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Wenn Christen sich aus Angst nicht in die Kirche trauen (Trigger)

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Anonymous
 Anonymous
Beiträge : 0

Hallo,

vielleicht hat hier jemand, dass gleiche Problem, dass sie sich aus Angst nicht in die Kirche trauen. Meinem Mann geht es so.
Er hat PTBS, ist Christ, liebt eigentlich Gottesdienste, aber er liebt nicht den Gedanken, dass ihm die Kirche vorkommt, wie eine Todesfalle. Er mag es nicht, jemanden hinter sich sitzen zu haben. Er mag es nicht, dass es bei uns in der Kirche eine erhöhte Empore gibt, wo sich *wer weiß was* dort verstecken könnte. Er hasst es, dass bei uns während des Gottesdienstes die Türen geschlossen werden, hat Angst umzukippen und dass es dann peinlich ist.
Gleichzeitig aber sehnt er sich danach öfter in die Kirche zu gehen und hat es als Neujahrsvorsatz.
Entschuldigung bitte für viele Posts in letzter Zeit, musste ein paar Dinge aufschreiben, die ich auf dem Herzen hatte. Dies ist wahrscheinlich mein letzter.

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38 Antworten
Anonymous
 Anonymous
Beiträge : 0

offene Kirche
Liebe Anonyma,

Veröffentlicht von: @anonyma-85ea7af24

Entschuldigung bitte für viele Posts in letzter Zeit, musste ein paar Dinge aufschreiben, die ich auf dem Herzen hatte. Dies ist wahrscheinlich mein letzter.

Das macht doch nichts. Wenn du was auf dem Herzen hast, dann schreibe es auch.

Ich habe über Deinen Mann, die PTBS und den Wunsch in den Gottesdienst zu gehen nachgedacht. Der Sprung in den Gottesdienst ist vielleicht zu groß und wenn dein Mann gefangen ist zwischen den Wunsch hinzugehen und dem Unvermögen, das kann ihn wirklich fertig machen. Da kam mir der Gedanke dich zu fragen: Ist die Kirche auch offen, wenn kein Gottesdienst ist?

Vielleicht wäre das ein erster Schritt in die leere Kirche zu gehen. Je vertrauter einem die Umgebung ist, desto weniger haben die Trigger eine Chance. Wobei die Trigger sind schon sehr hart und niemand kann sagen, was alles die Auslöser bei einem Menschen sind.

Manche Menschen haben bereits ein erhebendes Gefühl, wenn sie einen Kirchenraum betreten. Vielleicht ist deinem Mann ja sogar zumute, dass er dann beten will.

Das sind nur meine spontanen Gedanken, wenn sie weiter helfen gut, wenn nicht, war nicht böse gemeint.

Alles Liebe und Gute

Ralf

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1 Antwort
Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 1 Sekunde

Beiträge : 0

Vielen Dank! Warum sollte ich denn denken, dass das böse gemeint sei? Leere Kirchen sind für ihn eigentlich nicht so ein Problem. Es geht um volle Kirchen, insbesondere an den hohen Feiertagen - wenn dann auch noch die Türen geschlossen werden. Dann hat er Angst, dass etwas oder jemand auf der Empore ist.
Gleichzeit aber will er gerade dann in der Kirche sein.

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Anonymous
 Anonymous
Beiträge : 0

Entfremdung begegnen (Trigger)
Hallo Ano,

an diesem Punkt kann ich die Probleme deines Mannes vielleicht etwas nachvollziehen, denke ich.

Ich habe ebenfalls eine schwere Traumafolgeerkrankung, allerdings in meinem Fall aufgrund von jahrelanger, massiver Gewalt bzw. Missbrauch von früher Kindheit an. Und auch ritueller Gewalt, was bedeutet, dass alles, was an irgendwie sakrale, "kultartige" Handlungen erinnert (und das tut in Gottesdiensten natürlich ganz viel), für mich hoch traumatisch besetzt war und z.T. trotz viel zwischenzeitlicher Therapie und Seelsorge noch ist.

Ich verkrümel mich auch oft in die letzte Ecke, stehe im Gottesdienst nicht auf, wenn alle aufstehen, kann Kindersegnungen nur schwer anschauen, kämpfe bei Liedern mit viel Traurigkeit, klammer mich manchmal an meinen kleinen Igelball, bleibe in der Passionszeit oft ganz zu Hause usw.. Klingt nicht so toll, klar, ist aber mein Kompromiss, und es wird auch nach und nach tatsächlich besser.

Gleichzeitig habe ich den Glauben an Jesus Christus vor vielen Jahren schon als etwas Rettendes erlebt, ohne das ich in der Zwischenzeit manchmal kaum überlebt hätte.

