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Augustinus - ein schlechter Kirchenvater?

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GoodFruit
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Beiträge : 2108

Hallo Community,

ich bin grade über eine Auseinandersetzung mit calvinistischen Inhalten auf Augustinus gestoßen.

Augustinus wird 354 als Augustinus von Hippo in Nordafrika geboren. Er hat eine christliche Mutter und einen heidnischen Vater. Er lebt seine Jugend ohne Gottesbezug, lebt in "wilder Ehe" und macht wohl so einiges an sexuellen Erfahrungen, die ihn dann später dazu verleiten, massiv gegen Sexualität zu predigen. Mich erinnert das an den Kaiser Augustus, der in sexuell wilden Zeiten es als Kaiser in Rom besonders wild treibt und dann extrem restriktive Ehegesetze erlässt, die durch ein Spitzelsystem überwacht werden und so den römischen Staat zum Terrorstaat, der sich vom Gut seiner Opfer schöne Tempel baut, werden lässt.

Augustinus kommt über ein Rhetorikstudium zur Philosophie und schließlich zur gnostischen Sekte der Manichäer und dann aber zum Christentum.

Hier eine nette und leicht zu lesende Darstellung des Lebenslaufs des Augustinus:

http://theologie-kompakt.de/beitrag/augustinus/

Am Ende seines Lebens wird er die Theologie in Europa maßgeblich geprägt haben und zahlreiche Lehren installiert haben, die im Licht der Bibel fraglich scheinen und die Theologie und das, was wir heute glauben, aber stark geprägt haben. Er hat auch den Orden der Augustiner gegründet.

Weshalb ich auf Augustins gestoßen bin, war eine aktuelle Auseinandersetzung mit der Thematik der Prädestination.

Hier ein kurzes Video dazu von Roger Liebi, evangelikaler Theologe, der lange an der theologischen Hochschule in Basel gelehrt hat:

https://www.youtube.com/watch?v=gUE9_UDOvjQ

Roger Liebi stellt hier vor allem die Dissertation von Ken Wilson vor, die in Deutschland als Buch unter dem Titel: "War Augustin der erste Calvinist?" erhältlich ist. Wilson hat sämtliche Schriften Augustins in zeitliche Reihenfolge sortiert und so eine Art geistlichen Lebenslauf des Kirchenvaters erstellt. Dabei stellt Wilson einen Bruch in der Lehre des Augustinus fest, bei dem es zu einem Rückfall in die Lehren der gnostischen Manichäer und philosophisch geprägter Theologie kommt. Hier findet sich dann eine Hinwendung zur Lehre einer totalen Prädestination - also jener Lehre, nach der Menschen mehr oder weniger Marionetten Gottes sind und die dann sogar zu Auswüchsen führt, dass Menschen als Gerettete oder Verlorene abgeurteilt und entsprechend behandelt werden. Das führt dann zu einem Fassadenchristentum und einer Angst als gescheiterter Christ zu gelten. Verbreitet hat diese Lehre in jüngerer Zeit insbesondere Calvin, der aber als Augustinusexperte seine Lehre von Augustinus und damit letztendlich von den Manichäern übernommen hat.

Damit hätten wir das Problemfeld "Prädestinationslehre" mit Augustinus als Theologe, der sie in die christliche Theologie eingeschleust und stark gemacht hat.

Weitere Themen sind:

Verwendung von Allegorien zum Verständnis der Schrift.

Viele seiner Lehren saugt Augustinus aus Allegorien, die er quasi zwischen den Zeilen der Bibeltexte liest bzw. Bilder, die er aus Bibeltexten herauszieht und dann auf anderen Kontext überträgt. Dies ist eine in der Philosophie bekannte Technik, die bis dahin in der Theologie nicht so Anwendung fand. Die Bibel wird nicht mehr wörtlich genommen, sondern im übertragenen Sinne - und um diesen übertragenen Sinn verstehen oder überhaupt erst erkennen zu können, bedarf es philosophischer Ausbildung - das war also nichts mehr für Laien.

Hier ein Artikel, der beispielhaft zeigt, wie Augustinus die Schöpfungsgeschichte geistlich - als Abbild heilsgeschichtlicher Prozesse (Jüngerschaft) umdeutet und wie sich dieses Bild im Laufe des Lebens des Augustinus verändert:

https://www.evangelium21.net/media/873/augustinus-und-der-buchstaebliche-adam

Hier ein mehr genereller Aufsatz zum Thema:

https://www.vision.org/de/die-schatten-des-augustinus-959

Überhaupt ist Augustinus stark von Philosophen wie Plotin geprägt. Er vertritt eine neuplatonische Sicht, die auf der einen Seite eine starke Veränderung auf die Sicht auf das Wort Gottes mitbrachte, auf der anderen Seite aber auch schon eine Art Sollbruchstelle mit dem aufkommenden naturwissenschaftlichen Denken vorbereitete. Denn davon hielt Augustinus nicht besonders viel - aus der zuletzt zitierten Schrift:

Augustinus hinterließ der Kirche ein Weltbild, das sein Wissen über die materielle Welt aus der allegorischen Deutung von Bibelstellen gewinnen wollte, die nicht für diesen Zweck geschrieben waren. Der Prozess Galileis illustriert dies. Die Kirche stufte sein Konzept des Universums als Irrlehre ein.

Philosophisch zu deuten ist auch Augustins Ablehnung des Sexuellen:

Augustinus' Ansichten über Sex waren durch Vorstellungen außerhalb der Bibel verzerrt. Weil in der Philosophie so vieles auf dem Dualismus beruhte, in dem das Körperliche als böse und das Geistige als gut bewertet wurde, idealisierten manche Philosophen die Ehelosigkeit. Sexuelle Beziehungen waren körperlich und somit böse. (auch aus dem Aufsatz bei vision.org)

Damit werden dann auch gleich die Herkunft vieler problematischer Haltungen der Kirchen der letzten Jahrhunderte deutlich.

Augustinus philosophische Sicht bescherte uns auch die Lehre von der Erbsünde und damit der Notwendigkeit, bei Maria eine unbefleckte Empfängnis anzunehmen:

Man ging zum Beispiel davon aus, Jesus sei unbefleckt empfangen worden - ohne Sünde, da sein Vater Gott war. Da aber seine Mutter Maria einen menschlichen Vater hatte, war sie von der Erbsünde betroffen. Um Jesus Christus nun als perfekten Nachkommen zu präsentieren, der von keinem Elternteil Sünde geerbt hatte, musste die Kirche einen Weg finden, Maria als sündenfrei zu bezeichnen. Das tat sie mit der Lehre der unbefleckten Empfängnis, obwohl dies unausweichlich weitere Fragen aufwirft.

[...]

Augustinus' Fehldeutung der Sünde beruht darauf, dass er die Bibel durch das Prisma des Dualismus las - und wird tragischerweise von den meisten zeitgenössischen Theologen als Dogma akzeptiert. Die Lehre der Erbsünde hat mehr mit Augustinus' Wunsch zu tun, den Philosophen nachzueifern, als mit der Heiligen Schrift.

Augustinus haben wir die Kindertaufe als Standard zu verdanken (die es bis dahin wohl nur als Nottaufe gab). Denn wenn es Erbsünde - eine Lehre, die Augustinus aus seinen philosophischen Betrachtungen der Bibel generierte - gab, dann musste die ja abgewaschen werden, damit das Kind nicht in die Verdammnis kam. Ob die Kinder, die Jesus zu sich rief, als er den Umstehenden erklärte, dass den Kindern das Himmelreich gehöre, getauft waren?

Augustinus prägte auch wohl die Vorstellungen von der Hölle, die dann die geistliche Welt im Mittelalter mit Angst besetzte.

Es scheint mir, dass so gut wie alle Thematiken, die heute Gemeinden trennen und uns den Leib Christi in einer Vielfalt gebracht haben, der mir nicht gut erscheint, von Augustinus eingeführt wurden.

Ich schreibe dies alles nicht, um Augustinus dafür zu verurteilen, sondern weil ich es für wichtig erachte, dass man einfach mal schaut, woher die einen oder anderen Ansichten kommen, die heute große Probleme für die Einheit des Leibes Christi darstellen.

Wie Paulus vom Pharisäertum geprägt war, weil dies seine Ausbildung war, so ist Augustinus vom philosophischen Denken geprägt, dass sich oft krass vom hebräischen Denken unterscheidet.

Was Augustinus in meinen Augen ehrt, das ist der Umstand, dass er fähig war, Irrtümer einzugestehen und Ansichten zu verändern. Dass er dabei dann auf die Ansichten einer gnostischen Sekten zurückfiel, muss wohl als tragisch betrachtet werden.

Augustinus hatte es sicher nicht leicht. Die philosophische Sicht der Dinge war in jenen Jahren "in" und vermutlich musste die Kirche da irgendwie reagieren. Augustinus hatte sich mit Lehren aller möglichen Art auseinanderzusetzen und in einem höchst breit gefächerten Feld an Ansichten zu argumentieren.

