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Seid ihr bereit für eine gerechte Welt?

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Lucan-7
Themenstarter
Beiträge : 21570

Mal angenommen, alle Regierungen würden beschliessen, dass alle Menschen weltweit das gleiche (bzw. ein vergleichbares) Einkommen bekommen, alle Menschen hätten gleichen Anteil an allen Ressourcen weltweit und würden verpflichtet, die Erde anteilsmäßig gerade soweit zu belasten, das keine extremen Veränderungen (Klimawandel!) zu erwarten sind...

... wärt ihr dann damit einverstanden, völlig unabhängig davon, welche persönlichen Einschränkungen dann damit verbunden wären?

Oder gäbe es Dinge, auf die ihr keinesfalls verzichten würdet, egal, ob andere Menschen dafür leiden werden?

Ja, da ist eine Suggestivfrage... aber eine, die so oder so auf uns zukommen wird!

Antwort
613 Antworten
Irrwisch
Beiträge : 3480

Ein winziger, und doch bemerkenswerter Anfang gerechter Welt
Lieber Lucan,

Themen, die für mich wichtig sind, beschäftigen mich schon einmal auch längere Zeit.

Zu deinem Ansatz der gerechten Welt ist mir das Grußwort eines kath. Pfarrers anlässlich der Verabschiedung seines evangelikalen Pastors seiner Stadt eingefallen.

Er griff den Bericht über die Speisung der 5000 Menschen aus den Evangelien auf. ( ist in allen 4 enthalten, muss wohl sehr nachhaltig gewesen sein)

Dort wird berichtet, dass nach einem langen Tag sich die Jünger von Jesus darüber Gedanken machten, wie sie die 5000 Männer (mit Frauen und Kinder waren es wohl noch mehr Menschen) satt machen könnten.

Ein Junge aus der Menge brachte 5 Brote und 2 Fische zu Jesus.

Der Pfarrer legtediese Begebenheit nun so aus, dass daraufhin aus der Menge jeder seine Essensvorräte zur Verfügung stellte, die Jünger diese an alle austeilte und zum Schluß noch 12 Körbe davon übrig blieben.

Teilen ist das Zauberwort einer gerechten Welt.

Teilen fängt aber nicht global an.

Sondern findet sich in jeder Spende, jedem Gastessen, jedem tröstenden Wort, jeder liebevollen Umarmung.
Kurz gesagt in der Nächstenliebe.

Liebe Grüße
Inge

irrwisch antworten
5 Antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21570
Veröffentlicht von: @irrwisch

Der Pfarrer legtediese Begebenheit nun so aus, dass daraufhin aus der Menge jeder seine Essensvorräte zur Verfügung stellte, die Jünger diese an alle austeilte und zum Schluß noch 12 Körbe davon übrig blieben.

Von dieser Auslegung habe ich schon öfters gehört... und gerade in diesem Zusammenhang ergibt sie wesentlich mehr Sinn, als ein Jesus, der mal eben in die Zauberkiste greift und die hungrigen Menschen "einfach so" versorgt! Denn wie du schon sagst, wird hier eine wesentliche und sinnvolle, vor allem auch christliche Lehre vermittelt. Deshalb sind mir diese ganzen Wundererzählungen auch immer etwas suspekt.

Veröffentlicht von: @irrwisch

Teilen fängt aber nicht global an.

Sondern findet sich in jeder Spende, jedem Gastessen, jedem tröstenden Wort, jeder liebevollen Umarmung.
Kurz gesagt in der Nächstenliebe.

Das ist allerdings wahr. Es fängt bei unserer Einstellung im Kleinen an... ohne dem brauchen wir mit globalen Problemen erst gar nicht anfangen...

lucan-7 antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3630
Veröffentlicht von: @lucan-7

gerade in diesem Zusammenhang ergibt sie wesentlich mehr Sinn, als ein Jesus, der mal eben in die Zauberkiste greift und die hungrigen Menschen "einfach so" versorgt!

