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Serienthread 2023

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Jack-Black
Themenstarter
Beiträge : 4721

Das Jahr ist schon über die Hälfte rum, aber ich hab für dieses Jahr noch keinen Serienthread finden können, daher sei er hiermit noch flugs eröffnet.

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tristesse
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The Good Wife

7 Staffeln laufen bei Prime Freevee, also mit ganz wenig Werbung.

Die Geschichte einer Ehefrau und Mutter, die nach der Inhaftierung ihres Mannes (Staatsanwalt) nach einer langen Babypause wieder anfängt als Anwältin zu arbeiten, ausgerechnet in der Kanzlei ihres Jugendschwarms.

Persönliches wird mit einzelnen Fällen, die in jeder Folge abgeschlossen werden, bunt gemixt und die Charaktere sind sehr sympathisch und gut besetzt. Noch finde ich das gut, aber wenn es so weitergeht, dass jeder mit jedem zwangsläufig irgendwann im Bett landet, können mich auch die interessanten und skurrilen Gerichtsfälle nicht mehr fesseln. Denn wenn es zu sehr in diese Richtung abdriftet, bin ich genervt. Mal gucken wo die Reise hingeht.

 

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Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 4721

@tristesse Hab die Serie damals (sic! 😀 ) geliebt. Und was den Sex von jedem mit jedem angeht: irgendwann ist man damit ja mal durch, es gibt nicht unendlich viele Kombinationen, also: Augen zu und durch! 😉

Nach den 7 Staffeln gibt's übrigens noch eine "Weitererzählung", in der dann eine wichtige andere Frauenfigur die Hauptrolle übernimmt: "The good fight". Meinem Geschmack nach sogar noch besser, weil mich das Familiengedöhns der Hauptfigur in "The Good Wife" irgendwann nervte. Leider konnte man auf prime nur die ersten zwei Staffeln davon frei sehen, ich warte sehnsüchtig darauf, dass mit etwas zeitlichem Abstand (die Serie ist immer sehr nah am Puls der Zeit) ich doch noch in den Genuß komme.

Bist Du der von Carrie Preston gespielten Elsbeth Tascioni schon begegnet? Ich liebe diese Figur, diese Mischung zwischen Absurdität und Genialität hab ich sonst in noch keiner anderen Serie gefunden.

jack-black antworten
tristesse
(@tristesse)
Beigetreten : Vor 2027 Jahren

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@jack-black

Hab die Serie damals (sic! 😀 ) geliebt.

Gefällt sie dir immer noch? 😊

. Und was den Sex von jedem mit jedem angeht: irgendwann ist man damit ja mal durch, es gibt nicht unendlich viele Kombinationen, also: Augen zu und durch! 😉

Ich hab an sich an mich und das, was ich konsumiere schon gewisse Ansprüche und möchte mich ehrlich gesagt nicht an Promiskurität gewöhnen. Mich stört es, wenn Leute sich wahllos gegenseitig betrügen und ich bin froh, dass es mich stört.

Bist Du der von Carrie Preston gespielten Elsbeth Tascioni schon begegnet? Ich liebe diese Figur, diese Mischung zwischen Absurdität und Genialität hab ich sonst in noch keiner anderen Serie gefunden.

Jaaaa 😀 sie taucht ja schon in der ersten Staffel auf und es ist saukomisch, wie sie immer verzweifelt auf dem Laptop rumtippt.

Sehr schön auch der Auftritt von Michael J. Fox, eine tolle Rolle, ich finde es beeindruckend, wie er trotz seiner Erkrankung mit so viel Freude seinem Beruf nachgeht.

Sehr gefällt mir die Rolle des Wahlkampfmanagers und Beraters Eli Gold. Er kann so rücksichtslos sein, ist aber dennoch immer wieder bereit, sein Herz sprechen zu lassen.

Auf den Spin off freu ich mich sehr, Diane Lockhart ist einer der stärksten Charaktere in der Serie, dagegen wirkt William Gardner eher farblos. Er kommt gegen die starken Frauenrollen nicht an, aber ich vermute, das soll er auch gar nicht. 

tristesse antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 4721

@tristesse Gefällt sie dir immer noch? 😊

Naja, ich hab halt gute Erinnerungen dran. Aber sie nun nochmal durchzusuchten fehlt mir denn doch die Motivation. Liegt aber daran, dass man beim zweiten Durchgucken ja immer schon die Lösung für Probleme, die sich Folge für Folge stellen, kennt.

Sehr schön auch der Auftritt von Michael J. Fox, eine tolle Rolle, ich finde es beeindruckend, wie er trotz seiner Erkrankung mit so viel Freude seinem Beruf nachgeht.

Als ich ihn da zum ersten Mal sah, hatte ich gar nicht im Hinterkopf, dass er tatsächlich an Parkinson (?) erkrankt ist. Diese "Behinderung" wird hervorragend in die Story mit eingewoben und ich find's cool, wie da überhaupt keine Mitleids-Tränendrüsen gedrückt werden, sondern seine Figur sogar die Erkrankung noch für seine cleveren Intrigen mit instrumentalisiert.

 

Sehr gefällt mir die Rolle des Wahlkampfmanagers und Beraters Eli Gold. (...)

Auf den Spin off freu ich mich sehr, Diane Lockhart ist einer der stärksten Charaktere in der Serie, dagegen wirkt William Gardner eher farblos.

Sehe ich ganz genauso. Ist die persische Investigations-Frau (die Bezeichnung für den Job ist mir entfallen) schon aufgetaucht? Die fand ich auch grandios.

 

 

 

 

 

jack-black antworten
tristesse
(@tristesse)
Beigetreten : Vor 2027 Jahren

Beiträge : 20334

@jack-black 

Als ich ihn da zum ersten Mal sah, hatte ich gar nicht im Hinterkopf, dass er tatsächlich an Parkinson (?) erkrankt ist. Diese "Behinderung" wird hervorragend in die Story mit eingewoben und ich find's cool, wie da überhaupt keine Mitleids-Tränendrüsen gedrückt werden, sondern seine Figur sogar die Erkrankung noch für seine cleveren Intrigen mit instrumentalisiert.

