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Prädestination - glauben Christen an Zufälle?

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Studierzimmer
Themenstarter
Beiträge : 23

Hallo,
mich beschäftigt ein kompliziertes Thema. Ich fände es gut, wenn mir Christen es so leicht wie möglich erklären könnten. Denn ich würde es gerne verstehen.

Wenn ich es richtig verstehe, besteht für uns Christen ein Widerspruch:

Einerseits steht in der Bibel, dass Gott alles fügt (siehe Jeremia 10,23). Oder in den Sprüchen „Der Mensch wirft das Los; aber es fällt, wie der HERR will".
Anderseits kommt immer auch durch, dass wir Menschen einen freien Willen haben. Adam und Eva sündigten. Obwohl Gott sagt, dass sie es nicht dürfen. Sünde ist eine Entscheidung. Offenbarung 22,17 sagt, dass wir wählen können ("wer will").

Ich frage ganz einfach: Glauben Christen an Zufälle?

Bei Timothy Keller (der Calvinist ist) lese ich, dass wir frei entscheiden. Aber Gott immer durch dieses Handeln arbeitet. Gemeint ist Kompatibilismus, der freien Willen und Determisnismus unter einen Hut bringt. Um es zu erklären, nimmt er ein Beispiel:
Wenn ein Räuber eine Bank überfällt, ist er für das böse Handeln verantwortlich. Dennoch ist seine Tat Teil von Gottes Plan!
Er bezieht sich auf Jesaja 10. Gott nutzt Assyrer um Israel für seine Sünden zu bestrafen. Trotzdem sind sie verantwortlich für das eigene Handeln.

Und ich denke sofort an den Holocaust. Darauf übertragen, wirkt dieses Denken fast blasphemisch auf mich. Die Verbrechen wurden von Menschen begangen, die dies planten und dafür verantwortlich sind. Aber am Ende war es alles Gottes Plan? Nein! Das kann nicht sein!

Ist diese Sichtweise wirklich gängig im Christentum?

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173 Antworten
Martha
 Martha
Beiträge : 364

@studierzimmer 

Und ich denke sofort an den Holocaust. Darauf übertragen, wirkt dieses Denken fast blasphemisch auf mich. Die Verbrechen wurden von Menschen begangen, die dies planten und dafür verantwortlich sind. Aber am Ende war es alles Gottes Plan? Nein! Das kann nicht sein!

Schweres Thema.

Anbei ein Link zu einem Artikel von Jens Rosbach im DLF vom 20-01-2017 mit dem Titel

Jüdischer Glauben und die Shoa - Wo war Gott in Auschwitz? ,

der auch auf's Christentum mit eingeht.

Persönlich neige ich zu dieser Einstellung:

So habe der liberale Rabbiner Emil Fackenheim, ein KZ-Überlebender, eine historisch begründete These aufgestellt. Fackenheim meint, dass in der Nazi-Zeit Gottes Ruf hörbar wurde: nämlich sein Gebot, trotzdem weiter zu glauben.
„Die Begründung ist: Wenn Du anfängst, an Gott zu zweifeln, dann tust Du Hitlers Job, genau das wollte er erreichen: Dass wir Juden, unser Erbe, unsere Tradition, unsere religiöse Identität aufgeben.“ (Quelle s.o.)
martha antworten
20 Antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3653

@martha Die Begründung ist: Wenn Du anfängst, an Gott zu zweifeln, dann tust Du Hitlers Job, genau das wollte er erreichen: Dass wir Juden, unser Erbe, unsere Tradition, unsere religiöse Identität aufgeben.