Ein wichtiger Punkt, der mir Gemeinde lebbar macht, sind tatsächlich die Menschen dort. Zumindest manche, u.a. auch unser Pastor, der ebenso wie einige liebe Freunde aus dem Hauskreis etc. wichtige Sachen weiß über meine Vergangenheit. Und mir gezielt das immer wieder durchbrechende Gefühl nimmt, völlig falsch da zu sein, verloren, zu schlecht usw..

Trauma hat die Tendenz, einen zu entfremden - gefühlt von allem und allen. Es macht wahnsinnig einsam, denn die traumatisierte Seite des Selbst steckt in der Ohnmacht bzw. Todesnähe ja oft auch noch nach vielen Jahren drin. Es braucht je nach Vorgeschichte lange, harte Arbeit und gute, professionelle Begleitung, das zu ändern.

Ich habe das vor ein paar Jahren mal in diesem Gedicht zu beschreiben versucht:

Endlich

Was reißt die Schluchten
Zwischen mich und euch
Aus tiefem kalten Grauen
Das keiner sieht
Nur ich
Unendlich

Was spült die Fluten
Zwischen mich und euch
Aus tosend nackter Angst
Die keinen packt
Nur mich
Unendlich

Was wirft die Flammen
Zwischen mich und euch
Aus urgewaltigem Schmerz
Den keiner fühlt
Nur ich
Unendlich

Was treibt die Wolken
Zwischen mich und euch
Aus schwarzer Schuld und Scham
Die keinen trifft
Nur mich
Unendlich

Wo ist der Weg
Von mir zu euch
Durch Undurchdringlichkeit
Die keiner kennt
Nur ich
Unendlich

Unendlich klein
Und ganz von fern erkenne ich
Die Hand in meine Richtung tastend
Die jemand hält
Für mich
Unfassbar

Endlich

In Gottesdiensten fällt sowas oft besonders auf, denn die Begegnung mit Gott berührt unser Innerstes und macht uns auf die Weise irgendwo natürlich auch sehr verletzlich. Etwas, das für traumatisierte Menschen schwer zu ertragen ist, weil es sich so gefährlich anfühlt, noch dazu in der Gegenwart so vieler anderer Menschen.

Wenn ich weiß, ich darf wirklich da sein, wo Gottesdienste gefeiert werden, auch mit meiner ganzen Zerbrochenheit, dem Verwirrtsein, einfach dem So-Geworden-Sein, gelingt es mir eher. Es bedeutet mir viel, dass unser Pastor mal meinte, die Kirche wäre gesegnet, wenn auch Menschen wie ich dort Platz finden, weil es Gottes Größe und Liebe und Wunsch bzw. Kraft zum Heilen zeigt. Dann fühle ich mich manchmal etwas weniger überflüssig und fehl am Platz.

Vielleicht können Menschen aus eurer Kirche, die Verständnis zeigen für deinen Mann, ihm das Dortsein ja auch leichter machen. So wie Bonhoeffer mal gesagt hat, dass der Christus im Bruder größer ist als der Christus in mir. Es also normal ist, einander zu brauchen. Und es bleibt auch meist keine Einbahnstraße: Ganz bestimmt hat dein Mann auch selbst viel an Gaben, Ressourcen etc., womit er wiederum anderen dienen kann. Auch das erlebe ich immer wieder so und fühle mich dadurch sehr froh und beschenkt.

Liebe Grüße
eine andere Anonyma

Anonymous antworten
1 Antwort
Irrwisch
(@irrwisch)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 3480

Danke!
Für deine mich sehr berührenden Zeilen!

irrwisch antworten
Tinkerbell
Beiträge : 1552

Ähnlicher Fall
Wir haben jemand in der Gemeinde, der aufgrund einer Erkrankung ähnliche Schwierigkeiten hat. Die momentane Lösung sieht so aus, dass sie im Gottesdienst in der letzten Reihe sitzt, so lange es geht, und dann im Notfall in den Nebenraum geht - dieser hat eine Glaswand, man kann also alles sehen, und auch Ton-Übertragung aus dem Gottesdienstsaal. Die Tür nach draußen kann dort offen bleiben, das stört nicht. Meistens reicht schon das Wissen um diese Möglichkeit, dass die Person es recht gut aushält.