M.J. Fox hat sich ja seit der Diagnose von Parkinson nicht davon abhalten lassen, in diversen Serien aufzutauchen und einfach trotz der Erkrankung weiter zu machen. Bei "Chaos City" konnte er das noch ganz gut verbergen, aber bei "Good Wife" hat man sich dann was anderes einfallen lassen, um seine Krankheit in die Rolle zu integrieren und er macht mir wirklich großen Spaß, weil er ein Schlitzohr, aber dennoch so menschlich ist.

Sehe ich ganz genauso. Ist die persische Investigations-Frau (die Bezeichnung für den Job ist mir entfallen) schon aufgetaucht? Die fand ich auch grandios.

Ich glaub nicht oder sie ist mir nicht aufgefallen weiter. 

Interessant finde ich auch die Geschichte von Kalinda, die ja die Drecksarbeit für die Kanzlei macht, so ein Typ taucht bisher bei Anwaltsserien eher nicht auf. Und Cary Agos mag ich total, weil der auch einen sehr interessanten Charakter hat. Man hat sich in dieser Serie schon um etwas mehr Profil bei den Darstellern bemüht, ohne aber so zu überzeichnen wie bei Ally McBeal (die Serie hab ich auch sehr genossen).

Noch macht es Spaß, mal schauen wie lange noch.

tristesse antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

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@tristesse Ich glaub nicht oder sie ist mir nicht aufgefallen weiter.

Interessant finde ich auch die Geschichte von Kalinda,

 

Die meinte ich auch. Hatte ihre persische Abstammung falsch erinnert, sie ist wohl indisch-stämmig.

jack-black antworten
tristesse
(@tristesse)
Beigetreten : Vor 2027 Jahren

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@jack-black 

SPOILER zu "Good Wife"

Hätte mich mal jemand vorwarnen können, dass in der 5. Staffel eine der tragenden Figuren stirbt? 😩 😩 😩 😩 

tristesse antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 4721

@tristesse Ich hätt's ja getan, wenn ich gedurft hätte. Wobei, öhm... um welche Figur handelte es sich noch gleich? 😀

jack-black antworten
tristesse
(@tristesse)
Beigetreten : Vor 2027 Jahren

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@jack-black

Spoiler 

Will Gardener 😮 

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Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

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@tristesse Will Gardener

Jo, aber mal im Ernst: war er nicht eine der verzichtbarsten Figuren? Du selbst hattest ihn oben schon als etwas farblos charakterisiert und lagst damit m.A.n. sehr richtig - nicht nur in Relation zu Diane Lockhart.

Ist natürlich schon eine ganze Weile her, aber falls ich mich richtig erinnere, war er praktisch immer irgendwie der Gute und Brave und Hilfsbereite. So einer kann doch in diesem Haifischbecken Justizsystem gar nicht ewig überleben...

jack-black antworten
tristesse
(@tristesse)
Beigetreten : Vor 2027 Jahren

Beiträge : 20334

@jack-black 

Spoiler

Jo, aber mal im Ernst: war er nicht eine der verzichtbarsten Figuren? Du selbst hattest ihn oben schon als etwas farblos charakterisiert und lagst damit m.A.n. sehr richtig - nicht nur in Relation zu Diane Lockhart.

Schon, aber der Charakter fing mit Alicias und Carys Weggang dann interessant zu werden, weil er sich unbedingt rächen und die neue Kanzlei torpedieren wollte. Da wurde in der 4. Staffel auf einmal aus dem lieben, netten Will ein ganz anderer Typ, wie ein Haifisch. Ich hätte ihm da gern noch weiter zugesehen.

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tristesse
Beiträge : 20334

Liebes Kind

Eine Netflix Serie (Romanverfilmung von Romy Hausmann), für eine deutsche Serie sehr hochwertig spannend gemacht, wenn auch erschütternd und tragisch, aber sie kommt trotz des harten Themas (Entführung, geistiger und sexueller Missbrauch, etc.) irgendwie nicht so bleiernd schwer daher, sondern recht kurzweilig. 

Großartig Justus von Dohnányi als trauernder Vater, immer schön pendelnd zwischen Wahnsinn und Hoffnung und Julia Jenkins als seine Frau, in aller Spröde und Zerbrechlichkeit dennoch eine sehr starke Persönlichkeit ist. 

Bestimmt hätte man das eine oder andere Klischee oder auch eine gewisse Vorhersehbarkeit vermeiden können, aber im Großen und Ganzen hat sie mich doch überzeugt, ich kenne allerdings das Buch nicht.

Hat die schon eine/r gesehen?

 

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Lucan-7
(@lucan-7)
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@tristesse 

Hat die schon eine/r gesehen?

Ja... die Serie war ja plötzlich ganz groß in Netflix, was ich mir eigentlich nicht so ganz erklären kann. Sie ist nicht schlecht, gut besetzt und durchgehend spannend - aber einen Hype hätte ich da trotzdem nicht erwartet.

Es gibt hier und da ein paar logische Schwächen, die aber kaum ins Gewicht fallen. Wer deutsche Krimis liebt sollte hier auf jeden Fall zuschlagen, hier gibt's die ganz große Packung. Für mich definitiv sehenswert.

 

lucan-7 antworten
tristesse
(@tristesse)
Beigetreten : Vor 2027 Jahren

Beiträge : 20334

@lucan-7 

Ja... die Serie war ja plötzlich ganz groß in Netflix, was ich mir eigentlich nicht so ganz erklären kann. Sie ist nicht schlecht, gut besetzt und durchgehend spannend - aber einen Hype hätte ich da trotzdem nicht erwartet.

