Bonhoeffers Theorie...
 
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Bonhoeffers Theorie über die "Dummheit"

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Hi,

dieses Video bheschöftigt mich gedanklich zur Zeit sehr.

 

Wie denkt ihr darüber oder was sind deine Gedanken.

 

https://www.youtube.com/watch?v=wnhL1W9dj1w

 

M.

 

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Deborah71
Beiträge : 22990

@meriadoc 

Gut gemacht, das Zeichentrickvideo über Bonhoeffer

deborah71 antworten


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@meriadoc 
Was Bonhoeffer schreibt ist heute wie damals gültig. Und was gerade heutzutage noch hinzu kommt, ist die weit verbreitete Gleichgültigkeit, Motto "Mir doch egal..." Und diese findet man meiner Meinung nach besonders unter dummen Mitbürgern. 

Und das ist die Situation, an der man verzweifeln könnte. Wenn Menschen zu dumm sind, politische, soziale oder wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, dann kann man ihnen kaum einen Vorwurf machen. Theoretisch könnte man sie u.U. belehren, weiterentwickeln und damit die Dummheit zurückdrängen. 
Da es vielen von ihnen aber ziemlich egal ist, weil ihre Dummheit nur noch von ihrer Gleichgültigkeit getoppt wird, sind alle diesbezüglichen Versuche nur noch "verlorene Liebesmühe". 

Meines Erachtens sind sowohl bestimmte Formen von Dummheit, Gleichgültigkeit und Bequemlichkeit (Faulheit) die unmittelbaren  Folgen einer ausgeprägten Konsumhaltung, die keine Eigeninitiative zulässt. 

Brave new world.....

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@bepe0905 

Danke 🙏 

Seit einiger Zeit befasse ich mit dem Problem des Verdrängens. Man weiß das es richtig ist, tut man aber nichts. Seit Jahren redet man über Klimawandel und doch wird konsumiert als gäbe es das nicht. Klimanwandel ist nur ein Teil von vielen anderen Dingen. 

Da gibt es Leute, die halten Vorsorgeuntersuchung für „Quatsch“. Dann, wenn es mal zu spät ist, wird gejammert. 

M.

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Lucan-7
Beiträge : 21574

@meriadoc 

Wie denkt ihr darüber oder was sind deine Gedanken.

Nun ja... es enthält einige bemerkenswerte Ansätze, aber es bleibt leider oberflächlich, beispielsweise in der Frage, was "Dummheit" hier nun eigentlich genau sein soll.

 

lucan-7 antworten
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(@deleted_profile)
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@lucan-7 

Wie definierst du Dummheit?

So wie Forrest Gump: Dumm ist der der dummes tut?

https://web.de/magazine/wissen/psychologie/psychiaterin-heidi-kastner-interview-dummheit-gefaehrlich-gesellschaft-36568130

 

Ich finde, es gibt Dummheit und Dummheit. Das Interview finde ich interessant. Werde mir mit großer wahrscheinlichkeit dieses Buch zuzlegen.

 

M.

 

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Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21574

@meriadoc 

Wie definierst du Dummheit?

Das hängt immer vom Zusammenhang ab. Ein Mensch ist in der Regel in einer bestimmten Beziehung "dumm", sei es, weil ihm Bildung fehlt oder weil er bestimmte Zusammenhänge nicht durchschaut.

Deshalb wäre es wichtig, wenn man von Dummheit redet, zumindest kurz zu erklären was genau damit jetzt gemeint ist. Und das wird in dem Video nicht erklärt, "Dummheit" steht da letztlich einfach für "Nazis". Und das ist zu wenig.

 

lucan-7 antworten


GoodFruit
Beiträge : 2609

@meriadoc Unter dem Video ist ein Link auf den Bonhöfer Text "Nach 10 Jahren".

Daraus folgendes Zitat (Hier noch mal die Quelle: https://sumsinagro.de/nach_zehn_jahren ):

Auf der Flucht vor der öffentlichen Auseinandersetzung erreicht dieser oder jener die Freistatt einer privaten Tugendhaftigkeit. Aber er muß seine Augen und seinen Mund verschließen vor dem Unrecht um ihn herum. Nur auf Kosten eines Selbstbetruges kann er sich von der Befleckung durch verantwortliches Handeln reinerhalten. Bei allem, was er tut, wird ihn das, was er unterläßt, nicht zur Ruhe kommen lassen. Er wird entweder an dieser Unruhe zugrunde gehen oder zum heuchlerischsten aller Pharisäer werden.

Wer hält stand? Allein der, dem nicht seine Vernunft, sein Prinzip, sein Gewissen, seine Freiheit, seine Tugend der letzte Maßstab ist, sondern der dies alles zu opfern bereit ist, wenn er im Glauben und in alleiniger Bindung an Gott zu gehorsamer und verantwortlicher Tat gerufen ist, der Verantwortliche, dessen Leben nichts sein will als eine Antwort auf Gottes Frage und Ruf. Wo sind diese Verantwortlichen?

Ganz schön herausfordernd! Hoffentlich finden sich diesmal ein paar mehr als das letzte Mal.

