Begegnungen auf der Straße
Ich stelle mir vor ...
Die Pfarrerin, der Pfarrer einer Gemeinde, in einem Dorf leichter als in der Stadt (?), geht durch die Straßen seiner Gemeinde.
Die/der eine jeden Tag, die/der andere einen über den anderen Tag, verbindet das vielleicht mit Einkäufen oder anderen Erledigungen. Eineinhalb Stunden sollten es schon sein, aufgeteilt vielleicht in den Vormittag und den Nachmittag.
Da sind dann Menschen zu treffen - jetzt zu Corona-Zeiten sicher weniger -, zu grüßen, nach dem Befinden zu befragen oder gar nach Aktuellem aus den Familienleben.
So sind Pfarrerin, Pfarrer im Gespräch mit Menschen ihrer Gemeinde, vielleicht auch mit anderen, die sie kennen.
Romantisch, oder?
Nee, früher normal und üblich. Und früher ist erst 40, 50 Jahre her.
Da lebte die kirchliche Gemeinde alleine schon und auch durch die Präsenz von Pfarrerin und Pfarrer im Alltagsleben der Zivilgemeinde.
Das fiel damals unter "Seelsorge".
Das wurde durchaus auch in der Freizeit, nicht der Dienstzeit gemacht.
Das brachte "Nähe", manchmal auch zunächst ungewollte.
Das zeigte Interesse.
Was bist du das letzte Mal deine Pfarrerin, deinen Pfarrer außerhalb der Diensträume Kirche, Gemeindehaus und Pfarrbüro begegnet?
Früher, ja da war alles anders.
Da hatte der Pfarrer mit drei Dörfern und 3 Kirchen Zeit für diese Form Menschen zu begegnen.
Heute:
Wozu soll er im Dorf herumlaufen?
Der Läden haben dicht gemacht, andere Begegnungsorte wie die Bank und andere div. Klein-Geschäfte gibt es nicht mehr, Haare für den Friseur hat er nicht mehr viele und wenn er morgens um halb 6 Gemeindebriefe verteilt, trifft er nur Katzen und keifende Hunde hinter den Zäunen und Hoftoren..
Dafür triffst Du ihn auf der Fahrt im Auto zwischen 30 Dörfern und 15 Kirchen ... und zur nahegelegenen Stadt, wo er die Dinge einkauft, die er früher mit einem btw. Schwatz-Spaziergang durchs Dorf geholt hat.
Sei froh, wenn es in Deiner Nähe überhaupt noch einen Pfarrer gibt.
Lieber Banji, ich weiß nicht, wo du lebst.
Hier in der EKHN, also Hessen und tw. Rheinland-Pfalz sind die Pfarrstellen gut besetzt, ja mit zwei, drei Dörfern je Pfarrstelle, ja mit zwei, drei Gemeindebezirken in den Städten.
Und doch - du siehst niemanden.
Ich war (bin offiziell immer noch) Prädikant, kann aus gesundheitlichen Gründen leider das Haus nicht mehr verlassen. Ich war immer im Dorf unterwegs, und wenn's ein Hundespaziergang war, traf auf Menschen, auch auf die aus der Gemeinde. "Schwätzchen", eigentlich immer.
Meine Pfarrerin traf ich nie.
Konnte ich nie treffen. Sie wohnte nicht im Pfarrhaus ihrer 1/2-Stellen-Gemeinde, sondern in einem zwei Dörfer entfernten Nachbardorf. Der Pfarrer vor ihr, auch mit halber Stelle, wohnte gleich weiter weg, kam nur zu "Dienstzeiten".
Einfach geschrieben: Das geht so nicht! So verliert Kirche Gemeinden.
Nachdenken ist angesagt. Kirche hat ihr Profil durch Pfarrerinnen und Pfarrer.
Ansonsten hat sie keines.
