Bertrand Russell: Warum ich kein Christ bin
Heute vor 147 Jahren, am 18. Mai 1872 wurde Bertrand Russell geboren. Russell war Mathematiker, Philosoph, Pazifist und Literatur-Nobelpreisträger.
Sein Buch "Warum ich kein Christ bin" habe ich mit 17 gelesen und fand es überzeugend. Seitdem hat bei mir Theologie einen schweren Stand.
Was haltet Ihr davon? Habt Ihr es gelesen? Sollte man es als Christ überhaupt lesen?
Bin gespannt auf Eure Meinungen.
Thomas
P.S.: Kurze Zusammenfassung von Kerngedanken aus Wikipedia
Russell analysiert in einem ersten Teil zunächst eine Reihe von Gottesbeweisen, so z. B. das Argument der ersten Ursache, den teleologischen Gottesbeweis und mehrere moralische Existenzargumente. Er beurteilt diese Begründungen als logisch nicht zwingend und sogar als der Vorstellung von Gottes Allmacht oder Allwissenheit widersprechend.
In einem zweiten Teil untersucht er die christliche Theologie und kommentiert die Praxis der christlichen Kirchen. Jesus nennt er zwar einen guten, doch nicht sehr guten Menschen, da er denjenigen, die ihm nicht folgten, mehrfach mit Hölle und ewiger Verdammnis gedroht habe. Auch sein Glaube an das unmittelbar bevorstehende Ende der bisherigen Welt sei mit Weisheit bzw. Allwissenheit wohl nicht vereinbar.

Hi,
und was ist mit C. S. Lewis
Er war mal Atheist und schrieb dann viele Jahre später dann
Pardon, ich bin Christ.
Auch das gelesen?
M.

Okay, Sorry!
Ich finde ihn sehr gut.
Ich wollte nur wissen, ob du sein Buch gelesen hast.
Weil, ich finde, man muss auch andere Seiten lesen können und die Gedanken vergleichen.
Ist für mich immer schwierig zu lesen
Warum kein Christ bin.
Warum ich Christ bin.
Ich selber habe das von dir erwähnte Buch nicht, könnte es mir mal zulegen.
Max

So ähnlich geht es mir mit Bertrand Russell. Die kleinen Auszüge, die ich von ihm gelesen habe, regen nicht an, mehr zu lesen.
Nur schon die kurze Zusammenfassung von Wikipedia, die du reingestellt hast:
- Kritik an den Gottesbeweisen gibt es auf sicher nicht geringerem Niveau bei Kant, aber auch Kants Kritik ist nicht unkritisierbar.
- Die Annahme, Jesus habe an ein unmittelbar bevorstehendes Ende der Welt geglaubt, zeigt Unkenntnis des Genres frühjüdischer Apokalyptik.

Veröffentlicht von: @moorwackler- Die Annahme, Jesus habe an ein unmittelbar bevorstehendes Ende der Welt geglaubt, zeigt Unkenntnis des Genres frühjüdischer Apokalyptik.
Hast Du Lust, das mal etwas weiter auszuführen? Falls ja: Danke im Voraus! 😊

