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Verzicht als Vorwurf

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Anonymous
 Anonymous
Beiträge : 0

Hallo Jesus.de-ler,

ich möchte gerne mal ein Thema ansprechen, welches mich beschäftigt.

Mein Mann und ich sind (ungewollt) kinderlos.
Dadurch gehen wir beide arbeiten und es geht uns finanziell ganz gut.

Jetzt erlebe ich immer wieder, dass wenn ich mir etwas gönne, dass bei anderen in meinem Bekanntenkreis nicht möglich ist, dass ich unterschwellig den Vorwurf bekomme, sie könnten sich das nicht leisten.

Ehrlich gesagt, kann ich das aber nicht so ganz verstehen, da ich es so sehe, dass diejenigen, sich für ein Leben mit Kindern entschieden haben und das eben andere Entberlichkeiten hervorruft.
Ich würde mir z.B. manchmal auch wünschen nur halbtags zu arbeiten und den Rest des Tages daheim sein, aber das geht halt nicht, aber deshalb würde ich das nicht als Verzicht empfinden, sondern das gehört halt zu meinem "Lebens-Paket" dazu.

Zumal wir uns ja nicht freiwillig für ein Leben ohne Kinder entschieden haben und nun eben das Beste draus machen.

Wie geht es Euch mit diesem Thema ?

Seht ihr eure Kinder als Verzichtsobjekt ?

Geht es euch kinderlosen auch so, dass ihr euch unterschwelligen Vorwürfen ausgesetzt seht ?

Ich würde mich über einen fairen und freundlichen Austausch freuen.

Ich habe das Thema auch nicht gesetzt, weil ich schüren will oder angreifen, sondern an echtem und ehrlichen Austausch interessiert bin.

lg
lena

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97 Antworten
Lyle
 Lyle
Beiträge : 79

Liebe Lena,

Es tut mir leid, dass Du so leidest in dieser Situation. Aus meinem Leben als unfreiwilliger Langzeitsingle spüre ich auch hin und wieder Missgunst von Familienmamas.

Du schriebst, dass Dein Empfinden sei, dass Andere Dir bewusst wehtun wollten mit ihren Worten. Ich lasse das mal einfach so stehen...
Es kommt natürlich drauf an, was ihre Motive dabei sind: Wollen sie Dir wehtun aus Neid? Dann sagt Gott zu ihnen: Du sollst nicht neiden. Oder wollen Sie dich quasi "aus Liebe wachrütteln", weil sie den Eindruck haben, dass Du die falschen Prioritäten setzt (fällt mir aus dem Kontext etwas schwer zu glauben, aber wäre ja prinzipiell denkbar, mancher macht sowas auch mal mit einer Ich-Botschaft).

Interessanter finde ich die Frage: Warum trifft es Dich? (Diese Fragen sind ausdrücklich nicht zum hier beantworten gedacht, nur als Gedankenanstoß für Dich):
- Fühlst Du dich schuldig, wenn Du dir etwas gönnst? Wenn ja, warum?
- Fühlst Du dich schuldig, weil ihr zusammen betrachtet Gutverdiener seid? (Das ist ja so eine Krankheit in unserer Gesellschaft, dass Wohlstand an sich als etwas moralisch verwerfliches angesehen wird)
- Sind für Dich die Dinge, die Du dir gönnst eine Kompensation für eure Kinderlosigkeit? Also, gibt es da einen emotionalen Zusammenhang, nach dem Motto, wenn das Thema mal wieder so richtig schmerzt, kaufen wir uns dies oder das.
- Hast Du das Gefühl, den zweitbesten Lebensentwurf zu leben?
- Gibst Du Anderen generell zu viel Rechte, über Dein Leben zu verfügen? Hast Du Schwierigkeiten, Grenzen zu setzen? (So wie ich das verstanden habe, sind das noch nicht mal gute Freunde, die dir sowas sagten - könnte mir vorstellen, dass auch einfach die Tatsache weh tut, dass sie sich in Deine ureigensten Angelegenheiten einmischen)
- Kannst Du einen Mangel bei jemand Anderem wahrnehmen, ohne eine Verpflichtung zu spüren?