Zu beachten ist auch noch der historische Kontext, in dem Augustinus lebte. Das römische Reich befand sich im Zustand des Verfalls. Das war insofern problematisch, als das Christentum ja nach Kaiser Konstantin römische Staatsreligion geworden war und eng mit dem römischen Reich verknüpft war. Wenn Konstantin eine erste Welle unguter geistlicher Verformungen in die christliche Welt brachte - mit den von ihm verordneten brachte (Liturgie und Gebäude der Gottesdienste den Krönungsfeiern für römische Kaiser nachempfunden, Talare sind im Grunde genommen Dienstkleidung römischer Beamter, "Eingemeindung" von heidnischen Bräuchen mit christlicher Umwidmung ...), so war es Augustinus, der mit seinen philosophischen Ansätzen biblische Inhalte verformte und Lehren aufbrachte, die wir wohl biblisch als Irrlehren betrachten müssen. Den nächsten großen Schritt der Verformung (wenn wir mal die Krisenzeiten des Papsttums mit seinen weltlichen Verfremdungen und Allmachtsphantasien ausklammern), dann kommt die nächste große Welle der Verfälschung erst bei Bultmann und seinem Ansatz der Entmystifizierung der Bibel.

Aber wir waren ja beim historischen Verdienst des Augustinus - und der ist nicht unterzubewerten. Augustinus hat das Christentum aus einem untergehenden römischen Reich herausgerettet:

https://www.deutschlandfunk.de/augustinus-vater-der-abendlaendischen-theologie-der-fall-100.html

Augustinus war sich gegen Ende seines Lebens wohl bewusst, dass er theologisch so einigen Unfug von sich gegeben hatte. Er versuchte in seinem Werk "Retractiones" viele Ansichten zu revidieren und so den Schaden zu begrenzen. Dass er dazu fähig war, zeichnet ihn als verantwortungsvollen Denker aus. Viel Erfolg hatte sein Rückruf aber wohl nicht. Seine Ansichten prägten das Christentum über die Jahrhunderte - und da sie oft vom Evangelium wegführten, leider nicht in positiver Hinsicht.

Ich wollte das einfach mal zusammenstellen, weil mir die Tragweite der Person des Augustinus erst grade jetzt bewusst geworden ist.

Wenn ich da Irrtümern aufgesessen bin, dann korrigiert mich bitte. Und wenn Euch noch Aspekte bekannt sind, mit denen Augustinus die Kirchengeschichte und die Thologie geprägt hat, dann schreibt das bitte auch.

Wichtig finde ich auch, wie wir als Christen aus der Nummer wieder raus kommen. Denn die Reformation hat ja von den Abwegen der römische katholischen Kirche jener Jahre zurückgeführt - aber eher auf den Status Quo des Augustinus hin als wie auf das wahre Fundament, das Eveangelium zu.

Liebe Grüße,

GoodFruit

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52 Antworten
Jimmy
 Jimmy
Beiträge : 158

@goodfruit Man wird hier deutlich unterscheiden müssen zwischen den folgenden Fragen

1. was kirchengeschichtlich wirklich von Augustin entdeckt/ zum ersten Male vertreten wurde und was nicht.

2. was die Reformatoren von Augustin übernommen haben und was nicht, was daran gut war (aus welcher theol. Brille?)

3. welche theologischen Themen du nicht gut findest, bzw. als "unbiblisch" darstellst. Und ob es nicht doch biblische Grundlagen dafür gibt. Und wie diese theol. Themen heute zu verstehen sind.

 

Die Allegorie wurde schon ca. 200 Jahre früher vor Augustin von Theologen benutzt.

Von Gottes Erwählung ist wirklich schon in der Bibel die Rede. Das ist keine Erfindung von Augustin. Die Frage ist nur, was man darunter versteht. Auch da hat Augustin unterschiedliches geschrieben. Das reformatorische Verständnis der Erwählung zum Heil wäre genauer zu untersuchen. Letztlich geht es dabei um die Frage nach dem freien Willen beim Heil. Wer meint, sich mit einem freien Willen für das Heil entscheiden zu können, der mag sich gegen Augustin und die Reformatoren und für den Geist des Humanismus aufstellen. Dann bräuchte man auch keine Erwählung Gottes mehr. --- Andererseits sollte man die Erwählung zum Heil nicht missverstehen, als sei der Mensch nur noch eine Marionette Gottes. Natürlch kann der Mensch sich - auch nach dem Verständnis von Luther und Calvin - in seinem Alltag frei entscheiden, was er tut.

Zur Philosophie verweise ich darauf, dass es mit Martin Buber auch jüdische Philosophen gab, die durchaus das hebräische Denken in Beziehungen gefördert haben.

Auch über die biblische Begründung der Taufe kann man trefflich streiten. Die Frage st dabei, ob man sich auf sein eigenes Glaubensbekenntnis taufen lassen will oder ob man das Vertrauen auf die Gnade Gottes in der Taufe betonen will.

Wer allerdings gegen Augustin die pelagianische Sicht vertritt, der Mensch können aus sich selbest heraus sündlos sein, der braucht auch keine Erbsünde oder Kindertaufe.

Auch die Erbsündenlehre hat in Röm 5,12-17 ihren biblischen Ursprung, auch wenn sie seit der Neuzeit nicht mehr so dinglich verstanden wird wie zu Augustins Zeiten. Auch hier kann man sich freilich für den Humanismus entscheiden, der meint, dass der Mensch "edel, hilfreich und gut" sei.

 

Kurz: von welchem theol. Standpunkt aus willst du Augustin beurteilen?

 

Gruß, Jimmy

 

jimmy antworten
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GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2108

@jimmy Hallo Jimmy,

erst mal vorweg: Ich bin weder Theologe noch Historiker oder Philosoph. Daher kann ich nur von meinem Bibelverständnis als Laie her argumentieren.

Mein theologischer Standpunkt hat sich in über 40 Jahren der Nachfolge geformt. Ich bin seit ca. 2000 bei Jesus.de dabei, habe mich an viele Diskussionen beteiligt und so auch in etliche theologisch Thematiken hineingekommen.

Mir selber fällt auf, dass ich, der ich in eine lutherische Gemeinde hinein getauft wurde, hier eine Heimat habe über die Herkunft hinaus.

Luther hat ja die Soli: Neben dem solus Christus („allein Christus“) stehen in den reformatorischen Kirchen die gleichfalls lateinischen Prinzipien sola scriptura (deutsch „allein durch die Schrift“), sola fide („allein durch Glauben“) und sola gratia („allein aus Gnade“). Quelle: https://www.wikiwand.com/de/Solus_Christus

Wir alle sind Sünder - aber ich meine, dass das sündhafte (menschliche) Wesen allein noch keinen Sünder macht.

13 Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie anrühre. Die Jünger aber fuhren sie an. 14 Als es aber Jesus sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solchen gehört das Reich Gottes. 15 Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. 16 Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie.

Werfen wir einen Blick auf die Kinder, die da Jesus umgaben. Sie haben Jesus sicher als charismatische und liebevolle Persönlichkeit erlebt - sie hatten vermutlich eher keine Ahnung, wer Jesus war. Aber sie haben sich sicher in seiner Nähe wohlgefühlt, hatten Vertrauen, fühlten sich angenommen.

Ich habe zweimal erlebt, wie jungen Frauen an der theologischen Auffassung, dass jeder Mensch - gleich was er getan hat oder nicht - Sünder ist, fast zerbrochen sind. Sie wollten jeweils die Kinder verteidigen, sie konnten nicht akzeptieren, dass sie als Sünder gesehen wurden, wo sie doch noch nicht einmal schuldfähig waren. Einmal was es eine Mitschülerin, familiär aus dem militärischen Umfeld und eher etwas robuster aufgestellt. Ich war damals überrascht, wie sensibel sie die Ungerechtigkeit wahrnahm, Kinder als Sünder wahrzunehmen und wie sie mit der vollen Power ihrer Präsenz sich dafür einsetzte. Am Ende hat sie dann klein beigegeben - es stand da einfach ein festes theologisches Dogma im Raum, das sich nicht umschubsen ließ.

Das zweite Mal war es ein junges und sehr sensibles Mädchen aus einem Jugendkreis, die in der Frage, ob Kinder Sünder seinen, auf stur stellte. Sie hat da auch keine dogmatische theologische Sicht respektiert und der Jugendleiter gab ihr die Empfehlung, doch ihre Tabletten einzuwerfen. Wir (meine Frau und ich) haben sie dann wenig später in einer psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses besucht ...

Damals habe ich die Sicht der Frauen respektiert und ihr kämpferischer Einsatz hat mich beeindruckt - aber ich habe meine Meinung nicht geändert - ich war da stramm auf kirchlicher Linie.

