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Was bedeutet "evangelikal"?

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andreas
Themenstarter
Beiträge : 1804

Vor kurzem gab es bei j.de einen Austausch, in dem jemand sich als nicht mehr evangelikal bezeichnete. Ich habe das nur am Rand verfolgt, aber gemerkt, dass die Reaktionen einen Austausch über die theoretischen Grundlagen der Verwendung dieses Begriffs nahelegen.

Da es sich bei "evangelikal" um einen recht jungen Begriff handelt, eröffne ich diesen Thread bewusst im Forum "Kirchengeschichte". Denn Definition heißt immer auch Abgrenzung, und diese kann ja nur die gegenüber anderen christlichen Strömungen in der Kirchengeschichte sein.

Damit ist nicht gesagt, dass die Sache selbst neu sei. Der Anspruch, das Christentum möglichst ursprünglich zu verstehen, ist also davon unberührt. Diesen Anspruch hat aber ja fast jede christliche Strömung. Insofern hat die kirchen- und theologiegeschichtliche Einordnung auch wieder Sinn.

Mich würde interessieren:

Was bedeutet der Begriff Eurem Verständnis nach?
Wie kommt Ihr zu diesem Verständnis?
Wie bestimmt Ihr das Verhältnis zu anderen Strömungen / Gruppen / Bewegungen / ... der Christenheit?
Gibt es etwas, was sich Eurer Ansicht nach gegenseitig mit "evangelikalsein" ausschließt?
Was gäbe es sonst noch zu sagen?

Vielleicht als Bonus-Frage: Würdet Ihr Euch selbst so bezeichnen?

Meinen eigenen derzeitigen Ansatz werde ich in einem ersten Kommentar darzulegen versuchen.

Den Wikipedia-Artikel kenne ich, Danke! Er ist brauchbar, aber nicht das, wonach ich fragte. 😊

Dank und Gruß von

Andreas

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130 Antworten
1 Antwort
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 7366
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Mich würde interessieren:

Was bedeutet der Begriff Eurem Verständnis nach?
Wie kommt Ihr zu diesem Verständnis?
Wie bestimmt Ihr das Verhältnis zu anderen Strömungen / Gruppen / Bewegungen / ... der Christenheit?

Historisch stammt der Begriff aus dem Englischen, wo der schon eine längere Geschichte hat. In den 70-er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde er von den Pietisten in D entdeckt und als Selbstbezeichnung übernommen, was an sich durchaus ok war (und die Pietisten haben auch eine längere Geschichte …).

Historisch ist so manches Positives durch evangelikale Gruppen gekommen: Abschaffung des internationale Sklavenhandels durch duie Methodisten, „innere Mission” durch den Pietisten Wichern, und die Baptisten waren, als sie im 17. Jh. die Religionsfreiheit gewissermaßen „erfanden”, zwar nicht evangelikal im damaligen Sinn des Wortes, gehören aber heute dazu.

Bei den, was sich in den USA evangelical nennt, gibt es einerseits eine Aufweichung theologischer Positionen - in einem englischen Forum meinte jemand auf meine Frage, warum evangelical nicht als Gruppe o.ä aufgeführt war, dass die evangelicals doch nur noch wischi-waschi wären, keiner wüsste, wofür das Wort steht. Andererseits bekommen wir in den Medien mit, dass viele US-evangelicals sich politisch immer mehr nach rechts orientieren. Zwei Gründe, warum ich mich oft nicht als evangelikal bezeichne.

Zum traditionellen pietisch-evangelikalen gehört:

  • Betonung einer persönlichen Beziehung zu Jesus (schon im 17.Jh., in Abgrenzung zur lutherischen Orthodoxie, die einseitig auf die »rechte Lehre« bedacht war)
  • Betonung der persönlichen Heiligung (dito, die extreme Gegenposition war die Auffassung, evangelische Freiheit zeige sich gerade darin, dass man bewusst sündigte)
  • Daraus abgeleitet: Betonung der Notwendigkeit einer Bekehrung (wobei der Punkt unterschiedlich stark betont wird …)
  • Betonung der Glaubwürdigkeit der Schrift, und dass sie maßgeblich ist (v.a. seit dem 18.Jh., in Abgrenzung zur mit der Aufklärung beginnenden Bibelkritik)
  • Betonung der Gemeinsamkeit aller Gläubigen in den verschiedenen Kirchen

Typisch evangelikal ist, dass man sich in einem Hauskreis trifft und über die Bibel spricht, dass man nicht alles schluckt, was der Pastor oder Prediger erzählt, sondern sich durch (gemeinsames und persönliches) Bibelstudium sein eigenes Urteil bildet, und eben, dass es darauf ankommt, was die Bibel sagt.

In den evangelikalen Kreisen, in den ich mich bewegt habe, war es selbstverständlich, dass es auch Fragen gibt, zu den die Bibel keine Antwort hat (adiaphora nennen das Theologen), dass man auch Fachinformationen (historische, sprachliche etc.) zu Rate zieht, um den Sinn einer Stelle zu verstehen (oder mindestens, dass das die benutzten Ausleger getan haben), aber auch die Option, eine Bibelstelle ganz persönlich und bewusst subjektiv auf sich zu beziehen („das hat der Herr mir heute gesagt”). Die Enge, die ich aus manchen »anti-evangelikalen« Beiträgen hier herauslese, hab ich so selten erlebt. Und auch nicht den Fanatismus. Wir sollen den Sünder (alle Menschen sind Sünder, also auch ich) lieben und die Sünde hassen. Und jeder kann sich irren, ich bin nicht unfehlbar 😉

Gibt es etwas, was sich Eurer Ansicht nach gegenseitig mit "evangelikalsein" ausschließt?

  • Bewusstes Abweichen oder eindeutiges Uminterpretieren der Heiligen Schrift
  • Sich als einzig wahre Gruppe zu verstehen (»Allianzgedanke«)
  • Ein Lebensstil ohne den Kampf gegen die innewohnende Sünde
hkmwk antworten
andreas
Themenstarter
Beiträge : 1804

Zwischenfrage an Evangelikale
Danke allen, die bisher geantwortet haben.

Dabei fällt mir auf, dass bisher niemand, der die Bezeichnung für sich selbst nehmen würde, auf meine Eingangsfragen antworten mochte.

Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass es bei jesus.de niemanden gibt, der oder die sich als evangelikal versteht, und keine Auskunft über das eigene Verständnis dieses Wortes geben kann.

Ja, ich weiß, der erste Kommentar war sehr bashend, aber das lastet doch bitte nicht mir an. Mich würde Eure Meinung sehr interessieren.

andreas-wendt antworten


Sternenbluete
Beiträge : 866

Ich bin evangelikal geprägt. Aber mir ist dieser Begriff nicht so wichtig.

