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Klimakrise! Klassenkampf?


MrOrleander
Themenstarter
Beiträge : 2217

Hallo Ihr Lieben

Die Beschlüsse der Klimakonferenz in Glasgow werden von vielen Aktivisten als völlig unzureichend angesehen. Ausgehend von der Erfahrung, daß trotz eindringlicher Warnungen von Seiten der Wissenschaft keine richtungsweisenden Entscheidungen getroffen wurden, wird unter Klimaaktivisten nicht nur die Wiederaufnahme von Protesten, sondern auch deren Radikalisierung diskutiert.
In einem Artikel in der ak wird der Frage nachgegangen, ob solche Radikalisierung einen Sinn ergibt, ob sie die richtigen Menschen adressiert und ob die Klimaaktivisten überhaupt die richtigen Fragen stellen:

Sicher spricht viel dafür, dass die Klimabewegung ihr Protestrepertoire erweitert, und ja: Die Zeit läuft ab. Dennoch fällt auf, dass die Forderung nach militanten Aktionen vor allem darauf abzielt, den Staat oder sogar die Energiekonzerne selbst zum Handeln zu bewegen. Bei Andreas Malm heißt es explizit: Wenn der Staat nicht eingreife, müssten es andere tun – »nicht, weil Aktivist*innen die Abschaffung fossiler Brennstoffe erreichen können – die Macht hierzu haben nur Staaten –, sondern weil ihre Rolle darin besteht, den Druck hierfür zu verstärken.«
Diese Aufrufe zu einem, nennen wir es militanten Reformismus erkennen zwar an, dass der Staat den Interessen der Unternehmen Vorrang einräumt und zum Umsteuern erst gezwungen werden muss. Sie blenden aber aus, dass der Staat gar nicht anders kann, als möglichst ideale Verwertungsbedingungen für das Kapital zu schaffen. Im Kapitalismus ist daher keine Politik denkbar, die wirtschaftliches Wachstum und steigenden Ressourcenverbrauch verhindert – und das wäre nötig, um den Ausstoß klimaschädigender Treibhausgase zumindest stabil zu halten.
Die Appelle für radikalere Aktionen gehen somit wichtigen grundsätzlichen Fragen aus dem Weg: Bis zu welchem Grad kann die Klimabewegung beim Klimaschutz auf den Staat hoffen, kann sie es überhaupt? Welcher Druck wäre nötig, um wirksamen Klimaschutz zu erzwingen – und wie soll er mobilisiert werden? Und wenn das keine aussichtsreiche Strategie ist: Was sind die Alternativen?

Wen es also interessiert - und dafür muß man weder Antikapitalist noch Klimaaktivist sein: Nur zu. Der Artikel ist gut lesbar (was im jargon-verliebten linken Spektrum keine Selbstverständlichkeit ist 😊 ).

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36 Antworten
Orangsaya
Beiträge : 2984

Wenn man auf Deutschland zurückschaut, dann hat sich die politische Ökoszene nicht radikalisiert. Ganz ursprünglich kommt sie teils sogar aus der konservativen Szene Die hat sich zu einer Partei zusammengeschlossen und kurz darauf wieder getrennt.

Ein anderer Teil kam aus der linken Protestszene. Das hatte dem Ökoterror keinen Auftrieb gegeben. Wenn auch einer innere Auseinandersetzung. Sie spalteten sich in Fundis und Realos auf. Die einen suchten einen demokratischen Weg, die anderen sahen ihre Partei zu gewöhnlich werden. Natürlich Natürlich gab es auch einen Ökoterrorismus. Strommäste umsägen, war zum Beispiel ein damaliger Sport. Hausbesetzen war zwar kein Öko und kein Terror im Sinne der Staatsgefährdung. Anfangs gab es Verständnis aus dem Bundestag zu hören, weil Strommäste abgesägt wurden. Das war man damals nicht gewohnt und es gab ähnlich, wie bei der AfD heute, geschlossenen Gegenwind. Jetzt haben wir weitgehend die zweite Generation bei den Grünen. Die haben nicht die radikale Vergangenheit, wie die erste Generation.

Veröffentlicht von: @mrorleander

Diese Aufrufe zu einem, nennen wir es militanten Reformismus erkennen zwar an, dass der Staat den Interessen der Unternehmen Vorrang einräumt und zum Umsteuern erst gezwungen werden muss.

Ohne die Unternehmen, insbesondere dem Mittelstand schaffen wir keine Energiewende, sondern Unternehmen, die pleite gehen und Arbeitslosigkeit produzieren.
Ich nehme mal ein Beispiel. Vor geraumer Zeit war Thyssenkrupp in den Medien. Anstelle von Kohle, soll Wasserstoff in die Hochöfen geblasen werden. Die ersten Versuche sollen erfolgreich gewesen sein.
Es gibt nur eine Versuchsanlage. Noch nicht mal einen Prototyp. Neue Technik dauert lange, bis sie reif für die Industrie ist. Zweit, drei Jahre sind zu wenig. Fünf bist zehn Jahre wären realistischer.
Hinzu kommt das Problem des Energieverlust. Wenn Wasserstoff hergestellt wird, dann hat es einen Energieverlust von 30 bis 40 Prozent. Hinzu kommt das Problem, dass wir die Technik von Windkraft zu Wasserstoff gar nicht haben. In Holland läuft bei Schell ein Projekt. Das dauert ebenfalls Jahre. Ich finde Wasserstoff interessant, aber eine kurzfristige Antwort ist es nicht. Hier sind Schwärmereien Luftschlösser, bei dem auch der Sozialismus nicht helfen würde, denn sie müssen sich auch an ihre Grenzen halten.

Während des Wahlkampfs gab es vor dem Reichstag einen Hungerstreik. Im Interview sprachen die Aktivisten davon, dass ihr Leben in Gefahr sei. Man kann sich auch hier in Dinge hineinsteigen, dass das eigene Leben nicht viel wert ist, oder Terror rechtfertigt. Dieses Aus für die Jugend, wie es teils propagiert wird, gibt es nicht.

Veröffentlicht von: @mrorleander

Welcher Druck wäre nötig, um wirksamen Klimaschutz zu erzwingen

Ist überhaupt Druck nötig? Mit dem Pariser Abkommen, ist doch de facto Klimaschutz Staatsräson. Das Problem liegt wohl eher darin, dass das vorgegebene Zeitfenster und die Realität nicht zusammenpasst. Wenn wir den Klimawandel hinter uns haben, damit meine ich, wenn 2050 erreicht wird, kommt die Nachlese. Haben wir die Pariser Abkommen erreicht? Wie sieht das Klima danach tatsächlich aus? Ich gehe davon aus, dass was Co² betrifft, wir unsere Klimaziele nicht erreichen werden, denn im Umbau gibt es etwas, wie das allgemeine Leben. Wies unsere Gesellschaft verkraften, wenn Menschen aufgrund politischer Entscheidungen arbeitslos werden. Wenn es einen Rückbau der Leistungen unseres Land geben wird? China hat uns im Übrigen im Maschinenbau eingeholt. Geht das Budget für unseren Haushalt zurück, geht auch das Budget für soziale Leistungen zurück. Welchen Begleitschaden werden wir durch den Umbau wegen dem Klimawandel haben?

orangsaya antworten


Jack-Black
Beiträge : 3627

Degrowth
Danke für das Thema!

Der Artikel ist interessant, aber ich habe das Gefühl, als komme er nicht genügend weit fort von den sozialistischen Denk-Schablonen. Diese Gefühl wird für mich besonders an der Stelle konkreter, wo man auf den Degrowth-Ansatz zu sprechen kommt, der ja unter'm Strich denn doch für weniger relevant als der "ökosozialistische Ansatz" erachtet wird. Ironischerweise sind es dann die Pro-Argumente hinsichtlich des Degrowth-Ansatzes, die mir die Brillentrübung zu belegen scheinen. Zitiert wird der VW-Arbeiter Lars Hirsekorn:

mehr Zeit für Freundschaften, Familie, angenehme und sinnvolle Tätigkeit, weniger Zeit, die von der fremdbestimmten Arbeit für den Profit von Chefs und Aktionär*innen verschlungen wird.