Ich weiß nicht, wie Luther das gesehen hat - aber ich bin inzwischen überzeugt, dass keinem eine Schuld angelastet wird, die er nicht persönlich begangen hat. Jesus hat die Kinder zu sich gerufen, weil sie alles mitbrachten, was es zu Bürgern des Himmelreichs braucht: Unschuldig, weil unmöglich schuldig gesprochen werden zu können. Ein Kind kann nicht schuldig werden, weil es seine Handlungen von der Konsequenz noch nicht verstehen kann. Und im staatlichen Rechtssystem ist die Frage der Schuldfähigkeit ja immer eine zentrale, wenn es da Zweifel gibt - und bei Kindern ist die Frage eindeutig. Und ich denke nicht, dass da Gott weniger gnädig ist als z.B. das deutsche Rechtssystem.

Kleiner Gedanke am Rand: Einer meiner Töchter hat das Down-Syndrom. Sie wird vom Verstand und Bewusstsein nie mehr sein als ein Kind. Als mir das klar wurde, da dachte ich: Wow, das ist schon stark: ich lebe da mit einem Menschen zusammen, der als einziger den ich kenne, 100% sicher das Himmelreich erreichen wird, weil sie es sich mit keiner Sünde verderben kann! Und wenig später habe ich dann Werke alter Meister gefunden, die Engel mit klaren Gesichtszügen von Downys gezeichnet haben und wo es Darstellungen vom jüngsten Gericht gab und da eine himmlische Ebene der bereits geretteten, mit auf der einen Seite die Apostel und auf der anderen Seite Kinder, einige mit offensichtlichen Merkmalen von Down-Syndrom, zu sehen waren. Im Mittelalter war man in der Sicht auf unsere Behinderten wohl weiter ...

Vor diesem Hintergrund gibt es dann auch keine Notwendigkeit zur Kindstaufe mehr. Einen Bedarf an Taufe gibt es erst da, wo ich schuldfähig werde.

Nun zur Frage der Freiheit in der Entscheidung für Christus:

Die Kinder brauchen Jesus, dass er den Pharisäern beibringt, dass die Kinder bereits errettet sind und dass sie ihnen, die da durch ihr boshaftes Sein (allein die Überheblichkeit!) den Messias als freikaufendes Opfer brauchen, einiges voraus haben und wahre Vorbilder sind.

Wer Sünder ist, der ist ohne Jesus verloren. Errettet werde ich dadurch, dass ich das Rettungsangebot Christi annehme. Ich weiß nicht, wie weit es da eine Prädestination gibt.

Ich habe da einen schönen Aufsatz vom Bibellesebund gefunden:

https://bibelbund.de/2015/07/erwaehlung-und-vorherbestimmung/

Interessanterweise, steigt der zuerst mit dem Thema des Nachforschens, des Forschens in die Thematik ein.

„Gottes Ehre ist es, eine Sache zu verbergen, aber der Könige Ehre, eine Sache zu erforschen“. (Spr 25,2)

Wenn ich dann daran denke, dass Gott den Israeliten eigentlich keinen König geben wollte und sie ihn von Gott mehr oder weniger erzwungen haben, weil sie mit der Welt gleichziehen wollten, dann frage ich mich, ob es gut ist, da zu tief zu forschen - würden sich Kinder für diese Frage interessieren? Ich glaube nicht. Und von daher halte ich die Frage auch für nicht so wichtig, für mehr akademisch, aber wenig praktischer Bedeutung. Dafür mit der großen Gefahr der Spaltung - und, wie man an einigen calvinistischen Derivaten erkennen kann, sogar des Missbrauchs und des Hineingeraten in einen Zustand, dem ich vor dem jüngsten Gericht wenig Hoffnung auf Rettung beimessen würde.

Und ich bin erstaunt, wie ich diese meine Einsicht kirchenhistorisch bei großen Persönlichkeiten wiederfinde (Zitat aus dem verlinkten Beitrag des Bibellesebundes):

Ein sonst so besonnener und auch gelehrter Mann wie John Wesley schrieb in einem Pamphlet, der Gott, den Georg Whitefield verkündigte, sei nicht sein Gott; er gleiche mehr Satan als dem Gott der Bibel.

Ja, Satan hat Freude am Richten - und wenn ich da eine Lehre habe, dass es Menschen gibt, die von Anfang an vorherbestimmt sind gerettet zu werden und solche, die es eben nicht sind - dann habe ich zwei Sorten von Menschen auf der Welt. Und wenn ich jetzt noch die Merkmale definiere, wie ich die unterscheiden kann - dann dürfte es ja kein Problem sein, die, die eh keine Chance haben, platt zu machen. Und schubs, bin ich zum Apostel Satans geworden, mit allen Konsequenzen und bei frömmstem Gehabe einer der schlimmsten Feinde des Himmelreichs.

Dann fällt mir auf, dass alle biblischen Belege, die in dem Bibelbund Aufsatz genannt werden, aus der Epistel stammen.

Und hier wieder ein theologisches Statement von mir, mit dem ich mich von der pauschalisierenden Haltung der Chicagoer Erklärung distanziere: Für mich ist die Epistel ein Abschnitt der Bibel, der klare persönliche theologische Auffassungen enthält und oft sehr menschlich in Situationen von Gemeinden hineinspricht. Neben dem Umstand, dass bei jedem Brief zum Verständnis die spezielle Situation, in die er hineingeschrieben wurde, zu berücksichtigen ist, sind für mich die Briefe nicht in dem Maße Gottes Wort, wie es das AT, die Evangelien, die Apostelgeschichte oder die Offenbarung des Johannes ist. Das bedeutet nicht, dass ich den Briefen keine große Bedeutung beimessen würde, aber wenn da theologische Einsichten aufkommen, die ich nicht klar durch Aussagen von Jesus selbst decken kann, dann bewegen wir uns nach meiner Ansicht auf dünnem Eis.

Ich weiß, dass Gott ewig ist und dass die Dimension "Zeit" für Gott keine Rolle spielt. Menschen können das im Grunde genommen gar nicht denken, weil wir einfach als materielle, irdische Wesen geboren werden, denen die Zeit an den Fingern kleb wie die Materie selbst. Gott kennt uns also von vor der Geburt bis nach dem Tod - er weiß alles und er weiß auch, ob wir das große Ziel erreichen werden oder nicht. Da bedeutet aber keineswegs, dass sich der Mensch nicht frei entscheiden kann - Gott weiß nur eben vorher, wie wir uns entscheiden werden. Und da Gott uns ja als wertiges Gegenüber haben will, musste er uns die Freiheit geben - jene Freiheit, die so großes Elend in der Welt schafft, zugleich aber die Voraussetzung für eine aufrichtige Entscheidung für Gott und für unseren Retter Jesus Christus ist.

Als Mensch bin ich natürlich eingebunden in Beziehungen und geistliche Netzwerke in der Welt. Meine Eltern haben mich erzogen, ich habe als Kind einen Kontakt zur Kirche bekommen oder nicht, ich habe Menschen in meinem Umfeld, die mich lieben und für mich beten - oder ich bin in einer Gemeinschaft, wo Hass, Missgunst, Neid regiert und wo man mich verflucht.

All das hat Konsequenzen auf meine Aussichten, ins Team "Jesus" zu kommen. Und manchmal sind die Beziehungen, die mir da Türen öffnen, ganz bizarr und kaum nachvollziehbar. Mir passiert es gelegentlich, dass ich Menschen entdecke, in denen ich ein fleischernes Herz entdecke, die ich mag, die aber aktuell in übelstem Umfeld stecken. Ich habe für solche Menschen schon gebetet, sie vor Gott gebracht - und dann, manchmal Jahre später, konnte ich lesen, dass diese Menschen zu Jesus gefunden haben. Ob es nur mein Gebet war oder das Gebet vieler, die ähnlich empfunden haben? Ob es überhaupt ein Gebet war? Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass es auch die Aufgabe von Christen auf Erden ist, solche in den Dreck geratenen Edelsteine zu finden und sie in die Hand des Meisters zu geben, der sie reinigt, wunderschön schleift und in die Krone der Braut einbaut.

Ich denke, dass jeder wirklich die Chance hat, zu Jesus zu finden und damit gerettet zu sein. Wie groß diese Chance ist, hängt von vielen Einflüssen ab. Aber die Chance ist nie null und nie 100% (außer ich bin für immer Kind, weil mir das Erwachsenwerden verwehrt ist).

Ist das jetzt "humanistisch"? Für mich ist es zutiefst biblisch!

Das alles sind theologische Haltungen in die ich im Leben als Christ und nicht als Theoretiker mit profunden theologischen Erkenntnissen gekommen bin.

Was Augustinus angeht, so war mir einfach aufgefallen, dass so ziemlich alle Themen, die Ursache von Streit unter Christen, mit der Konsequenz der Spaltung des Leibes Christi haben, von Augustinus mal in für meine Ansicht problematischer Weise eine Ansicht geäußert, einen Standard definiert hat.

