Braucht Glaube Lehr...
 
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Braucht Glaube Lehre? Warum und wenn ja, wieso und wozu?

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andreas
Themenstarter
Beiträge : 1810

Moin zusammen!

Die Frage, um die es hier gehen soll, steht im Großen und Ganzen im Betreff.

Der Begriff der "Lehre", den ich hier verwende, soll sowohl das Nachdenken und Reflektieren beinhalten, das wir Theologie nennen, als auch jene Aussagen, die mit dem Anspruch versehen werden, allgemeine christliche Wahrheiten zu formulieren.
Im Idealfall geht m.E. letzterem immer ersteres zuvor und ist ersteres nie selbstbezüglich, sondern immer auf die Bibel bezogen. Aber auch die Nichtidealfälle sind hier mitgemeint, denn:

Es soll hier nicht um einzelne Lehrfragen gehen, auch wenn die möglicherweise zur Veranschaulichung herangezogen werden können. Sondern darum, wie das mit dem Verhältnis von Glaube und Lehre überhaupt aussieht. Wenn Euch also zur Eingangsfrage gleich eine Antwort einfällt, haut sie raus.

Sonst würde ich zur Einstimmung gern zwei drei Anekdoten und Beobachtungen mit Euch teilen:

Zum einen wird immer wieder festgestellt, dass keine andere Religion überhaupt so viel an Lehre entwickelt hat wie das Christentum. Wissenschaft und Philosophie gibt es auch im islamischen Bereich oder im alten und neuen Ostasien. Da wird also insgesamt nicht weniger gedacht.
Aber dass über den Glauben selber nachgedacht und reflektiert wird, dass der Verstand in den Glauben mit einbezogen wird und sich das entwickelt, was wir heute "Theologie" nennen, das gibt es, zumindest der Quellenlage nach, nur im Christentum.

Diese Entwicklung sehen manche als essentiell für das Christentum an ("Glaube betrifft den ganzen Menschen, also auch den Verstand"), andere eher als eine Art Betriebsunfall ("Es steht der Vernunft nicht zu, Gottes Wort zu beurteilen oder zu sortieren." "Es geht um Beziehung, nicht ums Begreifen.") Und viele von uns werden wohl den Argumenten für beide Seiten nicht ganz ihren Wahrheitsgehalt absprechen können.

Ich muss in dem Zusammenhang an ein Gespräch denken, dass ich vor gut 20 Jahren in einer Hochburg des Pietismus mit einem orthodoxen Mitstudenten hatte. Er fragte
"Wie klingt für dich die orthodoxe These, dass am wichtigsten die Liturgie ist, dann erst die Lehre und an dritter Stelle die christliche Ethik?" Ich antwortete: "Wenn wir Liturgie als das verstehen, was sie sein will, nämlich gelebte Beziehung zu Jesus Christus, klingt es für mich sehr pietistisch." - "Oh nein!" - "Und dann würde ich sagen, die Aussage 'Liturgie ist wichtiger als Lehre' ist selbst eine Lehraussage." - "Schei***!" Aber er sah ein, dass es stimmte.

Will sagen: Auch wer Theologie und dem Stellenwert von Lehre skeptisch gegenübersteht, wird in dem Moment, wo er das formuliert, Lehre betreiben. Und dies im besten Fall auch wissen.
Wenn der Glaube für mich mehr ist als mein ganz individuelles Erleben ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit, kann ich gar nicht darüber reden, ohne zu lehren.

Lehre wäre in diesem Sinne allerdings nicht Selbstzweck, sondern dient der Beziehung. Auch wenn sie das mal mehr und mal eher weniger erkennbar und gut macht.

Und damit ahnt Ihr, wohin ich selbst tendiere. 😊

Dies aber nur als mein erstes Brainstorming.

Ich weiß, Metaebenen-Threads sind meist nicht so die Kassenschlager hier. Aber vielleicht finden sich ja ein paar unterschiedliche Ansichten dazu.

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161 Antworten
1 Antwort
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(@deleted_profile)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 18002
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Moin zusammen!

Die Frage, um die es hier gehen soll, steht im Großen und Ganzen im Betreff.

Der Begriff der "Lehre", den ich hier verwende, soll sowohl das Nachdenken und Reflektieren beinhalten, das wir Theologie nennen, als auch jene Aussagen, die mit dem Anspruch versehen werden, allgemeine christliche Wahrheiten zu formulieren.
Im Idealfall geht m.E. letzterem immer ersteres zuvor und ist ersteres nie selbstbezüglich, sondern immer auf die Bibel bezogen. Aber auch die Nichtidealfälle sind hier mitgemeint, denn:

Es soll hier nicht um einzelne Lehrfragen gehen, auch wenn die möglicherweise zur Veranschaulichung herangezogen werden können. Sondern darum, wie das mit dem Verhältnis von Glaube und Lehre überhaupt aussieht. Wenn Euch also zur Eingangsfrage gleich eine Antwort einfällt, haut sie raus.

@andreas-wendt

Die Frage beschäftigt mich auch, mal mehr und mal weniger, aber doch kontinuierlich. Der Glauben, den ich meine, der mir was bedeutet, der braucht keine Lehre, denn für den sind die Konstrukte des natürlichen Verstandes (Lehre) ein Hindernis. Aber: woraus sollte sich dieser Glaube speisen, wenn nicht aus der Lehre? "Aus der Bibel" mag man antworten, wenn man der Bibel eine Sonderstellung einräumen will, welche sie von "Lehre" abgrenzt: Bibel hier - Interpretation der Bibel (Theologie/Lehre) da. Aber: Selbst wenn ich um Theologie einen Bogen mache, werde ich nicht umhinkönnen, die Bibel zu interpretieren. Warum aber sollte ich das Rad neu erfinden, wenn andere schon etwas vorgedacht haben? Also Bibel braucht Theologie und Theologie braucht Bibel.

Woraus aber speist sich der Glaube?

Was mich angeht, so speist er sich vermutlich (?) primär aus Theologie, welche auch das größte Hindernis für den Glauben ist, und nur sekundär aus Bibel (welche ja erst interpretiert werden muss, also Theologie/Lehre braucht). Weil ich von der Theologie schon erwarte, dass sie sich wo immer möglich auf die Bibel bezieht und so also durch Nicht-Bezug auch transparent macht, wenn sie im "freien Raum" fabuliert (was nicht selten der Fall ist), kann ich Theologie/Lehre (Interpretation von Bibel) an erster Stelle setzen.

