Quellentheorie und Inspiration
Die Bücher Mose sind aus mindestens 3 Quellen zusammengestellt worden.
Als schönes bespiel sei hier die 1.Mose 37,18-36 erwähnt, wo die zwei Erzählungen zu einer zusammengestrickt wurden.
In einer Erzählung ist Ruben derjenige der Josef rettet, in der anderen Juda, in der einen sind es Midianiter die Josef aus der Grube ziehen, in der anderen wird Josef an die Ismaeliten verkauft. Jede Erzählung ist für sich genommen stimmig zusammengefügt, hinterlassen sie aber einige Kontinuitätsfehler.
Ich habe die beiden Erzählungen weiter unten mal separiert. Die Frage ist jetzt:
- Wie geht ihr mit der Inspiration solcher Texte um?
- Wie entscheidend ist es, dass Ruben, respektive Juda derjenige war, der Josef rettet?
- Was haltet ihr davon, dass es zwei Versionen gab, eine im Nordreich, in der Ruben der Held ist, und eine im Süden, wo Juda der Held ist?
Der Text ist aus der Zürcher Bibel
Sie sagten zueinander: Seht, da kommt ja dieser Träumer. Jetzt kommt, wir wollen ihn töten und ihn in eine der Zisternen werfen, und wir werden sagen: Ein wildes Tier hat ihn gefressen. Wir werden ja sehen, was aus seinen Träumen wird. Als nun Josef zu seinen Brüdern kam, zogen sie ihm seinen Rock aus, den Ärmelrock, den er anhatte. und sie blickten auf und schauten sich um, und sieh, da war eine Karawane von Ismaelitern, die aus Gilead herüberkam. Ihre Kamele waren mit Tragakant, Mastix und Ladanum beladen, damit waren sie unterwegs nach Ägypten hinab. Da sprach Juda zu seinen Brüdern: Was haben wir davon, wenn wir unseren Bruder umbringen und sein Blut zudecken? Kommt, wir wollen ihn an die Ismaeliter verkaufen, aber uns nicht an ihm vergreifen, er ist doch unser Bruder, unser Fleisch. Und seine Brüder waren einverstanden. und sie verkauften Josef für zwanzig Silberstücke an die Ismaeliter. Sie aber nahmen den Rock Josefs, schlachteten einen Ziegenbock und tauchten den Rock in das Blut. Dann schickten sie den Ärmelrock hin, sie brachten ihn ihrem Vater und sagten: Das haben wir gefunden. Sieh doch, ob es nicht der Rock deines Sohns ist. Er sah ihn sich genau an und sprach: Es ist der Rock meines Sohns. Ein wildes Tier hat ihn gefressen. Zerfleischt, zerfleischt ist Josef! Und Jakob zerriss seine Kleider und legte einen Sack um seine Hüften. Und er trauerte um seinen Sohn lange Zeit. Da machten sich alle seine Söhne und Töchter auf, um ihn zu trösten. Aber er wollte sich nicht trösten lassen und sprach: Nein, trauernd werde ich zu meinem Sohn ins Totenreich hinabsteigen. So beweinte ihn sein Vater
Sie sahen ihn schon von weitem, und bevor er zu ihnen herankam, fassten sie den heimtückischen Plan gegen ihn, ihn zu töten. Das hörte Ruben, und er wollte ihn aus ihrer Hand retten. Er sagte: Wir dürfen ihm nicht das Leben nehmen. Und Ruben sagte zu ihnen: Vergiesst kein Blut! Werft ihn in diese Zisterne da in der Wüste, aber legt nicht Hand an ihn! Er wollte ihn nämlich aus ihrer Hand retten, um ihn zu seinem Vater zurückzubringen. Und sie ergriffen ihn und warfen ihn in die Zisterne; die Zisterne aber war leer, es war kein Wasser darin. Dann setzten sie sich hin, um zu essen. Es kamen aber midianitische Männer vorbei, Händler, die zogen Josef aus der Zisterne herauf. Diese brachten Josef nach Ägypten. Und Ruben kam wieder zu der Zisterne, und sieh, da war Josef nicht mehr in der Zisterne. Da zerriss er seine Kleider, kehrte zu seinen Brüdern zurück und sprach: Der Knabe ist nicht mehr da! Und ich, wo soll ich nun hin? Die Medaniter aber verkauften Josef nach Ägypten an Potifar, den Kämmerer des Pharao, den Obersten der Leibwache.