Ich denke, dass Augustinus ein guter Mensch war, der in seiner Situation immer das Beste gegeben hat. Allerdings halte ich seine Prägung in den Lebensphasen der Hinwendung zur grichischen Philosophie und in der gnostischen Sekte für so prägend, dass er damit eine bestimmte "Brille" aufhatte, mit der er die Bibel gelesen hat. Da die Kirchengeschichte gezeigt hat, dass diese Haltungen des Augustinus zu Spaltungen führten und da ich seine Haltung oft biblisch auch nicht nachvollziehen konnte, kam ich zu der ERkenntnis, dass es vielleicht eine gute Idee sei, die Bibel (und auch das NT) mal aus dem Mindset der Tradition Jesu heraus zu lesen zun verstehen - nein (ich habe gelernt!), eigentlich zu leben!

Viele Grüße

GoodFruit

goodfruit antworten
Jimmy
 Jimmy
(@jimmy)
Beigetreten : Vor 2025 Jahren

Beiträge : 158

@goodfruit Hallo,

ein langes Post. Da weiß man gar nicht worauf man zuerst antworten sollte.

 

Zu den verängstigten Mädchen: mir scheint, da wurde diesen Kindern sehr einseitig und gesetzlich von Sünde erzählt, ohne - viel stärker - vom Evangelium, von der Gnade zu erzählen, mit der Jesus den Kindern längst entgegenkommt.

Andererseits wird man kaum aus der Geschichte von der Kindersegnung eine allgemeine Dogmatik formulieren können, wonach Kinder grundsätzlich sündlos wären.

Vor diesem Hintergrund gibt es dann auch keine Notwendigkeit zur Kindstaufe mehr. Einen Bedarf an Taufe gibt es erst da, wo ich schuldfähig werde.

Welch seltsame Ansicht. Jesus hat den Auftrag gegeben zu taufen! Gerade bei Menschen mit Behinderungen wird man kein selbst formuliertes Glaubensbekenntnis verlangen können und daher Glaube und Taufe als Geschenk Gottes besser verstehen können. Also warum sollte man deiner Tochter die Taufe vorenthalten? Dazu gibt es gar keinen Grund. (Die Taufe hängt doch nicht davon ab, wie viele Sünden ein Täufling aufzählen kann.)

Wer Sünder ist, der ist ohne Jesus verloren. Errettet werde ich dadurch, dass ich das Rettungsangebot Christi annehme. Ich weiß nicht, wie weit es da eine Prädestination gibt.

Ich vermute, das Grundübel ist da, wo Menschen versuchen bei anderen Menschen zu entscheiden, ob sie denn erwählt sind oder nicht. Wenn wir diese Entscheidung ganz Gott überlassen, haben wir Menschen eine Reihe Probleme weniger.

Ja wirklich! Wir haben den Auftrag das Evangelium allen Menschen zu bezeugen. Wir haben nicht den Auftrag, vorher zu entscheiden, wer denn ggf. erwählt oder nicht erwählt sein könnte. Und ob Gott ihnen dann den Glauben schenkt, ist seine Sache.

 

Und natürlich denkt Gott in ganz anderen Zeitdimensionen als wir. Wenn wir uns fragen, ob sich jemand in den nächsten 12 Monaten bekehren werde, dann weiß Gott vielleicht schon im Voraus, dass dieser Mensch sich in 50 Jahren bekehrt. Halleluja.

Da bedeutet aber keineswegs, dass sich der Mensch nicht frei entscheiden kann

Luther betont in der berühmten Schrift "De servo arbitrio" gegen Erasmus, dass der Mensch sich nicht aus freiem Willen für Jesus entscheiden kann, selbst wenn manche Menschen sich das einbilden. Nein, Paulus sage es in Phil 2 sehr schön: "Schaffet dass ihr selig werdet,aber Gott ist es, der beides tut, das Wollen und das Vollbringen." Für den Menschen ist es ein reines Geschenk, dass Gott ihm den Glauben und auch die Vergebung schenkt. Das hängt nicht davon ab, wie kindlich oder erwachsen jemand ist.

ich denke, dass jeder wirklich die Chance hat, zu Jesus zu finden und damit gerettet zu sein. Wie groß diese Chance ist, hängt von vielen Einflüssen ab. Aber die Chance ist nie null und nie 100%

Solange du das als "Chance" für eine freie Entscheidung des Menschen ansiehst, bist du allerdings ein Nachfolger des Humanisten Erasmus (und vieler späterer Humanisten, teilweise auch einiger späterer Pietisten). Aber wenn du das als Chance Gottes ansiehst, dem Menschen irgendwann einmal den Glauben zu schenken, dann ist das was anderes.

 

Gruß, Jimmy

jimmy antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2108

@jimmy Welch seltsame Ansicht. Jesus hat den Auftrag gegeben zu taufen! Gerade bei Menschen mit Behinderungen wird man kein selbst formuliertes Glaubensbekenntnis verlangen können und daher Glaube und Taufe als Geschenk Gottes besser verstehen können. Also warum sollte man deiner Tochter die Taufe vorenthalten? Dazu gibt es gar keinen Grund. (Die Taufe hängt doch nicht davon ab, wie viele Sünden ein Täufling aufzählen kann.)

Da stellt sich dann die Frage, was die Taufe wirklich ist. Wo kommt sie kulturell her und welche geistliche Bedeutung hat sie. Ist die Taufe Voraussetzung für das ewige Leben? Soll mit der Taufe Sünden abgewaschen werden - und wenn das so ist, welche Sünden sollten das sein?

In dem Kontext der Kultur, der Jesus zugehört, fällt mir als Taufgelegenheit nur das Bad in der Mikwe ein - jenes rituelle Bad in dem durch Untertauchen erneute Reinheit erreicht wurde. In der Mikwe wurden aber keine Kinder untergetaucht, sondern Menschen, die wirklich Sünden abzuwaschen hatten.

Bei meiner Tochter ging es nicht um eine vorenthaltene Taufe, sondern um eine vorenthaltene Konfirmation - bzw. eine Konfirmation, die nicht mit den Kindern im Ort gemeinsam gefeiert werden konnte, sondern eine ausgesonderte Behindertenkonfirmation. Das haben wir als bittere Erfahrung erlebt. Nicht wegen der anderen Behinderten, die ja alle in der ähnlichen Situation waren, dass sie nicht in bestehende Gemeinden hinein konfirmiert wurden und auf einer gesonderten Veranstaltung abseits der gemeindlichen christlichen Gemeinschaft dieses begehen mussten - in einer Gemeinschaft, die es in dieser Zusammensetzung nie wieder geben würde.

Ich vermute, das Grundübel ist da, wo Menschen versuchen bei anderen Menschen zu entscheiden, ob sie denn erwählt sind oder nicht. Wenn wir diese Entscheidung ganz Gott überlassen, haben wir Menschen eine Reihe Probleme weniger.

Genauso ist es. Und zwar hätten da nicht nur die Menschen, die die "edlen Gemüter" auf die Abschussliste gesetzt haben, sondern auch die Menschen, die sich an derartigen Bewertungen beteiligen und sich darüber die ewige Seligkeit verderben. Aber genau in dieses Problem führt uns die Theologie Calvins. Und damit sind wir mitten im Thema.

Schaffet dass ihr selig werdet,aber Gott ist es, der beides tut, das Wollen und das Vollbringen." Für den Menschen ist es ein reines Geschenk, dass Gott ihm den Glauben und auch die Vergebung schenkt. Das hängt nicht davon ab, wie kindlich oder erwachsen jemand ist.

Es mag sein, dass unser Wille nicht so frei ist, wie manche (dazu zähle ich auch) denken und vielleicht ist es wirklich Gnade, glauben zu dürfen. Aber was bedarf es zum Sündigen? Gehört da nicht eine gewisse Reife dazu, die Konsequenzen unseres Tuns abschätzen zu können? Und das haben wir weder bei Kindern noch bei Behinderten, die zeitlebens auf dem geistigen Niveau von Kindern bleiben werden. Nicht, dass sie Jesus nicht brauchen würden: Ohne Jesus wäre nur ich der Vater meiner Tochter und nicht der viel wichtigere Vater im Himmel ihr Vater. Sündlos bleib ich als Christ vielleicht auch, weil ich dadurch Kind werde - und zeitlebens bleibe. Durch Jesus bekomme ich den Schöpfer aller Dinge zum Vater geschenkt!

Solange du das als "Chance" für eine freie Entscheidung des Menschen ansiehst, bist du allerdings ein Nachfolger des Humanisten Erasmus (und vieler späterer Humanisten, teilweise auch einiger späterer Pietisten). Aber wenn du das als Chance Gottes ansiehst, dem Menschen irgendwann einmal den Glauben zu schenken, dann ist das was anderes.

Interessante Perspektive, an die ich so noch gar nicht gedacht hatte. Ich denke, dass die Chance beidseitig ist. Zum Glauben kommen Menschen ja meist nicht aus der Position der Stärke, sondern der Schwäche. Jesus ist als Arzt für die Sünder gekommen und so gesehen kann meine Sündenlast mich in eine Position bringen, die mir eine Befreiung schenkt, die ich im Glauben, der große Macker zu sein oder das fromme Vorbild, nie bekommen hätte.

