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Ökonomie der rituellen Opfer

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Arcangel
Themenstarter
Beiträge : 4418

Ich lese gerade Levitikus. Und dabei treibt mich die Frage der Ökonomie um.

Betracht man die Regel für "unbewusste"(!) Sünde und deren Opfer, die erbracht werden müssen. Dann würde ich mal behaupten, ein ehrlicher Jude würde sehr schnell bankrottgehen.

Auch andere Dinge wie zum Beispiel das Opfer für Frauen nach der Regelblutung, die zwei Tauben erfordert. Wenn man die Zahlen der Bibel alleine für die Wüstenwanderung hochrechnet, dann kommt man auf gut eine halbe Milliarde Tauben, die in den 40 Jahren geopfert worden sein müssten. Zum Vergleich, man schätzt die heutige weltweite Taubenpopulation auf 400 Millionen Individuen.

Es ist irgendwie von vorneherein klar, dass diese Gebote nie auch nur ansatzweise von irgend einer Generation Juden eingehalten wurde.

Ausserdem stehen all die Ritualgebote im Narrativ sowohl in Exodus als auch in Levitikus ziemlich quer in der Landschaft.

Da stellt sich mir schon die Frage, was tun die Ritualgebote da überhaupt.

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Gelöschtes Profil
Beiträge : 18002
Veröffentlicht von: @arcangel

Betracht man die Regel für "unbewusste"(!) Sünde und deren Opfer, die erbracht werden müssen. Dann würde ich mal behaupten, ein ehrlicher Jude würde sehr schnell bankrottgehen. (...) zum Beispiel das Opfer für Frauen nach der Regelblutung, die zwei Tauben erfordert. Wenn man die Zahlen der Bibel alleine für die Wüstenwanderung hochrechnet, dann kommt man auf gut eine halbe Milliarde Tauben, die in den 40 Jahren geopfert worden sein müssten. (...) Es ist irgendwie von vorneherein klar, dass diese Gebote nie auch nur ansatzweise von irgend einer Generation Juden eingehalten wurde. (...)
Da stellt sich mir schon die Frage, was tun die Ritualgebote da überhaupt.

vielleicht Sicherung einer (üppigen) Versorgung der Priesterschaft?

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Jigal
 Jigal
(@jigal)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3836

Ja in der Zeit des Tempels, war das denn schon während der Wanderung üblich? Da gab es ja Manna.
Bei der Verteilung der Ländereien bekam der Stamm Levi kein Land.
Auf jüdischen Grabsteinen findet man die Levitenkannen für den Stamm der Tempelbediensteten. Levi und Kohn / Kahn / Cohen sind auch die einzigen Juden mit Nachnamen vor der Einführung der Nachnamen in Europa. Laut Dr. Salcia Landmann sind die Priesterfamlien (Kohanim) und die Helfer (Levi) auch angewiesen die Nachnamen nicht zu ändern.
In Österreich-Ungarn wurde nach der Taufe daraus gerne Kahn oder in Böhmen Kovacz.

Nachtrag vom 10.03.2022 1600
Ein Stamm der keine Landwirtschaft und keine Weidewirtschaft betreiben kann muss aus dem restlichen Volk versorgt werden.

jigal antworten


Irrwisch
Beiträge : 3481

Wie viele Frauen sind denn gewüstenwandert?

irrwisch antworten
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Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4418

Na ja, wenn man die annimmt, dass mindestens gleichviel Männer und Frauen unterwegs waren, dann waren nach konservativen Lesart etwa 600'000 Frauen unterwegs.