Da scheint mir der sozialistische Wunsch Vater des Gedanken zu sein. Ich möchte, da er namentlich im Artikel nicht erwähnt wird, nochmals Niko Paech erwähnen, der sich schon etwas konkretere Gedanken darüber gemacht hat, wie eine neue Form des Wirtschaftens aussehen könnte, die eben nicht durch Ressourcenverbrauchs-getriebenes Wachstum auszeichnet. Die Arbeitswelt in so einem Wirtschaftssystem wird sicherlich anders aussehen, aber dass man dann "mehr Zeit für Freundschaften, Familie und "angenehme Tätigkeiten" (was immer das auch sein sollen) wird aufwenden können, ist, wenn ich ihn richtig verstanden habe, keineswegs ausgemachte Sache. Und eigentlich ist es sogar logisch, dass in einer Degrowth-Wirtschaft die Arbeit nicht weniger, sondern mehr wird. Denn die Arbeitsleistung von Maschinen wird ja durch deren Energiebumsatz erbracht: die Webleistung eines elektrisch betriebenen Webstuhls ist höher als die eines durch menschliche (Körper-)Kraft betriebenen Webstuhls. Webstühle, die nicht mit Strom betrieben werden (oder, noch vorsintflutlicher: mit Wasserdampf), stellen weniger Kleidungsstoffe her, um also z.B. ein Hemd, dessen Materialien darüber hinaus aus einer ökologischen, d.h. auf den Einsatz fossiler Energieträger verzichtenden, Landwirtschaft stammen, wird viel mehr menschlicher Arbeitseinsatz gebraucht.
Paech skizziert eine zukünftige Arbeitswelt, in der nicht mehr soviele Konsumwaren hergestellt werden (was allein durch die damit einhergehende quantitative Verknappung diese Waren im Preis steigen lassen wird), in der aber umso mehr Güter repariert werden: die Menschen werden also einen größeren Anteil ihrer Arbeitszeit mit dem Reparieren von Gütern verbringen, statt dass man sich eben im Supermarkt das Fünferpack Socken für 9,99€ in den Einkaufswagen schmeißt, wird man, wenn die eigenen Strümpfe erste Löcher aufweisen, entweder selbst zum Stopfpilz greifen, oder eben zur nächsten "Strumpfschneiderin" gehen und das Löcherstopfen von ihr erledigen zu lassen (wofür sie sich dann wird bezahlen lassen...). Das wird zu Bedeutungsverschiebungen auf dem Arbeitsmarkt führen: Banker, deren Hauptaufgabe darin besteht, neue, noch kompliziertere Anlagemodelle, bei denen Start-Ups in Fernost eine große Rolle spielen, zu konzipieren, werden dann womöglich umsatteln müssen zum Radio- Smartphone- oder Toaster-Reparierer. Und Umverpackungs-Designer werden vielleicht als Heckenscheren-Schleifer oder Rückepferd-Ausbilder ihre (kleineren und weniger süßen) Brötchen verdienen.
Viel mehr Zeit für "schöne Tätigkeiten", Freunde und Familie - kurz: Freizeit - wird so eine neue Wirtschaftsform den einzelnen kaum bescheren. Und das sollte man, wenn man sich und andere nicht absehbar in die nächste tiefe Enttäuschen stürzen möchte, auch klar benennen: Eine Welt, die nicht im Klimawandel zur Hölle für uns Menschen wird, ist möglich. Aber ein Lollipop-Welt mit sechzehn-Stunden-Arbeitswoche wird das sicherlich nicht werden, ganz im Gegenteil. Denn wenn wir bestimmte Standards z.B. im medizinischen Bereich nicht aufgeben wollen, werden bestimmte Wirtschaftsbereiche noch auf absehbare Zeit das Null-Emissionsziel nicht erreichen können. Was dann in anderen Wirtschafts- und insbesondere Konsumbereichen sozusagen überkompensiert werden muß.

jack-black antworten
6 Antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21561

Und weil Menschen so etwas ungern hören wollen, werden es Populisten künftig noch einfacher haben...

lucan-7 antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 1235

Degrowth sollte eine Epistokratie haben a.k.a. Philosophen-/Experteherrschaft.

Zu dem Thema gibt es ein interessantes Buch von Jason Brennan:

https://www.deutschlandfunk.de/demokratie-plaedoyer-fuer-die-experten-regierung-100.html

Könnte man m.E. auch als Herrschaft der Zivilgesellschaft betrachten, auf alle Fälle ein Sysmtembruch mit dem bisherig gekannten.

der_alte antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2601
Veröffentlicht von: @der_alte

Degrowth sollte eine Epistokratie haben a.k.a. Philosophen-/Experteherrschaft.

Da stellt sich dann wieder die Frage: Wer ist Experte, wer darf mitreden, wer darf entscheiden?

Wenn wir mal auf Corona schauen, dann haben uns die Experten die Verengung der medizinischen Möglichkeiten fast ausschließlich auf das Impfen gebracht. Ich habe neulich eine Diskussionsrunde mit amerikanischen Ärzte verfolgt und da war übereinstimmende Meinung der Praktiker, dass die vielen Todesfälle in erster Linie auf medizinische Unterversorgung zurückzufürhen seine, weil man bei den Methoden nur auf das Impfen schaut. Von den dort anwesenden Ärzten hatte kaum eiuner einen Patienten wg. Corona verloren - sie haben aber auch sehr vielfältiges Intrumentarium eingesetzt. Da ging es nicht gegen das Impfen - es ging darum, dass das Impfen keine umfassende medizinische Versorgung ersetzen kann und darf.

Dann schauen wir uns mal die FFP2 Masken und die Kinder an.
https://www.nordkurier.de/ratgeber/voellig-ungeeignet-stiftung-warentest-bricht-ffp2-test-ab-1946394412.html

Es gab schon vorher Experten, die gewarnt hatten, dass diese Atemschutzgeräte ein Totvolumen aufbauen, wenn die Atmung nicht kräftig genug ist, den Luftaustausch zu gewährleisten und so kann sich dann bedenklich viel CO2 im Blut der Kinder ansammeln bzw. parallel dazu die Sauerstoffsättigung absacken. Das ist nicht gesund und schadet obendrein dem Immunsystem.

Das mal nur Beispiele, wo Experten sich vergaloppiert haben.

Wissenschaft lebt vom Diskurs und der einzige Weg, zur Wahrheit und zum besten Weg zu gelangen, geht immer nur über einen breiten und offenen Diskurs.

Wie soll der gewährleistet werden, damit man nicht von einem Klügel "Experten" in den Ruin gewiwrtschaftet wird?

goodfruit antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 1235

Sicherheit wird man nie haben und was Menschen bauen geht irgendwann zugrunde. Degrowth braucht auf alle Fälle einen starken Staat, den es wird viele geben, denen das Ganze nicht zusagt.

Ob das bei unserer heterogeneren Gesellschaft überhaupt funktionieren kann ist auch eine Frage.

Habe dazu schon einige Artikel in der Zeitung OXI gelesen, die ich regelmäßig lese, aber auch da stand mE eher weniger wie es dann konkret werden soll. Auch wenn ich deren politische Linie nicht teile, eine interessante Zeitschrift, ebenso wie Publik Forum, die ich schon ewig lese, auch hier ohne deren Grundlinie zu befürworten.

Lese gerne verschiedene Ansichten, so umgeht man die sogenannten Echokammern.

Dank der vielen Blogs heutzutage, die man leicht per RSS abonnieren kann, lernt man viel interessantes kennen, dies mal so als Tipp.

Bei Degrowth habe ich bisher wenig konkretes gelesen, also die genaue Umsetzung, nur interessante Ideen.

der_alte antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2601
Veröffentlicht von: @der_alte

Sicherheit wird man nie haben und was Menschen bauen geht irgendwann zugrunde. Degrowth braucht auf alle Fälle einen starken Staat, den es wird viele geben, denen das Ganze nicht zusagt.

Wofür brauchen wir "Degrowth"?
Was konkret ist denn gewachsen und wo wächst es? Wenn man sich die Aktienkurse ansieht: ja, die sind gestiegen - ebenso wie die Geldmenge. Aber das ist Papier bzw. ne Zahl auf nem Datenträger. Was also ist real gewachsen? Und noch einmal: wo wächst es grad am Meisten - wo wächst überhaupt etwas?