Diese Begründung ist sehr schwach, genau genommen sogar schlicht falsch. Hitler wollte nicht, dass Juden ihre religiöse Identität aufgäben. Sein Judenhass war in blödsinniger Weise rassistisch: Er wollte die jüdische Rasse ausrotten, es hätte überhaupt nicht solcher Regelungen wie des Ariernachweises bedurft, wenn es Hitler und seinen Verbrecherkollegen nur darum gegangen wäre, dass die Juden ihre Tradition/religiöse Identität abgäben. Hitlers "Job" wird daher kein Jude oder Christ "tun", der angesichts der Tatsache, dass kein Gott, sondern die Rote Armee Auschwitz befreite, vom Gottesglauben Abstand nimmt.

Die "Begründung" instrumentalisiert die Verbrechen der Nazis, nur um daraus ein apologetisches Argument zu konstruieren, das logisch völlig inkonsistent ist und zudem noch jene, die nach dem Holocaust nicht mehr glauben konnten, desavouiert.

Apropos Logik: Die Nazis ließen auch zig tausende Kommunisten und Atheisten ermorden. Wäre das jetzt ein Grund, an kommunistischen und atheistischen Ideen festzuhalten , und würde somit jeder ehemalige Kommunist, der nach 45 seiner Ideologie abschwor und z.B. zu den Sozialdemokraten, oder - Marx bewahre! - in die CDU wechselte, damit Hitlers Job fortgeführt haben?

jack-black antworten
Martha
 Martha
(@martha)
Beigetreten : Vor 8 Monaten

Beiträge : 364

@jack-black 

Leider hast du den mir wesentlichen Teil in meinem Zitat weggelassen.

Es geht um trotzdem. Es geht um Trotz.

[Viktor Frankl (Holocoustüberlebender, Neurologe u Psychiater) hat der Trotzmacht in seinem Konzept der Resilienz einen wichtigen Stellenwert gegeben.]

Viel mehr will ich dazu auch gar nicht sagen, weil man bei diesem Thema alle Argumente in der Luft zerreißen kann. 

martha antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3653

@martha Viel mehr will ich dazu auch gar nicht sagen, weil man bei diesem Thema alle Argumente in der Luft zerreißen kann.

Naja, wenn alle Argumente aus Trotz bestehen... ^^

jack-black antworten
Martha
 Martha
(@martha)
Beigetreten : Vor 8 Monaten

Beiträge : 364
Veröffentlicht von: @jack-black

@martha Viel mehr will ich dazu auch gar nicht sagen, weil man bei diesem Thema alle Argumente in der Luft zerreißen kann.

Naja, wenn alle Argumente aus Trotz bestehen... ^^

Trotz ist kein Argument, sondern eine Motivation.

martha antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3653

@martha 

Naja, genaugenommen ist es eine Verhaltensweise.

 

jack-black antworten
Martha
 Martha
(@martha)
Beigetreten : Vor 8 Monaten

Beiträge : 364
Veröffentlicht von: @jack-black

@martha 

Naja, genaugenommen ist es eine Verhaltensweise.

 

Stimmt. 👍

martha antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3653

@martha Stimmt. 👍

Schön. 🙂 Würdest Du des weiteren zustimmen, dass einsichtiges Verhalten und trotziges Verhalten tendenziell eher gegenteilige Verhaltensweisen sind? 

jack-black antworten
Martha
 Martha
(@martha)
Beigetreten : Vor 8 Monaten

Beiträge : 364

@jack-black 

Mit Verlaub, das kommt mir jetzt doch sehr oberlehrerhaft 'rüber.

Welches Stöckchen hältst du mir jetzt hin,  über das ich springen soll?

Würdest du dich mit dem Begriff "Trotzkraft" im Rahmen des Konzepts der Resilienz beschäftigen?

Ist dir bekannt, dass viele jüd. Menschen Suizid begingen, nachdem sie den Holocoust überlebten - und andere nicht?

