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Wie alt ist das Johannesevangelium? [Korrigiert: mfg f80-mod]

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GoodFruit
Themenstarter
Beiträge : 3144

Hallo Community,

 

Ich habe mal eine Frage, bei der ich gerne vor allem die Theologen und Historiker hier ansprechen möchte:

Wann wurde der Johannesbrief verfasst und wer ist der Verfasser?

Klar könnte ich da im Netz auch was dazu finden - z.B. bei Wikipedia:

https://de.wikipedia.org/wiki/Evangelium_nach_Johannes

Das aber befriedigt mich nicht. Ich finde es aber eine wichtige Frage, weil hier z.B. Moslems oder Anti-Trinitaner gerne mit Kritik ansetzen.

Sie mögen nur die ersten drei synoptischen Evangelien akzeptieren und sagen, dass das Johannesevangelium wenig mit Jesus zu tun hätte und vielmehr ein eher theologisches Konstrukt sei, dass zum historischen Jesus und zu seiner Botschaft und seiner Bedeutung nichts aussagen würde.

Wenn man sich ansieht, dass die Theologen wohl davon ausgehen, dass das Evangelium erst 100 Jahre nach Jesu Geburt verfasst wurde, kann man dem fast zustimmen.

Wenn ich aber betrachte, welche Argumente für die Datierung genannt werden, dann habe ich so meine Zweifel, ob man diese Einschätzung auch nur irgendwie Ernst nehmen darf.

Z.B. haben wir bei Johannes die Geschichte, wonach die Eltern des geheilten Blindgeborenen sich fürchten, aus der Synagoge ausgeschlossen zu werden, wenn sie Jesus annehmen, positiv über ihn sprechen und das Wunder an ihren Sohn, ihn zuweisen. Daher verweisen sie auf das Zeugnis ihres Sohns selbst.

Das wird nun datiert auf einen Zeitraum, wo christliche Gemeinschaften wirklich als Sekten aus den jüdischen Gemeinschaften offiziell ausgeschlossen wurden. Das halte ich gelinde gesagt mal für groben Unfug, denn hier haben wir eine Geschichte, die Jesus erlebt hat, lange bevor es überhaupt christliche Gemeinschaften gab! Und dass den Kirchenführern zu Jesu Zeiten sehr kritisch gegen Jesus und alle, die ihm nachfolgten waren, ist ja auch bekannt.

Dann scheint das Evangelium unbeeindruckt vom Fall des Tempels, was ja sicher auch ein Thema sein sollte, zumal Jesus das vorhergesagt hatte. Das war 70 nach Christi und von daher kann ich mir nicht vorstellen, dass das Johannesevangelium nach 70 n.Chr. verfasst wurde.

Da es sich um einen stark theologisch geprägten Text handelt, könnte ich mir sehr wohl vorstellen, dass er später noch editiert wurde. Aber ich würde davon ausgehen, dass in der Urform dieser Text wirklich von Johannes, dem Lieblingsjünger Jesu, verfasst wurde und dass es kaum ein authentischeres Zeugnis über Jesus geben dürfte, als dieses Evangelium.

Wichtig ist dies auch deshalb, weil viele Aussagen, die verwendet werden, um Christen zu Jesus zu führen, diesem Evangelium entnommen sind.

Wir haben ja sehr alte Fragmente eine Johannesevangeliums, die auf das 2. Jh. n Chr. datiert sind. Das werden ja aber Abschriften sein und nicht das Original. Allerdings würde es mich freuen, wenn es da bei Vorhandensein besserer Methodik, auch immer mal eine Reanalyse geben würde.

Da kann es ja durchaus Überraschungen geben:

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.echt-oder-faelschung-neue-studie-turiner-grabtuch-stammt-aus-der-zeit-jesu.7ef1e360-b3a0-41b0-a94d-605799a73be3.html

Interessant auch, dass Spektrum der Wissenschaften sich des Themas neu annahm, ohne die neue Studie zu erwähnen, dafür aber die kritischen alten Studien neu aufwärmte:

https://www.spektrum.de/news/turiner-grabtuch-jesus-mit-dem-langen-arm/2225062

Wie dem auch sei - mich würde interessieren, ob das Papyrus nicht vielleicht doch älter ist und ob es Argumente gibt, die eine jüngere Entstehungszeit des Evangeliums plausibel machen.

