Probleme mit dem Dekalog
Bei allem Detail der Sinai Episode in 2 Mose ist diese lange Erzählung reich an Unstimmigkeiten und anderen Schwierigkeiten. Hier sind einige der Hauptprobleme:
- In der ersten Hälfte von Exodus 19:9 verkündet Gott Mose, dass die Sinai-Theophanie bald stattfinden wird. Die zweite Hälfte des Verses besagt, dass Mose als Nächstes die Antwort des Volkes an Gott übermittelt hat. Antwort auf was? Ihre positive Antwort auf den Vorschlag des Bundes wurde bereits übermittelt (2. Mose 19,8); es wurde keine Antwort auf etwas anderes erbeten.
- Mehrere Verse (Exodus 19:12-13, 21-25) deuten darauf hin, dass die Israeliten begierig darauf sind, die Theophanie am Sinai zu sehen. Um zu verhindern, dass sie den Berg stürmen, sind umfangreiche Maßnahmen erforderlich, da dies fatale Folgen hätte. Andere Verse vermitteln jedoch den gegenteiligen Eindruck. Man sagt, dass das Volk von Angst ergriffen ist, und Mose muss es an den Fuß des Berges bringen und es zum Zuhören bringen (2. Mose 19,16-17). Nachdem Gott nur zehn Sätze gesprochen hat, sind sie so sehr vom Schrecken getroffen, dass sie sich weigern, weiter zuzuhören (2. Mose 20,15- 17). Wurden die Israeliten unwiderstehlich angezogen oder vor Angst zurückgeschreckt?
- Die Erzählung betont, dass die Sinai-Erfahrung des Göttlichen nur hörbar war. Die Wolke bedeckte den Berggipfel, so dass nichts als Gewitter zu sehen war. Der eigentliche Zweck des Ereignisses war, dass das Volk hörte, wie Gott mit Mose sprach. Das Deuteronomium bekräftigt dies: Feuer und Wolke waren tatsächlich vorhanden, aber nichts Göttliches wurde gesehen; nur Geräusche wurden erlebt (Deuteronomium 4,9-12). Was hält der Leser also von der Beharrlichkeit der Geschichte, dass JHWH selbst vor dem ganzen Volk herabgestiegen ist (2. Mose 19,11.21)?
- Nachdem der Dekalog gehört wurde, bleibt Mose allein auf Wunsch des Volkes auf dem Berg, damit Gott ihm die aktuellen Gesetze mitteilen kann. Wenn diese befreit sind (2. Mose 23,33), ist Mose noch immer mit Gott auf dem Berggipfel. Warum weist Gott Mose dann an, "zum Herrn heraufzukommen" (Exodus 24,1)? Ist Moses nicht schon mit ihm auf dem Berggipfel? Das ist er in der Tat, weshalb er genau das Gegenteil tut: "Mose kam herab und sagte es dem Volk" (2. Mose 24,3).
- Mose steigt auf den Berg (Exodus 24,18), um die Tafeln zu erhalten, die Gott geschrieben hat (Exodus 24,12). Als er jedoch ankommt, stellt er fest, dass er aus einem ganz anderen Grund vorgeladen wurde: um die Anweisungen für die Stiftshütte zu erhalten, über die er vorher nicht informiert worden war. Mose wird informiert, dass er etwas als Abschiedsgeste erhalten wird - nicht jedoch die Tafeln, sondern etwas, das als "Edut" oder, wie üblich übersetzt, als "Zeugnis" bezeichnet wird (Exodus 25,16).
- Gott teilt Mose mit, dass die Stiftshütte als Ort dienen soll, von dem aus er "alles, was ich euch für die Israeliten befehlen muss" (2. Mose 25,22), vermitteln wird. Aber sind nicht alle Befehle gegeben und der Bund geschlossen und ratifiziert worden? Und wenn Mose aufsteigt, um die zweite Reihe von Tischen beschriftet zu bekommen, warum erhält er dann noch einen weiteren Bund und eine weitere kleine Sammlung von Gesetzen (2. Mose 34,10-26), von denen fast alle die zuvor gegebenen Gesetze wiederholen?