 

goodfruit antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@goodfruit 

Bei meiner Tochter ging es nicht um eine vorenthaltene Taufe, sondern um eine vorenthaltene Konfirmation - bzw. eine Konfirmation, die nicht mit den Kindern im Ort gemeinsam gefeiert werden konnte, sondern eine ausgesonderte Behindertenkonfirmation

Das wäre ein Grund, sich eine andere (z.B. freikirchliche) Gemeinde zu suchen.

Aber was bedarf es zum Sündigen? Gehört da nicht eine gewisse Reife dazu, die Konsequenzen unseres Tuns abschätzen zu können? Und das haben wir weder bei Kindern

Na ja, ab ca. 5 Jahren ist da schon was vorhanden - natürlich noch nicht so vollständig wie bei reifen Erwachsenen, aber eben doch genug, um da von Sünde reden zu können.

die ich im Glauben, der große Macker zu sein oder das fromme Vorbild

Bei der Beschreibung denke ich sofort an Pharisäer (im biblischen Sinn des Wortes).

hkmwk antworten
Kappa
 Kappa
(@kappa)
Beigetreten : Vor 1 Jahr

Beiträge : 34

@goodfruit Einmal den Zustand der Erbsünde abwaschen und Zugang zum neuen Bund und der Gnade Gottes. Sind die Tauflinge älter , kommen viele Tatsünden dazu.

Die Taufe ist ein gutes Beispiel. Wird im Protestantischen Bereich zum Teil nur als Zeichen gesehen. Da frage ich mich immer, für wen eigentlich ?

Die Sichtbare Welt? Den einen Moment ? Die Nichtgläubigen interessiert es nicht einmal .Früher wie heute . Früher in Verfolgung waren Taufen sogar Geheim.

Die Unsichtbare Welt ? Der kurze Moment ? Wenn hier am Täufling nichts weiter geschehen wird, wiederum unsinnig. Wäre die Wiedergeburt getrennt davon, dann würde die Unsichtbare Welt das sowieso sehen.

Das alles macht mehr Sinn, wenn durch die Taufe unsichtbar auch etwas geschieht (das bedeutet Sakrament). In der Tradition ist genau das der Fall- Es ist die Wiedergeburt aus Wasser und Geist. Der Neuanfang mit Gott. 

 

 

vg

 

 

 

 

 

 

kappa antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@kappa 

Die Taufe ist ein gutes Beispiel.

Wird im evangelischen Bereich ja ganz unterschiedlich gesehen. Aber schon im NT wird ja von verschiedenen Taufen berichtet (Hbr 6,1 Grundtext).

Ich richte mich nach dem, was Petrus geschrieben hat:

1.Pt 3,21 Das ist ein Hinweis auf das Wasser der Taufe, die euch jetzt rettet. Denn der Sinn der Taufe ist ja nicht, dass der Körper vom Schmutz gereinigt wird. Wer sich taufen lässt, bittet damit Gott, sein Gewissen von aller Schuld zu reinigen. Das ist möglich, weil Jesus Christus von den Toten auferstanden 22 und zum Himmel aufgestiegen ist.

Womit klar ist: Die biblischen Verheißungen bezüglich der einen christlichen Taufe gelten nur, wenn der Täufling bei der Taufe auch Gott um ein gutes Gewissen gebeten hat.

hkmwk antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@jimmy (zum Beitrag)

Auch über die biblische Begründung der Taufe kann man trefflich streiten. Die Frage st dabei, ob man sich auf sein eigenes Glaubensbekenntnis taufen lassen will oder ob man das Vertrauen auf die Gnade Gottes in der Taufe betonen will.

Biblisch gesehen wird man in den Namen Jesus getauft, aus den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Ich bin nicht ganz sicher, was du mit deiner Formulierung meinst. Denkst du daran, dass man in manchen Kirchen vor der Taufe ein Zeugnis ablegen soll, wie man zum Glauben kam, um dann auf dieses Bekenntnis hin getauft zu werden?

Natürlich ist Getauft-werden immer mit dem Vertrauen auf die Gnade Gottes verbunden (ziemlich oberflächliche Täuflinge o.ä. mal außen vor gelassen). Und man sollte wissen, dass es verschiedene Taufen gibt (Hbr 6,2 Grundtext). Die Taufe die rettet wird als Bitte an Gott beschrieben (1.Pt 3,21), wer das bei seiner Taufe nicht getan hat, sollte nicht auf die Taufe vertrauen sondern auf Jesu Opfer.

Womit wir bei der Kindertaufe wären. Der Ausdruck ist unscharf, schließlich gibt es durchaus Kinder, die offensichtlich sündigen. Babytaufe macht eher deutlich, worum es geht. Bekanntlich hat Jesus ja keine Kinder getauft, sondern sie »nur« gesegnet, obwohl Er selber durchaus auch getauft hat (Jh 4,1). Dass ein Haus(halt) getauft wird, wird zwar mehrmals im NT erwähnt, aber nur einmal, dass ein ganzes Haus getauft wird - und da wär die Frage, ob es da Kinder gab.

Auch die Erbsündenlehre hat in Röm 5,12-17 ihren biblischen Ursprung

Wobei »Erbsünde« auch ein Ausdruck ist, der schnell zu Missverständnissen führen kann. Laut der katholischen Erbsündelehre (stammt die von Augustinus?) trägt jeder Mensch von Geburt an die Schuld Adams in sich, die ihm vererbt wurde. Das halte ich nicht für biblisch, zumal Rö 5,12 ja ausdrücklich darauf hinweist, dass auch alle gesündigt haben. Ein Säugling, der noch nie gesündigt hat, fällt wohl kaum in diese Kategorie. Und wenn ich das richti9g verstehe, sieht die evangelische Erbsündelehre entsprechend anders aus …

hkmwk antworten
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(@kappa)
Beigetreten : Vor 1 Jahr

Beiträge : 34

@hkmwk Erbsünde bedeutet weniger "Schuld", als vielmehr Schwäche der Sünde gegenüber und eine ererbte getrenntheit von Gott. Das Bild oder die Realität bezeugt das meiner Meinung nach sehr gut.

kappa antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2108

@kappa Der Sündenfall war ja eine ganz konkrete Situation. Ein Moment, einer Entscheidung, die in den Verstoß gegen Gottes Ordnungen führte. Und diese Tat war das Problem und nicht die Neigung, die das Widerstehen gegen die Tat herausfordernd machte. Es möge mich viele seelische Neigungen in die Sünde drängen. Zur Sünder werde ich dadurch noch nicht. Das passiert erst, wenn ich diesen Neigungen nachgebe und durch einen konkreten Verstoß zum Sünder werde. Und so ist denn die Erbsünde in meinen Augen die Frucht aus jener Sünde, die mich aus der Gemeinschaft mit Gott herausgebracht hat, durch die ich nicht mehr im Paradies, sondern in einer Welt leben muss, in der der Teufel munter mitgestaltet.

Überwunden wird das erst durch Jesus Christus, der die Beziehung zum Vater wieder herstellt und mich durch die so geschaffene Gotteskindschaft das Himmelreich schenkt, die mir das Paradies in mir drin schenkt, bis ich denn mit dem Vater im himmlischen Jerusalem zusammen bin.

goodfruit antworten
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(@kappa)
Beigetreten : Vor 1 Jahr

Beiträge : 34

@goodfruit was ich meinte, das die ersten Menschen sich von Gott unheilvoll trennten und diese Art der Gottes Ferne, das auf sich allein gestellt sein, was jeden von uns in die Sünde früher oder später reißt, weiterverwenden an uns.

Es ist doch der Normalfall das jeder von uns sündigt, oder nicht ? Wäre es umgekehrt , könnte man das Konzept der Erbsünde in Frage stellen .

 

Sünde bezieht sich auf die Tat, nicht auf die Schuld. Schuld folgt der einzelnen Tat.

 

kappa antworten
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(@kappa)
Beigetreten : Vor 1 Jahr

Beiträge : 34

nicht weiter verwenden 🙂  Weitervererben soll es heissen

kappa antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@kappa (zum Beitrag)

Erbsünde bedeutet weniger "Schuld", als vielmehr Schwäche der Sünde gegenüber

Das katholische Dogma sagt was Anderes (Erbsünde ist die Sünde Adams, die jedem Menschen als eigene Schuld angerechnet wird - kommt sviw von Augustin), aber wenn du in dem Punkt lieber der evangelischen Auslegung bzw. der Bibel folgst als dem Dogma, ist das ja in Ordnung.

 

hkmwk antworten
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(@kappa)
Beigetreten : Vor 1 Jahr

Beiträge : 34

@hkmwk Warum gab es dann früher schon, im Mittelalter, das Konzept des Ortes für Kinder die nicht getauft waren aber nicht sündigten oder nicht schwer sündigten? Also eben das diese nicht in die Hölle kommen, weil sie keine Taten getan haben? Das Dogma war also keineswegs so, das hier nicht unterschiedlich gewichtet wurde.

kappa antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@kappa 

Ich weiß nicht alles über das katholische Dogma. Ich hab aber in den 80-er Jahren mal ne katholische Dogmensammlung durchgelesen und u.a. gefunden, dass Erbsünde bedeutet, dass die Schuld Adams einem als eigene Schuld angerechnet wird. Das müssen alle Katholiken (eigentlich) glauben.