Das ist wie mit Barbie, ich glaub ohne den ganzen Wirbel im Vorfeld und der angeblichen "Konkurrenz" zu Oppenheimer wäre der vermutlich auch nicht so gut gelaufen. Der Sender hyped seine Serie, damit möglichst viel gucken und dann läuft es auf einmal von selbst. Und sie ist schon gut gemacht, wenn man einmal damit anfängt will man ja auch den Twist am Ende mitnehmen. Wobei man die Überraschung am Ende wirklich hätte überraschender machen können. Nach 4 Folgen war ja klar, was passiert ist. 

tristesse antworten
Jack-Black
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Babylon Berlin, vierte Staffel

 

Als Nicht-Sky- oder Netflix-Abonnent bekomme ich diese Staffel ja jetzt erst zu sehen. Hab heute nachts die ersten drei Folgen aus der ARD-Mediathek gestreamed und bin sofort wieder angefixt. Gar nicht so sehr durch die inhaltliche Spannung oder einzelne, besonder gut geschriebene Figuren* sondern durch diese zeitgeschichtliche Fremdheit. Als geschichtsinteressiertem Deutschen mit einer nicht gar zu kurzen deutschen Lebenserfahrung müsste doch eigentlich das, was mir hier präsentiert wird, vertraut sein. Aber es ist mir in gewisser Weise fremder als das Leben in Hobbingen oder auf Camelot. Bin noch nicht dahinter gekommen, warum das so ist, mein Verdacht liegt momentan darin, dass hier die damalige ästhetische Moderne kongenial übertragen wird. Üblicherweise sind die Intros bei Serien das, was ich nach der zweiten Wiederholung per Fernbedienung skippe, aber allein schon die Typografie, mit welcher der Titel da eingeblendet wird, ist sooo großartig, so sixties-psychedelisch-farbig und gleichzeit so avantgardistisch Bauhaus-Style...

Es sind die drastischen Einzelheiten, die mich da triggern. Wie da kranke, hungernde und also verkrätzte, häßliche Kinder gezeigt werden, die sich keine heilig-kindliche Unschuld leisten können. Wie da der Adrenalin-Kick spübbar wird, wenn man mitten im aufgeputschten SA-Mob durch die Straßen tobt. Wie selbstverständlich die anarchischen Zustände sich ableiten lassen aus der Korruptheit von Polizisten, die ja auch irgendwie zusehen müssen, wo sie bleiben.

Manchmal denke ich beim Gucken so: "Na, das ist jetzt aber ein bisserl arg krass und übertrieben!" Und dann schließt sich daran sofort die Überlegung: "Andererseits entstand daraus der Nazi-Wahnsinn mit seinen zig-Millionen Toten. Vielleicht ist das gar nicht übertrieben!" Ich sehe mir da die dekadenten Parties der reichen Klasse an und muss mich dann an die Bilder von George Grosz oder Otto Dix erinnern: was da wie eine abgedrehte Phantasie erscheint - ist es nicht womöglich viel dokumentarischer, als man's zuerst wahr haben mag?

Auf die entsetzte Frage angesichts des Holocaust: "Wie konnte es nur soweit kommen?!" - scheint mit Babylon Berlin eine durchaus plausible Antwort zu geben: So!

Ich mag hier keine einzelnen Wertungen für Story, Ausstattung, Kameraführung, Schauspieler geben - weil erst die Mischung für mich die Faszination ergibt. Ach doch, eins ist mir aufgefallen, die Musik.

!!! Achtung, kleiner SPOILER!!!!!

 

 

 

 

: eine Marathon-Tanzveranstaltung spielt ja irgendwann eine etwas bedeutsamere Rolle, und die Live-Musik, die da gespielt wird, ist schon echt genial, auch, weil sie thematisch ja seit Folge 1 eingeführt wurde: The roaring Twenties meet Techno, komplett auf Deutsch ... Da pulsiert der Groove der Metropole (Babylon) Berlin aber mal so richtig!

 

 

 

 

 

*So besonders interessant sind die Figuren nicht, wie ich erstaunt fest stellte, nachdem ich mir die Frage mal ernsthaft stellte: nur der Psycho-Doktor mit den Narben und der reiche Schnösel mit dem Feuermal unterm Auge - Namen kann ich mir nie merken - sind wirklich originelle Figuren, die aber im Moment (bis Folge 3) noch keine sooo sonderlich wichtige Funktion für den Plot haben.

jack-black antworten
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tristesse
(@tristesse)
Beigetreten : Vor 2027 Jahren

Beiträge : 20334

@jack-black

Mir geht es ähnlich. Die dritte Staffel hatte ich damals ausgelassen, weil ich da zu dem Zeitpunkt keine Lust drauf hatte 🙂 werde ich aber nachholen.

Bin jetzt bei Folge 7.

Dass die Figuren nicht so spannend rüber kommen liegt daran, daß sie sich leider nicht so wirklich entwickeln. Gedeon, Charlotte... grad die beiden, die die Handlung tragen sollten, tun seit der 1. Staffel nur das, was sie immer schon getan haben. 

Zum Glück reicht Story, Musik, Kamera und Setting aus, dass die Eindimensionalität nicht stört. Wobei ich finde, dass Lars Eidinger (der mir dem Feuermal, meiner Meinung nach einer der besten Schauspieler unserer Zeit) auch keine wirklich grosse Entwicklung durch macht. Er hat halt ne spannende Figur, schön durch geknallt.

Benno Fürmann sehe ich sehr gern in der Rolle, die er bekommen hat, dies deutsch - militärische bringt er sehr gut rüber.

Ich glaube, dass die Zeitepoche fremd vorkommt, liegt daran, daß man im Geschichtsunterricht die Jahre zwischen 1. und 2. Weltkrieg irgendwie nicht so beachtet. Grad das erwachen des Nationalsozialismus ist eher eine Fussnote. Hitler hat sich hoch gearbeitet und auf einmal ist der Nationalsozialismus da, so kam es mir in der Schule jedenfalls vor. 