[Selbiges ist geschehen u geschieht noch in IL nach dem Angriff der Gazaner am 07.10.23].

martha antworten
Millie49
(@millie49)
Beigetreten : Vor 2 Monaten

Beiträge : 114

@martha Thema Frankl und Trotzmacht: Eine Shoa-Überlebende mit 6 Kindern, 20 Enkeln und 3 Ur-Enkeln sagte in einer Doku: "DAS ist MEINE Rache an Hitler!

millie49 antworten
Martha
 Martha
(@martha)
Beigetreten : Vor 8 Monaten

Beiträge : 364

@millie49 

Das ist für mich ein Beispiel dafür, dass Trotz auch Motivation sein kann. ❤️

 

martha antworten
Studierzimmer
(@studierzimmer)
Beigetreten : Vor 2 Wochen

Beiträge : 23

@martha Ich glaube Frankls Motivation war nicht der Trotz alleine. Es war die Liebe zum Leben. Dass Leben trotz Leid einen Sinn haben kann. Seine davon losgelöste Motivation erfolgt also trotzdem

studierzimmer antworten
Martha
 Martha
(@martha)
Beigetreten : Vor 8 Monaten

Beiträge : 364

@studierzimmer 

Ich glaube Frankls Motivation war nicht der Trotz alleine. Es war die Liebe zum Leben. Dass Leben trotz Leid einen Sinn haben kann. Seine davon losgelöste Motivation erfolgt also trotzdem.

Bei der Logotherapie geht es darum, dass der Betroffene dem Erlebten einen (individuellen) Sinn zu geben findet, um es für sich besser einordnen u damit leben zu können. 

Von daher finde ich den Schluss "dadurch ist der Staat IL gegründet worden" als persönlichen Erkenntnisgewinn zur Sinnfindung z.B. gut (siehe Post von millie49).

Zum Trotz als Teil der Resilienzbildung habe ich heute einen Text von Anselm Grün gelesen, der sich in diesem Zusammenhang auf Joh. 20,29 bezieht:

"Jesus sagt zu Thomas:

Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Es geht um das grundsätzliche Problem, dass es für uns Zeiten gibt, in denen wir nichts von dem sehen, was die Bibel verheisst, in denen wir kein Licht am Ende des Tunnels sehen.

Wer in solcher Dunkelheit trotzdem glaubt, der ist selig zu preisen. 

Jesus preist nicht das Unmögliche selig. Er kennt offensichtlich selbst solche Erfahrungen. Er hat in seinem Todeskampf am Kreuz, als alles ausweglos erschien, trotzdem geglaubt und an Gott festgehalten. 

Viele Juden, die in die Gaskammer geführt wurden, haben trotz aller Angst und trotz aller Zweifel an Gott festgehalten und zu ihm geschrien. 

Es gibt die Gnade, dass wir nichts sehen von Gottes Nähe, dass wir keinen Menschen in unserer Nähe sehen, der uns Beistand oder Hoffnung schenkt, und dennoch glauben. 

Es ist ein Geschenk der Gnade, dass tief in unserem Herzen ein Glaube ist, der sich nicht so leicht von gegenteiligen Geschehnissen austreiben lässt."

Text aus: "Die Osterfreude auskosten - 50 Impulse von Ostern bis Pfingsten", Kap. "Nicht sehen und doch glauben (Joh. 20,29) - 4. Woche der Osterzeit", S. 99, 100, Vier-Türme-Verlag. 

 

 

martha antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3653

@millie49 Dann wäre es vermutlich auch eine Rache an Netanjahu oder gleich an ganz Israel, wenn eine in irgendwelchen Flüchtlingslagern leidende Palästinenserin viele Kinder, Enkel und Urenkel bekommt?

Seit wann ist alles, was Opfer sagen und tun, per se richtig?

