Wozu Religionsunterricht an der Schule?
Ich möchte hier mal die Diskussion aus dem Thema "Woke Werte" auslagern, weil ich denke, dass es hier doch um andere Dinge geht.
Grundlage war die Tatsache, dass Religionsunterricht nach unserem Grundgesetz in öffentlichen Schulen angeboten werden muss (Als einzig dort erwähntes Fach).
Ich halte den Religionsunterricht zu einem bestimmten Bekenntnis an der Schule für einen Fehler. Es kann nicht Aufgabe der Schule sein, religiöse Inhalte zu vermitteln - und schon gar nicht, diese als "Wahrheit" zu verkaufen.
Meiner Ansicht nach steht der Religionsunterricht dem Lehrauftrag, die Schüler zu einem kritischen Denken zu ermutigen, entgegen. Denn Religion beruht darauf, dass Behauptungen geglaubt werden, nicht dass sie kritisch überprüft werden. Schlimmer noch: Wenn auch der Islam als weiterer Religionsunterricht angeboten wird, dessen Inhalte ebenfalls als "wahr" dargestellt werden, dann wird den Schülern im wesentlichen eines vermittelt: "Wahrheit" ist keine Frage der Argumentation und rationaler Überlegungen, sondern der Gruppenzugehörigkeit.
Genau das ist es aber, was unsere Demokratie und Gesellschaft zur Zeit am meisten gefährdet: Es geht nicht mehr darum, wer die beste Argumentation hat oder Behauptungen zu hinterfragen - es geht darum, zu welcher Gruppe man sich zugehörig fühlt, und deren Behauptungen übernimmt man dann als die Eigenen.
Persönlich denke ich, dass religiöse Inhalte auf jeden Fall zur Allgemeinbildung gehören und deshalb auch an der Schule vermittelt werden sollten - also "Wer war Abraham?", "Was hat Mohammed gemacht?", "Wer war Jesus?" oder "War war Salomon?". Auch die Bedeutung religiösen Glaubens in der Geschichte gehört zu einer Bildung auf jeden Fall dazu.
Was nicht dazu gehört ist die Vermittlung religiöser Inhalte als vermeintliche Wahrheit. Das kann schon deshalb nicht funktionieren, weil ja verschiedene "Wahrheiten" angeboten werden - und damit wird kritisches Hinterfragen, was gerade in der heutigen Zeit absolut wesentlich ist, geradezu zunichte gemacht. Wie will man Schülern Medienkompetenz vermitteln, wenn man ihnen gleichzeitig beibringt, einen 2000 Jahre alten Text unbesehen zu glauben?
Ich erwarte hier nicht viel Zustimmung... bin aber doch gespannt auf die Diskussion, welchem Zweck der Religionsunterricht eurer Meinung nach dienen sollte.
Soweit ich informiert bin, dreht sich deutscher Religionsunterricht um Religionen und nicht um Glauben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Religionsunterricht
Ist ein Lehrer nicht neutral genug, bezüglich seiner eigenen Überzeugung, kann er zur Ordnung gerufen werden.
Sollte sich das inzwischen sehr geändert haben seit meiner Schulzeit?
@deborah71 Naja, im von Dir gebrachten Link liest man dies:
Religionsunterricht wird in der Regel aus der bekennenden Warte einer Lehrkraft erteilt, die der betreffenden Religionsgemeinschaft angehört. Somit gibt der Religionsunterricht von vornherein nicht vor, von einem neutralen Standpunkt aus erteilt zu werden.
Es geht also beim hier von Lucan zum Thema gemachten Religionsunterricht (so vermute ich) nicht um Religionskunde (bei der eine Neutralität des Lehrers erwartet werden dürfte), sondern um bekenntnisorientierten Unterricht.
Sollte sich das inzwischen sehr geändert haben seit meiner Schulzeit?
Kommt halt drauf an: Hattest Du - passend zur Konfession Deiner Eltern - einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht, oder wurde an Deiner Schule eine weltschanschaulich neutrale Religionskunde angeboten? Ich selbst kam nie in den Genuß der letzteren, konnte aber Reli ab der 10. Klasse abwählen, bzw. kam in eine Klasse, in der "Werte und Normen" angeboten wurde. Von einem ziemlich inkompetenten Lehrer übrigens... 🙁
Hattest Du - passend zur Konfession Deiner Eltern - einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht
Auch der ist selten religionsvermittelnd. Insbesondere nicht der evangelische Religionsunterricht. Hängt natürlich auch vom Lehrer ab.
@hkmwk Hängt natürlich auch vom Lehrer ab.
Wir mussten in der Grundschule (Lehrerin war eine Mitte-Fünfzigjährige, die wir, da unverheiratet und auch nicht geschieden, stets als Fräulein XYZ anzureden hatten) im straff evangelischen Religionsunterricht stets am Anfang der Stunde beten, lernten Lieder aus dem Gesangbuch, die wir dann gemeinsam singen durften/mussten und wurden dazu erzogen, in unseren Reli-Heften eine alternative Groß-und Kleinschreibung durchzuziehen: GOTT, der HERR, ER, HEILIGER GEIST, SEIN Wille... Im Gymnasium dann wurden wir ein Jahr lang sogar vom Pastor aus dem Nachbarsdorf unterrichtet vor lauter Lehrermangel (vermutlich eher, weil sich keiner der eher links-rot-versifften Lehrer, die mein Gymnasium dominierten, da als geeignet sah oder von der evangelischen Kirche entsprechend eingeschätzt wurde - ich steckte da aber nicht so drin).
Wie auch immer: Ein bekenntnisorienter Unterricht, der nicht religionsvermittelnd ist, erscheint mir wie ein Glas mit trockenem Wasser: ergibt keinen Sinn, es sei denn, das religiöse Bekenntnis gehöre nicht zur Religion. Öhm... 🙄
Ein bekenntnisorienter Unterricht, der nicht religionsvermittelnd ist, erscheint mir wie ein Glas mit trockenem Wasser: ergibt keinen Sinn
Das könnte von der »Bekenntnisbewegung kein anderes Evangelium« stammen, die damit den real existierenden Religionsunterricht kritisiert.
Ich habe Religionsunterricht ganz anders erlebt (am wenigsten fromm war der Pfarrer in der Oberstufe, für den war der Reli-Unterricht ein gruppendynamisches Experiment, das hat er so durchgezogen). Und auch Andere haben (teils hier, teils bei den woken Werten) Vergleichbares berichtet. Was du beschreibst kommt mir vor wie vor meiner Zeit (50-er Jahre) - aber wie gesagt: So was liegt auch jeweiligen Lehrer.
@hkmwk Das könnte von der »Bekenntnisbewegung kein anderes Evangelium« stammen, die damit den real existierenden Religionsunterricht kritisiert.
Es lässt sich von allen Seiten vom Pferd fallen. Diese (mir bis eben unbekannte) Bekenntnisbewegung ist vermutlich mein weltanschaulicher Feind, aber zumindest ihr Sprachverständnis scheint dem meinen zu ähneln.
Ich habe Religionsunterricht ganz anders erlebt (...)
Das ist ja (in meinen Augen) durchaus erfreulich. Aber irgendwo hier im Thread wurde ein Verfassungsgerichts-Urteil zitiert, nach welchem der Gesetzgeber eigentlich was anderes erwartet.
Ich glaube ich hab im evangelischen Reliunterricht nie erfahren, was z.B. die evangelische Kirche von der katholischen Trennt. Irgendwann in der Grundschule hatten wir mal Luther, aber sonst...
Über die eigene Religion hab ich dort echt am wenigsten gelernt. Mindestens dreimal hatten wir den Islam einmal das Judentum und ich glaub, einmal Buddismus.
In der Oberstufe wurde es besser von den Themen her - nur war der Lehrer nicht geeignet, weil er im Studium nicht aufgepasst hat... Und dann mit den Schülern Themen wie "Wahrheit" zu behandeln oder die philosophischen Gottesbeweise ist halt schwer, wenn man es selbst nicht verstanden hat.
Dafür durften wir uns jedes Jahr aufs neue überlegen, was an Pfingsten gefeiert wird und wenn wir es wissen, nicht die richtige Antwort hinschreiben, damit er uns am Ende die richtige Antwort sagen kann - von der zehnten bis zur dreizehnten jedes Jahr. Ab der zwölften haben wir uns verweigert und haben gefragt, ob er uns echt für so doof hält, dass wir es alle immer noch nicht wissen. Er hatte aber sonst nichts vorbereitet für die Woche vor Pfingsten...
Also mein bekenntnisorientierter Religionsunterricht war höchstens in der Grundschule noch am christlichen Bekenntnis orientiert (biblische Geschichten und Lieder), danach war vom Bekenntnis bis zur zwölften eigentlich nichts mehr zu merken. Doch in der fünften hatten wir es über Gottes Neue Welt und in der Siebten sollten wir mal ein Bild malen, wie wir uns vorstellen, dass Gott aussieht (hab ich versucht zu verweigern: Du sollst dir kein Bildnis machen. Sollte dann eine Eigenschaft Gottes malen) und in der Neunten haben wir über Hiob, Theodizee, Tod, Sterben und die Trauerphasen geredet. Allerdings hatten wir die meiste Zeit der neunten kein Reliunterricht.
Gebetet wurde höchstens in der Grundschule mal (und ist im evangelischen sehr umstritten, ob das stattfinden darf, weil ja auch Kinder aus nicht christlichen Familien da sein könnten) - dafür musste ich am gymnasium damals im Raum bleiben als die anderen im Reliunterricht pendeln ausprobiert haben (was, wie ich heute weiß, die Lehrerin ihren Job hätte kosten können, hätte das jemand gemeldet).
Also so sehr ich für den bekenntnisorientierten Religionsunterricht bin - wenn er ist wie meiner, dann könnte man es auch lassen. Hab aber gehört es soll auch bessere Lehrer geben.
@channuschka Wirf mal einen Blick in den Lehrplan, vielleicht hilft das weiter. Klar, es hängt immer noch vom Lehrer ab.
Hier findet Ihr den Lehrplan für Bayern, Gymnasium. Bereits das Selbstverständnis finde ich gut gelungen:
"Der evangelische Religionsunterricht hat im Fächerkanon der Schule die Aufgabe, der Kommunikation der Schülerinnen und Schüler mit der christlichen Tradition in der gegenwärtigen Welt zu dienen. Mit dem Religionsunterricht nimmt die Kirche Bildungsverantwortung in der pluralen Gesellschaft am Ort der Schule wahr. Sie tut dies in konfessioneller Deutlichkeit und ökumenischer Offenheit. Der Religionsunterricht geschieht unter den Gegebenheiten und Bedingungen der Schule und wird von Kirche und Staat gemeinsam verantwortet."
Oder nimm die Ziele für den Themenbereich "Politische Bildung":
"Der evangelische Religionsunterricht am Gymnasium leistet einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung innerhalb der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, insofern er sich mit den Fragen nach Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden aus biblisch-theologischer und philosophischer Perspektive auseinandersetzt. Er fördert die Toleranz gegenüber Andersdenkenden, indem er die Jugendlichen befähigt, sich mit verschiedenen religiös-weltanschaulichen Standpunkten respektvoll auseinanderzusetzen."
Da ist doch alles dabei, was hier angesprochen wurde.
Ich finde: Ein richtig tolles Fach! Aber leider stärker als andere Fächer abhängig vom Lehrer - wenn ich so lese, was andere hier über ihren Reli-Unterricht berichten.
Ob du es glaubst oder nicht - ich kenne den Lehrplan für Religion in Baden-Württemberg sogar über diese Allgemeinheiten hinaus. Also ich weiß es jetzt nicht auswendig, aber eben ich weiß sogar welche Themen in welcher Jahrgangsstufe behandelt werden sollen etc. Religionspädagogik und Unterrichtsentwürfe verfassen ist Teil meines Studiums gewesen.
Ich kenne aber auch den Wert solcher Dokumente. Das sind besten Falls Willenserklärungen und haben dann mit dem was im Unterricht geschieht weniger zu tun.
Ob du es glaubst oder nicht [...]
Ich kenne aber auch den Wert solcher Dokumente. Das sind besten Falls Willenserklärungen und haben dann mit dem was im Unterricht geschieht weniger zu tun.
Klaro glaube ich Dir das! 👍
Der Lehrplan ist ja wirklich sehr allgemein, und wenn ich es richtig gesehen habe, gibt es nicht einmal eine Vorgabe nach Jahrgangsstufen differenziert.
Dennoch halte ich es hier in der Diskussion für wichtig, dort nachzuschauen. Lucan hatte ein paar Ziele genannt, die aus seiner Sicht wichtig wären, und die finden wir alle im Lehrplan berücksichtigt.
Es geht eben nicht um Indoktrination und Gottesstaat, sondern um kritisches Denken. Die Schüler werden ermuntert, ihren eigenen Zugang zum Glauben zu finden. Das enthält für mich auch die Möglichkeit, daß ein Schüler sich vom Glauben abwendet. Umso weniger verstehe ich die Kritik am Religionsunterricht - zumal niemand gezwungen ist, daran teilzunehmen.
Wie gesagt, ich habe hier mitbekommen, daß es viele verschiedene Religionsunterrichte gibt. Da hatte ich wohl Glück, denn ich habe ungemein davon profitiert.
Lucan hatte ein paar Ziele genannt, die aus seiner Sicht wichtig wären, und die finden wir alle im Lehrplan berücksichtigt.
Es geht eben nicht um Indoktrination und Gottesstaat, sondern um kritisches Denken. Die Schüler werden ermuntert, ihren eigenen Zugang zum Glauben zu finden. Das enthält für mich auch die Möglichkeit, daß ein Schüler sich vom Glauben abwendet.
Es mag ja sein, dass sich da manche Lehrer wirklich Mühe gegeben haben, das hängt auch immer sehr von der jeweiligen Persönlichkeit ab.
Aber Religonen und "kritisches Denken" halte ich für absolut gegensätzlich. Religiöse Texte halten in ihrem Kern keiner kritschen Analyse stand.
Und dabei geht es mir um die Frage: Was genau können und sollen wir für bare Münze nehmen - und was nicht?
Wenn also in einem Tik-Tok Video jemand scheinbar über das Wasser gehen kann, dann sollen wir das kritisch hinterfragen, weil das mit Sicherheit ein Trick oder ein Fake ist.
Wenn aber jemand vor 2000 Jahren aufgeschrieben hat, dass jemand über das Wasser lief - dann sollen wir das für bare Münze nehmen?
Wie passt das zusammen?
Zumindest sollte man doch diesen Widerspruch einmal zum Thema machen. Und zwar von einem neutralen Standpunk aus... und nicht geleitet von jemandem, der den 2000 Jahre alten Text für historische Warheit hält, den "Videobeweis" aber nicht...
Ich geh davon aus, dass es auch in Bayern einen differenzierternLehplan gibt. Nur ist der vermutlich nicht frei zugänglich. Oder zumindest nicht so einfach.
@channuschka Ich glaube ich hab im evangelischen Reliunterricht nie erfahren, was z.B. die evangelische Kirche von der katholischen Trennt. Irgendwann in der Grundschule hatten wir mal Luther, aber sonst...
Naja, von aussen ist das ja auch nicht so ganz einfach zu verstehen, allein das unterschiedliche Eucharestie-Verständnis... Ich weiss nicht mehr, in welchem Zusammenhang genau ich das mit ein paar philosophisch interessierten Freunden diskutierte, aber das salomonische Urteil, zu dem wir gelangten, hab ich mir gemerkt: "Die Katholiken glauben, dass beim Abendmahl Jesus sehr gut getarnt, also unsichtbar, mit dabei ist, die Protestanten dagegen glauben, dass er symbolisch und also unsichtbar mit dabei ist."