Das Dogma war also keineswegs so, das hier nicht unterschiedlich gewichtet wurde.

Mag sein, ich behaupte nicht, dass ich mich da gut auskenne und Fragen dazu beantworten kann …

hkmwk antworten


bepe0905
Beiträge : 1396
Veröffentlicht von: @jimmy

Zu Augustins gebrochenem Verhältnis zur Sexualität kann man nur sagen: vor seiner Bekehrung war sein Leben wohl sehr "ausschweifend" und später - in seinen "Bekenntnissen" - hat er die Sexualität fast gänzlich abgelehnt.

Das war wohl nicht nur bei Augustinus so. 
Auch bei David und Salomo gibt es eine ähnliche Entwicklung (wie wir in unserer Jugend als Pfadfinder gerne sangen): 
"Der David und der Salomo, das waren arge Sünder. Sie lebten frei und liederlich und zeugten viele Kinder. 
Doch als das nicht mehr klappte so (von wegen hohem Alter) schrieb seine Sprüch' der Salomo und David seinen Psalter".

bepe0905 antworten
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Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@bepe0905 

Auch bei David und Salomo gibt es eine ähnliche Entwicklung

Bei Salomo war es doch eher die umgekehrte Richtung: Als er älter wurde, und viele Frauen hatte, kehrte sich Salomo von Gott ab.

hkmwk antworten
bepe0905
(@bepe0905)
Beigetreten : Vor 15 Jahren

Beiträge : 1396

@hkmwk ist doch klar: wie sollte er bei so viel Ablenkung und Überbeanspruchung noch Zeit haben für Gott und Energie aufwenden können für das Wesentlich?

bepe0905 antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@bepe0905 

Du siehst also ein, dass dein Spruch Unsinn war?

hkmwk antworten
bepe0905
Beiträge : 1396
Veröffentlicht von: @hkmwk

Du siehst also ein, dass dein Spruch Unsinn war?

Wieso Unsinn?
Ganz und gar nicht. 
Das Lieb beschreibt doch nur, wie sich bei den meisten Menschen mit der Zunahme an Jahren die Prioritäten verschieben. 
"Altersmilde" könnte man es vielleicht wohlmeinend nennen. Oder auch "gut essen und trinken" ist der Sex des Alters...

Dass bei David und Salomo noch besondere Umstände hinzu kamen ist eine andere Geschichte. 
Da sollte man bei einem Lied nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.

bepe0905 antworten
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Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@bepe0905 

Das Lieb beschreibt doch nur, wie sich bei den meisten Menschen mit der Zunahme an Jahren die Prioritäten verschieben

Oh wie lieb 😉 (tknw)

Es ging um David und Salomo. Salomo war falsch beschrieben, denn das mit Frauen kam nach den Sprüchen, und auch bei David muss man nur in die Psalmen schauen, um zu sehen, dass erstens die gefühlte Hälfte nicht von ihm stammt und zweitens viele noch aus der Zeit stammen, als er auf der Flucht vor Saul »liederlich« durch die Gegend zog. Sein berühmter Ehebruch war noch mal deutlich später, und als er im Alter nicht mehr konnte (weshalb Abischag aus Schunem Jungfrau blieb, 1.Kö 1,1-5), da hat er wohl kaum noch Psalmen gedichtet.

Dass bei David und Salomo noch besondere Umstände hinzu kamen

So besonders sind sie nicht. Der Rentner, der lange brav mit seiner Frau zusammenlebte, aber nach deren Tod vor lauter Einsamkeit Kinder verführt und missbraucht, ist ja nur die Spitze des Eisbergs von „je oller, desto toller”. Eine allgemeine Regel aufstellen dürfte schwierig werden.

hkmwk antworten


Kappa
 Kappa
Beiträge : 34

@goodfruit vielen Dank für die Mühe, ich finde es nur unredlich, vom Standpunkt des Protestantischen aus der 1500 Jahre nach den Aposteln aufkam, die letztlich doch kontinuierliche Tradition locker flockig zu verurteilen.

Die ersten Kirchenväter waren an der Urkirche sehr viel näher dran als Luther und folgende Lehrer. 

Die Tradition ist nicht vom Himmel gefallen, sie hat sich auch entwickelt, Augustinus ist und war nicht das Maß aller Dinge. Sie hat sich eigentlich schon vor der Schrift her entwickelt, das sollte zu Denken geben. 

Denn vor Mose von Noah an, gab es ohne Zweifel Menschen die eine gute Beziehung zu Gott und einen Glauben hatten. Die Bibel gab es noch nicht. Da sieht man das es eine Deutungshoheit, eine göttliche permanente Position zuzüglich zu den Schriften geben muss wo den Weg zu Gott bewahrt. Das ist heute die letztlich Uralte Kirche. Und nicht Calvin. 

 

 

kappa antworten
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GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2108

@kappa Hallo Kappa,

nun, an sich bin ich da um Redlichkeit bemüht. Ich weiß um die Gefahren des Revisionismus - d.h. um unfaire Bewertung, nachdem  ich um die Früchte bestimmter Entwicklungen weiß. Es ist da sehr wichtig, sich in die Zeit der Menschen zu versetzen und sich bewusst zu machen, was sie damals wissen konnten und was nicht.

Die Intention, die diesem Thread zugrunde liegt, ist ja nicht, Augustinus herunterzumachen. Ich denke, ich habe seine historische Dimension und die enorme Wichtigkeit einer großen Person an der Weggabelung der Geschichte, an der ein imperiales Reich, an das das Christentum stark angebunden war, den letzten Atem aushauchte.

Das Problem, das ich mit diesem Thread aussprechen wollte, war die Frage, ob nicht unter dem Einfluss von Augustinus entscheidende Elemente des Evangeliums verloren gingen oder verdreht wurden. Und hier würdige ich sehr wohl auch die Person des Augustinus, der sicher bemüht war, alles richtigzumachen - auf der anderen Seite aber durch eine Mitgliedschaft in einer sehr asketisch lebenden Sekte sehr in seinem Denken und Urteilsvermögen geprägt war.

Nicht Augustinus ist unser Retter, sondern Jesus Christus ist es. Und da, wo uns Jesus Christus Freiheit brachte, sollte ein Christ keinen gutmeinenden Asketen dulden, der diese Freiheit wieder nehmen möchte, weil er entsprechend geprägt ist.

Die Tradition ist nicht vom Himmel gefallen, sie hat sich auch entwickelt, Augustinus ist und war nicht das Maß aller Dinge. Sie hat sich eigentlich schon vor der Schrift her entwickelt, das sollte zu Denken geben.

Wir feiern Pfingsten als Geburtstag der Kirche. Dabei ist Pfingsten die Ausgießung des Heiligen Geistes. Gott spricht zu uns und Gott hilft uns zu verstehen - auch wenn uns vielleicht die Sprache und Kultur fremd ist. Gott ist es, der auch Gemeinden baut und der Kirchen in Existenz führen will. Nur dürfen wir fragen: Wie viel an der Kirche - heute und in der Tradition - ist wirklich von Gott und wie viel ist von Menschen, die meinten, sich da verwirklichen zu müssen.

Ich muss Dir ehrlich sagen, dass ich heute keine Gemeinde habe - und zwar wirklich überhaupt keine. Ich geh nicht nur nicht mehr hin, ich bin aus der Kirche ausgetreten, weil ich zwar Gott liebe und die Rettungstat Jesu dankbar annehme, aber keinen Platz auf Erden finde, wo ich ohne merkwürdige menschengemachte Regeln Gott die Liebe zurückgeben kann, die ich von ihm empfange.

Und es gibt viele "out of church Christians" - Menschen, die Gott lieben, aber die in die kirchlichen sozialen Strukturen vielleicht grade deshalb nicht mehr hineinpassen. Diese Entwicklung versuche ich zu verstehen und dabei bin ich über Calvin gestoßen, der die Wurzeln seiner Lehre bei Augustinus vorgefunden hat.

goodfruit antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@goodfruit

Ich muss Dir ehrlich sagen, dass ich heute keine Gemeinde habe

Das ist nicht gut. Wir sollen keine Einzelkämpfer sein.

hkmwk antworten
Kappa
 Kappa
(@kappa)
Beigetreten : Vor 1 Jahr

Beiträge : 34

@goodfruit

Mir geht es um mehr als nur einen Lehrer . Es geht um die Einheit über Jahrtausende hindurch bis zu den Aposteln zurück. Einzelkämpfertum wollte Christus sicher nicht . Frage den Herrn ernsthaft das er Dir die Wahrheit zeigt und Du offen sein kannst dazu! Tat ich so ähnlich auch.

