Zensur in Kinderbüc...
 
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Zensur in Kinderbüchern

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Lucan-7
Themenstarter
Beiträge : 21566

Es wird heute viel diskutiert über "Cancel Culture", "Wokeism", "Political Correctness" und generell die Frage was man als guter Mensch zu tun oder zu lassen hat... und in diesem Zusammenhang auch und vor allem über die Sprache.

Hier geht jetzt mal wieder die Zensur von Kinderbüchern durch die Medien:

Zensur von Roald Dahl

Es geht hier um Bücher wie etwa "Charlie und die Schokoladenfabrik"... und ich muss gestehen dass ich hier die Änderungen nicht im Detail kenne, sondern nur das was hier oder anderswo dazu geschrieben wurde. Und das macht mich sehr nachdenklich... ich denke, es gibt hier einen grundfalschen Ansatz.

Dabei bin ich nicht generell gegen vorsichtige Änderungen in klassischen Kinderbüchern. Es gibt Begriffe, die man heute einfach nicht mehr verwenden kann - bekanntestes Beispiel hierzulande dürfte wohl der Vater von Pippi Langstrumpf als "Negerkönig" sein. Da gab es ganz klar einen Bedeutungswandel, und das kann man Kindern heutzutage nicht mehr als normales Wort vorstellen. Das Wort nicht zu ändern, hätte hier die Geschichte selbst verfälscht, denn so wie man es heute liest war es ursprünglich nicht gemeint.

Bei den aktuellen Büchern geht es aber noch einen Schritt weiter... hier wird das Wort "fett" als Bezeichnung für das Aussehen eines Jungen nicht mehr verwendet. Und das erscheint mir nicht nur übertrieben - ich denke, dass man die Absicht tatsächlich ins Gegenteil verkehrt.

Denn wenn man Kinder vor allen "negativ besetzten" Wörtern bewahren will, dann schafft man diese Worte damit ja nicht aus der Welt. Hier wird lediglich etwas unter den Teppich gekehrt... solche Wörter werden nicht verwendet, und damit existieren dann auch die Probleme dicker Kinder nicht mehr. Mit der Folge, dass betroffene Kinder auch nicht mehr lernen, sich mit diesen Worten auseinander zu setzen... und sich diese dann auch nicht mehr verteidigen können.

Denn anderen Kindern wird gleichzeitig vermittelt: Ja, "fett" zu sein ist eine üble Beleidigung, denn das Wort ist ja geächtet. Also wird es in seiner Wirkung verstärkt. Und das dicke Kind wird erst recht von dem Wort getroffen... denn ja, schließlich ist es ja "fett".

Würde man das Wort als gegeben akzeptieren, könnte man sich damit auseinandersetzen. Dann könnte das dicke Kind sagen: "Ja, ich bin fett... na und? Wo ist das Problem?"

Diese Möglichkeit besteht aber nach den neuen Vorgaben nicht mehr. Denn "fett" ist negativ, eine Beleidigung... und damit ist "fett" zu sein auch etwas Schlimmes!

Statt zu versuchen, es immer allen und jedem recht zu machen halte ich es für wichtiger, zu lernen sich aktiv mit Bezeichnungen und Zuschreibungen auseinander zu setzen - statt sie verschämt zu verschweigen.

Und damit beziehe ich mich jetzt konkret auf die hier beschriebenen Bezeichnungen... dass man rassistische Klischees und dergleichen, wie bereits erwähnt, durchaus ändern und anpassen sollte halte ich für angemessen.

 

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138 Antworten
B'Elanna
Beiträge : 1728

Stand ich die Woche am Schulhofrand und unterhielt mich mit dem aufsichtführenden Lehrer über ein bestimmtes Kind, auf das das von Dir oben monierte Wort mehr als zutreffend passt, und das in den Pausen gern negativ auffällt, so auch gerade in dem Moment.

Ich weiss nicht mehr den genauen Text, der voranging, aber der Satz endete mit "....vor allem hinsichtlich seiner Leibesfülle." Sprachs und schritt von dannen, um eben jenes Kind zu maßregeln, weil es seine Leibesfülle als Waffe eingesetzt hatte.

Und ich dachte, ich höre nicht recht, kommt es von rechts aus dem Munde eines anderen Kindes, was unsere Unterhaltung offenbar verfolgt hatte "Das war eine Beleidígung! Der Herr H. hat gerade den S. beleidigt! Das werde ich der Frau K. erzählen...."

 

Man darf echt GAR NICHTS MEHR sagen.....

 

Gut, die Frau K. wird dem Schüler wohl ein paar passende Worte gesagt haben, aber ich finde es einfach schockierend, dass diese noli tangere Einstellung so um sich greift, dass man nicht mal mehr Fakten aussprechen darf, ohne gleich dafür zumindest schräg angsehen zu werden. Schriftlich ist ja gleich nochmal um Nummern schlimmer, das geht also GAR nicht - insofern ist das nur konsequent, nach den Indianern, dem Negerkönig und den Eskimos auch die negativ behafteten Adjektive aus dem Wortschatz der Literatur entfernen zu wollen. Irgendwann werden Bücher nur noch leere Seiten haben oder aus Standradphrasen bestehen, weil nichts anderes mehr erlaubt ist.

Quo vadis, Deutschland....?

belanna antworten


Jack-Black
Beiträge : 3630

Ich find's schon interessant, dass sich hier (z.B. im SPON-Forum) die meisten vor allem auf die Weglassung von "fett" kaprizieren, während das Spannendere in Sachen Cancel Culture da passiert, wo mal eben Joseph Conrad gegen Janes Austen ausgetauscht wird oder Rudyard Kipling gegen John Steinbeck (den Lieblingsautoren der links-sentimentalen us-amerikanischen Bildungsbürger, gegen den auch ich übrigens nichts einzuwenden habe, als dass er einen völlig untauglichen Ersatz für Kipling abgibt).

Ausgerechnet hinsichtlich des "fett" kann nämlich hier, wenn es um Kinderbücher geht, ziemlich gut argumentiert werden, warum das Wort nicht verwendet wird, um eine unsympathische Figur zu charakterisieren. Dick, bzw. fett zu sein, war in früheren Zeiten mal Kennzeichen für bestimmte Charakterzüge: Faulheit und Egoismus. Fett wurde, wer wenig (körperlich!) arbeitete oder anderen das wegfraß, was in einer gerecht teilenden Gesellschaft ihnen zugestanden hätte. Der Fette Kapitalist (der den dicken Mönch oder den fetten König ablöst)  taucht so z.B. bis in die 50er Jahre als Karikatur auf. Und fette Kinder waren bis in jene Zeit eben die Kinder reicher, selbst fetter, Eltern, die ihren verzogenen Gören soviel Schnökerkram kauften, wie sie mochten.

Heute ist aber das Fett-Sein in der Regel nicht so sehr Kennzeichen negativer Charakterzüge, sondern Kennzeichen der Klassenzugehörigkeit: Nicht die Reichen* sind bei uns besonders fett, sondern die Armen. Fette Kinder stammen in der Regel (die paar Ausnahmen, wo die Fettleibigkeit organische Ursachen hat, können ausgeblendet werden, das sind doch nicht mal 1% der Fälle) aus bildungsferneren Familien. Sie sind fett, weil ihre Eltern unfähig oder desinteressiert waren, ihnen gesundes Eßverhalten beizubringen, bzw. eben: vorzuleben. Sie stammen aus Familien, in denen Süßkram als Belohnung eingesetzt wird und die Kindergeburtstagsfeier bei McDoof auszurichten als eine praktische und gute Idee betrachtet wird: Da können die Kleinen für wenig Geld fressen, was sie wollen (und selbstverstänlich wollen Kinder Süßes und Fettes fressen, das ist nun mal genetisch in ihnen angelegt!) und man braucht danach nicht mal sauber zu machen und abzuwaschen.

Fetten Kindern wird - aufgrund der ungerechten Ressourcenverteilung in der Gesellschaft! - ein ungesundes Leben mit Fanta, Cola, Hamburgern und Tiefkühlpizza als Ingredenzien dafür, es sich "mal gutgehen zu lassen" vorgelebt. Und dann hocken sie vor'm TV oder an den abgelegten Handys ihrer größeren Geschwister und daddeln und werden nicht von ihren Eltern zum Hockey, in den Turnverein oder in den Ruderclub geschickt, wo sie die vielen Kalorien zumindest teilweise wieder verbrennen könnten.

Und da sitzen sie dann schmerbäuchig in der dritten oder vierten Klasse, sind mit dem Lesen ihren Mitschülern aus reicheren Haushalten eh schon hinterher - und dann bekommen sie Kinderbücher vorgesetzt, in denen die Fetten die Bösen sind. Nicht, dass sie sich nicht ohnehin schon für ihre Fettleibigkeit schämen würden, das merkt man als dickes Kind sehr, sehr schnell, dass Dicksein Unbeliebtsein bedeutet, dass man als Fettklotz ein Fadenkreuz auf dem Rücken trägt: Bitte hier hänseln, ätzen und spotten! Dass sie nicht schön sind, dass sie niemand wirklich attraktiv findet, das wissen sie - so genau, dass sie die anderen Fetten in der Klasse selbst scheisse finden, weil sie sich in denen und ihrem Elend ja gespiegelt sehen.

Und nun also sollen sie sich anstrengen, eine Geschicht zu lesen, in der Kinder wie sie die abstoßenden, ekligen Unsympath-Rollen innehaben. Na, wenn das nicht mal so ganz doll pädagogisch motiviert, weil der Lesespaß ja reinstes Vergnügen ist mit all den Identifikationsfiguren!

Ganz ehrlich? Dass ein Kind zu fett sei, muß man nicht ihm sagen, sondern seinen Eltern. Und natürlich den Lehrern und denen, die in den Ganztagsschulen - welche eigentlich (aber ich weiß aus sicherer Quelle, das sich das nicht so schnell realisieren läßt, wie's das Gesetz eigentlich vorsieht) demnächst ja bundesweit Standard sein sollen inklusive Mittagsessen in der Schulkantine... - für die Speisepläne verantwortlich sind.

Wenn man will, das Kinder Spaß am Lesen, Spaß an spannenden Geschichten haben sollen - dann sollte man nicht unbedingt die Unsympathen in diesen Geschichten so zeichnen, dass sie sich in ihnen wiedererkennen - denn dann wird ihr Selbsthass sich sogleich auch auf das Lesen übertragen.

Also: Obwohl die Fettleibigkeit gerade bei Kindern wie eine Seuche um sich greift (ein befreundeter Arzt erzählt mich fast an jedem Wochenende von seinen Patienten, die immer jünger, immer fetter, immer früher zuckerkrank, mit gewichtsbedingten Rückenschmerzen und Gelenkproblemen, mit Wasser in den Beinen und angstmachender Kurzatmigkeit bei ihm im Wartezimmer aufschlagen), ist Kinderliteratur nicht das Schlachtfeld, um diesen Feind zu bekämpfen. Fettleibigkeit, das sollte man sich immer wieder in's Gedächtnis rufen, ist heute die Krankheit der Armen, nicht die der Privilegierten, und dicke Kinder brauchen liebevolle Hilfe dabei, ihr Ernährungs- und Bewegungsverhalten zu ändern, nicht Spott und Verachtung für letztlich das Schicksal, dass sie in ein Elternhaus verschlug, in welchem sie vernachlässigt werden.

Damit will ich ganz gewiß nicht hier den Vertreter der politisch korrekten "body positivty" spielen, der auch erwachsenen Menschen noch einredet, ihr Körper mit einem BMI über 40 sei "sinnlich und schön" - um ihnen dann überteuerte Übergrößen-Klamotten andrehen zu können oder irgendwelche Kosmetika, als würde der richtige Lidschatten einen gigantischen Hängebusen oder die richtige Aftershave-Duftnote das dauerverschwitzte Mauerdekolleté kompensieren können.

Aber auch, wenn unter wohlsituierteren und gebildeteren Leuten sicherlich noch des öfteren Übergewichtige zu finden sind, so ist dennoch Schlankheit heute sowas wie das Must-Have der upper ten zu betrachten. Und um gesellschaftlich aufzusteigen in Kreise, in denen gesunde Ernährung und ausreichend sportliche Betätigung zur Normalität gehören, braucht es Bildung - wie sollen denn Kinder aus den unteren Schichten es sonst nach oben schaffen? Also sollte man ihnen nicht die Kernkompetenz des Lesens dadurch vermiesen, indem sie bei dessen Erlernen ständig gedemütigt werden.