Ist kaputtmachen von Strukturen Degrowth? Growth bedeutet "Wachstum". Wenn etwas wächst, dann schafft es Strukturen. Aber meist passiert das nicht aus einem Chaos oder einem Müllberg heraus. "Degrowth" muss also kontrollierter Rückbau bedeuten.

Ich verabscheue jene Ansätze, die dabei Menschenleben von der Erde beseitigen wollen. Muss das sein? Ist der Mensch wirklich das Problem - oder ist es vielleicht doch nur die Art und Weise wie er wirtschaftet.

Die Grünen sind bei der Sache vielleicht am ehesten dran. Aber wie wollen sie das schaffen? Ich sehe bei ihren Konzepten in erster Linie Gebote und Verbote - eher Blockaden alter Wege denn das Aufzeigen neuer, besserer Wege. Und das ist ein Problem. Denn das schafft Fronten und Konflikte statt einen Aufbruch in eine bessere Zeit, die die Menschen mitreißt und jeden als Protagonisten einer neuen Art zu wirtschaften in Begeisterung mitreißt.

Und oft sind das nur Kleinigkeiten.

Der Landwirtschaftsminister will Lebensmittel teurer machen. Im Prinzip geht das in eine gute Richtung und auch ein Umsteuern über Preise ist ein guter Weg. Je nachdem, wo das Geld für diehöheren Preise der Lebensmittel bleibt, könnte das sogar eine Entwicklung auf ein gutes Ziel hin lenken.

Aber ich meine, dass da noch mehr geht. Und ich nehm diesen Aspekt mal als Beispiel, wie ich "Degrowth" sehe:

Ich blicke mal auf mein Leben und meinen Verbrauch an Lebensmittel. Ich und meine Frau arbeiten beide, weshalb es Mittags of schnell gehen muss. Wir benötigen Lebensmittel, die für die Zubereitung nicht allzu viel Zeit benötigen - und schmecken sollen sie auch noch. Das schränkt die Auswahl schon mal ein. Und wenn ich mir ansehe, was da übrig bleibt, dann ist das nicht eben im Sinne einer positiven Entwicklung zu "Degrowth" hin.

Was mir fehlt, das sind wirklich gute ökologisch verträgliche und schmackhafte und schnell zuzubereitende Mahlzeiten. Wenn ich so etwas im Supermarkt suche, dann muss ich oft feststellen, dass das entsprechen so beworben wird (wenn es überhaupt was gibt) - bei genauerem Hinschauen aber kaum besser ist als die klassischen Waren.

Und auch wenn es mal mehr Zeit gibt, ein gutes Essen zuzubereiten, dann tue ich mich von meiner kulturellen Herkunft her schwer, etwas schmackhaft Vegetarisches hinzubekommen. Und da reicht oft auch kein Kochkurs für die Wende, denn da geht es nicht um ein Do-it-youself Hobbythema sondern es geht um eine Lifestyleumstellung. Wie bekomme ich etwas schmackhaftes und zugleich nahrhaftes in der mir zur Verfügung stehenden Zeit hin? Oft ist das Zeugs zu fade und dann isst man nicht zu viel (vielleicht ja nicht schlecht) - hat aber kurz darauf Hunger und schiebt sich was ziemlich Ungesundes rein.

Es geht also darum, die guten Dinge leicht erreichbar anzubieten, damit es für den Weg dorthin, nicht irgedwelchen Extra-Purzelbäume braucht. Ich denke, dass viele Menschen bereit wären, ihr Leben umzustellen, damit es am Ende allen besser geht.

Und da sind die Lebensmittel nur ein Beispiel.

Ich denke, dass die Welt wieder regionaler werden muss. Die einzelnen Gemeinden müssen ihre Grundversorgung irgendwie stemmen. Und es braucht eine lokale Vernetzung, über die dies organisiert wird - und da ist jeder gefordert und hier muss Demokratie gelebt werden. Dir ursprüngliche Demokratie in Griechenland war ja sehr lokal ausgerichtet und wirkte nicht auf die große Politik.

Diese Zellen menschlicher Gemeinschaften, die ihren In- und Output ökologisch in den Griff bekommen müssen, kommunizieren untereinander und tauschen sich in Bezug auf Problemlösungen und Ideen aus. Sicher wird es auch Handel und Ausgleich ebenso wie Hilfe in Notlagen unter den regionalen Zellen geben.

So schafft man dann lokale Strukturen, die in sich stabil sind und die auch ein stabiles Ganzes geben. Gibt es irgendwo im Land oder irgendwo auf der Welt Probleme, dann betrifft das immer nur einen kleineren Kreis.

Wenn es Umweltprobleme bzw. eine Verschärfung von Umweltpoblemen gibt, dann sind das eher in massivem Wachstum begrifffene Staaten wie China. Dort werden munter Kohlkraftwerke gebraucht, dort wird allgemein CO2 in die Lft geblasen, als gäbe es kein Morgen - und um auf die totalitären Strukturen Bezug zu nehmen: auch die verbrauchen für die ÜBerwachung viel Enerige. All die Kameras, all die Monitore, all die Datenbanken, die das Sozialkreditsystem organisieren, sind gigantische Energiefresser, die erst einmal in versorgt werden wollen und einen großen Imapct in der Ökobilanz hinterlassen, die durch gutes Verhalten der Bürger möglicherweise kaum zu kompensieren ist.

Japan baut neue Kohlekraftwerke - mit der Abischt, die auszutauchen, wenn bessere Technik verfügbar ist.

Das ist eine Growth Strategie. Bei uns haben wir uns aufgemacht, echtes "Degrowth" zu leben. Was die Energie angeht, so hängen wir am Tropf, wenn mal länger die Sonne nicht scheint und gleichzeitig der Wind nicht bläst. Ohne Konzepte zum Überbrücken solcher Phasen hat man rein destruktives Degrowth. Was brauche ich ein stromgetriebenes Auto, wenn ich es nicht mit alternativen Energien Tanken kann. Wenn der Strom durch Verbrennertechnik erzeugt wird, dann ist das Tanken von solchem Strom ökologisch jedem lokalen Verbrenner hoffnungslos unterlegen.

Das bedeutet, dass es auch ein Bewußtsein für Sinn und Unsinn in ökologischen Fragen geben muss. Für mich bedeutet das, dass ich meine alte Karre so lange es geht fahre - und die aber so wenig wie möglich benutze.

In Fragen des Degrowth scheinen mir gradezu höllische Theorien und Dogmen unterwegs zu sein - leider vor allem in den Köpfen einflussreicher Menschen. Ich weiß nicht, wie man dort den Realitätsverlust eindämmen kann, aber wenn über eine Selbstorganisation etwas Gutes geschafft werden könnte, dann sollte sie die Realität doch von der Überflüssigkeit ihrer "Killergelüste" überzeugen können - wenn denn die Realität zu ihnen durchdringt.

goodfruit antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3627

Sei mir nicht gram, aber die Obsessivität hinsichtlich des Autoritären, mit der Du immer von Herrschaft und Artverwandtem schreibst, befremdete mich früher schon und tut es jetzt auch wieder. Daher kann/will ich an dieser Stelle nicht weiter mit diskutieren oder in der Sache antworten. Aber vielleicht haben andere User da ja weniger Probleme als ich. 😊

jack-black antworten
GoodFruit
Beiträge : 2601

Ich finde das eine ganz üble Strategie - und das vor allem, weil sie viel eher das Gegenteil bringen würde, als wie das, was man erreichen möchte.

Ein Rückfall technologisch in eine Zeit vor die Industrialisierung (da würden wir landen!) würde mit sich bringen, dass verbrannt wird, was brennbar ist, dass die Menwschen auf dem Planmeten nicht mehr ernährt werden können und sterben. Und wie will man vor seinem Ziel noch Maßnahmen zum Retten von an Corona Erkrankten oder Menschen, die Probleme mit steigendem Meeresspeigel bekommen, begründen - wenn das zigfache an Menschen einfach an Hunger verrecken werden?

Das ist alles so grundlegend dumm, dass es fast schon Angst machen kann.