- Am Ende seiner Karriere (Deuteronomium 19-28) erinnert Mose die Israeliten daran, dass er nach der Verkündigung des Dekalogs allein mit Gott auf dem Berggipfel blieb, um die restlichen Gesetze zu erhalten. Aber die Art und Weise, wie Mose das Ereignis beschreibt, entspricht nicht dem, was im Exodus erscheint: Er erwähnt nicht, dass er dann herabgestiegen ist und dem Volk die Gesetze verkündet, sie aufgeschrieben und ratifiziert hat. Der weit verbreitete Eindruck, dass das Deuteronomische Gesetz eine "Wiederholung" des Gesetzes ist (wie sie mit dem Namen Deuteronomium oder "zweites Gesetz" bezeichnet wird), ist im Text nirgendwo impliziert und in der Tat nicht der Fall.
- Welches Verhältnis besteht zwischen der Version der Gesetze, die Mose auf dem Sinai schreibt, und dem "Buch der Thora", das er am Ende seiner Karriere schreibt (Deuteronomium 31,9)? Soll der Leser davon ausgehen, dass es zum Zeitpunkt des Todes von Moses zwei geschriebene Gesetzesbücher gab?
Warum ist die Geschichte so uneinheitlich und diskontinuierlich? Warum wurden die Gesetze schrittweise erlassen? Warum nicht alle auf einmal an die Menschen weitergeben, entweder auf dem Berggipfel oder im Stiftshütte? Warum duplizieren und widersprechen sich die in diesen einzelnen Phasen gegebenen Gesetze in Hunderten von Einzelheiten?
Ich bin nicht der Erste, der sich diese Fragen stellt, und ich bin kürzlich über einen interessanten Artikel gestolpert, aber ich würde gerne hier im Forum euere Expertise einholen.
Gruss
Lars
Abschnitt 1:
Veröffentlicht von: @arcangel- In der ersten Hälfte von Exodus 19:9 verkündet Gott Mose, dass die Sinai-Theophanie bald stattfinden wird. Die zweite Hälfte des Verses besagt, dass Mose als Nächstes die Antwort des Volkes an Gott übermittelt hat. Antwort auf was? Ihre positive Antwort auf den Vorschlag des Bundes wurde bereits übermittelt (2. Mose 19,8); es wurde keine Antwort auf etwas anderes erbeten.
Ihre positive Antwort wurde bereits übermittelt 1. Mose 19,8
Nein. Im Hebräischen steht nicht, dass Mose sprach, sondern dass die Worte in ihm wohnten und er sie transportierte ( Verb: jaschab)
Übrigens wusste Gott eh, was die Antwort war. Hier geht es um die Botenfunktion des Mose.
In Vers 9 dann kommt Mose direkt zu Wort und übermittelt sprachlich. (Verb: nagad)
soweit erstmal, was ich zum ersten Abschnitt gefunden habe.
Ich kann kein Hebräisch aber laut, Nachschlagewerk kommt das Verb Jaschab nicht einmal im ganzen Kapitel 19 vor, und schon garnicht in 2.Mose 19,8
https://www.csv-bibel.de/strongs/h3427/2
Also soviel zu der Erklärung.
soso.....
https://www.chabad.org/library/bible_cdo/aid/9880
https://share-your-photo.com/b1aab6b838
Da muss deine Seite schleunigst nachbessern. 😊
Nachtrag vom 12.08.2019 1512
https://www.stepbible.org/?q=version=OHB|version=ESV|reference=Exod.19&options=VLUMCHN&display=INTERLINEAR
Nachbesser... die Wortwurzel ist nicht jaschab, sondern schub... zurückkehren
Wir hatten beide nicht recht. *zugeb*
Veröffentlicht von: @deborah71Wir hatten beide nicht recht. *zugeb*
ich hatte insofern recht das jaschab nicht vorkommt 😊
Was das aber nun für deine Argumentation bedeutet kannst du mir ja gerne erklären. Denn dein Argument beruht ja darauf das Mose im ersten Vers die Antwort des Volkes nicht ausgesprochen hatte. Nun ich vermag das aus dem Text so nicht zu entnehmen, denn wenn jemand mit Worten zurückkehrt, dann teilt er sie auch mit.