Okay, soviel zu dem "fett". Ich finde wesentlich interessanter, wie da, wo nun wirklich "höhere Bildung" mit in die Kinderbücher eingeschmuggelt wird, der Bildungskanon mal eben ausgewechselt wird. Nur Hemmingway darf bleiben, weil der ja schließlich auch tapfer in Spanien gegen die Faschisten kämpfte. Aber Joseph Conrad muß Jane Austen weichen - und was das heißt, wird freilich nur der kapieren, der Joseph Conrad (Herz der Finsternis - der Roman auf dem "Apocalypse Now" basiert) und Jane Austen (Stolz und Vorurteil - Wie eine tolle Frau den reichen Adeligen heiratet, ihn aber vorher erstmal schön zappeln läßt, weil Geld allein einen Mann nicht gut genug macht, um so ein großartiges Wesen für sich zu gewinnen - er muß schon noch beweisen, dass er edler als edel ist) gelesen hat.

Nichts gegen Jane Austen - ich habe ihre Romane mit Vergnügen weggeschmökert (ich mag darin allerdings die Vaterfiguren der Heldinnen i.d.R. zehnmal lieber als die "starken" Frauenfiguren und deren angeschmachtete "Ritter"). Aber wenn man eine Buchheldin statt mit Joseph Conrad Schiff fahren zu lassen mit Jane Austen Landgüter des 19. Jahrhunderts besuchen läßt, dann tut man der Buchheldin und erst recht den Kindern, die das Buch lesen sollen, so gar keinen Gefallen, ausser einen Mann gegen eine Frau auszutauschen. Hier wird kulturelles Erbe verflacht und so getan, als hätten Austens Inhalte eine ähnliche Bedeutung wie die von Conrad. Was schlicht lächerlich ist. Die Probleme, mit denen sich Austens Heldinnen herumschlagen müssen, sind keine der Gegenwart mehr - sie basieren auf den längst nicht mehr bestehenden Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen in der der damaligen englischen Gesellschaft - Ungerechtigkeiten, die längst gesetzlich abgeschafft wurden. Der Erfolg, den Jane Austen-Romane gerade bei jungen Leserinnen und Verfilmungen dieser Romane beim Kinopublikum haben, besteht in ihrer "Leichtigkeit", ihrer Anspruchslosigkeit und Sentimentalität: sie lassen sich so leicht konsumieren wie "Biss zur Morgenröte"-Kitsch. Die "harten Seiten des Lebens", die auch in ihnen vorkommen, bleiben schön im 19. Jahrhundert stecken und lassen sich ganz schlecht auf heutige soziale Probleme übertragen. Wären diese Romane Wort für Wort so von einem Mann geschrieben worden, hätte man dessen Namen nicht an Conrads Stelle gesetzt.

Hier wird literaturhistorische Geschlichtsklitterung betrieben nach dem Motto: Auch im 19. Jahrhundert schon schufen Frauen Weltliteratur, die es locker mit dem Besten aufnehmen konnte, was Männer fabrizierten.

Und dabei läßt man aussen vor, was Dahl überhaupt meinte, als der drei Abenteuerroman-Autoren auflistete, deren Helden in "fremden Ländern", in "unbekannten Welten", in abgelegensten Regionen Abenteuer erlebten - während die Heldinnen Frau Austens ja gerade mal Shopping-Ausflüge in die nächste Stadt wagten.

Die ganze kulturelle Blödheit so einer Verschlimmbesserung läßt sich ermessen, wenn man bedenkt, dass es hier um eine weibliche Heldin geht, die sich per Literatur "wegträumt" und also per Literatur hinaus in die weite, unbekannte, abenteuerliche, womöglich auch gefährliche und also Mut erfordernde Welt strebt. Und die wird nun - Frauenquote muss erfüllt werden! - zum Besuch auf Landgütern der behüteten englischen feinen Gesellschaft verdonnert, statt den Kongo hinauf in den Dschungel zu shippern. Soviel zur weiblichen Emanzipation...

Ebenso drückt sich die kulturelle Blödheit darin aus, Fantasiewesen, die als schwarz beschrieben werden und damit einem Topos folgen, der so alt ist wie die Angst der Menschen vor der Nacht mit ihren Gefahren, von ihrer Schwärze zu reinigen. Als Kinder haben wir das Spiel "Wer hat Angst vor dem Schwarzen Mann?" gespielt. Und ich weiß ganz gewiss, dass ich da nie an einen "Neger" (den Farbigen oder Dunkelhäutigen zu titulieren oder gar, da es keinen verwendbaren deutschen Begriff mehr dafür gibt, als PoC - wie lautet da eigentlich der Singular?!) uns damals nicht in den Sinn gekommen wäre) dachte. Der Schwarze Mann - das war einer, der riesengroß und so schwarz wie ein Schornsteinfeger gekleidet war. Und der einen, wenn man sich noch bewegte, nachdem er sich schon umgedreht hatte, in einen schwarzen Sack steckte. In die Finsternis eben: man war raus aus dem Spiel (d.h. im übertragenen Sinne: aus dem Licht, aus dem Leben).

Wenn dieser Archetypus des Gefährlichen, Todbringenden, Düsteren, kurz: des Schwarzen nun aus einem Kinderbuch hinausgestrichen wird, dann hat das nichts mit politischer Rücksichtnahme auf ethnische Minderheiten zu tun, sondern mit Kunst- und Kulturvergessenheit, also: Blödheit.

Das wird man ja wohl noch sagen dürfen... 😉

 

 

 

*Der Kapitalist heute engagiert sich einen Privatkoch für vegan-glutenfreie Speisen und mindestens eine oder zwei personal Trainerinnen...

jack-black antworten
32 Antworten
Tamaro
 Tamaro
(@tamaro)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 1743

@jack-black

Wenn man will, das Kinder Spaß am Lesen, Spaß an spannenden Geschichten haben sollen - dann sollte man nicht unbedingt die Unsympathen in diesen Geschichten so zeichnen, dass sie sich in ihnen wiedererkennen - denn dann wird ihr Selbsthass sich sogleich auch auf das Lesen übertragen.

Ich könnte mir vorstellen, dass dies von Kind zu Kind verschieden ist. Es mag durchaus auch solche geben, die durch einen in der Kinderliteratur als "fett" bezeichneten Unsympathen die Einsicht gewinnen, dass sie etwas an ihrem Lebensstil verändern sollten.

Es hilft dem Kind im realen Leben ja nichts, wenn das Problem mit seinem Übergewicht einfach verschwiegen und schöngeredet wird. Gerade als Kind besteht durchaus die Möglichkeit, die Entwicklung des Körpergewichtes - vielleicht nicht gerade einfach, aber durchaus realistisch (aber sicher nicht ohne Anstrengung) in gesunde Bahnen zu lenken.

 

tamaro antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3630

@tamaro Es mag durchaus auch solche geben, die durch einen in der Kinderliteratur als "fett" bezeichneten Unsympathen die Einsicht gewinnen, dass sie etwas an ihrem Lebensstil verändern sollten.

So funktionieren Kinderpsychen meinen - freilich begrenzten - Erfahrungen* nach aber eben nicht. Warum sollten Kinder da souveräner reagieren, als es Erwachsene tun? Oder fallen Dir Erwachsene ein, die, durch ein Buch oder einen Film, in welchem die Dicken die Negativfiguren waren, angeregt wurden, ihre Fettleibigkeit per konsequente Änderungen im Lebensstil zu beenden?

Es hilft dem Kind im realen Leben ja nichts, wenn das Problem mit seinem Übergewicht einfach verschwiegen und schöngeredet wird.

Dafür hatte ich ja auch nicht plädiert. Es ist aber ein gravierender Unterschied, ob man ein Kind ermutigt und dabei unterstützt, sich gesünder zu ernähren und mehr Sport zu treiben, oder ob man es beschämt und demütigt.

Aber ich wiederhole mich.

 

 

*Ich war als Kind und Jugendlicher selbst fett und deswegen schlicht ein unglücklicher Mensch. Erst als ich während der Zivi-Zeit ein Mädel traf, das aus mir bis heute unerfindlichen Gründen nett zu mir war und in das ich mich "unsterblich" verliebte, fand ich ein positives Ziel, auf das hin ich mich ausrichten konnte per drastischer Diät und täglichem Sport. Die Anlage zum Fettsein bin ich dadurch nie losgeworden, in Zeiten, in denen ich, z.B. aus beruflichen Gründen, das Sporttreiben und die bewußte (!) Ernährung schleifen lasse, nehme ich sofort wieder zu. Aber ich will hier nicht rumheulen, sondern nur erläutern, wie ich zu meiner Meinung zum Thema gekommen bin: per Erfahrung am eigenen Leib. Dabei wurde mir das falsche/übermäßige Essen von klein auf nicht anerzogen, weil unsere Familie zur Unterschicht gehört, sondern weil ich nach meiner Geburt fast verhungert wäre und so jedes Löffelchen Brei, das der kleine Jack zu sich nahm, seitens meiner Eltern als Erfolg verstanden wurde - auch dann noch, als der gesundheitliche Wind sich längst gedreht hatte und die Gefahr durch das Zuviel die des Zuwenig zu überwiegen begann.

jack-black antworten
Tamaro
 Tamaro
(@tamaro)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 1743

@jack-black 

So funktionieren Kinderpsychen meinen - freilich begrenzten - Erfahrungen* nach aber eben nicht.

Also ich selber war als Kind auch übergewichtig und zwar im Alter von ca. 7 bis 11, wobei ich den Peak in Sachen pummelig sein wohl mit etwa acht Jahren erreichte. Ich habe abschätzige, verletzende Kommentare auch erlebt. Ab elf Jahren wurde ich dann wieder normalgewichtig und ab 13 gehörte ich in meiner Schule zu einem der Besten meines Jahrgangs in der Leichtathletik. 🙂 

Bei mir gab es diesbezüglich durchaus einen Punkt im Leben, wo ich Einsicht gewann und entschied, von nun an diszipliniert zu werden. Das Tragische dabei fand ich ja, dass es selbst auch dann noch weiter ging mit Kommentaren (was sich bei mir aber im Grossen und Ganzen in Grenzen hielt - zum Glück blieben mir solche Kommentare von Klassenkameraden erspart), als ich mir bereits alle Mühe gab, um mein Übergewicht zu reduzieren. Aber damit musste ich halt leben lernen, es ertragen und vor allem auch einfach viel Geduld haben.

 

Oder fallen Dir Erwachsene ein, die, durch ein Buch oder einen Film, in welchem die Dicken die Negativfiguren waren, angeregt wurden, ihre Fettleibigkeit per konsequente Änderungen im Lebensstil zu beenden?

Also ich höre immer wieder von Erwachsenen, die ihr Übergewicht massiv reduzieren konnten. Was sie genau dazu gebracht hat, weiss ich aber nicht.

 

Dafür hatte ich ja auch nicht plädiert.

Nein, du nicht, aber wenn in der Kinderliteratur eine Bezeichnung wie "fett" gestrichen wird, scheint das ja ein Plädoyer der Gesellschaft zu sein.

 

tamaro antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21566

@tamaro 

Es hilft dem Kind im realen Leben ja nichts, wenn das Problem mit seinem Übergewicht einfach verschwiegen und schöngeredet wird.

Das nicht. Aber die Gleichsetzung mit einem Negativbeispiel führt nicht zu einer positiven Zielsetzung, sondern stellt einfach eine Demütigung dar.

Wobei  ich trotzdem nicht dafür plädiere, die Stelle zu streichen - denn es weist dem Buch eine Aufgabe zu, die dieses einfach nicht hat. Aber dazu später noch mehr.

 

 

 

lucan-7 antworten
Deborah71
(@deborah71)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 22984

@jack-black 

Das hast du gut gesagt 🙂

deborah71 antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21566

@jack-black 

Ich find's schon interessant, dass sich hier (z.B. im SPON-Forum) die meisten vor allem auf die Weglassung von "fett" kaprizieren, während das Spannendere in Sachen Cancel Culture da passiert, wo mal eben Joseph Conrad gegen Janes Austen ausgetauscht wird oder Rudyard Kipling gegen John Steinbeck

Ja, dicksein ist halt plakativer und weniger kompliziert zu beurteilen... ich stimme aber mit dir überein, dass dieser Austausch noch weiter geht und völlig unsinnig ist.

Ausgerechnet hinsichtlich des "fett" kann nämlich hier, wenn es um Kinderbücher geht, ziemlich gut argumentiert werden, warum das Wort nicht verwendet wird, um eine unsympathische Figur zu charakterisieren.

Dann müsste ich doch mal umgekehrt fragen: Wie sollte denn eine unsympathische Figur charaktierisiert werden? Welche Eigenschaften sind da angemessen, welche sind es nicht?