Ich sehe die Notwendigekit zu Veränderungen sehr wohl auch - aber eher nicht im destruktiven sondern im konstruktiven Ansatz.
Und ich muss sagen, dass ich enttäsucht bin, wie langsam das alles vorangeht.. Viele Technologien wären da - allein, sie sind am Markt nicht erhältlich und unsagbar teuer.

Und dann gibt es Technologien, die sind verfügbar - aber sie machen aktuell in vielen Fällen keinen Sinn, weil die ganze Infrastruktur und die Versorgung mit nachhaltiger Technologie nicht gewährleistet werden kann. Und dann kann ich mich fragen, ob es nicht vielleicht sogar umweltfreundlicher ist, wenn mein Verbrenner Benzin verbrennt, als wenn ich mein Auto mit Kohlestrom laden muss, weil die regenerativen Quellen grad nicht im erforderlichen Maß sprudeln.

Ich denke, dass viel geht und viel mehr gehen würde. Ich würde mir wünschen, dass von Seiten der neuen Regierung mal jemand Option für Option durchgehen würde und dann machbare Option für machbare Option im Markt stützen würde und die Dinge, die kurz vor der Marktreife stehen, pushen würde, damit sie schnell am Markt ankommen.

Ich würde mich freuen, wenn wir nicht nur die Menschheit sondern auch die Kultur der Menschheit retten könnten - und die könnte im allgemeinen Hauen und Stechen einer initiierten Apokalypse schnell untergehen.

goodfruit antworten


JohnnyD
Beiträge : 1419

Ich warte darauf, dass die Grünen höchstpersönlich zur effektiven Bekämpfung des Klimawandels wieder die Atomkraftwerke anschmeissen.

johnnyd antworten
15 Antworten
Orangsaya
(@orangsaya)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 2984

In Belgien gibt es ein Forschungszentrum für Atomkraftwerke. In Molen wird an einer neuen Generation an Atomkraftwerken gearbeitet. Der Bau nach der Versuchsanlage einer richtigen Anlage ist konkret.
Die Vorteile dieser Anlage sind:
1. Die Menge an Atommüll verringert sich um den Faktor 100.

2. Der Atommüll muss erheblich kürzere Zeit gelagert werden. Es sind nur noch 300 Jahre. Schellack hält trocken länger.

3. Für den Betrieb kann herkömmlicher Atommüll verwendet werden. Die Menge wird also kleiner und die Lagerung muss eine überschaubare Zeit stattfinden.

Nächsten Jahr wird das erste Atomkraft. dass kein Prototyp ist, in Belgien gebaut. Das wäre auch in Deutschland attraktiv.

orangsaya antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 1235

Das kommt in DE nicht, Atomkraft ist ein solches No-Go, da ist egal welche Technik dahintersteht.

Alleine das Wort "Atom" reicht, damit genügend Personen auf den Barrikaden sind.

der_alte antworten
Orangsaya
(@orangsaya)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 2984
Veröffentlicht von: @der_alte

Das kommt in DE nicht, Atomkraft ist ein solches No-Go, da ist egal welche Technik dahintersteht.

Es ist richtig, dass es in Deutschland einen Antiatomkraftkult gibt.

Veröffentlicht von: @der_alte

Alleine das Wort "Atom" reicht, damit genügend Personen auf den Barrikaden sind.

Na ja, das betrifft in erster Linie eine Generation in Deutschland.

Das Grundproblem ist, dass die Regierung etwas liefern muss. Damit meine ich nicht nur die aktuelle Regierung. Regenerative Energie muss zuverlässig und bezahlbar vorhanden sein. Hier ist die alte Regierung gescheiter und die jetzige wird es voraussichtlich auch. Abgesehen davon, dass der Bedarf steigt. Wasserstoff, Batterie und synthetischer Kraftstoff braucht erheblich mehr, als der bisherige Bedarf an Energie. Wenn wir es umsetzen wollen, dann brauchen wir gleichmäßig Strom im Überfluss.

orangsaya antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 1235

Die junge Generation Z in FFF wird das auch nicht anders sehen. Da sieht man viele Träume, mit der Machbarkeit der Träume hapert es.

Die möchten weder fossil noch Atomkraft, die Frage ist dann woher der Strom kommt. Und man macht sich wenig Gedanken wie fatal ein längerfristiger Blackout wäre, denn dann bricht die Gesellschaft zusammen, da zu abhängig von sicherer Stromversorgung.

der_alte antworten
Orangsaya
(@orangsaya)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 2984
Veröffentlicht von: @der_alte

Und man macht sich wenig Gedanken wie fatal ein längerfristiger Blackout wäre, denn dann bricht die Gesellschaft zusammen, da zu abhängig von sicherer Stromversorgung.

Wird es zu einem Blackout kommen, dann hilft die Kerze im Nachttisch auch nicht. Das kann man an Witten sehen. Da haben Hacker die Computer der Stadt derartig lahmgelegt, dass nichts läuft. Zum Glück gibt es noch ein paar alte Mitarbeiter, die wissen, was ein Quittungsblock ist und wie man diesen in der Verwaltung verwendet.

orangsaya antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 1235

Bei einem längeren Blackout sterben einem erstmal alle Patienten auf den Intensivstationen. Kein Telefon funktioniert mehr, da man heute All-IP hat. Wasserwerke werden ausfallen. Das gibt schon sehr viele Tote, dann könnten auch noch Plünderungen dazukommen.

Die Abhängigkeit von Stromversorgung ist absolut.

In Witten waren ja nur diue Computer nicht lauffähig, die Infrastruktur selbst schon noch.

der_alte antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 1235

Anti-Atom ist mit der Gründungsmythos der Umweltbewegung, das zu ändern hiesse als wenn eine Religionsgemeinschaft ihre heiligen Bücher neu schreibt.

der_alte antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21561

Ich halte Atomkraft nicht für zukunftsfähig. Aber wir werden in der erforderlichen Zeit keine alternativen Energien zur Verfügung haben.

Für eine Übergangszeit könnte Atomkraft daher sehr wohl eine Lösung sein.

lucan-7 antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 1235

In De politisch nicht durchsetzbar, das gäbe Massenproteste, da verbrennt sich niemand aus der Politik die Finger damit.

der_alte antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21561
Veröffentlicht von: @der_alte

In De politisch nicht durchsetzbar, das gäbe Massenproteste, da verbrennt sich niemand aus der Politik die Finger damit.

Wenn es erst mal um die Frage geht, Atomkraft oder Einschränkungen, dann wird sich das auch ganz schnell ändern...

lucan-7 antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 1235

Wird man sehen und das Problem ist, was geht kaputt bis gelernt ist. Mit Grundversorgung spasst man nicht. Letztere bereit einem schon Überlegungen.

der_alte antworten
Orangsaya
(@orangsaya)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 2984
Veröffentlicht von: @lucan-7

Ich halte Atomkraft nicht für zukunftsfähig.

Irgendwann ist vieles nicht mehr zukunftsfähig. Die Dampfmaschine hat auch keine große Zukunft. Trotzdem sind Kraftwerke heute auf Basis des Wasserdampf.

Veröffentlicht von: @lucan-7

Für eine Übergangszeit könnte Atomkraft daher sehr wohl eine Lösung sein.

In Deutschland war ja als Brückentechnologie Gas geplant. In Finnland setzen die Grünen auf Atomkraft als Brückentechnologie. Ich denke kurzfristig hat Alf Recht. Atomkraftwerke lassen sich nicht so ohne weiteres in Deutschland durchsetzen. Doch die Stromkosten und eine schwache Wirtschaft lösen auf der anderen Seite schnell Stimmungsschwankungen aus. Vielleicht arbeitet die Zeit doch für AKWs.

orangsaya antworten
agapia
 agapia
(@agapia)
Beigetreten : Vor 12 Jahren

Beiträge : 1460

Das klingt hoffnungsvoll!

Dennoch:

Ob es so funktioniert, ist erst einmal Gegenstand der Forschung. 2030 könnte die Forschungsanlage in Betrieb gehen. Bis dann erfolgsversprechende Ergebnisse vorliegen, sind hier die Atomkraftwerke längst vom Netz. Das ist dann wohl eher etwas für sehr langfristige Überlegungen, auf welche Weise zukünftige Generationen Strom produzieren wollen.

agapia antworten
Orangsaya
(@orangsaya)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 2984
Veröffentlicht von: @agapia

Ob es so funktioniert, ist erst einmal Gegenstand der Forschung.