Also:

"Braucht Glaube Lehre?" Ja, so wie ein Floß gebraucht wird, um zum andern Ufer eines Flußes zu gelangen (anderes Ufer = Glaube). Das Floß dann noch weiterhin mit sich herumzutragen wäre hinderlich und auch töricht.

Damit sollten dann auch die Fragen: "Warum und wenn ja, wieso und wozu?" beantwortet sein.

 

Damit habe ich nur ausgedrückt wie es mir erscheint, womit ich deine Aussage "... wird in dem Moment, wo er das formuliert, Lehre betreiben. Und dies im besten Fall auch wissen." zurückweise. Denn ich weiß nur wie es mir erscheint, aber ich gebe nicht vor zu wissen wie sich die Fragestellungen bzgl. anderen Individuen verhält oder verhalten muss/sollte.

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Tagesschimmer
Beiträge : 1248

- Wir werden in der Bibel dazu aufgefordert.
- Jesus und die anderen Vorbilder im Glauben lehrten.
- Gott hat uns mit Verstand und der Fähigkeit zu lehren und lernen erschaffen. Lehre ist eine Möglichkeit, dem Herrn näher zu kommen.
- Lehre soll ihren Platz finden, eingebettet in Bestätigung und Korrektur anderer Gaben und Dienste. Zusammen bauen sie die Gemeinde auf.

Dass es im Christentum so viel Lehre gibt, ist für mich ein Ausdruck dessen, dass Gott uns in seiner Souveränität große Freiheit lässt. Er lässt alles miteinander aufwachsen.

tagesschimmer antworten


lhoovpee
Beiträge : 2837

Lehre ist die Verbalisierung der Gotteserfahrung.
Lehre ist die Verbalisierung der Gotteserfahrung.
Sofern du also dein Glauben an andere Menschen weitergeben willst, musst du eine Lehre formulieren.
Lehren, die man selbst nicht erlebt hat, aber dennoch glaubt, sind Traditionen.

lhoovpee antworten
21 Antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1810
Veröffentlicht von: @lhoovpee

Lehre ist die Verbalisierung der Gotteserfahrung.

Der Satz ist gut. Ist der von Dir?

Veröffentlicht von: @lhoovpee

Lehren, die man selbst nicht erlebt hat, aber dennoch glaubt, sind Traditionen.

Wenn das ohne Wertung gemeint ist, bin ich geneigt zuzustimmen. Ich würde allerdings ergänzen, dass Traditionen Erleben möglich machen können.

andreas-wendt antworten
lhoovpee
(@lhoovpee)
Beigetreten : Vor 8 Jahren

Beiträge : 2837
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Der Satz ist gut. Ist der von Dir?

Ich will jetzt nicht Ausschließen, das ein anderer Mensch den Satz schon einmal gesagt hat 😀 Aber mir kam der eben so in den Kopf.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Wenn das ohne Wertung gemeint ist, bin ich geneigt zuzustimmen.

Ja, ist ohne Wertung gemeint.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Ich würde allerdings ergänzen, dass Traditionen Erleben möglich machen können.

Ja, dafür ist ja Wissensvermittlung da. Man hört etwas, um kann dieses dann im eigenen Leben anwenden.

lhoovpee antworten
Resah
 Resah
(@resah)
Beigetreten : Vor 5 Jahren

Beiträge : 942

Traditionen übernehmen um ein Gotteserlebnis möglich zu machen...?

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Ich würde allerdings ergänzen, dass Traditionen Erleben möglich machen können.

hier würde ich dann gerne an einem Beispiel deine These erläutert sehen... - den allein eine Tradition - die ich nicht nachvollziehen kann - nur zu übernehmen, hätte für mich noch keinen Nährwert, wenn es um ein nötiges Wachstum meines geistlichen Lebens geht....

resah antworten
lubov
 lubov
(@lubov)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

Beiträge : 2684

Das Abendmahl wäre für mich so eine Tradition. Gott erleben auf eine sehr unmittelbare Art und Weise. Schmecken und sehen, wie freundlich der Herr ist. 😊

lubov antworten
Resah
 Resah
(@resah)
Beigetreten : Vor 5 Jahren

Beiträge : 942
Veröffentlicht von: @lubov

Das Abendmahl wäre für mich so eine Tradition. Gott erleben auf eine sehr unmittelbare Art und Weise. Schmecken und sehen, wie freundlich der Herr ist. 😊

und das ist halt ein sehr sehr weites Feld ...worin wir Gott nun erleben können und wodurch uns Gott nahe kommt ---

und wenn die einen "glauben", das Jesus sich beim Abendmahl leibhaftig in Brot und Wein verwandelt und die anderen glauben, das es "nur" ein Gedächtnismahl ist, dann können ja nicht beide recht haben... dann wurde dort noch nicht erkannt, was Jesus seinen Jüngern eigentlich mitteilen wollte -- dann entstehen halt Parteiungen und Konfessionen, indem man sich über Meinungen anderer "definiert" - in seinem Glauben

resah antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1810

Ich dächte jetzt daran, dass Menschen aus Tradition zum Gottesdienst gehen, aber gerade dort sie dann ein Wort (ein Lied, eine Atmosphäre, ein Klang) trifft, wodurch sie anfangen, selbst sich auf den Weg zum Glauben zu machen.

Bei Lehrinhalten, die man aus Tradition übernommen hat, ist das vermutlich seltener. Aber mir ging es mit einigen davon so.

Aber bei jeder Tradition, die man übernimmt, kann der Moment kommen, in dem man bewusst fragt "Soll das auch meins sein, selbst wenn ich es nicht überliefert bekommen hätte?" Und sie zu befragen beginnt und dann in ihr zu leben beginnt - oder halt nicht.

In dem Sinne ist Tradition eine Form der Weitergabe des Glaubens.