Darf es unsympathische Schwarze geben? Ist es in Ordnung, einen Homosexuellen als Bösewicht darzustellen? Was ist mit einem kleinwüchsigen Dieb? Eine rothaarige Intrigantin? Ein jüdischer Betrüger? Ein muslimischer Schlägertyp?

Die Frage ist doch eher: Wird hier ein Antagonist bewusst mit Klischees ausgestattet, um gegen Minderheiten zu hetzten? Oder geht es hier um Zuschreibungen, die letztlich der Geschichte dienlich sind?

Leider kenne ich das Buch selbst nicht (Meine Frau hat es mehrfach gelesen), aber soweit ich weiß wird der Düsseldorfer Junge schlicht deshalb als "fett" bezeichnet, weil er Schokolade im Übermaß verschlingt. Und das erscheint mir nur als logische und natürliche Konsequenz seines Verhaltens. Wie sonst soll er denn bei so einem Verhalten auch aussehen...?

Er gehört auch nicht der "Unterschicht" an, sondern kommt aus wohlhabenden Verhältnissen... der "Unterschicht" ist vielmehr der Held der Geschichte zuzuordnen.

Ich kann deine Kritik grundsätzlich nachvollziehen und ich will die Problematik auch nicht schönreden. Ich halte sie nur kaum auf das Buch anwendbar. Wer übermäßig Schokolade futtert wird halt fett... was soll man da beschönigen? Das ist eine Frage des Verhaltens, nicht der Intelligenz oder der Herkunft.

Ebenso drückt sich die kulturelle Blödheit darin aus, Fantasiewesen, die als schwarz beschrieben werden und damit einem Topos folgen, der so alt ist wie die Angst der Menschen vor der Nacht mit ihren Gefahren, von ihrer Schwärze zu reinigen. Als Kinder haben wir das Spiel "Wer hat Angst vor dem Schwarzen Mann?" gespielt. Und ich weiß ganz gewiss, dass ich da nie an einen "Neger" (den Farbigen oder Dunkelhäutigen zu titulieren oder gar, da es keinen verwendbaren deutschen Begriff mehr dafür gibt, als PoC - wie lautet da eigentlich der Singular?!) uns damals nicht in den Sinn gekommen wäre) dachte.

Ja, an das Spiel musste ich auch denken. Und für mich war dabei auch klar, dass es sich um einen unheimlichen Mann in schwarzer Kleidung handelt - nicht um einen Schwarzen afrikanischer Herkunft. Denn die wirkten auf mich nicht bedrohlich, demnach waren sie auch nicht geeignet hier als "Schurke" herzuhalten.

Und das zeigt für mich auch, dass es hier auf den Hintergrund ankommt. Sollte sich ein Kind diskriminiert fühlen, weil der unsympathische Junge als "fett" bezeichnet wird, dann kann das nur der Fall sein, wenn es eine Vorgeschichte dazu gibt. Wenn also bereits im Vorfeld eine Diskriminierung stattfand - und die ist dann das eigentliche Problem, nicht irgendwelche Formulierungen in Kinderbuchklassikern (Mit ganz wenigen Ausnahmen, wo es einen extremen Bedeutungswandel gab).

Daher würde ich die Verlage auch auffordern, statt sich Gedanken über Zensurmaßnahmen zu machen, lieber solche Bücher zu fördern, in denen dicke und andere Kinder nicht mehr als tapsige Witzfiguren auftreten (Wie in TKKG und Konsorten), sondern auch als ganz normale Helden.

Damit will ich ganz gewiß nicht hier den Vertreter der politisch korrekten "body positivty" spielen, der auch erwachsenen Menschen noch einredet, ihr Körper mit einem BMI über 40 sei "sinnlich und schön"

Das ist ohnehin ein übler Witz... mir ist vielen Medien schon aufgefallen, dass da "plus-size-Models" gefeiert werden, die einfach nur halbwegs normal aussehen statt klapperdürr zu sein. Da ist dann auch von Body-Positivy und ähnlichem Murks zu lesen, vielleicht wird sogar wirklich mal eine hübsche Frau mit der ein oder anderen Rundung gezeigt. Was ja durchaus begrüßenswert ist.

Aber wie es wirklich um die Realität bestellt ist sieht man dann direkt im nächsten Artikel, wo irgendeine Promi-Dame angekündigt wird, die ihren "Hammer-Body" zeigt - und der ist natürlich nicht irgendwie "plus", sondern selbstverständlich dünn und schlank und ohne jedes Fett irgendwo.

Body-Positivity schön und gut... die etwas Fülligeren (Also normal proportionierten) kriegen auch mal zwei, drei Zeilen spendiert... aber die sollen den "echten Schönheiten" doch bitte nicht im Weg stehen, wo kämen wir denn hin, das will doch keiner sehen...

Da könnte ich auch kotzen...

 

 

lucan-7 antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3630

@lucan-7 der Düsseldorfer Junge schlicht deshalb als "fett" bezeichnet, weil er Schokolade im Übermaß verschlingt. Und das erscheint mir nur als logische und natürliche Konsequenz seines Verhaltens. Wie sonst soll er denn bei so einem Verhalten auch aussehen...?

Er gehört auch nicht der "Unterschicht" an, sondern kommt aus wohlhabenden Verhältnissen... der "Unterschicht" ist vielmehr der Held der Geschichte zuzuordnen.

Ja, genau. Ich hab mich doch oben recht ausführlich dazu ausgelassen, weswegen die Konnotation von "fett" und wohlhabend, bzw. sogar reich früher Sinn ergab. Nur heute ergibt sie eben keinen Sinn mehr. Schokolade im Übermaß konnte ein Kind bis in die Fünfziger Jahre nicht in sich hineinschlingen, wenn es aus der Unterschicht kam. Heute ist es genau umgedreht: Heute werden Kinder aus der Unterschicht nicht per guter Erziehung davor bewahrt, sich durch übermäßiges Fressen fettkrank zu machen. Deswegen, weil aus einer früher sinnvollen Konnotation von äußeren Merkmalen und dem, was man den "inneren Charakter" nennen könnte, heute eine diskriminierende Konnotation wird (Diskriminierung trifft Schwächere), halte ich es für nachvollziehbar, dass da das "fett" in der Bezeichnung rausgestrichen wurde. Ich sage nicht, das man es hätte rausstreichen sollen, weil ich prinzipiell dagegen bin, Literatur nachträglich anders als per Fußnotenkommentar-Hinzufügung zu verändern. Aber ich kann hier die pädagogische Absicht erkennen, nachvollziehen - und unter der Prämisse, dass es sich um Kinderliteratur handelt, deren erzieherischen Input man im Hinterkopf behalten sollte, letztlich akzeptieren.

Ich halte sie nur kaum auf das Buch anwendbar. Wer übermäßig Schokolade futtert wird halt fett... was soll man da beschönigen?

Nichts. Allerdings ist diese Passage nun mal eine, die nicht mehr zu einem zeitgenössischen Publikum paßt. Sie ist veraltet insofern, als sie auf Kinder hin konzipiert ist, die vor einem halben Jahrhundert - also unter anderen Verhältnissen aufwuchsen. Und selbst damals war sie gewissermaßen schon insofern veraltet, weil Dahl hier die Stereotype seiner Kindheit verwendete. Der Mann wurde 1916 geboren und in seiner Zeit war übermäßiger Schokoladegenuß eine ausschließlich der herrschenden Klasse mögliche Sünde. Und zwar im gewissermaßen traditionellen Sinne: Völlerei galt nicht ohne sozialen Grund über Jahrhunderte hinweg als Sünde: wer im Übermaß fraß, nahm anderen etwas weg und hatte kein Bedürfnis, sich selbst zu kontrollieren. Darin: in der mangelhaften Selbstkontrolle, besteht ja das Sündhafte. Und wenn diese mangelhafte Selbstkontrolle dazu führt, dass andere hungern müssen/übervorteilt werden, dann ist das ethisch höchst verwerflich.

Fette Kinder aus den unteren Gesellschaftsschichten gab es praktisch nicht. Fett ist hier der Repräsentant der privilegierten Klasse, denn Schokolade war ein Luxusgut. Als erwachsener Leser kann ich das wissen und mitbedenken, dass sich die Verhältnisse praktisch um 180 Grad gedreht haben: heute ist Fettleibigkeit nicht Kennzeichen der verantwortungslos alle Selbstkontrolle sausen lassenden privilegierten Klasse - sondern das der sich Gesundheit und erzieherischen Aufwand nicht leisten könnenden (und ja, das geht Hand in Hand: nicht wollenden) Unterschicht.

Aber das kann man doch nicht als Kind im Hinterkopf haben!

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, damit umzugehen: Man kann sich sagen: so, wie ich mein Kind nicht mehr mit den Struwelpetergeschichten zu erziehen versuche, so suche ich mir auch pädagogisch zeitgemäßere Alternativen zu den Büchern Roald Dahls. So würde ich das als Vater eines Grundschulkindes machen. Aber wenn die Rechteinhaber nun mal weiter mit diesen Büchern Geld verdienen wollen und überlegen, ob man heutigen Kindern mit gutem Gewissen die Geschichten zumuten darf - dann verstehe ich, dass sie dort, wo Mißverstehen vorprogrammiert ist, solche Änderungen vornehmen.

Falls es um Schul-Pflichtlektüre gehen sollte: ich würde solche Bücher als pädagogisch Verantwortlicher* vom Lehrplan entfernen, statt sie umzuschreiben. Aber ich würde sie selbstverständlich nicht aus der Schulbibliothek verbannen, um solcherarf "safe spaces" für Pummelchen zu schaffen...

 

Daher würde ich die Verlage auch auffordern, statt sich Gedanken über Zensurmaßnahmen zu machen, lieber solche Bücher zu fördern, in denen dicke und andere Kinder nicht mehr als tapsige Witzfiguren auftreten (Wie in TKKG und Konsorten), sondern auch als ganz normale Helden.

 

Ich gestehe, dass ich nie ein TKKG-Buch gelesen habe und also nicht weiß, worauf Du Dich hier beziehst. Tatsächlich wäre ich erstmal ratlos, wenn mich ein Verlag fragen würde, was für Kindergeschichten am besten taugen würden, um erzieherisch das Fettleibigkeitsproblem zu berücksichtigen. Mir fällt so schnell kein kindertaugliches Narrativ dafür ein - dies Zivilisationskrankheit Fettleibigkeit ist ein so relativ neues Phänomen, dass wir da kulturell kaum auf "bewährte Mittel" zurückgreifen können.

Hhmm...

Wenn ich mir eine sowohl dramaturgisch als auch pädagogisch gute Behandlung des Themas in einer Kindergeschichte vorstellen würde, so sollte das Dicksein als eines der zu überwindenden Probleme für eine Helden/Identifikationsfigur geschildert werden. Als ein Hindernis, in dessen Bewältigung (durch Anstrengung, durch Selbstüberwindung usw.) das Wachstum der Figur unter anderem bestehen kann. Die Befriedigung, die in der Erfahrung von Selbstüberwindung, von Selbstkontrolle und daraus resultierenden Erfolgen zu finden ist, könnte ein Handlungsmotiv darstellen. Mentor-Figuren (größere Kinder, zu denen die Hauptfigur aufschaut) könnten durch ihre gesunde Ernährungsweise mit charaktierisiert werden - die sich abzuschauen den Protagonisten hilft, bestimmte Ziele zu erreichen. Die traurige Realität der Fettleibigkeit sollte nicht mit rosa Tünche und Sterotypen a la "dicke Menschen sind freundlich und hilfsbereit/haben ein großes Herz" verdrängt werden, aber eben auch nicht als aussichtslos dargestellt. Realitäten sollten nicht geleugnet werden, beispielsweise die, dass man als fetter Mensch selbstverständlich (!) ungeschickter sich bewegt. Ich denke da gerade an die Hobbits, mit denen sich ja die Kinder eigentlich identifizieren wollen, die aber einerseits als gemütlich und dicklich gezeichnet werden und von denen andererseits behauptet wird, sie könnten sich beinahe lautlos bewegen und könnten sehr treffsicher werfen und wären (irgendwie) ziemlich geschickt. Dieses unrealistische Zwittertum hat sich bis in die Spielregeln von Rollenspielen wie Dungeons&Dragons fortgepflanzt, wo Hobbits ganz toll mit Kurzbögen umgehen können und immer noch rundlich-pausbäckig dargestellt werden. Dabei sind in der Realität aber auch nicht nur große, sondern ebenso kleine dicke Menschen unbeholfen in ihren Bewegungen (und das wissen dicke Kinder aus eigener Erfahrung).