Ich bin in einer Gemeinde in der viele verschiedene Menschen und Glaubensströme sind. z.B. Charismatiker oder auch Russlanddeutsche
die ihren Glauben nochmal anders leben. Oder auch ganz normale Kirchgänger.

Ich denke der Begriff bedeutet Bibeltreue. Also dass man versucht die Meinung biblisch zu begründen.

Das Verhältnis zu anderen Gruppen kann schonmal sehr schwierig sein, da man von seiner eigenen Position nicht abrücken kann oder möchte. Sie ist ja biblisch fundiert. Eine andere Sichtweise wird oft nicht akzeptiert.
Das ist zumindest mein erleben.

Was sich ausschließt? Ich denke Allversöhnungsglauben.

Ja, wie würde ich mit bezeichnen?

Ich denke so:

https://sola-gratia.ch/was-ist-postevangelikal-7-thesen/

sternenbluete antworten
Jigal
 Jigal
Beiträge : 3824

Evangelikal hörte ich etwa vor 10 Jahren zum ersten Mal.

Wir sagten früher das sind die 200% igen.

Leute die in den 80er keinen Fernsheher hatten und sagten,
wenn man durch die Straßen geht sieht man wo der Teufel ins Haus kommt.
Die Antennen auf den Dächern waren für sie so was.

Leute für die jemand der nicht jeden Sonntag in die Kirche geht kein Christ ist.

Man sieht aber auch Leute die jeden Sonntag in die Kirche gehen und nicht danach handeln.

jigal antworten
1 Antwort
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 7366

@jigal 

Leute die in den 80er keinen Fernsheher hatten und sagten,
wenn man durch die Straßen geht sieht man wo der Teufel ins Haus kommt.

Solche Leute würde ich nicht als evangelikal bezeichnen, sondern als Fundamentalisten.

hkmwk antworten


Anonymous
 Anonymous
Beiträge : 0

Hallo Andreas,
ich habe seit Jahren mal wieder bei jesus.de reingelesen und habe nicht vor hier alt zu werden, will aber auch nicht so tun als wäre ich ein komplett neuer Nutzer (hin und wieder wundert es ja Leute, dass Leute "neu" rein kommen und gleich losdiskutieren).
Mich interessiert aber dein Thema und da gibt es einen Aspekt, den ich noch beisteuern könnte. Ich entschuldige mich auch gleich: das wird lang, ich habs nicht so mit "kurz und prägnant".

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Was bedeutet der Begriff Eurem Verständnis nach?

Ich glaube du hast es mit der Frage "Was sagt die Bibel dazu?" schon gut getroffen. Ich würde das noch um die Art der Bibelauslegung ergänzen. Ich verstehe da unter evangelikal "die Bibel mit der Bibel auslegen".
Also die Art der Bibelarbeit z.B. wo man, wenn man z.B. ein Thema erarbeiten möchte, von Parallelstelle zu Parallelstelle eilt (eine Variante) oder intensiver die jeweiligen Kontexte mit rein nimmt (noch eine Variante). Oder auch, dass man den Bibeltext an sich sehr intensiv auseinander nimmt und die Kernaussagen versucht im Gesamtbiblischen Kontext zu sehen.

Bei Infos von außen, also zB kultureller Kontext, religiöse Richtungen der Umwelt etc. ist bei einer evangelikalen Bibelauslegung für mich der Unterschied zu zB liberalen Richtungen, dass die Bibel als Gottes Wort, aber eben auch als historisches Dokument gesehen wird.

Das heißt die Einordnung der außerbiblischen Infos sind oft anders. Es ist schon sehr lange her, dass ich mich damit beschäftigt habe, daher ist das jetzt mit konkreten Beispielen schwierig. Ich improvisiere mal: Da gibts zB einfach die Info : In Kultur XYZ gab es seit "anno tuck" eine Tendenz sich eine göttliche Dreiheit vorzustellen. Oder es gab die Tendenz weg vom Polytheismus sich einen Schöpfergott vorzustellen.

Liberalere Bibelausleger sehen das dann vielleicht so: Es gab im Volk Israel erst auch eine polytheistische Gottesvorstellung (z.B. weil da Elohim steht) und sie sind von den anderen Kulturen beeinflusst worden und daraus entstand der Monotheismus.

Eine evangelikale Bibelauslegung würde eher so aussehen: Gott war schon immer einer (und zwar dreieinig 😊 ), durch den Abfall von Gott sind aber andere religiöse Vorstellungen entstanden, weil die Leute ja trotzdem die Sehnsucht nach Gott in sich trugen und manche waren halt näher dran am Ursprung als andere.

Ist jetzt sehr lapidar ausgedrückt, es geht bei dem Beispiel ja nur darum, wie externe Infos die Bibelauslegung beeinflussen oder auch nicht.

Womit wir wieder zu der Frage kommen, welchen Stellenwert die Bibel hat, also als was sie gesehen wird. Ich würde sagen, dass Evangelikale die Bibel als Gottes Wort ansehen, also vom Heiligen Geist inspiriert.
Um ein Durcheinander der Formulierungen zu vermeiden und weil Jesus ja das fleischgewordene Wort ist, kann man auch einfach sagen, dass das "heilig" in Heilige Schrift (also Gott zugehörig, von Gott kommend und damit in vielen Teilen eben auch nicht um- oder wegdiskutierbar) sehr ernst genommen wird.

Das bedeutet übrigens nicht, dass anderen christlichen Ausrichtungen die Bibel egal wäre. Sie wird nur zum Teil einfach anders interpretiert oder auch ergänzt (also zB bei den Katholiken, wo die Tradition ja auch eine Rolle spielt, auch wenn die im Ursprung ja wohl meistens auch einen biblischen Hintergrund hat).

Wie kommt Ihr zu diesem Verständnis?

Das ist persönliche Erfahrung und spiegelt halt das wieder, was mir in verschiedenen Gemeinden so begegnet ist.

Wie bestimmt Ihr das Verhältnis zu anderen Strömungen / Gruppen / Bewegungen / ... der Christenheit?

Das weiß ich ehrlich gesagt nicht, weil das wohl sehr gemeindeabhängig ist. Ich habe bei der Gemeindesuche früher Wert darauf gelegt, dass die Gemeinde Teil der evangelischen Allianz ist, weil ich es wichtig finde, dass man sich nicht abkapselt.

Für mich ganz persönlich gehts eher um so Basisfragen: Glaubt die Person an Jesus? Ich glaube einfach nicht daran, dass man Christ sein kann, wenn man nicht an Christus glaubt.

Gibt es etwas, was sich Eurer Ansicht nach gegenseitig mit "evangelikalsein" ausschließt?