Sie ist, wenn man so will, Mission über die Generationen. Und wie bei der Mission ist es auch bei der Tradition so, dass das, was die Anderen einem überbrachten, irgendwann zum eigenen wird oder nicht.

andreas-wendt antworten
Resah
 Resah
(@resah)
Beigetreten : Vor 5 Jahren

Beiträge : 942
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Aber bei jeder Tradition, die man übernimmt, kann der Moment kommen, in dem man bewusst fragt "Soll das auch meins sein, selbst wenn ich es nicht überliefert bekommen hätte?"

dieses - kann der Moment kommen ... erscheint mir beim eingefleischtem traditionellem Gottesdienstbesucher in seiner Teilnahme bei einem liturgischen Ritual .. dann eher seltener möglich zu sein, wie du schon sagst .... und rechtfertigt dann warum nochmal eine Aufrechterhaltung von Liturgien?

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

In dem Sinne ist Tradition eine Form der Weitergabe des Glaubens.

In dem Sinne dann gerade nicht mehr. Weil der Glauben ja gar nicht mehr gefragt ist, dort wo ich nur ein Lippenbekenntnis wiederhole (im apostolischen Glaubensbekenntnis zum Beispiel), ohne das hier eine Erwartung (wie es Glaube ausmacht) an Gott mit verbunden ist.
Und unser Bekenntnis sich durch unser Leben ausdrücken sollte und nicht in der Vergegenwärtigung und eigenen Zusprache all dessen, was ich ohnehin als wahr voraussetze -- das Gott gestorben, wiederauferstanden usw. ist....)

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Sie ist, wenn man so will, Mission über die Generationen. .

.

Und deswegen erleben wir dann so ein kraftvolles glaubhaftes Christentum nun in der Gesellschaft ... weil diese Mission so eifrig vorangetrieben wird...?

resah antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1810
Veröffentlicht von: @resah

erscheint mir beim eingefleischtem traditionellem Gottesdienstbesucher in seiner Teilnahme bei einem liturgischen Ritual .. dann eher seltener möglich zu sein, wie du schon sagst

Das seltener bezog sich bei mir nicht auf die Liturgie, sondern auf die Lehre.

Veröffentlicht von: @resah

und rechtfertigt dann warum nochmal eine Aufrechterhaltung von Liturgien?

Liturgie bedeutet ja erstmal nur, der Gottesdienst hat einen sinnvollen Ablauf, über den Leute vorher nachgedacht haben. Die meisten Freikirchen haben moderne Liturgien.

Veröffentlicht von: @resah

Weil der Glauben ja gar nicht mehr gefragt ist, dort wo ich nur ein Lippenbekenntnis wiederhole (im apostolischen Glaubensbekenntnis zum Beispiel), ohne das hier eine Erwartung (wie es Glaube ausmacht) an Gott mit verbunden ist.

Mir scheint, Du hast ein paar Vorurteile gegenüber traditionellen Kirchen ...
Tradition ist - wie Mission - die Unterbreitung eines Angebots. Und beide sagen: prüf für dich, ob das auch deins sein kann.

Veröffentlicht von: @resah

Und deswegen erleben wir dann so ein kraftvolles glaubhaftes Christentum nun in der Gesellschaft ... weil diese Mission so eifrig vorangetrieben wird...?

Falls ich da jetzt zu Unrecht Ironie raushöre, korrigiere mich. 😊

Das Christentum in der Gesellschaft erlebe ich auch als eher wenig kraftvoll. Weil die Weitergabe des Glaubens eher verzagt betrieben wird und man sich nicht traut, anderen was aufzudrücken etc.
Das ist das gemeinsame Problem von Mission und Tradition. Es gibt wenig Mission, und es gibt einen massiven Traditionsabbruch.

Letzterer wird ganz sicher damit zu tun haben, dass "wir" zu lange von Selbstverständlichkeiten ausgingen. So hat es hat diakonischen Trägern zu lange genügt, dass Menschen Kirchenmitglied waren, egal, wie sehr sie sich im Glauben / ihrer Tradition auskannten (persönlicher Glaube war nicht egal, kann aber ja nicht vom Arbeitgeber geprüft werden).

Die Kirchen, die damals noch zu Recht "Großkirchen" hießen, haben damals einiges an Weitergabe des Glaubens versäumt - in Tradition und Mission.
Sage ich als einer ihrer Vertreter.

andreas-wendt antworten
Resah
 Resah
(@resah)
Beigetreten : Vor 5 Jahren

Beiträge : 942
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Tradition ist - wie Mission - die Unterbreitung eines Angebots. Und beide sagen: prüf für dich, ob das auch deins sein kann.

fällt einem Menschen doch schwer, der in eine Kirche "hineingeboren" wird -oder?

resah antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1810

Ich habe jetzt keine Statistiken, aber ich würde vermuten, dass Tradition in jeder Hinsicht nur dann funktioniert, wenn man das Überkommene irgendwann sich selbst aneignet. Passiert das nicht, wird man es spätestens den eigenen Kindern nicht weitergeben.

Ob das jetzt besser oder schlechter funktioniert, als wenn man ein religiöses Angebot unterbreitet bekommt, das einem biographisch völlig fremd ist, wäre vielleicht mal ein Forschungsgegenstand. Ich kann nur aus Erfahrungsberichten sagen: beides passiert. Gott sei Dank.

andreas-wendt antworten
Resah
 Resah
(@resah)
Beigetreten : Vor 5 Jahren

Beiträge : 942

Wir hatten das Thema, Braucht Glaube Lehre, und sind nun auf denn Sinn und den Unsinn von Traditonen gekommen. Insofern könnten wir fragen ob denn das übernehmen eines bestimmten Lehre, das reine Leben in einer bestimmten Tradition (die für sich allein ja nicht verkehrt sein muss), worin ich dann aber keine bessere Antwort finde, als nur die Antworten, die mir vorgegeben werden --

- kann dies Glauben wecken?

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Ich kann nur aus Erfahrungsberichten sagen: beides passiert. Gott sei Dank.

was wir jetzt an einem Beispiel diskutieren müssten um zu schauen, ob wir hier den gleichen Erfahrungshorizont haben - bzw. dann bezüglich einer biblischen Lehre auch zu einem gemeinsamen Gottesverständnis kommen. Um nicht irgendwann enttäuscht zu werden, das wir bislang lediglich meinten schon ein guter Christ zu sein, uns Christus selbst aber fehlte.

resah antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1810
Veröffentlicht von: @resah

worin ich dann aber keine bessere Antwort finde, als nur die Antworten, die mir vorgegeben werden --

Uns werden doch immer Antworten vorgegeben. Entweder von früheren Generationen (das nennt man dann Tradition) oder von anderen Menschen unserer eigenen Zeit, die wir bisher nicht kannten(das nennt man dann Mission). Was ist der Unterschied?