Veröffentlicht von: @arcangelWas haltet ihr davon, dass es zwei Versionen gab, eine im Nordreich, in der Ruben der Held ist, und eine im Süden, wo Juda der Held ist?
Ich verstehe den Drang die Geschichte aufzuspalten nicht.
Ruben, als der Erstgeborene, trägt Verantwortung und wird dieser soweit es geht gerecht.
Juda erkennt in der herannahenden Karawane die Chance für ein lohnendes Geschäft. (zwei Fliegen mit einer Klappe)
Ob die Händler nun Midianiter mit ismaelischem Hintergrund oder Ismaeliten oder gemischt waren ist nicht Zentralinformation des Textes.
Daraus zwei unterschiedliche Geschichten bauen zu wollen halte ich für mehr als gewagt...
Fazit:
Es waren beide (Ruben UND Juda), die Josefs Schicksal beeinflussten - und/aber letztendlich war es "Gott", der daraus Rettung entstehen lies (!) -> DAS ist die Geschichte...
hg poimen
@poimen-a
Es geht ja nicht primär um die theologische Aussage des Textes, die bleibt ja bei beiden gleich, nur die Protagonisten ändern. Etwas, dass man bei den Synoptikern des Öfteren beobachtet.
Zum Text: ob es Midianiter waren, die Josef aus dem Brunnen zogen, oder ob es die Brüder waren, die Josef an die Ismaeliten verkauften ist, dann doch kein kleiner Unterschied.
Und es wohl kaum midianitsche Ismaeliten oder ismaelische Midianiter.
Wie geht ihr mit der Inspiration solcher Texte um?
Was meinst Du damit? Für mich sind die von Dir dargelegten Unterschiede ein starkes Indiz darauf, dass es sich nun mal um eine "stinknormale" Story handelt, die von unterschiedlichen Erzählern halt unterschiedlich improvisiert wurde, je nach Hörerschaft. Diese ist es ja üblicherweise, die einen Erzähler "inspiriert" beim Erzählen.
Was haltet ihr davon, dass es zwei Versionen gab, eine im Nordreich, in der Ruben der Held ist, und eine im Süden, wo Juda der Held ist?
Von welchen Reichen sprichst Du da? Ägypten dürftest Du wohl kaum meinen, oder? Woher kommt Deine Information darüber, wo welche Version existierte? Gibt es Schriftfunde der unterschiedlichen Versionen und falls ja: in welcher Zahl? (D.h.: wie deutlich wird aus ihnen ersichtlich, dass die unterschiedlichen Versionen in unterschiedlichen Regionen beheimatet waren?)
Müßte man nicht, um Deine Frage beantworten zu können, Experte auf diesem Gebiet sein und wissen, welche Bedeutung "Ruben" und "Juda" damals hatten - und für wen? Solltest Du solche Fragen nicht eher in einem Experten-Forum stellen, wo sich Spezialisten für das AT allgemein, und die Josephs-Geschichte im Speziellen, tummeln?
Zum Stand der Forschung, nein man hat keine Schriftfunde, aus der Zeit, alles sind nur Theorien und Thesen, basierend auf jüngeren Texten. Gängige These in der Forschung ist, dass es das Nordreich (siehe link) und Südreich (Juda) jeweils zwei Texttraditionen hatte, Eloist für den Norden und Jawist für den Sünden. Laut dieser Theorie wurden diese beiden Schrifttradition dann irgendwann mit einer dritten Priesterschaft zu den heute 4 Büchern Mose zusammengestellt. Das 5. Buch Mose gilt als original und eigenständiges Werk. Das ist der Grund, warum sich zum Teil widersprüchliche Gesetze in diese Bücher finden, und auch, warum «spätere» Texte zum Teil weniger detailliert sind als «frühere» Texte. Man geht davon aus, dass es mindestens 3 unterschiedliche Gesetzesvarianten gab, die zu einem Text zusammengeschrieben wurde. Analog zu den Evangelienharmonien aus dem 3 Jhr.
Zur Inspiration, Christen gehen davon aus, dass biblische Texte nicht bloss Texte sind, sondern von Gott inspiriert wurde. Für manche hängt diese Inspiration zwingend mit der Autorenschaft der Texte zusammen. Ich sehe das ein wenig anders.