Wobei mein Eindruck ist, dass ganz viel Dummheit, wie es auch im Video benannt wird, in sozialen Gruppen zu finden sind. Da gibt es solche Gruppen, die zwar großes Intellekt, aber wenig Freiheit und eigenständige Meinung haben. Hier ist meine Hoffnung, dass in diesen Gruppen Menschen aufwachen und wahrnehmen, dass der soziale Kontext, der einmal gut war, inzwischen verdorben ist. Wenn sich diese Erkenntnis dort durchsetzt, dann kann ganz plötzlich eine große Zahl an dummen Menschen zur Wahrheit befreit werden und das Ruder noch mal rumreißen. Denn je mehr mit Lügen und Gewalt agiert wird, um so deutlicher wird die Natur des Fundaments bestimmter Gemeinschaften und Bewegungen. Möge Jesus Ihnen allen beistehen und den Mut zur Selbstbefreiung geben und gleichzeitig aber auch der Schutz Gottes vor Verfolgung sie umgeben!

 

 

goodfruit antworten
Jack-Black
Beiträge : 3630

@meriadoc 

Wie denkt ihr darüber oder was sind deine Gedanken.

 

Ich denke, dass das Video erstaunlich inhaltsleer rüberkommt. Was Dummheit sei, wird nicht analysiert, beziehungsweise wird behauptet, das, was üblicherweise unter Dummheit verstanden werde, nämlich ein Mangel an intellektuellen Fähigkeiten, sei keine. Statt dessen wird die Dummheit als moralisches Problem hingestellt, ja eigentlich das Böse mit der Dummheit identifiziert. Was Quatsch ist, wenn man eben noch sagte, nicht die Bosheit, sondern die Dummheit sei das gravierendere Problem.

Dabei apelliert das Video selbst an die mangelnde intellektuelle Einsichtsfähigkeit der Zuschauer, indem lang und breit dargelegt wird, was Bonhoeffer doch für ein toller Mann gewesen sei, der von den bösen Nazis dann ermordet wurde: So, als ob sein persönliches Schicksal in irgendeiner Weise ein Beleg dafür wäre, ob seine "Theorie über die Dummheit" zutreffend oder nicht sei. Die Zuschauer werden bei ihrem Selbstbild gepackt: wie kann man einem solchen tapferen Opfer der Nazis nicht zustimmen in dem, was er sagt oder schreibt? Das kann man doch nur als böser oder dummer Mensch, nicht wahr?

Naja, ich stimme ihm da nicht zu, bzw. stimme ich dem Video nicht zu, das ja vor allem darin besteht, bestimmte Aussagen Bonhoeffers zu interpretieren oder zu referieren. Keine Ahnung, was von beidem in diesem Fall zutrifft, d.h. ich weiß nicht, ob das Video Bonhoeffers Position korrekt darstellt. Daher beziehe ich mich hier eigentlich nicht auf den historischen Bonhoeffer, sondern nur auf die Figur Bonhoeffer, die in dem Video skizziert wird.

Die Flachheit der Analyse sei an einem Beispiel erläutert. Es wird behauptet, dass "der Mensch" unter dem überwältigenden Einfluß der steigenden Macht seiner inneren Unabhängigkeit beraubt werde und "mehr oder weniger bewußt" seine autonome Position aufgebe. Dann wird kurz noch behauptet, der dumme Mensch sei nicht selbstbestimmt (Illustration: eine Marionette), sondern sei wie verhext und werde in seinem Wesen mißbraucht - was auch immer das bedeuten soll (ausserhalb seines Wesens wird er demgemäß ja nicht mißbraucht...). Dann kommt das, worauf das ganze Gelaber von Anfang an hinausläuft: "Der so zum willenlosen Werkzeug gewordene Dumme ist auch zu allem Bösen fähig."

Aha. So geworden. Wie noch gleich? Es wird da irgendein Mechanismus behauptet, nach welchem Leute, eben noch voller innerer Unabhängkeiten und autonomen Positionen, würden "unter dem überwältigenden Einfluß der steigenden Macht" zu willenlosen Werkzeugen, zu allem Bösen fähig.

Hitler war's. Oder der Teufel, man weiß es nicht so genau. Aber mit dem Versagen intellektueller Fähigkeiten hat das natürlich nix zu tun, wenn man Propaganda auf den Leim geht. Und auch nichts - da mußte ich dann echt schmunzeln - mit Psychologie, sondern allein mit Soziologie. Dummheit als soziologisches Phänomen.

Ist einer dumm, wenn er den Ast absägt, auf dem er sitzt? Falls ja - was daran wäre nun der soziologische Aspekt?

Ist einer dumm, wenn er zehnmal auf die gleiche Weise versucht, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, dabei jedes Mal scheitert und dann auch beim elften Anlauf seine Strategie nicht ändert? Falls ja - was wäre daran der soziologische Aspekt?

Freilich, ja, Propaganda funktioniert. Und freilich, ja, es gibt Methoden, die Massen zu lenken. Das ist so neu nicht, diese Methoden werden schließlich spätestens seit Machiavelli systematisch unersucht. Und dass es sich da nicht allein um ein soziologisches, sondern sehr wohl auch um ein psychologisches Ding dreht, war den großen Soziologen des letzten Jahrhunderts, allen vorweg Theodor W. Adorno, bewußt.

Lenkung der Massen ist möglich und das bedeutet, dass selbstverständlich die Elemente der Masse dazu ihre autonome Position aufzugeben haben - sonst können sie ja überhaupt keine Masse bilden.

Aber schaffen es die Dummen, solcherart die Massen zu lenken? Nein, dazu gehört Gerissenheit, dazu gehört Intellekt, dazu gehört insbesondere Menschenkenntnis, psychologisches Knowhow.

Ist es ethisch falsch, die Massen zu lenken? Na klar, wir denken da zuerst an die Nazis oder die roten Totalitaristen wie Mao und Stalin.