Veröffentlicht von: @arcangelich hatte insofern recht das jaschab nicht vorkommt 😊
jep.... und nicht recht in dem, dass von Reden die Rede wahr. *auch ein wenig Recht behalten möchte* 😉
gut, dass du nachgeprüft hast, sonst wäre da ein Irrtum stehen geblieben und ich hätte mir den Irrtum verinnerlicht.
handreich
Veröffentlicht von: @arcangelNun ich vermag das aus dem Text so nicht zu entnehmen, denn wenn jemand mit Worten zurückkehrt, dann teilt er sie auch mit.
Da ist die Frage des Wann und das klärt für mich Vers 9.
Keiner rennt so einfach beim König rein und sabbelt rum, ist meine Vorstellung davon, die sich aus den verschiedenen Wörtern ergibt.
Abschnitt 2:
Veröffentlicht von: @arcangel- Mehrere Verse (Exodus 19:12-13, 21-25) deuten darauf hin, dass die Israeliten begierig darauf sind, die Theophanie am Sinai zu sehen. Um zu verhindern, dass sie den Berg stürmen, sind umfangreiche Maßnahmen erforderlich, da dies fatale Folgen hätte. Andere Verse vermitteln jedoch den gegenteiligen Eindruck. Man sagt, dass das Volk von Angst ergriffen ist, und Mose muss es an den Fuß des Berges bringen und es zum Zuhören bringen (2. Mose 19,16-17). Nachdem Gott nur zehn Sätze gesprochen hat, sind sie so sehr vom Schrecken getroffen, dass sie sich weigern, weiter zuzuhören (2. Mose 20,15- 17). Wurden die Israeliten unwiderstehlich angezogen oder vor Angst zurückgeschreckt?
Beides.
Die Heiligkeit Gottes, der König kommt, das geht geordnet und kein respektloses Gerangel ist angemessen. Klar wollen alle Gott erleben.
Und dann ist es ehrfurchtgebietender,als sie sich das gedacht hatten.
Es ist was anderes, wenn der ägyptische Gottkönig Hof hält, wie wenn die Gegenwart des lebendigen Gottes nahe kommt.
1) Heiligung = Fasten, Sündenbekennen, kein Sex
2) Sammeln hinter der ersten Absperrung
3) Näherrücken an den Fuß des Berges
4) ein wenig den Berg hinaufsteigen
5) Gott und Moses reden hörbar und Mose darf weiter rauf
6) sie wollen wohl Mose hinterher, denn der wird nochmal runtergeschickt, damit die Neugierigsten nicht weiter als erlaubt hochgehen und andere mitziehen.
Die Bergspitze wirkte ähnlich wie bei einem Vulkanausbruch oder einem heftigen trockenen Gewitter, so kann man sich das vorstellen.
Der lange Ton des göttlichen Schofars...
im Gegensatz zu einem normalen Schofarblasen, bei dem der Ton am Ende leiser wird, wenn dem Bläser die Luft weniger wird, wurde hier der Ton beständig lauter und vermittelt ein Nahen.
7) Die Eindrücklichkeit des Geschehens und das bislang Unbekannte machte ganz klar Angst.
20, 18 Und das ganze Volk nahm den Donner wahr, die Flammen, den Hörnerschall und den rauchenden Berg. Als nun das Volk das wahrnahm, zitterten sie, blieben von ferne stehen
19 und sagten zu Mose: Rede du mit uns, dann wollen wir hören! Aber Gott soll nicht mit uns reden, damit wir nicht sterben.
Auch das Beantwortet die Frage nicht.
Veröffentlicht von: @deborah71Wurden die Israeliten unwiderstehlich angezogen oder vor Angst zurückgeschreckt?
für mich schon 😊
Ich kann mir den Text aber auch in 3D und Farbe vorstellen, wie das der Reihe nach abgelaufen ist.