Ich kann die Frau ja verstehen, inklusive ihres Rachebedürfnisses*. Aber auch atheistische Juden (wie ein Studienfreund von mir, der dies übrigens auch noch gemeinsam mit einer Deutschen tat) setzen Kinder in die Welt, und dies womöglich (ziemlich sicher in besagtem Fall) nicht einmal aus Rachegründen, sondern aus exakt denselben Gründen, aus denen auch die Angehörigen des Tätervolks (wir Deutschen) Kinder in die Welt setzen. Damit machen auch sie den Nazis de facto einen Strich durch die Rechnung insofern, als das mit der Ausrottung der Juden halt nicht so recht klappen will. Ja nicht mal mit der Feindschaft zwischen Juden und Deutschen...

 

*Wenn ich mir allerdings vorstelle, meine Eltern würden in einer Doku erklären, ich wäre aus Rachegründen gezeugt worden und hätte meine Existenz mithin mittelbar den Nazis zu verdanken... Hhmm.

jack-black antworten
Queequeg
(@queequeg)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 5710

@jack-black 

"dass kein Gott, sondern die Rote Armee Auschwitz befreite"

Wobei natürlich der gewiefte Gläubige gerade darin Gottes Handeln erkennt - er hat sich eben der Roten Armee bedient.

queequeg antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3653

@queequeg Wobei natürlich der gewiefte Gläubige gerade darin Gottes Handeln erkennt - er hat sich eben der Roten Armee bedient.

"Gewieft" hört sich da nun nach List und Vorsatz an, beides möchte ich in solchen Fällen nicht unterstellen. Aber ja, die Vorstellung, dass Gott sich für die Ausführung seiner Pläner auch noch seiner "Feinde" bediene, ist eine praktisch immer anwendbare Kritikimmunisierungsoption; sie wird meiner Erfahrung nach, da durch stetig wiederholte Verwendung erlernt, reflexhaft gewählt.

Dieser Topos, dass Gott sich derer bediene, die eigentlich gar keine richtigen Gläubigen sind, ja sich sogar entgegen all seine Ver- und Gebote verhalten und solcherart eigentlich als seine Feinde zu erkennen sind, findet in tausenderlei Varianten im Christentum seine Anwendung - momentan wird ein orangehaariger Pussygrabscher ja in rechtsnationalistisch-evangelikalen Kreisen gerade als so ein "Werkzeug Gottes" betrachtet...

jack-black antworten
Queequeg
(@queequeg)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 5710

@jack-black 

"Gewieft" - Vorsatz, natürlich, List durchaus nicht, es leuchtet ja denen, die so argumentieren, als unmittelbare Wahrheit ein.

Ansonsten löst es bei mir immer Kopfschütteln aus, wenn ich höre oder lese, dass Gott da eingegriffen hat, wo außerhalb des jüdisch-christlichen Weltverständnisses alles ganz genau so geschieht, auch ohne Gott. In der ganzen Menschheitsgeschichte hat es Eroberungen von Städten, Siege über andere Völker und wundersame Heilungen von kranken Menschen gegeben, ohne dass dabei von dem jüdisch oder christlich verstandenen Gott die Rede ist. Nur bei den Israeliten funktionierte das nicht von selbst und Gott musste eigenhändig eingreifen. Wobei er im Laufe der Zeit offenbar doch recht müde geworden ist.

queequeg antworten
DerElch
(@derelch)
Beigetreten : Vor 22 Jahren

Beiträge : 667

@queequeg 

Wobei natürlich der gewiefte Gläubige gerade darin Gottes Handeln erkennt - er hat sich eben der Roten Armee bedient.

Dann wäre Gott ein Zyniker.