Aber auch die britischen und us-amerikanischen Massen mußten gelenkt werden, um Hitler Einhalt zu gebieten, auch dort gab es Kriegspropaganda der mehr oder weniger aufrichtigen Art. War es nicht gut, dass sich so viele amerikanische junge Männer dazu bewegen ließen, ihre autonome Position aufzugeben und sich am D-Day verheizen zu lassen? Waren das kluge Männer? Oder waren nicht doch eher diejenigen klug, die im Generalsstab sitzend die Fußsoldaten Richtung Drecksarbeitverrichten schickten?

Jede "Bewegung" von Belang ist eine Massenbewegung. Eine Massenbewegung, die sich aus lauter Individuen mit "autonomen Positionen" zusammensetzt, kommt nicht so recht in Bewegung. Die Aufgabe von Autonomer Selbstbestimmung ist im Rahmen von Massenbewegungen notwendig, um diese effektiv werden zu lassen. Man nehme die effektivste Organisation als Beleg: die Armee. Die setzt sich optimalerweise aus Elementen zusammen, welche ihre individuellen Interessen (autonome Positionen) zurückstehen lassen und sich ganz darauf konzentrieren, ihre jeweiligen Befehle zu befolgen. Sind also alle Soldaten dumm? Aber Moment mal - selbst wenn man, wie ich, intuitiv dazu neigt, diese Frage mit Ja zu beantworten - was machte sie noch gleich dumm?

Etwa der überwältigende Einfluß der steigenden Macht? Wo kommt der denn plötzlich her, wenn ein Achtzehnjähriger sich entscheidet, mal ein paar Jährchen Zeitsoldat zu werden? Oder wenn ein Siebzehnjähriger denkt, er müsse sein von pösen Usurpatoren angegriffenes Heimatland verteidigen?

 

In meinen Augen ist das Video so prätentiös wie inhaltsarm. Und intellektuell auf einem recht überschaubaren Niveau, wie immer, wenn das stärkste verwendete Argument das Autoritätsargument darstellt. Vermutlich aber halten sich die Macher für auf der moralisch richtigen Seite stehend und deswegen (!) für nicht dumm.

Dumm und/gleich böse sind ja immer die anderen.

 

 

 

 

p.s.: Ja, auch ich mag die AfD nicht und ja, es ist klar, dass solche Bauernfänger sich die Dummheit vieler zunutze machen. Aber falls jemand beim Betrachten des Videos unwillkürlich an die AfD gedacht haben sollte - wie erklärt man sich deren Erfolge, wo sie doch offenkundig überhaupt so gar keine "steigende Macht" darstellten? All die Anhänger: nur an Marionettenfäden hängende Dummies? Wer hatte denn überhaupt die Mittel, all diese Marionettenfäden zu knüpfen?

Der Aufstieg Hitlers wie auch der Aufstieg Orbans oder Trumps oder Bolsonaros begann irgendwann mal klein und also konnten deren erste (und wichtigstes) Anhänger unmöglich durch den überwältigenden Einfluß steigender Macht gewonnen werden, weil's den halt nicht gab am Anfang. Und damit ist das simple Konzept von Dummheit, welches uns dieses Video auch gleich noch als Theorie verkaufen will, durch die Tatsachen widerlegt.

Literaturtipp zum Thema am Ende: Elias Canetti: "Masse und Macht". Und weil eh keiner meine Literaturtips befolgt, hier eine unterhaltsame Annäherung: Adorno unterhält sich mit dem Autoren über sein Buch.

jack-black antworten
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Kintsugi
(@kintsugi)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 831

@jack-black 

Danke für Deine Analyse. Sie gibt sehr gut wieder, was ich beim Ansehen auch gedacht habe. Genau diese Fragen gingen mir auch durch den Kopf:

Statt dessen wird die Dummheit als moralisches Problem hingestellt, ja eigentlich das Böse mit der Dummheit identifiziert. Was Quatsch ist, wenn man eben noch sagte, nicht die Bosheit, sondern die Dummheit sei das gravierendere Problem.

Aber schaffen es die Dummen, solcherart die Massen zu lenken? Nein, dazu gehört Gerissenheit, dazu gehört Intellekt, dazu gehört insbesondere Menschenkenntnis, psychologisches Knowhow.

In meinen Augen ist das Video so prätentiös wie inhaltsarm. Und intellektuell auf einem recht überschaubaren Niveau, wie immer, wenn das stärkste verwendete Argument das Autoritätsargument darstellt. Vermutlich aber halten sich die Macher für auf der moralisch richtigen Seite stehend und deswegen (!) für nicht dumm.

Dumm und/gleich böse sind ja immer die anderen.

 

Bonhoeffer ist nicht einfach zu verstehen, ich bin mir auch nicht sicher, inwieweit der Inhalt des Videos wirklich dem entspricht, was er sagen wollte. 

M.a.W.: Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so einfach gestrickt diese Frage beantwortet hat.

 

.

kintsugi antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2609

@jack-black Hallo,

ich möchte auch noch einen Gedankenansatz zum Thema Dummheit hinzuführen:

https://www.wikiwand.com/de/Carlo_M._Cipolla

Carlo M. Cipolla ist eigentlich Wirtschaftshistoriker und hat somit gewissen wissenschaftlichen Zugang. Er hat ein Buch geschrieben, in dem er sich mit der Dummheit beschäftigt. Es ist immer die Frage, wie "dumm" definiert wird. Carlo M. Cipollas Definition halte ich für gut nachvollziehbar:

Stellen wir uns ein Koordinatensystem vor - so zwei im rechten Winkel gekreuzte Achsen, bei denen an der einen x und der anderen y steht. An diesen Achsen stehen Zahlen als Maß für einen Wert und die Achsenabschnitte nach links und nach unten haben negative Werte.