Viele Grüße

GoodFruit

Antwort
29 Antworten
Adjutante
Beiträge : 2730

@goodfruit 

Wann wurde der Johannesbrief verfasst und wer ist der Verfasser?

Aus deinem Text entnehme ich, du meinst das Johannesevangelium. Da halte ich mich an die Wuppertaler Studienbibel. Da steht, dass Johannes das Evangelium spätestens am Ende des 1. Jahrhunderts geschrieben hat. Weiter steht drin, dass bereits um 100 das Evangelium in Ägypten verbreitet war.

adjutante antworten
2 Antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3144

@adjutante Hallo,

klar, wie dumm von mir! Ich meinte natürlich das Evangelium!

Das mit dem "spätestens Ende des 1. Jahrhunderts" ist natürlich auf jeden Fall richtig.

Ich hatte auf gute Gründe gehofft, warum wir einen früheren Zeitpunkt annehmen können.

 

goodfruit antworten
Adjutante
(@adjutante)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 2730

@goodfruit 

Ich hatte auf gute Gründe gehofft, warum wir einen früheren Zeitpunkt annehmen können.

Für mich ist das schon mal ein guter Grund, dass bereits um 100 das Evangelium in Ägypten verbreitet war. Es wurde dort auch ein Papyrusfetzen aus dem 18. Kapitel gefunden. Und das passt auch mit der Nachricht von Irenäus zusammen, dass Johannes bis in die Zeiten von Trajan (98-117) in Kleinasien gelebt hat.

adjutante antworten


Lucan-7
Beiträge : 23368

@goodfruit 

Interessant auch, dass Spektrum der Wissenschaften sich des Themas neu annahm, ohne die neue Studie zu erwähnen, dafür aber die kritischen alten Studien neu aufwärmte:

Beide von dir genannten Artikel erwähnen ausdrücklich, dass es verschiedene Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen und verschiedene Meinungen darüber gibt...

 

lucan-7 antworten
lhoovpee
Beiträge : 3032

@goodfruit 

Im von dir verlinkten Wiki-Artikel wird doch auf eine frühere Datierung (67 - 70 v.Chr.) von Klaus Berger verwiesen? Hast du diese gelesen?

Das halte ich gelinde gesagt mal für groben Unfug, denn hier haben wir eine Geschichte, die Jesus erlebt hat, lange bevor es überhaupt christliche Gemeinschaften gab!

Die Annahme, dass Juden, die sich zu Jesus bekennen, aus der Synagoge ausgeschossen werden und Jesus als Christus betitelten, wird als Indiz für eine späte Datierung gedeutet, da Anfangs ein solcher Ausschluss nicht stattfand. Jesus selbst besuchte ja regelmäßig die Synagoge. Auch 12,42 und 16,2 wird ein solcher Ausschlussgefahr hingewiesen.

Warum das Unfug sein soll, verstehe ich nicht. Es ist ein Indiz, dem man folgen kann oder nicht. Gerade das es zu dem Zeitpunkt der Geschichte noch keine christlichen Gemeinschaften gab, ist ja der Indiz, dass der Text zu einem Zeitpunkt geschrieben wurde als es solche Gemeinschaften gab. 

 

lhoovpee antworten
2 Antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3144

@lhoovpee Der Grund, warum ich das Argument, dass das Ausschließen von der Synagoge für eine späte Autorschaft zeugen soll, für nicht gegeben sehe ist, dass hier eine Begebenheit um Jesus erzählt wird - und zwar eine, die in direktem Zusammenhang mit einem grad geschehenen Wunder Jesu steht. Es ist bekannt, dass die Hohepriester Jesus am liebsten loswerden wollten und dass folglich auch zu Jesu Zeiten auf Erden die Nachfolger mit „Unannehmlichkeiten“ rechnen mussten.