Aus dem, was Du schreibst, habe ich den Eindruck, dass der Vorwurf möglicherweise vor allem deswegen soviel Wirkung entfaltet, weil Du ihn Dir zueigen machst und gegen Dich richtest. Könnte das sein? Nur ein Eindruck, Du entscheidest!

LG

lyle antworten
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Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 1 Sekunde

Beiträge : 0

Danke für deinen Beitrag und die Fragen, die Du in den Raum stellst.

Da muss ich drüber nachdenken.

Anonymous antworten


fieselchen
Beiträge : 167

Hallo Lena,

eine interessante Diskussion, die Du da aufgeworfen hast, und viele Beiträge, die ich sehr interessant finde und hilfreich zu lesen.

Ein in vorwurfsvollem Ton geäußertes "das können wir uns halt nicht leisten" habe ich auch schon öfter gehört. Allerdings ist das in unserem Bekanntenkreis weniger aufs Finanzielle gemünzt (da sind viele Familien mit 2 Kindern besser aufgestellt als wir, trotz unserer 2 Vollzeitgehälter), sondern mehr aufs zeitliche. Wir können meist total spontan entscheiden, ok, nächstes Wochenende ist gutes Wetter, lass und skifahren/ bergsteigen/ o.ä. gehen. Die Eltern unter unseren Freunden haben halt 2-3 festgelegte Wochenenden, an denen einer "frei" bekommt für solche sportlichen Aktivitäten, und wenn dann schlechtes Wetter ist, ists dumm gelaufen. Da hören wir dann schon mal "ihr wisst gar nicht, wie gut ihrs habt". Doch, im Bezug auf diesen Punkt wissen wir das sehr wohl zu schätzen!
Manchmal kann ich damit gut umgehen, ich gehe ja auch sehr offen mit unserer ungewollten Kinderlosigkeit um, d.h. ich verweise dann gerne darauf, dass ich ihre Kinder schon nehmen würde, dann aber bitte für immer.
Es kommt aber auch vor, dass es micht trifft und verletzt. Vor allem dann, wenn es von Bekannten kommt, die unsere Situation kennen.
Wie schon weiter oben im Thread erwähnt, denke ich, dass es oft auch ein Trost- Versuch ist.
So ein bisschen Neid ist vermutlich in jedem von uns vorhanden, und wie squiddy schrieb geht es mir auch - bei Dingen, die ich bewusst entscheiden habe, oder wo ich (vielleicht auch nur vermeintlich) eine Wahl hatte, da kann ich das gut "parieren". Wer mich darauf hinweist, dass wir es ja gut haben mit unserem eigenen Haus, dem kann ich entgegnen, dass wir auch lange gespart haben und auch jetzt auf das ein oder andere verzichten, um den Kredit möglichst schnell abzubezahlen. Klar, es war auch Glück dabei, Unterstützung unserer Eltern u.ä., es ist nicht so, dass jeder das schaffen kann wenn er nur will, aber doch zum großen Teil.
Wenn es dann um die Kinderlosigkeits-Vorteile geht war das halt nicht meine freie Entscheidung, da treffen die Vorwürfe dann auf Gegen-Neid von mir, das macht das Gespräch und das gegenseitige Verständnis schwieriger.

Viele Grüße, fieselchen

fieselchen antworten
1 Antwort
Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 1 Sekunde

Beiträge : 0

Vielen Dank auch Dir, liebe fieselchen für deinen Beitrag.

Was Du schreibst, kann ich nachempfinden.

Veröffentlicht von: @fieselchen

Es kommt aber auch vor, dass es micht trifft und verletzt. Vor allem dann, wenn es von Bekannten kommt, die unsere Situation kennen.
Wie schon weiter oben im Thread erwähnt, denke ich, dass es oft auch ein Trost- Versuch ist.

Manchmal ist es einfach besser nix zu sagen, wie durch einen schlechten Tröst-Versuch nur noch mehr anzurichten.