Die Reihenfolge kann ich mir schon vorstellen.
Nur warum waren die Hebräer, als sie die Blitze und das Feuer auf dem Berg sahen, dass erstmal so erpicht näher zu kommen und das zweite Mal so davor verängstigt das sie Mose vorschickten. Im Text passiert nichts, was diese Stimmungsänderung begründen würde.
Was hätte deiner Ansicht nach denn passieren sollen?
Wie oft steht in der Bibel, wenn die Gegenwart Gottes einen Engel begleitet, dass der als Erstes sagt: "Fürchte dich nicht", Fürchtet euch nicht (die Engel bei der Weihnachtsbotschaft... und jede Menge anderer Stellen.
Und nun kommt Gott höchstpersönlich.... das ist echt noch ne Nummer krasser...
Es scheint auch mehrfach die Wolke in verschiedener Form und Geräuschbegleitung sichtbar geworden zu sein... dunkel, Blitz und Donner, Erbeben, usw....
Da war voll der amerikanische Breitbandfilmauftritt, um mal einen schwachen Vergleich mit allem Respekt zu wagen.
4): 2. Mose 24,1 (23,33; 24,3)
Veröffentlicht von: @arcangel- Nachdem der Dekalog gehört wurde, bleibt Mose allein auf Wunsch des Volkes auf dem Berg, damit Gott ihm die aktuellen Gesetze mitteilen kann. Wenn diese befreit sind (2. Mose 23,33), ist Mose noch immer mit Gott auf dem Berggipfel. Warum weist Gott Mose dann an, "zum Herrn heraufzukommen" (Exodus 24,1)? Ist Moses nicht schon mit ihm auf dem Berggipfel? Das ist er in der Tat, weshalb er genau das Gegenteil tut: "Mose kam herab und sagte es dem Volk" (2. Mose 24,3).
Jetzt hier nur ein kleiner Teil:
Veröffentlicht von: @arcangelWarum weist Gott Mose dann an, "zum Herrn heraufzukommen" (Exodus 24,1)?
Warum weiß ich jetzt nicht so ohne weiteres.
Veröffentlicht von: @arcangelIst Moses nicht schon mit ihm auf dem Berggipfel? Das ist er in der Tat, weshalb er genau das Gegenteil tut: "Mose kam herab und sagte es dem Volk" (2. Mose 24,3).
Ja, korrekt.
Aber 24,1 ist unvollständig von Dir wiedergegeben:
1 Und er sprach zu Mose: Steige zum HERRN herauf, du und Aaron, Nadab und Abihu und siebzig von den Ältesten Israels, und betet an von ferne.
Was er in 2.Mose 24,9 tut:
9 Und es stiegen hinauf Mose und Aaron, Nadab und Abihu, und siebzig von den Ältesten Israels;
es geht dann dort noch weiter mit der Beschreibung.
Veröffentlicht von: @arcangel- Nachdem der Dekalog gehört wurde, bleibt Mose allein auf Wunsch des Volkes auf dem Berg, damit Gott ihm die aktuellen Gesetze mitteilen kann. Wenn diese befreit sind (2. Mose 23,33), ist Mose noch immer mit Gott auf dem Berggipfel.
Was meinst Du mit "Wenn diese befreit sind (2.Mose 23,33)"? Das kann ich so nicht nachvollziehen. Es liest sich so, also ob Mose noch auf dem Berggipfel sei, wenn die Gesetze befreit sind. Das ergibt für mich keinen Sinn.
Für all das sollte xxx wohl mehr lesen. Das ist aber Zeit, welche ich jetzt nicht aufbringen werde.
Warum mehr lesen? Weil Moses schon in 19,3 zu Gott aufstieg.