Cipolla hat so ein Koordinatensystem aufgemacht, in dem sich "Dummheit" in eins der Quadranten einordnen lässt.

Was steht jetzt an den Achsen? An der horizontalen Achse (x, von links nach rechts verlaufend) wird der Gewinn einer Haltung, einer Meinung oder von Aktivitäten für die Person selbst abgetragen. Wer also links im negativen Bereich ist, der schadet sich selber und wer im rechten positiven Bereich ist, der nutzt sich mit seinem Verhalten.

Die vertikale Achse (y, von oben nach unten verlaufend) bemisst den Nutzen für die Gruppe, die Gesellschaft, den Staat etc. Wer da unten im negativen Bereich abgetragen werden muss, der schadet der Gemeinschaft und wer im positiven oberen Bereich ist, der nutzt der Gesellschaft.

Ein Koordinatensystem hat immer 4 Quadranten - ich benenne hier mal den Wertebereich x/y gemäß der Definition von x und y oben bei der Beschreibung der Achsen: -/+ (oben links) , +/+ (oben rechts), +/- (unten rechts), -/- (unten links).

Die Bedeutung in diesen Quadranten wäre nach dem Nutzen für Individuum und Gesellschaft:

-/+ (oben links): Person schädigt sich selber, nutzt aber der Gesellschaft. Ein Fall von selbstlosem Verhalten, Alturismus.

+/+ (oben rechts): Person nutzt sich selber, schädigt aber die Gesellschaft. Eine Win-Win Situation. Das ist Klugheit.

+/- (unten rechts): Person nutzt sich selber, schädigt aber dabei der Gesellschaft. Das ist ein Bandit!

-/- (unten links): Person schädigt sich selber und der Gesellschaft. Das ist ein klarer Fall von Dummheit!

Demnach wäre eine dumme Person, eine Person, die mit ihrem Verhalten sowohl sich sleber als auch der Gemeinschaft Schaden zufügt.

Wir behandeln hier ja Bonhoeffer und damit die Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus. Wie kann man hier die 4 Quadranten aufmachen?

Zunächst einmal ist es schwierig bei neu aufkommenden Bewegungen, ihren Wert abzuschätzen. Es ist zu wenig bekannt, sie setzten Propaganda ein, um selbst möglichst positiv rüberzukommen und es werden die Massen begeistert - d.h. auch, es wird ein Geist auf die Massen gelegt.

Kommt es aber zu ersten Taten, so fällt die Maske gemäß:

Mt 7,16 An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man denn Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln?

Politische Morde, Bespitzelung der Bevölkerung, Lügen in der Argumentationskette, Willkür, ...

Es wird also erkennbar, ob ein System gut oder böse ist - wobei hier die Boshaftigkeit ja noch mit dem Nutzen für die Gemeinschaft begründet wird (die Nazis argumentieren also altruistisch: Ein Schaden wird in kauf genommen, um der Masse als Ziel zu nutzen).

Glaube ich dieser Lüge, dann bin ich natürlich mit meiner Zustimmung und Nachfolge im eigenen Weltbild ein Gewinner.

Praktisch stehen die Nazis selbst als Banditen da: sie waren bereit die Gesellschaft, die Kultur, die Wahrheit und alles Gute zu opfern, um sich ein System zu schaffen, in dem nur sie die Nutznießer sind.

Habe ich aber ein Weltbild, dass die Praktiken der Nazis ablehnen muss - etwa, weil es meinem Glauben entgegensteht, dann wird es schon schwieriger:

- ich kann den Nazis zustimmen und schade damit mich selber (inneren Frieden, ewige Perspektive) und der Gesellschaft (moralischer Niedergang, wirtschaftlicher Ruin, zerrüttete Kultur). Ich bin aber Mitläufer, halte den Mund und engagiere mich aber nicht groß, so dass ich auch aktuell wirtschaftlich oder gesellschaftlich nicht aus der Situation profitiere. Das wäre Dummheit, denn ich ruiniere alles: mich selber und meine Gesellschaft und die Kultur.

- ich kann nach außen hin zustimmen, innerlich aber ablehnen und heimlich im Widerstand aktiv sein. Das wäre hier die kluge Person, die versucht, eigenen Schaden zu minimieren und die Gesellschaft aber vor der endgültigen Dekandenz zu bewahren. Quadrant oben rechts.

- ich kann aktiv und sichtbar Rebellieren und dabei Schaden nehmen (z.B. Geschwister Scholl), mein Verhalten wäre der Gesellschaft von Nutzen. Wir Deutsche heute leben von den Widerstandskämpfern, weil diese zeigeten, dass das Volk nicht in Gänze verdorben ist. Persönlicher Schaden steht gesellschaftlichen Nutzen gegenüber. Alturisitisches Verhalten.

- Ich kann den Nazis zustimmen und mich maximal engagieren. Dann schade ich der Gesellschaft, indem ich ihren Ruin anstrebe - versuche aber in der Situation maximalen Gewinn für mich selber rauszuholen. Das wäre ein Bandit, der für persönlichen Gewinn über Leichen geht.