Kommt drauf an, wie du "ausschließen" definierst. Ich habe es zB nicht so mit Heiligenverehrung, widerspricht meinem Glauben, bzw. dem wie ich die Bibel verstehe, auch wenn ich nachvollziehen kann, warum Katholiken es praktizieren.
Das schließt für mich nicht aus, dass ich zur katholischen Kirche gehe (tue ich tatsächlich, wenn nicht gerade eine Pandemie wütet), aber an den Stellen der Messe, wo Maria und die Heiligen benannt werden, bin ich innerlich raus. Da bete oder singe ich nicht mit.
Ich schwenke auch keine Protestschilder, ich stehe halt höflich dabei und warte bis wieder etwas kommt, wo ich innerlich zu Amen sagen kann.

Da habe ich eher Probleme mit den liberalen Strömungen, die Jesus ins Kerygma auferstehen lassen etc. Oder mit der Allversöhnung.

Was gäbe es sonst noch zu sagen?

Viel! Und es geht hauptsächlich um Kultur, Erfahrungen etc.

In diesem Thread hat man das ganz gut beobachten können: jeder Mensch hat seinen eigenen Erfahrungshintergrund. Und auf diesem Hintergrund bewertet er Gesagtes/Geschriebenes.

Wer mit dem Begriff "evangelikal" "durfte nicht fernsehen" verbindet, kommt zum Beispiel aus einer ganz anderen Begriffsfüllung als ich. Ich wusste gar nicht, dass man nicht fernsehen durfte. Habe ich zwar auch jahrelang nicht gemacht, hatte aber nichts mit Glauben zu tun, sondern mit einem brennenden Fernseher in meinem Wohnzimmer und der Angst, dass sowas noch mal passieren könnte (hat sich gelegt).

Kann also durchaus sein, dass in dieser Zeit Leute gedacht haben, dass ich mit "ich habe keinen Fernseher" meinten "sie hält sich für einen besseren Christen oder glaubt, dass man als Christ nicht fernsehen darf", während ich tatsächlich nur meinte "ich habe keinen Fernseher", ich hatte ja auch keinen.

Mir ist aber klar, dass es Gemeinden gab, die sowas gepredigt haben.

Wenn man zB hier im Forum miteinander spricht, ist es vielleicht deshalb oft so missverständlich, weil unterschiedliche Erfahrungen gemacht wurden.

Ich versuche das mal am Beispiel "liberal" (ich weiß wurde hier nicht gefragt, ist aber übertragbar und hat mir damals sehr zu denken gegeben): ich hatte mal vor vielen Jahren einen Austausch mit einer Userin, die sich angegriffen fühlte, wenn man was gegen liberale Christen schrieb. Ich hatte nach einem persönlichen Austausch aber das Gefühl: wir meinen scheinbar ganz unterschiedliche Sachen, weil wir verschiedene Hintergründe hatten. Sie war Freikirchlerin und wenn es da um liberal oder konservativ ging, dann waren das ganz andere Themen als ich damit verbinden würde. Da ging es gar nicht sooo sehr um die Frage der Bibelauslegung (wenn ich sie richtig verstanden habe, glaubte sie genauso wie ich an den dreieinigen Gott und daran, dass Jesus auferstanden ist etc.). Da ging es eher um "dürfen Frauen predigen"....eine Frage, die sich mir, als evangelisch sozialisierte Christin gar nicht so heftig gestellt hat, weil ich es gewöhnt war Pastorinnen zu haben.

Was das Thema "du darfst, du darfst nicht" angeht: da folge ich der Lehrer des Pfarrers, in dessen Jugendarbeit ich zum Glauben kam (also eine ganz normale evangelische Jugendarbeit.....bzw. ich dachte jahrelang das wäre ganz normal, bis ich verstanden habe, dass ich in der pluralistischen evangelischen Landeskirche einer Minderheit angehöre....und ich dachte doch ich wäre Mainstream 😀): Jede Frage lässt sich mit der Bibel beantworten.
In der Praxis sah das so aus: Als ich mit der berühmten Sex- oder kein Sex vor der Ehe - Frage zu ihm kam als Jugendliche (verunsichert, weil ich plötzlich feststellte, dass meine Meinung gar nicht der Konsens bei allen anderen um mich rum war), erklärte er mir ein wenig den historischen Kontext des Eheverständnisses in der Bibel, reichte mir eine dicke Studienkonkordanz und gab mir den Auftrag das Thema in der Stillen Zeit zu bearbeiten und darüber zu beten und auf Gott zu hören.
Hab ich gemacht, habe eine Antwort bekommen und diese Antwort hat sich für mich als tragfähig erwiesen. Was ich dabei wichtig finde: ich weiß bis heute nicht, wie der Pfarrer das eigentlich selbst gehalten hat. Aus den Freizeitvorträgen zu dem Thema wusste ich nur, dass er Sexualverkehr als etwas ansah, dass man nicht mal so eben zwischendurch mit jedem macht, sondern in eine verbindliche Beziehung gehört. Also eine Haltung, die viele Leute haben, egal ob überhaupt Christ oder nicht.

Vielleicht ist das für mich der prägnanteste Unterschied zu den Leuten, die evangelikal als so eine Art Regelflut erlebt haben, wo ihnen von außen aufgedrückt wird, was sie dürfen und was eben auch nicht.

Ich habe als Jugendliche gelernt, dass ich die Bibel darüber studiere (klingt jetzt so, als wäre ich ein großer Bibelleser, bin ich leider eigentlich nicht, es läppert sich halt so über die Jahrzehnte) und bete und Gott frage und auf eine Antwort warte.
Und dann habe ich mich so gut wie möglich daran gehalten, was ich als Antwort bekommen habe, bzw. wie meine Erkenntnis war.

Auch wenn es Sachen waren, die mir eher gegen den Strich gingen. Da heißt evangelikal sein vielleicht: das was man als Willen Gottes erkennt über den eigenen Willen stellen....also unbequeme Bibelstellen nicht einfach wegdiskutieren oder uminterpretieren, weil sie nicht in meine Sozialisation passen oder nicht mit meinen Wünschen übereinstimmen.

Aber ich habe deshalb eben nicht das Problem, das scheinbar andere Leute manchmal haben: dadurch, dass ich meinen eigenen Erkenntnissen folge und die scheinbar ziemlich evangelikal sind, sind nicht andere Leute, die mich unter Druck gesetzt haben, Schuld, wenn die Umsetzung schwierig ist oder wenn sie auch Konsequenzen hat, die mir weh tun.
Heißt nicht, dass meine Erkenntnisse in Stein gemeißelt sind, aber es ist schon ein deutlicher Unterschied, ob man sich nur an Regeln hält, weil andere Leute sie einem vorgeben oder ob man selbst davon überzeugt ist.