Selbstüberwindungsmotive kennen wir so einige, man denke nur an die Rocky-Filme mit ihren ellenlangen, musikalisch genial untermalten Traningssequenzen, die einen regelrechten Fitness-Boom in den 80er und 90ern auslösten. Oder man denke an Karate-Kid. Solchen Narrativen kann man vielleicht vorwerfen, sie dienten nur einer Selbstoptimierungs-Ideologie im Sinne des Großkapitals, das leistungsbereite und fitte Arbeiter-Sklaven wünscht. Aber auf einer basaleren Ebene erzählen sie nur die Geschichte, dass Erfolge durch Anstrenung erzielt werden und diese Geschichte war auf individueller Ebene schon wahr, als der Kapitalismus mangels Schrift noch nichtmal hätte buchstabiert werden können.

Was ich mir als Kindergeschichten-Autor aber tatsächlich verbieten würde, wäre, die Antagonisten (ohne die keine spannende Geschichte auskommt) als fett oder dick zu schildern, jedenfalls dann, wenn sie gleichzeitig auch als dumm oder abstoßend gezeichnet würden. Man könnte sie freilich so konstruieren, dass ihre Fettleibigkeit ihre einzige Schwäche darstellt, die der Held schließlich auszunutzen vermag. Tendenziell würde ich aber Fettleibigkeit nicht als fest mit einer Figur verbundenes Attribut einsetzen, sondern sie immer als eine veränderliche Größe verwenden: fette Figuren können abnehmen, das gilt sowohl für die Angatonisten wie auch für die Helden - und insbesondere auch deren Side-Kicks. Eine Kinderbande könnte z.B. ein übergewichtiges Mitglied haben, dessen Schwerfälligkeit zu irgendwelchen "Reinfällen" beiträgt, also die Gruppe eher behindert. Im Verlauf der Geschichte könnte die Figur aber abnehmen und körperlich fitter werden, z.B. über die Sommerferien hinweg, die es mit seinem Vater eine Rudertour entlang irgendwelcher skandinavischen Flüsse unternimmt - eine positive Veränderung, die schließlich der ganzen Gruppe zugute kommt. Kurz: Fettleibigkeit sollte nicht als unabänderliches Schicksal, sondern als überwindbares Handicap geschildert werden. Hhmm... während ich das schreibe, tauchen mir im Hinterkopf ein paar spannende Ideen auf, vielleicht sollte ich gleich heute noch von der Buchillustration zum Bücherschreiben umswitchen? 😉

 

In diesem Sinne: habe jetzt erstmal fertig.

 

 

*Aufgrund er oben breit dargelegten Argumente halte ich so eine Demütigung und Scham hervorrufende Thematisierung der Fettleibigkeit für kontraproduktiv: Kinder werden dadurch frustriert und eben gerade nicht ermuntert zu den Anstrengungen, derer es in einer Fastfood-Gesellschaft, einer industriellen Zucker-und-Schmalz-Welt nun mal bedarf. Scham ist kein sonderlich hilfreiches Erziehungsmittel betreffend die Langzeitmotivation... Da allerdings Fettleibigkeit inzwischen die größte gesundheitliche Gefahr für Kinder überhaupt darstellt, der man selbstverständlich sich entgegenstemmen muß, ist es unverantwortlich, solche psychologisch-dialektischen Zusammenhänge zu ignorieren: es gehört zu guter, verantworlticher  Erziehung also dazu, Kindern gesunde, bewußte Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten beizubringen, mit dazu tauglichen Mitteln!

jack-black antworten
Lachmöwe
(@seidenlaubenvogel)
Beigetreten : Vor 12 Jahren

Beiträge : 1527

@jack-black 

Aber das kann man doch nicht als Kind im Hinterkopf haben!

Welch ein Glück. 😅 Nichts gegen Textinterpretation - wobei sie vermutlich die wenigsten von uns geliebt haben werden. Der Punkt aber ist doch, wo der Fokus gesetzt wird. Überinterpretation (unabhängig davon, ob sie zutreffend ist) - wem nützt sie?

Wesentlichere Fragen: Welche Funktion hat Literatur für dich? Und welche sollte sie - deiner Meinung nach - für Kinder haben?

seidenlaubenvogel antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3630

@seidenlaubenvogel Überinterpretation (unabhängig davon, ob sie zutreffend ist) - wem nützt sie?

Mir ging es hier eigentlich eher um die Wirkung von Literatur.

Je nach dem individuellen Erfahrungshintergrund wirken Bücher auf die Menschen unterschiedlich.

Welche Funktion hat Literatur für dich? Und welche sollte sie - deiner Meinung nach - für Kinder haben?

Das läßt sich so pauschal nicht beantworten. In der Tendenz aber denke ich, dass sinnerfassendes Lesen eine Fähigkeit darstellt, welche Kindern vorzuenthalten unverantwortlich ist. Daher sollte ein Bildungsziel darin bestehen, Kinder an das Lesen heranzuführen. Nicht jedes Kind muß ein Bücherwurm werden, aber jeder Schulabgänger sollte kompetent genug sein, sich relativ schnell (ohne dass allein dieser Akt Unlustgefühle auslöst) schriftliche Informationen anzueignen.

Kinderbücher tragen dazu bei, dass Kinder sich diese Kompetenz schneller und besser aneignen. Wenn aber in Kinderbüchern Botschaften enthalten sind, welche Frust, Scham oder andere destruktive Gefühle in den Kindern auslösen, dann torpedieren sie das eigentliche Bildungsziel.

Idealerweise sollen Kinderbücher vor allem unterhaltsam sein (damit die Kinder schlicht Freude am Lesen entwickeln), darüber hinaus aber auch noch in anderen Hinsichten bereichernd*. Für mich, der ich als Kind die sprichwörtliche, (allerdings allzu dicke) Leseratte darstellte, waren Bücher der bessere Teil des Lebens: mein Zugang zur großen weiten Welt. Ihre Lektüre vermittelte mir so viele Informationen, deren Relevanz ich oft erst viele Jahre später erkannte, beispielsweise als ich den Jugoslawienkrieg viel besser einzuordnen vermochte als viele meiner gleichaltrigen Bekannten, die nicht als Kind "Die rote Zora und ihre Bande" gelesen hatten. Als Zehnjäriger besorgte ich mir aus der Sadtbibliothek Bücher über Architektur, weil ich wissen wollte, was genau man unter einem Pueblo zu verstehen habe, jener Art Häuser, die mir in Karl Mays Büchern untergekommen waren. Als wir im Oberstufen-Musikunterricht mit Wagners "Parsifal", mit Isoldes Liebestod oder dem Ring der Nibelungen in Kontakt gebracht werden sollten, wußte ich aufgrund der Ritter- und Sagenbücher, die ich als Kind verschlungen hatte, stets, worum es ging. Und so weiter und so fort: Was man als Kind (voller Begeisterung) liest, vergisst man nicht so schnell: man hat da etwas für's Leben, eine Art Weltkarte mit vielen Knotenpunkten, an welche man später dann wesentlich einfacher neue Informationen anknüpfen kann.

Genau um diesen Horizontserweiterungs-Wert der Literatur für Kinder ging es ja wohl dem hier diskutierten Roald Dahl, als er eine seiner kindlichen Buchheldinnen mit Conrad, Kipling und Hemmingway durch die Welt streifen und spannende Abenteuer erleben ließ.

Um dies zu können: sich von Literatur in ferne Länder, fremde Kulturen, verwunschene Welten entführen zu lassen - muß man aber erstmal halbwegs flüssig lesen können und das lernt man am ehesten, je mehr Spaß das Lesen macht. Dazu dürfen einem frühe Leseerlebnisse aber halt nicht vermiest werden.

Ich erinnere mich noch an mein erstes Asterixheft: Asterix als Gladiator. Das bekam ich mit 7 Jahren im Urlaub von meinem Vater gekauft mit den Worten: "Ich hab keine Lust, dir auch noch im Urlaub vorzulesen. Du bist jetzt groß genug, das selbst zu tun!". Und zuerst schaute ich mir natürlich nur die Bilder an und las dazu, was in den Sprechblasen stand, falls ich aus den Zeichnugen allein nicht schlau wurde: Als Zweitklässler war mir das Lesen durchaus noch eine Anstrengung, die ich gern vermied, wo sie sich vermeiden ließ. Bald aber merkte ich, wieviel lustiger die Bildergeschichte wurde, wenn man die Dialoge las. Ich las dabei, wie es Kinder halt so tun: laut. Und so merkte mein Vater, dass ich nur den Inhalt der Sprechblasen, nicht aber den der Kästchen mit den "Zusatzinformationen" las. Die Texte in diesen Kästchen waren ja häufig länger und schienen mir nicht so wichtig zu sein, weil die Geschichte allein aufgrund der Zeichnungen und der Sprachblasen Sinn genug für mich ergab und sich mir keine Verständnisfragen mehr stellten. Mein Vater wies mich darauf hin, dass in den Kästchen durchaus interessante Sachen zu lesen seien, welche die Geschichte noch besser machen würden. Noch heute, knapp 50 Jahre später, erinnere ich mich an meine damalige Skepsis, mit der ich - eigentlich nur um die Behauptung meines Vaters zu widerlegen, mich an die Entzifferung der Kästchentexte machte. Das erste Kästchen war langweilig, das zweite ergab überhaupt keinen Sinn. Aber gemäß der Devise "aller guten Dinge sind drei!" gab ich dem Comic und meinem Vater eine letzte Chance und las noch ein drittes Kästchen. Das gleichzeitig mir den Sinn des zweiten Kästchens entschlüsselte (weil der dort angefangene Satz hier fortgeführt wurde) und zweitens unglaublich lustig war. Eben noch hatte ich diese Kästchen-Texte doof gefunden, nun war ich so begeistert, dass ich wieder zurück auf die Anfangsseite blätterte und mir sogar diesen langen Einführungstext über die Lage im Jahr 50 v. Chr. erarbeitete. In welchem ganz Gallien von den Römern besetzt war. Ganz Gallien? Nein!... 🙂

Und wie hießen noch gleich die römischen Lager rings um das von unbeugsamen Galliern bevölkerte Dorf?

Richtig: Babaorum, Aquarium, Laudanum und Kleinbonum. Damals kapierte ich natürlich nur den einen Namenwitz, weil wir selbst ein Aquarium daheim im Wohnzimmer stehen hatten. Aber was war der für mich für eine Entdeckung!

Dass der dicke Obelix, als Kind in den Zaubertrank gefallen, in den Asterix-Comix eigentlich immer die sympathischere, d.h. witzigere und auf positive Weise kindlichere Figur darstellte, als der "altkluge" Asterix, erleichterte es diesen Heften, mein Herz im Sturm zu erobern. In "Obelix GmbH & Co KG" übrigens lernte ich schon recht früh etwas darüber, wie gern sich Dicke selbst betrügen und wie sich daraus für andere ein Profit machen läßt: "Längsstreifen machen schlank!" wird dem vom Hinkelsteingeschäft reich gewordenen Obelix da eingeredet, um ihn dazu zu bewegen, in neue Klamotten zu investieren. Na, von wegen!

 

 

*nicht allerdings unbedingt in erster, zweiter, dritter oder auch nur vierter Linie moralisch belehrend!

jack-black antworten
Lachmöwe
(@seidenlaubenvogel)
Beigetreten : Vor 12 Jahren

Beiträge : 1527

@jack-black Danke dafür … 💝

Idealerweise sollen Kinderbücher vor allem unterhaltsam sein

… mehr lese ich später. 😀

Tippst du deine Texte hier eigentlich oder diktierst du sie? 😉

seidenlaubenvogel antworten
Lachmöwe
(@seidenlaubenvogel)
Beigetreten : Vor 12 Jahren

Beiträge : 1527

@jack-black 

Mir ging es hier eigentlich eher um die Wirkung von Literatur.

Interessant, dass es bei mir vorrangig wie deine Interpretation ankam. Spannend wären da Vergleiche, wie Erwachsenen meinen, dass etwas bei Kindern ankommt und wie es tendenziell bei Kindern ankommt. Auffallend ist dabei für mich, wie wertvoll es ist, im Gespräch zu sein oder dass zumindest eine Offenheit für Gespräch besteht.

Ich schätze es sehr, wenn wir in unserer Wahrnehmung sensibel sind. Wichtig bleibt aber auch, die Kirche im Dorf zu lassen und dass wir vor lauter Sensibilisierungen nicht vorrangig Raum für wilde Unterstellungen schaffen. Traurig finde ich auch, dass inzwischen fast schon eine Art Vorgabe herrscht, wie inzwischen Geschichten mit Figuren gebaut werden, um gewünschte Vorstellungen brav abzudecken, wie Gesellschaft zu sein hat. Ja, ich begrüße Vielfalt, freue mich an Diversität, … im Kinderbuch. Und ja, Geschichten transportieren direkt und indirekt Werte, bieten wertvolle Lern- und Identifikationserfahrungen. Entscheidend ist aber eine gute, tragende Geschichte und glaubwürdige, lebendige Figuren und nicht die Erfüllung eines Art Baukastensystems. Insbesondere Originalität wünsch ich mir und diese wird Wirkung bei den Kinder haben, die Geschichten garantiert nicht so wahrnehmen, wie wir Erwachsenen ihnen andichten.