Und da dies ja nun zwei komplett unterschiedliche Arten der Unsichtbarkeit (und Unnachweisbarkeit) sind, geht es natürlich nicht an, dass man da in falscher Eintracht beisammen sitzend gemeinsam Wein trinkt und Oblaten isst. Sondern da lohnen sich dann schon dreissigjährige Kriege und Straßenschlachen in Belfast, dieses Problem ein für allemal zu klären...
Jetzt hab ich nochmal nachgegoogelt: Ganz ehrlich? Rein inhaltlich scheint mir da tatsächlich nur die Anzahl der Sakramente als Differenzierungsmerkmal tauglich, der Rest ist ja schon Politik, bzw. betriff die institutionelle Organisation.
Über die eigene Religion hab ich dort echt am wenigsten gelernt. Mindestens dreimal hatten wir den Islam einmal das Judentum und ich glaub, einmal Buddismus.
Hhmm... Mir scheint, Du hattest aber vorher schon ein bisserl was über Deine eigene Religion (also genaugenommen diejenige, die Du im Elternhaus beigebracht bekommen hattest) gewußt, oder? Ich meine: wenn Du nur glaubst, dass Buddhismus in Eurem Religionsunterricht vorkam, dann tendiere ich stark zu der Annahme, dass da inhaltlich nicht grad in die Tiefe gegangen wurde, oder? Mir fiele dazu übrigens ein interessantes Thema für einen (in meinen Augen sinnvollen) Religionskunde-Unterricht ein: die vergleichende Analyse theologisch-inhaltlicher Unterschiede: Was unterscheidet diesbezüglich
- den Protestantismus vom Katholizismus
- die Shiiten von den Sunniten und
- den Hinduismus vom Buddhismus?
Anschließend die vertiefende Frage: Sind diese Unterschiede der verwandten Religionspaare strukturell ähnlich, oder würde beispielsweise der Vergleich zwischen Judentum und Christentum besser (anstelle Protestantismus vs Katholizismus) in die Liste der Vergleiche passen?
Ich finde, damit könnte man schon mindestens ein Oberstufen-Halbjahr Religionskunde füllen...
Dafür durften wir uns jedes Jahr aufs neue überlegen, was an Pfingsten gefeiert wird und wenn wir es wissen, nicht die richtige Antwort hinschreiben, damit er uns am Ende die richtige Antwort sagen kann
Pfingstbaumpflanzen und tüchtig Korn saufen dabei?
😀 😀 😀
Aber bitte, bitte, jetzt verrate doch noch die richtige Antwort!
Ich hab mir anhand eines plastischen Bildes folgende Vorstellung gemerkt: Ein buschig vollbärtiger Hausmeister in weißem Overall kippt mit Schwung einen Eimer unbestimmbaren Inhalts über einer Horde kaum weniger bärtiger Leute in Tunikas und Sandalen aus, während erschrocken ein paar Tauben zur Seite wegflattern : Voilà - die Ausgießung des Heiligen Geistes! Dank dieser Assoziations-Eselbrücke bin ich vermutlich näher an der richtigen Antwort dran als 90 Prozent jener, die alljährlich wetterabhängig unbeschwert die Pfingsttage genießen...
dafür musste ich am gymnasium damals im Raum bleiben als die anderen im Reliunterricht pendeln ausprobiert haben (was, wie ich heute weiß, die Lehrerin ihren Job hätte kosten können, hätte das jemand gemeldet).
Was genau hätte sie da den Job kosten können? Dich dazu verdonnern, im Raum zu bleiben, oder das Pendel-Experiment an sich?
Wo hätte das "gemeldet" werden müssen - beim Schulrektor, bei der Schulaufsichtsbehörde, oder gleich direkt beim Landesbischof? Was kam denn beim Pendeln raus? Funktionierte es? Ich hab ja mal durch meine destruktive Aura ein Gläserrücken "kaputt gemacht", das unter der Leitung einer ziemlich sexy gekleideten jungen Dame auf einer Fete stattfinden sollte. Der sicherlich anwesende Geist irgendeines Verstorbenen weigerte sich, sinnvolle Antworten zu geben und die sexy Hexy fand rasch den Grund dafür: "Einer der Anwesenden stört durch seinen Unglauben die Kontaktaufnahme!" Sie zeigte dankenswerterweise nicht direkt enttarnend auf mich, sodass ich, als ein erneuter Kontaktaufnahmeversuch gestartet wurde, noch ein paar Minuten gebannt auf ihr - von schwarz-transparenter, spitzengerahmter Gazee verschleiertes - Dekolleté starren durfte. Weil meine ungläubige Anwesenheit aber weiter den im 1. Weltkrieg verstorbenen Verwandten einer Teilnehmerin davon abhielt, Erstaunliches aus der Geisterwelt zu enthüllen und der sich abzeichnende Mißerfolg der Seance das Dekolleté-Mädchen soi langsam in ein schlechtes Licht zu rücken drohte, stand ich schließlich auf und nuschelte dezent was von wegen "Ich hol mir mal'n Bier." Ob sich nach meinem Abgang dann tatsächlich die Geister irgenwelcher Verstorbener mit wichtigen Hinweisen zu Wort meldeten, hab ich nie erfahren. Überhaupt gestaltete die sexy Hexy einen später am Abend von mir gestarteten Flirtversuch schmallippig und ziemlich beschämend ergebnisfrei.
Aber - total untypischerweise 😉 - ich schweife ab... Also wie war das mit dem Pendel-Experiment: Kam was dabei raus oder verhinderte Deine rechtgläubige Gegenwart da ähnlich zuverlässig ein verwertbares Ergebnis, wie es meine ungläubige Gegenwart bei der Seance tat?
Ich meine: Falls bei dem Pendel-Experiment nix herauskam, müsste das doch in der dialektischen Umkehrung ein didaktischer Erfolg gewesen sein: "Seht ihr - ihr seht nix!" Auch negative Experiment-Ergebnisse können ja aus empirischer Perspektive durchaus Erkenntnisgewinn bedeuten: per Bestätigung der Nullhypothese. Allerdings... Hhmm... Genaugenommen hätte das Experiment zweimal stattfinden müssen. Einmal in Deiner (womöglich das Ergebnis maßgeblich - negativ -beeinflussenden) rechtgläubigen Gegenwart, einmal ohne sie. Also hätte der Lehrer Dich, damit das Experiment überhaupt wissenschaftlich ernst genommen werden konnte, die Testreihe auf mindestens zwei Durchläufe erweitern müssen. Streng genommen hätten es freilich, um da statistisch signifikante Effekte zu belegen, ein paar Hundert solcher Pendeleien sein müssen, bei denen der Reihe nach einzelne oder gar Gruppen der Schüler den Raum zu verlassen hätten.
Meine Vermutung ist ja die, dass Du aus dienstrechtlichen Gründen mit dabei bleiben musstest. Dich einfach so aus dem Klassenraum zu entlassen, während sie die Aufsichtspflicht über Dich hatte, hätte sie gegebenenfalls - z.B. wenn Du Dich just dann vor der Schule von einem LkW hättest überrollen oder einem Drogendealer über's Ohr hauen lassen - ebenso den Job kosten können, und sowas wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit gemeldet worden... 😉
Hab aber gehört es soll auch bessere Lehrer geben.
Auch vom Yeti hört man immer wieder mal was.
Jetzt hab ich nochmal nachgegoogelt: Ganz ehrlich? Rein inhaltlich scheint mir da tatsächlich nur die Anzahl der Sakramente als Differenzierungsmerkmal tauglich, der Rest ist ja schon Politik, bzw. betriff die institutionelle Organisation.
Na also spontan
-Bibel vs Tradition
-Heilige als Gebestsunterstützung
-die Sache mit dem Fegefeuer und Gebet für Tote
beim Lesen war mir noch mehr eingefallen, aber dann hab ich erst zu Ende gelesen und jetzt ist es mir entfallen... aber das sind so die Dinge, die ich mit dem Glauben und auch dem erleben des Glaubens in Zusammenhang bringe, wobei da dann vielleicht noch das Zölibat, Pfarrerinnen und wenn man will auch die Gewänder dazu gehört. Oder Dinge wie das ewige Licht und eben das Abenmahl, wo ihr vielleicht nah dran wart - und doch nicht ganz alles abdeckt. Und welches evangelische Abendmahlsverständnis habt ihr genommen? Lutherisch? Refomiert? oder eines der uniierten? Die Sache ist kompliziert 😀 Und das Abendmahlsverständnis wäre in seiner komplexität auch eher was ab Klasse 10 und nicht für Grundschule oder Unterstufe.
Und da dies ja nun zwei komplett unterschiedliche Arten der Unsichtbarkeit (und Unnachweisbarkeit) sind, geht es natürlich nicht an, dass man da in falscher Eintracht beisammen sitzend gemeinsam Wein trinkt und Oblaten isst. Sondern da lohnen sich dann schon dreissigjährige Kriege und Straßenschlachen in Belfast, dieses Problem ein für allemal zu klären...
Weil es da auch um Oblaten und Wein ging 🙂 Oder dann doch eher um Macht, Loslösung von Kaiser und Papst oder eben um Nationalität...
Aber ich feier ja auch mal das katholische Abendmahl mit - obwohl ich weiß, dass es dadurch rein nach katholischem "Recht" für alle ungültig wird. Und ich bin mir dem Unterschied bewusst - ich hab mich ja für das lutherische Abendmahlsverständnis entschieden (obwohl ich eigentlich uniiert bin), bin aber der Meinung, dass wir es letztlich eh nie mit Sicherheit sagen können, was da passiert, weil es eben auf einer anderen Ebene stattfindet. Einig sind sich alle, dass Gott anwesend ist - und ob sich da jetzt die Substanz von Brot und Wein, wenn ein Glöckchen klingelt auf der unsichtbaren Ebene der Transzendenz ändert oder Jesus in dem Moment, wo ich es in den Mund nehme real und unsichtbar in Brot und Wein da ist oder ob Brot und wein Brot und Wein bleiben und Jesus "nur" mitdabei ist - bleibt ein Geheimnis des Glaubens, das wir niemals endgültig klären können.
Und der Meinung bin ich für eigentlich alle Kichentrennenden Hauptpunkte - Eine oder Zwei Naturen, kommt der Heilige Geist aus Vater und Sohn und oder nur aus dem Vater, was passiert beim Abendmahl und was genau bei der Taufe? Weiß doch keiner mit letzgültiger Sicherheit, weil alles auf einer Ebene passiert, die wir nicht sehen und nicht messen können. Höchstens noch fühlen, aber das war's dann auch schon.
Pfingstbaumpflanzen und tüchtig Korn saufen dabei?
😀 😀 😀
Aber bitte, bitte, jetzt verrate doch noch die richtige Antwort!
Naja - was der Pfingstbaum ist und warum er gepflanzt wird muss noch mit in deine Geschichte. Dient deiner mündlichen Mitarbeitsnote. Schließlich sind wir so kurz vor Notenschluss, dass es sich der Lehrer vermutlich merken kann bis er die Noten macht.
Aber das "Bitte, Bitte" hätte er gerne gehört. Uns sind ja irgendwann die Ideen ausgegangen, wir sollten uns nämlich auch nicht wiederholen und bitte auch nicht zusammenarbeiten - was er beides nicht hätte prüfen können, weil er in den Stunden immer den Klassenraum verlassen hat und sicher nicht mehr genau wusste, was wir im Jahr zuvor geschrieben haben. Wussten wir ja meistens selbst nicht mehr.
Was genau hätte sie da den Job kosten können? Dich dazu verdonnern, im Raum zu bleiben, oder das Pendel-Experiment an sich?
Das Pendelexperiment an sich. Auch nicht ihren ganzen Job nur ihre Stelle als Relilehrerin, allerdings war sie als Springerin für Reli an meherern Schulen und hat nichts anderes mehr gemacht.
Hängt mit der Vokatio und dem kirchlichen Auftrag zusammen und das da in der Dienstvereinbarung steht, dass man keine anderen Religionen ausprobieren darf. Nur die Ausführung der eigenen Religion ist erlaubt - was bei bekenntnisorientiertem Unterricht auch Sinn ergibt. Ich meine, selbst die Ausübung der eigenen Religion im Unterricht ist auf evangelischer Seite umstritten. Könnten ja auch nichtgläubige oder muslimische Schüler drin sein.
Kam was dabei raus oder verhinderte Deine rechtgläubige Gegenwart da ähnlich zuverlässig ein verwertbares Ergebnis, wie es meine ungläubige Gegenwart bei der Seance tat?
Keine Ahnung über die Ergebnisse wurde nicht gesprochen. Für die, die öfter mal gependelt haben oder Tarookarten gelegt, war es aber ein nicht so gutes Feeling.
Ich wollte ja auch mit dem Argument raus, dass das ganze nicht funktionieren kann, weil meine Anwesenheit die Geister stört 🙂 Und da sie Schüler vor die Tür gestellt hat (was bei uns noch üblich war), hätte sie mich auch raus gehen lassen können. So saß ich halt betend in meiner Ecke und habe bewusst den Unterricht gestört - oder so 🙂
Mir scheint, Du hattest aber vorher schon ein bisserl was über Deine eigene Religion (also genaugenommen diejenige, die Du im Elternhaus beigebracht bekommen hattest) gewußt, oder? Ich meine: wenn Du nur glaubst, dass Buddhismus in Eurem Religionsunterricht vorkam, dann tendiere ich stark zu der Annahme, dass da inhaltlich nicht grad in die Tiefe gegangen wurde, oder?
Ja, klar. Die religiöse Bildung hat bei mir weder in der Schule noch im Konfiunterricht stattgefunden. Da hab ich nur mit Fragen gestört, die mir dann nicht beantwortet wurden - oder auf eine Art, die damals für mich keinen Sinn ergab.
So hab ich im Konfiunterricht gefragt, warum wir Weißwein verwenden - wir haben das refomierte Abendmahlsverständnis gelernt, wo es ja eine Erinnerungsfeier ist. Antwort war "Damit man es nicht für Blut hält" Häää- aber es soll doch auch nur an Blut erinnern und das tut Weißwein nicht. Aber eine weitere Erklärung gab es nicht. Viel später im Studium hat ein katholischer Prof die Frage auch beantwortet und zwar eigentlich mit den selben Worten - nur ergab es da Sinn. Weißwein wird genommen, damit den Gläubigen der Unterschied in der Akzidenzie, dass es da Wein bleibt bewusst ist und sie daraus nichts mysthisches machen, also nicht glauben, dass sich das "so richtig" wandelt. Noch zu einer Zeit, wo es kein Abendmahl in beiderlei Gestalt für Gläubige gab, sonder nur für den Priester. Und außerdem macht Weißwein weniger Flecken auf den weißen Tüchern (die einen Namen haben den ich vergessen habe).
Im Reliunterricht war es noch schlimmer, da wurde mir irgendwann der Mund verboten von einem Lehrer. Nur weil er meine Fragen nicht beantworten konnte. War aber erst in der Oberstufe.
Und dass ich mich nicht an alles erinnere, könnte auch daran liegen, dass wir alle nicht allzugut aufgepasst haben.... aber bis auf ein Lehrer, hatten wir halt auch nur die komischen Exemplare an Relilehrern erwischt. Also so ganz komische Kandidaten.
Mir fiele dazu übrigens ein interessantes Thema für einen (in meinen Augen sinnvollen) Religionskunde-Unterricht ein: die vergleichende Analyse theologisch-inhaltlicher Unterschiede: Was unterscheidet diesbezüglich
- den Protestantismus vom Katholizismus
- die Shiiten von den Sunniten und
- den Hinduismus vom Buddhismus?
Anschließend die vertiefende Frage: Sind diese Unterschiede der verwandten Religionspaare strukturell ähnlich, oder würde beispielsweise der Vergleich zwischen Judentum und Christentum besser (anstelle Protestantismus vs Katholizismus) in die Liste der Vergleiche passen?
Ich finde, damit könnte man schon mindestens ein Oberstufen-Halbjahr Religionskunde füllen...