Da stellt sich die Frage wo, diese Frauen jeden Monat 1,2 Millionen Tauben herbekommen haben.

arcangel antworten
Herbstrose
(@herbstrose)
Beigetreten : Vor 9 Jahren

Beiträge : 14194

Und wieviele dieser Frauen waren im Periodenalter (üblicherweise zwischen Pubertät und Menopause)?

herbstrose antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4418

Es wurden ja auch nur die Kampfes fähige Männer gezählt. Aber selbst wenn nur die Hälfte dieser Frauen infrage kamen, währen das immer noch 600'000 Tauben monatlich.

arcangel antworten
Herbstrose
(@herbstrose)
Beigetreten : Vor 9 Jahren

Beiträge : 14194

Deine Rechnung ist insofern falsch als dass a) aus der Anzahl der Männer keineswegs die Zahl der Frauen ableitbar ist und b) die Altersstruktur gänzlich unbekannt.

herbstrose antworten
Jigal
 Jigal
(@jigal)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3836

Ist es denn überhaupt sicher ab wann die Opfer gemacht wurden.
Es wird in der Wüste diese Tiere gar nicht gegeben haben.
Hätte man genügend Opfertiere gehabt müsste Gott keine Lebensmittel vom Himmel fallen lassen.

jigal antworten
Herbstrose
(@herbstrose)
Beigetreten : Vor 9 Jahren

Beiträge : 14194

Das ist ebenfalls ein gutes Argument.

herbstrose antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4418

Ein Argument wofür

arcangel antworten
Jigal
 Jigal
(@jigal)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3836

Ein Argument dass man über die Tauben gar nicht diskutieren muss, da sich das Problem in der Wüste nicht stellte.

jigal antworten
Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4418

Das heist das Gebot galt nicht für die Wüstenwanderung woraus lässt sich das schliess ausser aus den Sachzwängen.

arcangel antworten
Gelöschtes Profil
(@deleted_profile)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 18002
Veröffentlicht von: @arcangel

Das heist das Gebot galt nicht für die Wüstenwanderung woraus lässt sich das schliess ausser aus den Sachzwängen.

Das Buch Levitikus wurde erst viel später, also nach der Wüstenwanderung geschrieben, wahrscheinlich von Priestern im Tempel zu Jerusalem. Und Gesetze bzw. Gebote gelten i.A. erst mit ihrer Verkündigung.

Dass bei der schriftlichen Abfassung bis dahin nur mündlich überlieferte alte Gebräuche und Regeln mit einflossen sind ist anzunehmen, aber in welchem Maße dies war ist (zumindest mir) nicht bekannt.
Außerdem darf nicht vergessen werden, dass sich die 12 Stämme in vielen Dingen eher uneins waren (bekanntlich auch noch zu Jesus Zeiten). Erst mit niedergeschriebenen Ge- und Verboten wurde ein für das ganze Volk gültiges religiöses Regelwerk abgefasst.

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Jigal
 Jigal
(@jigal)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3836

Ein Argument dass man über die Tauben gar nicht diskutieren muss, da sich das Problem in der Wüste nicht stellte.

jigal antworten
DerNeinsager
(@derneinsager)
Beigetreten : Vor 5 Jahren

Beiträge : 1449

Die Rechnung ist falsch. Damals gab es eine Bevölkerungspyramide. Unter dem Strich wird es nur die Hälfte gewesen sein, wo das Opfer überhaupt notwendig gewesen wäre.

Frauen haben die Tage ja nur in einem gewissen Alter und wenn sie nicht Schwanger sind.

g Eddie

derneinsager antworten
Ungehorsam
(@ungehorsam)
Beigetreten : Vor 6 Jahren

Beiträge : 3336

Das ist soweit richtig. Im Vergleich zu heutigen Verhältnissen kann man annehmen, daß Frauen a) häufiger schwanger waren als heute
und b) erreichten nur die wenigsten überhaupt die Menopause, weil sie früher starben.

Die Zahl von 600.000 halte ich übrigens für weit übertrieben.

ungehorsam antworten
BeLu
 BeLu
Beiträge : 5079
Veröffentlicht von: @arcangel

Auch andere Dinge wie zum Beispiel das Opfer für Frauen nach der Regelblutung, die zwei Tauben erfordert. Wenn man die Zahlen der Bibel alleine für die Wüstenwanderung hochrechnet, dann kommt man auf gut eine halbe Milliarde Tauben, die in den 40 Jahren geopfert worden sein müssten. Zum Vergleich, man schätzt die heutige weltweite Taubenpopulation auf 400 Millionen Individuen.