 

 

 

seidenlaubenvogel antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21566

@jack-black 

Ja, genau. Ich hab mich doch oben recht ausführlich dazu ausgelassen, weswegen die Konnotation von "fett" und wohlhabend, bzw. sogar reich früher Sinn ergab. Nur heute ergibt sie eben keinen Sinn mehr.

Das mag sein. Aber ist es denn ein hinreichender Grund, Aussagen eines Buches zu ändern, nur weil etwas "heute nicht mehr so ist"?

Dass in älteren Büchern die Welt anders geschildert wird macht sie doch gerade so wertvoll für uns - und eben auch für Kinder!

Ich war als Kind auch von manchen Büchern verwirrt, teils sogar verängstigt - ich sage nur: "Struwwelpeter"

Auch viele Geschichten aus Wilhelm Busch machten mir Angst... ich war damals noch im Kindergarten und war von dieser anderen Welt gleichzeitig fasziniert und schockiert, und etliches war natürlich auch nur für Erwachsene gedacht.

Als Jugendlicher sind mir antisemitische Stereotype bei Karl May aufgefallen... die kamen zwar nicht im Übermaß vor, aber die Schilderung in dem Buch "Der Fremde aus Indien" hätte auch aus dem "Stürmer" stammen können. Auch die kulturelle Überlegenheit der Deutschen und die Herablassung, mit der die Kulturen anderer Länder geschildert werden passten da ins Zeitbild. Und gerade weil Karl May eben NICHT als Antisemit galt wurde mir durch die Lektüre klar, wie sehr diese Klischees damals in der Gesellschaft verwurzelt waren.

Diese Verknüpfung habe ich dann hergestellt, als wir in der Schule die Ursprünge des "3. Reiches" besprachen. Das wäre aber nicht möglich gewesen, hätte ich damals eine "angepasste" Version gelesen, in der der jüdische Händler und seine intrigante Tochter keine Juden, sondern christliche Deutsche gewesen wären.

Dabei kannst du hier genau so argumentieren: So wie der Düsseldorfer Junge aus "Charlie und die Schokoladenfabrik" nicht "fett" genannt werden darf, weil das dicke Kinder verletzen könnte, so soll doch der jüdische Junge, der Karl May liest, doch bitte auch nicht mit einem jüdischen Bösewicht konfrontiert werden!

Gleiches gilt für den schwarzen Jungen, für den es ein ziemliches Ärgernis sein dürfte "Tim im Kongo" zu lesen ("Tim und Struppi").

Oder auch "Huckleberry Finn". Das Buch hat mir einen Einblick in die Gedankenwelt und Romantisierung der Südstaaten der USA gegeben... auch wenn ich vieles erst sehr viel später richtig einordnen konnte.

Wären alle diese Bücher an den Zeitgeist angepasst worden, dann wäre das letzten Endes auch nichts anderes als "Geschichtsklitterung".

Schwarze wurden nie unterdrückt, es gab keine negativen Klischees über Juden im 19. Jahrhundert - und dicke Kinder wurden nie als "fett" bezeichnet, schon gar nicht wenn sie aus reichen Familien stammten, die sich Schokolade leisten konnten.

Ich denke, der Mehrwert einer solchen Schonhaltung ist eher gering - denn die eigentliche Diskriminierung geht ja nicht von alten Büchern, sondern von zeitgenössischen Mitschülern aus, die sich beim Lästern auf dem Schulhof nicht unbedingt irgendwelcher Literaturzitate bedienen - sondern alles ablehnen, was nicht irgendwelchen Idealen aus Tik-Tok Videos entspricht.

Was ich mir als Kindergeschichten-Autor aber tatsächlich verbieten würde, wäre, die Antagonisten (ohne die keine spannende Geschichte auskommt) als fett oder dick zu schildern, jedenfalls dann, wenn sie gleichzeitig auch als dumm oder abstoßend gezeichnet würden.

Wenn es einseitig ist, sicher.

Ich könnte mir aber gut vorstellen, einem "fetten" Protagonisten einen ebenso "fetten" Antagonisten gegenüber zu stellen... welche dann auf ganz verschiedene Weise mit ihrer Leibesfülle umgehen, der eine positiv und selbstbestimmt, der andere frustriert und wütend.

 

lucan-7 antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3630

@lucan-7 Aber ist es denn ein hinreichender Grund, Aussagen eines Buches zu ändern, nur weil etwas "heute nicht mehr so ist"?

 

Ich glaube, ausführlich genug dargelegt zu haben, wie ich die Sache sehe. Vermutlich viel zu ausführlich.

jack-black antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21566

@jack-black 

Ich glaube, ausführlich genug dargelegt zu haben, wie ich die Sache sehe. Vermutlich viel zu ausführlich.

Das hast du. Es ist auch nicht so, dass ich es nicht nachvollziehen könnte.

Ich sehe nur nicht, wie man daraus eine allgemeingültige Regel formulieren könnte, also eine Richtlinie über bestimmte Worte, die Verlage in Kinder- und Jugendbüchern besserm nicht (mehr) in bestimmten Zusammenhängen verwenden sollen.

Denn es gibt viele Eigenschaften, die in irgendeinen negativen Kontext gebracht werden und potentiell verletzen können. Dicke Kinder, kleine Kinder, kurzsichtige Kinder, Kinder mit Behinderung, Waisen, Magersüchtige, Depressive, Unsportliche, solche aus anderen Kulturen oder auch solche, die keinen gängigen Schönheitsidealen entsprechen.

Und ich erinnere mich, dass ich mich als Kind oder Jugendlicher auch immer mal wieder unangenehm berührt fühlte, weil irgendwelche Aussage eine wunde Stelle betrafen... Dinge, mit denen ich mich auch jahrelang herumschlagen musste.

Und ich will es mir jetzt nicht so einfach machen, zu sagen: "Stell' dich halt nicht so an!". Ich sehe das schon etwas differenzierter. Ich sehe aber auch solche Dinge als Teil des Prozesses der Auseinandersetzung. Nicht in dem Sinne, dass uns "stärker" macht was uns nicht umbringt - aber in dem Sinn, dass ich es für sinnlos halte, die Realität zu verfälschen.

 

Ich stelle mir nämlich so etwas vor, dass ein Kind sein Lieblingsbuch im Schrank stehen hat... und mit 18 Jahren bekommt es dann eine ältere Orginalausgabe mit dem Hinweis: "...und jetzt lies' mal, was er WIRKLICH geschrieben hat...!"

Stelle ich mir nicht hilfreich vor. Wirklich nicht.

 

 

 

lucan-7 antworten
Mariposa22
(@mariposa22)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 475

@jack-black 

so, wie ich mein Kind nicht mehr mit den Struwelpetergeschichten zu erziehen versuche

Ich fand den Struwwelpeter klasse. Noch bevor ich lesen konnte, konnte ich alle Geschichten auswendig aufsagen. Am traurigsten fand ich die Geschichte von Pauline, die verbrannt ist. Und es gibt doch eine Struwwelpetergeschichte, in der zwei Jungs einen dunkelhäutigen Mann ausgelacht haben und dafür vom Nikolaus ihre Quittung bekamen. Es ist doch beruhigend, dass es auch in dieser Zeit Menschen gab, die sich gegen Rassismus stark machten. Und es gab eine Geschichte, die sich gegen Tierquälerei richtete. Also inhaltlich finde ich den Struwwelpeter gut, nur scheint es Bedenken zu geben, dass unsere Kinder das verkraften können. Andererseits ... so mit 14 Jahren fangen sie an, heimlich Horrorfilme zu schauen.

mariposa22 antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21566

@mariposa22 

Ich fand den Struwwelpeter klasse.

Na ja, ich fand ihn eher... faszinierend.

Aber schlimm war nicht nur das verbrannte Mädchen, sondern auch der Daumenlutscher, dem seine Daumen abgeschnitten wurden. Das ist einfach nur eine sehr brutale Darstellung. Der Suppenkaspar, der sich zu Tode hungert, war es am Ende zwar selbst schuld... aber auch da würde man sich heute fragen, warum der magersüchtige Junge denn keine Hilfe bekam...

Es ist aber noch mal ein Unterschied, ob die Geschichten einfach nur entsetzlich sind... oder ob sie persönlich diskriminieren. Denn auch wenn ich die Geschichten schlimm fand, so habe ich mich doch mit keinem der Kinder dort identifiziert. Das macht dann auch nochmal was aus.

 

 

 

lucan-7 antworten
Queequeg
(@queequeg)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 5666

@mariposa22 

Der "Struwwelpeter" ist kein Kinderbusch. Er ist von einem Psychiater geschrieben worden, der darin verschiedene kinderpsychiatrische Pathologien darstellt.

queequeg antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3630

@queequeg Der "Struwwelpeter" ist kein Kinderbusch.

Naja, Hoffmann hat's nach eigenen Angaben einst für seinen dreijährigen Sohn geschrieben. Dass man in manchen (gewiß nicht allen!) der Geschichten "kinderpsychiatrische Pathologien" erkennen kann, ist vermutlich richtig, aber eben eine rückblickende Interpretation.

jack-black antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3630

@mariposa22 

Ich fand den Struwwelpeter klasse.

Mag ja sein, Geschmäcker sind halt verschieden. Aber meine Wortwahl fiel halt auf "erziehen". Und die Struwelpetergeschichten sind nun mal ein Ausdruck dessen, was man populärwissenschaftlich wohl als schwarze Pädagogik bezeichnen könnte: Erziehung, die auf Gewalt, Angst und Einschüchterung (durch Gewaltandrohung) setzt.

Noch bevor ich lesen konnte, konnte ich alle Geschichten auswendig aufsagen.

Ja, die sind ja auch clever gemacht, sprachlich klar und doch elegant (manches war früher wirklich besser: beispielsweise die Beherrschung des Deutschen... 😉 ) und per Reim-Schema darauf hin angelegt, dass Kinder sie auswendig lernen sollten.

 

Und es gibt doch eine Struwwelpetergeschichte, in der zwei Jungs einen dunkelhäutigen Mann ausgelacht haben und dafür vom Nikolaus ihre Quittung bekamen.

Diese Geschichte war mir kaum mehr erinnerlich (ich hab sie eben erst wieder nachlesen müssen). Vom pädagogischen Schema her passt sie insofern, dass auch hier wieder unerwünschtes Kinderverhalten bestraft wird. Als ich so drüber nachdenke, warum ich mich an ausgerechnet diese Geschichte nicht mehr gleich erinnern konnte, fallen mir zwei mögliche Erklärungen ein: Nicht so hundertprozentig passt es zu den mir bekannteren Struwwelpetergeschichten insofern, als hier eine Autorität bestraft, statt dass die Folgen des (unerwünschten) Verhaltens selbst als (brutale) Strafe fungieren*. Zum Zweiten konnte ich diese Geschichte als Kind überhaupt nicht auf meine alltägliche Vorstellungswelt anwenden, weil ich von einem sozusagen ethnisch reinen Dorf stamme: ich kannte als Kind keine "Mohren", farbige Menschen aka Neger waren mir nur durch die Negerküsse bekannt und damit hundertprozentig positiv konnotiert (weil Negerkuß-Brötchen die himmlische Steigerung der ohnehin schon exzeptionellen, da bloß Sonntags auf dem Frühstückstisch auftauchenden Brötchen waren).

Es ist doch beruhigend, dass es auch in dieser Zeit Menschen gab, die sich gegen Rassismus stark machten.

Inwiefern beruhigend? Der "Mohr" wird da als "Mohrchen" verniedlicht, ich bin mir nicht so sicher, ob es da überhaupt um Rassismus geht, oder nur darum, dass Menschen, die anders aussehen als man selbst, verspottet werden aufgrund ihres Anders-Aussehens. Im Wiki-Artikel dazu wird interessanterweise vermerkt, dass die Arabesken der Illustration in einer Neuausgabe durch Davidsterne ersetzt wurden, was als Forderung nach Toleranz von Juden interpretiert werden könne. Ob es nun in dieser Geschichte gegen Rassismus oder gegen Antisemitismus oder schlicht gegen die Ausgrenzung Andersaussehender geht - die Message ist: macht euch nicht lustig, sonst werdet ihr bestraft! Indem der Nikolas die Delinquenten dann in schwarze Tinte tunkt, erfüllt übrigens das Schwarz-Sein als Strafe und damit als unerwünschter Zustand nicht gerade sehr sinnvoll die Aufgabe, Schwarzsein als normal hinzustellen, oder?