Für mich ist diese Episode immer schon ein Beleg dafür gewesen, dass der historische Jesus womöglich durchaus politisch-strategisch agierte (was dann auch zu dem, weswegen ihn die Römer hinrichten ließen, passen würde): ein Thronprätendent, der an dieser Stelle seine politisch-organisatorische Macht demonstrierte. Denn um an abgelegener Stelle für eine größere Zahl von Leuten (die Zahlen differieren meines Erinnerns von Evangelium zu Evangelium) genug Nahrung herbeizuschaffen, mußte einer über Macht verfügen. Man erinnere sich des "panem et circenses", mit welchem Herrschaft über das Volk sprichwörtlich gewährleistet war. Eine große Menge Leute mit Brot (und Belag... 😉 ) zu versorgen, war also möglicherweise einfach ein scoopmäßig geplantes Event, geplant, die Herrscher-Qualitäten Jesu zu demonstrieren. Dass es in seinem Gefolge eine gewisse Organisiertheit gab, deutet sich ja in anderen Bibelstellen an: Da gab es den Kassenwart Judas, da gab es die Security (Petrus, der einem der Legionäre in der Ölhain-Szene das Ohr abschlägt) etc..

Aber das nur nebenbei, eigentlich stolperte ich über das:

Veröffentlicht von: @irrwisch

Teilen fängt aber nicht global an. (...) Kurz gesagt in der Nächstenliebe.

Veröffentlicht von: @lucan-7

Das ist allerdings wahr. Es fängt bei unserer Einstellung im Kleinen an... ohne dem brauchen wir mit globalen Problemen erst gar nicht anfangen...

Das stimmt und stimmt gleichzeitig nicht. Beziehungsweise stimmt es, global gesehen eher nicht, als dass es stimmt. Jedenfalls nicht bezüglich des Ausgangsthemas. Diesen Apell an die kleine, individuelle, persönliche Verantwortlichkeit - den haben wir nun seit geschlagenen 2000 Jahren per christlicher Botschaft vernommen.

Und herausgekommen ist dabei eine Menschheit, die drauf und dran ist, sich selbst in ihren Exkrementen und anderen Abfällen zu ersticken.
Unter dem Gesamtsystem des Finanzkapitalismus.

Der Apell, zu teilen, tröstende Worte, liebvolle Umarmungen etc. zu spenden, ist so hehr, dass immer der Appellierende am meisten davon bekommt: man betrachtet ihn als sozial besonders wertvoll, ohne dass er selbst sonderlich viel geleistet haben muß.

Dabei wird bei solchen Apellen auf ein Menschenbild gesetzt, das schlicht falsch ist. Das ausblendet, was die stärkste Motivation für Innovationen oder schlichter: für Leistungen ist: der Egoismus, nicht der Altruismus. Statt gewissenstechnisch zu appellieren, die Leuten sollten mehr teilen, wäre es gesamtgesellschaftlich sinnvoller, man würde das Teilen (bzw. Arbeiten für das Kollektiv) lohnender machen und das Anhäufen großen Reichtums schwieriger. Das ist eine ökonomisch-systemische Sache, keine der individuellen Moral: Wir haben ein System, in welchem jemand ab einer bestimmten Eigentumgrenze nicht nur nicht mehr arbeiten braucht, sondern sogar noch obendrein ständig sein Eigentum weiter mehren kann. Finanzkapitalismus eben: es wird durchaus geteilt, und zwar teilen diejenigen, die wenig haben, das wenige, was sie hart erarbeiten mit jenen, die viel haben und "ihr Kapital für sich arbeiten lassen".