 

Somit wäre ich in der Bewertung auch da, wo Bonnhoefer die Dummen einordnet. Menschen, die sich selber (Wissen, Gewissen, Glauben etc.) aufgeben und sich wie Schlachtvieh treudoof führen lassen.                           

 

goodfruit antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21574

@goodfruit 

Somit wäre ich in der Bewertung auch da, wo Bonnhoefer die Dummen einordnet. Menschen, die sich selber (Wissen, Gewissen, Glauben etc.) aufgeben und sich wie Schlachtvieh treudoof führen lassen.

Das heißt aber, es geht gar nicht um "Dummheit", sondern um Werte. Denn wenn man mit den Zielen der Nazis übereinstimmte, dann konnte man ja sehr wohl davon profitieren. Dazu mag auch die Überzeugung gehören, dass der "Heldentod" gar keine schlechte Sache sei. Und zu gewinnen gab es ja auch einiges.

Die Gegenseite der "Dummheit" bestünde hier einzig und allein darin, nicht mit den Werten der Nazis überein zu stimmen, sondern an andere Werte zu glauben.

 

 

lucan-7 antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3630

@goodfruit Moin!

Demnach wäre eine dumme Person, eine Person, die mit ihrem Verhalten sowohl sich sleber als auch der Gemeinschaft Schaden zufügt.

Damit hast Du in einem Satz schon mehr geschafft, als das Video in seiner kompletten Länge: Wenigstens eine Definition für Dummheit, oder zumindest für eine dumme Person aufgestellt.

Danach hast Du dann dieses Koordinatenkreuz nach Carlo M. Cipolla eingeführt, anhand dessen man gegebenenfalls das Maß an Dummheit einer bestimmten Person grafisch darstellen könnte.

Nun habe ich Cipollas Buch nicht gelesen, aber allein so eine halb-wissenschaftliche* Illustration ist ja nun auch noch keine Theorie.

Unter einer "Theorie der Dummheit" würde ich verstehen, dass dargelegt wird, wie genau die Mechanismen dummen Verhaltens aussehen. Wie kommen "dumme Entscheidungen" zustande, was läuft bei ihrer Genese anders als bei derjenigen "kluger Entscheidungen"? Welche Kriterien gibt es, nach welchen eine dumme Entscheidung von einer klugen Entscheidung unterscheidbar wäre, ohne schon über Informationen bezüglich der direkten und mittelbaren Konsequenzen dieser Entscheidung zu verfügen?

Unter welchen Konditionen tritt dummes Verhalten (inform statistischer Häufungen von schädlichen Entscheidungen) auf? Welche dieser Konditionen sind unabhängig von den Personen, welche solche dummen Entscheidungen treffen? Und welche dieser Konditionen sind - beispielsweise inform eines mangelhaften Reflexionsvermögens/niedrigen Intelligenzquotienten, psychischer Erkrankungen (Psychopathien) allein in den entscheidenden Personen liegend?

Es müßte ein Modell des Zustandekommens dummer Entscheidungen konzipiert werden, dessen Prognosemächtigkeit sich dann anhand von empirisch erhobenen Daten erweisen könnte.

Das bringt mich zu diesem Punkt:

Kommt es aber zu ersten Taten, so fällt die Maske gemäß:

Mt 7,16 An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man denn Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln?

Nun erinnern wir uns mal an die "ersten Taten" der Nazis. Ich will da jetzt nicht etwa verklären, was sie, einmal an der Macht, taten, aber ein Perspektivwechsel auf einen Durchschnittsdeutschen hilft vielleicht, um zu illustrieren, warum ich Deiner Behauptung, die Maske falle nach den ersten Taten, nicht zustimmen kann. Die ersten Taten des Naziregimes aus Perspektive eines damaligen Durchschnittsdeutschen bestanden darin, dass sie "Arbeit für alle" (beispielsweise beim Autobahnbau) schafften. Darin, dass sie mit dem "Volksempfänger", mit den "Volkswagen" und Initiativen wie "Kraft durch Freude" viel taten, "einfachen Leuten" Kultur, Unterhaltung, Bildung, Reisen und Komfort zu bieten.

Darin, dass sie "Ordnung" auf die Straßen brachten, die vorher so eine Art Wildwest-Charme boten mit regelmäßigen Prügelschlachten zwischen braunen und roten "Kämpfern". Die Jungs hatten Spaß bei Zeltlagern und Nachtwanderungen im Wald, organisiert von der Hitlerjugend. Die Mädels fanden Idendifikationsmöglichkeiten im BdM: gemeinsame Wanderungen, Theateraufführungen, gemeinsames Singen und Kochen.

Aus Perspektive eines Durchschnittsdeutschen waren das sehr süße, überzeugende, nahrhafte Früchte, insbesondere nach den gerade durchlittenen Nöten in der Wirtschaftskrise. Dann gab's die glorreiche Olympiade, die sich in den Augen unseres Durchschnittsdeutschen so darstellte, dass die ganze Welt das Deutsche Reich bewunderte und auch beneidete: die ersten Fernsehübertragungen der Geschichte (Filmtipp nebenbei: "Contact" mit Jodie Foster in der Hauptrolle! 😉 ) zeugten von dieser Überfülle guter Früchte des nationalsozialistischen Regimes.