Beruhigend ist diese Geschichte meines Ermessens nur hinsichtlich unseres eigenen Unbehagens, einer durch und durch rassistischen Kultur zu entstammen: ein Unbehagen, das entsteht, wenn man stolz sein will auf seine Herkunft, aber dieser Stolz sich bei näherer Betrachtung als eher unbegründet erweist. Dann freuen wir uns über jeden Hinweis darauf, dass es doch ein paar anständige Leute gab, freuen uns also über das eigentlich Selbstverständliche.

Aber nun überlege Dir mal, ob diese Geschichte, die damals  - vielleicht! - dazu gedacht war, rassistisches Verhalten bei Kindern zu unterdrücken, auch heute noch sinnvoll erzieherisch wirken kann. Das "Mohrchen", das da - als ich's jetzt eben wieder sah, kam mir wieder die Erinnerung, dass ich damals vor allem darüber nachdachte, ob der Kerl da mit einem Regenschirm durch die Gegend läuft oder mit einem Sonnenschirm** - als Opfer des Spotts herhalten muß, ist barfuß und "oben ohne" gezeichnet: ganz das Klischee des naiven Wilden. Es (der Diminutiv macht das Diskriminierungsopfer zur Sache, stellt ihn auf eine Stufe mit Tieren, die gequält werden) agiert nicht, wehrt sich nicht gegen den Spott, ist kein Subjekt, sondern reines Objekt. Seine Tätigkeit beschränkt sich darin, schwarz zu sein. Kann eine solche Darstellung auch heute noch erzieherisch gegen rassistische Tendenzen wirken?

Ich plädiere ja nicht dafür, die Struwwelpeter-Geschichten zu verbieten. Sie gehören zu unserem kulturellen Erbe und warum sollte man das ignorieren? Aber ich würde sie heute nicht als erzieherische Lektüre für Kinde heranziehen, nicht zuletzt deswegen nicht, weil die ganze pädagogische Stoßrichtung dieses Buches veraltet ist und in Kindern nichts anderes als kleine, vor allem aber: noch nicht abgerichtete und somit dysfunktionale Erwachsene sieht.

Immer mitbedenken dabei: die Generationen, die durch solch eine Pädagogik geprägt wurden, bauten später die ordentlichen, straff-effektiven Baracken in Dachau und Bergen-Belsen...

 

 

 

*In der brutalsten und meiner Ansicht nach pädagogisch perfidesten Geschichte - denn blutig-gnadenlose Bestrafung von Ungehorsam wird hier praktisch gefeiert -, in welcher dem Daumenlutscher seine Daumen mit der Schere abgeschnitten werden, geschieht dies allerdings auch wieder durch eine Autorität.

 

**Je länger ich jetzt über diesen Schirm nachdenke und die Assoziationen, die er in mir auslöst, desto fragwürdiger erscheint mir diese Illustration. Waren es nicht einst die schwarzhäutigen Sklaven, die mit Schirmen hinter den Herren herlaufen mußten, um jene vorm direkten Sonnenlicht zu beschirmen? Das begann meines Wissens schon in der Antike bei Ägyptern und Römern - und  setzte sich fort in der Zeit, als Araber den zentralafrikanischen Sklavenhandel beherrschten. Der Mohr trägt hier also - offensichtlich frohgemut, also die Demütigung nicht mal empfindend - das Symbol seiner subalternen Position spazieren, na großartig und so aufgeklärt! Als Kind hatte ich solche Assoziationen freilich noch nicht, ich stellte mir vor, dass er als aus Afrika - also der Wüste 😉 - stammend, in seiner Naivität davon ausging, dass es "bei uns" ständig regnen würde.

jack-black antworten
Channuschka
(@channuschka)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 4278

@jack-black Meine Mutter wollte uns ja von Struwwelpeter fernhalten, aber bei ihren Eltern lag das alte buch aus ihrer Kindheit. Für mich war es tatsächlich eine Art Relikt aus anderer Zeit. Die struwwelpeter-Geschichte hat mir am meisten Angst gemacht. Die Geschichte vom Mohren hieß für mich, wenn du über andere lachst, dann musst du damit rechnen, selbst ao zu werden, dass du ausgelacht wirst. Sprich, wenn du zu dicken unfair bist, pass auf, dass du nicht selbst dick wirst.

Viel schlimmer finde ich Geschichten, wie in den Pucki-Büchern von Marga Trott. Ich lebe und fühle Bücher, die ich lese bis heute mit. Das ist ja auch der Reiz an guten Büchern, die Flucht aus der eigenen Realität. Ich hab vor Jahren mal wieder in "Försters Pucki" reingelesen - Pucki soll brav sein und bekommt dafür Bohnen und für alles was sie falsch macht kommt eine Bohne von einer in die andere Tasche. Und am Ende des Tages gibt es Lob oder Schimpfe. Manchmal bekommt sie auch Schläge. Allerdings musste man Bücher vor mir gut verstecken, sobald ich lesen konnte. Da hatte Mama dann wenig Einfluss darauf. Die Erziehungsratgeber hat sie irgendwann vor uns versteckt und anders als Pucki hatte meine Oma die nicht in alten Kisten.

Da doch lieber Struwwelpeter oder Winnetou oder Pipi Langstrumpf (in der alten Fassung). Es ist vermutlich einfacher Kindern zu erklären, dass man früher Begriffe benutzt hat, die man heute nicht mehr sagt, wie die unterschwellig vermittelte Pädagogik von den Pucki-Büchern als "Lüge" zu entlarven. Und auch bei Winnetou - wir waren als Kinder große Fans der Filme. Angeregt durch unsere Mutter haben wir uns dann mehr mit "Indianern" befasst (Wer?Wie?Was?-Bücher und so) und so durchaus schon als Kinder mitbekommen, dass die REalität weit aus brutaler war. Unsere Playmo-Indianer mussten dann auch immer umziehen, weil die Weißen kamen. Ich denke, Rollenspiele und Verkleidung kann bei Kindern auch ein Interesse an Themen wecken, auf das man dann aufbauen kann und sollte.

Mein Bruder musste übrigens Anfang der 00-Jahre noch "Lieschen war allein zu Haus" in der Grundschule auswendig lernen. Da hab damals selbst ich als fünf Jahre ältere Schwester an der Lehrerin gezweifelt.

channuschka antworten
Tamaro
 Tamaro
(@tamaro)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 1743

@channuschka 

Es ist vermutlich einfacher Kindern zu erklären, dass man früher Begriffe benutzt hat, die man heute nicht mehr sagt, wie die unterschwellig vermittelte Pädagogik von den Pucki-Büchern als "Lüge" zu entlarven.

Genau! Das ist mE der richtige Weg.

 

tamaro antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3630

@channuschka Mein Bruder musste übrigens Anfang der 00-Jahre noch "Lieschen war allein zu Haus" in der Grundschule auswendig lernen.

Der Arme. In meiner Jugend hieß Lieschen allerdings noch Paulinchen... 😉

Was ich übrigens schon zitieren konnte, bevor ich das Lesen gelernt hatte. So, wie diverse andere "Lines" aus dem Büchlein:

"Konrad, sprach die Frau Mama, ich geh aus und du bleibst da!"

oder

"Und die Mutter blicket (blickte) stumm auf dem ganzen Tisch herum."

Ich glaub, die meisten Sprüche kannte ich, weil mein Opa, den ich cool fand, gern zitierte. 😀

jack-black antworten
Mariposa22
(@mariposa22)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 475

Vorsicht - Satire, bin heute gut drauf und kreativ unterwegs:

 

Der Kaspar der war kerngesund,

wohlgeimpft und kugelrund,

gegen Masern und Pocken ebenso,

gab man ihm Spritzen in den Po.

Doch bei Covid fing er an zu schrei‘n.

Ich will keine Impfung – nein.

Meine Impfung will ich nicht,

nein impfen lasse ich mich nicht.

 

Am nächsten Tag, - ja sieh nur her! –

Da war er noch viel trotziger.

Da fing er wieder an zu schrei'n:.

Ich will keine Impfung – nein.

Meine Impfung will ich nicht,

nein impfen lasse ich mich nicht.

 

Am dritten Tag, o weh und ach!

Wie ist der Kaspar dumm und schwach!

Ein Corona-Virus kam ins Haus hinein.

Trotzdem fing er an zu schrei'n: Ich will keine Impfung – nein.

Meine Impfung will ich nicht,

nein impfen lasse ich mich nicht.

 

Am vierten Tage endlich gar

Vom Virus er nun befallen war.

 

Einen schlimmen Anblick er nun bot–

Und war am fünften Tage tot.

mariposa22 antworten
Tamaro
 Tamaro
(@tamaro)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 1743

@lucan-7 

Darf es unsympathische Schwarze geben? Ist es in Ordnung, einen Homosexuellen als Bösewicht darzustellen? Was ist mit einem kleinwüchsigen Dieb? Eine rothaarige Intrigantin? Ein jüdischer Betrüger? Ein muslimischer Schlägertyp?

 

Ich denke, derzeit (im Kontext des gegenwärtigen Zeitgeistes) kann eine böse und/oder kriminelle Figur praktisch nur von einem weissen cis-Mann ohne Nennung einer Religionszugehörigkeit (da zu unrealistisch wird in Bezug auf physische Gewalt auf ü50 wohl schweren Herzens verzichtet) gespielt werden.

Oder kennt jemand andere Beispiele? Ich habe nicht so die Übersicht über die aktuellen Filme und Serien.

Mir fallen nur Maleficent und Cruella ein - also Märchen - in denen die bösen Charaktere von Frauen gespielt wurden - aber trotzdem wohl auf eine ziemlich faszinierende Art, also nicht unbedingt nur negativ behaftet.

Vielleicht noch eine Frage der Zeit, bis alle Grimm-Märchen umgeschrieben werden müssen in Anbetracht von all den Hexen und bösen Stiefmüttern, die da so vorkommen. 🙂  Irgendetwas kommt sicher als nächstes.

 

(Habe erst jetzt, beim nochmals Drüberlesen realisiert, dass du @lucan - böse weibliche Figuren nicht einmal erwähntest, was ich nun aber mit ins Spiel gebracht habe).

 

tamaro antworten
Tamaro
 Tamaro
(@tamaro)
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Ah doch, die rothaarige Intrigantin hast du erwähnt...

tamaro antworten
Tamaro
 Tamaro
(@tamaro)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 1743

 

Ich denke, derzeit (im Kontext des gegenwärtigen Zeitgeistes) kann eine böse und/oder kriminelle Figur praktisch nur von einem weissen cis-Mann ohne Nennung einer Religionszugehörigkeit (da zu unrealistisch wird in Bezug auf physische Gewalt auf ü50 wohl schweren Herzens verzichtet) gespielt werden.

Ich möchte noch präzisieren: die Figur eines Unsympahten resp. Bösewichten, könnte derzeit wohl praktisch nur von einem hetero sowie weissen cis-Mann mit Hang zu "toxisch männlichem" Verhalten gespielt werden. (Homosexuelle Männer sind ja auch cis-Männer).

Aber dieser Hetero-Mann würde dann in seiner Film- resp. literarischen Rolle von den Frauen infolge von zu viel männlicher Toxizität gemieden resp. noch häufiger verlassen werden.

Die gesellschaftliche Auffassung ist heutzutage in der Tendenz ja die, dass der Hang zu kriminellem Verhalten einem Übermass an toxischer Männlichkeit entspricht.

 

tamaro antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

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@tamaro Bösewicht:in -> Lena Headey als Cersei in "GoT". Ebenfalls Lena Headey als Ma-Ma im Remake von "Dredd". Lucy Liu in "Kill Bill 1" als O-Ren Ishii (wobei diese Figur auch als Anime in dem Film gezeigt wird) und Daryl Hannah als Elle Driver in "Kill Bill 1" und "Kill Bill 2". Salma Hayek als Santánico Pandemonium in "From Dusk till Dawn". Grace Jones als May Day im Film "A View To A Kill" des Bond-Franchise. Charlize Theron im Fast-and-Furios-Franchise als Terrorist:in Cipher.

der_alte antworten
Alescha
(@alescha)
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@jack-black 

die paar Ausnahmen, wo die Fettleibigkeit organische Ursachen hat, können ausgeblendet werden, das sind doch nicht mal 1% der Fälle

Woher weißt Du das? Allein wenn sieht, wie viele Frauen am Lipödem leiden, und man dann noch diverse Stoffwechselstörungen hinzuzieht, dürfte dieser Prozentsatz schon höher sein. 

alescha antworten
Jack-Black
(@jack-black)
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@alescha Woher weißt Du das?

