Christen und Impfungen
Wieder mal hat es einen radikalen Impfgegner erwischt,
"Mehrfach sprach er sich gegen die Coronaimpfung aus – um gesund zu bleiben, solle man lieber beten. Nun ist der Chef des christlichen US-Senders Daystar, Marcus Lamb, nach einer Covid-Erkrankung gestorben."
Etwas an der Argumentation verstehe ich nicht:
Das Argument ist ja: Sich impfen lassen ist ein Eingriff in Gottes Schöpfung und lässt auf mangelndes Gottvertrauen schließen.
Aber mit diesem Argument müsste ich ja alle medizinischen Eingriffe ablehnen, meine Rauchmelder abmontieren und auch auf den Blitzableiter verzichten.
Warum ist das ausgerechnet bei der Impfung jetzt ein Argument?
Veröffentlicht von: @johannes22Etwas an der Argumentation verstehe ich nicht:
Gehst du denn davon aus, dass hier grundsätzlich eine nachvollziehbare und verständliche Argumentation zu finden ist?
Veröffentlicht von: @lucan-7Gehst du denn davon aus, dass hier grundsätzlich eine nachvollziehbare und verständliche Argumentation zu finden ist?
Eine Begründung müsste es ja geben warum jetzt Impfungen satanisch sind und z.B. Antibiotika oder Blitzableiter nicht.
ging es nicht gerade um "nachvollziehbare" und "verständliche" Argumente? 😉
Da gibt es keine.
Es gibt auch keine, warum beispielsweise künstliche Befruchtung oder geschlechtsangleichende Maßnahmen "Gott ins Handwerk gepfuscht" oder ein Eingriff in Gottes Schöpfung ist, eine operative Korrektur eines Herzfehlers aber nicht.
Jedenfalls habe ich da noch keine bekommen, die irgendwie rational nachvollziehbar wäre.
Das ist ganz einfach so: Man hat eine diffuse, nicht rational erklärbare Abneigung gegen irgendeine Behandlung, und weil man keine rationalen Gründe hat, beruft man sich darauf, daß Gott irgendwie was dagegen haben könnte, es ein Zeichen für mangelndes Vertrauen in Gott ist o.ä.
Im Bezug auf Impfungen, Operationen usw. stimme ich dir zu, siehe auch mein Posting weiter unten. Bei dem, was als "geschlechtsangleichende" OP bezeichnet wird, ist die Sache aber tatsächlich anders gelagert.
Eigentlich ist das ein komplettes Thema für sich, trotzdem ein kurzer Kommentar: Da geht es ja darum, dass biologisches Geschlecht und empfundene Identität nicht übereinstimmen. Und da kann man durchaus fragen, ob da jemand, der sich bspw. weiblich empfindet, fälschlich in einem männlichen Körper gelandet ist (dann wäre eine entsprechende körperliche Umgestaltung angezeigt), oder ob die Selbstwahrnehmung nicht stimmt (dann wäre es ein psychologisches Thema).
Ich will das an dieser Stelle nicht ausdiskutieren, möchte aber doch anmerken, dass da meines Erachtens mit zu großer Selbstverständlichkeit davon ausgegangen wird, dass Ersteres der Fall ist und Letzteres viel zu schnell als "transphob" o. dgl. diffamiert wird. Mit der tragischen Folge mitunter vorschneller ganz schwerwiegender und unumkehrbarer Eingriffe - ein Weg, den übrigens durchaus immer wieder Patienten sehr bereuen.
Bei Geschlechtsangleichungen würde ich unterscheiden zwischen dem gesellschaftlichen Umgang mit Andersartigkeit und den medizinischen Eingriffen.
Auf Ebene der Gesellschaft sollte man den Anderen so nehmen, wie er ist.
Bei den medizinischen Eingriffen wird genau geschaut und nichts überstürzt.
Ja, das ist ein Thema für sich. Und ich bin auch sehr dafür, daß man da genau hinschaut, bevor man was in Gang setzt, was nicht oder nur sehr schwer rückgängig zu machen ist.
Das ist aber tatsächlich nicht das Thema.
Ich kenne zwei Transfrauen, beides Christinnen, die in ihrem christlichem Umfeld auf Ablehnung gestoßen sind.
Die eine durfte sich konkret den Vorwurf anhören, daß sie wohl Gott mit ihren geschlechtsangleichenden Maßnahmen vorwerfen wolle, einen Fehler gemacht zu haben.
Hast Du schon mal gehört, daß sich Menschen, die sich einen angeborenen Organfehler korrigieren lassen, sich sowas anhören müssen?
Politik
Gericht
Veröffentlicht von: @johannes22Aber mit diesem Argument müsste ich ja alle medizinischen Eingriffe ablehnen, meine Rauchmelder abmontieren und auch auf den Blitzableiter verzichten.
Ich nehme an, daß man eine Fettleber oder kariöse Zähne schon eher eigenem Verschulden zuschreibt und daher gern auf medizinische Eingriffe zurückgreift, um individuelle Fehler zu bereinigen. Auch Rauchmelder stehen irgendwo bei "persönlichem Versagen", denn wenn es brennt, dann meistens ja wegen ungenügender Vorsicht.
Naturkatastrophen wie Corona werden in fundamentalistischen Kreisen allerdings eher als Gottes Gericht verstanden im Rahmen des beliebten Themas "Endzeit". Das Scheiden der Schafe von den Böcken. Den einen zur Strafe, den andern zur Belohnung, wie ja auch der Sender twittert:
Schweren Herzens geben wir bekannt, dass Marcus Lamb, Präsident und Gründer von Daystar Television Network, nach Hause gegangen ist, um beim Herrn zu sein.
So oder so ist Corona also irgendwie gut. Und darum auch von jedem zu ertragen.
Das gängige Problem
Man wird da keine stringente Argumentation finden. Ich kenne auch jemanden, der in seinen 20ern erfolgreich eine Krebstherapie abschloss und heute sagt: "Würde ich nicht wieder machen, sondern mich auf Gott verlassen." Lässt sich natürlich gut behaupten, wenn die Sache schon ausgestanden ist...
Da zu diskutieren dürfte sinnlos sein. Man kann es auch schwer nachvollziehen, weil es recht willkürlich erscheint, wo diese Christen die Grenze ziehen - Zahnprophylaxe ja, Masernimpfung keinesfalls? Ich habe solche Unterhaltungen zur Genüge geführt, weil wir im engsten Umfeld Vertreter dieser Haltung haben...kann man sich einfach sparen. Generell sollte man öfter sagen "Lass uns nicht darüber reden". Es führt nur zu sinnlosen Debatten, an deren Ende man sich höchstwahrscheinlich nur streitet und keine Seite irgendwas gewinnt.
...um in seinem Denksystem zu bleiben
und außerdem:
"Im Mai hatte das Paar sogar fälschlicherweise behauptet, der Impfstoff »töte« das Immunsystem"
"Der Sohn des Moderators, Jonathan Lamb, bezeichnete die Covid-19-Erkrankung seines Vaters als einen »spirituellen Angriff des Feindes«."
Da, bitte! Beweis erbracht...