Wir sind die Guten ...
Hallo ihr Lieben,
wie wir alle wissen, kann es nach hinten losgehen, wenn man etwas (nur) gut meint - es aber wahrhaft nicht gut ist.
Welche Auswirkungen hat es, wenn man sich selbst "zu den Guten" zählt? Schwingt da schnell nicht eine seltsame Art von Selbstverherrlichung oder Selbstgerechtigkeit mit? Kann uns diese Einschätzung blind für eignes Fehlverhalten machen?
Und wie kann jemanden der Spiegel vorgehalten werden, so dass diese*r selbst erkennt, dass er sich in seiner Rolle "als Guter" gewissermaßen überhebt und der Situation oder Thematik nicht mehr gerecht wird?
Fragende Grüße in die Runde!
Welche Auswirkungen hat es, wenn man sich selbst "zu den Guten" zählt? Schwingt da schnell nicht eine seltsame Art von Selbstverherrlichung oder Selbstgerechtigkeit mit? Kann uns diese Einschätzung blind für eignes Fehlverhalten machen?
Ja, das ist definitiv so. Egal ob Antifa oder AfD.
In beiden Fällen mag es zynische und manipulative Leute geben, die genau wissen, dass sie nicht "gut" sind oder so handeln... aber die meisten Leute werden ihr Anliegen für "gut und gerecht" halten und überhaupt für das Beste für das Land, die Leute und sich selbst.
Deshalb sollte auch nicht gefragt werden: "Bin ich gut?" oder "Sind wir gut?" - sondern: "Ist das, was ich mir wünsche und was ich unterstütze, wirklich gut in meinem Sinne? Oder gibt es womöglich noch andere, vielleicht sogar bessere Wege?"
Würden wir auf diese Weise hinterfragen wären wir schon ein entscheidendes Stück weiter...
@lucan-7 Danke. Insbesondere für einen ersten "guten Spiegel": Hat dein Verhalten den gewünschten Effekt? Oder auch welchen Effekt hat dein Verhalten?
Es geht mir im Hintergrund um eine sehr konkrete Situatuon, die ich hier nicht ausführen möchte.
Es geht mir im Hintergrund um eine sehr konkrete Situatuon, die ich hier nicht ausführen möchte.
Bei mir geht es auch um eine konkrete Situation, bei der ich regelmäßig mit einem mir persönlich nahestehendem AfD Anhänger diskutiere... und das ist nicht immer ganz einfach.
Da versuche ich dann auch erst mal Gemeinsamkeiten zu finden: "Also, du willst das beste für Deutschland, ich will auch das Beste für Deutschland... das haben wir also schon mal gemeinsam! Wir beide wollen Sicherheit, Freiheit und Wohlstand. Jetzt müssen wir nur herausfinden, warum wir so unterschiedliche Wege bevorzugen, wie dieses "Beste für Deutschland" erreicht werden kann..."
was ich dazu denke....
Gut meinen und sich für gut halten, sind für mich zwei paar Stiefel auch wenn beides Fußbekleidung ist.
Wenn jemand mit dem Satz kommt "ich meine es nur gut mit dir", dann ist er dabei Grenzen zu überschreiten in einer Angelegenheit, in der er den anderen um Erlaubnis fragen müsste für sein Handeln. In dem Satz des gut gemeint habens schwingt auch eine Selbstrechtfertigung mit, wenn jemand nicht so behandelt werden möchte und sich dagegen verwahrt.
Wenn jemand sich für perfekt gut hält, dann stellt er sein Sein über das der anderen und ein Geruch von Abwertung weht durch die Gegend.
Die Versuchung, vom Gut sein her zu meinen, dass man damit Grenzen überschreiten darf und es oft nicht mal merkt, ist gegeben und so können beide Paar Stiefel wirksam werden.
@seidenlaubenvogel kann es nach hinten losgehen, wenn man etwas (nur) gut meint - es aber wahrhaft nicht gut ist.
Griff in die Binsenweisheitskiste: "Es gibt nix Gutes, ausser, man tut es." - "Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht."
Meine Ansicht: Gut und Böse existieren nicht, auch nicht in der wahrhaftigen* Version. Es existieren nur Interessen. Die moralische Perspektive verengt in der Regel den Blick eher, als dass sie erhellend wäre. Irgendein schlauer längst verstorbener Philosophen-Kopf hat mal sinngemäß gesagt, es lohne nicht, die Welt als moralisches Problem zu betrachten, sie sei der genaueren Betrachtung wert eher unter ästhetischen Gesichtspunkten. Und das ist, wenn man sich mal kurz zurücklehnt und selbst betrachtet nicht so falsch: moralisch sind immer nur die wenigen Angelegenheiten wichtig, die uns selbst und unsere kleinen und ziemlich durchschnittlichen Interessen tangieren. Bei allem anderen ist die Form interessanter.
*Der Begriff "wahrhaftig" ergibt in dem Zusammenhang nur insofern Sinn, als jemand über die Motive seines ethisch relevanten Handelns wahre oder unwahre Aussagen macht. Häufig sind wir uns unserer Interessen und Motive selbst nicht bewußt - dass sind dann die Fälle, in denen wir aus Informationsmangel über uns selbst nicht wahrhaftig ethisch handeln können. Manchmal verschweigen wir unsere Motive oder lügen über sie. Aber solche Fälle scheinst Du hier im Thread ja nicht diskutieren zu wollen.
Wer sich (oder seine Ziele) für gut hält, gerät in Versuchung, das Gute mit Bösen Mitteln zu verteidigen bzw. durchzusetzen.
Wer weiß, dass er Böses tut, hat meist irgendwelche moralischen Skrupel. Völlig skrupellos sind in der Regel die, die sich und ihre Sache für (absolut) Gut halten.
Die Mittel verunheiligen den Zweck.
Das Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner: Lukas 18,9–14
9Einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, erzählte Jesus dieses Gleichnis: 10Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. 11Der Pharisäer stellte sich hin und sprach bei sich dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. 12Ich faste zweimal in der Woche und gebe den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. 13Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wollte nicht einmal seine Augen zum Himmel erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! 14Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt nach Hause hinab, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.