»Wie schad, dass wir Saggsen gein Dialegd haben«
Hier kann alles hin zum Thema Dialekt. Vermutlich wird bald ein echter Sachse den oben zitierten Satz in korrektem Dächsisch (das gibt es, oder?) aufschreiben …
Immerhin, seit Prof. Siebs die Göttinger Aussprache zum Standard erhoben hat, ist der darin enthaltene Wunsch erfüllt: Die Sprache von Luther in Wittenberg, oder das Deutsch, das Goethe in Weimar lernte, um seinen Frankfurter Dialekt loszuwerden - das ist jetzt Dialekt …
Heute sind es meist Großstädter, die keinen richtigen Dialekt haben, sondern gerade mal dialektal eingefärbtes Deutsch …
Tja, ich komme aus einem Elternhaus, in dem beide Eltern aus Schlesien kommen, und zwar aus Familien, wo Wert darauf gelegt wurde, dass die Kinder Hochdeutsch können. Klar, nach 45 war dann der schläsische Dialekt eine Verbindung zur Heimat, aber richtig sprechen konnte den anscheinend keiner in der Verwandtschaft.
Und im Neubauviertel in der Kleinstadt waren vorwiegend Familien, die aus Mittel- und Ostdeutschland stammten, den dortigen Dialekt kannte ich nur ais einer Zeitungskolumne (die es sviw schon lange nicht mehr gibt).
Also mein »Dialekt« war eine Form des Ruhrpott-Missingsch. Aber auch dat habich nich mehr wirklich drauf. Und Berlinisch habe ich auch nicht gelernt …
Im Grunde ham ja die annern keen. (Was mich an den einen Satz einer Mitschülerin damaaaaals zu Schulzeiten erinnert, wo es noch keine Handys gab und wir einfach nur klingelten und uns durch die Sprechanlage verständigten. Sie sprach nach einem "Hallo" hinein: Kummt'de Ulregge nunner?)
Die Ulrike. 🙂 "Kommt die Ulrike runter?" (haben wir die Eltern gefragt)
Ich bin stolz, das ich noch Kölsch spreche, aber es stirbt aus! Viele alte Ausdrücke werden mit meiner Generation aussterben, wie z. B. Klabbas für eine alte Handtasche, Külsche für husten oder Jeplütz für unordentliche Klamotten oder viele Klamotten 😀!
BAP singen in "Jupp", das der Obdachlose Jupp mit seinen Kumpels täglich an der "Vringspoorz" sitzt! Wer weiß DAS denn heute noch (spontan, ohne Google)???
Ich glaub ich hab jetzt rausgefunden, wie die Vringspoorz auf Hochdeutsch heißt. Aber auch nur, weil ich auf Openstreetmap »Vringsveedel« als local name gefunden habe. Soll ich jetzt Vringspoorz als local name eintragen?
Es ist das Severinstor, der "Eingang" in die Kölner Südstadt.
Ich bin zwar auf dem Dorf aufgewachsen, spreche aber keinen Dialekt, was ich schade finde. Meine Eltern haben mit uns nur hochdeutsch gesprochen, vermutlich, weil sie es uns in der Schule leichter machen wollten. Mein Hochdeutsch ist aber von der Aussprache her ganz klar mundartlich eingefärbt. Vermutlich kann man leicht die richtige Ecke erraten, aus der ich komme 😆 Isch sach z.B. Fluchzeuschträja 🤣 Kann jemand erraten, was das heißt?
Dabei hätte ich sogar dreisprachig aufwachsen können, weil meine Mutter aus einem Ort 30 km südlich von hier kommt, und da wird nicht südniederfränkisch sondern ripuarisch gesprochen, so wie Kölsch oder Oecher Platt.
Wie isses mit dem Hietrochbradl? 😉 (Erzgebirge)
Oje, Erzgebirge, sagst du? Ich habe mal mit jemandem aus dem Erzgebirgskreis telefoniert ... war schwierig für mich ... aber Moment, den Klang habe ich noch ein wenig im Ohr ...
Es gab viele Lautverschiebungen von a nach o. Wenn ich dazu noch annehme, dass das ch eigentlich ein g ist (wie hier), würde ich in der Mitte "troch" als "trag" verstehen.
Vorne das "hie" als "hier" oder hin"?