Ich find es höchstspannend zu sehen, wie das Leben damals in der Metropole abgelaufen ist, wobei die Handlung ja sehr die Gegenpole beleuchtet: die kriminelle und verwahrloste Unterschicht und der dekadente Protz der finanziellen Elite, dazwischen gibt es wenig zu sehen, aber da spielt sich ja auch nicht das Geschehen ab. Und man erfährt, wie schleichend das Rechtssystem immer mehr an Sachlichkeit verlor. Das tut fast körperlich weh, dieses Unrecht zu sehen 

Die Musik ist wirklich ein ganz großer Gewinner der Serie, auch etwas was man aus der Zeit eher weniger kennt.

Ganz starke Staffel. 

tristesse antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 4721

@tristesse Ich glaube, dass die Zeitepoche fremd vorkommt, liegt daran, daß man im Geschichtsunterricht die Jahre zwischen 1. und 2. Weltkrieg irgendwie nicht so beachtet.

Nee, ich meinte das mit der Fremdheit anders. Persönlich hab ich die Jahre zwischen Reichsgründung (1870/71 durch von Bismarck) bis zur Machtergreifung 1933 durch die Nazis ausführlichst im Geschichts-LK (mein Lieblingsfach in der Schule) durchgenommen und da ich ein großer Kafka- und Tucholsky-Fan bin und mich auch im Rahmen meines Studiums insbesondere die Kunst in den wilden Zwanzigern beschäftigte, ist mir diese Zeit im Grunde genommen sehr gut bekannt.

Und dennoch hatte ich da anfangs ein ganz seltsames Fremdheitsgefühl, als ich den Film guckte. So, als hätten mich in den letzten zehn oder fünfzehn Jahren die ganzen TV-Serien und Kinofilme aus den USA, aber auch aus Skandinavien oder GB von der deutschen Geschichte - oder gar von deutschen Geschichten entfernt. Inzwischen bin ich diesem Moment der Entfremdung einen kleinen Schritt näher gekommen - es könnte z.B. an den Dialogen liegen. Solche Begriffe wie "Flitzpiepe" wird man in zwanzig Jahren nicht aus den Mündern von US-Serien-Figuren hören, ein bisschen Mundart reicht hier schon, um da einen gravierenden Unterschied zu machen. Oder wenn sich da Juden auf Jiddisch (nennt man das so?) unterhalten und man einzelne Worte (Mischpoke) erkennt, die in meiner Jugend auch noch von meinen Eltern oder Großeltern (wir sind keine jüdischstämmige Familie) verwendet wurden...

Oder nimm nur die Szenen, wo die Gendarmen (Gendarmen, nicht Polizisten...) hinter fliehenden Räubern herlaufen. Verfolgungsjagd-Action... Zu Fuß! 😀 Wie da die Polizeiuniformmäntel flattern oder der Gendarm sich mal kurz die Uniform-Mütze (Helm?) festhält... Da kamen mir dann Szenen aus einem meiner Lieblingskinderbücher - Knasterbax und Siebenschütz - in Erinnerung (dieses Kinderbuch spielt zwar vermutlich nach dem 2. Weltkrieg und Knasterbax ist womöglich ein Nachkriegs-Flüchtlingskind aus dem hintersten Schlesien, aber es könnte sehr gut auch in den 20ern spielen, insbesondere weil der Polizist da so einen typischen Vor-Kriegs-Schnurrbart trägt.) Öhm... ich schweife ab. Was ich sagen will: diese Vor WK2-Kriegs-Zeit liegt soooooo weit weg, weiter als beispielsweise irgendwelche us-amerikanischen Western, Bürgerkriegsgeschichten, oder eben auch Ritter- und Mantel&Degen-Geschichten. Das hat nicht sonderlich viel mit Wissen zu tun, ich weiß über die 20er Jahre in Deutschland deutlich mehr als über die fünfziger Jahre, vor allem wegen all der Literatur (mir fällt gerade kein wichtiger Roman über die 50er Jahre in Deutschland ein, auch wenn wohl von Günther Grass oder Heinrich Böll da einiges zu finden sein müsste). Aber ich hab kein Gefühl darüber, wie sich "normale" Leute damals verhielten.

Nimm mal die Musik aus BB, die Dir ja auch gefällt. Die ist eben absolut nicht "original" in dem Sinne, dass man bei den damaligen Marathon-Tanzveranstaltungen (die gab's ja nicht nur in Deutschland, sondern jedenfalls auch in den USA) zu so einer Musik getanzt hätte. Da haben die Filmmacher einfach eine geniale Mixtur zwischen Techno und der damaligen Musik (Swing&Schlager) wie z.B. von den Weintraubs Syncopators hinbekommen. Aber obwohl hier also starke Verfremdungseffekte in der Serie auftauchen (auch dass da sämtliche Wettbewerbsteilnehmer eine perfekte Tanz-Choreographie hinlegen, ist ja eigentlich nicht möglich, sondern sozusagen anti-realistisch), hab ich das Gefühl, genau so könnte das Lebensgefühl der Leute damals gewesen sein. An der Grenze zum Wahnsinn, zwischen Endzeit und Ekstase, Utopiebesoffenheit und hasserfülltem Racherausch.

 

Ich find es höchstspannend zu sehen, wie das Leben damals in der Metropole abgelaufen ist, wobei die Handlung ja sehr die Gegenpole beleuchtet: die kriminelle und verwahrloste Unterschicht und der dekadente Protz der finanziellen Elite, dazwischen gibt es wenig zu sehen, aber da spielt sich ja auch nicht das Geschehen ab.

Hhmm. Was meinst Du mit "dazwischen gibt es wenig zu sehen"? Meinst Du sozusagen das normale Leben der Mittelschicht, der Otto-Normalbürger? Das ist für mich gerade die spannende Frage: Gab es in dieser Zwischen-Zeit (gerade mal 15 Jahre zwischen Versailles und Hitlers Machtergreifung!) überhaupt sowas wie Normalität? Vielleicht auf den Dörfern, die ja selbst vom WK 1 nicht so sehr betroffen waren - auch wenn hier bei uns und den Nachbardörfern überall die Gedenksteine mit den Namenslisten der Gefallenen stehen. Aber in der Großstadt? Gab es in der Weimarer Republik überhaupt sowas wie Verschnaufpausen, in denen sich schön langeweilige Normalität etablieren konnte?