Lieber Vigil,
zwar ist meine Gemeinde auch mit einem ganzen halben Pfarrer gesegnet, aber ich arbeite im Kreiskirchenamt verwaltend für Gemeinden, die tatsächlich nur einen Fünftel- bis Vierzehntelpfarrer haben. Und ich weiß, dass es auch noch schlimmer geht, gehen muss.
Aber meine Gemeinde hat viele, viele Jahre "mit Vakanz" gelebt, mit Pfarrern, die aus dem ganzen Kirchenkreis und den zwei Nachbarkirchenkreisen kamen, um mal einen sonntäglichen Vertretungsdienst zu übernehmen. Wer abseits des Sonntags was von 'nem Pfarrer wollte, wandte sich bitte an die Suptur.
In dieser Zeit hat meine Gemeinde gelernt: So schön es ist mit einem (halben) Pfarrer - es geht auch ohne. Wir haben in dieser Zeit eine Gemeindesekretärin installiert, damit gerade für die älteren Leute zu regelmäßigen Zeiten eine feste Ansprechpartnerin da war. Und dann haben wir selbst gemacht.
Einen Besuchskreis eingerichtet, der alle ab einem gewissen Alter jährlich besucht - und die, die wollen, auch öfter. Es wollen nur leider nur wenige.
Einen Chor eingerichtet, einen Seniorenkreis, einen Kreativkreis, einen Gesprächskreis, eine Krabbelgruppe, eine Kindergruppe, eine junge Gemeinde ins Leben gerufen, Konfirmandenarbeit vor Ort weiter organisiert.
Als die Vakanz rum war, hat sich der Pfarrer mancher dieser Gruppen angenommen und ist jetzt regelmäßig mit dabei. Aber alles das (und mittlerweile auch noch anderes, was entstanden ist, seit er da ist, was aber im Grunde nichts damit zu tun hat, dass er da ist, z.B. ein Hauskreis und ein Männerkreis und eine Gruppe die sich um Körper und Seele gleichzeitig kümmert) liefe letztlich auch ohne ihn.
Das Schwätzchen halten die GKR-Mitglieder und die Leitenden der Gruppen auf der Straße, kann ich aus eigener Erfahrung (ich bin sowohl als auch) sagen.
Unsere Gemeinde hat Profil durch viele aktive Gemeindeglieder. Der Pfarrer ist gut, dass er da ist, und nein, wir mögen ihn weder hergeben noch mit weiteren Gemeinden teilen müssen. Aber wenn wir das müssten - dann wären wir absolut nicht profillos!
Gruß und Segen
lubov
Veröffentlicht von: @lubovber meine Gemeinde hat viele, viele Jahre "mit Vakanz" gelebt, mit Pfarrern, die aus dem ganzen Kirchenkreis und den zwei Nachbarkirchenkreisen kamen, um mal einen sonntäglichen Vertretungsdienst zu übernehmen. Wer abseits des Sonntags was von 'nem Pfarrer wollte, wandte sich bitte an die Suptur.
In dieser Zeit hat meine Gemeinde gelernt: So schön es ist mit einem (halben) Pfarrer - es geht auch ohne. Wir haben in dieser Zeit eine Gemeindesekretärin installiert, damit gerade für die älteren Leute zu regelmäßigen Zeiten eine feste Ansprechpartnerin da war. Und dann haben wir selbst gemacht.
Einen Besuchskreis eingerichtet, der alle ab einem gewissen Alter jährlich besucht - und die, die wollen, auch öfter. Es wollen nur leider nur wenige.
Einen Chor eingerichtet, einen Seniorenkreis, einen Kreativkreis, einen Gesprächskreis, eine Krabbelgruppe, eine Kindergruppe, eine junge Gemeinde ins Leben gerufen, Konfirmandenarbeit vor Ort weiter organisiert.
Wow. Das ist total schön, von so einer Entwicklung zu lesen. Das ist - in meinen Augen - Kirche. Habt ihr euren Weg als Gemeinde irgendwo erzählt oder dokumentiert?
