche noch nicht, solange, bis ich wieder vernünftig laufen kann."
Weil die Machtverhältnisse sich gegen ihn stellen, weil die Welt so eingerichtet ist wie sie's ist: Mit den Millionen von Männern, denen es ähnlich geht und die - womöglich aufgrund gut versteckter Propaganda der Mächtigen - nicht schon vor Jahren es schafften, ihre Interessen gemeinschaftlich zu vertreten, sich z.B. gewerkschaftlich zu organisieren und Arbeitsregeln zu erzwingen, die es überflüssig machten, dass einer krank zur Arbeit sich schleppt.
Ja, gegen harte Arbeit ist nichts einzuwenden und Faulheit ist keine Tugend. Aber Faulheit und Weichheit sind menschliche Triebe, die in die bessere Zukunft weisen: Wer nicht soviel arbeiten will und wer Schmerzen nicht mag, der ist motiviert, sich Arbeitserleichterungen einfallen zu lassen, also z.B. mehr den Kopf als die Arme und den krummen Rücken anzustrengen: warum mit dem Spaten den Graben ausheben, wenn man auch mit einen Bagger die Sache erledigen kann? Warum täglich über Kilometer hinweg Wasser schleppen, wenn sich anstattdessen auch Wasserleitungen installieren lassen? Und warum den Ausfall von angelernten Arbeitern riskieren, wenn sich Arbeitsunfälle auch mit ausgeklügelteren Arbeisplatzsicherheitsmaßnahmen verhindern lassen?
Man sollte sich dabei klar machen, dass diese Heroisierung des "harten" malochenden Kerls vor allem jenen nutzt, die sich's auf Kosten der hart malochenden Kerle gut gehen lassen.
Also sieht's der Kapitalist: "Soll der Prolet sich ruhig als Held fühlen - hauptsache er erwirtschaftet mir soviel, dass ich auch meiner dritten Geliebten noch ein Penthouse in der Innenstadt finanzieren kann, ohne auf den Familienausflug auf die Privatinsel in der Karibik verzichten zu müssen!
Oh - er wird zusehends unzufriedener, Wut und Frust stauen sich in ihm auf? Wird Zeit, diese Wut, diesen Frust zu kanalisieren und in die richtigen Bahnen umzuleiten: geben wir ihm per yellow press die richtigen Ziele. Am besten soll er seine Wut auf jene richten, die auch uns stören und das Geschäft erschweren, z.B. diese Klimakritiker a la Greta und Co."
Und also wird dann gegen diese "verwöhnte Generation" geschossen, die es wagt, das "Weiter so!" infrage zu stellen. Und die nützlichen Deppen, die sich für kleines Geld wund schuften, werden per Lob der Sekundärtugenden und Glorifizierung der Selbst-Rücksichtslosigkeit schön weiter ausgenutzt wie bisher. Falls man sie überhaupt noch brauchen kann, diese Hautpschul-Absolventen, diese alten, weißen abgenutzten, ausgelutschten Männer.
Eigentlich kann man sie ja höchstens noch als Konsumenten gebrauchen. Da trifft es sich gut (mit ihren eher kärglichen Renten- und/oder Pensionszahlungen), dass sie in der Regel auch kein sonderlich niveauvolles Konsumverhalten an den Tag lehnen: Hauptsache Billigfleisch satt und der Korn nicht über acht Euro fuffzich die Flasche. Alle zwei Jahre nochmal mit dem flugtauglichen Schweinetransport-Laster auf den Ballermann, da können sie dann gemeinsam sich auf den Strand-Bratrosten den unproduktiven Lebensabend per Melanomzucht auf der rotgebrannten Schwarte sozialverträglich verkürzen - voller Stolz und Normalbewußtsein.
Diese harten Kerle!
*als "gemachter Mann" galt einer, der genügend Geld zusammen hatte, sich keine wirtschaftlichen Sorgen mehr machen zu brauchen. Ein Mann wurde also sprichwörtlich durch Geld-Haben erst gemacht. Ohne Moos bekanntlich nix los, in der Regel zuallererst auch sexuell nicht...