Die Story spielt ja 1930, da rückt gerade mit Riesenschritten die Weltwirtschaftskrise heran, als hätte Deutschland nicht schon genug erlebt in dem letzten Jahrzehnt. Ich versuch immer mal wieder, mich in jemanden hineinzuversetzen, der damals so zwischen 20 und 30 war. Im Kaiserreich geboren, dann den Krieg samt Hungerwintern erlebt, dann die spanische Grippe, dann die Revolutionssituation nach der Kriegsniederlage. Dann Ruhrbesetzung samt Hyperinflation. Und dann, man ist gerade mal an der Grenze zum Erwachsenwerden, sechs kurze "goldene" Jahre. Aber hatte man da dann eine Krankenversicherung, machte Karriereplanung für "nach dem Studium", überlegte sich, ob eine private Rentenversicherung vielleicht schlau wäre? Nachdem man ständig mitbekam, wie fragil die Zustände waren, wie schnell sich alles von heute auf morgen drehen oder auf den Kopf stellen konnte?

Als im Film das "Fräulein Ritter" von jetzt auf gleich Job und Polizeimarke verliert, braucht sie ein paar Stunden, um ein paar Tränen zu verdrücken - und dann bezirct sie schon wieder den armen Kerl aus der Friendzone, damit er ihr das Startgeld für den Tanzwettbewerb vorschießt. Wird da nun bloß aus dramaturgischen Gründen gaaaanz schnell die Handlung vorangetrieben und dabei der Figur kaum mal Zeit gegeben, das verschnotterte Taschentuch auszutauschen? Oder steht das beispielhaft und ist also normal für eine Welt, in der man vernünftigerweise gar nicht erst langfristig planen sollte, weil Kontinuität absolute Mangelware ist und in der gar keine Zeit bleibt, mit Schicksalsschlägen länger als bis zum Abendbrot zu hadern?

Ich würde gern mal per Zeitreisemaschine zurückfliegen und irgendwelchen "normalen" Leuten diese Serie vorspielen, um dann zu fragen: "Trifft das so ungefähr Euer Lebensgefühl?" 

jack-black antworten
tristesse
(@tristesse)
Beigetreten : Vor 2027 Jahren

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@jack-black 

 

Solche Begriffe wie "Flitzpiepe" wird man in zwanzig Jahren nicht aus den Mündern von US-Serien-Figuren hören, ein bisschen Mundart reicht hier schon, um da einen gravierenden Unterschied zu machen. Oder wenn sich da Juden auf Jiddisch (nennt man das so?) unterhalten und man einzelne Worte (Mischpoke) erkennt, die in meiner Jugend auch noch von meinen Eltern oder Großeltern (wir sind keine jüdischstämmige Familie) verwendet wurden...

Ja, so ging es mir auch. Allein schon, dass grundsätzlich von der Unterschicht berlinerisch geredet wird, da hat sich jemand Gedanken gemacht und Mühe gegeben, das Ganze authentisch zu machen. Viele Kleinigkeiten auch wie Du schon sagtest in der Sprache, aber auch den Requisiten, der Ausstattung, der Gestaltung. 

Nimm mal die Musik aus BB, die Dir ja auch gefällt. Die ist eben absolut nicht "original" in dem Sinne, dass man bei den damaligen Marathon-Tanzveranstaltungen (die gab's ja nicht nur in Deutschland, sondern jedenfalls auch in den USA) zu so einer Musik getanzt hätte. Da haben die Filmmacher einfach eine geniale Mixtur zwischen Techno und der damaligen Musik (Swing&Schlager) wie z.B. von den Weintraubs Syncopators hinbekommen.

Ja, da haben sich die Komponisten richtig ausgetobt, wie Du sagst, natürlich nicht realistisch, aber das Lebensgefühl der jungen Generation kommt so am besten rüber. Man denkt sich "Da hätte ich aber jetzt auch mitgetanzt." und das möchte die Serie auch erreichen, dass man sich mit der Zeit und den Leuten identifiziert.

Gab es in dieser Zwischen-Zeit (gerade mal 15 Jahre zwischen Versailles und Hitlers Machtergreifung!) überhaupt sowas wie Normalität? Vielleicht auf den Dörfern, die ja selbst vom WK 1 nicht so sehr betroffen waren - auch wenn hier bei uns und den Nachbardörfern überall die Gedenksteine mit den Namenslisten der Gefallenen stehen. Aber in der Großstadt? Gab es in der Weimarer Republik überhaupt sowas wie Verschnaufpausen, in denen sich schön langeweilige Normalität etablieren konnte?

Doch, ich bin sicher, das gab es auch. Verkäufer, Handwerker, Personal, Maschinenbauer, etc. Natürlich gab es auch in der Zeit normale Menschen, die ihrer Arbeit nachgingen, nicht in Bruchbuden oder Palästen hausten und ein vermutlich langweiliges Leben führten. Aber darum geht es ja in den Büchern nicht und das gibt dann auch die Serie nicht her. Der Zeitraum war natürlich recht kurz, aber so um 10 Jahre wird es wohl schon eine Art Bürgertum gegeben haben.

Wird da nun bloß aus dramaturgischen Gründen gaaaanz schnell die Handlung vorangetrieben und dabei der Figur kaum mal Zeit gegeben, das verschnotterte Taschentuch auszutauschen? Oder steht das beispielhaft und ist also normal für eine Welt, in der man vernünftigerweise gar nicht erst langfristig planen sollte, weil Kontinuität absolute Mangelware ist und in der gar keine Zeit bleibt, mit Schicksalsschlägen länger als bis zum Abendbrot zu hadern?