Ich lerne das in anderen Gebieten auch immer wieder. Wahrscheinlich fällt es einfach schwer, nichts sagen zu können und dann sagt man lieber was, was dann nicht passend ist...

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Anonymous
 Anonymous
Beiträge : 0

Jeder Lebensentwurf hat eben so seine Vor- und Nachteile. Nur die Vorteile rauspicken geht eben nicht.

Veröffentlicht von: @lena82

Jetzt erlebe ich immer wieder, dass wenn ich mir etwas gönne, dass bei anderen in meinem Bekanntenkreis nicht möglich ist, dass ich unterschwellig den Vorwurf bekomme, sie könnten sich das nicht leisten.

Ich glaube, dass sogenannte unterschwellige Vorwürfe meistens der eigenen Einbildung entspringen.

Veröffentlicht von: @lena82

Seht ihr eure Kinder als Verzichtsobjekt ?

Man nimmt den Verzicht angesichts der Vorteile in kauf.

Anonymous antworten
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Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 1 Sekunde

Beiträge : 0
Veröffentlicht von: @qdspieler

Jeder Lebensentwurf hat eben so seine Vor- und Nachteile. Nur die Vorteile rauspicken geht eben nicht.

Stimmt, das gesamte Paket muss angenommen werden 😊

Wie in der Ehe, in guten und schlechten Zeiten und nicht nur in den Guten 😉

Veröffentlicht von: @qdspieler

Ich glaube, dass sogenannte unterschwellige Vorwürfe meistens der eigenen Einbildung entspringen.

Ich habe das Gefühl, dass ich ganz gut unterscheiden kann, wie etwas ankommen soll und ob es einfach nur so dahin gesagt ist oder nicht.

Veröffentlicht von: @qdspieler

Man nimmt den Verzicht angesichts der Vorteile in kauf.

Das hast Du schön gesagt 😊

Anonymous antworten


Sternenbluete
Beiträge : 867

Ich kenne Paare ohne Kinder, ob gewollt oder ungewollt weiß ich nicht,
beneiden tue ich jedenfalls kein Paar davon. Gerade bei ungewollter
Kinderlosigkeit finde ich das eher traurig.

Ich kenne Familien die sich mit Kinder viel leisten können, also
Haus, Ausbildung, Urlaube.

Wie teuer Kinder sind merkt man meist erst wenn sie da sind 😀
wie schwer ein Verzicht ist, auch das merkt man erst wenn es so weit ist.

Blöd finde ich solche solche Bemerkungen die du dir anhören musst,
vorallem wenn man deine Geschichte kennt.

Ihr seid selbstständig, ich denke auch da sind viele Menschen gerne
mal neidisch. Ich als selbstständige bin dafür neidisch auf die vielen
Beamte die um mich herum wohnen und regelmässig ihr Einkommen
erhalten, sich bei Krankheit auskurieren können, privat versichert
sind und oftmals sehr früh schon in Pension gehen dürfen (Bundeswehr)

Du siehst es gibt immer ein Grund neidisch zu sein. 😉
Wie ihr euer Leben nun gestaltet ist eure Sache.
Vielleicht lohnt sich eine Rückfrage, wie die anderen damit umgehen würden, wenn sie keine Kinder bekommen hätten.

Ich selbst hatte mir vorgenommen, auch ohne Kinder nicht Vollzeit zu
arbeiten. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

LG

St.

sternenbluete antworten
1 Antwort
Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 1 Sekunde

Beiträge : 0
Veröffentlicht von: @sternenbluete

Vielleicht lohnt sich eine Rückfrage, wie die anderen damit umgehen würden, wenn sie keine Kinder bekommen hätten.

Die Frage will ich mir merken, denn da ist kein Vorwurf drin und kann zu einem echten Nachdenken anregen.

