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Der Zeitgeist der Unterwürfigkeit

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Blackhole
Themenstarter
Beiträge : 1112

Ich habe heute nicht viel Zeit, ich arbeite heute eine Wochenendschicht um zwei Rohrklassen fertig zu bekommen, aber das muss ich doch loswerden:

 

Wenn konservative römische Katholiken "böser Zeitgeist" sagen, dann meinen sie meistens irgendwas sexuelles, also Akzeptanz von Homosexualität und wiederverheirateten Geschiedenen, solche Dinge, oder paritätische Leitungsmodelle in Diözesen, daß man den Klerus nicht mehr unhinterfragt vergöttert, solche Dinge.

 

Was mich dagegen heutzutage stört, sind andere Dinge.
Z.B. etwas, was auch "Toxic Positivity" genannt wird:
Man soll alles positiv sehen, alles irgendwie in eine positive Erfahrung die einen weiterbringt, umdeuten.
Und wenn einem die Umstände trotzdem noch auf die Nerven gehen, wenn man etwas nicht erträgt, dann ist man selbst schuld. Man hat das alles nicht positiv genug gesehen. Hat nicht genug meditiert, nicht genug Yoga oder Achtsamkeitsübungen gemacht.

Ich war diese Woche so wütend, bzw. bin es noch, daß ich mir im Frauencafé mal Luft verschaffen und einfach mal platzen musste.

Die Situation bei uns in der Firma ist, daß wir einen schlicht inkompetenten Abteilungsleiter haben. Ich nenne ihn mal A. Dem unterstehe ich nicht, aber dennoch kam bislang der Löwenanteil meiner Arbeit von ihm, ich war sozusagen dauerausgeliehen. Und wurde so verdroschen, daß mich inzwischen mein Chef, B, mein stellvertretender Chef C und noch eine Kollegin für mich eingesetzt haben, daß es so nicht weitergeht. Ich war mehrfach kurz vor dem Zusammenbruch, nachdem ich immer wieder die Schuld an allem Elend der Welt in die Schuhe geschoben bekommen habe.
Zugegeben hatte ich anfangs die Angriffsfläche auch geboten, weil mir bedingt durch ADHS immer wieder kleine Schussligkeiten unterliefen. Ich nahm die Schuld also immer willig auf mich, August 2019 fing ich in der Firma an, aber erst im Herbst 2020 stellte ich mich endgültig der Tatsache daß mein vor ca. 15 Jahren zum ersten Mal diagnostiziertes ADHS nicht verschwunden ist, und ging wieder zur Neurologin und ziehe seitdem medikamentöse Behandling und Ergotherapie auch konsequent durch, was mir auch gut tut.
Jetzt hat also A die Meinung gegeigt bekommen, daß es so nicht geht, wie er mit mir umgeht. Nachdem B, mein eigentlicher Chef, mich auch mehr zu schätzen weiß, nachdem er 3 Wochen ohne mich zurechtkommen musste.
Und was macht er? Er sucht sich die nächste aus, um drauf einzuprügeln.
D hat für ihn was gezeichnet, eigentlicher Projektleiter ist aber nicht A, sondern E, einer von As Rohrstatikern. D war dann im Urlaub, hat vergessen, eine Abwesenheitsnotiz zu schreiben, E wusste aber Bescheid. Dann hatte der Kunde noch 2-3 kleine Änderungen. Kein großes Drama sollte man meinen. A macht dann aber plötzlich eine Riesenwelle bei unserem Abteilungsleiter B, von wegen D hätte garnichts gemacht. E wusste auch nicht, wo vorne und hinten ist, war davon selbst völlig überrascht, B kommt ganz verwirrt zu C: "WAS ist jetzt mit der D??"

Und ich habe derweil eine große Katastrophe am Hals, die ganz sicher nicht meine Schuld ist. Ich habe eine Rohrklasse auf 6 bar statt auf 8 bar berechnet, weil mir von 8 bar nichts gesagt worden war. Stand auch so nicht in den relevanten Dokumenten, da steht 6 bar. Keine Ahnung, wo die 8 bar herkommen, aber das haben wir schon seit Januar 2021 am Hals, während ich im THW-Einsatz in der Eifel war, hat ein Kollege alle Teile bis auf die Flansche schonmal mit 8 bar berechnet, ich bekam nichts davon mit und gab noch im Oktober nichts böses ahnend eine Revision mit 6 bar ab.
Morgen "darf" ich dann dazu stehen, daß meine armen Flansche bei 8 bar nicht halten.

Ist nicht das erste Mal, daß A einen seiner Projektleiter überfährt.
F wusste letztes Jahr auch noch nicht, daß er dem Kunden eine komplizerte Verteilerleitung an ihm vorbei versprochen hatte. Also haben F, noch eine Zeichnerin und ich, eine Woche geschuftet, um diese Verteilerleitung bis Freitag fertig zu bekommen. Dann war ich krank oder im Urlaub (letztes Jahr war ich viel krank), und derweil musste E die Bauteile für diese Verteilerleitung ja doch nochmal berechnen, dieses eilig durchgeknüppelte war also nicht so ganz die Lösung.

