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Augustinus - ein schlechter Kirchenvater?

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GoodFruit
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Hallo Community,

ich bin grade über eine Auseinandersetzung mit calvinistischen Inhalten auf Augustinus gestoßen.

Augustinus wird 354 als Augustinus von Hippo in Nordafrika geboren. Er hat eine christliche Mutter und einen heidnischen Vater. Er lebt seine Jugend ohne Gottesbezug, lebt in "wilder Ehe" und macht wohl so einiges an sexuellen Erfahrungen, die ihn dann später dazu verleiten, massiv gegen Sexualität zu predigen. Mich erinnert das an den Kaiser Augustus, der in sexuell wilden Zeiten es als Kaiser in Rom besonders wild treibt und dann extrem restriktive Ehegesetze erlässt, die durch ein Spitzelsystem überwacht werden und so den römischen Staat zum Terrorstaat, der sich vom Gut seiner Opfer schöne Tempel baut, werden lässt.

Augustinus kommt über ein Rhetorikstudium zur Philosophie und schließlich zur gnostischen Sekte der Manichäer und dann aber zum Christentum.

Hier eine nette und leicht zu lesende Darstellung des Lebenslaufs des Augustinus:

http://theologie-kompakt.de/beitrag/augustinus/

Am Ende seines Lebens wird er die Theologie in Europa maßgeblich geprägt haben und zahlreiche Lehren installiert haben, die im Licht der Bibel fraglich scheinen und die Theologie und das, was wir heute glauben, aber stark geprägt haben. Er hat auch den Orden der Augustiner gegründet.

Weshalb ich auf Augustins gestoßen bin, war eine aktuelle Auseinandersetzung mit der Thematik der Prädestination.

Hier ein kurzes Video dazu von Roger Liebi, evangelikaler Theologe, der lange an der theologischen Hochschule in Basel gelehrt hat:

https://www.youtube.com/watch?v=gUE9_UDOvjQ

Roger Liebi stellt hier vor allem die Dissertation von Ken Wilson vor, die in Deutschland als Buch unter dem Titel: "War Augustin der erste Calvinist?" erhältlich ist. Wilson hat sämtliche Schriften Augustins in zeitliche Reihenfolge sortiert und so eine Art geistlichen Lebenslauf des Kirchenvaters erstellt. Dabei stellt Wilson einen Bruch in der Lehre des Augustinus fest, bei dem es zu einem Rückfall in die Lehren der gnostischen Manichäer und philosophisch geprägter Theologie kommt. Hier findet sich dann eine Hinwendung zur Lehre einer totalen Prädestination - also jener Lehre, nach der Menschen mehr oder weniger Marionetten Gottes sind und die dann sogar zu Auswüchsen führt, dass Menschen als Gerettete oder Verlorene abgeurteilt und entsprechend behandelt werden. Das führt dann zu einem Fassadenchristentum und einer Angst als gescheiterter Christ zu gelten. Verbreitet hat diese Lehre in jüngerer Zeit insbesondere Calvin, der aber als Augustinusexperte seine Lehre von Augustinus und damit letztendlich von den Manichäern übernommen hat.

Damit hätten wir das Problemfeld "Prädestinationslehre" mit Augustinus als Theologe, der sie in die christliche Theologie eingeschleust und stark gemacht hat.

Weitere Themen sind:

Verwendung von Allegorien zum Verständnis der Schrift.

Viele seiner Lehren saugt Augustinus aus Allegorien, die er quasi zwischen den Zeilen der Bibeltexte liest bzw. Bilder, die er aus Bibeltexten herauszieht und dann auf anderen Kontext überträgt. Dies ist eine in der Philosophie bekannte Technik, die bis dahin in der Theologie nicht so Anwendung fand. Die Bibel wird nicht mehr wörtlich genommen, sondern im übertragenen Sinne - und um diesen übertragenen Sinn verstehen oder überhaupt erst erkennen zu können, bedarf es philosophischer Ausbildung - das war also nichts mehr für Laien.

Hier ein Artikel, der beispielhaft zeigt, wie Augustinus die Schöpfungsgeschichte geistlich - als Abbild heilsgeschichtlicher Prozesse (Jüngerschaft) umdeutet und wie sich dieses Bild im Laufe des Lebens des Augustinus verändert:

https://www.evangelium21.net/media/873/augustinus-und-der-buchstaebliche-adam

Hier ein mehr genereller Aufsatz zum Thema:

https://www.vision.org/de/die-schatten-des-augustinus-959

Überhaupt ist Augustinus stark von Philosophen wie Plotin geprägt. Er vertritt eine neuplatonische Sicht, die auf der einen Seite eine starke Veränderung auf die Sicht auf das Wort Gottes mitbrachte, auf der anderen Seite aber auch schon eine Art Sollbruchstelle mit dem aufkommenden naturwissenschaftlichen Denken vorbereitete. Denn davon hielt Augustinus nicht besonders viel - aus der zuletzt zitierten Schrift:

Augustinus hinterließ der Kirche ein Weltbild, das sein Wissen über die materielle Welt aus der allegorischen Deutung von Bibelstellen gewinnen wollte, die nicht für diesen Zweck geschrieben waren. Der Prozess Galileis illustriert dies. Die Kirche stufte sein Konzept des Universums als Irrlehre ein.

Philosophisch zu deuten ist auch Augustins Ablehnung des Sexuellen:

Augustinus' Ansichten über Sex waren durch Vorstellungen außerhalb der Bibel verzerrt. Weil in der Philosophie so vieles auf dem Dualismus beruhte, in dem das Körperliche als böse und das Geistige als gut bewertet wurde, idealisierten manche Philosophen die Ehelosigkeit. Sexuelle Beziehungen waren körperlich und somit böse. (auch aus dem Aufsatz bei vision.org)

Damit werden dann auch gleich die Herkunft vieler problematischer Haltungen der Kirchen der letzten Jahrhunderte deutlich.