Veröffentlicht von: @resah

- kann dies Glauben wecken?

Ich weiß, dass es geschieht.

Veröffentlicht von: @resah

was wir jetzt an einem Beispiel diskutieren müssten um zu schauen, ob wir hier den gleichen Erfahrungshorizont haben

Den gleichen Erfahrungshorizont haben wir ganz offensichtlich nicht. Wie gut also, dass wir uns hier begegnen und jeder von dem des Anderen lernen kann.

Veröffentlicht von: @resah

Um nicht irgendwann enttäuscht zu werden, das wir bislang lediglich meinten schon ein guter Christ zu sein, uns Christus selbst aber fehlte.

Da mache ich mir um Dich keine Sorgen, und Du musst es andersherum auch nicht.

andreas-wendt antworten
lhoovpee
(@lhoovpee)
Beigetreten : Vor 8 Jahren

Beiträge : 2837

Traditionelle Lehre: Beten hilft.
Anwendung: Beten.
Gotteserfahrung: Gebet wird erhört.

lhoovpee antworten
Resah
 Resah
(@resah)
Beigetreten : Vor 5 Jahren

Beiträge : 942
Veröffentlicht von: @lhoovpee

Lehre ist die Verbalisierung der Gotteserfahrung.

klingt für mich wie ein Schuß ins Blaue .... warum bedarf es denn einer Verbalisierung, wenn ich mit Gott eine Erfahrung mache? wenn Gott sich mir offenbart?

Veröffentlicht von: @lhoovpee

Sofern du also dein Glauben an andere Menschen weitergeben willst, musst du eine Lehre formulieren.

ich muss herleiten können, wie Menschen auch diese Gotteserfahrung machen können.... bzw. in dem Gegenstand ihres Glaubens dann auch Halt, Zuwachs, Orientierung, etc. erfahren können

Glaube muss eine Ausrichtung und ein Ziel haben.

Veröffentlicht von: @lhoovpee

Lehren, die man selbst nicht erlebt hat, aber dennoch glaubt, sind Traditionen.

bzw. was man selbst nicht nachvollzogen hat, aber von anderen dann einfach übernimmt ... an Verhaltensmustern zum Beispiel... was Christsein ausmacht und wie ich als Christ leben kann

resah antworten
lhoovpee
(@lhoovpee)
Beigetreten : Vor 8 Jahren

Beiträge : 2837
Veröffentlicht von: @resah

warum bedarf es denn einer Verbalisierung, wenn ich mit Gott eine Erfahrung mache?

Wer sagt denn, dass es eine Verbalisierung braucht? Ohne kannst du dein Glauben halt niemanden anderen mitteilen.

Veröffentlicht von: @resah

Glaube muss eine Ausrichtung und ein Ziel haben.

Mal davon abgesehen, dass ich dem nicht pauschal zustimmen: Habe ich irgend etwas Gegenteiliges behauptet?

Veröffentlicht von: @resah

was man selbst nicht nachvollzogen hat,

Wenn man es an sich selbst nachvollzogen hat, ist es die eigene Gotteserfahrung. Aber du musst ja erst einmal von irgendwem die Lehre mitgeteilt bekommen, um diese anzuwenden.

lhoovpee antworten
Resah
 Resah
(@resah)
Beigetreten : Vor 5 Jahren

Beiträge : 942
Veröffentlicht von: @lhoovpee

Wer sagt denn, dass es eine Verbalisierung braucht? Ohne kannst du dein Glauben halt niemanden anderen mitteilen.

Wenn es heißt:
Röm 10,10 Denn wer mit dem Herzen glaubt, wird gerecht; und wer mit dem Munde bekennt, wird selig.

Dann hat doch dieser Glaube - dieses Vertrauen und Festhalten und sich Geborgenwissen in Gott - erstmal keine Notwendigkeit auch ausgesprochen zu werden. Man "weiß" halt, das Gott da ist...

Und dort , wo ich diesen Glauben weitergeben will, kann dies auch ohne Worte geschehen... - das allein an unserem Leben und Handeln schon erkannt wird, das wir zu Gott gehören

Veröffentlicht von: @lhoovpee

Mal davon abgesehen, dass ich dem nicht pauschal zustimmen: Habe ich irgend etwas Gegenteiliges behauptet?

Nein - insofern versuche ich auch nur für unsere Gesprächsgegenstände die passende Worte zu finden

Veröffentlicht von: @lhoovpee

Aber du musst ja erst einmal von irgendwem die Lehre mitgeteilt bekommen, um diese anzuwenden.

Im Hinblick darauf, das der Glaube durch die Verkündigung kommt - durch die Predigt.... aber in vielen Bereich redet Gott auch ohne Worte zu uns...allein durch das was er tut...was wir erleben...worin er sich uns offenbart

-- naja...eine sehr theoretische Diskussion im Augenblick wo ich mich frage, ob hier irgendwer überhaupt noch Fragen hat -

resah antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1810
Veröffentlicht von: @resah

Wenn es heißt:
Röm 10,10 Denn wer mit dem Herzen glaubt, wird gerecht; und wer mit dem Munde bekennt, wird selig.

Nur wenige Verse weiter heißt es
"Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger?"
Und ein Prediger ist doch jemand, der etwas ausspricht, oder?

Veröffentlicht von: @resah

Im Hinblick darauf, das der Glaube durch die Verkündigung kommt - durch die Predigt.... aber in vielen Bereich redet Gott auch ohne Worte zu uns...allein durch das was er tut...was wir erleben...worin er sich uns offenbart

Da würde ich gleichzeitig zustimmen und widersprechen. Denn ich bemerke Gottes wortloses Reden in der Schöpfung etc. nur, weil mir vorher gesagt wurde, dass es einen Schöpfer gibt. Außer vielleicht, es gibt Menschen, die an Gott glauben, ohne es zu wissen.