Du erinnerst mich an meinen ExKollegen :))

Wünsche frohe Ostern ! vgEd

 

 

 

kappa antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2108

@kappa Es geht um die Einheit über Jahrtausende hindurch bis zu den Aposteln zurück. Einzelkämpfertum wollte Christus sicher nicht 

Wie gerne würde ich Dir zustimmen!

Und was Jesus angeht - ja, der wollte und will bestimmt keine zerlegte Kirche, sondern die Einheit.

Das, was ich aber gemeindlich erlebe, ist oft am Evangelium vorbei. Und wenn man da Dinge anspricht, dann bekommt man irgendwelche Zitate, wonach es die perfekte Gemeinde nicht gibt. Das strebe ich ja auch nicht an! Perfektion gehört zu den Maßstäben Satans! Aber was ich möchte ist, dass es kein Problem Missstände anzusprechen, ohne dass sich Menschen existentiell bedroht sehen (so kann ich jedenfalls die eine oder andere Reaktion nur verstehen). Wir haben keine Kirche mehr, wo man fehlerhaft sein darf. Und wer bestimmte Standards nicht erfüllt, der ist in der Gemeinde unerwünscht. Ich denke da vor allem an meine Tochter mit Down-Syndrom. WWJD? Die gemeindliche Praxis heute ist da bestimmte nicht die richtige Antwort.

All die Dinge sind ja mal geworden. Irgendwo ist man falsch abgebogen und ich habe mich auf die Suche gemacht, um diesen Zeitpunkt zu identifizieren, dass man ab da neu beginnen kann.

Ein erstes Problem dürfte die Staatskirche gewesen sein, die Constantin aus den Christen machte. Das, was auf den ersten Blick wie eine Erlösung aus einer Zeit der Verfolgung aussah, hatte gewiss auch negative Seiten in Form einer Vermischung mit Sol invictus Glauben und vor Ort jeweils mit lokalen religiösen Größen, die umgewidmet wurden.

Aber ich glaube, dass es zu dem Zeitpunkt noch möglich war, falsche Kruste von wahrem Kern zu unterscheiden.

Bei Augustinus war das dann sehr, sehr schwer. Er war von seinen gnostischen Freunden ins Amt gehoben worden und auch wenn er nach außen sich distanzierte, so blieb er doch in vielen Fragen den Wegen seiner streng asketischen Bundesbrüder treu. Damit war eine Wurzel in der Kirche, die nicht im Evangelium gründete, es vielmehr relativierte. Aber weil das schon so lange her ist, findest Du keine Kirche, in der nicht der augustinische Geist weht. Und es betrifft Katholiken und Protestanten gleichermaßen, wenn auch vielleicht unterschiedlich stark. Calvin hat da noch einiges dazu beigetragen, dass es auf augustinischen Mist mit von ihm beeinflussten Kirchen radikal bergab ging - zumindest, was das Verständnis des neuen Bundes anging.

Ich bin kein gut vernetzter Mensch. Ich habe meine Familie und ich habe meinen Jesus. Mit denen bin ich in biblisch gegründeten Bündnissen verbunden und wo immer Gemeinschaften da Gefahr hineinbringen, weiß ich, was ich zu tun habe, um das zu erfüllen, was Gott wohlgefällig ist. Und das kann dann eben auch mal das Verlassen einer Gemeinde bedeuten.

Ich habe keine Ahnung, wo Jesus mich noch hinführt, wo es weitergehen soll. Das, was ich als Alternative angedacht habe, ist letztendlich auch auf Augustinus gegründet und somit entkomme ich da nicht der Problematik.

 

goodfruit antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@goodfruit 

Hast du denn noch eine Gemeinde (und sei es eine »out of church«-Gemeinde) gesucht?

Mit denen bin ich in biblisch gegründeten Bündnissen verbunden

Versteh nicht ganz. Meinst du reale „Bündnisse” von Menschen, die Jesus nachfolgen, oder ist das jetzt ein von dir „gefühltes” Bündnis nur für dich und deine Familie?

hkmwk antworten
GoodFruit
(@goodfruit)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 2108

@hkmwk Meinst du reale „Bündnisse” von Menschen

Als Ehemann bin ich mit meiner Frau in einem Bund, den wir vor Gott geschlossen haben, den Gott für Menschen vorgesehen hat und der damit für Gott wohlgefällig ist. Ich sehe mich da in der Verantwortung für meine Frau und meine Kinder.

Als Christ, der sich zu Jesus Christus bekennt und das Mahl feiert, bin ich über den Bund in Christi Blut mit Jesus verbunden und durch diesen Bund, den der Vater und der Sohn geschlossen haben, mit dem Vater verbunden, Kind Gottes.

Hast du denn noch eine Gemeinde (und sei es eine »out of church«-Gemeinde) gesucht?

Wir sind schon lange auf der Suche. Besonders meiner Frau fällt es schwer, da noch einmal Anschluss zu finden oder überhaupt offen dafür zu sein. Es hat da schon so viele Verletzungen gegeben. Und wenn die nicht verheilen, dann ist man vorsichtig, zieht sich zurück, hat Angst vor erneuten Verletzungen.

Das habe ich nicht und ich war auch bereit, mich dann eben allein auf den Weg zu machen. Allerdings hatte ich da den Eindruck, dass das dann gegen die Gemeinschaft, die ich als Familie zu schützen habe, Ansätze gab und so habe ich mich dann ganz ausgeklinkt.

Wenn Du eine Tochter mit starken Defiziten hast, die Du als segensreich im Sinne davon, dass sie zu den wenigen gehört, denen das Himmelreich bereits zugefallen ist (selig sind die geistig armen ...) betrachtest - in der Gemeinde aber als auszugrenzend, weil nicht irgendwelchen Standards gerecht werdend, eingestuft wird, dann ist das nicht mehr meine Gemeinschaft. Und an der Stelle wird eben auch Calvin und Augustinus bedeutsam, weil die so nen Schema von dem berufenen, geretteten Menschen (in der Gemeinde herzlich willkommen) und den gefallenen Menschen ohne Chance (wir müssen draußen bleiben ...) gibt. Das geht so weit, dass ich in dieser Gemeinde Menschen vermute, die einem Gedanken an Euthanasie etwas abgewinnen könnten. Selbst unter Moslems würdest Du so niedere Gesinnungen kaum finden. Das schreibe ich nicht, um zu beleidigen, sondern als ganz bittere Erkenntnis und große Not.

 

goodfruit antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@goodfruit 

Ich habe so was bisher nicht erlebt. Wenn ich nur an die Auftritte von Down-Menschen beim Marsch für das Leben in Berlin denke, fällt es mir schwer zu glauben, dass das, was du beschreibst, weit verbreitet ist.

Aber ich kann mir auch nur schwer vorstellen, wie Freikirchler für die AfD sein können - weiß aber durch Berichte von Leuten, die ich kenne, dass es so was (z.B. in Sachsen) gibt. Also sehe ich jetzt auch keinen Grund, deine Erfahrungen zu bestreiten.

Allerdings hatte ich da den Eindruck, dass das dann gegen die Gemeinschaft, die ich als Familie zu schützen habe, Ansätze gab

Das verstehe ich jetzt nicht. Redest du von der Gefahr, dass ein Schritt auf eine konkrete Gemeinde von deiner Familie als »Ansatz gegen uns« verstanden wurde, oder was für »Ansätze« gab es gegen euch? - Wenn dir das zu weit geht, musst du das nicht mehr beantworten …

hkmwk antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
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@kappa (zum Beitrag)

Die ersten Kirchenväter waren an der Urkirche sehr viel näher dran als Luther und folgende Lehrer.

Luther war Augustiner, und manches was bei Luther nicht gut war kommt von Augustin.

Natürlich hat die Tradition bei Jesus und den Aposteln angefangen, aber bis 1500 hat sie sich weit davon entfernt (weg von der Bibel entwickelt), so dass Luther wieder Richtung NT umkehrte, und andere Lehrer nach ihm noch mehr.

Da sieht man das es eine Deutungshoheit, eine göttliche permanente Position zuzüglich zu den Schriften geben muss

Die musste es geben, solange die Schriften nicht vollständig waren.

Natürlich braucht man auch den Heiligen Geist, um die Schrift richtig zu verstehen.

Das ist heute die letztlich Uralte Kirche. Und nicht Calvin.

Meinst du jetzt die orthodoxe Kirche, oder die römische Kirche, die sich 1054 von dieser Mutterkirche abgespalten hat?

Egal welche: diese uralte (?) Kirche hat in der Geschichte schon öfters gegen Gott gestanden und Gläubige verfolgt. Weil eben genau das eingetreten ist, was Paulus in Apg 20,30 vorhergesagt hat. Das ist zwar schon was her, aber diese Kirche soll ein unfehlbarer Maßstab sein?

hkmwk antworten
Kappa
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(@kappa)
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Beiträge : 34

@hkmwk Die Bibel und Tradition werden bei Katholischen aber nicht als getrennt betrachtet .

Es sind 2 Beine desselben.