Könnte man im evangelischen Reliunterricht so finden. Wobei in der Oberstufe weniger andere Religionen dran kommen. Da rückt dann mehr so die eigene Religion in den Vordergrund - welche strömungen gibt es und wie unterscheiden sie sich, philosophische Gottesbeweise, was ist Wahrheit, was bedeutet Gerechtigkeit, Friedensethik, Christologie, was ist Religion, InnereMission/Diakonie etc. Da gibt es einen bunten Strauß an Themen aus denen man wählen kann und da könnte man dein Thema problemlos irgendwo unterbringen.
Hab aber gehört es soll auch bessere Lehrer geben.
Auch vom Yeti hört man immer wieder mal was.
Mein Oberstufenlehrer hat auf die Frage, ob er an Gott glaubt, mit nicht so wirklich eher nein geantwortet...hat nicht dazu geführt, dass er ernster genommen wurde. Weil warum unterrichtet man evangelische Religion, wenn man nicht dran glaubt? Für Schüler schwerer zu verstehen als für mich heute. Also ja - vielleicht ist der Yeti real und vergnügt sich mit dem Wolperdinger in der Arktis
Im Reliunterricht war es noch schlimmer, da wurde mir irgendwann der Mund verboten von einem Lehrer.
So kommts halt, wenn man nicht gelernt hat, »kritisch zu denken«. 😉
Im Reliunterricht war es noch schlimmer, da wurde mir irgendwann der Mund verboten von einem Lehrer.
So kommts halt, wenn man nicht gelernt hat, »kritisch zu denken«.
Ne - die Antwort wäre eher, wenn man im Studium nicht richtig gelernt hat und nur das Minimum gemacht. Oder zu faul zum Denken und zum Vorbereiten ist...
Bei Nitzsche wollten wir einen lateinischen Satz im Text übersetzt haben - Antwort "überleset ihn, den braucht es nicht." Heute würde ich sagen...schon irgendwie, aber gegenüber schülern ne dumme Antwort. Wir durften auch nicht ins Sekretariat und ein Wörterbuch holen (wir waren der naturwissenschaftliche Zug und hatten kein Latein). Italienisch und Französisch und Zusammenarbeit haben dann einen Übersetzungsversuch unsererseits ergeben. Aber es ist einfach Faulheit und Desintresse am Thema gewesen, m.M.
Du hast mich falsch verstanden. Dir wurde der Mund verboten, weil du nicht gelernt hast, »kritisch zu denken«.
Und bitte die Gänsefüßchen nicht übersehen!
Was ist Fragen stellen anderes als kritisches Denken? Ich war Schülerin, da muss ich die Antworten nicht selbst wissen. Höchstens mein Lehrer ist Sokrates, aber der hat Gegenfragen gestellt und nicht den Mund verboten.
Lucan hat doch so was als pseudo-kritisch bezeichnet … du hättest eben die richtigen Fragen stellen sollen 😉
Welche denn? Ob er ne neue Brille hat oder ob seine Frau ihm die Kleidung rauslegt? Diese Fragen wurden beantwortet.
Lucan hat doch so was als pseudo-kritisch bezeichnet … du hättest eben die richtigen Fragen stellen sollen
Irgendwo hatte ich so etwas geschrieben, ja...
Nur zur Erklärung: Wenn ich mich "kritisch" damit auseinandersetze, was beispielsweise Jesus damit gemeint haben könnte, als er fragte: "Was nennst du mich gut?" und wie genau das ausgelegt werden muss - dann mag einem das irgendwie "kritisch" vorkommen und kluge Theologen können sich da ewig fetzen.
Aber eine wirklich kritische Frage muss doch etwa erst mal lauten: Als wie glaubwürdig können die überlieferten Texte im historischen Vergleich überhaupt eingeschätzt werden?
Erst mal pauschal alles als "irgendwie wahr" zu betrachten, weil das ja Grundlage des eigenen Glaubens ist, hat meiner Ansicht nach nicht viel mit "kritischem Denken" zu tun.
Aber eine wirklich kritische Frage muss doch etwa erst mal lauten: Als wie glaubwürdig können die überlieferten Texte im historischen Vergleich überhaupt eingeschätzt werden?
Dazu gibts ja auch Bücher, die sich genau damit beschäftigen, z.B. vom Altphilologen F.F. Bruce, der sich auch in die Theologie gewagt hat. Dass insbesondere das NT als glaubwürdig eingeschätzt wird, hat ja Gründe.
@channuschka Du es ist nicht Bibel VS Tradition sondern eher Bibel VS Bibel+Tradition
Grundsätzlich steht in Wiki das meiste was einzelne Gemeinden oder Kirchen ausmachen.
Bibel VS Tradition sondern eher Bibel VS Bibel+Tradition
Also wenn schon: Natürlich hat jede Kirche auch eine Tradition, also »Bibel+Tradition« gilt im Prinzip für alle Kirchen.
Die Frage ist nur: Was, wenn sich Bibel und Tradition widersprechen? Bei der rkk ist der Fall schlicht nicht vorgesehen, die Tradition wird per se als richtig vorausgesetzt, also wird an der Bibel aus- und eingelegt, bis es passt. Im evangelischen Raum sollte es dagegen so sein, dass die Tradition anhand der Erkenntnisse aus der Bibel revidiert wird. Dafür gibts auch Beispiele in der Kirchengeschichte.
Aber die Praxis in evangelischen Kirchgen ist nicht immer so wie oben als Ideal beschrieben …
aber das salomonische Urteil, zu dem wir gelangten, hab ich mir gemerkt: "Die Katholiken glauben, dass beim Abendmahl Jesus sehr gut getarnt, also unsichtbar, mit dabei ist, die Protestanten dagegen glauben, dass er symbolisch und also unsichtbar mit dabei ist."
Das wär der Unterschied zwischen Katholiken und reformierten, die Lutheraner haben da eine Zwischenposition: Jesus ist »getarnt« unsichtbar mit dabei, aber nur wenn der, der das ist und trinkt, auch gläubig ist.
Rein inhaltlich scheint mir da tatsächlich nur die Anzahl der Sakramente als Differenzierungsmerkmal tauglich
Es gibt noch nen Kern, der wenigstens zur Zeit Luthers noch vorhanden war: Was ist unfehlbar, Bibel oder Kirche?
Wegen Nachwirkungen des Konzils zu Trient, war nicht ganz klar, wie die Kirche unfehlbar ist. 1414 gabs drei Päpste (der dritte sollte eigentlich als Kompromiss die anderen beiden ablösen, nur das hatte nicht geklappt), das Konzil zwang alle drei zur Abdankung, setzte einen neuen ein und legte ausdrücklich fest, dass niemand »auch kein Papst« seine Beschlüsse anzweifeln dürfe. Erst 1870 war dann endgültig geklärt, dass der Papst auch ex cathedra unfehlbar ist (also dann, wenn er meint, eine unfehlbare neue Wahrheit verkünden zu können).
Auf evangelischer Seite ist das mit der Unfehlbarkeit der Bibel jedenfalls in den deutschen Landeskirche zur Unkenntlichkeit verwässert worden. So bleibt heute eigentlich nur die Unfehlbarkeit des Papstes als Differenz übrig.
Bei der Rechtfertigungslehre, die meist als Hauptunterschied genannt wird, sind Einigungen möglich (gabs ja auch mit den »Lima-papieren«), und das wäre wohl schon vor 500 Jahren denkbar gewesen. Aber an der Unfehlbarkeit von Papst und Konzilien schieden sich die Geister, und das bis heute.
aber das salomonische Urteil, zu dem wir gelangten, hab ich mir gemerkt: "Die Katholiken glauben, dass beim Abendmahl Jesus sehr gut getarnt, also unsichtbar, mit dabei ist, die Protestanten dagegen glauben, dass er symbolisch und also unsichtbar mit dabei ist."
Das wär der Unterschied zwischen Katholiken und reformierten, die Lutheraner haben da eine Zwischenposition: Jesus ist »getarnt« unsichtbar mit dabei, aber nur wenn der, der das ist und trinkt, auch gläubig ist.
Rein inhaltlich scheint mir da tatsächlich nur die Anzahl der Sakramente als Differenzierungsmerkmal tauglich
Es gibt noch nen Kern, der wenigstens zur Zeit Luthers noch vorhanden war: Was ist unfehlbar, Bibel oder Kirche?
Wegen Nachwirkungen des Konzils zu Trient, war nicht ganz klar, wie die Kirche unfehlbar ist. 1414 gabs drei Päpste (der dritte sollte eigentlich als Kompromiss die anderen beiden ablösen, nur das hatte nicht geklappt), das Konzil zwang alle drei zur Abdankung, setzte einen neuen ein und legte ausdrücklich fest, dass niemand »auch kein Papst« seine Beschlüsse anzweifeln dürfe. Erst 1870 war dann endgültig geklärt, dass der Papst auch ex cathedra unfehlbar ist (also dann, wenn er meint, eine unfehlbare neue Wahrheit verkünden zu können).
Auf evangelischer Seite ist das mit der Unfehlbarkeit der Bibel jedenfalls in den deutschen Landeskirche zur Unkenntlichkeit verwässert worden. So bleibt heute eigentlich nur die Unfehlbarkeit des Papstes als Differenz übrig.
Bei der Rechtfertigungslehre, die meist als Hauptunterschied genannt wird, sind Einigungen möglich (gabs ja auch mit den »Lima-papieren«), und das wäre wohl schon vor 500 Jahren denkbar gewesen. Aber an der Unfehlbarkeit von Papst und Konzilien schieden sich die Geister, und das bis heute.
@hkmwk Das wär der Unterschied zwischen Katholiken und reformierten, die Lutheraner haben da eine Zwischenposition: Jesus ist »getarnt« unsichtbar mit dabei, aber nur wenn der, der das ist und trinkt, auch gläubig ist.
Darf man es mithin so verstehen, dass die Lutheraner dafür plädieren, das Ei in der Mitte aufzuschlagen?
Im Gymnasium hatten wir mal die Aufgabe, Anhand eines Vergleichs der beiden Briefe herauszufinden, dass der 2.Pt-Brief vom Judasbrief abgeschrieben hat.
Eine persönliche Ansicht fliesst immer mit ein.... selbst wenn ein Moslem katholischen Unterricht machen würde oder ein Atheist. Aber... es darf nicht zum Glauben des Lehrers eingeladen werden. Völlige Neutralität gibt es nicht, aber so weit wie möglich.
Obwohl du dich inzwischen Agnostiker nennst, blitzt hier und da doch ein wenig deiner Prägung in der Kindheit durch. Dir gelingt es auch nicht, völlig neutral zu schreiben.
Während der Grundschule musste ich 4 Jahre in den katholischen Unterricht, obwohl ich evangelisch getauft war. Der Evangelische Unterricht war dann nachmittags bei den evangelischen Diakonissen.
Im Gymnasium dann wurde der Schwerpunkt auf die Kenntnisse verschiedener Religionen gelegt.
Beides war jedenfalls keine Art Sonntagsschule oder Kindergottesdienst.
@deborah71 Obwohl du dich inzwischen Agnostiker nennst, blitzt hier und da doch ein wenig deiner Prägung in der Kindheit durch.
Ich nenne mich nicht Agnostiker. Ich bezeichne mich als Atheisten. Was das mit meiner Prägung in der Kindheit zu tun haben soll, verstehe ich aber gerade nicht?!
Dir gelingt es auch nicht, völlig neutral zu schreiben.
Ich versuch's ja nicht mal. 😀
Während der Grundschule musste ich 4 Jahre in den katholischen Unterricht, obwohl ich evangelisch getauft war.
Ernsthaft? Wow! Darf man fragen, wann und wo das so war? Ich erinnere mich an das, was ein Onkel mir erzählte von seiner Schulzeit: Als Flüchtlingskind aus einer evangelischen Familie musste er die ersten zwei Schuljahre anno 46/47 irgendwo im tiefkatholischen Breisgau in einer Schule unter der Ägide von "Nonnen*" durchleben. Die nahmen es allerdings mit der Trennung von Spreu und Weizen besonders ernst: durch den Schulhof wurde eine Bretterwand gezogen, damit die katholischen einheimischen Kinder und die i.d.R. evangelischen Flüchlingskinder nicht noch auf die seelenheilgefährdende Idee kamen, während der Pausen miteinander zu fraternisieren. Dass da wirklich alles auf dem geistlichen Spiel stand, zeigte sich, wie dem Problem auf Sanitär-Ebene begegnet wurde. Da es nur zwei Toiletten gab - vor dem Krieg halt eine für Mädchen, die andere für Jungs - wurde, eigentlich, wenn ich so drüber nachdenke, äußerst fortschrittlich die Co-Defäkation eingeführt, um die weltanschauliche Apartheit aufrecht erhalten zu können. Katholische Mädchen und katholische Jungs teilten sich die eine, evangelische Mädchen und Jungs die andere Toilette. 😀
Beides war jedenfalls keine Art Sonntagsschule oder Kindergottesdienst.
War's denn bekenntnisorientiert oder nicht? Allein der Umstand, dass Du nach dem Schulunterricht dann obendrein noch nachmittags zum konfessionsmäßig "richtigen" Reli musstest, deutet doch eigentlich darauf hin, wie weit da die eine Konfession der weltanschaulichen Neutralität der anderen über den Weg traute...
*Denen wurde dann das Regiment entzogen, als die kriegsgefangenen Lehrer wieder in die Heimat zurückgehumpelt waren.
Also ich kann mich an ein weiter zurückliegendes Post von dir erinnern, wo du Agnostiker genannt hast. Wenn sich das geändert hat, dann hast du mich ja jetzt auf neuesten Stand gebracht.
Deborah71: Während der Grundschule musste ich 4 Jahre in den katholischen Unterricht, obwohl ich evangelisch getauft war.
Jack-Black: Ernsthaft? Wow! Darf man fragen, wann und wo das so war?
Ernsthaft. Das war ca 1958-60 in Süddeutschland.
@deborah71 Also ich kann mich an ein weiter zurückliegendes Post von dir erinnern, wo du Agnostiker genannt hast. Wenn sich das geändert hat, dann hast du mich ja jetzt auf neuesten Stand gebracht.
Ich bin sowohl Agnostiker als auch Atheist. Agnostiker bin ich auf erkenntnistheoretischer Ebene: ich gehe davon aus, dass man bestimmte Dinge nicht wissen kann. Atheist bin ich auf weltanschaulicher Ebene: Ich glaube nicht, dass (mir bekannte) Aussagen über irgendwelche Götter wahr seien und verhalte mich entsprechend. Wenn ich mich "nenne", also eine Aussage über mich als Person mache, die mich in strittigen Fragen positioniert - also das tue, was man vielleicht als "Zeugnis ablegen" beschreiben könnte, dann nenne ich mich Atheist. Da weiss das Gegenüber, was Sache ist. Ich bin also auch Agnostiker, nenne mich aber Atheist - weil es in meinen Augen eine epistemologische Selbstverständlichkeit ist, nichts über die hypothetische Existenz Gottes wissen zu können, und man Selbstverständlichkeiten nicht erwähnen braucht. 😀
Es gibt, um den Unterschied vielleicht noch deutlicher zu machen, christliche Agnostiker, also Leute, die der Überzeugung sind, dass sich prinzipiell oder praktisch nicht wissen lasse, ob der christliche Gott wirklich existiert, die aber dennoch an seine Existenz, oder die Erlösung von den Sünden durch Jesu Kreuzesopfer etc. pp. glauben (für mich übrigens die einzig intellektuell redliche Form religiösen Glaubens: sich stets des Unterschieds zwischen Glauben und Wissen bewusst sein und entsprechend zu argumentieren). Es gibt aber aus logischen Gründen keine christlichen Atheisten: wir Atheisten können höchstens "kulturchristlich geprägt" sein, aber unmöglich an die Existenz des christlichen Gottes glauben, das widerspräche der Definition.