Noch mehr Zukunftsmusik ist die Kernfusion. Da rufen auch seit Jahrzehnten die Unken. Was aus dem europäischen Forschungsprojekt in Frankreich wird, weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass China hier nach eigenen Angaben Quantensprünge macht. Was Molen betrifft, so ist es eine politische Entscheidung, die zum großen Teil die EU machen wird. Gibt es Fördergelder, dann werden sie auch gebaut. Es gibt quasi nur drei Länder, die sich versperren. Das sind Deutschland, Luxemburg und Österreich. Langfristig wird es einen politischen Kompromiss geben. Das zeichnet sich mit der neuen Regierung und Frankreich schon sachte ab.

Veröffentlicht von: @agapia

Das ist dann wohl eher etwas für sehr langfristige Überlegungen, auf welche Weise zukünftige Generationen Strom produzieren wollen.

Mit der Zukunft steht aber auch die Gegenwart auf der Agenda. Wir können die Gegenwart nicht zerschlagen, um eine neue Zukunft aufzubauen. Neben der Frage, der Energie, stehen wir auch vor der Frage, was machen wir mit dem Atommüll? Da bietet die Technik neue Lösungen an. Der Nachteil für die Atomkraftgegner, der Atommüll wäre nicht mehr ein Faustpfand für ihren Protest.

orangsaya antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2601
Veröffentlicht von: @orangsaya

Nächsten Jahr wird das erste Atomkraft. dass kein Prototyp ist, in Belgien gebaut. Das wäre auch in Deutschland attraktiv.

Finnland hat grad ein neues AKW gebaut. Und Japan baut Kohlekraftwerke.

Was ist nun richtig? Für mich ist klar, dass wir, wenn die Wirtschaft Strombasiert sein soll, Stromquellen brauchen, die nicht von Witterungsfaktoren oder jahreszeitlichen Gegebenheiten abhängen.

Die AKW Geschichte hat für mich ein gravierendes Problem, das leider in der Natur der SAche liegt: Ich kann kein AKW binnen 5 Minuten abhschalten. Es braucht lange, bis es runtergefahren ist - was bedeutet, dass ein gefahrloses Runterfahren in Krisenmomenten (Erdbeben, Flugzeugabsturz, schwere technische Defekte, Umweltkatastrophen wie Trockenheit, die das Kühlwasser nimmt oder schwere Strürme, die sämtliche Stromleitungen im Umfeld fällen, ...) nicht möglich ist. Und wenn so eine Situation denn da ist, dann ist die Sauerei riesig. Man schaue nur mal nach Fukushima und selbst Tschnobyl macht immer noch Probleme und wird in von uns zu überblickender Zeit nicht aufhören, Probleme zu machen.

Ich weiß nicht, wo die Finnen ihr AKW hingesetzt haben - aber bei uns hast Du so dichte Besiedlung, dass jeder schwere Unfall, immer sehr, seht viele Menschen betreffen wird. Solche Schäden müssen nach meinem Rechtsempfinden versichert werden - und nun überleg mal, was dann als Strompreis dabei herauskäme. Atomstrom ist eh sehr teuer - und mit einer fairen Absicherung derer, die von einem schweren Unfall betroffen wären, wäre Atomstrom wohl unbezahlbar.

Ich hoffe, dass wir bal Kernfusion hinbekommen. Das macht zwar auch radioaktiven Abfall, die Anlagen dürften aber schneller herunterzufahren sein und die Abfallmenge ist aber kleiner als bei AKWs.

Desweiteren brauchen wir eine Speichertechnologie, die verlustfrei für längere Zeit Energie speicherbar macht. Hier ist sicher Wasserstoff ein Thema. Aber auch die Lösung der Evolution für dieses Problem ist als bionisches und damit ökologisch optimales Konzept zu beachten: In der Natur wird einmal als mittelfristige Lösung in Zucker gespeicher und längerfristig in Fette und Öle. Und selbst, wenn da der Speicherstoff verbrannt wird, um in dem Moment die erforderliche Energie freizusetzen, ist das aus CO2 Gesichtspunkten unproblematisch, weil dieses CO2 mal aus der Luft in da biologisch Speichermedium gebunden wurde und möglicherweise zeitgleich an anderer Stelle eben diese CO2 Menge wieder gebunden wird. Bei meiner Achtung vor der Natur und ihren genialen Konzepten, erwarte ich, dass solche Konzepte die preiswertesten, sichersten und zugleich umweltverträglichsten Konzepte sind.

goodfruit antworten
Lucan-7
Beiträge : 21561
Veröffentlicht von: @mrorleander

Ausgehend von der Erfahrung, daß trotz eindringlicher Warnungen von Seiten der Wissenschaft keine richtungsweisenden Entscheidungen getroffen wurden, wird unter Klimaaktivisten nicht nur die Wiederaufnahme von Protesten, sondern auch deren Radikalisierung diskutiert.

Wenn es möglich ist, Gewalt zu rechtfertigen, dann wird es auch Gewalt geben.

Der Vergleich mit den Terroristen der früheren RAF dürfte dabei auch recht treffend sein... es wird eine Bewegung geben, welche auch mit terroristischen Aktionen sympathisiert, aber die Bevölkerungsmehrheit wird sich klar dagegen positionieren.

Ich denke, dass die meisten Leute inzwischen längst darauf setzen, den Klimawandel einfach hinzunehmen und das Beste daraus zu machen.
Dummerweise funktioniert diese Strategie nicht auf Dauer... denn der Klimawandel hört ja nicht einfach auf. Die Erwärmung geht immer weiter und weiter. Am Ende wird es dahin führen, wo es beim Menschen bisher immer hingeführt hat: Zum Krieg.

Vermutlich kein großer Weltkrieg, aber eine unablässige Folge regionaler Konflikte... auch mit dem Ziel, möglichst viel von der "anderen Industrie" zu zerstören und möglichst wenig von der eigenen.

Ist ja nicht so, als ob wir wirklich aus der Geschichte gelernt hätten...

lucan-7 antworten
10 Antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3627
Veröffentlicht von: @lucan-7

Wenn es möglich ist, Gewalt zu rechtfertigen, dann wird es auch Gewalt geben.

Die gibt es ja längst: sie wird denjenigen angetan, die heute schon unter den Folgen des Klimawandels leiden: den Armen.
Wenn wir über "Ökoterrorismus" sprechen wollten, müßten wir ihn als Gegengewalt bezeichnen.
Der Vergleich mit dem Klassenkampf ist nicht so weit hergeholt: nur werden die Armen und Schutzlosen eben auch diesen Kampf nicht gewinnen können. Ja, sie sind ja überhaupt nicht in der Lage, die Gegengewalt auch nur zu organisieren (an diesem Organisationsproblem scheiterte schon die linke Revolte, wie sie u.a. die RAF damals bewirken wollte) die Klasse, gegen die längst ein Krieg geführt wird, ist weder intellektuell noch wirtschaftlich in der Lage, diesen Krieg mit der notwendigen Härte zu führen, die es bräuchte, den Feind zu beeindrucken.

Die Logik des Krieges sieht so aus, dass der Konfliktgegner per Gewalteinsatz dazu gezwungen wird, das Verhalten, das er bislang an den Tag legt, zu ändern. Ökoterrorismus müßte, um wirksam sein zu können, also die Entscheider treffen, jene, die dafür sorgen, dass ungerechte Gesetze/Regeln verfaßt oder zumindest nicht geändert werden. Sowie jene, die von diesen ungerechten Gesetzen/Regeln profitieren.

In den klassischen Kriegen war es relativ einfach: da saß der Gegner jenseits der geographisch bestimmbaren Grenze, und man mußte ihm nur solange auf's Haupt schlagen, bis er kapitulierte.
Wenn aber - wie im Finanzkapitalismus und jetzt in der umweltzerstörenden Wirtschaftsweise - die eine Partei die andere Partei angreift, ohne dass sie geografisch lokalisierbar wäre - dann wird's schwierig.