Hat Marx vor anderthalb Jahrhunderten schon deutlich erkannt - und seither hat sich am Prinzip nicht viel verändert: geteilt wird immer von unten nach oben. Aber wenn mal jemand für's Teilen gepriesen wird, ist es einer, der von oben herab die Millionen oder Milliarden, die er dank anderer Leute Arbeit aufhäufen konnte, mal wieder einen größeren oder kleineren Betrag zurückteilt. Das wird dann als caritative Wohltätigkeit betrachtet. Und wer dann auf einen Schlag 5000 Leute am Büffett sattmachen kann (nicht etwa mit Brot, das er selbst gebacken hat aus Mehl, das er selbst gemahlen hat, aus Korn, das er selbst angebaut hat, garniert mit Lachshäppchen, die er selbst geräuchert hat aus Fischen, die er selbst geangelt hat), ist der große Zampano, den die Leute gern als Präsidentschaftskanditaten auf der nächsten Wahl-Liste sähen.

Die Predigt vom tugendhaften Teilen ist essentieller Bestandteil des Gesamtnarrativs, welches die Stabilität der Herrschaftsverhältnisse zu garantieren dient.

Kooperation zum gegenseitigen Nutzen wäre m.M.n. die vielversprechendere Losung im Vergleich zu Teilen aus Nächstenliebe.

jack-black antworten
Irrwisch
(@irrwisch)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 3480

Einen sehr eindrucksvollen.........

Veröffentlicht von: @jack-black

Statt gewissenstechnisch zu appellieren, die Leuten sollten mehr teilen, wäre es gesamtgesellschaftlich sinnvoller, man würde das Teilen (bzw. Arbeiten für das Kollektiv) lohnender machen und das Anhäufen großen Reichtums schwieriger. Das ist eine ökonomisch-systemische Sache, keine der individuellen Moral

........Konkurs solch eines Systems konnte ich 1989 persönlich miterleben!

irrwisch antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3630
Veröffentlicht von: @irrwisch

........Konkurs solch eines Systems konnte ich 1989 persönlich miterleben!

Ach ja, das DDR-Argument.

Nö, bin jetzt zu faul.

jack-black antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21570

Skrupellose Ausbeuter sind beliebte Führer...

Veröffentlicht von: @jack-black

Für mich ist diese Episode immer schon ein Beleg dafür gewesen, dass der historische Jesus womöglich durchaus politisch-strategisch agierte (was dann auch zu dem, weswegen ihn die Römer hinrichten ließen, passen würde): ein Thronprätendent, der an dieser Stelle seine politisch-organisatorische Macht demonstrierte.

Ich vermute auch, dass hinter Jesus mehr steckte als es die Evangelien vermuten lassen... aber die Texte geben auch nicht viel her, um das zu konkretisieren. Es bleibt - wie so vieles - Spekulation.

Veröffentlicht von: @jack-black

Das stimmt und stimmt gleichzeitig nicht. Beziehungsweise stimmt es, global gesehen eher nicht, als dass es stimmt. Jedenfalls nicht bezüglich des Ausgangsthemas. Diesen Apell an die kleine, individuelle, persönliche Verantwortlichkeit - den haben wir nun seit geschlagenen 2000 Jahren per christlicher Botschaft vernommen.

Nun, das sind ja auch so Sätze die erst mal sehr allgemein sind und für sich allein sicher nicht ausreichen, um daraus eine Lösung zu stricken.

Veröffentlicht von: @jack-black

Dabei wird bei solchen Apellen auf ein Menschenbild gesetzt, das schlicht falsch ist. Das ausblendet, was die stärkste Motivation für Innovationen oder schlichter: für Leistungen ist: der Egoismus, nicht der Altruismus. Statt gewissenstechnisch zu appellieren, die Leuten sollten mehr teilen, wäre es gesamtgesellschaftlich sinnvoller, man würde das Teilen (bzw. Arbeiten für das Kollektiv) lohnender machen und das Anhäufen großen Reichtums schwieriger.

Sollte man meinen. Aber genau das funktioniert ja auch nicht. Wenn irgendwo in einer Stadt ein Fabrikbesitzer der größte Arbeitgeber ist, der durch die Arbeit der Bewohner reich geworden ist (Indem er deren Arbeitskraft zum eigenen Vorteil ausbeutet) - wer wird dann wohl zusätzlich noch zum Bürgermeister gewählt?