Augustinus philosophische Sicht bescherte uns auch die Lehre von der Erbsünde und damit der Notwendigkeit, bei Maria eine unbefleckte Empfängnis anzunehmen:

Man ging zum Beispiel davon aus, Jesus sei unbefleckt empfangen worden - ohne Sünde, da sein Vater Gott war. Da aber seine Mutter Maria einen menschlichen Vater hatte, war sie von der Erbsünde betroffen. Um Jesus Christus nun als perfekten Nachkommen zu präsentieren, der von keinem Elternteil Sünde geerbt hatte, musste die Kirche einen Weg finden, Maria als sündenfrei zu bezeichnen. Das tat sie mit der Lehre der unbefleckten Empfängnis, obwohl dies unausweichlich weitere Fragen aufwirft.

[...]

Augustinus' Fehldeutung der Sünde beruht darauf, dass er die Bibel durch das Prisma des Dualismus las - und wird tragischerweise von den meisten zeitgenössischen Theologen als Dogma akzeptiert. Die Lehre der Erbsünde hat mehr mit Augustinus' Wunsch zu tun, den Philosophen nachzueifern, als mit der Heiligen Schrift.

Augustinus haben wir die Kindertaufe als Standard zu verdanken (die es bis dahin wohl nur als Nottaufe gab). Denn wenn es Erbsünde - eine Lehre, die Augustinus aus seinen philosophischen Betrachtungen der Bibel generierte - gab, dann musste die ja abgewaschen werden, damit das Kind nicht in die Verdammnis kam. Ob die Kinder, die Jesus zu sich rief, als er den Umstehenden erklärte, dass den Kindern das Himmelreich gehöre, getauft waren?

Augustinus prägte auch wohl die Vorstellungen von der Hölle, die dann die geistliche Welt im Mittelalter mit Angst besetzte.

Es scheint mir, dass so gut wie alle Thematiken, die heute Gemeinden trennen und uns den Leib Christi in einer Vielfalt gebracht haben, der mir nicht gut erscheint, von Augustinus eingeführt wurden.

Ich schreibe dies alles nicht, um Augustinus dafür zu verurteilen, sondern weil ich es für wichtig erachte, dass man einfach mal schaut, woher die einen oder anderen Ansichten kommen, die heute große Probleme für die Einheit des Leibes Christi darstellen.

Wie Paulus vom Pharisäertum geprägt war, weil dies seine Ausbildung war, so ist Augustinus vom philosophischen Denken geprägt, dass sich oft krass vom hebräischen Denken unterscheidet.

Was Augustinus in meinen Augen ehrt, das ist der Umstand, dass er fähig war, Irrtümer einzugestehen und Ansichten zu verändern. Dass er dabei dann auf die Ansichten einer gnostischen Sekten zurückfiel, muss wohl als tragisch betrachtet werden.

Augustinus hatte es sicher nicht leicht. Die philosophische Sicht der Dinge war in jenen Jahren "in" und vermutlich musste die Kirche da irgendwie reagieren. Augustinus hatte sich mit Lehren aller möglichen Art auseinanderzusetzen und in einem höchst breit gefächerten Feld an Ansichten zu argumentieren.

Zu beachten ist auch noch der historische Kontext, in dem Augustinus lebte. Das römische Reich befand sich im Zustand des Verfalls. Das war insofern problematisch, als das Christentum ja nach Kaiser Konstantin römische Staatsreligion geworden war und eng mit dem römischen Reich verknüpft war. Wenn Konstantin eine erste Welle unguter geistlicher Verformungen in die christliche Welt brachte - mit den von ihm verordneten brachte (Liturgie und Gebäude der Gottesdienste den Krönungsfeiern für römische Kaiser nachempfunden, Talare sind im Grunde genommen Dienstkleidung römischer Beamter, "Eingemeindung" von heidnischen Bräuchen mit christlicher Umwidmung ...), so war es Augustinus, der mit seinen philosophischen Ansätzen biblische Inhalte verformte und Lehren aufbrachte, die wir wohl biblisch als Irrlehren betrachten müssen. Den nächsten großen Schritt der Verformung (wenn wir mal die Krisenzeiten des Papsttums mit seinen weltlichen Verfremdungen und Allmachtsphantasien ausklammern), dann kommt die nächste große Welle der Verfälschung erst bei Bultmann und seinem Ansatz der Entmystifizierung der Bibel.

Aber wir waren ja beim historischen Verdienst des Augustinus - und der ist nicht unterzubewerten. Augustinus hat das Christentum aus einem untergehenden römischen Reich herausgerettet:

https://www.deutschlandfunk.de/augustinus-vater-der-abendlaendischen-theologie-der-fall-100.html

Augustinus war sich gegen Ende seines Lebens wohl bewusst, dass er theologisch so einigen Unfug von sich gegeben hatte. Er versuchte in seinem Werk "Retractiones" viele Ansichten zu revidieren und so den Schaden zu begrenzen. Dass er dazu fähig war, zeichnet ihn als verantwortungsvollen Denker aus. Viel Erfolg hatte sein Rückruf aber wohl nicht. Seine Ansichten prägten das Christentum über die Jahrhunderte - und da sie oft vom Evangelium wegführten, leider nicht in positiver Hinsicht.

Ich wollte das einfach mal zusammenstellen, weil mir die Tragweite der Person des Augustinus erst grade jetzt bewusst geworden ist.

Wenn ich da Irrtümern aufgesessen bin, dann korrigiert mich bitte. Und wenn Euch noch Aspekte bekannt sind, mit denen Augustinus die Kirchengeschichte und die Thologie geprägt hat, dann schreibt das bitte auch.

Wichtig finde ich auch, wie wir als Christen aus der Nummer wieder raus kommen. Denn die Reformation hat ja von den Abwegen der römische katholischen Kirche jener Jahre zurückgeführt - aber eher auf den Status Quo des Augustinus hin als wie auf das wahre Fundament, das Eveangelium zu.

Liebe Grüße,

GoodFruit

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Die Tatsache das wir heute mehr Originaltexte und zeitgenössische Literatur aus dem 1Jhr vChr bis 1Jhr nChr haben. Als dies die Kirchenväter der Frühkirche hatten, sollte uns zu denken, geben, wenn es um die Bewertung derer Aussagen geht.