Übrigens kann man nicht nur hinsichtlich der Gottesexistenzfrage ein Agnostiker sein, sondern z.B. auch hinsichtlich der Alien-Existenzfrage oder der Frage, welche Ziele Putin verfolgt. Agnostiker sein bedeutet stets: die Auffassung zu vertreten, dass ein bestimmter Gegenstand nicht gewusst wird, oder, in der schärferen Form: gewusst werden kann.
Die in religiösen Kreisen häufig vorkommende Meinung, Agnostiker seien so ein Fifty-fifty-Zwischending zwischen Gottesgläubigem und Atheisten, also Leute, die noch schwanken würden, und viellleicht einfach noch nicht genügend Argumente präsentiert bekommen hätten, um sich auf die eine oder die andere Seite zu schlagen, beruht auf einem Mißverständnis.
Dieses Mißverständnis wird allerdings auch von denjenigen Atheisten gefüttert, die, um nicht zu schroff auf ihre gläubigen Mitmenschen zu wirken, sich als Agnostiker bezeichnen, weil sie aus Erfahrung wissen, dass sie dann nicht automatisch auf der Seite Luzifers eingeordnet werden, beim Feind, mit dem zu reden nicht lohnt und von dem man sich am besten fernhalten sollte. Würde ich z.B. irgendwo im tiefsten Hinterland des Bible-Belts leben, wo alle Nachbarn, Bekannten und Familienmitglieder streng gläubig wären - ich käme sicherlich auch in die Versuchung, mich "nur" als Agnostiker zu bezeichnen, um nicht ständig scheel angeschaut zu werden. Naja - zumindest so lange, bis ich aus der Gegend wegziehen könnte... 😉
Ernsthaft. Das war ca 1958-60 in Süddeutschland.
Da warst Du als Tochter aus evangelischem Hause also auch in der Diaspora gelandet.
Ich bin ja knappe 20 Jahre später religionsunterrichtlich geprägt worden - und wir hatten in unserer Klasse einen Jungen aus einer katholischen Familie (mit dem bin ich heute noch befreundet) und einen aus einer Neu-apostolischen Familie. Beide hatten "frei" während unserer Reli-Stunden, was sie aber nicht so toll fanden, weil sie da in irgendeinen separaten Raum platziert wurden und... Keine Ahnung, ich muss den Katholiken mal fragen, was sie da eigentlich machen mussten.
Tochter aus gemischtem Hause....das war gaaaaaaaaaanz schlimm damals. 😉
Danke für deine längere Erklärung bzgl Agnostiker und Atheist.
@deborah71 das war gaaaaaaaaaanz schlimm damals.
Heute nicht mehr? Ich dachte, die Problematik mit dem fremden Joch hätte immer noch Gültigkeit. 😛
Solange mein Vater noch lebte, war meine Mutter exkommuniziert. Nach seinem Ableben konnte sie wieder zurückkehren.
@deborah71 Dazu schreib ich jetzt mal besser nix weiter, weil difficile est...
Ist ein Lehrer nicht neutral genug, bezüglich seiner eigenen Überzeugung, kann er zur Ordnung gerufen werden.
Sollte sich das inzwischen sehr geändert haben seit meiner Schulzeit?
Wie Jack schon bemerkte: Aus dem von dir verlinkten Artikel geht das Gegenteil hervor. Es ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Vertreter der jeweiligen Konfessionen im Sinne ihres Glaubens auftreten.
Nun ist es ja nicht so, dass ich ihnen das verbieten will, schließlich leben wir in einem freien Land.
Ich will nur wissen, was das an einer öffentlichen Schule zu suchen hat...
Ich will nur wissen, was das an einer öffentlichen Schule zu suchen hat...
Genausoviel wie Ethikunterricht.
Wie Jack schon bemerkte: Aus dem von dir verlinkten Artikel geht das Gegenteil hervor. Es ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Vertreter der jeweiligen Konfessionen im Sinne ihres Glaubens auftreten.
Hier ist wieder die Schwierigkeit... Glauben/Religiöse Grundlagen vs Glauben/persönliche Glaubensbeziehung zu Gott. Und ich rede die ganze Zeit von dem zweiteren. Das = Evangelisation/Mission ist nicht erlaubt. Ist es jetzt deutlicher?
Was nicht dazu gehört ist die Vermittlung religiöser Inhalte als vermeintliche Wahrheit.
Da mach dir mal keine Gedanken, das wird im Religionsunterricht eh nicht gelehrt *abwinkt"
Da mach dir mal keine Gedanken, das wird im Religionsunterricht eh nicht gelehrt *abwinkt"
Habe ich auch nicht so kennengelernt... wurde aber im entsprechenden Thread so behauptet, das hätte ich vielleicht erwähnen sollen.
Die Frage ist ja eh, warum man konfessionsgebundenen Religionsunterricht anbieten sollte... und welche Leute mit der Durchführung beauftragt werden sollten.
Habe ich auch nicht so kennengelernt... wurde aber im entsprechenden Thread so behauptet, das hätte ich vielleicht erwähnen sollen.
Ich kenne das nur von christlichen Schulen und da wird das beim Schuleintritt sehr deutlich kommuniziert, es gibt dann oft auch eine Schulandacht, etc.
Von meinem Religionsunterricht kann ich nur sagen, dass der Pfarrer, der den gegeben hat, selbst nicht wirklich daran glaubte, was in der Bibel steht. Das war dann eher ein "Könnte sein..." Ethik Unterricht. Da wusste ich besser Bescheid als er 😉
Die Frage ist ja eh, warum man konfessionsgebundenen Religionsunterricht anbieten sollte... und welche Leute mit der Durchführung beauftragt werden sollten.
Bei christlichen Schulen ergibt das durchaus Sinn, ist ja auch so bei Islamschulen, etc.
@lucan-7 Hast Du mittlerweile das Urteil des Verfassungsgerichts gesucht? Na, sei's drum. BVerfG, Beschluss vom 25.02.1987, 1 BvR 47/84. Darin steht:
"Es ist keine überkonfessionelle vergleichende Betrachtung religiöser Lehren, nicht bloße Morallehre, Sittenunterricht, historisierende und relativierende Religionskunde, Religions- oder Bibelgeschichte. Sein Gegenstand ist vielmehr der Bekenntnisinhalt, nämlich die Glaubenssätze der jeweiligen Religionsgemeinschaft. Diese als bestehende Wahrheiten zu vermitteln ist seine Aufgabe […]. Dafür, wie dies zu geschehen hat, sind grundsätzlich die Vorstellungen der Kirchen über Inhalt und Ziel der Lehrveranstaltung maßgeblich. Ändert sich deren Verständnis vom Religionsunterricht, muß der religiös neutrale Staat dies hinnehmen."
Zitiert von einer Internetseite, die sich kritisch zum Religionsunterricht äußert. Dort kannst Du auch Argumente gegen ihn nachlesen.
Das Verfassungsgericht gesteht den Religionen zu, ihre Glaubenssätze als Wahrheit zu vermitteln. Nein, es sagt sogar: das ist die Aufgabe des Religionsunterrichts.
Was Du möchtest, ist explizit ausgeschlossen. Es geht in Religion nicht um den Vergleich religiöser Lehren und relativierende Religionskunde, siehe oben.
Das ist die Sichtweise des Verfassungsgerichts, nicht meine.
Beim evangelischen Religionsunterricht in Bayern habe ich all das gelernt, was Du anführst. Wir haben die Weltreligionen sachlich betrachtet und Vergleiche gezogen. Wir haben Aussagen - auch religiöse Aussagen - kritisch hinterfragt. Du siehst ja hier im Forum, daß es nicht die eine Sichtweise gibt, sondern viele. All das haben wir gelernt. Wir haben ethische Fragen diskutiert, die in keinem anderen Fach dran kamen. Das eine schließt das andere nicht aus.
Im Religionsunterricht, genauso wie hier im Forum, gibt es aber ein paar Glaubenssätze, die innerhalb der Konfession als wahr gelten. Kurz gesagt: Für mich ist das wahr, was ich im Glaubensbekenntnis spreche. Es gibt vieles, über das wir diskutieren können. Doch wenn Du die Existenz Gottes als "vermeintlich" hinstellst und das nicht als Deine Meinung kennzeichnest, widerspreche ich.
Ich frage mich, warum Dich das stört. Die Eltern entscheiden darüber, ob ihr Kind in den Religionsunterricht geht. Wenn niemand mehr seine Kinder dorthin schickt, wird es keinen mehr geben. Niemand - auch nicht die Kirche - kann hier Zwang ausüben.
Hast Du mittlerweile das Urteil des Verfassungsgerichts gesucht? Na, sei's drum. BVerfG, Beschluss vom 25.02.1987, 1 BvR 47/84. Darin steht:
"Es ist keine überkonfessionelle vergleichende Betrachtung religiöser Lehren, nicht bloße Morallehre, Sittenunterricht, historisierende und relativierende Religionskunde, Religions- oder Bibelgeschichte. Sein Gegenstand ist vielmehr der Bekenntnisinhalt, nämlich die Glaubenssätze der jeweiligen Religionsgemeinschaft. Diese als bestehende Wahrheiten zu vermitteln ist seine Aufgabe […]. Dafür, wie dies zu geschehen hat, sind grundsätzlich die Vorstellungen der Kirchen über Inhalt und Ziel der Lehrveranstaltung maßgeblich. Ändert sich deren Verständnis vom Religionsunterricht, muß der religiös neutrale Staat dies hinnehmen."
Eben das fällt mir schwer zu glauben. Leider muss man sich auf den Seiten, wo man das Urteil nachlesen könnte, angemeldet haben.
Ich interpretiere das als eine Möglichkeit, aber nicht als die Aufgabe des im Grundgesetz festgelegten Religionsunterrichtes. Denn das würde ja nichts anderes bedeutet, als dass wir durch die Hintertür hier wieder den Gottesstaat einführen... wenn Religion durch öffentliche Schulen als "Wahrheit" gelehrt wird, was sonst wäre das denn?
@lucan-7 In unserer Schule (Ende Neunziger Jahre) wurde das auch nicht so gehandhabt. Da war das lediglich eine Formsache, ob der Unterricht nun als "kathol." o. "evangel." (im Zeugnis) bezeichnet wird. Es ging nicht um die Vermittlung von Wahrheiten und der Lehrer war auch kein Geistlicher. Im Grunde ging es mehr um philosophische Ansätze, mit Religion umzugehen.
Insofern hätte ich mir da jetzt gar keine Gedanken gemacht. Ich würde jetzt eher bezweifeln, ob dieser Ansatz wirklich aktuell ist.
@lucan-7 Eben das fällt mir schwer zu glauben.
Warum? Denkst Du, mikefrommuc hat sich das Zitat ausgedacht? Soweit ich mich erinnern kann aus Diskussionen im Freigeisterhaus vor Jahren, ist dies das nach wie vor offiziell geltende Verständnis dessen, was "bekenntnisorientierter Religionsunterricht" bedeutet. Es hat doch seine Gründe, dass die Kirchen über Lehrpläne und Religionslehrerausbildung usw. mitbestimmen dürfen.
Ich interpretiere das als eine Möglichkeit, aber nicht als die Aufgabe des im Grundgesetz festgelegten Religionsunterrichtes.
Dann interpretierst Du halt anders als das Verfassungsgericht.
Denn das würde ja nichts anderes bedeutet, als dass wir durch die Hintertür hier wieder den Gottesstaat einführen...
Na, bitte mal den Ball flach halten. Wieder? Wir hatten hierzulande nie einen Gottesstaat, selbst im finstersten (Zerrbild-) Mittelalter nicht.
Das Bundesverfassungsgericht hatte vermutlich damals (1987)
1. einige christliche Richter
2. die zu vermutende Absicht der Verfassungs-Väter im Hinterkopf und
3.den politischen Impact ihres Urteils - Stichwort: Rechtsfrieden - zu berücksichtigen.
Sie durften davon ausgehen, dass ein großer Teil der bundesrepublikanischen Bürger wollte,* dass ihren Kindern in der Schule die Religion eingetrichtert würde, der sie selbst anhingen. Das mag nämlich der gemeine Kirchenvorstand gar nicht, wenn sein Bub ihn beim Tischgebet unterbricht und verkündet: "Aber in der Schule sagt der Lehrer, das sei alles ganz anders..." Demgemäß wurde dann der entsprechende Artikel interpretiert. Damit, dass in den Schulen gänzlich andere "Wahrheiten" gelehrt werden, als daheim als wahr verstanden wurde, hatte man ja in den tausend Jahren zwischen '33 und '45 genügend unschöne Erfahrungen gemacht. Auch dies sollte man bei einer Einschätzung des Urteils mit berücksichtigen.
Dass da klammheimlich "durch die Hintertür" ein Gottesstaat eingeführt werden solle, ergibt ja schon allein daher keinen Sinn, dass dadurch, dass die katholischen Schüler mit katholischen Glaubens-Wahrheiten und die evangelischen Schüler mit evangelischen Glaubenswahrheiten beglückt werden sollen und, als Folge darauf, heute eben muslimische Schüler mit muslimischen Glaubenswahrheiten.
Da käme ein Gottesstaat aber hübsch durcheinander. Sollten sich in dem dann turnusgemäß alle zwei Jahre katholische, evangelische, jüdische, sunnitische, schiitische, wahabhistische und gegebenenfalls hinduistische Geistliche im Amt von BundeskanzlerIn, BundespräsidentIn und BundestagspräsidentIn - oder halt (neu zu schaffen) BundesoberpriesterIn - abwechseln?
Also ganz im Ernst: Da, in der Gefahr eines Gottesstaats, liegt nun wirklich nicht die Problematik hinsichtlich des staatlich finanzierten, bekenntnisorientierten Religionsunterrichts.
*Urteile ergehen auch beim Bundesverfassungsgericht im Namen des Volkes, haben also zu berücksichtigen, was die Deutschen vermutlich so in ihrer Mehrheit denken und wollen.
Ich möchte hier mal die Diskussion aus dem Thema "Woke Werte" auslagern, weil ich denke, dass es hier doch um andere Dinge geht.
Gut.
Ich halte den Religionsunterricht zu einem bestimmten Bekenntnis an der Schule für einen Fehler. Es kann nicht Aufgabe der Schule sein, religiöse Inhalte zu vermitteln - und schon gar nicht, diese als "Wahrheit" zu verkaufen.
Meines Wissens steht in keinem Lehrplan für Religionsunterricht, dass dort religiöse Dinge als Wahrheit verkauft werden sollen (auch nicht in anderen Umschreibungen). Das wird von »religiös konservativen« Gruppen auch beklagt.
Meiner Ansicht nach steht der Religionsunterricht dem Lehrauftrag, die Schüler zu einem kritischen Denken zu ermutigen, entgegen. Denn Religion beruht darauf, dass Behauptungen geglaubt werden, nicht dass sie kritisch überprüft werden.
Das hätte ich von dir nicht erwartet. Es gibt zwar Religionen und Glaubensformen, für die das gilt (dazu zähle ich auch die rkk, lasse mich aber ggf. eines Besseren belehren), aber gerade die evangelische Kirche ist ja dadurch entstanden, dass Leute (Wiclyff, Hus, Luther, Zwingli) kritisch gedacht haben.
Andererseits erlebe ich in Diskussionen mit Atheisten (auf anderen Plattformen) oft, dass diese selbst nicht kritisch denken können. Wissenschaftsgläubigkeit ist nun mal keine Wissenschaft. Aber so was lernt man am ehesten im Philosophieunterricht, nicht in Physik oder Chemie.