Eine der Eigenschaften Charlottes ist meiner Meinung nach ihre Unbekümmertheit. Egal was sie erlebt, ob sie angegriffen, versenkt, übersehen oder misshandelt wird, sie schüttelt es ab und macht weiter. Sie weiß, dass sie es verbockt hat, natürlich ärgert sie das, aber gegen Ende der Serie (ich hoffe, ich spoiler jetzt nicht zu sehr) sagt sie, als sie auf diesen Vorfall angesprochen wird "Schwamm drüber". Sie steht einfach auf und schaut, was sie aus ihrer Situation machen kann. Im Gegensatz zu Gereon, der alles immer so furchtbar schwer nimmt und viel grübelt. Diese Gegenpole machen auch die Faszination dieses Teams aus.

Ich würde gern mal per Zeitreisemaschine zurückfliegen und irgendwelchen "normalen" Leuten diese Serie vorspielen, um dann zu fragen: "Trifft das so ungefähr Euer Lebensgefühl?" 

Vermutlich wird vieles schon passen, aber es ist an manchen Punkten auch dramaturgisch aufgepeppt worden. Aber das trifft ja auch auf jeden Tatort oder Serie zu. Ich denke schon, dass die Generation 20+, die den ersten Weltkrieg hautnah miterlebt hat (von den älteren ganz zu schweigen) dieses Lebensgefühl der Erleichterung über den Frieden hervorgerufen und verstärkt hat. Nach dem zweiten Weltkrieg war das nicht so möglich, da musste auch erst mal das Land komplett neu aufgebaut und der Schrecken des Holocaustes überwunden werden. 

Bin übrigens gestern mit der 4. Staffel fertig geworden, es bleibt spannend bis zum Schluss. Faszinierend war, dass man die Fülle der einzelnen Handlungsstränge bis zum Ende beibehalten, aber gut jeden einzelnen abgeschlossen hat. Natürlich bleiben ein paar Enden offen, sonst schaut keiner mehr in die nächste Staffel rein, aber im Großen und Ganzen ist das Warten auf Staffel 5 aushaltbar. Diese Serie schafft es wirklich, vielschichtig zu sein, ohne die einzelnen Themen aus den Augen zu verlieren (etwas, was ich mir bei Nolans "Dunkirk" zum Beispiel gewünscht hätte), das Niveau bleibt bis zum Ende erhalten und gerade die letzten beiden Folgen bieten einige Überraschungsmomente.

Nur mit einem war ich absolut nicht einverstanden, weil das völlig an der Realität vorbei ging... vielleicht findest Du ja in der letzten Folge raus, was ich meine 😉 

Bin gespannt, ob die ARD ohne Sky als Mitsponsor das Niveau halten kann, die sind ja jetzt ausgestiegen nach der 4. Staffel.

tristesse antworten


Lucan-7
Beiträge : 24406

@jack-black 

DER UNTERGANG DES HAUSES USHER

 

kleine Spoiler

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Ich bin noch nicht ganz sicher, was ich von dieser Serie halten soll (Ich bin auch noch nicht ganz durch damit). Wird von Netflix auch im Horror-Genre verortet, was auf etliche Szenen auch sicher zutrifft, allgemein sehe ich das ganze aber eher im Mystery/Thriller Bereich... kann man sich ewig streiten, weil hier manches zusammenkommt.

Die Geschichte von Poe wurde in unsere moderne Zeit verlegt, statt einem alten Adelsgeschlecht steht eine amerikanische Industriellenfamilie im Mittelpunkt, mit etlichen Andeutungen zu konkreten Vorkommnissen im kapitalistischen Amerika.

Die Serie beginnt damit, dass der alte Roderick Usher innerhalb weniger Tage seine 6 Kinder verliert. So wird das Ergebnis in den ersten Einstellungen bereits vorweggenommen, und die Serie handelt wesentlich in Rückblenden davon, wer diese Leute waren und was da wohl passiert ist... und es dreht sich natürlich auch um die Frage, wie es im Anschluss wohl weitergehen mag.

Die Serie ist voller Hinweise und Symbolik, und ich tue mir etwas schwer damit. Ob das jetzt daran liegt, dass ich mit den Grundlagen zu wenig vertraut bin, oder ob es sich tatsächlich nur um eine sehr oberflächliche Kapitalismuskritik handelt, bei der die Zuschauer in voyeuristischer Weise Zeuge davon werden, wie eine weitgehend unsympathische Familie ihre "verdiente Strafe" erhält habe ich noch nicht herausgefunden... möglicherweise sind da die letzen Folgen etwas erhellender.

Trotz komplexer Erzählweise bleibt da bei mir bislang eine gewisse Unzufriedenheit... dafür werden die Charaktere bislang doch zu hölzern und plakativ dargestellt. Auch Mark Hamil glänzt hier in ungewohnter Rolle als Anwalt... mehr als einen Gesichtsausdruck muss er nicht bemühen, was allerdings zu dieser Rolle sehr gut passt.

Mal sehen, ob das Ende da noch etwas herausreissen kann...

lucan-7 antworten
Jigal
 Jigal
Beiträge : 4320

Auch wenn schon 2024 ist ich hatte es bei Filmen und man meinte das gehöre hier hin. Sind aber nur kurze Serien.

Zwei Serien a) Arte Mediathek Life from Mars. Ein Polizist landet durch einen Autounfall im Manchaster des Jahres 1973 und muss damit klarkommen wie sich 1973 von 2006 unterscheidet. BBC Serie die so erfolgreich war, dass es auch eine US-Version mit Spielort USA gibt.

b) MDR Mediathek: Bletchley Circle um Frauen die in Blechley Park während des Krieges komplizierte Codes geknackt haben, bzw. Nachrichten ausgewertet haben. Jetzt Anfang der 50er ist eine davon Hausfrau und Mutter und trommelt die Freundinnen zusammen um einen Serienkiller zu fassen.

 

jigal antworten


Jack-Black
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Mr. & Mrs. Smith

 

Serie auf amazon prime. Zwei Folgen hab ich mir davon gegeben, mehr Lebenszeit mag ich nicht verschwenden. Anstelle von Brad Pit und Angelina Joli haben wir hier ein diverses Pärchen - er Afroamerikaner, sie Asiatoamerikanerin. Soweit, so "modern". Über die männliche Hauptfigur kann ich nicht befinden, die weibliche Hauptfigur ist unattraktiv. Das ist insofern relevant, als der Kinofilm mit Brangelina ja, neben den Actionszenen, vor allem von der Sexiness der Hauptfiguren zehrte (der Plot war der Erwähnung nicht wert).