Nicht etwa einer der Arbeiter, der sich anschliessend um deren Belange kümmern könnte... sondern natürlich der reiche Fabrikbesitzer, der sich als Politiker natürlich in erster Linie um seine eigenen Belange kümmert, sprich: Wie er die Bevölkerung noch effektiver ausbeuten kann!

Dafür muss der mann nur ständig so tun, als seien die Arbeitsplätze allesamt kurz vorm Kollaps (Also: "Arbeitsplätze sind in Gefahr!" statt: "Meine Gewinne sind in Gefahr!") - und ihm wird blind alles geglaubt. Man lobt ihn in höchsten Tönen, verhehrt ihn... und wählt ihn natürlich wieder, wenn die Arbeitsplätze nach der Legislaturperiode immer noch existieren...

Nun ist Leuten wie Marx dieses seltsame Missverhältnis durchaus aufgefallen, und er hat es ja auch recht gut formuliert. Und es gab ja auch entsprechende Versuche, eben einen der "Arbeiter" an die Spitze zu bekommen, statt des ausbeuterischen Kapitalisten.
Die Leute, die sich dazu bereit erklärten, hatten dabei allerdings höchst selten das Wohl der Arbeiter im Sinn... vielmehr wollten sie lediglich selber Ausbeuter anstelle des Ausbeuters werden, und nicht etwa die freundlichen und herzensguten Menschen, sondern die Brutalen und Skrupellosen haben dabei am meisten Erfolg.

Denn Brutalität, Ausbeutung und Skrupellosigkeit gelten aus einem mir völlig unbegreiflichen Grund offenbar als ideale Voraussetzungen für "Führernaturen", die vom Volk geliebt und verehrt werden.

Und an der Stelle scheint mir der Hase im Pfeffer zu liegen. So lange die Schweine der Ansicht sind, dass der Metzger die stärkste Persönlichkeit weit und breit ist und deshalb ihr Anführer sein sollte, so lange wird sich ein System wohl kaum zum Guten wenden können.

Veröffentlicht von: @jack-black

Kooperation zum gegenseitigen Nutzen wäre m.M.n. die vielversprechendere Losung im Vergleich zu Teilen aus Nächstenliebe.

Das wäre es. Ist aber offenbar nicht wirklich gewünscht...

lucan-7 antworten


Stogumber
Beiträge : 17

Lucan, das ist ja durchaus ein interessanter Ansatz, aber z.B.
- Bei Ressourcen denke ich zunächst mal an seltene Metalle und seltene Erden. Ich möchte gar nicht an diesen Ressourcen beteiligt werden, ich möchte dass sie an die richtige Stelle in der Industrie kommen, wo man sie verwerten kann.
- Die Regierung Jelzin hat seinerzeit allen russischen Bürgern Zertifikate ausgeteilt, durch die sie an den Bodenschätzen beteiligt wurden. Binnen weniger Jahre hatten die ausgehungerten Russen diese Zertifikate an einige wenige Oligarchen verhökert. Möchtest Du die gleichmäßige Eigentumsverteilung mit einem allgemeinen Verkaufsverbot verbinden? Oder eine Behörde schaffen, die darüber entscheidet, ob Person A ihr Eigentum im gegebenen Fall verkaufen darf?
- Meine persönliche Faustregel ist: Keine Einschränkungen ohne Ausbildung darin, wie man mit diesen Einschränkungen zurechtkommt. Da wären ja die Kirchen gefragt: Wie organisiere ich meinen Haushalt am besten, wenn es Strom nur zwischen zwei und sechs Uhr morgens gibt? Kann man durchaus trainieren - aber da will keiner ran, weil man über die Einschränkungen selber nicht nachdenken will bzw. auch nicht will, dass die anderen (die Wähler) ins Grübeln kommen!

stogumber antworten
Seite 7 / 7
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