Hi tf8,
das ist da alles sehr bewegt und Moses hat sein "Bergsteigerdiplom" gemacht, so oft, wie er rauf und runtergestiegen ist.
lg
Deborah
Bergsteigerdiplom
2. Mose 19
Vers 3 Moses steigt hoch
Vers 7 Moses kam ins Lager, d.h. er war runtergestiegen
Vers 8 Moses als Überbringer, also wieder rauf
Vers 14 Moses steigt wieder runter
Vers 20 Moses wieder rauf, diesmal auf den Gipfel
Vers 25 Moses steigt wieder runter, richtet die Worte wieder aus und tut nach
Vers 24 Moses steigt wieder hoch zusammen mit Aaron
2. Mose 20
Vers 19 und 20 Moses war wohl in Hörweite
Vers 21 Mose geht wieder näher zu Gottes Gegenwart im Dunkel
2. Mose 24
Vers 1 und 2 hier gibt es unterschiedliches Verständnis: el amar kann bedeuten: Gott sagte, hat gesagt, hatte gesagt... die Verbform zeigt eine Zeit, was innerhalb einer Erzählung (Narrativform) passierte im Sinne von während oder vorher..
Es ist also durchaus möglich, dass diese Ordnung, wer wie weit sich dem HErrn nahen darf, vor der Übermittlung der Gebote und der weiteren Anweisungen, gegeben worden war.
Aufgrund der Menge der Anweisungen sind also mehrere Mithörer und Miterinnerer anwesend demnach.
Vers 3 Moses steigt wieder runter, berichtet, schreibt alles bisherige auf. Blutopfer.
Vers 9 jetzt steigt die ganze vorher genannte Gruppe (Moses und Aaron, Nadab und Abihu und siebzig von den Ältesten Israels) auf und sieht den HErrn.
Vers 11 essen und trinken passiert wieder unten, da nicht berichtet wird, dass es oben etwas gab
Vers 12 Mose steigt wieder rauf und nimmt Josua mit
Vers 18 Mose geht noch näher zum HErrn
usw....
Zu folgenden zwei Punkten:
Veröffentlicht von: @arcangel- Am Ende seiner Karriere (Deuteronomium 19-28) erinnert Mose die Israeliten daran, dass er nach der Verkündigung des Dekalogs allein mit Gott auf dem Berggipfel blieb, um die restlichen Gesetze zu erhalten. Aber die Art und Weise, wie Mose das Ereignis beschreibt, entspricht nicht dem, was im Exodus erscheint: Er erwähnt nicht, dass er dann herabgestiegen ist und dem Volk die Gesetze verkündet, sie aufgeschrieben und ratifiziert hat. Der weit verbreitete Eindruck, dass das Deuteronomische Gesetz eine "Wiederholung" des Gesetzes ist (wie sie mit dem Namen Deuteronomium oder "zweites Gesetz" bezeichnet wird), ist im Text nirgendwo impliziert und in der Tat nicht der Fall.
Veröffentlicht von: @arcangel- Welches Verhältnis besteht zwischen der Version der Gesetze, die Mose auf dem Sinai schreibt, und dem "Buch der Thora", das er am Ende seiner Karriere schreibt (Deuteronomium 31,9)? Soll der Leser davon ausgehen, dass es zum Zeitpunkt des Todes von Moses zwei geschriebene Gesetzesbücher gab?
Der Schlüssel zum Verständnis des Deuteronomiums findet sich in Dtn 1,5, wo es heisst, dass Mose anfing, "diese Tora auszulegen". Das Deuteronomische Gesetz ist also kein zweites Gesetz, sondern die mosaische Auslegung des Sinai-Gesetzes. Mose ist damit der erste "Exeget". Dtn 1,5 verweist mit "dieser Tora" zurück auf Exodus 24,12, wo Gott Mose die Gesetze gibt, "um sie zu unterweisen". Dieser Auftrag wird erst mit dem Deuteronomium eingelöst. Dtn 1,5 weist aber auch voraus auf Dtn 4,44 ("Dies ist die Tora, die Mose den Israeliten vorlegte"). Das bedeutet, dass ab Dtn 4,44 die mosaische Toraauslegung beginnt, die sich zurückbezieht auf die am Sinai gegebene Tora.