Oh, mir fallen gerade so viele neue schöne Fragen ein. 😀

andreas-wendt antworten
Resah
 Resah
(@resah)
Beigetreten : Vor 5 Jahren

Beiträge : 942

Gerecht sein und errettet werden

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Nur wenige Verse weiter heißt es
"Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger?"
Und ein Prediger ist doch jemand, der etwas ausspricht, oder?

In und durch die Predigt - oder Verkündigung des Evangeliums --- kann Gott durch den Prediger den Menschen in sein Licht stellen. Das er sich im Lichte des Evangeliums als erlösungsbedürftiger Sünder erkennt, auf das dann Glaube -- eine Erwartung an Gott - in diesem Menschen beginnen/entstehen kann.

Habe ich nun diese Erwartung und auch diese Zuversicht an/in Gott --- was den Glauben ausmacht --- dann werde ich darin gerecht...sprich dann befinde ich mich in dieser Haltung - alles von Gott zu erwarten ... schon auf einer Wegstrecke ...

auf der ich dann selig werden kann ...errettet werde.... wenn ich darin bleibe...im Glauben - in der Erwartung/Abhängigkeit von Gott - in der Beziehung mit Gott, dort wo sich diese Glaube nun durch Werke ausdrücken tut (was bekennen mit dem Munde meint)

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Denn ich bemerke Gottes wortloses Reden in der Schöpfung etc. nur, weil mir vorher gesagt wurde, dass es einen Schöpfer gibt.

Dies muss nach Römer 1 aber nicht sein....ich kann durch das, was Gott tut an anderen, in seiner Schöpfung, schon ableiten, das es einen Gott geben muss...und mich diesem nun dankbar zuwenden..oder weiter mein Ding machen...

Römer 1,
20  Denn sein unsichtbares Wesen – das ist seine ewige Kraft und Gottheit – wird seit der Schöpfung der Welt, wenn man es wahrnimmt, ersehen an seinen Werken, sodass sie keine Entschuldigung haben.
21 Denn obwohl sie von Gott wussten, haben sie ihn nicht als Gott gepriesen noch ihm gedankt, sondern sind dem Nichtigen verfallen in ihren Gedanken, und ihr unverständiges Herz ist verfinstert.

resah antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1810
Veröffentlicht von: @resah

In und durch die Predigt - oder Verkündigung des Evangeliums --- kann Gott durch den Prediger den Menschen in sein Licht stellen. Das er sich im Lichte des Evangeliums als erlösungsbedürftiger Sünder erkennt, auf das dann Glaube -- eine Erwartung an Gott - in diesem Menschen beginnen/entstehen kann.

Dieser Lehrformel kann ich weitgehend zustimmen.

andreas-wendt antworten
lhoovpee
(@lhoovpee)
Beigetreten : Vor 8 Jahren

Beiträge : 2837
Veröffentlicht von: @resah

erstmal keine Notwendigkeit auch ausgesprochen zu werden.

Nö, Gerecht bist du ohne Aussprache.

Die Bibelstelle bestätigt ja sogar, dass der Glaube ohne Verbalisierung im Herzen vorhanden ist.

Veröffentlicht von: @resah

das allein an unserem Leben und Handeln schon erkannt wird, das wir zu Gott gehören

Frommer Satz, der meist nichts mit der Realität zu tun hat.
Aber du hast schon recht. Auch durch mein Handeln vermittle ich bestimmte Lehren. Das aber auch nur, weil der Beobachter diese Lehren bereits mit der Handlung in Verbindung setzt und somit die Lehre bereits von anderen Menschen gelernt hat.

Veröffentlicht von: @resah

aber in vielen Bereich redet Gott auch ohne Worte zu uns...allein durch das was er tut...was wir erleben...worin er sich uns offenbart

Das wäre Gotteserfahrung, die Wiederum zu einer Lehre verbalisiert werden könnte, aber nicht muss.

Veröffentlicht von: @resah

-- naja...eine sehr theoretische Diskussion im Augenblick wo ich mich frage, ob hier irgendwer überhaupt noch Fragen hat -

Ja, sehr theoretisch 😀

lhoovpee antworten
Resah
 Resah
(@resah)
Beigetreten : Vor 5 Jahren

Beiträge : 942
Veröffentlicht von: @lhoovpee

Nö, Gerecht bist du ohne Aussprache.

was ich auch gesagt habe ... erstmal KEINE Notwendigkeit auch ausgesprochen zu werden...

Veröffentlicht von: @lhoovpee

Auch durch mein Handeln vermittle ich bestimmte Lehren.

durch meine Handeln vermittel ich keine Lehren, sondern bin entweder ein Zeugnis - das durch das was ich tue andere an mir Christus erkennen können - oder ich bin kein Zeugnis.

resah antworten
suivant
Beiträge : 20

Danke für den interessanten Thread!

Ich würde sagen: Seinem Wesenskern nach ist Glaube Vertrauen, ein Sich-Festmachen und Sich-Gründen auf etwas, von dem ich überzeugt bin, dass es mich trägt und hält. Sprich: Glaube ist erst mal eine subjektive, innere Haltung.

Eine "Lehre", also ein Glaubensinhalt, ist dabei immer zumindest unbewusst impliziert. Je mehr über Glaubensinhalte bewusst reflektiert wird, desto ausgefeilter wird das theologische Lehrgebäude.

Ein gewisses Maß an "Lehre" ist notwendig,
(1) weil christlicher Glaube keine individualistische Weltanschauung ist, sondern auf Gemeinschaft zielt. Die Gemeinschaft der Gläubigen reflektiert über ihren gemeinsamen Glaubensgrund. Damit dient es zugleich der Abgrenzung nach außen, z.B. zu anderen christlichen Gemeinschaften: "Wir" glauben anders als "die" und bilden daher eine Gemeinschaft für sich.
(2) um nach außen Rechenschaft zu geben und den christlichen Glauben verständlich zu machen.

Ich finde, spannend wird es vor allem, wenn wir danach fragen, wie verbindlich Lehrinhalte sind. Es ist nicht nur so, dass keine andere Religion so viel an Lehre entwickelt hat wie das Christentum, sondern dass wohl auch in keiner anderen Religion Lehre so wichtig ist. Im Judentum ist die Orthopraxie (das richtige Handeln) wichtiger als die Orthodoxie (die richtigen Glaubensinhalte). Im Islam ist das (aus nur zwei Sätzen bestehende) Glaubensbekenntnis nur eine der fünf Säulen (wenn auch immerhin die erste).