Wenn auch der Islam als weiterer Religionsunterricht angeboten wird
»Den« Islam gibt es nicht (dass ich dir das sagen muss, erstaunt mich schon), und klar: Man muss aufpassen, was für einen Islam man im Religionsunterricht erlauben will. Es ist ja kein Zufall, dass der erste islamische Religionsunterricht an öffentlichen Schulen von Aleviten angeboten wird.
dann wird den Schülern im wesentlichen eines vermittelt: "Wahrheit" ist keine Frage der Argumentation und rationaler Überlegungen, sondern der Gruppenzugehörigkeit.
Rationale Überlegungen und Argumentationen haben alle das Schema:
- Als wahr vorausgesetzte Aussagen
- Logische Folgerung daraus
- Auf diese Weise als wahr erkannte Aussagen.
Mit ein wenig Überlegung kommt man so auf das bekannte Münchhausen-Trilemma bzw. auf den Schluss: Jede rationale Argumentation beruht letztlich auf nicht bewiesen, aber für wahr gehaltenen Aussagen (ich nenne sie der Einfachheit halber Glaubenssätze).
Nun wird aber wohl niemand (außer Immanuel Kant 😉 vielleicht) sich sein Weltbild komplett am Schreibtisch erarbeiten. Vielmehr sind den Menschen ihre Glaubenssätze selten vollständig bewusst (insbesondere Atheisten oft überhaupt kein von ihnen »geglaubter« Satz). Ein Glaubenssatz kann ins Bewusstsein treten, wenn man jemanden begegnet, der dem widerspricht. Natürlich nur, wenn man diesen Widerspruch nicht gleich naiv als »unlogisch« abtut, sondern nach Gründen sucht, warum der eigene Glaubenssatz stimmt. Findet man welche, ist er kein Glaubenssatz mehr, sondern von anderen Glaubenssätzen abgeleitet …
Im Idealfall können zwei mit unterschiedlichen Glaubenssätzen einen von beiden akzeptierten Glaubenssatz finden, anhand derer einer (oder beide?) sich davon überzeugt, dass sein alter Glaubenssatz falsch ist. Oder dass der Widerspruch nur scheinbar war …
Die moderne Naturwissenschaft ist historisch dadurch entstanden, dass Muslime, Juden und Christen in den antiken Schriften (z.B. Aristoteles) eine gemeinsame Basis fanden, um sich zwar nicht religiös zu einigen, aber doch wichtige Bereiche ihrer Welt-Anschauung in Übereinstimmung zu bringen. Wobei natürlich Experimente schon im 13.Jh. eine nicht unwichtige Rolle spielten (vgl. Bert Brecht »Das Experiment«).
Kompliziert wird es bei Religionen, die ausdrücklich die (»westliche«) Logik ablehnen - hier wird man wohl am ehesten im Buddhismus fündig.
Es geht nicht mehr darum, wer die beste Argumentation hat oder Behauptungen zu hinterfragen - es geht darum, zu welcher Gruppe man sich zugehörig fühlt
Von da ist es nur noch ein kurzer Schritt, dem gegenüber Dummheit, Blindheit oder gar Bösartigkeit zu unterstellen, wenn er der eigenen Argumentation widerspricht. Das gibt es beileibe nicht nur im Islam, sondern auch in anderen Religionen und natürlich auch unter Atheisten. Gerade Leute, die sich ihrer Glaubenssätze überhaupt nicht bewusst sind, fühlen sich ja schnell anderen intellektuell überlegen - weshalb Teenager besonders häufig zu so einer Haltung neigen.
Was nicht dazu gehört ist die Vermittlung religiöser Inhalte als vermeintliche Wahrheit
Wenn das das Einzige ist, worauf geachtet wird, wird leicht eine Wissenschaftsgläubigkeit vermittelt (»was nicht wissenschaftlich erforschbar ist, kann nicht wahr sein« o.ä.). Was sich dann selten nur auf Religionen bezieht, z.B. gelten dann Geisteswissenschaften meist als »Laberfächer«, die im Gegensatz zu den »harten« Naturwissenschaften nicht ernst zu nehmen sind.
Klar das Atheisten gerne eine Forderung stellen, die (vermutlich) auf Förderung des Atheismus hinausläuft - nur ist das ethisch etwas Anderes als die Forderung nach einem Religionsunterricht, der Glauben vermittelt?
Meines Wissens steht in keinem Lehrplan für Religionsunterricht, dass dort religiöse Dinge als Wahrheit verkauft werden sollen (auch nicht in anderen Umschreibungen). Das wird von »religiös konservativen« Gruppen auch beklagt.
Es ist ausdrücklich vorgesehen, dass Anhänger der jeweiligen Konfessionen den Unterricht durchführen. Ein neutraler Standpunkt ist demnach nicht gegeben.
Das hätte ich von dir nicht erwartet. Es gibt zwar Religionen und Glaubensformen, für die das gilt (dazu zähle ich auch die rkk, lasse mich aber ggf. eines Besseren belehren), aber gerade die evangelische Kirche ist ja dadurch entstanden, dass Leute (Wiclyff, Hus, Luther, Zwingli) kritisch gedacht haben.
Diese Leute haben die katholische Lehre kritisiert - aber nicht die Grundlagen hinterfragt.
»Den« Islam gibt es nicht (dass ich dir das sagen muss, erstaunt mich schon), und klar: Man muss aufpassen, was für einen Islam man im Religionsunterricht erlauben will.
Welcher Islam genau vermittelt wird spielt für meine Argumentation an dieser Stelle keine Rolle - es geht nur darum, dass eine "andere Wahrheit" angeboten wird, die nicht durch rationale Argumentation, sondern durch Gruppenzugehörigkeit begründet wird.
Rationale Überlegungen und Argumentationen haben alle das Schema:
-
Als wahr vorausgesetzte Aussagen
-
Logische Folgerung daraus
-
Auf diese Weise als wahr erkannte Aussagen.
Hm, nein. Das ist zwar grundsätzlich richtig, aber die erste Prämisse "Als wahr vorausgesetzte Aussagen" ist ja sinnvollerweise nicht beliebig.
Die erste Überlegung, wenn wir mal die Bibel betrachten, müsste ja lauten: "Was genau setzen wir bei der Bibel als wahr voraus, und warum?". Dem liegt im Fall der Religionen keine rationale Überlegung zugrunde, wenn beispielsweise Wunder als real vorausgesetzt werden, ohne dass jemals ein solches nachgewiesen werden konnte.
Genau so gut kannst du eine Geschichtsschreibung auf Grundlage der Protokolle von Hexenprozessen aufbauen und alles, was dort genannt wird, als real betrachten. Dann ziehst du daraus deine Folgerungen und kommst anschließend zu dem Schluss, dass die "Hexen" damals aufgrund ihrer Verbrechen völlig zu Recht verfolgt und bestraft wurden.
Ist das die "Wahrheit", auf deren Grundlage du Wissen vermitteln willst?
Die moderne Naturwissenschaft ist historisch dadurch entstanden, dass Muslime, Juden und Christen in den antiken Schriften (z.B. Aristoteles) eine gemeinsame Basis fanden, um sich zwar nicht religiös zu einigen, aber doch wichtige Bereiche ihrer Welt-Anschauung in Übereinstimmung zu bringen.
Die gemeinsame Basis besteht darin, dass religiöser Glaube keine Rolle mehr spielte. Und vor allem: Weil es nachweislich funktioniert!
Wenn das das Einzige ist, worauf geachtet wird, wird leicht eine Wissenschaftsgläubigkeit vermittelt (»was nicht wissenschaftlich erforschbar ist, kann nicht wahr sein« o.ä.).
Wenn das Blödsinn ist... warum sollte man es dann vermitteln wollen?
Es geht vielmehr darum, die Hintergründe der Wissenschaft genau zu erklären, deren philosophische Basis und deren Grenzen. Das kann man auch so gestalten, dass Schüler es verstehen können.
Und natürlich geht es auch um ethische Grundlagen und die Werte unserer Gesellschaft. Da kann man im Kontext natürlich sinnvollerweise auch auf den christlichen Glauben verweisen.
Aber wozu Religionsunterricht an öffentlichen Schulen?
Es ist ausdrücklich vorgesehen, dass Anhänger der jeweiligen Konfessionen den Unterricht durchführen
Stimmt, aber i.d.R. verkaufen sie da keine religiösen Wahrheiten.
Diese Leute haben die katholische Lehre kritisiert - aber nicht die Grundlagen hinterfragt.
Wenn du alle Grundlagen hinterfragst, hast du am Ende keine Grundlage mehr, um logisch zu denken …
Welcher Islam genau vermittelt wird spielt für meine Argumentation an dieser Stelle keine Rolle - es geht nur darum, dass eine "andere Wahrheit" angeboten wird, die nicht durch rationale Argumentation, sondern durch Gruppenzugehörigkeit begründet wird.
Im Interreligiösen Diskussionen werden durchaus Argumente ausgetauscht. Nicht immer die besten Argumente, aber dann kann sie jeweils andere Seite auch aufdecken, wo da dir Schwachpunkte liegen.
Das mit den gruppenbezogenen Denken stimmt schon, hat aber weniger mit Religion als mit Kultur zu tun und betrifft auch politische Themen (insbesondere Nahostkonflikt).
aber die erste Prämisse "Als wahr vorausgesetzte Aussagen" ist ja sinnvollerweise nicht beliebig.
Hm, kann man das objektivieren? Dass jemand die eigenen Voraussetzungen für besser hält als alle anderen ist ja noch kein Argument …
Die erste Überlegung, wenn wir mal die Bibel betrachten, müsste ja lauten: "Was genau setzen wir bei der Bibel als wahr voraus, und warum?"
Da wirst du unterschiedliche Antworten hören. Beispielsweise wird von vielen zum Warum »Gott« genannt. Der Gott, den man in der täglichen Andacht (und auch anders) erlebt … aber das gilt natürlich nicht für alle Gläubigen, die kannst du nicht einfach über einen Kamm scheren.
wenn beispielsweise Wunder als real vorausgesetzt werden, ohne dass jemals ein solches nachgewiesen werden konnte.
Ein solcher Nachweis ist doch de facto unmöglich. Selbst wenn du morgen ein Wunder erlebst, wirst du das übermorgen kaum jemanden belegen können.
Dass es keine »Nachweis« gibt ist somit ein äußerst schwaches Argument.
Genau so gut kannst du eine Geschichtsschreibung auf Grundlage der Protokolle von Hexenprozessen aufbauen und alles, was dort genannt wird, als real betrachten.
Es ist ja nicht so, als ob man jeweils nur die Bibel als Quelle hat. Für manches schon, für anderes gibt es auch andere Quellen. In der Regel bestätigen sie das, was in der Bibel steht …
Und vor allem: Weil es nachweislich funktioniert!
Ja, unter gegebenen Voraussetzungen (Wunder werden ausgeklammert etc.).
Schon Goethe hat auf das Prokutesbett der Wissenschaft hingewiesen (und das von einem unreligiösen Standpunkt). Ich habe seinerzeit bei einem Job in der Arbeitsgemeinschaft Entwicklungsethnologie mitbekommen, wie sehr das zu technologische Denken zuweilen in die Irre führt.
Naturwissenschaft ist eben nicht alles, es gibt Gebiete, wo sie nicht »funktioniert«.
Wenn das Blödsinn ist... warum sollte man es dann vermitteln wollen?
Manches wird auch nebenbei vermittelt, u.U. sogar ungewollt.
Fakt ist: Die Haltung der Wissenschaftsgläubigkeit treffe ich so oft, dass das schon was mit Vermittlung zu tun hat. Und wenn das nicht von der Schule vermittelt wird, sondern irgendwo anders: Die Schule tut jedenfalls zu wenig, um kritisches Denken zu fördern, das so eine Haltung verhindert.
Aber wozu Religionsunterricht an öffentlichen Schulen?
Ich schätze, als Freikirchler komme ich damit eher klar als ein Landeskirchler oder Katholik, wenn es den nicht mehr gibt.
Aber deine z.T. schlechten Argumente motivieren nicht gerade dazu, dir zuzustimmen 😉
@lucan-7 Ich teile Deine Einschätzung zum überwiegenden Teil, wollte aber anmerken, dass ich das relevante Wörtchen "bekenntnisorientiert" in Deinem Beitrag nirgendwie gefunden habe.
Nur solchen bekenntnisorientierten Religionsunterricht halte ich für problematisch, aber er ist halt meines Wissens noch in weiten Teilen die Regel, weswegen ja die unterschiedlichen religiösen Institutionen (Kirchen) beim Lehrplan und bei der Lehrerausbildung da mit dreinreden dürfen. Man stelle sich vor, es gäbe je nach politischer Orientierung der Eltern getrennten Geschichts- oder Gemeinschaftskundeunterricht, bei dem dann die großen Parteien bekenntnisorientiert die Lehrpläne und die Lehrerauswahl mit bestimmen könnten...
wollte aber anmerken, dass ich das relevante Wörtchen "bekenntnisorientiert" in Deinem Beitrag nirgendwie gefunden habe.
Nur solchen bekenntnisorientierten Religionsunterricht halte ich für problematisch, aber er ist halt meines Wissens noch in weiten Teilen die Regel,
Das ergibt sich doch aus meiner Kritik an den "verschiedenen Wahrheiten", die durch die Bekenntnisorientierung gelehrt werden... denn das bedeutet ja nichts anderes als "Wahrheit durch Gruppenzugehörigkeit".
@lucan-7 Das ergibt sich doch aus meiner Kritik an den "verschiedenen Wahrheiten", die durch die Bekenntnisorientierung gelehrt werden... denn das bedeutet ja nichts anderes als "Wahrheit durch Gruppenzugehörigkeit".
Es ergibt sich möglicherweise, aber es stand halt nicht da. Auch halte ich es für problematisch, die Begriffe "Bekenntnis" und "Wahrheit" mehr oder weniger synonym zu verwenden. Unter "Wahrheit durch Gruppenzugehörigkeit" kann man sich nun beispielsweise auch alles Mögliche vorstellen - abgesehen von dem, was Du damit meinst.
Nochmal: Ich stimme Dir inhaltlich so Pi mal Daumen ja zu. Aber klare Begrifflichkeiten und das Benutzen gängiger Formulierungen schaden nie. 😉
Auch halte ich es für problematisch, die Begriffe "Bekenntnis" und "Wahrheit" mehr oder weniger synonym zu verwenden.
Tue ich ja nicht. Gruppenzugehörigkeit, Bekenntnis und der Glaube an die "Wahrheit" bedingen sich gegenseitig, bedeuten aber in diesem Zusammenhang nicht dasselbe.
Die Gruppenzugehörigkeit bestimmt das Bekenntnis - oder umgekehrt, je nachdem ob die Gruppenzugehörigkeit oder das Bekenntnis das eigene Weltbild bestimmt. Und daraus folgt wiederum, dass man das in der Gruppe Gelehrte und Gesagte (weitgehend) für wahr hält.
Wobei es bei Letzterem ja das Phänomen gibt, dass die Leute eigentlich wissen, dass das in der Gruppe gelehrte eigentlich nicht wahr ist, aber dennoch so tun, als wäre es das, weil ihnen die Gruppenzugehörigkeit wichtiger ist. Das kennt man von fanatischen Trump-Anhängern oder Verehrern von Putin. Die behaupten teilweise Dinge, von denen sie wissen müssen, das sie nicht stimmen können... da komme ich dann aber selber an meine Grenzen, weil ich absolut nicht beurteilen kann, ob die das wirklich selber glauben oder ob sie die Frage, ob das stimmt oder nicht für irrelevant halten, weil es nur darum geht, die Gruppenzugehörigkeit zu bestätigen. Und je unwahrscheinlicher und unglaubwürdiger das ist, was da behauptet und von einem selbst bestätigt wird, desto stärker sind Fanatismus und Zusammenhalt.
Ich denke, dass etliche Religionen sich auch genau dieses Prinzip zunutze machen, dass sie also Leute an sich binden, indem sie sie dazu bringen, unwahrscheinliche Dinge zu glauben und sich öffentlich dazu zu bekennen... aber das ist an dieser Stelle nicht mein Kritikpunkt am Religionsunterricht. Das würde dann doch etwas zu weit gehen, wenn ich hier derart blinden Fanatismus unterstellen würde.