Ziemlich vieles hat dazu z.B. N.T. Wright geschrieben (anglikanischer Altbischof von Durham und Professor für Neues Testament an der St. Andrews University). Er gehört zu einer Reihe von Bibelwissenschaftler, die für das Verständnis des Neuen Testaments stärker dessen frühjüdischen Kontext berücksichtigen, als das lange getan wurde. Ich mach es mir einfach zitiere einfach mal den Schlussabsatz seines Kapitels über Apokalyptik im Buch "Das Neue Testament und das Volk Gottes" (2011, S.380; auf Englisch 1992). Die Übersetzung ist recht holperig, aber man sollte hier ja keine unübersetzten englischen Texte reinsetzen:
Aus all dem Gesagten folgt, dass es keine Rechtfertigung dafür gibt, 'Apokalyptik' so zu verstehen, dass sie notwendig vom 'Ende der Welt' im wörtlichen kosmischen Sinne sprechen müsse. Dieser moderne Gedanke wurde üblicherweise von dem Glauben befeuert, 'Apokalyptik' sei auf eine Weise 'dualistisch', die wir nun als unbegründet ansehen können. Der Löwenanteil der apokalyptischen Schriften legt nicht nahe, dass das raum-zeitlichen Universum böse ist, und wartet nicht auf dessen Ende. Ein Ende der gegenwärtigen Weltordnung, ja; nureine solche Sprache konnte den schrecklichen Ereignissen seiner Zeit gerecht werden, fand Jeremia. Das Ende der raum-zeitlichen Welt - nein. Die implizite Argumentation, die die Wissenschaft die letzten hundert Jahre dominiert hat, hat behauptet, (a) dass die überaus bildliche Sprache von kosmischen Katastrophen wörtlich interpretiert werden muss, und (b), dass die klaren Dualitäten, die der Apokalyptik innewohnen, auf einen radikalen Dualismus hindeuten, der die Zerstörung der gegenwärtigen Welt insgesamt verlangte. Anstelle dieses Ansatzes müssen wir auf einer Leseweise bestehen, die dem literarischen Charakter der fraglichen Werke gerecht wird; die sie fest in ihrem historischen Kontext verwurzelt, in dem die Juden, die den häufigsten Meinungsschattierungen anhingen, auf das Handeln ihres Gottes innerhalb der weitergehenden Geschichte warteten. Ausserdem muss diese Leseweise die grundlegende jüdische Weltanschauung und Theologie begreifen, in der die gegenwärtige Welt als die normale und reguläre Sphäre göttlichen Handelns angesehen wird, sei dieses Handeln nun verborgen oder offenbar. Literatur, Geschichte und Theologie vereinen sich, um uns nahezulegen, dass wir den Grossteil der apokalyptischen Literatur, sowohl der jüdischen als auch der christlichen, als kompexes Metaphernsystem lesen müssen, das die raum-zeitliche Wirklichkeit mit ihrer vollständigen, und das heisst theologischen, Bedeutung belegt.
Kurz gesagt geht es darum, dass im ganzen Alten Orient (und auch in Israel), der Tempel als Mikrokosmos den Kosmos mit vielfältiger Symbolik abbildete, dass der Tempel aber auch das Land abbildet (z.B. ist in der Tempelvision des Propheten Hesekiel der Bauplan des Tempels in Hes 40-42 dem Plan des Landes Israel in Hes 47-48 gegenübergestellt). Apokalyptische Sprache bedient sich der kosmischen Symbolik, bleibt aber auf der Ebene von Metaphern.
Um ein Beispiel zu machen: Dass die Menora (der siebenarmige Leuchter im Tempel) die sieben von Auge sichtbaren Planeten, an denen man sich damals in der Nacht orientiert hat, repräsentiert, ist schon im Frühjudentum belegt. Wenn apokalyptische Sprache über die Zerstörung des Tempels spricht, kann sie davon sprechen, dass die Sterne vom Himmel herabfallen. Wer mit dieser Symbolik und Metaphernwelt vertraut ist, versteht, dass damit in kosmischer Sprache über den Tempel gesprochen wird und dass nicht gemeint ist, dass die Sterne wirklich vom Himmel herabgefallen sind. Der Himmel selbst ist im Tempel Israels übrigens repräsentiert durch den Vorhang, der das Heilige vom Allerheiligsten trennt (der bei der Kreuzigung Jesu zerreisst).
Ein Beispiel für apokalyptische Sprache ist z.B. Jesaja 64,1:
"Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen, ..."
Bei der Kreuzigung Jesu wird darauf Bezug genommen:
Lukas 23,45:
"und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels riss mitten entzwei."
=> Im Verreissen des Vorhangs, der die Himmel repräsentiert, erfüllt sich die apokalyptische Verheissung aus Jesaja 64,1
Der Hebräerbrief bezieht sich dann ebenfalls auf dieses Ereignis:
Heb 4,14: "Weil wir denn einen grossen Hohenpriester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so lasst uns festhalten an dem Bekenntnis."
=> Die Kreuzigung Jesu wird als hohepriesterlicher Akt verstanden, in welchem Jesus selbst als Hohepriester ins himmlische Heiligtum eintritt. Darum verliert der iridische Tempel seine Bedeutung und ist "dem Ende nahe" (Hebräer 8,13).
Nach N.T. Wright ist es v.a. dem Rationalismus und dem Deismus zu "verdanken", dass religiöse Symbolik, apokalyptische Metaphorik (wie sie sich etwa noch in geistlicher Kunst des Mittelalters, auch in ostkirchlicher Ikonografie zeigt) nicht mehr verstanden wird und apokalyptische Texte praktisch im Stile eines realistischen Romans gelesen werden. Wo man nicht mehr weiss, was Religion ist, weiss man auch nicht mehr, wie man religiöse Texte liest.

Nach N.T. Wright ist es v.a. dem Rationalismus und dem Deismus zu "verdanken", dass religiöse Symbolik, apokalyptische Metaphorik (wie sie sich etwa noch in geistlicher Kunst des Mittelalters, auch in ostkirchlicher Ikonografie zeigt) nicht mehr verstanden wird und apokalyptische Texte praktisch im Stile eines realistischen Romans gelesen werden. Wo man nicht mehr weiss, was Religion ist, weiss man auch nicht mehr, wie man religiöse Texte liest.
Genau das, was du hier treffend beschreibst, erleben wir hier in diesem Forum doch ständig.