Die Ausgangsidee der Serie ist die, dass beide Hauptfiguren sich von einer ominösen Organisation anwerben lassen, um irgendwelche Geheim-Missionen durchzuführen, und ihr Ehestatus nur der Tarnung gilt. Diese Missionen führen sie dann irgendwie immer näher zueinander, so dass aus der Tarn-Ehe dann wohl am Ende eine echte Liebesheirats-Beziehung bis ins Rentenalter werden dürfte.

SPOILERWARNUNG: geknutscht wird zum ersten mal in der zweiten Folge... SPOILERENDE

An den zwei Folgen, die ich bisher gesehen habe, ist alles schlecht im Sinne derer, welche die neue Amazon-Prime-Politik schon immer kritisierten. Es ist kaum zu fassen, wie sehr sich da sämtliche Kritikpunkte wiederfinden. Alle anzuführen würde Eure Geduld über Gebühr belasten, daher mal nur eine kleine Auswahl.

1. Diversity im Sinne adäquater Repräsentaz unterschiedlicher Ethnien- schön und gut (?). Was es aber soll, dass man als ominöse Hintergrundorganisation ausgerechnet einen Schwarzen und eine Asiatin  zusammenzwingt in eine Tarn-Ehe, will mir nicht in den Sinn kommen: was soll das für eine Tarnung sein, wenn ein Pärchen in einer so statistisch seltenen Konstellation besteht? Gegen ein schwarzes Pärchen wäre ebensowenig wie gegen ein asiatisches Pärchen einzuwenden gewesen. Aber nicht-weisse, gemischtrassige Paare sind immer noch eine auffällige Ausnahme und erwecken also tendenziell eher Neugier, vor allem, wenn sie dann auch noch "Smith"* heißen.

2. Die Rassismus-Karte wird schnell ausgespielt. SPOILER: schon beim zweiten Auftrag muss irgendeine hochpreisige Kunstausstellung "infiltriert" werden. Während die Asiatin (Namen merk ich mir bei solcher Dutzendware nicht) mit einem "Trick" (sie klaut einer älteren asiatischen Dame die Eintrittskarte und stellt diese dann als ihre demente Mutter hin - wie sympathisch da doch der Rassismus der Türsteher entlarvt wird!) vorne reinkommt, befindet Mr. Smith, er werde als Schwarzer bei so einem Event nur auffallen, weil er die anderen höchstens drei bis fünf ebenfalls anwesenden Schwarzen nicht kenne - und probiert es dann lieber durch die Hintertür als Catering-Angestellter. SPOILERENDE

3. Die Sexismus-Karte wird schnell ausgespielt: SPOILER Eine ältere, wenig attraktive Frau wird observiert. Diese sitzt auf einer Bank im Park, als sich ein jüngerer, attraktiver (afroamerikanischer) Mann zu ihr setzt. Mr.&Mrs. Smith mutmaßen, in welcher Beziehung die beiden zueinander stehen könnten. Sie sagt: "Vielleicht sind sie ja ein Liebespaar."

Er lacht. Zu recht, denn solche Konstellationen: alte, unattraktive Frau und junger, attraktiver Mann sind die absolute Ausnahme bei Liebespaaren.

Mr. Smith guckt ihn so an: "Was?! Ist doch möglich?! Was hast Du für machohafte Beziehungs-Normvorstellungen?"

Er guckt so: "Jaja, okay, schon klar!"

Schließlich trennen die alte Frau und der junge Mann sich, nicht, ohne vorher noch einen innigen Zungenkuss ausgetauscht zu haben.

Mrs. Smith guckt so: "Na Chauvi? Hab ich's nicht gesagt?!"

Er guckt so: "Oh, okay, ja, ich bin echt ein Doofi mit meinen Vorurteilen..."

Und ich so: "Ja, sicher, Liebespaar! Auf jeden Fall am naheliegendsten. Auf die Idee, dass es sich bei ihr um eine Suggar-Mum handeln könne, die sich halt den jungen Afro-Boy als bezahlten Küsser kommen läßt, kommen tolle Undercover-Agenten natürlich nicht..." SPOILERENDE

4. Die Action ist kacke. Ich frag mich überhaupt, wie die in den späteren Folgen noch gut werden soll mit so einer untrainierten, eher pummeligen Hauptdarstellerin? Im Kinofilm waren Mr.&Mrs. Smith beide absolute Top-Fighter. Und auch, wenn es ja stets etwas lächerlich ist, wenn Frauen in Filmen die toughen Schlägerinnen mimen, welche doppelt so schwere schurkische Schergen am liebsten im halben Dutzend verfrühstücken, nimmt man manchen von ihnen das immerhin so weit ab, als sie halt besonders schnell und besonders kampftechnisch versiert agieren. Sie haben eine entsprechende körperliche Präsenz, Angelina Joli (von der ich wirklich kein Fan bin) hat so eine, und sei es bloß, weil man sie mit ihr seit den Tomb Rainder-Filmen assoziiert.

Eine Lucy Liu könnte man sich also (trotz ihres inzwischen fortgeschrittenen Alters) durchaus in der Rolle der asiatischen Mrs. Smith vorstellen. Die Darstellerin hier aber nicht.