 

Wir Nachgeborenen fühlen uns schlauer, denn wir betrachten die Geschichte von ihrem Ende her, wie es uns erzählt wurde. Wenn man weiß, das ein Kreuzchen auf dem Wahlzettel im Januar 1933 für die NsdAP schlußendlich zu den von Bomber-Harris illuminierten Dresdner Feuernächten führen würden, wenn man im Laufe seiner Schulkarriere mindestens einmal nach Buchenwald oder Ausschwitz gefahren wurde und als Abiturient mindestens zwei, dreimal wochenlang sich mit dem Dritten Reich als Gegenstand des Geschichtsunterrichts auseinanderzusetzen hatte - dann sind die Früchte einfach zu erkennen.

Aber nachher sind immer alle schlauer.

Schauen wir mal über den Tellerrand hinaus und nehmen statt Hitler und Deutschland statt dessen Mao und China.

 

Waren diejenigen, die Mao auf seinem "langen Marsch" begleiteten, nun dumme Menschen? Schadete ihr Engagement für den Maoismus der chinesischen Gesellschaft - einer Gesellschaft, die lange von den Kolonialmächten gedemütigt und geschunden worden war? Ja,

Politische Morde, Bespitzelung der Bevölkerung, Lügen in der Argumentationskette, Willkür, ...

waren sicherlich übliche Bestandteile des Maoismus. Sie sind es bis heute. Allerdings...

Hätte unsere Diskussion vor vierzig Jahren stattgefunden, hätte man China als weiteres Belegbeispiel neben Hitlerdeutschland für Deine Position heranziehen können. Stichworte: die hexenwahnhafte Kulturrevolution, der "Großer Sprung nach vorn" mit seinen Hunderten Millionen Hungertoten usw.

Aber heute? Heute steht das totalitäre China kurz davor, das globale Herrschaftszepter zu übernehmen: die Wirtschaftswachstumszahlen sind seit Jahrzehnten gigantisch, die wirtschaftlichen Fortschritte atemberaubend, die Lebenserwartung - die doch wohl deutlichste Kennzahl dafür, wie "gut" es den Menschen geht - wuchs in China zwischen 1950 und von - bitte anschnallen! - 43,7 auf  78,1 im Jahr 2020. Wie kann man angesichts solcher Zahlen behaupten, es sei eine dumme, d.h. für die Gesellschaft schädliche, Entscheidung gewesen, sich für den Maoismus, bzw. den chinesischen sozialistischen Totalitarismus zu engagieren?

Ob das Engagement für ein totalitäres System am Ende für die Mehrheitsgesellschaft schädlich oder nützlich sei, läßt sich möglicherweise eher anhand des Vergleichs zwischen Indien und China überprüfen: beides Riesenländer mit einer riesigen Einwohnerzahl, beides Länder, die einst unter der Knute der Kolonialmächte standen. Es ließe sich wohl begründen, dass Indien eher den demokratisch-freiheitlichen, China indessen den totalitaristischen Weg beschritt. Und nun schauen wir uns an, wie die Länder heute im Vergleich da stehen. Ganz ehrlich? Müßte ich heute wählen, ob ich morgen sterbe und direkt in einen durchschnittlichen Inder oder einen durchschnittlichen Chinesen reinkarniere - ich würde mich für die chinesische Reinkarnation entscheiden. Allein schon, weil ich dann mit einer um rund 8 Jahre höheren Lebenserwartung zu rechnen hätte...

 

Der Punkt, auf den ich hinaus will ist:

Politische Morde, Bespitzelung der Bevölkerung, Lügen in der Argumentationskette, Willkür

sind keine "Früchte" eines für die Gesamtgesellschaft schädlichen Regimes, sondern die üblichen Instrumente der Machtpolitik. Man kann deren Anwendung mit guten Gründen als verwerflich bewerten, aber es erscheint mir offensichtlich, dass sie nur die Mittel zur Erreichung dessen, was man als "Früchte" bezeichnen könnte, darstellen. Vor wenigen Tagen erledigten us-amerikanische Drohnen den ranghöchsten Führer von al-Kaida Aiman al-Sawahiri. Ein klassicher politischer Mord, oder? Die NSA bespitzelte über Jahre hinweg zig Millionen von Handyusern. Das fällt doch wohl eindeutig unter "Bespitzelung der Bevölkerung", nicht wahr? Lügen in Argumentationsketten lassen sich vermutlich bei sämtlichen Regimes auf dieser Welt im Dutzend billiger nachweisen. Und Willkür? Kommt ständig vor, in demokratischen Systemen vermutlich nicht seltener als in totalitären Systemen. (Warum gilt Xi Jinping in China als unangefochtener Führer? Insbesondere, da er das Maß der alltäglichen Korruption, diesem Paradefeld der Willkür, erheblich reduzierte.)

Alle von Dir angeführten Symptome können also für unsere derzeitige Gesellschaft als erfüllt bezeichnen. Würdest Du sagen, dass demgemäß ein Engagement für unsere Gesellschaft und deren politische Verfaßtheit (Machtverhältnisse) dumm wäre?

Doch wohl eher nicht, oder? Denn eins ist sicherlich nicht als Dummheit zu bezeichnen: das (vermutlich) kleinere Übel dem (vermutlich) größeren Übel vorzuziehen.

Was das eine und was das andere sei, läßt sich eben nicht, wie Dein Bibelzitat es suggeriert, einfach erkennen: was genau sind die Früchte und wie sehen sie im nächsten oder übernächsten Jahr aus?