Deshalb würde ich nach wie vor zu der Schrift studieren, beten, hören - Methode raten. Natürlich immer mit der Einschränkung: es ist wichtig korrigierbar zu sein....wenn da was bei raus kommt, das sich so gar nicht mit Gottes Wort vereinbaren lässt, ist es wichtig, dass man da offen ist sich korrigieren zu lassen (der Zusatz fällt mir jetzt ein, weil ich weiß, dass es manchmal psychische Erkrankungen gibt, die dazu führen, dass Menschen glauben, Gott hätte ihnen irgendwas geboten und dann übergriffig werden, also religiöse Wahnvorstellungen haben).

Die Methode hat übrigens einen Nachteil: man muss als Außenstehender auch aushalten können, dass die Erkenntnis Stückwerk ist und der Andere ein anderes Stück erwischt hat als man selbst.

Fällt mir schwer. 😉

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Vielleicht als Bonus-Frage: Würdet Ihr Euch selbst so bezeichnen?

Ja natürlich, auch wenn ich mich meistens einfach nur als Christin bezeichne.
Menschen strukturieren gerne und sie klassifizieren oder ordnen gerne. Daran ist nichts schlechtes. Als ich das erste Mal die Messe an meinem damals neuen Wohnort besuchte und danach mit dem Priester sprach, sagte ich zu ihm "das war eine richtig gute Predigt, die klang ja evangelikal". Er hat gelacht und fragte warum und ich sagte ihm, dass ich es gut fand, dass er wirklich über den Bibeltext gepredigt hat etc.
Ihn hat es gefreut. Ich denke er hat verstanden, dass es mir nicht darum ging, ihm das Katholisch-sein abzusprechen oder so etwas, sondern dass ich seine Bibeltextauslegung gut fand. Plus eben das Problem, das ich in der Landeskirche leider oft habe: die Pfarrerin der ev. Gemeinde, wo wir erst guckten, ob wir uns das vorstellen können, war wirklich nett....und irgendwie unstrukturiert (das ist jetzt nichts allgemeingültiges, sondern betraf sie) und statt über den Bibeltext hat sie über den Text eines alten Rocksongs gepredigt. Da kam Gott nur sehr am Rande vor.

Ich bin einfach dankbar, wenn jemand überhaupt über die Bibelstelle predigt und nicht über irgendwas und da bin ich eben bei den Katholiken fündiger geworden als in meiner eigenen Kirche (ich bin evangelisch).

Von daher: das Attribut evangelikal ist bei mir auch mal weiter gefasst als oben beschrieben. Manchmal reichts auch schon, dass man beim Bibeltext bleibt, auch wenn man im liturgischen Teil Maria mit drin hat.

Und mich selbst nenne ich weiterhin auch so, weil es eben auf mich zutrifft (wobei ich charismatisch im Sinne von Glaubt daran, dass Gott die Geistesgaben auch heute noch gibt, mit einschließt, weil ich das so aus der Bibel verstehe).

Was die Evangelikalen in den USA angeht: ich war noch nie in den USA, ich weiß daher nicht, wie die Leute da wirklich drauf sind. Die amerikanischen Christen, die ich im Laufe meines Lebens kennen gelernt habe, kamen mir weder schießwütig noch sonstwie seltsam vor, aber ich gebe auch zu, dass ich nicht mit ihnen über Waffen sprach.

Ich gehöre nicht zu den Leute, die was gegen Mainstream-Medien haben. Aber ich gehöre schon zu den Leuten, denen klar ist, wie Berichte gemacht werden....es ist eher selten, das man sich das Normale rauspickt. Es ist wahrscheinlicher, dass man das - für uns eher anormale - raussucht.
Deshalb weiß ich eigentlich nicht, wie Evangelikale in den Staaten wirklich ticken. Ich weiß einfach nicht, ob die wirklich alle Trump wählen, ihnen plötzlich egal ist, dass man nicht lügen soll oder nicht ehebrechen etc. (und gerade evangelikale habens doch eigentlich gar nicht so sehr mit Leuten, die sonstwie oft heiraten). Ich habe Probleme damit zu glauben, dass all die Christen, die ich kennen gelernt habe, ihre moralischen Standards plötzlich so geändert haben.

Aber selbst wenn: dann ist das eben ein Kulturunterschied. Evangelikale Christen gibts nicht nur in den USA, sondern in sehr vielen Ländern dieser Erde und alle sind ein bisschen anders als die anderen. Einfach weil die jeweilige kulturelle Prägung des Landes und die damit einhergehenden Themen und Ansichten verschieden sind.

Die Waffengesetze in den USA haben ja einen historischen Hintergrund. Unsere Ablehnung von Waffen ebenfalls. Und wir glauben alle das mit der Bibel begründen zu können, aber im Endeffekt geht es oft eher um eine Mischung aus Sozialisation und Glauben.

Oder nehmen wir mal Asien: ich war vor vielen Jahren mal in einer thailändischen Gemeinde in Bangkok, wo jemand Zeugnis gab. Da würden sich hier in vielen Gemeinden den Leuten die Zehennägel aufrollen. Ging um Dämonenbefreiung. Mir ist klar: das gibts in einigen Gemeinden hier auch, aber da hatte das noch mal einen komplett anderen Hintergrund, weil es diesen Dämonenglauben (inklusiver kleiner Häuschen für sie, wo sie auch Essen bekommen) in Thailand ja wirklich auch so gibt. Und in Indien wird das Thema "Du sollst keine anderen Götter haben neben mir" wahrscheinlich noch mal was viel ursprünglichers für die Leute bedeuten, als bei uns, wo man sich dann irgendwas zusammen sucht, was die Leute vielleicht wichtiger als Gott finden könnten.

Langer Rede, kurzer Sinn: nur weil USA-Evangelikale einen schlechten Ruf haben, muss ich mich deshalb ja nicht umbenennen.
Ich kann auch einfach erklären, was ich darunter verstehe.

Das ist wie der Begriff Patriotismus. Ich habe keine Lust mir den von den Rechten wegnehmen zu lassen. Ich liebe mein Vaterland, ich bin Patriotin. Und ich hätte es gerne genauso wie ich es gut finde: bunt, europäisch und prinzipiell geneigt Menschen in Not zu helfen. Wenn man anfängt sich die Begriffe, die man eigentlich positiv findet von Leuten, die sie mit Dreck besudeln wegnehmen zu lassen, überlässt man ihnen die Meinungshoheit. Und das finde ich schlecht.

Tut mir leid, war jetzt lang. Sagte ich ja oben schon. 😉

Anonymous antworten
Tojak
 Tojak
Beiträge : 402

Was denke ich, wenn ich "evangelikal" höre?
Interessante Fragestellungen:

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Was bedeutet der Begriff Eurem Verständnis nach?
Wie kommt Ihr zu diesem Verständnis?
Wie bestimmt Ihr das Verhältnis zu anderen Strömungen / Gruppen / Bewegungen / ... der Christenheit?
Gibt es etwas, was sich Eurer Ansicht nach gegenseitig mit "evangelikalsein" ausschließt?
Was gäbe es sonst noch zu sagen?