Veröffentlicht von: @jeddie-xDas ist - in meinen Augen - Kirche.
Bin auch sehr beeindruckt und begeistert!
Veröffentlicht von: @jeddie-xWow. Das ist total schön, von so einer Entwicklung zu lesen. Das ist - in meinen Augen - Kirche. Habt ihr euren Weg als Gemeinde irgendwo erzählt oder dokumentiert?
Nicht, wenn sie nicht für andere da ist, sondern nur für sich selbst, wage ich einzuwerfen. Natürlich sieht man beim anderen hier nicht alle Komponenten drumherum ... *denk*
Veröffentlicht von: @neubaugoereNicht, wenn sie nicht für andere da ist, sondern nur für sich selbst, wage ich einzuwerfen. Natürlich sieht man beim anderen hier nicht alle Komponenten drumherum ... *denk*
Der Punkt war bisher der, dass eine Gemeinde sich nicht von einer Pfarrperson abhängig gemacht hat. Sondern dass Dorfbewohner/innen, die Christen sind, sich selbst als Gemeinde verstanden haben. Ich würde mal sagen: Priestertum aller Glaubenden.
Ob sie "für andere da sind" oder nicht, war bisher m.E. nicht Thema.
Veröffentlicht von: @jeddie-xOb sie "für andere da sind" oder nicht, war bisher m.E. nicht Thema.
jou, ich wollt's auch nur mal erwähnt haben, dass es das auch gibt
Wir sind als Gemeinde immer und an allen Punkten (von GKR-Sitzungen, zu denen Besucher in der Regel zugelassen werden müssen, mal abgesehen - aber es hat auch noch nie, so lange ich dabei bin, jemand gesagt, er wolle einfach mal zuhören, und jeder, der sagte, er habe was zu sagen und wolle kommen, ist gehört worden) weit offen für "außen". Wir kooperieren z.B. immer wieder mit der AWO im Stadtteil, Feste sind immer mit der Stadtteilentwicklung koordiniert, unsere Gottesdienste und Kreise sind allen, die teilnehmen wollen, zugänglich. Auch engagieren sich immer wieder bzw. kontinuierlich kirchenferne Menschen bei uns und wachsen so in die Gemeinde hinein - was sich durchaus auch an Erwachsenentaufen und Kircheneintritten sehen lässt - wenn auch in kleinen Zahlen.
Gerade unsere Angebote für Kinder, z.B. die Pfadis, werden sogar stadtweit wahrgenommen und genutzt.
Ich frage mich ja, warum du so negative Gedanken an dieser Stelle entwickelst - und ich frage mich, warum ich drauf anspringe und das Gefühl habe, mich/uns hier zu rechtfertigen. 😀
😀
na weil ich eben auch ne andere Seite kenne ... und möchte, dass andere auch diese Seiten beleuchten bei ihrer Betrachtung, deshalb erwähne ich es ...
Nun, ich hatte mit einem ganz konkreten Erleben auf Vigils sehr konkretes Erleben geantwortet. Dass eine dialektische Abhandlung gefordert oder auch nur nötig war, hatte ich nicht so empfunden. Aber nun haben wir ja alles beleuchtet. 😊
Veröffentlicht von: @jeddie-xHabt ihr euren Weg als Gemeinde irgendwo erzählt oder dokumentiert?
Nicht, dass ich wüsste. Die Gemeinde hat halt einfach gemacht - und macht halt immernoch einfach, was dran ist. Ich finde das nicht so sehr außergewöhnlich. Aber danke, deine Worte ermutigen. 😊
Veröffentlicht von: @banjiHeute:
Wozu soll er im Dorf herumlaufen?
Der Läden haben dicht gemacht, andere Begegnungsorte wie die Bank und andere div. Klein-Geschäfte gibt es nicht mehr, Haare für den Friseur hat er nicht mehr viele und wenn er morgens um halb 6 Gemeindebriefe verteilt, trifft er nur Katzen und keifende Hunde hinter den Zäunen und Hoftoren..