Menschliches Wissen und Begreifen von Gott kann immer nur Stückwerk sein. Die Bibel als Offenbarungszeugnis ist vielstimmig und oft mehrdeutig. Das heißt nicht, dass wir weniger Theologie treiben sollten. Aber vielleicht müssen wir Theologie demütiger betreiben, als sie in Zeiten konfessioneller Lehrverurteilungen betrieben wurde, und unsererseits offener sein für Spannungen, Vielstimmigkeiten und Mehrdeutigkeiten als in früheren Zeiten.

Diese Demut hat der Theologie Heinz Zahrnt einmal treffend zum Ausdruck gebracht:

"Gott muß uns auch unsere Theologie vergeben, vielleicht nichts so sehr wie unsere Theologie."

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6 Antworten
Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 1 Sekunde

Beiträge : 0

toller Beitrag,
sehr interessante Informationen, danke!

Anonymous antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1810

Sehr feiner Beitrag, dem ich in den meisten Punkten auch zustimme. (Und deswegen auch nur auf die zwei anderen eingehe.)

Veröffentlicht von: @suivant

Das heißt nicht, dass wir weniger Theologie treiben sollten. Aber vielleicht müssen wir Theologie demütiger betreiben, als sie in Zeiten konfessioneller Lehrverurteilungen betrieben wurd

Ich weiß nicht, ob es den Theolgen des 16./17. Jahrhunderts an Demut mangelte. Ich glaube zu verstehen, was Du meinst, da ging es im Streit um die Sache hoch her, und wir erschrecken manchmal vor deren Rhetorik. Allein ein Satz wie meiner eben "Ich glaube zu verstehen"etc. kam damals eher selten vor, allerdings habe ich Ausnahmen gelesen.

Es ging ihnen allerdings immer um die Sache, persönlich waren sie meist friedliebende Leute, die in ihrer Weise sehr demütig waren gegenüber dem, was sich ihnen als wahr dargestellt hatte.

Ich weiß noch, wie in einer Vorlesung über Kirchengeschichte dieser Zeit ein Professor sagte "Polemische Theologie, das ist das, was heute Ökumenische Theologie heißt". Ich war der einzige, der lachte. Er hatte es ernst gemeint. Allein, dass man sich in rein lutherischen, calvinistichen oder katholischen Landen überhaupt mit den Argumenten der anderen beschäftigte, wäre ja nicht unbedingt nötig gewesen.

Veröffentlicht von: @suivant

"Gott muß uns auch unsere Theologie vergeben, vielleicht nichts so sehr wie unsere Theologie."

Ich glaube, ja, Gott amüsiert sich über unsere Theologie eher. Aber wohlwollend.

Veröffentlicht von: @suivant

spannend wird es vor allem, wenn wir danach fragen, wie verbindlich Lehrinhalte sind.

Das finde ich auch. Und - ich weiß nicht, ob Du das impliziert hattest - wie verbindlich welche Lehrinhalte sind. Das sind ja auch hier eher die Threads, die gern explodieren.

Mir scheint, dass die Kontroverstheologen der Konfessionalisierungszeit eher dazu tendierten, alle für verbindlich zu halten ("im statu confessionis gibt es keine Adiaphora!"), während wir heute gern aus unserem Verständnis von Geschwisterlichkeit heraus die Verbindlichkeit mancher Fragen herunterspielen. Was von beidem demütiger ist, weiß ich noch nicht ganz.

Veröffentlicht von: @suivant

offener sein für Spannungen, Vielstimmigkeiten und Mehrdeutigkeiten als in früheren Zeiten.

Ja, das stünde uns allen gut zu Gesicht. Ich glaube, was wir noch nicht gelernt haben auszuhalten, ist, dass des diese Spannungen auch in Bezug auf Fragen geben kann, die wir mit guten Gründen für wichtig, vielleicht gar verbindlich halten. In ihnen weder die Wichtigkeit herunterzuspielen noch vorschnell Eindeutigkeiten zu verkündigen, kann echt wehtun.

andreas-wendt antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 23 Jahren

Beiträge : 4437
Veröffentlicht von: @suivant

Seinem Wesenskern nach ist Glaube Vertrauen

Auf Wen oder Was vertraue ich?

Veröffentlicht von: @suivant

in Sich-Festmachen

Woran mache ich wie fest?

Veröffentlicht von: @suivant

Sich-Gründen auf etwas, von dem ich überzeugt bin

Welche Auswirkungen hat dieses Gründen und wie sieht dieses Gründen aus?

Veröffentlicht von: @suivant

Glaube ist erst mal eine subjektive, innere Haltung.

Das ist mir zu schwammig denn das Wort Glaube in diesem Satz kann so mit ziemlich allen, was subjektiv ist ersetzt werden.

Was unterscheidet den Glauben von sagen wir Hoffnung, Selbstwert, Ideologie, Verbissenheit uvm.

Veröffentlicht von: @suivant

Eine "Lehre", also ein Glaubensinhalt, ist dabei immer zumindest unbewusst impliziert.

Genau das ist die Krux und je unbewusster die implizierten Glaubensinhalte sind, umso gefährlicher sind sie.

Veröffentlicht von: @suivant

Je mehr über Glaubensinhalte bewusst reflektiert wird, desto ausgefeilter wird das theologische Lehrgebäude.

Nicht zwangsläufig.

Veröffentlicht von: @suivant

Ein gewisses Maß an "Lehre" ist notwendig,
(1) weil christlicher Glaube keine individualistische Weltanschauung ist, sondern auf Gemeinschaft zielt.

Da gebe ich dir recht.

Veröffentlicht von: @suivant

Damit dient es zugleich der Abgrenzung nach außen, z.B. zu anderen christlichen Gemeinschaften:

Damit hast du leider recht.

Veröffentlicht von: @suivant

"Wir" glauben anders als "die" und bilden daher eine Gemeinschaft für sich.

Tribalism ist leider ein starker Stimulus für Glaubensgemeinschaften.

Veröffentlicht von: @suivant

(2) um nach außen Rechenschaft zu geben und den christlichen Glauben verständlich zu machen.