Ich versuche mal eine ganz persönliche Antwort:

Für mich ist „evangelikal“ ein aus den USA importierter Begriff, eine Mischung aus evangelisch und radikal, der als eigene Abgrenzungsmerkmale wortwörtliches Bibelverständnis und persönliche Christusbeziehung in den Vordergrund stellt und in der Regel mit einer konservativen politischen Haltung im Stil der 1950er Jahre verbunden ist, die aktiv bis agressiv vertreten wird.

Wie komme ich zu diesem Verständnis? Ich stamme aus einer ostwestfälischen Gemeinde, in der zumindest früher Einzelne, die sich als bibeltreu, pietistisch, manchmal auch als entschiedene Christen bezeichnet haben, wichtige Rollen gespielt haben, z. T. als Presbyter, und auch sehr angesehen waren, aber sich trotzdem immer als Teil der evangelischen Landeskirche verstanden haben. Evangelikal hat sich da aber niemand genannt, oder ich habe es nicht mitbekommen.

Es fällt mir schwer, die unterschiedlichen Gruppen und Strömungen voneinander abzugrenzen. Ich nehme aber im Rückblick über die letzten 40 Jahre in den evangelischen Landeskirchen und angrenzenden Freikirchen eine Aufspreizung von Grundhaltungen mit stärkerer Politisierung in verschiedenen Richtungen wahr. Auf der einen Seite eine Kombination von mehr oder weniger liberaler Theologie, sozialistischem oder sozialdemokratischem Gedankengut, Ökologie, Gleichstellung von Frauen und offener Akzeptanz von Homosexualität, auf der anderen Seite das, was ich oben schon als evangelikal beschrieben habe. In den Landeskirchen scheint sich überwiegend die erste Variante durchzusetzen und ich habe den Eindruck, dass die pietistischen, bibeltreuen etc. Mitglieder, denen das nicht passt, zunehmend zu Freikirchen abwandern.

Wenn man evangelikal sein will, sollte man weder katholisch noch homosexuell sein und mit einem liberalen oder historisch-kritischen Bibelverständnis eckt man auch nur an.

Ich selbst bin nicht evangelikal, könnte aber wohl ohne Weiteres jahrelang in einer evanglikalen Gemeinde mitlaufen, ohne aufzufallen. Persönlich würde ich da vielleicht durchaus mit vielen Leute eine gute Basis finden. Meine innersten Gedanken zu verschiedenen traditionell-christlich-dogmatischen Sachverhalten müsste ich da aber gut für mich behalten, und eine wirkliche Weiterentwicklung im Glauben würde ich wohl auch nicht erreichen.

Thomas

tojak antworten
31 Antworten
Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 1 Sekunde

Beiträge : 0

Das heißt du koppelst Parteipolitik mit Glaubensrichtung?

Ist das nicht zu einseitig gedacht?

Was ich sehe ist, dass es bei der Wahlentscheidung stark darauf ankommt, wo man seine Schwerpunkte setzt.

Wenn ich die Bibel so verstehe, dass Abtreibung Mord ist und Homosexuelle Beziehungen nicht im Willen Gottes sind, bedeutet das ja nicht, dass ich nicht für Arbeitnehmerrechte und gegen Atomkraft sein kann.
In der Zwischenzeit ist der Drops in Deutschland ja gelutscht und man hat keine guten demokratischen Alternativen mehr, wenn man immer noch keine Abtreibung oder Homoehen möchte, aber früher war das bei mir schon so, dass die Wahlentscheidungen davon abhingen, auf welcher Ebene gewählt wird und welche Entscheidungen da getroffen werden, plus welches Schwerpunktthema ich mir gesetzt habe. Ist immer noch so, aber solche Themen bringen dann nichts mehr, wenn man nicht auf Splitterparteien oder Extremismus steht.

Aber früher war die Meinungsbreite innrhalb der Volksparteien dazu ja auch noch größer.

Anonymous antworten
Tojak
 Tojak
(@tojak)
Beigetreten : Vor 12 Jahren

Beiträge : 402
Veröffentlicht von: @pottkind

Das heißt du koppelst Parteipolitik mit Glaubensrichtung?

Nein. Ich nehme nur wahr, dass es bei vielen gekoppelt ist.

Veröffentlicht von: @pottkind

Ist das nicht zu einseitig gedacht?

Ja, finde ich auch.

Veröffentlicht von: @pottkind

Wenn ich die Bibel so verstehe, dass Abtreibung Mord ist und Homosexuelle Beziehungen nicht im Willen Gottes sind, bedeutet das ja nicht, dass ich nicht für Arbeitnehmerrechte und gegen Atomkraft sein kann.

Ich weiß nicht, wo in der Bibel was zu Abtreibungen steht, sehe die persönlich aber auch kritisch. Wenn ich in der Bibel überhaupt etwas zu Homosexualität finde, dann Ablehnung. Die biblischen Autoren akzeptieren sogar Sklaverei; war damals halt üblich. Der Weg zu Arbeitnehmerrechten moderner Prägung ist da weit. Zur friedlichen Nutzung der Kernenergie steht definitiv nichts in der Bibel.

Ich halte die Bibel nicht für Wort-für-Wort direkt inspiriert, sondern verstehe sie als Gottes Wort in Menschenwort, wobei das eine vom anderen nicht immer leicht zu unterscheiden ist. Von daher finde ich es schwierig, politische Forderungen in der heutigen Zeit direkt aus der Bibel ableiten zu wollen, zumal, wenn resultierenden Gesetzte auch für Angehörige anderer Religionen sowie für Agnostiker und Atheisten gelten sollen.

Aber es ist ja auch die Frage, ob man bei Begriffen wie christlich, gläubig und evangelikal vor allem politisch denken sollte. Aus meiner Sicht setzt das einen falschen Schwerpunkt.

Thomas

tojak antworten
Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 1 Sekunde

Beiträge : 0
Veröffentlicht von: @tojak
Veröffentlicht von: @tojak

Das heißt du koppelst Parteipolitik mit Glaubensrichtung?

Veröffentlicht von: @tojak

Nein. Ich nehme nur wahr, dass es bei vielen gekoppelt ist.

Das weiß ich eben gar nicht.

Bei Christen ist es im Grunde doch genauso wie bei anderen Menschen auch: man hat seine Themen und seine Grundhaltungen. Egal woher sie resultieren. Wenn es bei Christen die Bibel ist und es eben Themen gibt, die sowohl Glauben als auch Politik betreffen, dann wird das eben bei vielen Christen so sein, dass sie davon ihre Wahlentscheidung leiten lassen.