Das ist m.E. auch schon wieder veraltet. Heute wird Online eingekauft und der Gemeindebrief per E-Mail verschickt.
Ein solcher "Dorfrundgang" müsste heute wohl eher virtuell gemacht werden. Denn es ist da, wo die Leute insbesondere in ihrer Freizeit anzutreffen sind.
Veröffentlicht von: @tamaroEin solcher "Dorfrundgang" müsste heute wohl eher virtuell gemacht werden. Denn es ist da, wo die Leute insbesondere in ihrer Freizeit anzutreffen sind.
Ich habe mal eine Zeit lang auf nebenan.de und anderen Stadt-Portalen Gemeindeveranstaltungen veröffentlicht. Ich fand es irgendwie unangenehm, zwischen den ganzen Sex-, Yoga-. Freimaurer und sonstigen Nachrichten das zu lesen. Aber so ist es halt, wahrscheinlich sollte man viel selbstbewusster zu christlichen Veranstaltungen einladen.
Veröffentlicht von: @tamaroDas ist m.E. auch schon wieder veraltet. Heute wird Online eingekauft und der Gemeindebrief per E-Mail verschickt.
Bei uns kaufen die Leute in den Supermärkten der nahegelegenen Städte ein. Viele Leute bei uns haben keine Emailadresse, geschweige denn Internet. Bei uns wird noch analog gelebt. 😊
Veröffentlicht von: @tamaroEin solcher "Dorfrundgang" müsste heute wohl eher virtuell gemacht werden. Denn es ist da, wo die Leute insbesondere in ihrer Freizeit anzutreffen sind.
Das kommt auf die Menschen und ihre Aktivitäten an, auch innerhalb der Kirchen/Gemeinden. Viele Menschen gehen in diesen Zeiten "spazieren" ... das ist eine Gelegenheit zur Begegnung ... und fördert/baut Beziehung ...
Veröffentlicht von: @banjiWozu soll er im Dorf herumlaufen?
Ist das jetzt eine Frage von dir oder ist das eher "zynisch" (oder sarkastisch?)?
Begegnung ist alles ... Begegnung ist vielleicht der Anfang ... Begegnung ist Beziehung ... Beziehung ist ...
😌
😀
Nein, das war weder zynisch, noch sarkastisch. Sowas ist mir doch fremd. 😎
Es war die Frage nach dem Sinn, wenn man eh niemanden mehr groß auf der Straße antrifft, zumindest in unseren Dörfern.
Veröffentlicht von: @vigilWas bist du das letzte Mal deine Pfarrerin, deinen Pfarrer außerhalb der Diensträume Kirche, Gemeindehaus und Pfarrbüro begegnet?
Letzte Woche kam ich mit meinen Tageskindern aus der Kita. Eins hatte ein Bild aus Naturmaterialien gemacht und ein wichtiges Teil verloren. Also mussten wir Ersatz suchen. Dabei begegnete uns der Pfarrer mit seiner Familie, der genau dieses Teil im Fahrradanhänger seines Sohnes hatte. Das war eine richtig gute Begegnung. Ich hatte natürlich zu tun zu erklären, was ein Pastor ist und der Name seines Sohnes gab mir Anlass, eine biblische Geschichte zu erzählen.
Natürlich sind Pastoren auch Menschen, meistens auch ganz nette. Ich verstehe aber, was du meinst. Genau wie die meisten Berufstätigen haben sie kaum Zeit, einfach mal so ansprechbar zu sein. Unser Hauptpastor vergibt Termine erst, wenn geklärt ist, dass es keinen anderen Ansprechpartner gibt. Man wartet darauf, ein paar Wochen und weiß, dass es nicht länger als eine Stunde dauern darf. Man kommt also vorbereitet wie zu einer Konferenz und wagt kaum, mal was Belastendes anzusprechen.