Stimmt - und sas trifft ganz genauso auch auf die Schriften bzw. die Bibel-Übersetzung von Luther zu. 

 

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Kappa
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@goodfruit Guten Abend. Ich glaube du machst bei der Betrachtung den Fehler, Protestantische Vorgehensweise der Neuzeit mit einem Kirchenvater in Verbindung zu bringen.

Es gab damals Sola Scriptura nicht in der Form bzw.wurde so nicht angewendet. Dafür gab es die Instanz/Selbstverständnis der Kirche und Traditionen . Ich glaube die heiligen Schriften selbst waren damals noch gar nicht im Canon festgelegt , vielleicht täusche ich mich hier jetzt.

Was ich sagen will - Man kann nicht Äpfel mit Birnen kritisieren.

 

Grüße Eddie 

 

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Helmut-WK
(@hkmwk)
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@kappa 

Ich glaube die heiligen Schriften selbst waren damals noch gar nicht im Canon festgelegt

Doch, die Diskussion um strittige Bücher endete ungefähr dann, als Augustinus geboren wurde. Außer evtl. der Offenbarung stand damit der Kanon des NTs fest. beim AT gabs die Frage, wie es um die Bücher steht, die zur LXX (deren Grenze auch nicht ganz scharf war), aber nicht zum jüdischen Tenakh gehören. Die war noch offen, und ist endgültig erst in der Reformationszeit beantwortet (von Calvinisten anders als von der rkk, Luther hatte noch eine etwas vermittelnde Position).

Ich glaube du machst bei der Betrachtung den Fehler, Protestantische Vorgehensweise der Neuzeit mit einem Kirchenvater in Verbindung zu bringen.

Völlig abwegig ist das nicht, schließlich war Luther Augustinermönch. Aber das allein reicht natürlich noch nicht aus, um von Augustinus auf heute zu schließen …

hkmwk antworten
Kappa
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Was soll das wahre Evangelium denn deiner Meinung nach sein? Die Auslegung der Schrift die zufällig gerade modern ist? Aber wenn man 35.000 verschiedene Glaubensdenominationen zur Auswahl hat, viel Freude beim prüfen. Natürlich kann man auch Paulus permanente Mahnungen zur Einheit komplett aussen vor lassen und davon ausgehen, daß dieses Chaos Gottes Wille wäre, dann stellt sich das Problem nicht.

 

Es wird hier vermutet, daß Augustinus weniger Schriften zur Auswahl hatte. Aber man vergisst, daß er von den ersten Aposteln sehr viel weniger entfernt war, als Luther oder gar wir heute. Dann hatte Augustinus im Gegenzug vielleicht noch Schriften und Zeugnisse zur Auswahl, die wir heute nicht mehr haben. 

Etwas ärgerliche Grüße, das merke ich gerade selber,

 

Eddie 

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GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

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@kappa 

Was soll das wahre Evangelium denn deiner Meinung nach sein?

Das ist für mich die Lehre Jesu - und die finden wir in erster Linie in den 4 Evangelien und dann noch vielleicht in der Apostelgeschichte als Bericht, wie praktisch gelebtes Evangelium in den ersten Jahren aussah.

Alles, was danach kommt, ist Theologie, ist menschengemachte Lehre, die versucht, Evangelium in den Kontext der alten Schriften einzuordnen und den Menschen bzw. den Gemeinden Hilfestellungen zur Umsetzung zu geben. Allerdings sind diese Schriften dann oft ganz konkret in bestimmte Situationen hineingeschrieben und man muss sehr vorsichtig damit sein, wenn man sie verallgemeinern will.

Als Augustinus seine Schriften verfasst, sind wir schon weit weg von den Gemeinden der ersten Jahre, dem Leben, das uns in der Apostelgeschichte begegnet und leider vielleicht sogar der Intention Jesu.

Das Christentum hatte sich von seinen jüdischen Wurzeln distanziert, man war Staatsreligion von einem Staat geworden, der am Zerbrechen war und drohte nun mit diesem Staat unterzugehen. Der Name Augustinus bedeutet "zu Augustin" - vielleicht sogar zu Augustus gehörend. Mein Eindruck ist der, dass Augustinus nicht nur die Rettung des Christentums, sondern auch der Werte des römischen Staates wichtig war - und da vielleicht insbesondere auch der Strukturen, mit denen sich Macht ausüben ließ. Vielleicht hat er so eine Moral durch die Zeit gebracht, die die Ehegesetze des Augustinus zu einem moralischen Standard machten. Man begründete da jetzt also etwas biblisch, was in der Form nur widerbiblisch zu verstehen war und dem Machterhalten eines Diktators galt, der sich selber in der Position eines Gottes sah. Anders kann ich jedenfalls die Sittenlehre des Augustinus nicht einordnen.

Ich finde es interessant, dass die philosophische Würdigung der Werke des Augustinus zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt wie ich, dem diese Sicht bisher nicht bekannt war.

Schau mal auf den Wikipedia Beitrag zum Augustinismus:

https://www.wikiwand.com/de/Augustinismus

Das Evangelium war in die Mühlen verschiedener philosophischer Strömungen geraten, die es alle in der ihr eigenen Art interpretierten. Hier versuchte Augustinus einen klaren Kurs vorzugeben, der die Lehre der Kirche auf Jahrhunderte bestimmen sollte. Das Problem war aber, dass auch Augustinus selber philosophisch geprägt war. Er war nicht in dem jüdischen Kontext Jesu aufgewachsen und das Bild von zu erwartenden Messias hatte er nicht geistlich in diesem Sinne verinnerlicht. Dafür war er vom Denken her stark griechisch geprägt und die Zeit in der Geheimsekte, die einen ausgeprägt strengen asketischen Lebensstil prägte und wohl einen Zugang zu mächtigen Menschen ermöglichte (darüber ist er in die Position gekommen, von der aus er seine Schriften auch mit dem Gewicht veröffentlichen konnte) hat ein übriges getan, um aus einem Weg der Liebe, der Achtung von Gott, sich selber und dem Nächsten einen Weg der Selbstverachtung, der Selbstmarter, der Entsagung zu machen.