Evangelikal sein hat was damit zu tun, wie ich die Bibel interpretiere. Wie ich die Bibel interpretiere hat was damit zu tun, wie ich einige gesellschaftspolitischen Themen betrachte.
Das heißt bei mir nicht, dass ich versuche jede meiner politischen Einstellungen mit der Bibel zu begründen....das kann man versuchen, aber ich glaube es gibt im biblischen Rahmen ziemlich viel Spielraum.

Und bei einigen Themen eben nicht (das mögen andere Christen wieder anders sehen).

Aber wenn man mal davon absieht, dass viele Evangelikale Abtreibung wahrscheinlich ablehnen und Homo-Ehe auch: wo siehst du denn den gemeinsamen Nenner bei anderen politisch relevanten Themen?

Ich kenne eigentlich keine Leute, die sich bei Arbeitnehmerfragen daran orientiert hätten, was zum Thema Sklaverei in der Bibel steht. Da würde wohl eher "der Arbeiter ist seines Lohnes Wert" kommen. Aber der Drops war in weiten Teilen doch auch schon gelutscht ...ich glaube auch Christen sind beim Thema Glauben und Politik von der Zeit und Gesellschaft geprägt, in der sie leben. Und vielleicht eben wirklich auch von der Region aus der sie kommen.

Veröffentlicht von: @tojak

Aber es ist ja auch die Frage, ob man bei Begriffen wie christlich, gläubig und evangelikal vor allem politisch denken sollte. Aus meiner Sicht setzt das einen falschen Schwerpunkt.

Klares Jein....Natürlich geht es erst mal um Glauben, bzw wenn man das dann ausdifferenzieren will, um die Frage wie die Bibel verstanden wird.
Aber Glauben ist ja nichts abgekoppeltes. Natürlich beeinflusst mein Glaube wie ich denke. Und natürlich beeinflusst es auch wie ich politische Themen sehe.

Aber ich kenne keine Partei, die ich jetzt wirklich mit "evangelikal" zusammenbringen könnte oder auch nur allgemein mit "christlich".

Ich wüsste auch nicht, dass es eine Partei gibt, die hauptsächlich von Evangelikalen gewählt wird (außer irgendwelche kleinen Splitterparteien, die es mal gab).

Grundsätzlich gehe ich mit dir konform, dass Begriffe wie christlich, gläubig oder evangelikal nicht vor allem politisch zu denken sind. Das ist sicher nicht der Mittelpunkt des christlichen Glaubens, aber unser Glaube hat normalerweise doch einen Einfluss auf unser ganzes Leben und da gehört Politik doch auf jeden Fall auch zu.

Veröffentlicht von: @tojak

Ich halte die Bibel nicht für Wort-für-Wort direkt inspiriert, sondern verstehe sie als Gottes Wort in Menschenwort, wobei das eine vom anderen nicht immer leicht zu unterscheiden ist. Von daher finde ich es schwierig, politische Forderungen in der heutigen Zeit direkt aus der Bibel ableiten zu wollen, zumal, wenn resultierenden Gesetzte auch für Angehörige anderer Religionen sowie für Agnostiker und Atheisten gelten sollen.

Bei deiner Art der Bibelinterpretation könnte ich wahrscheinlich sogar mitgehen, wenn es eben nicht das Problem mit der Unterscheidung zwischen Gottes Wort und Menschen Wort gäbe. Meiner Beobachtung nach versucht man dann gerne genau das als Menschen Wort zu deklarieren, was nicht ins eigene Weltbild passt.
Wobei ich zugeben muss, dass ich bei der Bitte von Paulus an Timotheus (?) ihm seinen Mantel mitzubringen, den er irgendwo vergessen hat, geneigt bin es als Menschen Wort zu akzeptieren und nicht drauf bestehe eine göttliche Mantel-Mitbring- Lehre davon abzuleiten. 😉

Was die politischen Forderungen angeht: das kommt auf die Forderungen an. Da wo sie Sünde gesellschaftsfähig machen, kann ich durchaus dagegen sein. Da mache ich mir auch keine Sorgen um Agnostiker, Andersgläubige und Atheisten: das ist ja das nette an einer Demokratie. Wenn sie hier wahlberechtigt sind, dürfen sie genau das Gleiche wie ich: losgehen und die Partei wählen, die ihnen und ihrer Einstellung am besten entspricht.

Das ist Demokratie.

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Veröffentlicht von: @pottkind

Wobei ich zugeben muss, dass ich bei der Bitte von Paulus an Timotheus (?) ihm seinen Mantel mitzubringen, den er irgendwo vergessen hat, geneigt bin es als Menschen Wort zu akzeptieren und nicht drauf bestehe eine göttliche Mantel-Mitbring- Lehre davon abzuleiten. 😉

Es ist tatsächlich einer meiner Lieblingsverse und ich habe schon ein paar mal über ihn gepredigt. Er ist natürlich total menschlich, aber ich finde, dass gerade dieser Vers ein Aushängeschild der Bibel ist: Es sind Menschen die da schreiben. Und sie versuchen Göttliches in Worte zu fassen.

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Anonymous
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Veröffentlicht von: @billy-shears
Veröffentlicht von: @billy-shears

Wobei ich zugeben muss, dass ich bei der Bitte von Paulus an Timotheus (?) ihm seinen Mantel mitzubringen, den er irgendwo vergessen hat, geneigt bin es als Menschen Wort zu akzeptieren und nicht drauf bestehe eine göttliche Mantel-Mitbring- Lehre davon abzuleiten. 😉

Es ist tatsächlich einer meiner Lieblingsverse und ich habe schon ein paar mal über ihn gepredigt. Er ist natürlich total menschlich, aber ich finde, dass gerade dieser Vers ein Aushängeschild der Bibel ist: Es sind Menschen die da schreiben. Und sie versuchen Göttliches in Worte zu fassen.

Ich glaube mir ist der Vers eher so in Erinnerung, weil das bei YWAM mal so rausgestellt wurde....da ging es darum den Brief im Kontext zu lesen und eben auch zu unterscheiden, wo es um göttliche Offenbarung geht und eben ganz profan um eine persönliche Mitteilung des Paulus, immerhin war das ja ein Brief. Nennt sich induktives Bibelstudium. Ich hätte dir was dazu verlinkt, habe aber gerade festgestellt, dass ich aus meinem versehentlich gekauften Chromebook das scheinbar gar nicht kann oder nicht weiß, wie es geht.

Von daher halte ich den Vers nicht für ein Aushängeschild der Bibel, aber grundsätzlich kann man ihn gut als Beispiel nehmen, wenn es darum geht, dass man bei Bibeltexten auch darauf gucken muss, WAS man da eigentlich gerade liest. Ist ja schon ein Unterschied, ob ich den Psalter lese oder einen Brief, der sich an eine bestimmte Person richtet.

Wo predigst du denn?