Der "Freizeitstress" hat für Pastoren genauso zugenommen, wie für alle. Sie sollen in ihrem Leben als Christen Vorbild sein, aber auch über alle aktuellen Themen mitreden, ökologisch und sozial gerecht einkaufen, gesellschaftlich engagiert, sportlich und gesund sein usw.
Über Leute, die auf der Straße rumstehen und andere anquatschen ist die allgemeine Meinung meist nicht so gut. Bestenfalls kann sich das ein Pfarrer in Rente leisten - oder einer, der aller öffentlichen Meinung zum Trotz das lebt, was er für seine Berufung hält. Aber wenn Pfarrer ein normaler Beruf ist, ist es dann überhaupt richtig, sich nicht mehr um die öffentliche Meinung zu scheren?
Ich glaube, bei uns funktioniert das noch ganz gut.
Weil die Stadt (a) übersichtlich ist (ca. 15.000 Einwohner) und weil es (b) öffentliche Orte gibt, an die wirklich ziemlich jeder geht. Ausserdem ist (c) unser Stedtli autofrei - d.h. man geht zu Fuss.
Ich finde es fast unmöglich, durch die Stadt oder in die Supermärkte oder in die Cafés zu gehen, ohne (!) jemanden aus der Kirche zu treffen. Oder ohne andere öffentliche Personen (Lehrerinnen, Ärzte etc ..) zu treffen.
Veröffentlicht von: @vigilWas bist du das letzte Mal deine Pfarrerin, deinen Pfarrer außerhalb der Diensträume Kirche, Gemeindehaus und Pfarrbüro begegnet?
Wieso Pfarrerin/Pfarrer?
Haben wir als Christen nicht alle eine göttliche Berufung, um unserem Herrn zu dienen? Deshalb sind wir auch nach unserer Neugeburt noch auf der Erde, um das Reich Gottes auszubreiten. Gerade Corona erinnert uns daran, dass Paulus sagte, dass wir die Zeit auskaufen sollen, die uns noch bleibt, bis Jesus wiederkommt, um noch möglichst viele Menschen mit dem Evangelium zu erreichen.
Tun wir das aus Liebe und im Gehorsam zu unserem HERRN?!
LG.
Clay
Hallo Vigil
Gutes Thema!
Veröffentlicht von: @vigilNee, früher normal und üblich. Und früher ist erst 40, 50 Jahre her.
Da lebte die kirchliche Gemeinde alleine schon und auch durch die Präsenz von Pfarrerin und Pfarrer im Alltagsleben der Zivilgemeinde.
Ich habe das auch noch so erlebt. Früher waren Feste, die von der Kirchgemeinde organisiert wurden gleichzeitig kleine Dorffeste.
Veröffentlicht von: @vigilWas bist du das letzte Mal deine Pfarrerin, deinen Pfarrer außerhalb der Diensträume Kirche, Gemeindehaus und Pfarrbüro begegnet?
Während meiner Schulzeit begegnete ich manchmal meinem damaligen Pfarrer auf dem Radweg, da er oft mit dem Fahrrad unterwegs war.
Aber seither: noch nie! Ich bin wirklich noch nie einem Pfarrer, den ich kannte zufälligerweise begegnet.
War früher alles besser? Woran liegt's?
Veröffentlicht von: @tamaroIch habe das auch noch so erlebt. Früher waren Feste, die von der Kirchgemeinde organisiert wurden gleichzeitig kleine Dorffeste.
Hier wird das grade wieder so.