Bei "bradl" fällt mir überhaupt nichts ein. Vielleicht die weichen Konsonaten zu harten machen => pratl? oder bratl?
Hin-trag-?
Hilfe... Ist das ein krasses Dialektwort oder ein hochdeutsches Wort, mundartlich ausgesprochen?
@neubaugoere Hintragbrettchen = Serviertablett?
und da wird nicht südniederfränkisch sondern ripuarisch gesprochen
Das sind so Ausdrücke von Fachleuten, die damit klarkommen mussten, dass im Rheinland sich die grenze zwischen Platt- und Hochdeutsch zum »rheinischen Fächer« verbreitert. Dabei hat sviw schon Karl Marx darauf hingewiesen, dass die Eigenheit des rheinischen Dialekts ist, die Lautregel morphologisiert zu haben. - Ab und zu hat der olle Marx auch mal was Vernünftiges gesagt …
Dabei hat sviw schon Karl Marx darauf hingewiesen, dass die Eigenheit des rheinischen Dialekts ist, die Lautregel morphologisiert zu haben.
Das verstehe ich nicht. Kannst du mir das mal übersetzen?
Ja, klar, hier hat praktisch jedes Dorf seinen eigenen Dialekt gehabt mit quasi gleitenden Lautverschiebungen. Trotzdem sieht man aber auch größere Brüche. Bei der kommunalen Neugliederung in den 70er Jahren wurden hier 11 Dörfer zu einer Kleinstadt zusammengelegt. Innerhalb der Stadt wird in den nördlichen Stadtteilen z.B. gesagt: "Se Äete mött dämm Läepel uut dämm Äetkäetel." In den südlichen Stadtteilen sagt man: "Se ääße mött dämm Lääfel uus dämm Ääßkääßel." Das zeigt ja doch ganz eindrucksvoll, dass die Benrather Linie quer durch die Stadt verläuft.
Der Dialekt verschwindet aber ohnehin immer mehr. In meiner Generation wurde er noch von einigen gesprochen, von den jungen Leuten kenne ich überhaupt keine mehr, die Dialekt sprechen.
Das zeigt ja doch ganz eindrucksvoll, dass die Benrather Linie quer durch die Stadt verläuft.
Die Benrather Linie ist die Grenze zwischen maken und machen.
Bei dem von dir zitierten Satz geht es um andere Wörter. Und bei der Gliederung in verschiedene Formen das Rheinischen um noch andere Linien. Siehe Wiki zum rheinischen Fächer.
Ich nehme an, wenn du den Link angeschaut hast, hast du verstanden, was ich meine - ansonsten einfach zurückfragen!
Der rheinische Fächer ist mir ein Begriff. Ich hatte nur nicht verstanden, was Karl Marx in dem Zusammenhang mit morphologisiert meint. Der Begriff Morphologie ist mir nur aus der Biologie bekannt. Du hattest geschrieben:
Dabei hat sviw schon Karl Marx darauf hingewiesen, dass die Eigenheit des rheinischen Dialekts ist, die Lautregel morphologisiert zu haben.
Die Spracheigenheiten hier in meinem Städtchen, die ich oben genannt hatte, fallen genau mit den Veränderungen bei einigenFormen von machen, so wie jemaakt und jemaht, zusammen, weswegen der Verlauf der Benrather Linie genau dort eingezeichnet wurde. Das geht aber schon auf das 19. Jhd zurück, als bei Schulkindern die Sprachgewohnheiten erforscht wurden.
Der Begriff Morphologie ist mir nur aus der Biologie bekannt.
Morphologie gibts auch in der Sprachwissenschaft … und Marx hat sich auch mit anderen Dingen als nur seiner Ideologie befasst.
weswegen der Verlauf der Benrather Linie genau dort eingezeichnet wurde
Das war mir nicht klar.
Und dass sich auch in den Dialekten die Lautverschiebung weiter nach Norden ausdehnt, habe ich auch schon gehört. Sie fing ja in den südlichen Alpen o.ä. an …
Hömma, waisse, wenne aus'm Pott komms, so wie ich datt tuu, dann kannsse dich nur duselich lachen, watt datt alles mitte Sprache so gippt ...
"Komma bei de Omma!" ... "Mach datt Mäh ma Ei!"
Ach, da kannse dich echt beömmeln!
L'Chaim