Ich kann sonst nicht so viel mit Sloterdijk anfangen, aber hier trifft er vielleicht ins Schware (Zitat aus oben verlinktem Wikipedia Artikel zum Augustinismus:

Der Philosoph Peter Sloterdijk pointierte, dass das Phänomen Augustinus „ideen- und mentalitätsgeschichtlich schicksalhaft“ geworden sei, „weil durch ihn der bewegendste Gedanke der alten Welt, Platons Deutung der Liebe als Heimweh nach dem präexistentiell intuierten Guten, einer folgenreichen, verdüsterenden Neudeutung, ja einer Umkehrung unterworfen wurde“. Und er fügte hinzu: „Augustinus hat die Schleusen geöffnet, durch die seither primärmasochistische Energien ins europäische Denken einströmen; er hat – mit einer Radikalität, die ihn geradezu in den Rang einer höheren Gewalt erhob – das menschlich Unheilbare zum Hauptmotiv seiner Wirklichkeitsdeutung erhoben“.

Da stehen wir jetzt - und das Problem ist, dass so gut wie die gesamte Kirche dort steht, denn Augustinus agierte an einem Flaschenhals der Kirchengeschichte, der zeitlich noch vor den großen Aufspaltungen sich ereignete.

Vor diesem Hintergrund sehe ich meinen Beitrag bzw. meine Beiträge hier auf Jesus.de - in der Hoffnung den Weg zurück zum Evangelium zu finden, wie Jesus es gepredigt hat und in der Macht, die Jesus uns im Bekenntnis und im Bundesmahl in unsere Hand gegeben hat. All dieses gigantische Potenzial scheint mir von Augustinus in Ketten gelegt zu sein. Die Kirche scheint mehr zu verurteilen, mehr in Ketten zulegen als wie zu befreien und den Gläubigen geistlich zu großen Taten zu ermächtigen.

goodfruit antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

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@goodfruit 

Der Name Augustinus bedeutet "zu Augustin"

Nö. »Augustin« ist Augustinus ohne die grammatische Endung, also die deutsche Version von lateinisch Augustinus. Augustin(us) bedeutet »kleiner August(us)«. Ach ja: Der August ist nach jenem Kaiser benannt, der in diesem Monat geboren und gestorben ist (natürlich nicht im gleichen Jahr 😉 ), vorher hieß der Monat Sextil (und hatte 30 Tage, aber das wurde natürlich korrigiert, damit der verstorbene Caesar einen langen Monat hat).

Vielleicht hat er so eine Moral durch die Zeit gebracht, die die Ehegesetze des Augustinus zu einem moralischen Standard machten.

Augustinus hat keine Ehegesetze erlassen, meinst du Augustus? Der hat sviw nur die schon bestehende römische Moral in Gesetz gegossen, weil sie immer weniger beachtet wurde. Und die Ähnlichkeit zur biblischen Moral (z.B. nur ein Ehepartner als Ideal für den Mann) sind immerhin so groß, dass ich nicht entscheiden kann, ob Augustinus in seiner Moral irgendwas woanders als aus der Bibel genommen hat. Aber vielleicht kenne ich seine spezielle Moral zu wenig?

Schau mal auf den Wikipedia Beitrag zum Augustinismus

Dann verlinke bitte auch wikipedia und nicht wikiwand. Auch wenn da inhaltlich das gleiche steht: Die Zusatzlast an Scripten etc. ist doch verschieden. - Danke für dein Verständnis.

Ich lese da u.a.:

Schon kurz nach dem Tod von Augustinus setzte eine „Verzettelung“ hinsichtlich der Rezeption seiner Schriften ein, die dazu führte, dass seine Denkweisen nur bruchstückhaft an die christlichen Denker des Mittelalters vermittelt wurden. So wurden in die erkenntnistheoretische Diskussion und in der Frage um den ontologischen Gottesbeweis lediglich die frühen Schriften von Augustinus aufgenommen. Gleichsam interessierten sich die Denker des Mittelalters für die politischen Aspekte der Schriften von Augustinus. Das Hauptaugenmerk des „politischen Augustinismus“ richtete sich dabei auf dessen Werk über den Gottesstaat (De civitate Dei).

Augustinismus ist also nicht gleich Agustinus!

denn Augustinus agierte an einem Flaschenhals der Kirchengeschichte, der zeitlich noch vor den großen Aufspaltungen sich ereignete.

Da agierten noch Andere, nicht alles geht auf Augustinus zurück. Aber ich bin jetzt auch nicht der Experte, der entscheiden kann, wie weit Sloterdijks Aussagen zutreffen.

Die Kirche scheint mehr zu verurteilen

Welche Kirche meinst du?

den Weg zurück zum Evangelium zu finden, wie Jesus es gepredigt hat

Du meinst zu so was wie

Mt 5,28 Ich aber sage euch: Jeder, der eine Frau mit begehrlichem Blick ansieht, hat damit in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. 29 Wenn du durch dein rechtes Auge zu Fall kommst, dann reiß es aus und wirf es weg! Es ist besser, du verlierst eines deiner Glieder, als dass du mit unversehrtem Körper in die Hölle geworfen wirst. 30 Und wenn du durch deine rechte Hand zu Fall kommst, dann hau sie ab und wirf sie weg! Es ist besser, du verlierst eines deiner Glieder, als dass du mit unversehrtem Körper in die Hölle kommst.

Möglicherweise habe ich damit eins deiner Klischees zerstört - aber vielleicht habe ich dich ja auch missverstanden …

hkmwk antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2620

@hkmwk:

Mt 5,28 Ich aber sage euch: Jeder, der eine Frau mit begehrlichem Blick ansieht, hat damit in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. 29 Wenn du durch dein rechtes Auge zu Fall kommst, dann reiß es aus und wirf es weg! Es ist besser, du verlierst eines deiner Glieder, als dass du mit unversehrtem Körper in die Hölle geworfen wirst. 30 Und wenn du durch deine rechte Hand zu Fall kommst, dann hau sie ab und wirf sie weg! Es ist besser, du verlierst eines deiner Glieder, als dass du mit unversehrtem Körper in die Hölle kommst.