 
 
 
derelch antworten
Queequeg
(@queequeg)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 5710

@derelch 

Richtig. Denke ich auch.

queequeg antworten
Millie49
(@millie49)
Beigetreten : Vor 2 Monaten

Beiträge : 114

@jack-black Rabbis Fackenheims Aussage bezieht sich darauf, das die Nazis die Juden zusätzlich quälen wollten, in dem die jüdischen Häftlinge in ihrer ausweglosen Situation auch noch anfingen an G'tt zu zweifeln, nach dem sie alles andere bereits verloren hatten. Viele Juden sind in ihrer Verzweiflung konvertiert, aber im Herzen Juden geblieben, doch Shabbat, Pessah oder Bar Mitzwa waren damit offiziell vorbei.  Gerade orthodoxe/ultraorthdoxe Juden leben nicht nur im Glauben, der Glaube ist ihr Leben!

millie49 antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 4 Jahren

Beiträge : 3653

@millie49 Das mag ja alles sein. Die Nazis schikanierten die Juden auf alle erdenkliche Weisen, dazu gehörten sicherlich psychische Folter und Strategien, den Menschen jede Hoffnung zu nehmen. Aber dies ändert ja nichts an dem Umstand, dass eben kein Gott den Nazis in den Arm fiel, kein Gott den zigmillionenfachen Mord an zivilen Männern und Frauen, Kindern und Greisen verhinderte. Da an einem Gott, der angeblich auf der Seite "seines erwählten" Volkes steht, zu zweifeln, ist eine mehr als nachvollziehbare Reaktion und sie als eine Form, Hitlers Job weiter zu führen, hinzustellen, ist eine Perfidie, die offenbar Gläubigen wie diesem Rabbi gar nicht aufzufallen scheint: Man steckt damit Juden, die eine andere (in meinen Augen viel vernünftigere und ehrlichere) Folgerung aus dem Holocaust zogen, moralisch mit den Nazis in eine Schublade. 

Gerade orthodoxe/ultraorthdoxe Juden leben nicht nur im Glauben, der Glaube ist ihr Leben!

Auch das mag sein. Es macht aber ihren Glauben nicht automatisch wahrer.

jack-black antworten


Deborah71
Beiträge : 23010

@studierzimmer 

Hi,  so schwarz-weiß ist es sicher nicht.

Innerhalb Gottes Plan gibt es Freiräume... Abstufungen seines Willens, sag ich mal...

Röm 12,2 Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.

Dieser Vers enthält eine Steigerung, 1) gut 2) wohlgefällig 3) vollkommen.

Dabei ist immer der Bereich in der eigenen Entscheidung und Freiheit zum Glaubensgehorsam in allen dreien möglich. Über allem steht für mich der souveräne Wille Gottes, dass er seinen Rettungsplan, wie er ihn sich gedacht hat, zu Ende führt.

Für mich gibt es im Blick auf die Ehrfurcht Gott gegenüber keinen Freiraum, eigenes Fehlverhalten unter dem dann andere leiden , Gott in die Schuhe zu schieben.

deborah71 antworten
1 Antwort
Studierzimmer
(@studierzimmer)
Beigetreten : Vor 2 Wochen

Beiträge : 23

@deborah71 Ja, das finde ich so spannend. Ich sehe da im Christentum eine Spannung. Im Islam zum Beispiel ist der Glaube fatalistisch. Es ist alles determiniert von Gott. Bei uns ist es ein Mix aus freien Willen und Einfluss Gottes. Wo lässt er geschehen? Wann lenkt er ein? Gerade das warum lenkt er oft nicht ein, führt zur Theodizeefrage. Es gibt sicher Christen, die sagen, dass er bewusst nicht eingreift. Weil er etwas bewirken will. Damit tue ich mich schwer. Das böse Handeln von Menschen ist nicht sein Wille. Denke ich. Andere sagen dass diese Welt so sein muss. Dass das Böse eben auch freies Spiel hat. Sonst wäre es ja determiniert. Das ist meine Ansicht. Aber ich merke, dass das nicht alle Christen so sehen? Siehe Timothy Keller....

studierzimmer antworten
Adjutante
Beiträge : 2629

@studierzimmer 

Ist diese Sichtweise wirklich gängig im Christentum?

Glaube ich nicht.