Oder um das "aussen" anzuklagen und sich überlegen zu fühlen. Lehre kann für beides benutzt werden.

Veröffentlicht von: @suivant

Ich finde, spannend wird es vor allem, wenn wir danach fragen, wie verbindlich Lehrinhalte sind.

Eine spannde Frage die sich heute nicht mehr so sehr um klassische theologische Themen entzündet, sondern eher im Bereich moderner Spannungsfelder wie, Kreationismus, LGBT, Sex im generellen oder Politik.

Demut kommt aber nicht aus der Art wie wir Theologie betreiben, sondern aus der Art wie wir einander dienen. Betreiben wir Theologie um sie für xy zu gebrauchen die eigene Position zu stärken oder was auch immer oder betreiben wir Theologie um dem Nächsten in Liebe zu dienen, in Wahrheit und im Geiste.

Warum betreibe ich Theologie? Aus ihrer selbst will oder aus Liebe zu meinem Nächsten?

arcangel antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1810
Veröffentlicht von: @arcangel

je unbewusster die implizierten Glaubensinhalte sind, umso gefährlicher sind sie.

Das ist m.E. ein sehr starkes Argument für Theologie, Lehre, ja sogar Dogmenbildung.

andreas-wendt antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 23 Jahren

Beiträge : 4437

ja sehe ich auch so. Ich bin Individuen die Theologie kategorisch ablehnen aber gleichzeitig absolute Glaubensaussagen machen immer sehr kritisch gegenüber eingestellt. Da steckt meist sehr viel versteckte und unbewusste und somit auch unreflektierte Dogmatik dahinter.

Für mich ist daher Dogmenbildung ein, ans Licht bringen und öffentlich deklarieren von Glaubensaussagen.

arcangel antworten
Gelöschtes Profil
(@deleted_profile)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 18002
Veröffentlicht von: @suivant

"Gott muß uns auch unsere Theologie vergeben, vielleicht nichts so sehr wie unsere Theologie."

Starker Satz. Mir ist in dieser Hinsicht vor ein paar Jahren ein Vers wichtig geworden, der Zur Zeit eher in anderer Hinsicht zitiert wird:

"Und wer eines dieser Kleinen, die an mich glauben, zu Fall bringt, für den wäre es besser, wenn ein Mühlstein um seinen Hals gelegt und er ins Meer geworfen würde." (Mk 9,42)

Mir ist als Predigender (und damit auch Lehrender) dieser Mühlstein zum Mahnmal der Demut geworden.

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Anonymous
 Anonymous
Beiträge : 0

Hi,

ich mach mir echt Gedanken. Finde die Gedanken im bisherigem Threadverlauf sehr spannend.

Ich könnte jetzt mal, mit dem was durch meinen Kopf geht, etwas abweichen.

Nehmen wir mal an, jemand will Arzt werden. Also muss man in eine Universität. Manchmal braucht es mehrere Jahre, oder vorherige Erfahrungen und dann entscheidet man sich den Doktor zu machen. Man muss zwangsläufig auch viel Lehre ertragen. Nur so lernt man ein guter Arzt zu werden.

Aber jemand, der Arzt werden will, der hegt ziemlich oft einen Wunsch. Man will Arzt werden. Also gräbt man und forscht und lernt.

Eine gesunde Lehre, aufgebaut durch Erfahrung und Hingabe, kann doch letztendlich weitergegeben werden. Niemand, der Gott liebt, behält das für sich. Durch die Lehre sammle ich bewusst und unbewusst Erfahrung.

Und dann fällt mir auch das hier ein.
Liebe Brüder, als ich bei euch war, konnte ich nicht so mit euch reden, wie ich es mit Menschen, die im Glauben gewachsen sind, getan hätte. Ich musste mit euch reden, als würdet ihr noch zu dieser Welt gehören oder als wärt ihr kleine Kinder im Glauben.  Ich musste euch mit Milch ernähren statt mit fester Nahrung, die ihr noch nicht vertragen hättet. Und ihr könnt sie wohl auch jetzt noch nicht zu euch nehmen, denn ihr lasst euch noch von eurem alten Ich beherrschen. Ihr seid eifersüchtig und streitet miteinander. Beweist das nicht, dass ihr noch von euren eigensüchtigen Wünschen beherrscht werdet?

Hier lehrt man, das man den Glauben noch mit Milch nährt.

M.

Anonymous antworten
Arcangel
Beiträge : 4437

Glaube hat einen Inhalt und/oder ein Subjekt
Der Inhalt braucht irgend eine Vorstellung (Lehre) um geglaubt zu werden.
Das Subjekt braucht irgend einen Bezug um geglaubt zu werden.

Also nein Glauben braucht keine Lehre, als Beispiel dient mir hier der Glaube an die Mutter Erde oder Gaia, hier haben viele einen Bezug aber keinen wirklichen Inhalt was dies denn umfasst.
Auf der anderen Seite des Spektrums haben wir Konfuzianismus wo nur der Inhalt eine Rolle spielt.

Christlicher Glaube muss beides umfassen, um echt zu sein.

arcangel antworten


andreas
Themenstarter
Beiträge : 1810

Ein paar Einwürfe und Überlegungen
Lange hat mir kein Thread solche Freude gemacht wie dieser. Danke für alle Beiträge. Viele davon haben auch mir geholfen, besser zu sortieren, was zu Beginn noch suchend war.
Vor allem erhellend war für mich zu merken, dass das Verständnis "Lehre ist etwas, was gelehrt wird" so kaum außerhalb von Religion und Philosophie vorkommt.

Einige von Euch haben dankenswerterweise ihre Beiträge begonnen mit etwas, was ich im Eingang völlig (und nur bedingt verzeihlich) unter den Tisch habe fallen lassen, nämlich mit einer Klärung der Frage: Was ist Glaube?

Das ist natürlich - Überraaaaschung! - selbst auch in der Theologie gefragt und auf verschiedene Weise beantwortet worden. Auch in der Bibel finden sich Sätze über den Glauben, allerdings ist nicht ganz klar, ob sie ihn definieren oder beschreiben wollen.

Mir hat in diesem Zusammenhang eine Unterscheidung (und ihre Problematisierung 😊 ) sehr geholfen, nämlich die zwischen
fides qua creditur ("der Glaube, mit dem geglaubt wird") und
fides quae creditur ("der Glaube, der geglaubt wird").