Möglicherweise habe ich damit eins deiner Klischees zerstört - aber vielleicht habe ich dich ja auch missverstanden …

Wie ist dieser Text zu verstehen? Ist das Evangelium? Ist das eine Konsequenz von Augustus Ehegesetzen?

Die Ehegesetze des Augustus waren ziemlich hart - und vor allem in der Bestrafung. In der breiten Bevölkerung waren sie wohl einigermaßen wirkungslos. Aber sie hatten einen anderen Effekt und vielleicht auch eine andere Intention: Mit den Ehegesetzen wurde der Berufsspitzel (Delator) erfunden. Der wurde vom eingezogenen Vermögen des Überführten bezahlt - ein Viertel davon fiel ihm zu. Und so war es dann natürlich in erster Linie lukrativ, reiche Emporkömmlinge zu überführen. Auf diesem Wege konnte sich die herrschende Elite vor eben solchen Emporkömmlingen schützen. Klar, dass auch Menschen, die sozial auffällig waren, vielleicht auch, weil sie einem gewissen Jesus folgten, gerne mal Ziel von solchen Delatoren wurden. Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass Jesus hier die Menschen auch vor dieser Gefahr warnt. Ich favorisiere diese Sicht, da der bloße Blick im jüdischen Kontext wohl kaum für eine Verurteilung ausgereicht hätte und es auch biblisch nicht als Prinzip Gottes zu finden ist, eine Straftat noch bevor sie wirklich begangen wird zu verurteilen.

Die andere Sache ist die, dass Jesus in diesem Text auf die Konsequenz der Sünde im geistigen Kontext hinweist - und anhand einiger Beispiele deutlich macht, dass ein Mensch aus sich heraus niemals sündfrei werden kann und daher immer für das Himmelreich verloren ist. Jesus spricht hier nicht von den Verhältnissen unter dem neuen Bund, sondern er macht das Verlorensein im alten Bund deutlich.

Spätestens die Geschichte, wo Jesus aufgefordert wird, eine Ehebrecherin zu verurteilen und wo er auffordert, dass der, der ohne Sünde ist, den ersten Stein werfen soll, macht deutlich, wie Himmelreich funktioniert: es ist das ein Reich der Liebe, der Vergebung und der Gnade. Das bedeutet nicht, dass Sünde gutgeheißen wird - aber sie hat ihre schädigende Dimension verloren, weil Jesus die Konsequenzen trägt.

Von welchem Klischee sprichst Du? Glaubtest Du im Ernst, dass ein Christ sich ein Auge ausreißen sollte, wenn er mal einen Fehltritt getan hat? Wenn dem so wäre, dann hätte Augustinus & Co. ganze Arbeit geleistet!

Augustinus lebte ja gegen Ende des römischen Reiches. Die Ehegesetze wurden erst 514 n. Chr. aufgehoben und damit ungültig. Für ihn war das Leben in einem Terrorstaat mit Delatoren etc. Normalität. Vor diesem Hintergrund wird mir dann auch verständlich, warum es seinerzeit so schwer war, das Evangelium von seiner befreienden Kraft und revolutionären Veränderung der geistigen Verhältnisse überhaupt verstehen zu können. Jeder ist irgendwie Kind seiner Zeit. Und wer sich der Bibel naht und dies in einem Kontext tut, der über Jahrhunderte Gottes Wort für politische Unterdrückung missbraucht hat, der hat es schwer, das Evangelium in seiner eigentlichen Bedeutung zu erfassen.

Glaubst Du, dass für Augustinus Gott sein Papa war? Ich weiß es nicht. Aber ich kann es mir nur schwer vorstellen, wie unter einer Theologie, bei der die Akzeptanz durch Leistung erworben werden muss (und das war ja Augustinus Haltung in seinen späten Jahren und vermutlich die Wurzel des Calvinismus), ein Mensch sich Gott als seinem liebenden Vater naht. Damit ist dann aber das Fundament für Himmelreich zerstört.

goodfruit antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

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@goodfruit 

Wie ist dieser Text zu verstehen?

Bei Juden gibt es den Ausdruck »einen Zaun um die Thora ziehen«, womit gemeint ist, alle Zweifelsfälle zu verbieten. Die strikte Trennung von milchiger und fleischiger Speisen ist im Grunde nur ein Zaun (oder gar mehrere Zäune) um das Gebot »du sollst das Böcklein nicht kochen im Milch seiner Mutter«.

Jesus zieht aber einen ganz anderen »Zaun« als die Schriftgelehrten. Nicht formal, sondern inhaltlich.

Ich favorisiere diese Sicht, da der bloße Blick im jüdischen Kontext wohl kaum für eine Verurteilung ausgereicht hätte

Nein, aber wie gesagt: Ein Zaum umfasst auch das Vorfeld. Kann ein Ei mit Kuhmilch eine Verletzung des Gebots sein? Nein, aber es könnte ja sein, dass … und mit der Konstruktion ist es stufenweise zu der jetzigen jüdischen Vorschrift gekommen. Denn wenn man erst aus Vorsicht Milch und Fleisch trennt, dann ist es irgendwann auch logisch, durch getrenntes Geschirr dafür zu sorgen, dass auch kein Fleischmolekül zum Milchigen kommt und umgekehrt.

Analog: Der begehrliche Blick kann zu Ehebruch führen …

Jesus spricht hier nicht von den Verhältnissen unter dem neuen Bund, sondern er macht das Verlorensein im alten Bund deutlich.

Stimmt.

Aber das völlig auf »da siehst du dass du Jesu brauchst, im Übrigen kannst du das jetzt getrost vergessen« sollte man das auch nicht reduzieren!

Glaubst Du, dass für Augustinus Gott sein Papa war? Ich weiß es nicht.

Ich auch nicht, und ich weiß weniger über Augustin als du.

hkmwk antworten
Kappa
 Kappa
(@kappa)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 246

@goodfruit, schau Du verweist auf die 4 Evangelien. Bist Du in der Lage daraus eine Hieb und Stichfeste "Bedienungsanleitung" zu machen ? Was ist dann wieder mit den ganzen Briefen?