Wobei: die körperlichen Skills der beiden Protagonisten bestehen in den ersten zwei Folgen ohnehin nur darin, mal schnell weglaufen zu können von einem Tatort oder zu zweit eine Leiche mit ach und krach durch irgendeine Wohnung zu schleifen. Kurz: es könnten auch Budgetgründe mitverantwortlich für die lahme Action sein und vielleicht wählte man die Protagonistin auch aus, um auf der amazon-prime-Checkliste der political correctness nicht nur "Repräsentatin der asiatischen Minderheit" und "Repräsentatin der plumpen Sportmuffel" ankreuzen zu können, sondern auch gleich einen guten, d.h. nachvollziehbar-realistischen Grund zu haben, weswegen nicht so viele teuer choreografierte Stuntdouble-Szenen gedreht werden müssen: solche Frauen kämpfen halt nicht so viel im Nahkampf, sondern arbeiten mit Köpfchen, weiblicher Intuition und so weiter und so fort... 😀

5. Das writing ist kacke. Der freundliche Herr Zufall muss schon gleich zu Anfang ständig mit anpacken: nach allen Gesetzen der Wahrscheinlichkeit hätte gleich der erste zu erledigende Auftrag Herrn und Frau Schmidts sie in's Grab gebracht: Super Planung des ominösen Hintergrundstrippenzieherauftraggebers! Überhaupt gilt hier (wie freilich in vielen Filmen des Genres): Plotarmor dick wie Kontinentalplatten.

 

6. Und zuletzt - und das ist das Übelste, dessentwegen ich nicht weitergucken werde - ist die Moral kacke. Herr und Fraum Schmidt sind ohnehin schon wenig charismatisch bis unsympathisch. Sie lassen sich aber vor allem aus reiner Karrieregeilheit (eigentlich sind sie gar keine Überflieger und entsprechend hatten sie im Agenten-Business bisher keine glänzenden Laufbahnen) dafür anheuern, Leute umzubringen, die sie nicht kennen, und dabei Kollateralschäden im großen Umfang zu akzeptieren.

 

SPOILERWARNUNG In der ersten Folge liefern sie ein Paket ab, von dem sie nicht wissen, was es enthält. Stellt sich heraus: eine Bombe, die vermutlich ein halbes Dutzend Hilfskräfte, die eine Party vorbereiten, in den Tod reißt. Upps! In der zweiten Folge, in welcher sie ausdrücklich die Anweisung bekommen, das niemand dabei sterben dürfe, töten sie jemanden aus reiner Inkompetenz, indem sie die präzisen Anweisungen, wie sie vorzugehen hätten, nicht befolgen. Upps! SPOILERENDE

Wir Zuschauer sollen also uns mit zwei gewissenlosen Arschlöchern identifizieren. Warum sollten wir? Nein. Solche Leute mag ich nicht. Ich will sie auch nicht mögen. Ich will nicht über die läppische Situationskomik lachen, wenn "aus Versehen" der Bodycount erhöht wird. Ob diese zwei Figuren einander langsam näher kommen, ist mir wurscht - ich will das nicht sehen*. Höchstens mit der Idee, dass sie in einem gemischgeschlechtlichen Hochsicherheitsgefängnis zusammen der Latrinensäuberungskolonne zugeteilt und auf diese Weise einander näherkommen würden, könnte ich mich anfreunden.

Dieser letzte Punkt: dass neuerdings uns Zuschauern Identifikationsfiguren vorgesetzt werden, die wenig Heldisches an sich haben, sondern sich im Gegenteil asozial, rücksichtslos und egoistisch verhalten, wird auf Youtube von Leuten wie "Disparu" oder "the critical drinker" schon länger kritisiert. Bei Mr.& Mrs. Smith erleben wir es in Reinform.

Ohne mich. Vor allem, da jetzt ja auch für "normale" Prime-Kunden, also für weiße Rappen wie uns alle, in Prime-Filmen Werbeeinschübe zum Standard werden.

 

Keine Empfehlung.

 

 

 

 

*Ich will auch keine Sex-Szene mit denen sehen, ganz egal, wie prüde geschnitten.

jack-black antworten
3 Antworten
tristesse
(@tristesse)
Beigetreten : Vor 2027 Jahren

Beiträge : 20334

@jack-black 

Danke für den unterhaltsamen Bericht, hab ich tatsächlich bis zum Ende gelesen 😆 Jetzt muss ich mal die erste Folge schauen um zu prüfen ob das alles so passt 

tristesse antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 4721

@tristesse Ja, mach mal facts checking! 😀

jack-black antworten
Lucan-7
(@lucan-7)
Beigetreten : Vor 14 Jahren

Beiträge : 24406

@jack-black 

Gegen ein schwarzes Pärchen wäre ebensowenig wie gegen ein asiatisches Pärchen einzuwenden gewesen.

Genau das ist auch der Punkt, der mich hier stört. Es sind nicht die "diversen" Schauspieler selbst, es ist die unglaubwürdige Konstellation, in der sie gezeigt werden. Jede Besetzung ist da wie ein Schlag ins Gesicht: "Nehmt das! So sollte die Welt sein! Wir zeigen es euch! Lernt davon!".

Meiner Ansicht nach wird damit Rassismus eher noch verstärkt als bekämpft, weil es die Unterschiede betont. Rechtspopulisten bringt es eh auf die Barrikaden, gibt ihnen Futter und treibt ihnen die Anhänger zu... und "woke" Leute brauchen das sowieso nicht - also was soll das?

Es ist übrigens natürlich auch nichts gegen ein solcherart "gemischtes" Ehepaar zu sagen... aber dann müsste diese Konstellation, wenn es halbwegs realistisch sein soll, auch entsprechend thematisiert werden.

Auch Leute, die weniger den gängigen Schönheitsidealen entsprechen, finde ich grundsätzlich in solchen Rollen in Ordnung. Eine Frau, die aussieht wie ein Supermodel, zieht schliesslich ständig die Blicke auf sich... und das ist nicht unbedingt das, was man als Agentin braucht. Ein unauffälliges Aussehen wäre daher glaubwürdiger... wenn es denn ein glaubwürdiges Drehbuch gäbe und die Darstellung als solche überzeugte.

So aber bleibt es ein Ärgernis... und ich weiss wieder mal nicht, was sich die Leute bei Amazon da eigentlich bei denken. Der Versuch, alles "richtig" zu machen kann jedenfalls schnell darin enden, alles falsch gemacht zu haben...

lucan-7 antworten
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