Ganz grob bezeichnet erstere den Akt, die innere Haltung, die Bewegung des Glaubens, das, was wir auch als Vertrauen, Hingabe, oder - in einer wunderbaren Übersetzung des ersten Wortes aus Römer 8,38 - "Gewissgemachtwordensein" bezeichnen würden.
Das zweitere bezeichnet die Inhalte, die geglaubt werden, also von "es gibt einen Gott" bis zu den etwas mehr ausformulierten Bekenntnissen, Dogmen, biblischen Aussagen (im Fall des Christentums).

Als Paulus vom Pferd fiel und Jesu Stimme hörte, beschränkte sich der Glaubensinhalt, den er glaubte, auf den Informationsgehalt "Oh, der lebt ja doch!", also eher wenig fides quae bzw. Lehre, aber eine volle Ladung fides qua.
Um zustande zu kommen, hat der Glaube also eher wenig Lehre und keinerlei Belehrung benötigt. Aber der neu gewonnene Glaube konnte nicht lange ohne inhaltliche Unterweisung bleiben, wie dann im Folgenden geschildert wird. Der Glaube ist einer, der zu verstehen sucht (fides quaerens intellectum).
Nicht anders ist es bei denen, die im Glauben aufwachsen und mit "Gott hat mich lieb" die ersten Jahre gut über die Runden kommen, aber dann irgendwann lernen, dass es da noch zwei drei mehr Inhalte gibt - ohne dass "Gott hat mich lieb" dadurch abgewertet wird.

Und auch nur ein bisschen anders ging es der Christenheit selbst, die die ersten Jahrhunderte eher poetisch und anbetend verehrte, was sich ihr erst nach und nach intellektuell erschloss.
(Das brachten manche auf die Formel "lex orandi est lex credendi", also das, was gebetet und im Gottesdienst gefeiert wurde, ist auch das, was als Glaubensinhalt zu formulieren ist - evtl. mit sprachlichen Hilfsmitteln.)

Auch wenn ich sehe, dass die Unterscheidung Sinn hat, hat sie doch ihre Grenzen und ist eine Trennung oft nicht möglich. Sie ist es jedenfalls dann nicht, wenn der Inhalt einen Bezug zu mir hat.

Als Gott Abraham eine Riesenmenge von Nachkommen verheißt und Abraham ihm glaubt, da fallen fides qua und fides quae creditur in eins, denn der Inhalt, den er für wahr hält, ist eine gute Nachricht für ihn persönlich, wodurch sich auch seine gesamte Einstellung zum Leben, dem Universum und allem übrigen ändert.

Wenn Paulus in Röm 8,38f von dem schreibt, wessen er gewiss ist, ist es natürlich beides.

Nicht anders ist es, wenn mir die Vergebung der Sünden zugesprochen wird.

Die auch für mich noch offene Frage ist, ob nicht möglicherweise alle geglaubten Inhalte mich persönlich betreffende gute Nachricht sind, also fides quae und fides qua bei uns in den konkreten Glaubensaussagen immer zusammenfallen.

Luther scheint in seiner Erklärung zum Glaubensbekenntnis im Kleinen Katechismus genau dies zu meinen. Auch Jakobus 2,19 spricht nicht direkt dagegen, denn den Teufeln fehlt eben der "für mich" Aspekt des Glaubensinhalts, der uns Menschen aber gilt.

Ich fände den Gedanken, dass es so sein sollte, recht reizvoll. Und ich weiß auch, dass es Erklärungen gibt, warum wir z.B. nur dann die Erlösung in Christus haben können, wenn die Zweinaturenlehre stimmt. Aber ich gestehe, dass mir das bei dem einen Dogma leichter durchzubuchstabieren fällt als bei dem anderen.

Wenn diese Gedanken bei Euch wieder andere anstoßen, stoßt sie gern weiter.

andreas-wendt antworten
4 Antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 23 Jahren

Beiträge : 4437

Danke für deine Rückmeldung interessant deine Gedanken zu lesen.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Und ich weiß auch, dass es Erklärungen gibt, warum wir z.B. nur dann die Erlösung in Christus haben können, wenn die Zweinaturenlehre stimmt.

Die zwei Naturen Lehre ist ja eine Absicherung gegenüber zwei Fronten, den der Ebioniten in den Doketismus.

Bei extreme sind falsch, dennoch finden beide Aspekte ihre Berechtigung in einem christlichen Glaube, und der Inhalt unseres Glaubens formt wie wir glauben.

fides quae formt fides qua um deine Worte zu verwenden.

arcangel antworten
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(@deleted_profile)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 18002
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Auch Jakobus 2,19 spricht nicht direkt dagegen, denn den Teufeln fehlt eben der "für mich" Aspekt des Glaubensinhalts, der uns Menschen aber gilt.

Der entscheidende Unterschied zwischen Paulus und Jakobus ist, dass Paulus Glaube als "Gewissgemachtwordensein aus dem automatisch Konsequenzen folgen" definiert, Jakobus Glaube dagegen als "Fürwahrhalten" betrachtet, weshalb er quasi sagt "auch die Dämonen halten das für wahr."

Um diesen Unterschied zu wissen ist in der Freikirchenszene wichtig, wenn wieder jemand einem eine Werkgerechtigkeit unterjubeln will.

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andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1810

So sehe ich es auch.

Meine Frage war ja nun, ob im Blick auf die konkreten christlichen Glaubensinhalte dies beides nicht möglicherweise immer zusammenfällt, weil das, was ich für wahr halte, immer eine meine Existenz betreffende Aussage ist, mich also ganzheitlich gewiss macht.
Das scheint Jakobus auf den ersten Blick nicht so zu sehen. Aber auf den zweiten bin ich mir nicht sicher.

andreas-wendt antworten
Gelöschtes Profil
(@deleted_profile)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 18002
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Meine Frage war ja nun, ob im Blick auf die konkreten christlichen Glaubensinhalte dies beides nicht möglicherweise immer zusammenfällt, weil das, was ich für wahr halte, immer eine meine Existenz betreffende Aussage ist, mich also ganzheitlich gewiss macht.

Aaah, jetzt versteh ich deinen Beitrag! Latein war immer mein schlechtestes Fach. 😉

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