Was ich als Gefahr sehe, ist die Botschaft des Videos: dass Dummheit eine ethische, keine intellektuelle Kategorie sei. Wenn ich bei meinem Gegenüber nicht ein (behebbares) Informationsdefizit als Grund seiner in meinen Augen falschen/schädlichen Verhaltensweise vermute, sondern davon ausgehe, dass letztlich "das Böse" dahinterstecke, werde ich mich gemäß meines Glaubens verhalten: ich werde mich nicht anstrengen, ihn mit Vernunftgründen eines Besseren zu belehren, sondern werde ihn nur noch als Feind oder doch als Agenten des Feindes betrachten. Im Video finden sich Bilder wie das der willenlosen Marionette oder Vergleiche a la "wie verzaubert".

Das ist ein Denken im Sinne des Hexen- und Dämonenglaubens. Es ist selbst dumm, unaufgeklärt, wenig reflektiert und erbarmungswürdig banal. Wenn ich im Gegenüber, das in meinen Augen dummhandelt, eine Erscheinungsform des Bösen erkenne, falle ich in uralte, längst überholte Weltanschauungsmuster zurück.

Egal, ob Bonhoeffer tatsächlich so (wie es mir das Video vermittelt) dachte oder nicht: ich halte solches Denken für falsch und schädlich.

 

 

 

*Koordinatenkreuze geben üblicherweise Auskunft über statistische Verteilungen und können quantitative Unterschiede darstellen: es müßte eine meßbaren Einheit geben, wie sehr z.B. eine Person sich oder der Gesellschaft schadet. Was man seriös allerhöchstens in wirtschaftlichen Dimensionen angeben könnte (nach dem Motto: ein so uns so großer wirtschaftlicher Schaden wurde durch eine dumme Handlung bewirkt) nicht aber in den Dimensionen, die Du vermutlich für wichtiger hältst, Stichworte "moralischer Niedergang" oder "zerrüttete Kultur". 

jack-black antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2609

@jack-black Zunächst einmal muss ich sagen, dass Carlo M. Cipolla der Hype um seine Ausführungen etwas unangenehm waren. Er hatte das als Schriftsteller mal so formuliert und es hatte nicht den Hintergrund und das Fundament, das es für eine so breite Nutzung dieser Definition besser haben sollte.

Ich finde es ein brauchbares Gedankenmodell, das natürlich für die praktische Anwendung noch etwas "Fleisch" drumherum benötigt, um vorzeigbar zu werden. D.h. es muss konkretisiert werden, was genau der Nutzen ist, den ich da für das Eintragen der Punkte im Koordinatensystem verwenden will. Das ist in sofern schwierig, als da die verschiedenen Quardanten unter umständen unterschiedliche Werte bevorzugen. Dem alturistisch handelnden Menschen wird es weniger um materielle als um ideelle Dinge gehen (Wahrheit, Erhalt von Kultur, Schutz von Menschenleben). Dagegen wird vermutlich der Bandit in seinem Quadranten rein materielle rechnen. Was springt für ihn an Geld dabei heraus. Vielleicht hat aber auch noch Menschenehre da eine gewisse Bedeutung.

In den ++ und -- Quadranten dagegen, werden wir eine Mischform aus ideelen und materiellen Werten haben und im ++ den idealen Kompromiss finden während -- alles falsch macht (häufig der Weg des geringsten Widerstands). Von daher würde ich das Koordinatensystem nicht klar metrisch belegen sondern mehr die Aussage der Quadranten als solche betrachten wollen.

Prof. Dr. Christian Rieck hatte dieses Gedankenmodell mal als Thema in seinem Spietheoriekanal.

https://www.youtube.com/watch?v=q8bUQ86iMGc

Hier erklärt er das, was ich mit vielen Worten zu erklären versucht habe auf seine unterhaltsame Art und Weise.

Jack-Black schrieb: Die ersten Taten des Naziregimes aus Perspektive eines damaligen Durchschnittsdeutschen bestanden darin, dass sie "Arbeit für alle" (beispielsweise beim Autobahnbau) schafften. Darin, dass sie mit dem "Volksempfänger", mit den "Volkswagen" und Initiativen wie "Kraft durch Freude" viel taten, "einfachen Leuten" Kultur, Unterhaltung, Bildung, Reisen und Komfort zu bieten.

Da muss ich Dir zustimmen. Anfangs war es bestimmt nicht einfach, den wahren Geist des Nationalsozialismus zu erkennen - zumal die Menschheit mit derartigen Modellen ja noch keine Erfahrung hatte.

Der Nationalsozialismus kam auf in einer Zeit des Umbruchs, wo eigentlich in positiver Weise viel neu gedacht wurde und die Jugend aufstand, um eigenständig ihr Schicksal und das der Welt in die Hand zu nehmen (wobei mir keine Greta jener Jahre bekannt ist). Das, was da aufkam, war sehr divers - mit positiven und negativen Dingen und solchen, wo man erst viel später erkennen konnte, was die Früchte sind.

Der Nationalsozialismus punktete in der Tat mit einem besseren Leben für viele Menschen und mein Tante hat immer ihrer Zeit im BDM gerne gedacht. Das kam zu Recht an. Allerdings ist das etwas, was jeder kann, wenn er nur einfach Geld raushaut und den Menschen damit sinnvolle Angebote macht. Wofür die Jugend und die Arbeiter da fit gemacht wurden - das war den meisten nicht bewusst. Es war wie der Bauer, der das Schlachtvieh gut füttert, damit es einen guten Preis erzielt.

Das Problem, das man mit etwas nachdenken in jenen Jahren schon hätte erkennen können war, die Frage danach, womit man das alles finanzieren wollte.