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Von daher halte ich den Vers nicht für ein Aushängeschild der Bibel, aber grundsätzlich kann man ihn gut als Beispiel nehmen, wenn es darum geht, dass man bei Bibeltexten auch darauf gucken muss, WAS man da eigentlich gerade liest.

Gerade weil dieser Vers so profan ist muss man sich ja fragen, was der in einer Heiligen Schrift zu suchen hat. Und daraus ergeben sich spannende Schlussfolgerungen.
zB: Wäre die Bibel gefälscht oder mit betrügerischer Absicht geschrieben, wäre dieser Vers nicht enthalten.

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Veröffentlicht von: @billy-shears

Von daher halte ich den Vers nicht für ein Aushängeschild der Bibel, aber grundsätzlich kann man ihn gut als Beispiel nehmen, wenn es darum geht, dass man bei Bibeltexten auch darauf gucken muss, WAS man da eigentlich gerade liest.

Gerade weil dieser Vers so profan ist muss man sich ja fragen, was der in einer Heiligen Schrift zu suchen hat. Und daraus ergeben sich spannende Schlussfolgerungen.
zB: Wäre die Bibel gefälscht oder mit betrügerischer Absicht geschrieben, wäre dieser Vers nicht enthalten.

Oh....darüber habe ich noch nie nachgedacht. So rum kann man das natürlich auch sehen.

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Deborah71
(@deborah71)
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Der Mantel ist interessant. Er galt ja auch als unverpfändbares Eigentum über Nacht, als Zudecke,... evtl noch mehr.

Meistens haben es die kleinen, unbedeutend erscheinenden Bemerkunge im Text in sich.

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Veröffentlicht von: @deborah71

Der Mantel ist interessant. Er galt ja auch als unverpfändbares Eigentum über Nacht, als Zudecke,... evtl noch mehr.

Das war im AT und da ging es um Arme, oder?

Weißt du denn, welche Bedeutung das in der NT-Zeit tatsächlich noch hatte? Ich vermute mal, wenn Paulus irgendwo auf Reisen zu Besuch war, hat er vom Gastgeber eine Decke bekommen, oder? Er war doch meistens irgendwo im heutigen Griechenland/Türkei unterwegs. Wie hat man es denn da mit Bettzeug gehalten zu der Zeit?

Veröffentlicht von: @deborah71

Meistens haben es die kleinen, unbedeutend erscheinenden Bemerkunge im Text in sich.

Wo siehst du denn eine tiefere Bedeutung bei der Bibelstelle?
Ich sehe da nur, dass Paulus was vergessen hat. Was liest du da raus?

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Weißt du denn, welche Bedeutung das in der NT-Zeit tatsächlich noch hatte?

Jesus geht auf eben jenes Gebot auch in der Bergpredigt ein (Mt 5,40).

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Deborah71
(@deborah71)
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Billy hat dir schon den Vers aus der Bergpredigt gegeben.

Es ist durchaus möglich, dass Paulus seinen Mantel für jemand anderen verpfändet hat, um ihm zu helfen.
Es ist auch möglich, dass jemand einen Rechtshändel mit Paulus selbst hatte.
Es ist auch Mt 5,42 möglich....jemand war in Not und Paulus hat den Mantel verliehen für einige Zeit.
Einfaches Vergessen halte ich eher für unwahrscheinlich, würde aber einen Blick auf eine Jahreszeit werfen. Im Winter geht man wohl nicht ohne Mantel weg.

Durch das Kreuz wurden ja die rechtlichen Gebräuche nicht schlagartig ausgelöscht. Das sind zwei verschiedene Ebenen.

deborah71 antworten
Deborah71
(@deborah71)
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zu lang für einen Nachtrag
Mir ist noch eine Wichtigkeit aus dem AT eingefallen, das bei der Berufung des Elisa durch Elia erwähnt wird: den Mantel über jemanden werfen...ihn berufen, ihn als Schüler auswählen
und in der weiteren Geschichte wird der Mantel des Elia mit der Kraft Gottes und der Verbindung zu Ihm in Zusammenhang gesetzt, nämlich als Elisa nach der Entrückung des Elia seinen Mantel aufhob und mit ihm auf das Wasser schlug, um wieder auf die andere Seite des Jordan zu kommen und er sagte: Wo ist der Gott Elias? ..also die Bitte um einen Krafterweis und die Bestätigung, dass er nun der Nachfolger Elias ist.

deborah71 antworten
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und in der weiteren Geschichte wird der Mantel des Elia mit der Kraft Gottes und der Verbindung zu Ihm in Zusammenhang gesetzt, nämlich als Elisa nach der Entrückung des Elia seinen Mantel aufhob und mit ihm auf das Wasser schlug, um wieder auf die andere Seite des Jordan zu kommen

Und beides, Mantel und Jordan, findet sich bei Johannes dem Täufer wieder. Auch hier eine Brücke ins NT.

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andreas
(@andreas-wendt)
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Der Mantel in Troas

Veröffentlicht von: @pottkind

Wobei ich zugeben muss, dass ich bei der Bitte von Paulus an Timotheus (?) ihm seinen Mantel mitzubringen, den er irgendwo vergessen hat, geneigt bin es als Menschen Wort zu akzeptieren und nicht drauf bestehe eine göttliche Mantel-Mitbring- Lehre davon abzuleiten. 😉

Aber wenn ich daraus eine Mantel-Mitbring-Lehre ableiten würde (die sich für mich aus dem Gebot "Du sollst nicht stehlen" hinreichend ergibt, aber das nur nebenbei.), dann würde ich das, was hier steht, ja gerade nicht im Wortlaut ernstnehmen.
Hier steht, dass Paulus Timotheus bittet, ihm den Mantel zu bringen.

Auch wenn ich diesen Vers als Gottes Wort verstehe, ändert sich dadurch ja nicht der Sinn. Sondern dann ist es eben Gott, der uns sagen will, dass Paulus Timotheus bat, ihm den Mantel mitzubringen.

"Nur" weil ich einen Text als Gottes Wort verstehe, berechtigt mich das ja noch nicht, aus jedem Text allgemeingültige Lehren abzuleiten. Das ist ein zweiter, nicht zwingender Schritt.

andreas-wendt antworten
Anonymous
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Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Auch wenn ich diesen Vers als Gottes Wort verstehe, ändert sich dadurch ja nicht der Sinn. Sondern dann ist es eben Gott, der uns sagen will, dass Paulus Timotheus bat, ihm den Mantel mitzubringen.

Und warum sagt Gott uns das?

Jetzt mal blöd gefragt: welchen geistlichen Nutzen ziehe ich denn daraus zu wissen, dass Paulus seinen Mantel vergessen hat?