Danke dafür 😊

lg
lena

Anonymous antworten
marieta
Beiträge : 434

Nicht jeder denkt, bevor er Vergleiche anstellt oder sonstwie kommentiert, darüber nach, dass man sich im Leben nicht alles aussuchen kann. Blöderweise kommen viele einfach nicht darauf, dass sich ein Kinderwunsch nicht oder nicht sofort erfüllt, obwohl er da ist, und dass das sogar wehtut. Wenn du es kannst, dann verbuche solche doofen Aussagen als gedankenlos, aber nicht böse.
Mein Bruder ist Mitte dreißig und ohne Partnerin, er verreist sehr viel, gönnt sich Konzerte, Whiskey, lebt sein Leben. Ich weiß genau, dass er sich Familie wünscht, aber es klappt eben bisher nicht und er trägt keine Bitterkeit vor sich her. Obwohl ich seinen Wunsch kenne, weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich nicht auch schonmal etwas gesagt habe, was er als Neid, Vorwurf o.ä. verstanden haben kann. Und das obwohl ich aus tiefstem Herzen sagen kann, dass ich ihm alles gönne und auch überhaupt nicht tauschen möchte.

Es kann auch sein, dass du aufgrund des unerfüllten Kinderwunschs auf einem bestimmten Ohr sehr sensibel hörst. Das kann man anderen, die aus deiner Warte vielleicht ja sogar besser dran sind, weil sie Familie haben, nicht anlasten.

marieta antworten


wibsche
Beiträge : 2

Hallo 😊
Ich bin selber Anfang 30 und Mama von zwei Kindern. Ich musste, ehrlich gesagt, erst mal überlegen, ob es in meinem Freundes/Bekanntenkreis Paare ohne Kinder gibt... Aber ja, es gibt sie. Vielleicht ist mir die Tatsache, dass dem so ist, nicht direkt aufgefallen, weil ich nicht groß drüber nachdenke.
Ich persönlich bin total dankbar, dass mein Mann und ich ohne Schwierigkeiten eine Familie gründen konnten. Dass das nicht selbstverständlich ist, war mir immer bewusst und ich habe mir durchaus auch Gedanken darüber gemacht, was mit unserem Leben wäre, sollten wir keine (eigenen) Kinder bekommen können.

Ja, aufgrund der Tatsache, dass wir Kinder haben, verzichten wir auf Dinge. Aber ist das nicht immer so? Für mich fällt das unter die Kategorie "alles geht halt nicht". Wenn besagte Paare ohne Kinder zum dritten Mal in den Urlaub fahren, ohne Aufwand abends weg gehen können, mehr Zeit zu zweit haben als wir, Anschaffungen tätigen können, die für uns undenkbar sind... dann erlebe ich das auf meiner Seite aber nicht als Verzicht, sondern als Teil des Lebens. Ist halt so. Stört mich nicht. Ich kann mich mit ihnen freuen und gleichzeitig mit unserer Situation zufrieden sein.
Kurzfristiger Neid (bei Kleinigeiten wie - am Wochenende ausschlafen z.B. 😀 ) belächle ich bei mir selbst und dass is gut.

Gleichzeitig freue ich mich aber auch darüber, wenn die Paare trotzdem Interesse an unserer Familie und den Kindern haben und sie sich auch mit uns freuen können.
Schließlich ist man ja nicht gegenseitig für die familiäre Situation des andern verantwortlich 😊

Und was mir noch dazu einfällt - es gibt immer dumme Kommentare von anderen. Auch wenn man Kinder hat: darüber, wie man familiäre Aufgaben verteilt, wer wann arbeitet, darüber wie Kinder erzogen werden, wie dies und jenes bei Kindern gehandhabt wird... es gibt tausende Angriffsflächen.
Ich versuche mir immer wieder bewusst zu machen, dass ich nicht dafür lebe, dass andere mit meinem Leben zufrieden sind. Mein Mann und ich sind für unsere gemeinsamen Entscheidungen zuständig. Sonst keiner.

Da braucht man so oder so auch ein dickes Fell. Oder es muss eben angesprochen werden (was ich bei Menschen, an denen mir was liegt auch zu tun versuche...)

In diesem Sinne 😊
Liebe Grüße w.

wibsche antworten
Seite 4 / 4
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