Aber, mal weg von meinem direkten Umfeld. Eine Kollegin bat mich vor vielleicht fünf Jahren, zur Silberhochzeit ihrer Eltern (in der Altmark, da, wo ein 14tel-Pfarrer Alltag ist) Musik zu machen im Festgottesdienst, zusätzlich zum Organisten. Mein Instrument braucht eine Weile, bis es nach dem Transport wieder spielbar ist, ich hatte mich also 2 Stunden vor dem Gottesdienst angemeldet und durfte in die Kirche. Um die Kirche rum der Friedhof: Auf Hochglanz poliert, die Gräber frisch gejätet, die Wege ohne jedes Kräutlein und mit Muster geharkt. Ich war ein paar Minuten drin, kam der erste Nachbar: "Wer sind Sie, was machen Sie in UNSERER(!) Kirche?!" - "Ich soll Musik machen, ich darf mich vorbereiten, ist mit Frau X abgesprochen." - "Soso, ok, ja, gut, schönschön." - "Sind Sie hier Küster oder Kirchenältester oder so?" - "Neinnein! Ich bin nichtmal in der Kirche. Aber ich wohne nebenan, und das ist ja nun UNSERE Kirche, und WIR haben sie ganz frisch renoviert, und die Bank hier [klopft auf eine Holzbank] hab ich renovieren lassen! Wollte nur mal gucken, wer da in UNSERER Kirche ist! Dann bis nachher." Sprach's und verschwand.
Ich habe fast wortgleiche Gespräche noch drei Mal geführt, und eine mit einem tatsächlichen Gemeindemitglied. Und draußen harkte jemand regelmäßig nach - und sprach dabei mit mindestens vier Leuten, die wissen wollten, wer denn da in IHRER Kirche ist.
Die Kirche war rappel-rammelvoll. Alle waren da, das ganze Dorf und natürlich auswärtige Gäste. Und es war völlig egal, dass die Gemeinde (ich hab hinterher nachgefragt) nur aus 35 offiziellen Kirchenmitgliedern bestand.
Es hat offenbar nicht notwendigerweise was mit "früher" zu tun. Vielleicht hat es mit uns zu tun. Vielleicht auch mit der Umgebung, in der wir leben. Ich arbeite sehr zentral, wohne am dörflichen Stadtrand, kaufe auch mal (nicht ganz) am anderen Ende der Stadt ein, besuche kulturelle Veranstaltungen, auch solche, die von Kirchens organisert werden. Nicht nur bei letzteren treffe ich immer wieder mal Pfarrer. "Meinen" Pfarrer allerdings treffe ich tatsächlich selten "zufällig". 😉
Veröffentlicht von: @lubovWar früher alles besser?
Das hatte ich nicht geschrieben und würde ich auch nicht so sagen.
Früher war vieles anders. Ob das auch besser war oder nicht, bleibt jedem selber überlassen, wie er das betrachten will.
Veröffentlicht von: @lubovWoran liegt's?
Ein wichtiger Grund ist sicher der, dass das Dorfleben heutzutage eine andere Gestalt angenommen hat als früher. Viele Dörfer sind zu Schlafstädten geworden, oftmals leben die Menschen nicht mehr dort wo sie wohnen und umgekehrt. Das betrifft insbesondere Dörfer in Stadtnähe.
mixed economy
Veröffentlicht von: @tamaroOb das auch besser war oder nicht, bleibt jedem selber überlassen, wie er das betrachten will.
Ich meine es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Pfarramt zu verstehen. Ob a) der Pfarrer in der Gemeinde leben muss, alle kennet, viele Besuche macht, im dörflichen Leben engagiert ist. Oder ob er b) das nicht macht und seinen Dienst anders gestaltet.
Am besten ist meiner Meinung nach eine "Mischung" von beidem. Verschiedene Amtsverständnisse haben nebeneinander Platz. Es braucht so ne und solche 😊
Faktisch ist es aber so, dass Gemeinden in vielen Regionen gar keine Möglichkeit haben, das zu reflektieren. Sie sind mit den Gegebenheiten (z.B. ein Pfarrer für 12 Dörfer) konfrontiert.
Darum finde ich das zukunftsweisend, dass sich Gemeinden - wie die von lubov genannte - selbständig machen. Und sich nicht abhängig machen vom real existierenden Pfarramt und seinen Möglichkeiten.