Es gibt also zum Zeitpunkt des Todes von Mose nicht zwei geschriebene Gesetzbücher, sondern ein geschriebenes Gesetzbuch (oder vielleicht eher eine Sammlung von Rechtssätzen) und eine verschriftete Auslegung dieses Gesetzbuches. Das Deuteronomium dient als Modell, wie das Sinai-Gesetz auszulegen ist.
Veröffentlicht von: @arcangelWarum duplizieren und widersprechen sich die in diesen einzelnen Phasen gegebenen Gesetze in Hunderten von Einzelheiten?
Das müsste man an einzelnen Beispielen diskutieren. Duplikationen und Widersprüche sind weit geringer, als oft angenommen, und jeweils aus dem unterschiedlichen Kontext erklärbar.
Veröffentlicht von: @moorwacklerDer Schlüssel zum Verständnis des Deuteronomiums findet sich in Dtn 1,5, wo es heisst, dass Mose anfing, "diese Tora auszulegen".
Ok dann stellt sich, aber die Frage warum Mose das Gesetz zweimal auslegte. Das Wort, das hier mit auslegen übersetzt wurde (ba'ar) wird in Dtn 27,8 mit deutlich und in Hab 2,2 mit eingravieren übersetzt.
Was ist also nun die korrekte Übersetzung.
Veröffentlicht von: @moorwacklerEs gibt also zum Zeitpunkt des Todes von Mose nicht zwei geschriebene Gesetzbücher, sondern ein geschriebenes Gesetzbuch (oder vielleicht eher eine Sammlung von Rechtssätzen) und eine verschriftete Auslegung dieses Gesetzbuches. Das Deuteronomium dient als Modell, wie das Sinai-Gesetz auszulegen ist.
Diese Ansicht teile ich durchaus, Dtn wurde wie es der Text impliziert von Mose geschrieben. Wer hat die Sammlungen von Rechtssätzen geschrieben? Auch Mose?, oder wurde die von anderen wie Josua oder Aron oder Hur zusammengetragen.
Ich teile hier die Ansicht das die 5. Bücher Mose von Redakteueren aus diversen quellen zusammengefügt wurden und da sie jede Quelle als inspiriert betrachteten, haben sie diese nicht angepasst, sondern nur eingepasst.
Hier eine mögliche Aufschlüsselung der texte
http://thetorah.com/wp-content/uploads/2014/06/Sidebar-What-Really-Happened-at-Mount-Sinai-PDF.pdf
Veröffentlicht von: @arcangelOk dann stellt sich, aber die Frage warum Mose das Gesetz zweimal auslegte.
Wie kommst du auf zweimal?
Veröffentlicht von: @arcangelDas Wort, das hier mit auslegen übersetzt wurde (ba'ar) wird in Dtn 27,8 mit deutlich und in Hab 2,2 mit eingravieren übersetzt.
Was ist also nun die korrekte Übersetzung.
Das Wort bedeutet im Grundstamm "deutlich machen, erläutern". Zur Bedeutung des Verbs ba'ar siehe diesen nicht ganz leicht verständlichen Aufsatz von Eckart Otto:
In Dtn 27,8 und Hab 2,2 sollte mit Gesenius (18. Aufl.; verantwortet von H. Donner) ba'ar adverbial neben katav ("schreiben") im Sinne von "recht deutlich schreiben" übersetzt werden (L. Perlitt übersetzt Dtn 27,8: "du sollst ... schreiben - klar und eindeutig". => Findet sich alles im verlinkten Aufsatz von E. Otto.
Veröffentlicht von: @arcangelWer hat die Sammlungen von Rechtssätzen geschrieben? Auch Mose?, oder wurde die von anderen wie Josua oder Aron oder Hur zusammengetragen.
Nach Ex 24,4-7 hat Mose auch noch das Bundesbuch (Ex 21-23) geschrieben. Ansonsten finden sich keine Angaben darüber, wer was aufschreibt. Von Josua heisst es zumindest noch, dass er etwas ins Buch des Gesetzes Gottes geschrieben hat (Jos 24,26), wobei aber nicht ganz deutlich wird, an welche Texte dabei gedacht ist. Von einer Schreibertätigkeit Aarons oder Hurs ist nirgendwo die Rede.