Meine Kritik betrifft hier ja vor allem zwei Punkte:
- Zum einen was religöse Inhalte, die von Anhängern der jeweiligen Religion vorgetragen werden, überhaupt an einer Schule zu suchen haben und warum der Staat so etwas fördern sollte.
- Und zum anderen das - meiner Ansicht nach - fatale Zeichen, das hier ausgesendet wird, indem verschiedene "Wahrheiten" als gleichberechtigt nebeneinander vermittelt werden, die deshalb als "wahr" betrachtet werden, weil es die Überzeugung der eigenen Gruppe wiederspiegelt. Und nicht etwa, weil sachliche Gründe dafür sprechen.
Hier sollten Schüler vielmehr lernen, sich selbst zu hinterfragen und zu prüfen, worauf genau eigentlich ihre Überzeugungen beruhen: Gibt es dafür sachliche Gründe - oder bin ich nur deshalb von etwas überzeugt, weil meine Freunde etliche Tik-Tok Videos zu einem Thema geteilt haben und ich Angst habe, mich gegen meine Freunde zu stellen?
Denn das sind ja bereits Grundlagen von Glaubensgemeinschaften...
@lucan-7 Meine Kritik betrifft hier ja vor allem zwei Punkte:
- Zum einen was religöse Inhalte, die von Anhängern der jeweiligen Religion vorgetragen werden, überhaupt an einer Schule zu suchen haben und warum der Staat so etwas fördern sollte.
- Und zum anderen das - meiner Ansicht nach - fatale Zeichen, das hier ausgesendet wird, indem verschiedene "Wahrheiten" als gleichberechtigt nebeneinander vermittelt werden, die deshalb als "wahr" betrachtet werden, weil es die Überzeugung der eigenen Gruppe wiederspiegelt. Und nicht etwa, weil sachliche Gründe dafür sprechen.
Diese Kritik kann ich ja nachvollziehen und teile sie sogar, aber beide Punkte sind in meinen Augen nicht soooo relevant.
Zum ersten Punkt würde ich sagen: religiöse Inhalte können gewußt werden und im Sinne der Wissensvermittlung sollten sie, da es sich durchaus um relevantes Wissen handelt (je nachdem, wie relevant die jeweiligen Gruppen, welche die Inhalte vertreten, sind), auch Platz im Schulunterricht finden. Religionskunde, meinetwegen als Teil der Sozialkunde oder des Geschichtsunterrichts, wäre m.A.n. schon sinnvoll. Aber m.A.n. sollte Schülern ja z.B. auch Wissen über (nicht: bekennendes Glauben an) Astrologie oder Homöopathie beigebracht werden, oder, um mal einen unverfänglicheren Vergleich zu wählen: Wissen über regionales oder gar überregionales kulturelles Brauchtum (Fastnachtsumzüge, Schützen- oder Sonnenwendfeste, das Läuten der Kirchenglocken abends um sechs, Anstoßen mit alkoholischen Getränken, Olympiaden, Stierhatz, Silvesterböllerei usw. usw. usw...).
Unter diesem Gesichtspunkt ergibt es sogar Sinn, in unterschiedlichen Gegenden/Schulen unerschiedliches Wissen zu vermitteln: wo kein Karneval gefeiert wird oder das abendliche Angelusläuten nicht zu hören ist, braucht den Schülern das entsprechende Wissen auch nicht unbedingt eingebimst zu werden: sie kommen ja dann mit geringerer Wahrscheinlichkeit überhaupt in die Lage, es überhaupt "anwenden" zu können.
Zum zweiten Punkt denke ich, dass die von Dir hier womöglich befürchtete Gefahr, die Idee der "alternativen, gleichzubehandelnden Wahrheiten" werde durch den konfessionsgebundenen Religionsunterricht nicht in relevantem Maße erhöht, nicht sonderlich groß ist. Man könnte sogar in gegenteiliger Richtung argumentieren: Indem die Kinder gemäß einer bestimmten, exklusiven Wahrheit gelehrt werden, kommen sie gerade nicht auf die Idee, sämtliche Glaubensinhalte seien gleich richtig und wahr. Auf dem Abstraktionsniveau von Kindern spielt diese Metaebene - welche Art von Signalen sendet die Entscheidung des Staates, konfessionell getrennten Unterricht zu organisieren, hinsichtlich allgemeiner erkenntnisgheoretischer Grundsatzfragen (a la: Wie lässt sich Wahrheit definieren?) - vermutlich keine sonderlich große Rolle. Wollte man die grassierende epistemologische Grippe in dieser Hinsicht bekämpfen, so wäre es vermutlich effektiver, eine Art philosophisch-logischer Früherziehung mit in die schulischen Curriculae einzufügen, ich schlage als Fachbezeichnung SgvD (So geht vernünftiges Denken) vor. 😀
Mein Hauptkritikpunkt am (getrennten) bekenntnisorientierten Religionsunterrich ist dieser: er ist desintegrativ. Die Kinder lernen praktisch, dass sie aufgrund ihrer elterlichen Herkunft in unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden: kleine Mädchen aus muslimischem Haus kommen zu kleinen Jungs aus muslimischem Hause, kleine Mädchen aus evangelischen Familien kommen zu kleinen Jungs aus evangelischen Familien... Das religiöse Bekenntnis wird faktisch zum ersten Distinktionsmerkmal: und zwar nicht mal das eigene religiöse Bekenntnis, sondern das der Eltern.
Das ist - vor dem Hintergrund all der historischen, häufig gewaltsam ausgefochtenen, Konflikte zwischen konfessionellen Parteien - schiere Dummheit. Die allgemeine Schulpflicht hierzulande ist in meinen Augen nicht nur dazu dienlich, alle Kinder zu später möglichst gut funktionierenden Steuerzahlern auszubilden - sondern sie ist auch der Ort, wo Kinder (idealerweise) aus allen Bevölkerungsschichten zusammenkommen und eine gemeinsame Identität erfahren und erlernen können. Sie ist beispielsweise auch eine Art Schutzraum vor ideologisch begründeter Isolierung durch die Eltern. In welchem z.B. fünfzehnjährige Mädels lernen können, dass es nicht okay ist, wenn sie entgegen ihren Wünschen zwecks Verlobung mit irgendwelchen anatolischen Cousins während der Sommerferien in die Türkei verschifft werden. Weder die Haut- noch Haarfarbe, weder die Parteizugehörigkeit von Papa, noch das Bankguthaben von Mama sind Kriterien, nach welchen die Kinder in der Schule in unterschiedliche Gruppen gesteckt werden. Im Deutschunterricht darf Chalid, der Sohn des örtlichen Imams, neben Emilia, der Tochter der örtlichen Bibelkreisleiterin, sitzen (so wie Aylin neben Paul). Und im Matheunterricht. Und im Geschichtsunterricht. Sogar beim Völkerball im Sportunterricht stehen Chalid und Emilia in einem Feld, so dass er die harten, auf sie gezielten Würfe gentlemenlike abfangen kann. Die Englischlehrerin wirbt für Shakespeare, indem sie den beiden heimlich unterm Tisch Händchenhaltenden zuzwinkert: "Romeo und Julia - die Geschichte dürfte euch interessieren!"
Aber im Religionsunterricht - da müssen sie sich trennen. Und, wenn die Lehrer das Ding mit der Bekenntnisorientierung ernst nehmen, sich anhören, dass der/die jeweils andere mit einem Fuß in der Hölle steht. Ihr denkt, ihr gehört zusammen? Von wegen!
Bei einem nicht bekenntnisorientierten, gemeinsam zu belegenden Unterrichtsfach Religionskunde könnten Romeo und Julia - äh - Chalid und Emilia - etwas über die seltsamen Verhaltensweisen der Eltern des jeweils anderen erfahren. Sie könnten es lustig finden, abwegig und albern - oder auch interessant und irgendwie schön, trotz oder wegen der Fremdheit. Sie könnten auch gemeinsam zu dem Schluss kommen, dass weder Chalids Vater noch Emilias Mutter religiöse Ideen vertreten, die sie so recht überzeugen. Sie könnten gemeinsam dazu tendieren, dass dieser Zen-Buddhismus was für sich hat. Oder, je nachdem, wie anspruchsvoll der Unterricht ausfällt, auf die Idee verfallen, sich mal näher mit Feuerbach zu beschäftigen.
Wie auch immer: sie würden nicht in zwei Klassen aufgeteilt, einzig und allein aufgrund ihrer familiären Herkunft.
Nicht ausgerechnet das Schlechteste an den Religionen - nämlich ihre sozial desintegrierende, separierende Distinktions-Funktion (euphemistisch und sachlich falsch als "identitägsstiftend" gelabelt) sollte der Staat bei der Ausgestaltung des Schulunterrichts übernehmen. Ich bin dafür, dass niemand, schon erst gar nicht staatlich bestallte Religionsleher, zwischen Chailid und Emlia tritt, kein Halbmond und kein Kreuz, sondern dass sie ideologisch unbelastet viele süße, kleine Kinder kriegen, von denen dann hoffentlich nicht allzu viele in esoterische Spinnereien abdriften. 😉
Mein Hauptkritikpunkt am (getrennten) bekenntnisorientierten Religionsunterrich ist dieser: er ist desintegrativ. Die Kinder lernen praktisch, dass sie aufgrund ihrer elterlichen Herkunft in unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden: kleine Mädchen aus muslimischem Haus kommen zu kleinen Jungs aus muslimischem Hause, kleine Mädchen aus evangelischen Familien kommen zu kleinen Jungs aus evangelischen Familien... Das religiöse Bekenntnis wird faktisch zum ersten Distinktionsmerkmal: und zwar nicht mal das eigene religiöse Bekenntnis, sondern das der Eltern.
Das ist - vor dem Hintergrund all der historischen, häufig gewaltsam ausgefochtenen, Konflikte zwischen konfessionellen Parteien - schiere Dummheit.
Wobei das zunehmend aufgeweicht wird. Wer seine Kinder heutzutage im evangelischen Reliunterricht anmeldet muss damit rechnen, dass da auch ein katholische Relilehrerin oder ein Pastoralreferent die Kinder unterrichtet. Passierte uns zumindest. Umgekehrt müssen katholische Eltern an den Schulen unserer Kinder damit leben, dass ihre Kinder von einer Pfarrerin oder evangelischen Religionslehrerin unterrichtet werden.
Und das ist ja bei uns kein Einzelfall, Jigal berichtet ja auch davon.
(Und dass Kinder aufgrund der Herkunft in unterschiedliche Gruppen aufgeteilt werden ist ohnehin schon der Fall, wenn auch nicht so offensichtlich: So spielt es bei der Grundschulempfehlung oft eine Rolle, ob die Eltern "Biodeutsche" sind oder nicht und welchen Bildungsgrad/Beruf oder Familienstand sie haben. Klick. So landet Anna-Maria Klöbner, Tochter von Herrn Dr. Klöbner und Frau Klöbner M.A. mit größerer Wahrscheinlichkeit auf dem Gymnasium als Mustafa Demirel, dessen Vater beim Daimler am Band steht, und bekommt ein Karl Lauterbach, Sohn eines Molkereiarbeiters, trotz guter Noten nur eine Hauptschulempfehlung.)
@alescha dass Kinder aufgrund der Herkunft in unterschiedliche Gruppen aufgeteilt werden ist ohnehin schon der Fall, wenn auch nicht so offensichtlich (...)
Schon klar. Solche informellen Strukturen werden aber nicht offen und gewissermaßen vorsätzlich durch den Staat gefördert.
Schon klar. Solche informellen Strukturen werden aber nicht offen und gewissermaßen vorsätzlich durch den Staat gefördert.
Richtig. Ich sehe das trotzdem entspannt, eben weil die Zeiten, in denen sich Katholiken und Protestanten gegenseitig die Schädel eingeschlagen und abgefackelt haben, vorbei sind. Ebenso wie die Zeiten, die erst ein paar Jahrzehnte her sind und Schüler gedemütigt wurden, weil sie im "falschen" Reliunterricht saßen.*
Vorbei auch die Zeiten, in denen gemischtkonfessionelle Ehen ein Unding waren. Natürlich gibt es auch heute noch Leute, die ein Problem damit haben, wenn die Tochter einen "Götzendiener" mit nach Hause bringt oder der Sohn eine "Ketzerin", aber an derartigen Erscheinungen ist mit Sicherheit nicht der konfessionell getrennte Reliunterricht schuld. Derart gepolte Eltern würden Kinder im Fall eines gemischtkonfessionellen Religionsunterrichts ihre Kinder vermutlich sowieso freistellen.
Etwas anders sind da Mischehen zwischen Christen, Juden und Muslimen, aber auch hier glaube ich nicht, dass der konfessions- und religionsgetrennte Unterricht da irgendeine Trennung fördert. Die existieren auch ohne Religionsunterricht. Ich halte es für fraglich, ob die Begeisterung für einen religionsfremden Ehepartner wächst, wenn man gemeinsam den religionsübergreifenden Reliunterricht besucht.
*So wie es meine Geschichtslehrerin erzählte: Sie und ihre Familie sind als katholische Flüchtlinge aus Tschechien (wenn ich mich recht erinnere) ausgerechnet im "heiligen" Korntal, einer damals noch streng pietistisch geprägten Gemeinde, gelandet. Und da hieß es zu Beginn des Religionsunterrichts: "Und die Katholiken verlassen jetzt den Raum!", worauf meine Lehrerin als einziges katholisches Kind aufstehen und den Raum verlassen musste.
Richtig. Ich sehe das trotzdem entspannt, eben weil die Zeiten, in denen sich Katholiken und Protestanten gegenseitig die Schädel eingeschlagen und abgefackelt haben, vorbei sind. Ebenso wie die Zeiten, die erst ein paar Jahrzehnte her sind und Schüler gedemütigt wurden, weil sie im "falschen" Reliunterricht saßen.*
Dahin gehen wir aber gerade wieder zurück, weil's so schön war... islamischer und christlicher Religionsunterricht springen da sicher gerne in die Bresche, um die gute, alte Zeit wieder aufleben zu lassen.
Ist das nur so ein Bauchgefühl oder hast Du da auch was Belastbares?
Irgendwas dazwischen. Ich kenne ja einige muslimische Jugendliche persönlich, und für die ist der Glaube ein wichtiges Vehikel für die eigene Identität. Damit unterstreichen sie allerdings, nicht so zu sein wie die anderen Jugendlichen, die keine Muslime sind.
Das ist ja im Grunde das gleiche wie "katholisch" oder "evangelisch", das ja auch als Basis für "wir gegen die" verwendet wurde und wo man sich voneinander isoliert hat. Und diese Isolation gibt es eben auch beim Islam und allem, was eben nicht zum Islam gehört.
Deshalb meine Befürchtung, dass islamischer Religionsunterricht hier nicht gerade förderlich wirkt, sondern vielmehr das Trennende unterstreicht.
Und dabei meine ich gar nicht mal, dass da irgendwas Schlimmes gelehrt wird... es geht schon um die Tatsache, dass die Muslime in einem eigenen Klassenraum unter sich bleiben, um diese Trennung zu unterstreichen... selbst wenn die dann da nichts anders tun als den ganzen Tag Pokemon zu spielen.
Schon klar.
Allerdings glaube ich nicht, dass ein Verzicht auf konfessionell oder religiös getrennten Reliunterricht diesen Effekt verbessert, bzw. ein getrenntreligiöser Reliunterricht eher die "gute alte Zeit" aufleben lässt.
Ich kann irgendwie nicht recht nachvollziehen, warum Du da dem schulischen Reliunterricht so eine große Bedeutung beimisst.
Der Verzicht darauf führt doch nicht dazu, dass alle dann Arm in Arm "alle Menschen werden Brüder" singen.