Veröffentlicht von: @lucan-7

Am Ende wird es dahin führen, wo es beim Menschen bisher immer hingeführt hat: Zum Krieg.

Wie gesagt: der findet längst statt. Nur wird das so nicht medial transportiert, weil eben auch die Medien in der Hand der Sieger sich befinden: der Reichen, die auf Kosten der Armen jene Mittel akkumulieren konnten, mit welchen sie nun die "öffentliche Meinung" bestimmen.
Vor Kurzem, als Fridasy for future losging, hätte ich noch gesagt: diesmal verläuft die Kriegslinie nicht zwischen den Reichen und den Armen - sondern zwischen den Alten und den Jungen.
Aber das stimmt ja auch nicht. Wer jung und reich ist, braucht keine Furcht vor dem Klimawandel zu haben. Dem stehen Möglichkeiten offen, für sich und die seinen das Leid, das mit den Klimawandelfolgen wachsen wird, zu vermeiden. Es wird unerträglich heiß vor der Tür? Dann zieht man halt in eine gemäßigtere Klimazone oder dreht die Klimaanlage eine Stufe höher...

Nein, auch dieses Mal verläuft der echte Schützengraben entlang der Klassengrenzen. Und auch dieses Mal - wie schon in den "revolutionären" Sechzigern und Siebzigern - können sich die, die angegriffen werden, nicht verteidigen. Wer zusehen muß, wie er abends die hungrigen Kinder in's Bett kriegt, hat keine Zeit und auch keine Kraft, die Revolution zu organisieren.

Die herrschende Klasse wird sich - und selbstverständlich gleichzeitig auch die unterdrückte und ignorierte Klasse - zu Tode siegen und herrschen, weil sie nicht per strategisch klug eingesetzter Gewalt (rechtzeitig) dazu gezwungen werden kann, ihr verhängnisvolles Verhalten zu ändern.

Veröffentlicht von: @lucan-7

Ist ja nicht so, als ob wir wirklich aus der Geschichte gelernt hätten...

Oh, es wurde ja gelernt. Die "Botschaft", die man aus der Geschichte meinte vernehmen zu können, lautet: Das Volk braucht und will keine Revolte, der Konsum-Kapitalismus ist die beste aller Wirtschaftswelten.

jack-black antworten
Goldapfel
(@goldapfel)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 1986

Und welchen Lösungsvorschlag hast du?
Wie könnte/sollte/dürfte dieser Kampf konkret geführt werden, deiner Meinung nach?
Was könnte zielführend sein?

goldapfel antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3627
Veröffentlicht von: @goldapfel

Und welchen Lösungsvorschlag hast du?

Keinen.

jack-black antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21561
Veröffentlicht von: @jack-black

an diesem Organisationsproblem scheiterte schon die linke Revolte, wie sie u.a. die RAF damals bewirken wollte

Die RAF hat schlicht übersehen, dass es die "Arbeiterklasse", auf die sie abzielte, zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr gab. Es gab praktisch keine Arbeitslosigkeit, man konnte sich immer mehr leisten, auch Arbeiter konnten sich ihr Häuschen im Grünen bauen (Zumindest waren die Chancen dafür real vorhanden). Die kämpften einen Kampf von vorgestern, zumindest hier in Deutschland.
Momentan ändert sich das allerdings wieder...

In diesem Sinne könnten "Klimaterroristen" durchaus mehr Erfolg haben. Allerdings auch erst dann, wenn offensichtliche Vorteile und Verbesserungen zu erwarten sind... und das ist ja jetzt gerade nicht der Fall. Wer will schon für seine eigene Arbeitslosigkeit, Verzicht auf Reisen und hohe Preise kämpfen?

Veröffentlicht von: @jack-black

Wie gesagt: der findet längst statt. Nur wird das so nicht medial transportiert, weil eben auch die Medien in der Hand der Sieger sich befinden: der Reichen, die auf Kosten der Armen jene Mittel akkumulieren konnten, mit welchen sie nun die "öffentliche Meinung" bestimmen.

Das hat zunächst aber nichts mit dem Klimawandel zu tun. Inwiefern es dann eine Rolle spielen wird wird sich zeigen... auch hier könnten sich die Fronten noch verändern, je nachdem wer sich wo welche Vorteile verspricht.

Veröffentlicht von: @jack-black

Nein, auch dieses Mal verläuft der echte Schützengraben entlang der Klassengrenzen.

Sind es nicht eben jene "Schützengräben", die eine Klasse überhaupt als solche definieren...?

Veröffentlicht von: @jack-black

Oh, es wurde ja gelernt. Die "Botschaft", die man aus der Geschichte meinte vernehmen zu können, lautet: Das Volk braucht und will keine Revolte, der Konsum-Kapitalismus ist die beste aller Wirtschaftswelten.

Ja, diese Botschaft war vor allem zur Zeit der RAF noch recht überzeugend. Hat aber inzwischen stark nachgelassen...

lucan-7 antworten
MrOrleander
(@mrorleander)
Beigetreten : Vor 21 Jahren

Beiträge : 2217
Veröffentlicht von: @lucan-7

Die RAF hat schlicht übersehen, dass es die "Arbeiterklasse", auf die sie abzielte, zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr gab.

Ich vermute, daß das etwas zu kurz gegriffen ist.
Die Arbeiterklasse gab es durchaus, und die SPD wußte noch, wen sie adressierte. Sie konnte allerdings - und darauf weist Du ebenfalls hin - ein auskömmliches Leben führen. Ein voller Bauch revoltiert nicht gern; wozu auch, wenn Lebensziele von einem selbst oder wenigstens von den Kindern erreicht werden können.
Die Jahre des 'Wirtschaftswunders' bis in die siebziger Jahre hinein werden nicht umsonst und m.E. völlig zu Recht als 'goldenes Zeitalter' bezeichnet: Aus der Gesellschaftspyramide wurde eine schöne, fette Zwiebel, in der rund 50% zur Mittelschicht gehörten und weitere rund 30% Aussicht darauf hatten, in diese Schicht aufzusteigen. Daß der Aufwärtstrend auch die bereits Besitzenden mit nach oben zog, die bestehenden Besitzverhältnisse also keineswegs umgestaltete, sondern noch weiter zementierte, mußte weder Angestellte noch Arbeiter weiter stören, weil ihnen daraus scheinbar keine Nachteile erwuchsen.
In diesem Klima, getragen von heute unfaßbarem Fortschrittsoptimismus, erweiterten Bildungs- und Aufstiegschancen auch für bislang prekäre Teile der Gesellschaft und einem sämtliche Schicksalsschläge nach Möglichkeit abfedernden Sozialstaat mußte jede umstürzende Bewegung auf verlorenem Posten stehen, egal, ob sie von links oder rechts kam.
Die Mitte der siebziger Jahre markiert allerdings bereits das beginnende Ende des goldenen Zeitalters. Steigende Arbeitslosigkeit und damit einhergehend eine immer umfassendere sozialstaatliche Absicherung der Armen (ohne ihnen damit aber ein auskömmliches Leben zu ermöglichen oder (Wieder-)Aufstiegsmöglichkeiten zu eröffnen) lassen zunehmend die Nachteile abhängiger Lohnarbeit deutlich werden. Gleichzeitig gelang es den Besitzenden innerhalb der Zwiebelspitze, ihre Vermögen, Ländereien und Produktionsmittel nicht nur zu erhalten, sondern in zum Teil schamloser Weise zu vermehren, schlicht und einfach, weil sie es sich erlauben konnten und können.
In Deutschland sind die sich daraus ergebenden Auswüchse immer noch sozialstaatlich abgefedert; die besitzende Klasse hat sehr wohl erkannt, daß es sich in einer befriedeten Gesellschaft viel angenehmer leben läßt, als bspw. nach brasilianischem Modell in abgeschotteten Siedlungen.
An der strukturellen Ungerechtigkeit und Gewalt, die dieses Wirtschaftssystem mit sich bringt, hat sich dadurch aber nichts geändert. Arme leben auch in Deutschland ungesünder und sterben früher.

Veröffentlicht von: @lucan-7

Wer will schon für seine eigene Arbeitslosigkeit, Verzicht auf Reisen und hohe Preise kämpfen?