 

Aus dem vorn Dir verlinkten Artikel:

Das Lipödem tritt fast ausschließlich bei Frauen auf, nach der Pubertät, nach einer Schwangerschaft oder im Klimakterium. Hormonelle Veränderungen und Gewichtszunahme werden als Ursachen vermutet, ebenso eine genetische Prädisposition.

Ich sprach, da hier ja ein Kinderbuch in rede stand, von fetten Kindern und eben nicht von Frauen nach Pubertät, Schwangerschaft oder im Klimaktorium.

Wenn wir mal die Infobroschüre des RKI zur kindlichen Adipositas als Grundlage heranziehen, findet sich dort folgende Feststellung:

 

Laut der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugend-
lichen in Deutschland (KiGGS) Welle 2 (2014 –2017) des
Robert Koch-Instituts sind in Deutschland 1,0 % der Jungen
und 3,2 % der Mädchen im Alter zwischen 3 und 6 Jahren
adipös.

Im Mittel wären das  rund 2 Prozent. Bei denen ich jetzt einfach mal dreist behaupte, dass auch bei ihnen schon ein beträchtlicher Anteil nicht aufgrund einer genetischen Disposition/Organkrankheit, sondern eben falscher Ernährung im Säuglings- und Kleinkindalter adipös sein dürfte.

Meine Schätzung (ich hab erst jetzt nach diesen Belegen gesucht) war also nicht so ganz unplausibel, aber ich komme mal soweit entgegen zuzugeben, dass rein theoretisch statt einem sogar 2 Prozent der fettleibigen Kinder unter einer organischen Erkrankung leiden, die nicht von schlechten Ernährungs- und/oder Bewegungsgewohnheiten herrührt.

jack-black antworten
Jack-Black
(@jack-black)
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Beiträge : 3630

Korrektur!

Ich und Prozentrechnung... 😀 Grundlage waren ja nicht die Kinder allgemein, sondern nur die adipösen Kinder. Das wären dann ja hundert Prozent und wenn jedes zweite dieser Kinder aufgrund genetischer Disposition fett wäre, läge meine Schätzung von 1% weit ab von den mathematisch korrekten 50%.

 

Mein Fehler! Ich bitte um Entschuldigung!

jack-black antworten
Alescha
(@alescha)
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@jack-black 

Ich und Prozentrechnung... 😀

Ich habe dasselbe Problem. 😀 

alescha antworten
Alescha
(@alescha)
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Beiträge : 7156

@jack-black 

Ich sprach, da hier ja ein Kinderbuch in rede stand, von fetten Kindern

Ah, danke! Ich hatte das jetzt auf alle Betroffenen bezogen. 

 

alescha antworten
Tamaro
 Tamaro
Beiträge : 1743

@lucan-7 

Es wird heute viel diskutiert über "Cancel Culture", "Wokeism", "Political Correctness" und generell die Frage was man als guter Mensch zu tun oder zu lassen hat...

 

Ich sehe das Problem weniger bei den milderen Umschreibungen oder der Weglassung von Worten, die neuerdings als verboten gelten. Grundsätzlich ist das sogar ganz in meinem Sinne, dass versucht wird, gegenüber Gruppierungen, die tendenziell stets gegen Diskriminierung und Benachteiligung zu kämpfen haben, zumindest sprachlich in der Gesellschaft eine freundlichere Gesinnung zu generieren.

Womit ich aber grösste Mühe habe ist, dass irgendwelche schwer definierbare Kreise einem vorschreiben wollen, wie man sich denn nun auszudrücken habe und was politisch korrekt sei. Da diese Kreise sich mMn irgendwo in der anonymen Masse befinden, lässt sich mit ihnen auch nur schwer diskutieren, um einen Konsens zu finden. Man hat sich - scheinbar - einfach jetzt und sofort ohne kritische Hinterfragung danach zu richten und dem Befehl zu gehorchen.

In frommen Kreisen erlebte ich es als gang und gäbe, dass eine härtere Wortwahl möglichst vermieden wurde und man einen schweren Stand hatte, wenn gewisse Dinge auf unflätige Art und Weise angesprochen wurden. Dieser vorsichtige Sprachgebrauch prägt mich bis heute. Aber als Christ war es selbstverständlich nicht möglich, den Sprachgebrauch von anderen, nicht christlichen Menschen zu kritisieren oder vorzuschreiben, resp. ihnen die eigenen Ideale überzustülpen. Genau dieses Unrecht nehmen sich diese "mysteriösen" Kreise, die es irgendwie geschafft haben, in der Gesellschaft an Einfluss zu gewinnen, nun aber heraus.

Ich finde, Sprache sollte möglichst frei angewandt werden dürfen, denn Sprache ist etwas, was zu jemandem persönlich gehört und ihn ausmacht und idR ist dieser massgeblich von der sozialen Herkunft geprägt.

 

tamaro antworten
20 Antworten
der_alte
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@tamaro wo liegt das Problem sich anzupassen? Man drückt sich halt so aus wie es erwartet wird. Tut das weh? Sind Dinge die sind wie sie sind und wenn die Zivilgesellschaft das so erwartet, dann wird man es eh so machen müssen, wenn man sich nicht aus der Gesellschaft ausschliessen will.

der_alte antworten
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@der_alte 

"Wo lieg das Probkem sich.anzupassen"

Die deutscheste aller deutschen Antworten/Aussagen ever.

Die " in einem Satz" Erklärung, warum sich 2 x innerhalb eines Jahrhunderts auf Deutschen Boden totalitäre Systeme etablieren konnten

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der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

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@antonioa Solange man es mit seinem Gewissen vereinbaren kann, wenn nicht sich verweigern dann aber auch *klaglos* die Auswirkungen hinnehmen. Denn: TANSTAAFL.

der_alte antworten
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@der_alte 

Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, das Diedrich Heßling einer Deiner Urgroßväter sein könnte

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@der_alte 

Denn: TANSTAAFL.

 

Jooo.. der Mond ist schon eine herbe Geliebte

Aber  spannend, das Du einen zum Militarismus neigenden Protofaschisten ( zumindest im Buch "Starship Troopers" * zeigt er Ansätze faschistoiden  Denkens) wie Heinlein zitierst

 

 

*Ich bitte hier deutlich zwischen Buch und Verhoevens Film zu trennen

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der_alte
(@der_alte)
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@antonioa also Friedrich Hessling war ein Karrierist, also das bin ich ganz sicher nicht. Dass es nichtss für nichts gibt ist ein Allgemeinplatz, jede Aktion hat doch ihre Reaktion. Das was man tut hat Auswirkungendie man dann wenn scho nicht akzeptieren so doch tolerieren muss.

der_alte antworten
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@der_alte 

Diederich Heßling war ein klassischer Unterthan

Obrigkeitshörig bis zum abwinken

 

Der Roman heisst ja auch

"Der Untertan"

nicht

 

"Der Karrierist"

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der_alte
(@der_alte)
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@antonioa aber Friedrich Heßling will in dem Buch Karriere machen, er steigt auf und tyrannisiert andere, ich meide das gesellschaftliche Leben. Das ist diametral. Sähe man das Leben als Feldspiel, dann schaue ich dass am Feldrand stehe und den anderen zusehe und schaue "die Finger nicht reinzubringen".

der_alte antworten
Channuschka-Mod
Moderator
(@channuschka-mod)
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@der_alte Ich weiß, man kann googlen - aber ich bitte darum nur möglichst allgemein geläufige Abkürzungen zu gebrauchen; TANSTAAFL fällt da eher nicht darunter.

LG,

Channuschka-Mod

channuschka-mod antworten
Alescha
(@alescha)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

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@der_alte 

Die Gesellschaft lehnt nun mehrheitlich das Gendern ab. Ist Dir aber egal, Du genderst unbeeindruckt auf teils wirklich abstruse Weise. Wo liegt das Problem, sich anzupassen?

Das Problem ist, dass nicht die Zivilgesellschaft das erwartet, sondern irgendwelche Überkorrekten. Ob sich das durchsetzt wird man sehen, bis jetzt hatten Formulierungen, die der Bevölkerung aufgedrückt wurden, keinen langanhaltenden Erfolg. Siehe z.B. die Jahresendfigur.

Tut es weh, sich anzupassen? Wenn man sich 10 mal überlegen muss, ob das, was man sagen will, auch wirklich niemanden vor den Kopf stößt, politisch korrekt und ordentlich gegendert ist, sagt man am Ende womöglich lieber gar nichts mehr. Wer nichts sagt, sagt auch nichts falsches. Und hält womöglich auch dann den Mund, wenn mal eine deutliche Ansage angebracht wäre.

alescha antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

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@alescha also ich habe mich gut daran gewöhnt und dann geht das von alleine, da ist die "Schere im Kopf" schon automatisch da. Stört mich da nicht mehr weiters, wenn es so sein soll, ist es so. Ändert sich halt immer mal wieder. vom Majuskel-I/Binnen-I zum Stern, Unterstrich (der m.W. passè ist), zum Doppelpunkt.

der_alte antworten
Alescha
(@alescha)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

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@der_alte 

Naja, bei "Einwohnenden" zieht es mir die Zehennägel hoch (da gibt es Alternativen, das hatten wir aber schon) und Historikerende - was soll das sein?

Wenn schon gendern, dann korrekt und mit Augenmaß, sonst schadest Du Deinem Anliegen bloß.

Dass Du Dich daran gewöhnt hast - gut, nichts dagegen. Ändert aber nichts an dem, was ich sagte. Man kann sowas nicht anderen aufdiktieren. 

dann geht das von alleine, da ist die "Schere im Kopf" schon automatisch da.

Wenn ich böse bin, finde ich auch Fälle, wo Du nicht gegendert hast. 😜

alescha antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

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@alescha das passiert sicher, ist ja auch erst ein paar Jahre dass dies so ist, da verfalle ich dann auch sicherlich noch in alte Formulierungsmuster. An solchen Fehlern kann man nur wachsen und sie dann vermeiden.

Gibt auch Vorschläge die Sprache umzubauen, wie von Lann Hornscheidt, aber das wird wohl eher nichts.

der_alte antworten
Alescha
(@alescha)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 7156

@der_alte 

Gibt auch Vorschläge die Sprache umzubauen, wie von Lann Hornscheidt, aber das wird wohl eher nichts.

Und das ist auch gut so!

Wie gesagt, wenn irgendwelche Sprachverbieger:innen gemeint haben, den Menschen diktieren zu müssen, wie sie zu sprechen haben, hat sich das bisher nie durchgesetzt. 

Sprache umbauen 🤦🏻‍♀️

Sprache ändert sich, ja. Aber nicht durch Gesetze und Dekrete.

alescha antworten
Tamaro
 Tamaro
(@tamaro)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 1743

@der_alte

Es wäre für mich hilfreich gewesen, wenn du gezielt auf zitierte Aussagen von mir Bezug genommen hättest. So allgemein, wie dein Posting nun formuliert ist, macht es für mich etwas den Anschein, als würdest du mich in eine bestimmte (politische) Ecke resp. Sichtweise drücken.

Da ich mich seit je her dezent ausdrücke, da ich von Zuhause aus und auch von frommen Kreisen so geformt wurde, betrifft mich persönlich die "aufgedrückte" Sprachweise eher weniger (das Gendern hingegen schon) - oder kommt mir sogar entgegen. Trotzdem finde ich dieses Überstülpen einer Überkorrektheit eben nicht gut.

 

Man drückt sich halt so aus wie es erwartet wird.

Nein, ich drücke mich genau so aus, wie ich es von mir erwarte! Punkt!

Wenn von jemandem (kannst du mir bitte mal erklären von wem überhaupt?) vorgeschrieben wird, wie Sprache anzuwenden sei – von grammatikalischen und orthographischen Regeln natürlich abgesehen - so halte ich das für einen massiven Eingriff in das Recht der freien Meinungsäusserung! Jeder soll sich im Alltag – unter Vorbehalt von ein paar Ausnahmen - genau so ausdrücken können, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Gesetze bilden den rechtlichen Rahmen.

 

Tut das weh?

Ich finde es schlicht und ergreifend respektlos, seine (Sprach)-Ideologie ungefragt anderen überzustülpen. Als Christ kriegt man – völlig zurecht - oft genug zu hören, dass man seine Anschauung, sein Bibelverständnis usw. anderen nicht aufdrängen soll. Es wird auch als schlecht angesehen, wenn Christen sagen, man soll diese Filme/Musik nicht anschauen/anhören oder dieses und jenes nicht sagen/tun etc.... Aber genau dasselbe soll nun bitteschön auch für alle anderen Weltanschauungen/Haltungen im genau gleichen Masse gelten!