Religionsunterricht hin oder her, spätestens wenn wieder Ramadan ist, sorgen die Muslime schon dafür, dass wieder die Andersartigkeit betont wird.
Die Frage - gerade was Muslime angeht - ist ja nicht, ob es religiösen Unterricht gibt, sondern ob der von staatlich überprüften Lehrkräften an einer Schule oder von irgendwelchen, i.d.R. überdurchschnittlich aktiven, Geistlichen oder von ihnen beauftragten Leuten in Moscheevereinen o.ä. durchgeführt wird.
Wobei »überdurchschnittlich aktiv« sich wohl in Grenzen hält, wenn die Lehrkräfte aus dem Ausland importiert wurden, ob dann inländische oder ausländische Lehrkräfte das kleine Übel sind, kann wohl nur im Einzelfall entschieden werden.
Die Frage - gerade was Muslime angeht - ist ja nicht, ob es religiösen Unterricht gibt, sondern ob der von staatlich überprüften Lehrkräften an einer Schule oder von irgendwelchen, i.d.R. überdurchschnittlich aktiven, Geistlichen oder von ihnen beauftragten Leuten in Moscheevereinen o.ä. durchgeführt wird.
Nein, ich finde schon die Tatsache, dass man Schüler an einer öffentlichen Schule anhand ihres Glaubens in verschiedene Gruppen trennt bedenklich!
Wenn man dann noch einen Lehrer hat, der den Schülern erzählt "Unser Glaube ist der wahre Glaube!", dann wird die Trennung nur noch weiter zementiert - aber durchgeführt wurde sie ja bereits von der Schule.
Sehr viel besser wäre es, wenn alle Schüler zusammen lernen würden, Muslime, Christen und Andersgläubige. Und dann erfährt man eben sowohl Dinge über die eigene Religion als auch über andere Glaubensrichtungen.
Natürlich gibt es da auch Konfliktpotential. Aber genau das ist etwas, das eine Schule auch vermitteln muss: Dass wir nun einmal unterschiedlich sind und unterschiedlich glauben, aber trotzdem mit Respekt gemeinsam über diese Dinge reden können.
Das wäre auch ein starkes Signal an die Gesellschaft insgesamt.
Nein, ich finde schon die Tatsache, dass man Schüler an einer öffentlichen Schule anhand ihres Glaubens in verschiedene Gruppen trennt bedenklich!
Ich nicht.
Wenn man dann noch einen Lehrer hat, der den Schülern erzählt "Unser Glaube ist der wahre Glaube!"
Das ist angesichts des real existierenden Religionsunterrichts ein bisschen weltfremd.
Wenn man dann noch einen Lehrer hat, der den Schülern erzählt "Unser Glaube ist der wahre Glaube!"
Das ist angesichts des real existierenden Religionsunterrichts ein bisschen weltfremd.
Habe ich als evangelischer Schüler von einem katholischen Lehrer auch schon zu hören bekommen. Aber das dürfte hoffentlich eine Frage der Person und nicht des Faches sein.
Du meinst da gibt es eine prinzipiellen Unterschied zwischen ev. und kath. Reli? Ich habe nur ev. mitbekommen und deshalb den explizit erwähnt …
@hkmwk In meinen Schulen in Oberbayern habe ich tatsächlich des öfteren Sticheleien von katholischen Religionslehrern gegenüber den Evangelischen mitbekommen. Meine evangelischen Religionslehrer waren stets um sachliche Neutralität gegenüber Katholiken bemüht. Das würde ich jedoch nicht verallgemeinern, nicht mal für Oberbayern. Dafür ist die Stichprobe zu klein.
Mein ganz persönlicher Eindruck war jedoch immer, daß evangelische Reli Meinungsvielfalt in höherem Maße zuließ und förderte, während katholische Reli ausschließlich katholische Sichtweisen zuließ.
Dahin gehen wir aber gerade wieder zurück, weil's so schön war.
Wer ist "wir" - höre das zum ersten Mal. Jedenfalls, was den christlichen Religionsunterricht anbelangt. Über muslimischen kann ich nichts sagen.
Wer ist "wir" - höre das zum ersten Mal. Jedenfalls, was den christlichen Religionsunterricht anbelangt. Über muslimischen kann ich nichts sagen.
Es ging ja darum, dass früher die Zugehörigkeit zu "evangelisch" oder "katholisch" als trennendes Element in der Gesellschaft wahrgenommen wurde. Heutzutag spielt das keine Rolle mehr.
Ich fürchte aber, dass diese Rollenverteilung künftig von "christlicher" und "muslimischer" Zugehörigkeit übernommen werden könnte, und es dann wieder eine Situation so wie früher gibt.
Statt den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu fördern könnte der muslimische Religionsunterricht die Trennung von den "Ungläubigen" unterstreichen.
Ich fürchte aber, dass diese Rollenverteilung künftig von "christlicher" und "muslimischer" Zugehörigkeit übernommen werden könnte, und es dann wieder eine Situation so wie früher gibt.
Statt den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu fördern könnte der muslimische Religionsunterricht die Trennung von den "Ungläubigen" unterstreichen.
Solange wir immer noch von "uns" und "denen" sprechen, wird das Problem weiter bestehen und da stellt sich keine Seite besser an als die andere 😑 Wobei ich jetzt weniger Gefahr in der Radikalisierung der Christen sehe als der Moslems. Vielleicht müssen wir da noch zwei, drei Generationen warten.
Solange wir immer noch von "uns" und "denen" sprechen, wird das Problem weiter bestehen und da stellt sich keine Seite besser an als die andere
Das ist auch nicht grundsätzlich schlecht, weil es ja ein Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit gibt. "Wir Christen", "Wir Buddhisten", "Wir Schalke Fans", "Wir Karnevalisten"... da gibt es ja vieles, und das ist auch gut und richtig so.
Darüber steht aber mit einer großen Klammer immer auch ein "wir", nämlich wir als Gesellschaft im Ganzen.
Der Islam hat allerdings auch den Anspruch, nicht nur den eigenen Glauben, sondern auch die Gesellschaft zu prägen - eben das "wir" zu bestimmen.
Diesen Anspruch sehe ich als den problematischsten Aspekt, weil er noch über das "evangelisch" und "katholisch" von damals hinaus geht.
Darüber steht aber mit einer großen Klammer immer auch ein "wir", nämlich wir als Gesellschaft im Ganzen.
Genau. Und das nehme ich momentan in Deutschland nicht so richtig wahr, jedenfalls bei vielen nicht.
Diesen Anspruch sehe ich als den problematischsten Aspekt, weil er noch über das "evangelisch" und "katholisch" von damals hinaus geht.
Wenn man weiter zurück geht, hat die Kirche schon sehr massiv ins Leben der Menschen eingegriffen. Inzwischen hat sich das verändert und wird sich meiner Einschätzung nach auch nicht wiederholen, selbst wenn manche Fundamentalisten das gern hätten.
Was an Radikalisierung in den sogenannten Islamschulen geschieht kann nur der beurteilen, der den Lehrplan kennt. Ich vermute und hoffe, dass sich das irgendwann auch erledigt, wenn Muslime sich hier mehr und mehr mit anderen vermischen.
Es ging ja darum, dass früher die Zugehörigkeit zu "evangelisch" oder "katholisch" als trennendes Element in der Gesellschaft wahrgenommen wurde.
Das war je mehr als nur eine Wahrnehmung. So wie die miteinander umgingen …
Bis ins 20. Jh. hinein haben Päpste die katholischen Regierungen ermahnt, gegen die protestantische Ketzerei vorzugehen; nicht ohne Grund galten Katholiken in den USA als Staatsfeinde. In Spanien hat Franco so eine Politik auch noch nach 45 verfolgt, als der gemeinsame Feind des Kommunismus die fronten aufweichte. Ausgehend von den USA (schon zwischen den Weltkriegen), hatten immer mehr Bischöfe sich für Toleranz und Akzeptanz der Demokratie ausgesprochen, das wurde dann im 2. Vatikanischen Konzil kirchenamtlich. Und in den USA konnte ein Katholik Präsident werden.
Es ist vermutlich kein Zufall, dass das Opus Dei aus Spanien stammt, wo der Wandel besonders spät und relativ schnell kam und dann die Reaktion darauf entsprechend heftig ausfiel.
Ich fürchte aber, dass diese Rollenverteilung künftig von "christlicher" und "muslimischer" Zugehörigkeit übernommen werden könnte
So wie seinerzeit die Vorbehalte gegenüber Katholiken, sind auch heutige Vorbehalte gegen Muslime nicht reine Einbildung, sondern haben Gründe. Und natürlich ist die Thematik komplizierter, als die paar Sätze von mir es beschreiben können (gilt für beide hier verglichenen Konflikte).
Aber dass eine Abschaffung bzw. Verweigerung des staatlichen Religionsunterrichts helfen würde, kann ich nicht sehen.
Und da hieß es zu Beginn des Religionsunterrichts: "Und die Katholiken verlassen jetzt den Raum!", worauf meine Lehrerin als einziges katholisches Kind aufstehen und den Raum verlassen musste.
Wenn ein einziges Kind so »ausgegrenzt« wird, werden das sicher Einige in der Klasse als Aufforderung begreifen, es zu mobben. Unabhängig aus welchen Grund (auch z.B. körperbehindert und kein Sport …).
Wie ist es denn deiner Lehrerin damit ergangen?
Wie ist es denn deiner Lehrerin damit ergangen?
Sie fühlte sich natürlich gedemütigt.
Die Ausgrenzung ging ja weiter, bis dahin, als "die Flüchtlinge" sich dann dank ihres Fleißes früher als die Einheimischen einen Mercedes leisteten und dieser dann zerkratzt wurde.
Meine Mutter (evangelischer Flüchtling im stockkatholischen Schwäbisch Gmünd) musste auch den Raum verlassen, aber sie war nicht die einzige, mit den anderen evangelischen Kindern aus anderen Klassen gab es dann halt evangelischen Reliunterricht.
Sie fühlte sich natürlich gedemütigt.
Ich hatte die Möglichkeit von Mobbing angesprochen, also Dinge, die über das bloße »rausschicken« hinausgingen (und wär sicher auch interessant, wie die Lehrkräfte dann sich dazu verhalten hätten) …
Die Ausgrenzung ging ja weiter, bis dahin, als "die Flüchtlinge" …
Das war dann unabhängig von der Konfession auch ein Anlass für Anfeindung und Diskriminierung.
Als vor ca. 40 Jahre plötzlich »Türkenwitze« in Mode kamen, fragte sich im Radio ein Reporter, woher es kommt, dass die Jugendlichen Witze kennen, die erkennbar aus der Nazizeit stammten (und ursprünglich »Judenwitze« waren). Mein Vater hätte die Frage beantworten können: Die wurden zuerst als Flüchtlingswitze recycelt …
Ich hatte die Möglichkeit von Mobbing angesprochen, also Dinge, die über das bloße »rausschicken« hinausgingen (und wär sicher auch interessant, wie die Lehrkräfte dann sich dazu verhalten hätten) …
Darüber hat sie leider nichts erzählt.
(und wär sicher auch interessant, wie die Lehrkräfte dann sich dazu verhalten hätten) …
Gar nicht, vermutlich. Die Lehrkräfte haben ja sogar zum Mobbing beigetragen oder Anlass gegeben und befeuert. Sei es durch besagtes Rausschicken oder durch Hinweise, aus welch primitiven Verhältnissen eine Mitschülerin angeblich stammt* oder den beruflichen Hintergrund der Eltern**.
Eine Sensibilisierung für Mobbing entwickelt sich ja erst seit ein paar Jahren. Und trotzdem gab und gibt es Lehrkräfte, die nichts davon mitbekommen bzw. nichts mitbekommen wollen, wenn Schüler ausgegrenzt oder gar gemobbt werden.
Das war dann unabhängig von der Konfession auch ein Anlass für Anfeindung und Diskriminierung.
Natürlich. Meine Großeltern kamen mit ihren zwei kleinen Töchtern auch als Flüchtlinge in Deutschland an. Sie landeten dann als evangelische bzw. ukrainisch-orthodoxe Christen im stockkatholischen Schwäbisch Gmünd.
Das Gefühl, konfessionsmäßig in der Minderheit gewesen zu sein wurde zumindest von meiner Mutter nicht als vorrangiges Problem wahrgenommen worden zu sein.
* Das widerfuhr meiner Mutter, die in der Ukraine geboren wurde, als Tochter eines "volksdeutschen" Vaters und einer ukrainischen Mutter. Ich vermute, man benutzte in der Nachkriegszeit noch Schulbücher aus dem 3. Reich, und dementsprechend wurden die Lebensverhältnisse in der Sowjetunion dargestellt. Und die Lehrerin so: "Seht ihr, und da kommt [Name meiner Mutter] her."
** So ein Lehrer zu einem Freund meines Vaters: "Was macht der Sohn eines Hilfsarbeiters auf dem Gymnasium?"
Die Lehrkräfte haben ja sogar zum Mobbing beigetragen oder Anlass gegeben und befeuert. Sei es durch besagtes Rausschicken oder durch Hinweise, aus welch primitiven Verhältnissen eine Mitschülerin angeblich stammt* oder den beruflichen Hintergrund der Eltern**.
Das waren jetzt aber, wenn ich das richtig sehe, keine Beispiele aus dem frommen Korntal …
Ich vermute, man benutzte in der Nachkriegszeit noch Schulbücher aus dem 3. Reich, und dementsprechend wurden die Lebensverhältnisse in der Sowjetunion dargestellt
Na ja, die Verhältnisse waren aber auch objektiv nicht besonders gut 😉 Mein Vater hat mal ne Anekdote erzählt über einen kanadischen Politiker, der bei einem Besuch in der UdSSR darauf bestand, das Heimatdorf seiner Eltern zu sehen (wird wohl unter Chruschtschow gewesen sein). Als er dort war, ging er in eine Hütte, und kam erfreut raus: Es ist alles noch genau so, wie es meine Großeltern erzählt haben! 😀 🤣 😆
Ob mein Vater das in einem Buch oder in der Zeitung gelesen, oder im Radio (DLF?) gehört hatte, weiß ich nicht.
"Seht ihr, und da kommt [Name meiner Mutter] her."
Das ist im besten Fall unsensibel.
Das waren jetzt aber, wenn ich das richtig sehe, keine Beispiele aus dem frommen Korntal …
Nein. Mir war jetzt aber auch nicht klar, dass Du solche erwartet hast.
Na ja, die Verhältnisse waren aber auch objektiv nicht besonders gut
Kommt darauf an. Meine Großeltern sind jedenfalls nicht geflohen, weil man nur in primitiven Hütten gehaust hat. Wenn Dich der historische Hintergrund interessiert: Klick
Mir war jetzt aber auch nicht klar, dass Du solche erwartet hast.
Mir gings um den Vergleich zwischen frommen Anspruch und Wirklichkeit. Dass das Kind, dass eine andere Konfession hatte, rausgeschickt wurde, ist systembedingt. Deshalb fragte ich ja nach Dingen, die deine Lehrerin aber nicht erzählt hat …
Meine Großeltern sind jedenfalls nicht geflohen, weil man nur in primitiven Hütten gehaust hat.
Da spielt dann auch der Unterschied zwischen einem russischen (ukrainischem?) und einem deutschen Dorf eine Rolle - und natürlich war Kiew auch keine marode Stadt.
Wenn Dich der historische Hintergrund interessiert: Klick
Ich hab drauf geschaut - und doch glatt einen Fehler verbessern können …
Mein Hauptkritikpunkt am (getrennten) bekenntnisorientierten Religionsunterrich ist dieser: er ist desintegrativ. Die Kinder lernen praktisch, dass sie aufgrund ihrer elterlichen Herkunft in unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden: kleine Mädchen aus muslimischem Haus kommen zu kleinen Jungs aus muslimischem Hause, kleine Mädchen aus evangelischen Familien kommen zu kleinen Jungs aus evangelischen Familien... Das religiöse Bekenntnis wird faktisch zum ersten Distinktionsmerkmal: und zwar nicht mal das eigene religiöse Bekenntnis, sondern das der Eltern.