Es gibt zum Beispiel Passagen, die Schreiben den Nicht-Juden nur 4 Dinge vor als Gesetze, im Gegensatz zu den Juden Christen. Ist das heute auch noch relevant ? Was ist nun mit der Bergpredigt oder den 10 Geboten? Was sagst du, wenn jemand als Jude der an Christus glaubt, bewußt sich nicht an alles halten möchte, verliert er sein Heil dann oder nicht ? 

Man könnte viele solcher Fragen stellen. Das soll jetzt keine Angabe oder Prahlerei sein! Ich habe zur Zeit wo ich zum Glauben gekommen bin, mehrmals das alte und Zig Mal das neue gelesen. Trotzdem bin ich an den verschiedenen Auslegungen verzweifelt. Jede Lehrmeinung hat irgendwie ihre Bibelstellen.

 

Viele Jahre später habe ich gemerkt das die Bibel oder besser das neue Testament einfach keine "Bedienungsanleitung" ist. Es fehlten wichtige Elemente. Das Lehramt, die Tradition, die "Schlüssel" welche Paulus übergeben wurden. Binde und Lösegewalt. Die muss nunmal in einer Hand sein. Sonst kommt Chaos heraus. 

 

Deshalb glaube ich auch nicht das die Apostel oder Kirche vom Tag 1 an alles Wissen hatten. Es ist ein Prozess gewesen. Das Evangelium ist natürlich die Geschichte Jesu. Die korrekte Auslegung aber findet sich in der überlieferten Lehre der Apostel wieder.

 

Viele Grüße, Eddie 

 

 

kappa antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

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@kappa @goodfruit, schau Du verweist auf die 4 Evangelien. Bist Du in der Lage daraus eine Hieb und Stichfeste "Bedienungsanleitung" zu machen ? Was ist dann wieder mit den ganzen Briefen?

Wofür brauchst Du die denn? Es geht doch nicht darum, eingeengt, sich in bestimmten Regelwerken mit klar definierten Grenzen zu bewegen. Es geht vielmehr darum, in eine Beziehung mit dem Herrn zu kommen, mit IHM zu interagieren. Die vielen Geschichten in den Evangelien geben uns Beispiele, was Gott gefällt. Aber es sind das Beispiele und das Leben ist so vielfältig und unsere Aufgabe ist es, den Geist, das Wesen in diesen Geschichten zu erkennen und in diesem Sinne hier auf Erden zu leben. So verstehe ich den Aspekt der Lehre, den Jesus uns gegeben hat.

Das ist der eine Teil - der andere Teil ist die Befreiung, die Jesus uns als der Messias brachte. Dadurch hat er ein Leben, wie er es uns darlegt, überhaupt erst ermöglicht. Wenn ich mir immer erst einmal überlegen müsste, gegen welche Gesetze ich jetzt nicht verstoßen darf, dann wäre ich bei weitem nicht frei genug im Sinne Jesu zu handeln, dann könnte ich nicht einfach so Nächstenliebe üben oder deutlich Lieblosigkeit ablehnen. Weil, dann dürfte ich keine Fehler machen, ohne nicht den Ballast von Schuld mit mir rumzuschleppen.

Es gibt zum Beispiel Passagen, die Schreiben den Nicht-Juden nur 4 Dinge vor als Gesetze, im Gegensatz zu den Juden Christen. Ist das heute auch noch relevant ?

Das steht in der Apostelgeschichte, die ich neben den 4 Evangelien für sehr wichtig halte. Hier wird uns christliches Leben der ersten Jahre vermittelt - das ist etwas, wo man anknüpfen kann.

Was ist nun mit der Bergpredigt oder den 10 Geboten?

Schön, dass Du das in einem Atemzug nennst: Die 10 Gebote sind die Hausordnung im Bund des Mose - die Bergpredigt ist die Hausordnung im neuen Bund.

Was sagst du, wenn jemand als Jude der an Christus glaubt, bewußt sich nicht an alles halten möchte, verliert er sein Heil dann oder nicht ?

Da sind wir dann bei der Frage des Götzenopferfleisches. Paulus gibt uns die Antwort. Ja, die Briefe sind nicht nutzlos - aber ich sehe da schon eine gewisse Hierarchie in der Bedeutung für mich. Je näher ein Text dran ist an Jesus selbst, umso wichtiger ist er mir.

Trotzdem bin ich an den verschiedenen Auslegungen verzweifelt. Jede Lehrmeinung hat irgendwie ihre Bibelstellen.

Von daher sind theologische Lehrmeinungen vielleicht intellektuell interessant - aber für die Nachfolge nicht so bedeutend. Unser wichtigster Lehrer ist der Heilige Geist. Er öffnet uns die Augen und er gibt uns das Verständnis für Gottes Wort. Oft habe ich schon auf einmal Bibelstellen aus einer Perspektive gezeigt bekommen, die ich so noch nie gesehen hatte. Da ist das dann ein wichtiger Impuls für mich. Aber er ist in erster Linie für mich und ich darf das sicher weitererzählen - aber ich sollte es nicht als einzig richtige Sicht auf diese Bibelstelle verkaufen - denn schon morgen kann mir der Herr an genau dieser Bibelstelle etwas ganz anderes deutlich machen. Und jedem anderen natürlich auch.

Viele Jahre später habe ich gemerkt das die Bibel oder besser das neue Testament einfach keine "Bedienungsanleitung" ist. Es fehlten wichtige Elemente

Das einzige, was fehlt, um aus einer Bibelstelle Gottes Wort zu machen, ist die Anleitung des Heiligen Geistes. Da hilft mir Paulus nicht zwangsläufig. Auch die Briefe des Paulus benötigen eine solche Anleitung von oben, damit ich verstehe, was sie mir grad sagen sollen. Was das Besondere bei Paulus ist, das ist sein Wissen um die alten Schriften, um die Hinweise auf den Messias und was da über ihn gesagt wurde. Dem Paulus ist der Groschen gefallen - und er hat es uns weitergesagt. Die ganze heilsgeschichtliche Dimension um das Kreuz wäre uns ohne Paulus nie so deutlich geworden. Allerdings kann Paulus auch nicht so ganz aus seiner Haut und manchmal kommt bei ihm so ein wenig der Pharisäer durch. Aber das Schöne an der Bibel ist ja, dass da echte Menschen agieren - jeder mit seinen Schwächen und seinen Stärken.