Veröffentlicht von: @arcangelHier eine mögliche Aufschlüsselung der texte
http://thetorah.com/wp-content/uploads/2014/06/Sidebar-What-Really-Happened-at-Mount-Sinai-PDF.pdf
Nun ja, die Aufteilung der Texte in J, E und P gehört ja in die frühen Semester eines Theologiestudiums. In der deutschsprachigen Forschung wird diese Theorie schon seit den 1970er Jahren nicht mehr vertreten, v.a. die Idee einer Quelle E hat man schon vor Jahrzehnten ganz aufgegeben, weil sie nicht funktioniert, und auch der Jahwist ist mehr als umstritten. Nur P wird noch vertreten. In den USA und z.T. in Israel wird allerdings die ins 19. Jh. zurückreichende Theorie mit J, E und P unter dem Label der "Neo Documentarians" in neuer Fassung wieder vertreten. Die Argumente sind aber nicht besser geworden.
Veröffentlicht von: @moorwacklerIn der deutschsprachigen Forschung wird diese Theorie schon seit den 1970er Jahren nicht mehr vertreten, v.a. die Idee einer Quelle E hat man schon vor Jahrzehnten ganz aufgegeben, weil sie nicht funktioniert, und auch der Jahwist ist mehr als umstritten. Nur P wird noch vertreten. In den USA und z.T. in Israel wird allerdings die ins 19. Jh. zurückreichende Theorie mit J, E und P unter dem Label der "Neo Documentarians" in neuer Fassung wieder vertreten.
Nun der verlinkte Artikel stammt auch aus jüdischer Feder.
Der Autor, stellt die Hypothese in den Raum das P das Gerüst darstellt in das, diverse andere Quellen eingefügt worden sind, neben P stellt er dann auch noch D (Deuteronomium.) als grossen einheitlichen Schriftblock.
Veröffentlicht von: @arcangelNun der verlinkte Artikel stammt auch aus jüdischer Feder.
Ja, der Autor (Baruch Schwartz) ist einer der bekannteren Neo-Documentarians.
Veröffentlicht von: @arcangelDer Autor, stellt die Hypothese in den Raum das P das Gerüst darstellt in das, diverse andere Quellen eingefügt worden sind, neben P stellt er dann auch noch D (Deuteronomium.) als grossen einheitlichen Schriftblock.
Das Grundsystem JEDP hat sich mit Julius Wellhausen (1878, Prolegomena zur Geschichte Israels) etabliert.
Einen kleinen (vereinfachenden) Überblick über heutige Forschungsstandpunkte gibt es hier:
Despite the fundamental differences among these approaches, there is some common ground in the results of their analyses. Both supplementarian and neo-documentarian scholars by and large agree that a distinct Priestly text exists. The nature and composition of that text, however, remain significant topics of discussion. They also agree, for the most part, that Deuteronomy is a discrete entity. This leaves only the non-priestly, non-deuteronomic parts of the Pentateuch under debate, in neo-documentarian terms: J and E; in supplementarian terms:
ja soweit habe ich ihn auch verstanden.
Schwartz, Baruch J
Was ich an seinem Artikel mag, ist die Tatsache das er den Text und die Entstehung mit Respekt behandelt und von einer Inspiration ausgeht.
Und die redaktionelle Arbeit mit der des Diatessaron vergleicht.
Ja, so schätze ich ihn auch ein. Wobei es bei allen drei Modellen, die im von mir verlinkten Beitrag vorgestellt werden, Vertreter gibt, auf die das zutrifft und andere, auf die das weniger zutrifft.
Na ich denke einfach, dass man von quellen und einer Redaktion ausgehen kann, auch wenn man die Details wohl nie wissen wird, und dennoch an einer Inspiration festhalten.
Meist wird ja solche quellen Theorien, von radikalen als einen Angriff auf inspiriertheit des Wortes Gottes gesehen und deshalb abgelehnt.