 

Sind Dinge die sind wie sie sind

Könntest du das bitte etwas genauer formulieren? Welche Dinge sind, wie sie sind?

 

wenn die Zivilgesellschaft das so erwartet

Diese Aussage sehe ich als grundfalsch. Es ist ganz bestimmt nicht die Zivilgesellschaft, die das so erwartet, sondern nur ein kleiner, lauter Teil, der sich ein vermeintliches Recht herausnimmt, anderen Vorschriften zu machen, wie sie Sprache anzuwenden haben. Da sich dieser Teil ja offenbar auch in der Anonymität des Internets versteckt, gibt es eigentlich nur eine richtige Verhaltensweise denen gegenüber: ignorieren!

 

dann wird man es eh so machen müssen, wenn man sich nicht aus der Gesellschaft ausschliessen will

Treffender könntest du die Sprachpolizisten gar nicht skizzieren. Resultat oder sogar Ziel jener – wer auch immer das sein mag - sind gemäss deiner Aussage also das Ausschliessen und Ausgrenzen jener, die sich den willkürlichen Sprachregeln nicht anpassen wollen.

Ist das nicht gerade das Gegenteil von Toleranz und Inklusion?

 

tamaro antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 1235

@tamaro das Gendern hat einiges für sich, wie Luise Pusch zeigte mit dem Beispiel der 99 Sängerinnen und dem 1 Sänger = 100 Sänger. Was ich gerne mache ist dann die Formulierung so, dass Worte vermieden werden die gegendert werden könnten/sollten/müssten. Geht ja mitunter ganz gut das zu vermeiden.

Wobei Zivilgesellschaft nicht so gut definierbar ist. Dürfte mitunter als Wieselwort gesehen werden.

Der Teil der Z. der gendern will/es verlangt ist momentan tonangebend. Also pushe sie di eigene Agenda, so wie Personen täten die christlicher Orientierung sind, ein Grund warum ich trotz Sympathien bei der PBC früher so skeptisch war (und dort nette Personen traf).

Kannst Dich ja ausdrücken wie Du willst, solange es im Rahmen der Gesetze ist, musst dann halt mit der evtl. einsetzenden Gegenwehr zurecht kommen.

Es gibt immer gesellschaftliche Konventionen, die werden auch nicht zwingend von der Mehrheit festgelegt.

Finde diese 3,5% Regel interessant, wo sich zeigt dass man nur genügend aber wenige Aktive braucht:

https://www.stern.de/panorama/wissen/gesetz-der-3-5-prozent--wie-wenige-aktivisten-regierungen-in-die-knie-zwingen-8979238.html

Oder N.N. Taleb

https://medium.com/@Maximilian_H1/der-intoleranteste-gewinnt-die-tyrannei-der-kleinen-minderheit-22a738d56770

Was ich persönlich beobachte ist die Diskussion rund um gleichgeschlechtliche Beziehungen, denk daran zurück als das Papier "Mit Spannungen leben" mitte der 90er rauskam und wie sich danndie Bewertung gleichgeschlechtlicher Beziehungen in den nun Jahrzehnten danach änderte, von gerade mal denkbar bis zur heutigen Normalität, die diese Beziehungen darstellen im "Konzert" der menschlichen Beziehungen.

Aussagen wie von Pastor Latzel waren früher m.E. gang und gebe, heute sind sie eventuell justiziabel (auch wenn da noch kein rechtskräftiges Urteil vorliegt).

Da verändert sich die die Gesellschaft und das was sagbar ist ändert sich, denke da daran

https://de.wikipedia.org/wiki/Overton-Fenster

Und da ich am gesellschaftlichen Leben nicht teilnehme (halte mich Zuhause auf und gehe meiner Arbeit nach, ansonsten halt einkaufen und das was sein muss, aber jede Meidung gesellschaftlichen Lebens) trifft mich das Ganze ja nur peripher und ich beobachte es mehr und finde die Vorgänge interessant.

Wollte da nun keine Einordnung des Postings in pol. Art und Weise vornehmen auf das ich antwortete, in Bezug auf Gendern dürfte sich Aversion im ganzen pol. Spektrum finden lassen.

der_alte antworten
Channuschka-Mod
Moderator
(@channuschka-mod)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 700

@der_alte Hallo,

Wäre nett, wenn du zu deinen links einen kleinen Satz zum Inhalt schreibst. Das erleichtert die Diskussion ohne noch viel Zeit darauf verwenden zu müssen weitere Artikel auf anderen Seiten lesen zu müssen,

Liebe Grüße,

Channuschka-Mod

channuschka-mod antworten
der_alte
(@der_alte)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 1235

@channuschka-mod gerne, danke für den Hinweis.

Es geht darum, dass wenige Aktivisten:innen reichen um DInge durchzusetzen. Was nunmal daran liegt das dieses ein Ziel haben, für dass sie sich einsetzen die anderen aber nun nicht zwingend kämpferisch die Gegenposition vertreten, sondern sich dann eher mit einer Änderung abfinden.

Beispielsweise Halal. Wenn das sagen wir 5% wollen und es ihnen wichtig ist, aus Glaubensgründen, werden diese Personen sich stärker dafür einsetzen als die 95% die es nicht umgesetzt haben wollen, aber auch die Halalprodukte essen würden, weil man da wohl eher keinen Geschmacksunterschied feststellen wird. Dieses Beispiel hat m.W. N.N. Taleb gebracht.

Die große Menge ist eher passiv und die Aktivisten:innen weniger aber dafür vernehmbar.

Darauf beziehen sich die Artikel.

Overton-Fenster ist das Fenster des "Sagbaren". Vor 40 Jahren zu sagen dass gleichgeschlechtliche Liebe positiv ist und ein akzeptierter Lebensstil sein soll wäre ausserhalb dieses Fensters gewesen und hätte zu entsprechenden Reaktionen geführt, die Sichtweise auf diese Position hat sich graduell geändert und nähert sich nun der Gegenposition an, also dass die gegenteilige Aussage diese Reaktionen hervorruft.

Gilt auch für die Sichtweise auf Nation / Nationalstolz, zumindest für DE, hier hat sich auch das früher erwünschte in das Gegenteil verkehrt.

der_alte antworten
Tamaro
 Tamaro
(@tamaro)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 1743

@der_alte 

Im Zusammenhang mit deinem Posting, ein paar Inputs von anderen Seiten und einigen eigenen Überlegungen, hat mir dieses Thema gerade ungemein spannende Themenfelder eröffnet.

Eigentlicher Auslöser war meine nach wie vor unbeantwortete Frage:

Wenn von jemandem (kannst du mir bitte mal erklären von wem überhaupt?) vorgeschrieben wird, wie Sprache anzuwenden sei

Ich würde nach meinen Überlegungen nämlich nicht vollständig ausschliessen, dass es sich bei diesem "jemandem" auch um eine KI handeln könnte, also gar nicht um einen physischen Personenkreis. Vielleicht ist das im vorliegenden Fall (Roald Dahl) nicht der Fall. Vom Prinzip her könnte es aber so in Zukunft funktionieren, auch in Bezug auf Ansichten und Weltanschauungen. Dass also bspw. sprachliche Neuerungen von einer KI erzeugt wurden und danach unters Volk gebracht werden.

Bei den "Aktivisten", die diesen Vorschlag unterstützen, könnte es sich primär auch um KI-Bots handeln, die durch ihren Aktivismus in sozialen Medien an Unterstützung bei der physischen Bevölkerung gewinnen. Da es dem äusseren Anschein nach immer mehr werden, könnten die Leute aus dem gegnerischen Personenkreis immer stärker unter Druck geraten, bis ihre Ansichten schliesslich weitestgehend eliminiert sind und sich nun alle gezwungen sehen, die neuen sprachlichen Regelungen anzuwenden, da sie von der offensichtlichen Mehrheit überstimmt wurden.

Ich bin mir bewusst, dass dieser Gedanke ziemlich futuristisch und seltsam klingen mag. Aber, wenn man sich mal die Wiki-Artikel zu den Themen "Sozialkredit-System" und "digitaler Totalitarismus" zu Gemüte führt, wäre eine solche Entwicklung vielleicht doch denkbar.

Wiki-Zitat (Artikel "Totalitarismus", Abschnit "digitaler Totalitarismus"):

So warnt Max Tegmark dass wir auf dem besten Weg sind die erforderlichen digitalen Infrastrukturen für eine totalitäre endgültige Diktatur zu schaffen, die er Totalitarismus 2.0 nennt. Ausreichend starke Kräfte müssten nur noch den Einschaltknopf drücken. Die Macht läge nicht in den Händen eines herkömmlichen Diktators, sondern in einem bürokratischen System, das im Gegensatz zu herkömmlichen totalitären Diktaturen als gesichts- und führerloses System einige Jahrtausende Bestand haben könnte.

---

Und da ich am gesellschaftlichen Leben nicht teilnehme (halte mich Zuhause auf und gehe meiner Arbeit nach, ansonsten halt einkaufen und das was sein muss

Ich denke, dieser Lebensstil ist in der heutigen Zeit gar nicht mal so unüblich.

 

tamaro antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 13 Jahren

Beiträge : 21566

@tamaro 

Da es dem äusseren Anschein nach immer mehr werden, könnten die Leute aus dem gegnerischen Personenkreis immer stärker unter Druck geraten, bis ihre Ansichten schliesslich weitestgehend eliminiert sind und sich nun alle gezwungen sehen, die neuen sprachlichen Regelungen anzuwenden, da sie von der offensichtlichen Mehrheit überstimmt wurden.

Ich bin mir bewusst, dass dieser Gedanke ziemlich futuristisch und seltsam klingen mag. Aber, wenn man sich mal die Wiki-Artikel zu den Themen "Sozialkredit-System" und "digitaler Totalitarismus" zu Gemüte führt, wäre eine solche Entwicklung vielleicht doch denkbar.

Wenn sich in sozialen Medien immer mehr Bots tummeln wird das irgendwann zu einem Punkt führen, der die Glaubwürdigkeit dieser Medien endgültig unterminiert.

KI kann aber soziale Medien beobachten und Strategien entwickeln, auf welche Weise sich bestimmte Ansichten verbreiten. Das halte ich tatsächlich für gefährlich und geht in die gleiche Richtung wie von dir befürchtet.

 

lucan-7 antworten


PeterPaletti
Beiträge : 1317

Das Umschreiben der Text von Büchern im Namen einer wie auch immer gearteten political correctness ist nach meinem Dafürhalten Zensur und nichts anderes. Punkt.

Bezeichnend finde ich, dass - mal wieder - die Jugend herhalten muss, weil sie angeblich vor irgendwelchen bösen Dingen geschützt werden soll. Diese Argumentation zieht sich derart durch die Geschichte der Zensur, dass es schon fast lachhaft ist.

peterpaletti antworten
1 Antwort
Tamaro
 Tamaro
(@tamaro)
Beigetreten : Vor 7 Jahren

Beiträge : 1743

@peterpaletti 

 

Das Umschreiben der Text von Büchern im Namen einer wie auch immer gearteten political correctness ist nach meinem Dafürhalten Zensur und nichts anderes. Punkt.

 

... und was machst du nun mit dieser Erkenntnis? Oder wer sollte deines Erachtens was dagegen unternehmen?

 

tamaro antworten
Lachmöwe
Beiträge : 1527

@lucan-7 Ich „muss“ mich mal einmischen - kurz & knapp.

1) Ein*e Leser*in kann sich mit jedem(!) identifizieren - unabhängig von überschneidenden Kriterien einer literarischer Figur mit sich selbst.

2) Lektüre und Gespräch - wie schön und wertvoll, wenn es Hand in Hand geht. Es muss nicht ständig über alles geredet werden, darf gerne immer eine selbstverständliche Option sein, wenn ein Bedürfnis danach besteht.

3) Verschiedene Fassungen sind gerade im Kinderbuch gang und gäbe. Sie haben ihre Berechtigungen, erst recht aber die Beibehaltung der Originale. Hier können Vorwort/ Nachwort/ Fußnoten Mittel zur Wahl sein, wenn dies als erforderlich gesehen wird - aber bitte keine „Reinwaschung“.

4) Schreiben und lesen lassen, Offenheit und Auseinandersetzung, wenn erforderlich - das wünsche ich mir und das ganz undogmatisch.

5) Ich setze auf mündige Leser*innen und traue das auch Kindern zu.

 

seidenlaubenvogel antworten


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