Das Evangelium ist natürlich die Geschichte Jesu. Die korrekte Auslegung aber findet sich in der überlieferten Lehre der Apostel wieder.

Sicher helfen da die Apostel sehr. Aber mit dem Verständnis um die heilsgeschichtliche Rolle Christi, wird mir zumindest das Wirken Jesu viel deutlicher und ich habe da neben all dem, was sonst noch in Bibelversen stecken mag, die Grundbedeutung im richtigen Licht.

Hier helfen die Briefe. Aber da, wo sie Hauptinhalt werden und man sich aus den Anweisungen der Apostel den Geist des alten Bundes wieder hineinholt, halte ich es für wichtig, die Worte Jesu zum Zentrum der Ausrichtung zu machen und von dort aus sein Leben zu leben.

goodfruit antworten


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Hab es vom Handy getippt, sorry für die grausige Grammatik ....

kappa antworten
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Helmut-WK
(@hkmwk)
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@kappa 

Verlink mal, worauf sich da bezieht 😉 sonst ist es Sinn-frei.

hkmwk antworten
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Bezüglich den katholischen Dogmen ist es schwer zu Diskutieren, wenn man von anderen Paradigmen ausgeht. 

Die Kirche kennt die Tradition, die Überlieferung. Mal geht davon aus das Jesus nicht direkt das neue Testament, sondern eine bevollmächtigte Ekklesia hinterlassen hat. Diese hat dann 300 Jahre später über die Schriften entschieden.  Jesus selbst ist zu aller erst Gottes Wort und die Schriften Zeugen von Ihm.

Zum Teil sieht das im Protestantismus anders aus, je nach dem, gibt es nur Sola Scriptura. Das ist dann einfach eine andere Herangehensweise.

kappa antworten
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GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

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@kappa Die Kirche kennt die Tradition, die Überlieferung. Mal geht davon aus das Jesus nicht direkt das neue Testament, sondern eine bevollmächtigte Ekklesia hinterlassen hat. Diese hat dann 300 Jahre später über die Schriften entschieden. Jesus selbst ist zu aller erst Gottes Wort und die Schriften Zeugen von Ihm.

Mal eine Frage: Gab es eine christliche Kirche als Jesus in den Himmel aufgefahren ist? Gab es niedergeschriebene Evangelien als Jesus in den Himmel aufgefahren ist?

Die Antwort wäre: weder noch. Was Jesus uns auf Erden gegeben hat, ist viel mündliche Lehre, ein beispielhaftes Leben und letztendlich einen heilsgeschichtlichen Meilenstein durch seinen Opfertod am Kreuz.

Aber Jesus ist ja nicht weg - er ist beim Vater und er hat uns gesagt, dass es für uns besser so ist, weil er in dieser Position viel mehr für uns tun kann als er das materiell manifestiert auf Erden tun konnte. So hat er uns dann auch den Heiligen Geist zur Seite gestellt, der jedem, der ihn einlädt, mit ihm zu leben, immer nahe ist.

Jesus hat Petrus beauftragt, seine Lämmer zu weiden. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, hat Petrus in der letzten Zeit, die er mit Jesus verbrachte, noch eine spezielle Ausbildung erfahren: Er hat sich bei der Verklärung blamiert, indem er Hütten bauen wollte (Matthäus 17,4), er wurde von Jesus mit Satan angeredet, als er Jesus nicht in den Tod gehen lassen wollte (Matthäus 16,23), er scheitert schlafend, als er Jesus in Gethsemane Gebetsunterstützung geben soll (Matthäus 26,40), ich gehe davon aus, dass er das Schwert bei Jesu Gefangennahme hatte und es nutzte (es ist da von einem von ihnen die Rede - aber es passt das Verhalten am besten zu Petrus, Matthäus 26,51) - damit Jesus den Schaden, den er angerichtet hat, wieder heilt (abgehauenes Ohr des Soldaten), er leugnet Jesus zu kennen, als über Jesus das Urteil vorbereitet wird (Lukas 22,57). Petrus, der durch vielfaches Scheitern demütig gemachte Draufgänger, soll der Fels für die Gemeinde sein und soll Jesu Schafe weiden. Die Qualifikation dafür aber, die Jesus mehrfach bei ihm abfragt, ist, Jesus zu lieben - mit selbstloser Agape Liebe, auch wenn Petrus Jesus nicht mehr als brüderliche Liebe zu bieten hat.

Petrus macht dann den großen durch prophetische Träume vorbereiteten Schritt, Menschen aus den Nationen zu taufen und so in die Gemeinschaft mit aufzunehmen.

Nach der Ausgießung des Heiligen Geistes an Pfingsten - Apostelgeschichte 2 - hält Petrus eine Predigt, in der er die Vorkommnisse heilsgeschichtlich deutet und zu Umkehr und Taufen aufruft. Das wird ja vielfach als Geburtsstunde der Kirche betrachtet.

Die Gemeinschaft, die darauf entsteht, ist eine große Kommune, in der alle alles teilen. Vielleicht ist das am ehesten mit einem israelischen Kibbuz oder einer christlichen Kommunität zu vergleichen. Die Ältesten dieser Gemeinde sind sicher Bezugspunkt für alle neu entstehenden Gemeinden und es gibt dort wichtige Treffen mit verbindlichen Entscheidungen (Apostelgeschichte 15).

Das ist etwas, das Jesus initiiert hat. Aber im Verlauf der Geschichte der Kirche, sehe ich immer weniger diesen Geist der ersten Tage. Ein großer Schritt geschah da sicher mit Kaiser Konstantin, der weltliche Dinge in die Kirche hineinbrachte (der Gottesdienst orientierte sich ab da an eine kaiserliche Krönungsfeier, Vermengung von Jesus Christus und Sol invictus, etc.).