Ich denke, die Stelle ist anders zu lesen, nämlich nicht, dass nach jeder Regelblutung geopfert werden muss, sondern nur in den ab Lev 15, 25 beschriebenen Fällen, wenn die Blutung länger als normal anhält oder außerhalb der normalen Regel auftritt. Das reduziert den Taubenbedarf schon erheblich.

belu antworten


Lucan-7
Beiträge : 21582
Veröffentlicht von: @arcangel

Auch andere Dinge wie zum Beispiel das Opfer für Frauen nach der Regelblutung, die zwei Tauben erfordert. Wenn man die Zahlen der Bibel alleine für die Wüstenwanderung hochrechnet, dann kommt man auf gut eine halbe Milliarde Tauben, die in den 40 Jahren geopfert worden sein müssten.

Stell' dir vor, die hätten jeden Monat zwei Tauben gegessen.
Erscheint mir jetzt nicht so wahnsinnig viel... wenn sie sich ansonsten vegetarisch ernährten.

Davon abgesehen dürfte die Anzahl der Menschen auch um einiges übertrieben sein. Aber das hängt halt davon ab, wie wörtlich man das Ganze verstehen will.

Eine wörtlich verstandene Bibel mag dann auch zu dem Schluss führen, dass Gott auf wundersame Weise für genügend Tauben sorgte, wenn er auch für die Ernährung derartig vieler Menschen sorgen konnte.

Und eine eher historisch orientierte Lesart benötigt dann auch nicht mehr so viele Tauben...

lucan-7 antworten
1 Antwort
Jigal
 Jigal
(@jigal)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3836

Vielleicht benötigt sie gar keine Tauben. Was sagt denn die Bibelstelle, ab wann das eingeführt wurde. Es kann ja erst nachdem Moses auf dem Berg gewesen war gewesen sein und selbst da macht es keinen Sinn.
Wenn man an die Stelle denkt an der sich die Leute nach den Fleischtöpfen Ägyptens sehnen.

jigal antworten
Gelöschtes Profil
Beiträge : 18002

Levitikus und Wüstenwanderung: wie realistisch sind Annahmen und Aussagen?
Ich will mal einige Punkte zum Nachdenken in die Diskussion einbringen:
1. Das Buch Levitikus wurde meines Wissens (wie die meisten anderen schriftlichen Dokumente bzw. Überlieferung) erst geschrieben, als die Stämme Israels schon längst im "gelobten Land" angekommen waren und als sich Strukturen des Zusammenlebens und geistlicher Ordnungen bildeten.

2. Tauben (sofern es sich nicht um Wildtauben handelt) sind eigentlich typische Haustiere, oft in Verbindung mit kleinbäuerlicher Haltung. Ob die Israeliten bei ihrem Auszug aus Ägypten und während der Zeit der Wüstenwanderung Taubenschläge dabei hatten, darf zumindest kritisch hinterfragt werden. Und ich frage mich, dass die Priester, die für die Aufstellung von Opferritualen und -geboten verantwortlich waren, in dieser Zeit nichts Besseres zu tun hatten als "Regeln zur Reduzierung der Taubenplage" aufzustellen.

3. Bei der Nennung von Zahlen in alten Schriften (und somit auch in der Bibel) sollten wir stets sehr vorsichtig sein. Nicht nur in unserer Zeit werden (z.B. bei Demos) gern hohe Teilnehmerzahlen angegeben, die nur selten den Tatsachen entsprechen. Außerdem haben viele Zahlen (3, 7, 40) eine eher symbolische Bedeutung und keinen Absolutheitsanspruch. Daher darf die Zahl von 600.000 Wüstenwanderern eher kritisch gesehen werde. Schon ein Zehntel dieser Menge dürfte ein gewaltiges logistisches Problem und eine große Herausforderung an die Führungscrew gewesen sein.