Richtig, wobei ich hier ja einen direkten Zusammenhang zu meiner Kritik sehe, dass den Kindern beigebracht wird, "Wahrheit" hinge mit der Gruppenzugehörigkeit zusammen.
Ich gebe zu, dass ich bei Eröffnung dieses Threads in erster Linie muslimische Schüler vor Augen hatte. Die wachsen in ihrer eigenen kulturellen Blase auf, in der ihnen gesagt wird: "Unser Glaube ist der wahre Glaube, die Christen haben keine Ahnung, was sie glauben ist falsch!"
Wenn wir jetzt glauben, wir würden die "Integration" von Muslimen dadurch fördern, dass wir ihnen genau das ganz offiziell an öffentlichen Schulen bestätigen... dann fürchte ich, dass das Irrweg ist, der genau das Gegenteil bewirken wird.
Und dabei denke ich an Gespräche mit jungen Muslimen, die mir erzählt haben, wie wichtig ihnen persönlich der Glaube ist...
Wenn wir jetzt glauben, wir würden die "Integration" von Muslimen dadurch fördern, dass wir ihnen genau das ganz offiziell an öffentlichen Schulen bestätigen...
… dann hätten wir schon längst flächenddeckenden muslimischen Religionsunterricht eingeführt.
Aber weil »wir« das nicht glauben, bemühen wir uns um einen Religionsunterricht, der gegen diese Haltung angeht - auf der Grundlage des Islams.
@hkmwk … dann hätten wir schon längst flächenddeckenden muslimischen Religionsunterricht eingeführt.
Dafür braucht's halt seitens der deutschen Muslime einer Art Entsprechung zu den großen christlichen Kirchen, eine Organisation, die repräsentativ die "Richtung" angibt, in welcher der bekenntnisorientierte Islam-Unterricht laufen solle. Und da darf dann mit Organisationen wie dem Ditib verhandelt werden und wir erinnern uns vielleicht, wie problematisch das dann wird, weil die "Religion" Islam sich heute als das zeichnen läßt, was die Religion Christentum auch über Jahrhunderte hinweg war: ein politischer Marker und eine politische Weltanschauung. Wir erinnern uns der transmontanistischen Querelen zur Zeit Bismarcks...
Wollte man flächendeckend einen Islam-Kunde-Unterricht einführen*, wäre das weiter kein Problem. Man ließe dann ein paar Islamwissenschaftler gemeinsam mit ein paar ausgewiesenen Pädagogen und Didaktikern den Lehrplan ausbaldowern, sodass Kenntnis-Vermittlung über den Islam und kulturgeschichtliche Einordnung der islamischen Ideen in's Heute und Jetzt eine ausgewogene Mischung ergäben.
Aber upps! - das geht ja nicht, weil aus Gründen der Gleichbehandlung mit den anderen schulisch vermittelten religiösen Ideologien dann "die muslimische Geistlichkeit" würde mit einbezogen werden müssen - welche hierzulande gerade mal türkisch-national dominiert ist (warten wir mal ab, wie sich das in den nächsten zwanzig, dreissig Jahren ändert, wenn der Zuzug afghanischer oder syrischer Muslime und deren langsame institutionale Organisation Früchte trägt), aber doch immer noch recht divers und in sich zerstritten.
Damit können "wir" uns rausreden, den flächendeckenden bekenntnisorientiertn Islam-Unterricht noch nicht eingeführt zu haben: "Wir" würden ja gern, aber leider, leider kommt die Gegenseite nicht zu Potte.
Aber weil »wir« das nicht glauben, bemühen wir uns um einen Religionsunterricht, der gegen diese Haltung angeht - auf der Grundlage des Islams.
Und wenn das auf intellektuell redliche Weise überhaupt nicht möglich wäre?**
*Wogegen ich überhaupt nix hätte. Man sollte den dann mit in den Topf der allgemeinen Religionskunde verquicken, der ich, da ja nun ihre Gegenstände tatsächlich gesellschaftlich relevant sind, auf drei Wochenstunden in der Sekundarstufe 1 erweitern. Aus der Grundschule sollte man allen Religions- und Politikkunde-Unterricht m.A.n. weitestgehend raushalten, zu einer verantwortungsvollen Erziehung kleiner Kinder gehört es, sie mit Unterrichtsgegenständen ideologischer Art in Ruhe zu lassen. In der Sekundarstufe 2 könnte man den Umfang wieder auf 2 Wochenstunden zurückfahren und/oder eine Ausdifferenzierung per Wahlfächern ermöglichen: da kann dann die Schülerin, die sich mit dem Berufswunsch "Pastorin" trägt, gern den Kurs "Evangelische Religionskunde" belegen und der Schüler, der später vielleicht mal Gotteskrieger im Irak werden möchte, belegt dann halt "muslimische Religionskunde" oder, je nach Bedarf und Angebot gar "sunnitische Religionskunde".
** Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der Artikel unter der Überschrift, bzw. einem herausgestellten Link mit der Formulierung "Radikalisierungsprävention Islamismus" steht. Da blitzt mal kurz das wahre Interesse (oder sogar: die eigentliche Angst) des Staates hinsichtlich eines "kontrollierten" Religionsunterrichts in den Schulen durch: der Islam wird (nicht ohne Gründe) als ideologische Gefahr betrachtet, die es einzuhegen gilt. Auch aus eben diesem vernünftigen Grund kam auch der früher einzig auf die relevanten Konfessionen bezogene Religionsunterricht in die Gesetzeswerke: was ideologische Animositäten angeht, aber besonders auch, was den impact ideologischer Vorstellungen angeht, erinnerte man sich nach '45 noch gut. Da - auf die ideologischen Prägungen des Nachwuchses ein Auge drauf zu haben - liegt ein vernünftiger Grund für schulischen Religionsunterricht. Dabei den gesellschaftlich relevanten Religions-Institutionen ein Mitspracherecht einzuräumen, war angesichts dessen, dass eben noch die allein staatsbasierte ideologische Prägung im tausendjährigen Reich gründlich in die Hose gegangen war, nur allzu verständlich.
Dafür braucht's halt seitens der deutschen Muslime einer Art Entsprechung zu den großen christlichen Kirchen, eine Organisation, die repräsentativ die "Richtung" angibt
Stimmt. Da wäre es gut gewesen, wenn es seinerzeit eine staatliche Förderung (ich meine nicht in erster Linie Geld) gegeben hätte, um so was heranzubilden. Es gab ja auch Zeiten, wo die DİTİB dabei hilfreich gewesen wäre (also vor Erdoğan). Aber »den Islam fördern«? Gerade bei der CDU undenkbar.
(warten wir mal ab, wie sich das in den nächsten zwanzig, dreissig Jahren ändert, wenn der Zuzug afghanischer oder syrischer Muslime und deren langsame institutionale Organisation Früchte trägt)
Diese Flüchtlinge haben i.d.R. keine gute Beziehung zu ihrer Heimatregierung und deren Religionsbehörde. Aus Syrien beispielsweise kamen v.a. entweder gemäßigte Muslime (und Nichtmuslime …), die vor IS &Co. flüchteten, und radikale Sunniten, die sich von alawitischen Assad unterdrückt fühlen.
Allgemein ist es so, dass die »Hinterhof-Moscheen« v.a. von besonders aktiven Muslimen gegründet und betrieben werden, und die sind vorwiegend radikal. Ich hab sogar mal (vor Jahrzehnten) gelesen, dass der Aufstieg der Fundamentalisten in Islamischen Ländern v.s. durch Rückwanderer aus Europa ausgelöst wurde.
PS:
Wir erinnern uns der transmontanistischen Querelen zur Zeit Bismarcks...
Wobei dein Link überhaupt nicht erwähnt, wieso Bismarck überhaupt in die Debatte um das Unfehlbarkeitsdogma verwickelt wurde: Ihm ging nicht um Katholiken, sondern um Polen. Deren Zahl nahm in den östliche Provinzen zu, und die preußische Bürokratie erklärte sich das (ob zu Recht oder Unrecht, weiß ich nicht) mit dem Wirken von Priestern, die verkündigten, dass ein Pole selbstverständlich Katholik ist und ein echter Katholik deswegen auch Pole sein müsse. Um deren Wirken einzugrenzen, wurde die katholische Abteilung im preußischen Kultusministerium aufgelöst, was v.a. in Süddeutschland als Reaktion auf das Unfehlbarkeitsdogma aufgefasst wurde. Und so eskalierte der Streit …
Mein Hauptkritikpunkt am (getrennten) bekenntnisorientierten Religionsunterrich ist dieser: er ist desintegrativ.
Das kann man so sehen.
Du kannst es aber auch andersrum sehen. Der getrennte Religionsunterricht unterstützt die Diversität der Religionen. Außerdem fördert er die Zusammengehörigkeit auf einer anderen Ebene als im Klassenverbund.
In Oberbayern war ich als Protestant immer in der Minderheit in der Klasse und mußte zum Religionsunterricht den Raum verlassen. Im evangelischen Reli-Unterricht kam ich mit den Kindern aus den anderen Klassen zusammen. Das hat meine "Gruppenzugehörigkeit" stets erweitert. Ich kannte dann Kinder aus den Parallelklassen, die die katholischen Mitschüler nicht kannten. Zusätzlich zum Klassenverbund hatte ich also die Gemeinsachaft im Religionsunterricht - zusätzlich, nicht desintegrativ.
Im Konfirmandenunterricht habe ich dann noch mehr Jugendliche kennengelernt, die teilweise in anderen Jahrgangsstufen und auf anderen Schulen waren. Die hätte ich sonst nie kennengelernt.
Auch jetzt in der Kirchengemeinde finde ich es schön zu wissen, wer dazu gehört. Das sind in meinem Städtchen nicht allzu viele. Manchmal sehe ich jemand in der Kirche und bin erstaunt: Ah, der ist auch evangelisch?
Sich in Gruppen zu organisieren, ist doch menschlich. Ob Du das als Erweiterung Deines Horizonts oder als Einschränkung siehst, liegt an Dir. Ich sehe es in den meisten Fällen als Bereicherung.
@mikefrommuc Die hätte ich sonst nie kennengelernt.
Entsprechend wäre es dann sicherlich gut, wenn andere Unterrichtsfächer gemäß den weltanschaulichen Präferenzen der Eltern getrennt unterrichtet würden.
Warum muss der Sohn des CDU-Kreisvorsitzenden mit der Tochter der LINKE-Chefin gemeinsam im Geschichts- oder Sozialkundeunterricht sitzen? Wenn da nach Parteizugehörigkeit der Eltern selektiert würde, könnte er doch auf diese Weise ausserhalb des Klassenverbundes unter Betreuung von der Konrad-Adenauer-Stiftung ausgewählten Lehrern all die anderen Kinder aus den CDU-Familien kennenlernen. Und würde nicht durch die Berührung mit klassenkämpferischen Ideen von seiner Familie womöglich entfremdet...
Wozu überhaupt Klassenverbünde?
Entsprechend wäre es dann sicherlich gut, wenn andere Unterrichtsfächer gemäß den weltanschaulichen Präferenzen der Eltern getrennt unterrichtet würden.
Klar, wenn die Parteizugehörigkeit so ein prägender Faktor ist, der in der Regel ein Leben lang hält! Ich nehme das mal als satirische Übertreibung und nicht als ernstgemeinten Beitrag.
Religion ist halt keine weltanschauliche Präferenz.
Wozu überhaupt Klassenverbünde?
Bei meinen Kindern wird in der 6. Klasse für Reli, Sport und Französisch getrennt.
Vermutlich haben Klassenverbünde organisatorische und soziale Vorteile. Ich habe im Gymnasium in der 12. und 13. Klasse noch die Kollegstufe erlebt ohne festen Klassenverbund. Fand ich prima!
Religion ist halt keine weltanschauliche Präferenz.
Was soll es denn sonst sein?
Auch Religionen werden immer wieder mal gewechselt...
Wir sprechen von einer weltanschaulichen Präferenz. Das verstehe ich als eine aktuelle Neigung beispielsweise zum Grundsatzprogramm der SPD oder CSU. Das kann sich im Laufe des Lebens öfter mal ändern.
Wenn Du eingefleischter Kommunist bist, ist das vielleicht tatsächlich als Religion zu betrachten ...
Bei der Religion ist es eher nicht die Regel, daß man heute so, morgen so denkt. Heute Jude, morgen Moslem, übermorgen Christ? Eher unwahrscheinlich.
Wie lautet denn die juristische Definition? Die dürfte doch relativ genau gefaßt sein, um beispielsweise zu verhindern, daß Jux-Aktionen wie die "Kirche des fliegenden Spaghettimonsters" als Religion anerkannt werden.
Wir sprechen von einer weltanschaulichen Präferenz. Das verstehe ich als eine aktuelle Neigung beispielsweise zum Grundsatzprogramm der SPD oder CSU. Das kann sich im Laufe des Lebens öfter mal ändern.
Wenn Du eingefleischter Kommunist bist, ist das vielleicht tatsächlich als Religion zu betrachten ...
Bei der Religion ist es eher nicht die Regel, daß man heute so, morgen so denkt. Heute Jude, morgen Moslem, übermorgen Christ? Eher unwahrscheinlich.
Da gibt es keinen wirklichen Unterschied, sorry. Und dass Leute ihren Glauben oder die Kirche gewechselt haben habe ich persönlich auch öfters erlebt. Und nicht nur von katholisch zu evangelikal, sondern auch von christlich zu muslimisch.
Wie lautet denn die juristische Definition? Die dürfte doch relativ genau gefaßt sein, um beispielsweise zu verhindern, daß Jux-Aktionen wie die "Kirche des fliegenden Spaghettimonsters" als Religion anerkannt werden.
Dafür gibt es keine juristische Definition. Sobald es Leute gibt, die ernsthaft an das Spaghettimonster glauben und die Bewegung groß genug wird, muss es juristisch als Religion behandelt werden - bei gleichem Inhalt wie jetzt auch.
Wir sprechen von einer weltanschaulichen Präferenz.
Da gibt es keinen wirklichen Unterschied, sorry.
Im Beitrag von @Jack-Black ist die Rede von weltanschaulicher Präferenz. Ich war davon ausgegangen, daß eine Präferenz etwas anderes sei als eine Weltanschauung, nämlich schwächer als eine Weltanschauung. In seiner Antwort schreibt er mehr oder weniger deutlich, daß das das gleiche sei.
Tja. Ich gehe davon aus: Wenn man Weltanschauung meint, schreibt man Weltanschauung. Und wenn man Präferenz meint, schreibt man Präferenz - und meint damit etwas anderes.
Anscheinend irre ich mich da.
Dafür gibt es keine juristische Definition.
Daß es keine Definition gibt, dürfte falsch sein. Sonst könnte der Verein "Kirche des fliegenden Spaghettimonsters" nicht klagen. Bisher erfolglos, soweit ich weiß.
@mikefrommuc Ich nehme das mal als satirische Übertreibung und nicht als ernstgemeinten Beitrag.
Das hat nichts mit satirischer Übertreibung zu tun, es ist sogar mein Kernargument wider den konfessionsorientierten Religionsunterricht: Ich weise damit auf die Ungleichbehandlung von Ideologien hin.
Religion ist halt keine weltanschauliche Präferenz.
Und weiß ist schwarz. Sorry, da vermag ich nicht weiter zu diskutieren.
@jack-black Meine Antwort auf @lucan-7 hast Du gelesen, wo ich beschreibe, daß ich unterscheide zwischen Weltanschauung und Präferenz?
Und weiß ist schwarz. Sorry, da vermag ich nicht weiter zu diskutieren.
Ist mir auch recht.