Zur Inspiration, Christen gehen davon aus, dass biblische Texte nicht bloss Texte sind, sondern von Gott inspiriert wurde. Für manche hängt diese Inspiration zwingend mit der Autorenschaft der Texte zusammen. Ich sehe das ein wenig anders.
Ich denke, dass sich in einigen wesentlichen biblischen Aussagen tatsächlich göttliche Inspiration zeigt, ansonsten stimme ich dir (was den Großteil der Texte betrifft) voll und ganz zu. Die Bibel ist von vielen Autoren nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben, aber eben von Menschen und daher mit interpretierbaren Texten und missverständlichen Varianten. Dadurch wird sie nicht "falsch", aber sie entzieht sich eigentlich der wörtlichen Auslegung.
Interessant dürfte es auch sein, zum Stichwort "Inspiration" mal zu hinterfragen, wieweit die "Inspiration" beim Verfassen der jeweiligen Texte und wieweit die "Inspiration" oder "Leitung durch den Heiligen Geist" bei der Zusammenstellung dieser Texte (Bücher) zur Bibel eine Rolle spielte.
@bepe0905
und wieweit die "Inspiration" oder "Leitung durch den Heiligen Geist" bei der Zusammenstellung dieser Texte (Bücher) zur Bibel eine Rolle spielte.
Ich könnte mir vorstellen dass das sogar leichter zu erfassen wäre, da man dies eher daran beobachten kann inwieweit die Texte inspirierend auf die Leser wirkten. Da sind uns aus der Zeit der Kanonisierung einige Texte überliefert.
@bepe0905 ja die Inspiration hinterfrag werden soll. Da stimme ich dir zu, aktuell wird ja in Konservativen Kreisen die Inspiration mit der Giesskanne gleichmässig über sämtliche Texte der Bibel gegossen. Ich denke, wir müssen in der Bibel unterscheiden zwischen, wo redet Gott, wo wird etwas über Gott gesagt, und wo wird über das Geschehene berichtet.
... und bei Berichten über Geschehnisse sollte man bedenken, dass unterschiedliche Menschen das gleiche Ereignis oft sehr unterschiedlich wiedergeben. Das ist heute nicht anders als zu Moses Zeiten (man denke nur mal an Zeugenaussagen bei Verkehrsunfällen oder Schlägereien). Menschen haben nun mal unterschiedliche Erfahrungen, auf denen sie aufbauen und sehen Ereignisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Und dann erzählen sie auch noch an unterschiedliche Personen. Insofern verständlich, dass sich auch biblische Geschichten oft in unterschiedlichen Varianten eines Geschehens berichtet werden.
@bepe0905 ja und dann kommt noch der gleiche Bericht zweimal an unterschiedlichen stellen vor. Oder findet leicht verändert in anderen Geschichten mit anderen Protagonisten eine reiteration.
Veröffentlicht von: @jack-blackSolltest Du solche Fragen nicht eher in einem Experten-Forum stellen, wo sich Spezialisten für das AT allgemein, und die Josephs-Geschichte im Speziellen, tummeln?
Mich interessiert aber viel mehr, was leihen mit solchen aussagen anfangen.
Mich interessiert aber viel mehr, was leihen mit solchen aussagen anfangen.
Ich als Laie denke mir: "Aha, interessant. Da hat es wohl zwei verschiedene Quellen gegeben."
Und damit erschöpft sich meine weitere Fähigkeit zu einem sinnvollen Beitrag bereits, weil mir dafür die Kenntnisse fehlen.
Ich könnte natürlich noch irgendwas auf wikipedia nachschauen und dann irgendwas schreiben, was wie eine sinnvolle Ergänzung klingt... aber so richtig weiter kommen wir damit wohl auch nicht... 😉
Veröffentlicht von: @arcangelWie geht ihr mit der Inspiration solcher Texte um?
Solche Texte zeigen eindeutig, dass Gott sie nicht diktiert hat. Hier vor allem aus folgendem Grund:
Veröffentlicht von: @arcangelWas haltet ihr davon, dass es zwei Versionen gab, eine im Nordreich, in der Ruben der Held ist, und eine im Süden, wo Juda der Held ist?
Ich finde das großartig! Wir haben somit zwei verschiedene Zugänge, Sichtweisen und Perspektiven zu dieser Geschichte. Das ist ein Gewinn.
And how do you understand the inspiration. Is the Bible God's Word or does it just contain God's word.