Ich würde an eurer Stelle mit dem Pastor / der Gemeindeleitung reden und schauen, wie man es in eurer Gemeinde / Kirche für ihn gestalten kann. Sicher gibt es Möglichkeiten. Bestimmt wissen ja auch viele um seine Krankheit - das hat es in unserem Fall (da war es unübersehbar) deutlich leichter gemacht, weil einfach jeder weiß, was Sache ist und sich dann nicht zig Leute neugierig umdrehen, wenn jemand aufsteht und nach nebenan geht.

tinkerbell antworten


Murphyline
Beiträge : 1550

in meiner Kirche (katholisch) kann man ganz hinten unter der Empore an der Wand stehen. Wäre ideal für deinen Mann. Die Türen sind nicht geschlossen und es gehen eh ab und an während der Messe Leute rein oder raus. Da sowieso so viel Bewegung in der Messe ist (sitzen, stehen, knien, hurumwuselnde Ministranten, Eltern mit Babys) fällt es gar nicht besonders auf, wenn jemand mal zwischendurch raus geht.
Vielleicht sucht ihr euch einfach eine Kirche, die vom Gebäude her deinem Mann eher zusagt und wo er im Notafall auch schnell rausgehen kann, ohne groß aufzufallen.

murphyline antworten
Buecherwand
Beiträge : 151

Schau mal nach, ob es bei euch in der Nähe auch kleine Gemeinden gibt. Vielleicht fühlt er sich dann wohler.

Ich mag aus anderen Gründen auch nicht in einen Raum mit Hunderten von Menschen sein. Unsere Gemeinde stellt ihre Gottesdienste ins Netz und sie überträgt sie in einige Räume des Gemeindebaus. Wäre so etwas das Richtige für euch?

buecherwand antworten
1 Antwort
Herbstrose
(@herbstrose)
Beigetreten : Vor 9 Jahren

Beiträge : 14194

Der letzte Punkt ist nicht so einfach. Es geht ja nicht nur um das Gebäude an sich. Diese Gemeinde ist ja die geistliche Heimat der Familie.

herbstrose antworten


Anonymous
 Anonymous
Beiträge : 0

Kein Mensch muss oder sollte sich Situationen aussetzen, die für ihn belastend sind. Ich sehe da absolut keine Pflicht für den Gottesdienstbesuch. Man kann sich auch gute Predigten und ganze Gottesdienste im Fernsehen (ERF, Bibel-TV) ansehen oder anhören. Aber vielleicht gibt es einen Hauskries oder ein Klreingruppe, der Du Dich anschließen kannst. Es wäre schade, wenn Deine Ängste dafür sorgen, dass Du keine Kontakte mehr hast. Wenn Du in so einer Kleingruppe eine feste soziale Größe hast, dann fällt es Dir vielleicht auch leichter wieder in den Gottesdienst zu gehen, weil Du da ja nicht mehr alleine bist sondern in Deiner Dir gut bekannten Gruppe.

Vor vielen Jahren hatte ich auch mal große Ängst.

Bei mir war es ein Schritt, zu erkennen, dass ich mein Leben nicht selber in der Hand habe. Ich kann da keine Sekunge dazu tun und es ist auch nicht in meiner Verantwortung das zu tun. Der Herr hat da unser Leben in seiner Hand. Ich habe auch gemerkt, dass es mir nicht gut tut, wenn ich meine, ich müsste für meinen Schutz Maßnahmen ergreifen, auf der Hut sein usw. Das bringt mir nichts, letztendlich kann ich eh nichts ausrichten, und mein Schutz ist Gottes Aufgabe.

So habe ich dann mein Leben in Jesu Hand gegeben. Ob ich lebe oder tot bin - für einen Christen ist das nicht so der Unterschied und im Grunde genommen dürfen wir erwarten, dass es nach unserer irdischen Phase eher noch viel besser wird, als wie es hier ist. Wovor sich also fürchten? Mein Leben ist in Jesu Hand. Wenn er hier noch eine Aufgabe für mich hat oder mir noch etwas wunderschönes Schenken möchte, dann wird er das tun. Wenn meine Zeit hier vorbei ist, dann wird er mich zu sich holen. Ich kann das ganz entspannt sehen. Der Schritt hat mir eine große Freiheit gebracht aus der heraus die Ängste dann irgendwann verschwunden sind und heute im Grunde genommen keine Chance mehr haben.

Ich denke, dass mit Jesu Opfer, mit der Freiheit von der strafenden oder gar vernichtenden Wirkung des Gesetzes, auch eine Möglichkeit zur Befreiung von Angst geschaffen wurde.

Jesus weiß, dass wir hier Angst haben werden. Aber er sagt uns:

Joh 16,33 Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Dieses getrost sein dürfen wir einfach so machen und für uns annehmen.

Gott schenke Dir seinen Frieden, dass er Dich umgibt und durchdringt!

Liebe Grüße
Ecc

Anonymous antworten
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