Für mich gehört die Angst vor einem Ausschluss ganz klar in die Zeit vor der Kreuzigung. Daher kann ich hier kein Argument für eine Datierung auf eine Zeit sehen, wo der Ausschluss offiziell und allgemein vollstreckt wurde.

goodfruit antworten
lhoovpee
(@lhoovpee)
Beigetreten : Vor 8 Jahren

Beiträge : 3032

@goodfruit 

Für mich gehört die Angst vor einem Ausschluss ganz klar in die Zeit vor der Kreuzigung

Hier das Wort "ganz klar" zu verwenden ist dann doch etwas überheblich... ohne irgend welche Belege vorzubringen, dass es solch ein Ausschluss gab. Die anderen Evangelien berichtet zumindest nicht darüber. 

lhoovpee antworten


MrOrleander
Beiträge : 2283

@goodfruit 

Wann wurde der Johannesbrief verfasst und wer ist der Verfasser?

Was erwartest Du hier für eine Antwort? Die Quellenlage für das erste Jahrhundert nach Christus ist desaströs, weil es im Grunde keine Quellen mehr gibt. Daher ist (und bleibt vermutlich) alles Spekulation, was zur Entstehungszeit der Evanglien behauptet wird. Mehr oder weniger gut begründet. 

mrorleander antworten
1 Antwort
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3144

@mrorleander Die Frage nach dem Zeitpunkt der Verfassung und dem Verfasser ist insofern wichtig, als von Seiten des Islam hier angesetzt wird, den Kern des Evangeliums zu zerrütten und der Unwahrheit zu bezichtigen.

Ich hatte einige YouTube Videos zum Islam angeschaut. Darunter gab es welche, die den Islam als arianisch beeinflusste Sekte bezeichneten. Danach wäre der Islam im Ursprung eine christliche Sekte, die eine Sondermeinung vertritt, die einmal heiß diskutiert, aber abgelehnt wurde. Diese ist antitrinitarisch und lehnt es ab, dass Gott (bzw. sein Sohn in Vertretung) am Kreuz gestorben ist. Ich finde das eine interessante Sicht. Lässt man aus dem Namen Mohammed die Selbstlaute weg, bekommen wir eine Buchstabenfolge, die für einen Namen steht, der auch für Jesus verwendet wurde. Diese Sichtweise kommt aus einer christlichen Ecke, die so weit geht, die Existenz von Mohammed anzuzweifeln und zu behaupten, dass man sich hier in Wirklichkeit auf Jesus selbst bezieht. Ich will diese Sicht hier nicht stützen oder überhaupt diskutieren. Das nur als Hinweis, dass es in diesem Feld grad erhebliche Aufbrüche zu neuen Sichtweisen gibt.

Die gibt es auch von Seiten des Islam und hier finden sich Beiträge von einem Konvertiten vom Christentum her (er war mal wiedergeborener Christ), der die synoptischen Evangelien dem Johannes Evangelium gegenüberstellt und behauptet, dass dieses kein wirkliches Evangelium sei, sondern mehr eine theologische Abfassung, die ein bestimmtes Dogma, das er für falsch hält, promoten will.

Wirkliches Gewicht würde diese Haltung nur bekommen, wenn sich nachweisen ließe, dass das Johannesevangelium sehr spät (nach Johannes Tod) von einer anderen Person verfasst wurde. Davon gehen die Vertreter dieser Sicht nämlich aus.

Das Johannesevangelium ist aber von besonderer Bedeutung, weil wir hier die ganze geistliche Dimension von Jesus als dem Christus aufgezeichnet bekommen und wir viele Aussagen, mit denen Christen Jesus charakterisieren und ihn auch attraktiv für andere machen, finden.

 

goodfruit antworten
Kappa
 Kappa
Beiträge : 702

@goodfruit Hi,

 

Vielleicht hatte Johannes einzelne Segmente bereits früher aufgeschrieben und erst um das Jahr Hundert herum, zusammen mit der Offenbarung? Alles zusammen gefasst

Ich denke auch das Jesuskritische Synagogenführer Familien hätten ausschließen können.

kappa antworten
1 Antwort
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3144

@kappa Ja, das wäre möglich.

goodfruit antworten


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