Als Augustinus die Kirche aus einem stark mit ihr verbundenen Konglomerat mit einem sterbenden Staatsgebilde herausretten musste, war das natürlich nicht mehr die Kirche, die erkennbar noch etwas mit der Urgemeinde zu tun hatte. Im Zusammenhang mit der Kirchenrettung sehe ich große Verdienste bei Augustinus.

Es war damals ein wirklicher historischer "Flaschenhals" durch den die Kirche hindurch musste. Und weil Augustinus die Kirche leitend durch diese Phase geholfen hat, ist sein Einfluss auch so groß. Augustinus war ein gut ausgebildeter Mann - aber er kam nicht aus der Kultur Jesu und brachte aus dem Kontext seiner Ausbildung (philosophisch, griechisch, asketisch geprägt) Dinge in den theologischen Standard, die wenig mit der zentralen Idee des Evangeliums zu tun hatten. Und so haben es dann über die Jahre viele Päpste auch getan.

Das sind Entwicklungen, die geschehen. Das ist eine Tradition, die immer mehr wuchs. Aber ist es noch das, was Jesus initiierte? Ja, das ist es - aber hat das noch denselben Geist, dieselbe Selbstverständlichkeit vom Denken her? Wenn ich das Evangelium für mich annehmen will, dann muss ich doch fragen, was Jesus wollte, was er getan hat, was er gelehrt hat und aus welchem Kontext das alles erwachsen ist. Und da ist nun mal die Schrift eine entscheidende Quelle. Und da ist mein wichtigster Lehrer, der Heilige Geist, denn der ist mir der zuverlässigste Garant, dass ich den Willen Gottes kennenlerne und in diesen hineinkomme.

Ich sehe eine in vielen Phasen politisch missbrauchte Kirche, ich sehe eine Kirche, die sich viel angeeignet hat, was nichts mit dem Evangelium zu tun hat. Und da das in meinem persönlichen Kontext so viel wurde, dass ich das von seinen Konsequenzen nicht mehr mittragen konnte, gehöre ich heute keiner Kirche mehr an, auch wenn ich vom Herzen und meinem ganzen Sein ganz sicher Kind Gottes bin.

Sola Scriptura ist kein anderer Ansatz. Es war das bei Luther ein Versuch, die Kirche wieder zu ihren Wurzeln zurückzuführen. Es war das eine Reformation, die gescheitert ist: Er konnte seine alte Kirche nicht umstimmen und er war (Luther war Augustinermönch und damit mit den problematischen Aspekten behaftet, die Thema dieses Threads sind) von seiner Ausbildung vielleicht auch nicht unverfälscht urchristliche genug, um eine Kirche wieder auf den Felsen zu positionieren, den Jesus einmal gemeint hat.

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Helmut-WK
(@hkmwk)
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@goodfruit 

ich gehe davon aus, dass er das Schwert bei Jesu Gefangennahme hatte und es nutzte (es ist da von einem von ihnen die Rede - aber es passt das Verhalten am besten zu Petrus, Matthäus 26,51)

Du brauchst nicht zu spekulieren:

Jh 18,10 Simon Petrus hatte ein Schwert bei sich. Er zog es, ging damit auf den Diener des Hohenpriesters los, einen Mann namens Malchus, und schlug ihm das rechte Ohr ab.

Ein großer Schritt geschah da sicher mit Kaiser Konstantin

Schon vorher hat sich Einiges geändert. Dass es wirklich eine Vermengung von Sol Invictus mit Jesus gab, bezweifle ich, auch wenn sich für Sol der gleiche Tag als Feiertag konstituierte wie für Jesus (aber anscheinend ist der christliche Sonntag älter).

Es war das eine Reformation, die gescheitert ist

Kommt auf den Blickwinkel an. Die Reformation kannst du nicht auf Luther reduzieren, Melanchthon war etwa genauso wichtig, und dann gibt es noch Leute, die nicht-lutherische Strömungen initiiert haben. Weltweit spielen z.B. Baptisten, was Größe angeht, in der gleichen Liga wie Lutheraner …

Schon zur Zeit des NTs hat sich das Christentum vorwiegend in Städten abgespielt. In Städten tendieren die Leute eher dazu, individualistisch zu denken, als in Dörfern. Und auch unabhängig von dieser Tendenz: Im Mittelalter (und noch zu Luthers zeit) haben die Menschen weniger individualistisch gedacht als in der Antike oder gar heute. Manche Unterschiede hängen auch damit zusammen …

hkmwk antworten


Kappa
 Kappa
Beiträge : 246

bezüglich Dogmen gilt auch zu beachten:

Ich verstehe das auch nicht im Detail, aber die Anzahl der als endgültig gesicherten geltenden Dogmen ist geringer als die der davon abgeleiteten oder nachgeordneten. Aber auch die nachgeordneten Dogmen gelten als relativ sicher und es ist ratsam, das anzunehmen. Es sind wohl in der Regel lange Prozesse und eine vielfältige Theologische Betrachtung, die zu einem Dogma führt.

Beim Vergleich der Lehren miteinander soll man nicht vergessen, daß es eine Rangordnung oder ,Hierarchie‘ der Wahrheiten innerhalb der katholischen Lehre gibt, je nach der verschiedenen Art ihres Zusammenhangs mit dem Fundament des christlichen Glaubens.“

kappa antworten
1 Antwort
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 7432

@kappa 

Ich weiß nicht ob es doch noch im Buchhandel gibt, aber es gab mal die Dogmensammlung von Neuner-Roos. Da wurden alle katholischen Dogmen aufgeführt, und durch unterschiedliche Drucktype auch unterschieden, was nun unfehlbares Dogma ist, was nicht formal, aber de facto als unfehlbar zu gelten hat, was nicht unfehlbar ist, aber doch für katholische Gläubige verbindlich, und was zwar aktuelle katholische Lehre ist, aber u.U. anders gesehen werden könnte. Oder so ähnlich, ich habe den Text, der das in etwa erläuterte, natürlich nicht auswendig im Kopf. Und welche Drucktype nun exakt wofür stand, wurde auch nicht explizit gesagt, nur etwa so was wie »je größer und fetter, desto unfehlbarer« (meine Formulierung).

hkmwk antworten
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