Die Frage ist: Wie lange muß die Phase des Verzichts sein, bis der endgültige Verlust von vielen, liebgewonnenen Wahlmöglichkeiten akzeptiert werden kann, ohne daß darüber die Gesellschaft zerbricht?
Wenn ich das Programm unserer Regierung betrachte, geht man dort offensichtlich von einer langen Phase aus. Das kann für Aktivisten nicht befriedigend sein. Ob sich daraus aber ein Potential für gewalttätigen Widerstand entwickelt, das über einzelne Personen oder kleine Gruppen hinaus geht, halte ich zur Zeit für unwahrscheinlich.

Veröffentlicht von: @lucan-7

Sind es nicht eben jene "Schützengräben", die eine Klasse überhaupt als solche definieren...?

Nein. Es ist schlicht und einfach Macht. Die muß nicht immer mit Besitz einhergehen; auch (religiöse) Ideen bieten sich hierzu an. Aber in der Regel ist es doch das Kapital, was die besitzende Klasse zu einer Zweckgemeinschaft zusammen führt und es ihnen erlaubt, ein Leben auf Kosten anderer zu führen.

mrorleander antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21561
Veröffentlicht von: @mrorleander

Ich vermute, daß das etwas zu kurz gegriffen ist.
Die Arbeiterklasse gab es durchaus, und die SPD wußte noch, wen sie adressierte.

Natürlich gab es noch "Arbeiter", für deren Belange sich Parteien wie die SPD einsetzte. Und es gab auch durchaus "Klassenunterschiede", wie jeder sehen konnte, der in einer großen Firma in die Kantine ging und dort sah wie sich "Arbeiter" streng von "Angestellten" abgrenzten. Das habe ich auch in den 90ern noch so erlebt.

Aber die "Arbeiterklasse" von der Marx einst gesprochen hatte, die "ausgebeuteten Massen"... die gab es in dieser Form nicht mehr. Die Versuche der 68er Studenten, mit den Arbeitern ins Gespräch zu kommen scheiterten deshalb auch... man hatte dort kein Verständnis und sah keinen Sinn in einer Revolution.

Veröffentlicht von: @mrorleander

In Deutschland sind die sich daraus ergebenden Auswüchse immer noch sozialstaatlich abgefedert; die besitzende Klasse hat sehr wohl erkannt, daß es sich in einer befriedeten Gesellschaft viel angenehmer leben läßt, als bspw. nach brasilianischem Modell in abgeschotteten Siedlungen.

Ich nehme an, dass die "Querdenker" und Ähnliche auch genau aus diesem Grund in der Politik für so viel Unruhe sorgen.

Veröffentlicht von: @mrorleander

An der strukturellen Ungerechtigkeit und Gewalt, die dieses Wirtschaftssystem mit sich bringt, hat sich dadurch aber nichts geändert. Arme leben auch in Deutschland ungesünder und sterben früher.

Was aber merkwürdigerweise kaum ein Thema ist. Kaum jemand wagt es, die Wirtschaft in Frage zu stellen. Was vielleicht auch an der Komplexität des Themas liegt.
Was den großen Arbeitgebern den Vorteil bringt, dass sie den öffentlichen Kurs bestimmen können. Mit dem Stichwort: "Arbeitsplätze sind gefährdet!" zucken alle zusammen und keiner wagt mehr aufzumucken.
Und niemand wagt es, das System grundsätzlich in Frage zu stellen... falls es doch jemand tut, dann folgt sofort das Stichwort: "Planwirtschaft! DDR!" - und wieder schweigen alle ängstlich.

lucan-7 antworten
MrOrleander
(@mrorleander)
Beigetreten : Vor 21 Jahren

Beiträge : 2217
Veröffentlicht von: @lucan-7

Aber die "Arbeiterklasse" von der Marx einst gesprochen hatte, die "ausgebeuteten Massen"... die gab es in dieser Form nicht mehr.

Die Arbeiterklasse muß nicht am Existenzminimum leben, um dennoch Arbeiterklasse zu bleiben - in Abgrenzung zur Klasse der Besitzenden. Denn das Leben am Existenzminimum kann schneller wieder Realität werden, als gedacht. Das ist einem Menschen mit Aufstiegshoffnungen naturgemäß nicht zu leicht zu vermitteln, aber letztlich gilt dennoch, daß die kapitalistische Wirtschaftsweise auf die Existenz 'ausgebeuteter Massen' angewiesen ist. Aktuell vielleicht nicht in Deutschland, sondern in Südostasien. Aber was mag in 20 Jahren sein? Der 'einfache' Arbeiter, Mindestlohnbezieher, kann sich nicht darauf verlassen, bis an sein Lebensende auskömmlich leben zu können.

Veröffentlicht von: @lucan-7

Ich nehme an, dass die "Querdenker" und Ähnliche auch genau aus diesem Grund in der Politik für so viel Unruhe sorgen.

Ich gehöre nicht dazu, vermute aber dennoch, daß Querdenker für die besitzende Klasse irrelevant sind. Für diese ist es kein Problem, wenn irgendwelche Subjekte Corona leugnen oder Chemtrails für real
halten. Erst wenn die Entführung der eigenen Tochter nicht länger gesellschaftlich verurteilt, sondern bejubelt wird - erst dann wird es brenzlig.

Veröffentlicht von: @lucan-7

Kaum jemand wagt es, die Wirtschaft in Frage zu stellen.

Das ist kein Wagnis. Wer sich entsprechend äußert, muß hierzulande nicht mit negativen Konsequenzen rechnen. Es gibt keine KP, die augenblicklich sämtliche sozialen Kontakte unterbinden und 'freiwillige' Läuterungsgesten erwarten würde.
Daß nur wenige aufbegehren liegt schlicht daran, daß nach wie vor die meisten Menschen in dieser Gesellschaft mit dem herrschenden System gut fahren. Weil die 'ausgebeuteten Massen' aktuell nicht in Deutschland zu verorten sind. Weil es völlig ok ist, eine Jeans im 'used'-look zu kaufen, mit diversen Löchern verziert, obwohl die Produktion dieser Hose einige Tonnen an Wasser verbraucht und einfache Arbeiter diversen Berufsrisiken ausgesetzt hat, bei grotesk verminderter Haltbarkei des Endprodukts.
Die herrschende Klasse benötigt hierzulande keine harten Bandagen. Es reichen diverse Sedativa.

mrorleander antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3627
Veröffentlicht von: @mrorleander

Weil die 'ausgebeuteten Massen' aktuell nicht in Deutschland zu verorten sind.

Das ist der springende Punkt. Und war es übrigens schon in den 70ern und 80ern.
Genaugenommen ist das Denken in Nationalsstaatskategorien ein Instrument der herrschenden Klasse , mit dem sich das divide et impera praktizieren läßt: die Angehörigen der unteren Klasse kapierten hierzulande nicht, dass und warum die imperialistische Politik, die überall auf der Welt, wo sozialistische Bestrebungen aufkeimten, sofort draufhaute (Persien, Argentinien, Chile, Nicaragua) - und zwar brutal mit Militär und Folter - letztlich gegen ihre eigene Klasse gerichtet war.

Man hielt die Arbeiterklasse dumm und ungebildet genug, dass sie nicht durchschaute (und bis heute nicht durchschaut), dass der herrschende Finanzkapitalismus grundlegend ungerecht ist. Und man gab ihr genug zu fressen (panem et circenses...), dass sie es hierzulande - bis heute - nicht dringlich spürt. Die internationale Solidarität, die sich die 68er, die ja durchaus gegen das imperialistische Vorgehen unserer Regierungen laut und offen protestierten, auf ihre Fahnen schrieben, wurde durch ein paar Leckerlis, die man seitens des Kapitals hier den deutschen Arbeitern hinwarf, im wahrsten Sinne des Wortes gekauft.

Und sie wird bis heute gekauft. Internationale Solidarität mit den Unterprivilegierten? Rücksichtnahme auf diejenigen, die als erste von der vollen Wucht des Klimawandels getroffen werden*? Wie denn, man hat genug damit zu tun, sich zu beschweren, dass der halbjährliche Malle-Urlaub zu teuer werden könnte, wenn die Spritpreise denn irgendwann mal die tatsächlichen Kosten spiegeln sollten.