Also, ich bin kein Calvinist. Vielleicht auch deshalb kann ich das Beispiel vom Räuber nicht auf Jesaja 10 beziehen.

adjutante antworten


MikeFromMUC
Beiträge : 478

@studierzimmer 

Ist diese Sichtweise wirklich gängig im Christentum?

Ich kann nicht für das Christentum sprechen, nur für mich. Aber ich finde das gut auf den Punkt gebracht.

Ich glaube, daß Gott uns den freien Willen gegeben hat. Wir sind verantwortlich für das, was wir tun, sagen und denken. Damit wir wissen, wie wir miteinander umgehen sollen, hat Gott uns die Bibel gegeben. 

Gleichzeitig weiß Gott, was wir tun, was wir getan haben und was wir jemals tun werden. Es ist sein Wille, der geschieht. Sein Wille ist, daß ich mich an seinem Wort orientiere.

Ich frage ganz einfach: Glauben Christen an Zufälle?

Ich glaube an Zufälle. Ich glaube an den freien Willen. Und ich glaube, daß wir alle Gottes Plan folgen. Aber Gottes Plan ist größer als das, was ich verstehe. Deshalb glaube ich zum Beispiel gleichzeitig, daß die Evolutionstheorie stimmt - und daß Gott die Welt geschaffen hat und hinter jedem Schritt der Evolution steckt.

Gott steht über der Logik. Ich kann das nicht begreifen. Aber ich kann glauben.

mikefrommuc antworten
Jeremiah
Beiträge : 53

@studierzimmer 

Ja, ein ganz schwieriges Thema - und ich glaube, dass unsere menschliche Vorstellungsweise zu klein ist, um das wirklich zu begreifen.

Ich weiß nicht, ob das Böse, das passiert, wirklich Gottes "Plan" ist - aber ich denke, dass er imstande ist, das Böse zu "einzusetzen", dass es dennoch seinen Plänen dient. In dem Sinne, dass er das Böse, was er ja eigentlich nicht will, vollkommen in seine Pläne einbauen kann, so dass das dabei herauskommt, was er geplant hat.

Aber für uns nicht wirklich zu verstehen...

Römer 8,28: "Denen, die Gott lieben, werden alle Dinge zum Besten dienen".  - Dazu habe ich in einer anderen Übersetzung gefunden: "Wenn jemand Gott liebt, müssen alle Dinge dazu dienen, dass er das Ziel erreicht, zu dem ihn Gott nach seinem Plan berufen hat."

Gott erreicht seine Ziele mit der Welt, aber auch mit uns als Einzelnen.

"Und ich denke sofort an den Holocaust. Darauf übertragen, wirkt dieses Denken fast blasphemisch auf mich. Die Verbrechen wurden von Menschen begangen, die dies planten und dafür verantwortlich sind. Aber am Ende war es alles Gottes Plan? Nein! Das kann nicht sein!"

Ja, was damals passiert ist, ist unfassbar. Und die Verantwortlichen dafür werden mit Sicherheit von Gott - sofern sie nicht umgekehrt sind - zur Rechenschaft gezogen werden.

Und gleichzeitig war der Holocaust aber (mit) die Ursache, dass  der Staat Israel gegründet wurde. So hat sich Gottes Plan erfüllt.

 

 

jeremiah antworten
1 Antwort
Studierzimmer
(@studierzimmer)
Beigetreten : Vor 2 Wochen

Beiträge : 23
Veröffentlicht von: @jeremiah

Und gleichzeitig war der Holocaust aber (mit) die Ursache, dass  der Staat Israel gegründet wurde. So hat sich Gottes Plan erfüllt.

Diese Ansicht kann ich nicht teilen!! Den Holocaust als Gottes Plan für die Gründung Israels sehen...das entspricht nicht der Liebe und Güte von dem Gott, den ich spüre. Dass Gott solche Menschheitsverbrechen nutzt, um seine Pläne erfüllen zu lassen. Klares nein aus meiner Sicht!

studierzimmer antworten


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