Und dann gab es ja noch Hitlers Masterplan, den er veröffentlicht hatte. Das Buch war frei zugänglich und es stand vieles drin, was geistig moralisch nicht tragbar war und eine Ablehnung hätte sofort nach sich ziehen müssen.

Jack-Black schrieb: Es ließe sich wohl begründen, dass Indien eher den demokratisch-freiheitlichen, China indessen den totalitaristischen Weg beschritt. Und nun schauen wir uns an, wie die Länder heute im Vergleich da stehen. Ganz ehrlich? Müßte ich heute wählen, ob ich morgen sterbe und direkt in einen durchschnittlichen Inder oder einen durchschnittlichen Chinesen reinkarniere - ich würde mich für die chinesische Reinkarnation entscheiden.

Das ist sicher Geschmackssache. Mir würde da Indien eher nahe stehen - zumal ich einige Inder kennengelernt habe, die mich entweder als super Programmierer, mit denen man so richtig gut zusammenarbeiten konnte oder aber als Christen, die mir mit ihrer ehrlichen und intensiven Art zu glauben zum Vorbild wurden, überzeugten. Ich war nie in Indien, stelle es mir aber als Chaos pur vor - wobei sich in diesem Chaos funktionierende Strukturen ganz von allein bilden. Indien ist Vielfalt, Indien ist Leben und Indien hat genau deshalb großes Potential. Die aktuelle Fürhung ist etwas zu autokratisch für meinen Geschmack - aber immer noch meilenweit besser als China.

Ich habe auch schon wirklich nette Chinesen kennengelernt, mit denen ich mich gut verstanden habe und gut zusammenarbeiten konnte. Allerdings merkte ich bei diesen auch, dass da immer die Angst vor dem "Big Brother" im Nacken war und ich sie nie als wirklich der Mensch mit all seinem Potential, das in ihnen steckte, kennenlernen durfte.

China hat eine gute Zeit mit der Öffnung hin zu kapitalistischen Prinzipien gehabt. In dieser Zeit ist enorm viel passiert, weil dieses Land ein sehr großes Potential hat. Man war sehr offen für Technologie, hat schnell Ideen verwirklicht, hat gelernt, wo immer das ging - und dann auch weiterentwickelt. So etwas geht nur in einem freiheitlichen Umfeld, das uneingeschränkte Kreativität erlaubt, und so ist denn das aktuelle chinesische Kapital Resultat einer freiheitlichen Phase, die nun aber klar beendet ist.

Damit dürfen wir erwarten, dass die positiven Ansätze wieder degenerieren werden. Belastend mitgebracht aus der Phase der Freiheit hat man unkontrollierte Umweltverschmutzung und Größenwahn. Es war halt keine gemäß einer sozialen und ökologischen Marktwirtschaft kontrollierte Wirtschaftsweise sondern mehr so der Raubtierkapitalismus. Es ist gemäß des autokratischen Ansatzes zu erwarten, dass planwirtschaftliche Misskonzepte, über Hierarchien definierte Wahrheiten und Ziele und das computerbasierte Kontrollsystem schnell dazu führen werden und dass Kreativität und Mut bei unternehmerischen Entscheidungen (wo die überhaupt noch möglich sind) wegbricht, Strukturen verkalken ohne, dass ein schnell greifender Rückkopplungsmechanismus (wie in der Marktwirtschaft) korrigieren kann. Dazu muss der Überwachungsapparat bedient und aufrecht erhalten werden (auch materiell mit Blick auf die Technik). Das dürfte sehr, sehr teuer sein. Meine Erwartung für China ist daher ein Verfall, der erst langsam beginnt - dann aber wegen der uneffizienten planwirtschaftlichen Komponenten exponentiell Fahrt aufnehmen wird.

Da steht Indien mit seinen sich selber organsierenden Strkturen deutlich stabiler da.

Das aber nur als Exkurs.

Im Zusammenhang mit meiner Aussage wonach politische Morde, Bespitzelung der Bevölkerung, Lügen in der Argumentationskette, Willkür Früchte einer verdorbenen Macht wären:

Jack-Black schrieb: Alle von Dir angeführten Symptome können also für unsere derzeitige Gesellschaft als erfüllt bezeichnen. Würdest Du sagen, dass demgemäß ein Engagement für unsere Gesellschaft und deren politische Verfaßtheit (Machtverhältnisse) dumm wäre?

Ja, da hast Du leider Recht. Überall, wo ich diese "Früchte" sehe, sind verdorbene Mächte am Werk. Sie setzen Eigennutz bei gleichzeitig mangelder eigenen Möglichkeit, aufrichtig zu überzeugen, über alles und ohne Achtung auf jegliche Art und Form von kulturellen Werten. Diese Werte sind für mich als abendländisch geprägter Mensch christlich definiert: Nächstenliebe, den anderen höher Achten als sich selber, Feindesliebe, Mut zur Wahrheit, Vertrauen wagen, Freiheit, Erfolge des anderen wohlwollend betrachten, Kooperation statt Wettbewerb mit Konfrontation.

Wenn wir als Menschheit zu schwach sind, einen solchen Weg zu gehen, dann haben wir noch viel zu lernen und wir sind keinesfalls so weitentwickelt, wie es uns immer wieder Glauben gemacht wird. Es gibt noch großes Wachstumspotential und dafür sind wir denn ja auch auf der Seite Jesus.de unterwegs 😉

goodfruit antworten


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