4. Wie beschrieben ist die bäuerliche Existenz mit Ackerbau und Viehzucht eigentlich ein Zeichen von längerdauernder Sesshaftigkeit - also nicht typisch für ein Nomadenvolk, das auf der Suche nach neuer Heimat ist. Natürlich werden die Israeliten auch Tiere dabei gehabt haben - aber wohl eher in geringer Anzahl. Große Herden und Viehbestände dürften - wohl auch mit Blick auf die Vergangenheit als Sklaven in Ägypten - unwahrscheinlich sein. Also sind die in Levitikus beschriebenen Gebote wohl eher für eine sesshafte Gesellschaft gedacht als für ein Nomadenvolk, zumal sie (siehe Punkt 1) wohl erst deutlich nach der Wüstenwanderung niedergeschrieben wurden.

Insofern kann man wohl sagen, dass zur Zeit der Wüstenwanderung wohl kaum eine Taube als Folge weiblicher Regelblutung ihr Leben lassen musste, obwohl Tauben (da nur wenige verfügbar) wohl wertvoll und daher geeignete Opfertiere waren.

Nachtrag vom 11.03.2022 1231
zu Punkt 1: Lt. Wikipedia zur Zeit des 2. Tempels

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Arcangel
(@arcangel)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 4418
Veröffentlicht von: @bepe0905

1. Das Buch Levitikus wurde meines Wissens (wie die meisten anderen schriftlichen Dokumente bzw. Überlieferung) erst geschrieben, als die Stämme Israels schon längst im "gelobten Land" angekommen waren und als sich Strukturen des Zusammenlebens und geistlicher Ordnungen bildeten.

Davon gehe ich auch aus, die Passagen in Exodus und Levitiuks, die sich um Ritualgebote handeln, wurden ziemlich sicher später eingefügt, aber an diesen Stellen in der Geschichte positioniert, um sie mit der Autorität Mose in Verbindung zu bringen.

Veröffentlicht von: @bepe0905

. Bei der Nennung von Zahlen in alten Schriften (und somit auch in der Bibel) sollten wir stets sehr vorsichtig sein. Nicht nur in unserer Zeit werden (z.B. bei Demos) gern hohe Teilnehmerzahlen angegeben, die nur selten den Tatsachen entsprechen. Außerdem haben viele Zahlen (3, 7, 40) eine eher symbolische Bedeutung und keinen Absolutheitsanspruch. Daher darf die Zahl von 600.000 Wüstenwanderern eher kritisch gesehen werde. Schon ein Zehntel dieser Menge dürfte ein gewaltiges logistisches Problem und eine große Herausforderung an die Führungscrew gewesen sein.

Und dann wurden ja nur die Männer erwähnt, also dürften es doppelt so viele gewesen sein. Von 12 auf 1,2 Mio in 400 Jahren. Da wäre eine Verdoppelung alle 20 Jahre, was dann aber wiederum nicht mit der Anzahl Generationen zusammenpasst, Mose war die 4te Generation. Weder die Anzahl Jahre in Ägypten noch die Anzahl Personen passen in irgendwelche realistischen Szenarien. Die Aufenthaltsdauer wird dann ja auch von anderen Quellen infrage gezogen, wahrscheinlich waren es nur 260 Jahre. Realistisischer weise und mit dem Text vereinbar waren ca 12 Tausend total (und auch das wäre ein sehr aussergewöhnliches Wachstum)

Veröffentlicht von: @bepe0905

4. Wie beschrieben ist die bäuerliche Existenz mit Ackerbau und Viehzucht eigentlich ein Zeichen von längerdauernder Sesshaftigkeit - also nicht typisch für ein Nomadenvolk, das auf der Suche nach neuer Heimat ist. Natürlich werden die Israeliten auch Tiere dabei gehabt haben - aber wohl eher in geringer Anzahl. Große Herden und Viehbestände dürften - wohl auch mit Blick auf die Vergangenheit als Sklaven in Ägypten - unwahrscheinlich sein. Also sind die in Levitikus beschriebenen Gebote wohl eher für eine sesshafte Gesellschaft gedacht als für ein Nomadenvolk, zumal sie (siehe Punkt 1) wohl erst deutlich nach der Wüstenwanderung niedergeschrieben wurden.

Seh ich genau so.

arcangel antworten


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