*Wie nach der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer die Angelegenheit mit zig Milliarden zugekleistert wurde, und unisono in das Horn "Jetzt ist nicht die Zeit, nach Schuldigen/Verantwortlichen zu suchen, jetzt muß Solidarität geübt und den Betroffenen geholfen werden!" geblasen wurde, war schon ein erhabenes Schauspiel. Wie da ohne mit der Wimper zu zucken Besitzstandsgarantien für Hausbesitzer gegeben wurden. Jedes Haus würde wieder aufgebaut, da lasse man sich seitens des Bundes und der Länder nicht lumpen... Und so hat man denn mal eben 30 Milliarden Aufbauhilfe locker gemacht. Angenommen, 30.000 Menschen wären da von der Flutkatastrophe betroffen gewesen - dann käme auf jedes der Flutopfer 1 Million. Das muß man sich erstmal leisten können. Was man mit soviel Geld anstellen könnte, das ja von Leuten berappt wird, die nun mal zufällig gerade kein Eigenheim in flutgefährdeter, ansonsten aber sehr pittoresker Gegend besitzen...

jack-black antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21561
Veröffentlicht von: @jack-black

Genaugenommen ist das Denken in Nationalsstaatskategorien ein Instrument der herrschenden Klasse , mit dem sich das divide et impera praktizieren läßt: die Angehörigen der unteren Klasse kapierten hierzulande nicht, dass und warum die imperialistische Politik, die überall auf der Welt, wo sozialistische Bestrebungen aufkeimten, sofort draufhaute

Grundsätzlich alles richtig. Tatsächlich hat sich seit dem Mittelalter nicht viel geändert. Das Finanzkapital hat den Adel ersetzt. Die Ausbeutung der Leibeigenen (Inzwischen "Arbeiterklasse") hat hierzulande aber nicht lange funktioniert, folglich hat man den Leuten weisgemacht, sie würden jetzt auch zum "Adel" gehören - und hat die Ausbeutung in andere Länder verlegt.

Veröffentlicht von: @jack-black

Man hielt die Arbeiterklasse dumm und ungebildet genug, dass sie nicht durchschaute (und bis heute nicht durchschaut), dass der herrschende Finanzkapitalismus grundlegend ungerecht ist.

Dass die Welt ungerecht ist bekommt man spätestens in der Schule mit, ich denke das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, das man den Leuten hierzulande weismacht, sie würden ebenso von dieser Ungerechtigkeit profitieren wie die großen Konzerne.

Veröffentlicht von: @jack-black

Die internationale Solidarität, die sich die 68er, die ja durchaus gegen das imperialistische Vorgehen unserer Regierungen laut und offen protestierten, auf ihre Fahnen schrieben, wurde durch ein paar Leckerlis, die man seitens des Kapitals hier den deutschen Arbeitern hinwarf, im wahrsten Sinne des Wortes gekauft.

Auch das.

Nur ist es mit "internationaler Solidarität" allein auch nicht getan. Die 68er machten den Fehler zu glauben, dass alle (ärmeren) Menschen auf der Welt im Grunde ihre Ideen ganz toll finden würden, weil ja alle Menschen dasselbe wollen - in Frieden und Wohlstand leben.

Dass Menschen anderswo aber ganz andere Werte und Vorstellungen vertreten kam ihnen dabei nicht in den Sinn.
Ebensowenig, dass es den meisten Menschen viel lieber ist, von jemand anderem geführt zu werden als selbst Verantwortung übernehmen zu müssen.

Veröffentlicht von: @jack-black

Wie da ohne mit der Wimper zu zucken Besitzstandsgarantien für Hausbesitzer gegeben wurden. Jedes Haus würde wieder aufgebaut, da lasse man sich seitens des Bundes und der Länder nicht lumpen... Und so hat man denn mal eben 30 Milliarden Aufbauhilfe locker gemacht. Angenommen, 30.000 Menschen wären da von der Flutkatastrophe betroffen gewesen - dann käme auf jedes der Flutopfer 1 Million.

Es waren allein im Ahrtal schon etwa 40.000... aber du hast dennoch recht, was da mal eben ohne mit der Wimper zu zucken aus dem Hut gezaubert wurde ist schon gewaltig.

Nun gönne ich es den Betroffenen, von denen ich selber etliche persönlich kenne. Aber nüchtern betrachtet gibt es da keine Verhältnismäßigkeit, wenn es in vielen Bereichen immer wieder heisst, dafür sei kein Geld da....

lucan-7 antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21561
Veröffentlicht von: @mrorleander

Die Arbeiterklasse muß nicht am Existenzminimum leben, um dennoch Arbeiterklasse zu bleiben - in Abgrenzung zur Klasse der Besitzenden. Denn das Leben am Existenzminimum kann schneller wieder Realität werden, als gedacht.

Gut, aber das ist eine Binsenweisheit. Ich wüsste kein funktionierendes System, das da jedem Einzelnen eine Garantie für die nächsten 20 Jahre geben könnte.

Veröffentlicht von: @mrorleander

Der 'einfache' Arbeiter, Mindestlohnbezieher, kann sich nicht darauf verlassen, bis an sein Lebensende auskömmlich leben zu können.

Nein, nicht unbedingt.

Mir würden da auch durchaus bessere Systeme einfallen... wie etwa die Beteiligung an großen Firmen durch Aktien, nach dem Motto: Dann haben alle was davon. In diese Richtung muss es auch gehen, denn inzwischen haben wir die gegenteilige Tendenz: Dass einige wenige immer reicher und reicher werden und inzwischen sogar staatliche Funktionen übernehmen (Bildung, Verkehr, Gesundheit, Raumfahrt...). Nicht umsonst sind es diese Leute, die die staatlichen Institutionen in den USA aktiv bekämpfen - weil sie selbst an deren Stelle treten wollen.

Das Problem ist nur, dass eine Umverteilung an das Volk historisch auch nicht funktioniert hat. Denn wir neigen nun einmal dazu, die Arbeit lieber von jemand anderem machen zu lassen und uns mehr zu wünschen, als uns zusteht.

Veröffentlicht von: @mrorleander

Ich gehöre nicht dazu, vermute aber dennoch, daß Querdenker für die besitzende Klasse irrelevant sind. Für diese ist es kein Problem, wenn irgendwelche Subjekte Corona leugnen oder Chemtrails für real
halten.

Der "besitzenden Klasse" ist das in der Tat wurscht... aber nicht denjenigen, die auf Wählerstimmen angewiesen sind. Trotz Überschneidungen und Verbrüderungen von Politik und Wirtschaft sind das nicht immer dieselben Leute...

Veröffentlicht von: @mrorleander

Das ist kein Wagnis. Wer sich entsprechend äußert, muß hierzulande nicht mit negativen Konsequenzen rechnen. Es gibt keine KP, die augenblicklich sämtliche sozialen Kontakte unterbinden und 'freiwillige' Läuterungsgesten erwarten würde.

Das meine ich nicht. Natürlich kann jeder ungestraft alles mögliche kritisieren. Solange man selbst keine entsprechende Position hat.

Aber stell' dir mal vor, jemand wie Lindner würde plötzlich seinen Sinn für Gerechtigkeit entdecken und Vorschläge für ein gerechteres Wirtschaftssystem machen. Der wäre von heute auf morgen weg vom Fenster - egal wie gut und durchdacht seine Vorschläge auch sein mögen.

Natürlich "darf" er das tun. Er müsste dann nur auch die entsprechenden Konsequenzen tragen.

Veröffentlicht von: @mrorleander

Weil die 'ausgebeuteten Massen' aktuell nicht in Deutschland zu verorten sind. Weil es völlig ok ist, eine Jeans im 'used'-look zu kaufen, mit diversen Löchern verziert, obwohl die Produktion dieser Hose einige Tonnen an Wasser verbraucht und einfache Arbeiter diversen Berufsrisiken ausgesetzt hat, bei grotesk verminderter Haltbarkei des Endprodukts.

Was ausserdem noch den schönen Nebeneffekt hat, den Käufern das Gefühl zu geben zu den "priveligierten" Menschen zu gehören... deshalb funktioniert das ja auch so gut. Auch dann noch, wenn wir darüber Bescheid wissen.

lucan-7 antworten


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