Als die Urkirche die 72 Bücher zusammen stellte, waren alle heutigen Unterschiede zu den Freikirchen bereits Sichtbar. Das ist nicht danach erst gekommen, auch wenn ich früher von Freikirchlern diesbezüglich gerne einmal ausgeschmückte Geschichten gehört hatte.

Der Charakter der Messe, Kindstaufe, Sakramente, Priester, Weihungen, strikte Moral, das Gegenteil eines Wohlstandsevangelium, Verehrungen Heiliger zum Beispiel .

 

kappa antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@kappa 

Als die Urkirche die 72 Bücher zusammen stellte

Die Urkirche hat nichts zusammengestellt. Die Urkirche war ein ziemlich unorganisierter Haufen, jede gemeinde verwaltet sich selbst, erst im 2.Jh. kam es dazu, dass zwischen Aufsehern (»Bischöfen«) und Ältesten (»Priestern«) unterschieden wurde und jemand mehr nicht nur seiner Gemeinde, sondern auch den dieser gemeinde unterstellten Zweiggemeinden vorstehen konnte. Das ist dann nicht mehr die Urkirche, sondern die nächste Entwicklungsstufe.

Erste Kanonlisten und Diskussionen gegenüber dem Kanon gab es ab 150, wobei es im Mainstream (der im Gegensatz zu Gnostikern und dogmatischen Judenchristen stand) wohl schon vorher einen Konsens gab (4 Evangelien, 14 Paulusbriefe - incl. Hebräer), der nun insbesondere gegen Markion verteidigt werden musste. Aber erst die vom römischen Staat anerkannte Reichskirche hat sich auf einen Kanon des NTs geeinigt. Und die erste Konzilsentscheidung über das AT gabs im Konzil von Trient (ab 1546).

Die Entwicklung zu einer einheitlichen Kirche des römischen Reichs (die u.a. die Verwaltungsgliederung in die vom Christenverfolger Diokletian geschaffenen Diözesen übernahm) seh ich nicht nur negativ: damit wurde eine Zersplitterung wie später nach der Reformation verhindert. Aber eben auch zuweilen echte Nachfolger Jesu ausgeschlossen.

Aber spätestens als diejenigen, die am alten Glauben festhielten, als Ketzer verfolgt wurden, war die Entwicklung negativ.

Der Charakter der Messe, Kindstaufe, Sakramente, Priester, Weihungen, strikte Moral, das Gegenteil eines Wohlstandsevangelium, Verehrungen Heiliger zum Beispiel .

Klar, das war schon da, als die Reichskirche sich auf den Kanon des NTs einigte. Aber das ändert nichts daran, dass einiges aus dieser Liste den Aussagen des NTs widerspricht (gegen Wohlstandsevangelium ich beispielsweise auch).

Und die Bündnisse gehören Israel (Rö 9,4), also ist nicht die Kirche für den Umfang des ATs zuständig, sondern Israel. Das sich auf den Umfang geeinigt hat, den die Pharisäer als Schrift anerkannten und den auch Jesus nach Lk 11,51 offenbar benutzt hat.

 

hkmwk antworten
GoodFruit
Themenstarter
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Hallo Community,

nur weil wir hier mit der Thematik ja etwas tiefer eingestiegen waren:

Habe grad einen aktuellen Artikel über Augustinus bei historeo gefunden:

https://www.historeo.de/hintergrund/augustinus-und-die-grenzen-der-toleranz

Thematik ist der Umgang von Augustinus mit Andersdenkenden, mit "Ketzern" innerhalb der Kirche aber auch mit Ungläubigen sowie die Thematik der Rechtfertigung von Krieg bei Augustinus.

Ich kann den Artikel sehr empfehlen.

Zu der Thematik des Umgangs mit alternativen theologischen Ansichten zitiere ich aus dem Artikel:

Augustinus war als Bischof selbst in einen heftigen Konflikt mit einer Ketzergruppe geraten, den Donatisten, und dies war sein Argument, um gegen sie vorgehen zu dürfen. Seine Lösung – gewaltsamer Zwang als „ultima ratio“ gegen Ketzer, die die Kirche gefährden – wurde später vom extremen Ausnahmefall zur allgemeinen Norm erhoben. Abfall vom „reinen“ Glauben wurde zum Verbrechen am Gemeinwesen, auf das seit der kaiserlichen Ketzergesetzgebung von 1224 der Feuertod stand.

Und zur Frage des gerechten Krieges bei Augustinus kommt es zu folgender Zusammenfassung:

Ausdrücklich sind laut Augustinus jene Kriege gerechtfertigt, die auf Gottes ausdrückliche Weisung stattfinden. Da Gott sich allerdings selten deutlich genug bekundet, schlägt er eine ergänzende moralische Definition des „gerechten Krieges“ vor: Ein Krieg ist gerechtfertigt, wenn er zur Wiedergutmachung oder Verhinderung von Unrecht geführt wird. Wenn er geführt wird, um die Weltordnung zu erhalten oder wiederherzustellen.

[...]

Der gerechte Krieg wurde durch diese Art der Rechtfertigung direkt mit Disziplinargewalt und Strafrecht verbunden. Schon für Augustinus lag der Gedanke nahe, auch Krieg als Bestrafung als legitim zu betrachten. Im augustinischen Weltbild verschmelzen religiöse, moralische und juristische Fragen so eng, dass zwischen Irrglauben, Sünde und Verbrechen nicht mehr streng unterschieden werden kann. Der Krieg gegen andersgläubige Gruppen wird so ausdrücklich gerechtfertigt.

Damit sind geistlich die Weichen für die kommenden Jahrhunderte gestellt. Inklusive Hexenverfolgung, Kreuzzügen etc.

Ich will Augustinus nicht unterstellen, dass er das im Sinn gehabt hat, als er entsprechende Schriften verfasste.

Augustinus kommt aus einer Zeit, in der die römische Weltmacht zerfiel. Das römische Reich war eine Diktatur, die mit Mitteln staatlichen Terrors agierte. Die unterworfenen Nationen waren da an der ganz kurzen Leine. All das zerbrach jetzt und so ist Augustinus Haltung denn ein Versuch, eine moralische Grundlage für klare Linien in Bezug auf eine Weltordnung zu sorgen.

Er hatte die Probleme, die es für das Christentum bedeutete, so eng mit dem römischen Reich verbandelt zu sein, erkannt und das Konzept an sich abgelehnt. Und doch schafft er in seinem Werk Grundlagen für eine erneute Einmischung des Christentums in weltliche Machtkonzepte.

Bei all dem frage ich mich, was wohl Jesus dazu gesagt hätte. Hat uns Augustinus das Himmelreich näher gebracht, das uns Jesus verkündete? Ich glaube kaum. Denn Himmelreich hat wenig damit zu tun, ob ich falsch oder richtig liege - was könnte es da für einen anderen Lehrer als den Heiligen Geist geben? Aber ganz viel, mit der Beziehung, die ich zum Herrn und zum Vater habe.

Erneut tun sich mir hier problematische Seiten des Augustinus auf. Sicher ist Augustinus nicht für alles verantwortlich, was die Nachwelt mit seinen Schriften gemacht hat. Aber er hat doch viele Dinge angesprochen, von denen ich mich frage, ob diese Gegenstand der Lehren und Ziele Christi sind.

Und immer wieder scheint mir die Freiheit, die Christus uns brachte, zu den Hauptopfern all dieser Dinge zu gehören. Der Neue Bund wird da förmlich zugeschüttet und gerät aus dem Fokus. Dafür formiert sich eine rechthaberische totalitäre Linie, die das, was das Christentum predigen und leben sollte, immer mehr in einen deformierten Zustand bringt und so immer mehr am Ziel vorbei agiert.

Viele Grüße

GoodFruit

 

goodfruit antworten
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Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 5711

@goodfruit 

Das römische Reich war eine Diktatur, die mit Mitteln staatlichen Terrors agierte.

Na ja, »Terror« finde ich übertrieben. Wir sehen das Römische Reich meist durch eine jüdische Brille. Andere Völker haben sich gerne dort integriert. Auch die Gallier, die gewaltsam unterworfen wurde, waren wenige Generationen später überzeugte Römer. Schließlich was das römische Reich die am weitesten fortgeschrittene Zivilisation der Welt.

Und damit für Andere ziemlich anziehend. Der Limes war militärisch nur wenig sinnvoll, die Hauptaufgabe war es, damit zu kontrollieren, wer ins Land darf. Also so ähnlich wie die Grenzzäune zwischen USA und Mexiko oder an den Außengrenzen der EU.

Als die Grenze nicht mehr kontrolliert werden konnten und ganze Germanenstämme im Reich Zuflucht fanden, was dies der Anfang vom Ende des Römischen Reichs. So dass am Ende China die am weitesten fortgeschrittene Zivilisation der Welt war …

Sicher ist Augustinus nicht für alles verantwortlich …

Ein Teil seiner Auslegung kommt ja aus der lateinischen Übersetzung (Itala/Vulgata). Da steht in Lk 14,23 »zwinge sie einzutreten« - dieser Übersetzungsfehler ist die Quelle von Zwangsbekehrung etc.

hkmwk antworten


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