Das ist halt auch das Problem, wenn die Bibel oder speziell das neue Testament als Fahrplan zur Ewigkeit missverstanden wird.
Dann deutet man alle Zeichen im Sinne des moralischen Verfalls und dem Ende aller Zeiten.

Auch im Nachhinein nochmals Danke für Deine Erläuterungen! 😊


Danke für die Verlinkung!
Hab's gerade durchgelesen. Und ein paar Sachfehler gefunden dort, wo er sich z.B. auf das Klischee des Mittelalters mit seinen "Millionen unglückseliger Frauen", die "als Hexen verbrannt" wurden, bezieht.
Interessant seine Interpretation des "moralischen Gottesbeweises" von Kant, den er etwas arg beherzt-forsch freudianisch erklärt. Mir fiel auch immer kein rechter Grund ein, wie Kant, der in seiner "Kritik der reinen Vernunft" so knallhart rational argumentiert, plötzlich in seiner "Kritik der praktischen Vernunft" derart schwächeln konnte. Als ich mich mit der beschäftigte, klingelte mir im Hinterkopf immer die Frage: "Warum will der Mann bloß so unbedingt, dass es da einen Gott gibt, was verspricht er sich davon?!"
Meine Vermutung war ja, dass es Kant eher darum ging, sich mit seiner "Obrigkeit" gut zu stellen, um nicht am Ende als Atheist noch der Zensur zum Opfer zu fallen. Aber auch diese Vermutung hat mich nie so ganz befriedigt, weil sie ja lediglich darauf basiert, Kant Duckmäuserei und Verstellung zu unterstellen.
Ich löste dieses ungelöste Problem, indem ich einfach Schopenhauer las und so tat, als stelle der eine Art Kant 2.0 dar - inklusive der Säuberung von unsinnigen religiösen Rückständen...
Warum ich ein Christ bin
Ja, ja. Soll es viele geben. Deren Namen und Bücher nicht wert sind erwähnt geschweige denn gelesen zu werden.
Aber wie viele haben die Kehrtwende zu Jesus Christus in ihrem Leben geschafft.
Heinrich Heine z.B.: "Zerschlagen ist die alte Leier am Felsen der da Christus heißt …"
oder dies:
https://shop.heukelbach.org/shop/erwachsene/klassikreihe/vom-gottesleugner-zum-evangelisten
Und wie vile Gottesleugner haben angesichts ihrer Todesstunde die größten Zweifel und Ängste geplagt: "Wenn es Gott doch gibt …?"
Heute lebst du, heut bekehr dich, eh´s mag wenden sich.

Veröffentlicht von: @uri-kulmDeren Namen und Bücher nicht wert sind erwähnt geschweige denn gelesen zu werden.
Was soll diese Vorverurteilung?
Nur weil er einen bestimmten Standpunkt vertritt, den man nicht teilt, heißt das nicht, daß das Buch nicht lesenswert ist. 🙄

Veröffentlicht von: @uri-kulmSoll es viele geben. Deren Namen und Bücher nicht wert sind erwähnt geschweige denn gelesen zu werden.
Und das kannst du tatsächlich beurteilen, ohne sie gelesen zu haben?

Ich werde immer misstrauisch bei Chisten, die ihre Arroganz hinter vermeintlich frommer Gewissheit verstecken.
Das man etwas lernen könnte, bei Anfragen von zweifelnden Menschen wird direkt ausgeschlossen.
Könnte ja den eigenen Glauben verunsichern.

Veröffentlicht von: @21thdigitalmenIch werde immer misstrauisch bei Chisten, die ihre Arroganz hinter vermeintlich frommer Gewissheit verstecken.
So geht es mir auch.
Ansonsten: ❤lich willkommen hier auf j.de! Viele spannende Diskussionen und angenehme Begegnungen wünsche ich dir.

Danke.
Bin schon länger stiller Mitleser und hab jetzt einfach mal den Schritt gewagt.
Weiß aber nicht, wie oft ich hier was schreibe oder doch eher fassungslos mit dem Kopf schüttle..

Ich überlege auch manchmal, es einfach zu lassen.

Echt? *erröt*
Nein, ich habe einfach manchmal das Gefühl, daß ich zu viel Zeit hier verbringe...Deswegen die Überlegung hauptsächlich. Ist also nicht persönlich gemeint, wenn ich doch mal gehe. 😉❤
lg
Tatokala

Warum ich ein Christ bin
Ich hab was gelernt: Bisher wusste ich garnicht, dass man erst im Misthaufen scharren muss um krähen zu können.