Im Frauencafé wurde mir dann, als ich mir einfach mal Luft machen musste, gesagt, daß mein Wutanfall wegen der generellen Situation "unangemessen" sei.
Ich habe gefälligst Jesus um eine fröhliche, alles hinnehmende und still ertragende Haltung zu bitten. Dann wird alles gut.

 

Werden die regelmäßigen Dramen bei größeren Projekten wirklich gut? Kann es wirklich so weitergehen?

 

Und D mag nicht meine Lieblingskollegin sein, trotzdem regt es mich auf, daß A bei ihr genauso weiterzumachen gedenkt, wenn niemand einschreitet: Hauptsache draufhauen um davon abzulenken, daß er selbst Mist baut!

 

Nur mal so:
Jesus hat zwar nie zu einem Aufstand oder so aufgerufen. Nie zu Gewalt. Aber er hat mehrfach sehr deutlich auf Misstände hingewiesen. Daß die religiösen Autoritäten den Leuten Lasten auferlegen, die sie selbst nicht tragen wollen. Das hat ihn ganz eindeutig wütend gemacht.

 

Was wurde in dieser Welt eigentlich jemals besser, dadurch daß man alles demütig ertragen und still hingenommen hat?
Die Situation der Frauen, die verkorkste deutsche Energiepolitik der letzten Jahrzehnte, der Gammel und Verfall im Ostblock, man kann die Liste endlos fortsetzen.
Und ergänzen durch z.B. häusliche Gewalt: Manchmal ist die Frau der Täter, meistens aber der Mann. Die auch zuweilen Besserung geloben, aber dann rückt 3 Wochen später hoffentlich doch wieder die Polizei an, bevor es im Krankenhaus oder gar auf dem Friedhof endet. Wann hat ein Opfer häuslicher Gewalt eigentlich durch demütig alles hinnehmen die Dinge besser gemacht? Wann wurde einTäter auf einmal einsichtig und hat an seinem Aggressionsproblem mit professioneller Hilfe gearbeitet, weil das Opfer, meistens Frau und/oder Kinder, alles so lieb und friedlich über sich haben ergehen lassen?

 

A propos: Russland hat ein gigantisches Problem mit Männlichkeitskult und häuslicher Gewalt. Und mit Schikanen und Demütigungen in der Armee, Djedowtschina nennt sich das.
Das Ergebnis erleben wir gerade in der Ukraine.

Antwort
303 Antworten
Sternenbluete
Beiträge : 866
Veröffentlicht von: @blackhole

Man soll alles positiv sehen, alles irgendwie in eine positive Erfahrung die einen weiterbringt, umdeuten.
Und wenn einem die Umstände trotzdem noch auf die Nerven gehen, wenn man etwas nicht erträgt, dann ist man selbst schuld.

 

@blackhole Hallo Blackhole,

 

du hast meiner Ansicht nach sehr viele Themen zusammengepackt. Das oben keine Ahnung warum das oben ist, ist mein erstes Zitat in diesem Forum) zitierte: Ja, diese ewig positive Denken begegnet mir auch immer wieder. Ich sehe darin eine Forderung die Dinge zu nehmen, nicht weiter zu hinterfragen, negative Gefühle zu verleugnen. Zumindest sind das meine Gefühle und Gedanken bei diesem Thema.

 

Zu deiner beruflichen Situation: Du beklagst dich zu Recht über Kollegen A. Auch, dass er nachdem ihm Grenzen gesetzt wurden, bei einer anderen Kollegin mit seinen Verhalten einfach so weiter macht. Zum einen ändern sich Menschen nur sehr schwer, zum anderen hatte er wohl offenbar über Jahre guten Erfolg damit. Gerade ja auch bei dir.

 

Gibt es eine Möglichkeit mit deinem Chef hier klare Regeln zu treffen. Könntest du in einem Gespräch mit ihm (also dem richtigen Chef) darlegen, dass du nach den dir vorliegenden Unterlagen richtig gearbeitet hast?

 

LG

 

Sternenbluete

sternenbluete antworten


tristesse
Beiträge : 19045

Liebe @blackhole,

Du warst hier jetzt 3 Wochen nicht mehr aktiv, was ich gut verstehen kann, aber bedauere, denn das sollte dieser Thread nicht bewirken, dass Du Dich zurück ziehst, an sich wollten wir helfen. Jedenfalls gehe ich bei den meisten hier davon aus 😉 

Gibt es was neues im Konflikt, bzw. wie ist er Dir im Umgang mit dem Kollegen noch ergangen?

tristesse antworten
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