Veröffentlicht von: @suzanne62Und das kannst du tatsächlich beurteilen, ohne sie gelesen zu haben?
Nach dem Motto: Ihr Aufsatz war inhaltlich so schlecht, dass ich ihn gar nicht erst gelesen habe. 😊

Warum ich ein Christ bin
"Seht zu, dass nicht jemand sei, der euch als Beute wegführe durch die Philosophie und durch eitlen Betrug, nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt, und nicht nach Christus." Kol 2,8
"Viele aber von denen, die vorwitzige Künste getrieben hatten, trugen die Bücher zusammen und verbrannten sie vor allen" Apg 19,19

Hallo Tojak,
ich habe es gelesen, allerdings vor längerer Zeit, 30 Jahre dürfte es her sein. Damals hatte ich mich mühsam von einer Sekte befreit, in die ich hineingeboren worden war und aufgrund der Frage, wie es mit mir glaubenmäßig weitergehen kann, setzte mich mit der Geschichte des Christentums und mit dem Thema Religion allgemein auseinander und da wird man sozusagen mit der Nase auf immer neue Bücher zum Thema gestoßen und so stieß ich auch auf Russell.
Ich kann mich jetzt nicht mehr an Einzelheiten erinnern, aber ich weiß, dass ich ihm oft zugestimmt habe. Ähnlich erging es mir auch mit anderen christentumskritischen Büchern, z.B. bei Gottesvergiftung von Tilman Moser oder auch bei Nietzsches Antichrist.
Zum Atheisten habe ich es trotzdem immer noch nicht geschafft.. 😊

Hallo Aqua-marin,
bei mir war der Ausgangspunkt keine Sekte, sondern eine normale, wenn auch als relativ fromm geltende, ev.-luth. Gemeinde (Landeskirche).
Der andere Ausgangspunkt war großes Interesse an Mathematik und Naturwissenschaften und überhaupt allem Logischen in der Schule sowie Engagement in der Friedensbewegung.
Ich habe das Anliegen der Kirche immer gut und richtig gefunden, aber hatte immer das Gefühl, dass da viel um den heißen Brei herumgeredet wird und geistig dringend mal ein paar Fenster aufgemacht werden müssten. Russell war für mich ein solches Fenster.
Später habe ich auch ein paar andere Autoren der kritischen Seite gelesen wie Ley, Lüdemann, Buggle, Kubitza u.a.. Und auf der christlichen Seite natürlich auch das, was mir brauchbar schien. Sehr gut fand ich da Bonhoeffer, der vieles auf den Punkt gebracht, z. B. eine häufig anzutreffende intellektuelle Unredlichkeit bei Kirchens.
Ich bin damals wie heute kein Atheist, aber ein sehr kritischer Christ, wenn auch entschiedener pro als noch vor zehn Jahren.
Thomas

Veröffentlicht von: @tojakWas haltet Ihr davon? Habt Ihr es gelesen? Sollte man es als Christ überhaupt lesen?
Nein, ich habe es nicht gelesen. Aber ich frage mich, warum ein Christ sowas überhaupt lesen wollen könnte? Was hat er davon zu wissen, warum dieser Mensch kein Christ mehr ist - wenn er es denn überhaupt jemals wirklich war. Denn wie verhält sich ein Christ in Anechtungen?! Diese Fragen stelle ich mir bei dieser Aussage:
Veröffentlicht von: @tojakJesus nennt er zwar einen guten, doch nicht sehr guten Menschen, da er denjenigen, die ihm nicht folgten, mehrfach mit Hölle und ewiger Verdammnis gedroht habe. Auch sein Glaube an das unmittelbar bevorstehende Ende der bisherigen Welt sei mit Weisheit bzw. Allwissenheit wohl nicht vereinbar.
Kannte Er Jesus überhaupt - und liebte er Ihn auch?

Deine Fragen werden vielleicht beantwortet, wenn Du Dir den von Meriadoc verlinkten, siebenseitigen Vortrag durchliest.

Danke für den Hinweis und inzwischen habe ich ungefähr die erste Hälfte gelesen. Aber - ja, ich kann das nur so stehen lassen. Bis hierher habe ich nichts gefunden, worin ich ihm zustimmen könnte. Denn alles, worin ich hätte zustimmen können (z.B. die "erste Ursache") hat er im nächsten Absatz wieder relativiert. Auch seinen Schmähungen gegen Christus machen mich eher mißtrauisch gegen seine Definition von Christsein, der ich aber auch ohne das nicht zustimmen könnte.
Aber Du hast recht - meine Fragen sind bis hierher schon beantwortet, zumindest für mich.