Ich verstehe es eher so, dass Paulus einen Brief geschrieben hat und da geistliches, aber eben auch persönliches drin vorkam.
Das war ja kein Hirtenbrief an eine Gemeinde, sondern an eine Person gerichtet, die er gut kannte.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

"Nur" weil ich einen Text als Gottes Wort verstehe, berechtigt mich das ja noch nicht, aus jedem Text allgemeingültige Lehren abzuleiten. Das ist ein zweiter, nicht zwingender Schritt.

Nein, kommt aber immer mal wieder vor. Nur davon ab: wenn es Gottes Wort ist, also vom Heiligen Geist inspiriert, sollte uns das dann nicht auch was sagen?

Also am Beispiel: was wäre denn dann die Lehre für mich daraus? Dass man Leute fragen darf, ob sie was Vergessenes mitbringen?

Oder schau mal Deborahs Posting: der Mantel hat im AT ja eine essentielle Bedeutung für Leute, gerade wenn sie arm waren und ihn als Decke benutzt haben (keine Ahnung, ob das bei Paulus so war, ich vermute eher nicht) und er durfte nicht gepfändet werden.

Wenn ich die Stelle jetzt nicht als reine persönliche Bitte verstehe, sondern als Gottes Wort, das dann ja irgendeine Bedeutung für mich haben sollte, ist der Schritt dahin, dass man versucht da noch eine geistliche Dimension reinzuinterpretieren (was bedeutet Mantel in der Bibel, wenn es für Schutz steht: was sagt mir das wenn Paulus darum bittet seinen vergessenen Mantel mitzubringen....vergessener Schutz? etc.), doch eigentlich nahe liegend, oder?

Oder anders gefragt: bei welchen Stellen darf man dann einen tieferen geistlichen Sinn dahinter suchen und bei welchen Stellen ist Gottes Wort rein pragmatisch zu verstehen und nicht weiter interpretierbar?

Ich merke gerade: ich rede mich hier um Kopf und Kragen 😀 Die Frage lässt sich sicher auch auf andere Stellen übertragen, bei denen mir das dann gar nicht gefällt. 😉

Trotzdem: gerade bei einem persönlichen Brief fand ich das eigentlich ganz logisch, dass Paulus nicht nur geistliches sondern auch privates rein schreibt.

Wie siehst du das?

Anonymous antworten
andreas
(@andreas-wendt)
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Hi!

Du stellst gute Fragen!
Ich hole etwas aus.

Ich merke, dass es mir schwerfällt, den Glaubenssatz loszulassen, dass die ganze Bibel Gottes Wort ist. Wenn sie Gottes Wort nur enthält (was ja theoretisch sein kann), stehen wir vor der faktisch nicht lösbaren Aufgabe zu beurteilen, was jetzt Gotteswort ist und was nicht. Denn wir sehen ja immer aus menschlicher Perspektive. Und dass alles, was geschrieben wurde, von Menschen geschrieben wurde, die dem, was sie aufschrieben, zumindest auf irgendeiner Ebene zustimmten, gilt ja für die ganze Bibel.
Genauso, dass Menschen es waren, die dann, als sie diese Schriften für kanonisch erklärten, weil sie darin Gott reden zu hören meinten.

Also Gottes Wort und Menschenwort sind hier so verquickt, dass wir es nicht auseinandergedröselt bekommen.

Indem ich daran festhalte, dass die ganze Bibel Gottes Wort ist, zahle ich allerdings entweder den Preis, aus allem irgendwas Geistliches und für alle Zeiten Verbindliches abzuleiten, oder innerhalb von Gottes Wort zu unterscheiden, was für uns auf welche Weise gültig ist.

Und ich bin für beides wieder auf meinen fehlbaren Verstand angewiesen.
Meine vorläufige Entscheidung ist, aus dem, was nach meiner Erkenntnis allgemeingültig formuliert ist, Allgemeingültiges abzuleiten, es bei allem Andern aber offen zu lassen.

Das bedeutet, ich halte es für möglich, dass es Teile in Gottes Wort gibt, mit denen Gott mir für mein heutiges Leben nichts sagen will (außer vielleicht: guck mal, die großen Glaubenshelden hatten auch ganz alltägliche Sorgen. Was ja auch sehr tröstlich wäre.)

Vor kurzem hatte Jack mich so weit zuzugeben, dass die Formulierung "Gottes Wort" in diesem Sinne verstanden keine besonders große Bedeutung mehr hat. Stimmt. Die Bibel selbst betont ja auch, dass das wirklich für uns verbindliche Gotteswort das in Jesus menschgewordene ist.

Sorry, das wurde jetzt etwas allgemeiner.

Veröffentlicht von: @pottkind

Oder anders gefragt: bei welchen Stellen darf man dann einen tieferen geistlichen Sinn dahinter suchen und bei welchen Stellen ist Gottes Wort rein pragmatisch zu verstehen und nicht weiter interpretierbar?

Ich würde sagen, den geistlichen Sinn dahinter suchen darf man immer, man sollte seinem eigenen Fund gegenüber aber misstrauisch sein.
Alles, was wir an geistlicher Erkenntnis zum Leben und sterben brauchen, steht im Wortsinne in der Bibel. Von diesen Inseln aus können wir uns dann ins Meer der Allegorien stürzen und schauen, ob sich auch dort Deutungen finden, die mit dem, was wir im Wortsinn schon wissen, übereinstimmen. Wenn sie es tun, können wir uns freuen, wenn nicht können wir sie freudig liegenlassen.

Veröffentlicht von: @pottkind

Trotzdem: gerade bei einem persönlichen Brief fand ich das eigentlich ganz logisch, dass Paulus nicht nur geistliches sondern auch privates rein schreibt.

Auch die Hirtenbriefe an Gemeinden enthalten ja persönliche Grüße. Anscheinend war es Gott wichtig, dass wir auch diese privaten und persönlichen Dinge wissen, damit uns Paulus nicht zu weltfremd erscheint.

Aber ich merke auch, dass ich ums Thema noch kreise. Danke für die Anregung.

andreas-wendt antworten
Anonymous
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Hallo Andreas,

ganz kurz: ich habe mir deinen Beitrag gemerkt.
Der war so gut und hat mir so viel zum Nachdenken gegeben, dass ich erst ein bisschen brauche um drauf einzugehen.

Wird also heute nichts mehr, aber ich wollte das kurz rück melden.

Anonymous antworten
Anonymous
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(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 2 Sekunden

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Nochmal hallo,

ich wollte ja noch was dazu schreiben, aber ich finde du hast das sehr gut formuliert und das nehme ich für mich einfach so mit.

Danke schön.

.....

Eigentlich wäre das jetzt der Punkt, wo ich Danke für das Gespräch, bzw. den Thread sagen wollte und Tschüss. Für dein eigentliches Thema, für das ich mich hier kurz wieder angemeldet habe, wäre das ein guter Abschluss für mich.

Leider haben deine Gedanken bei mir aber eine Flut weiterer Gedanken ausgelöst und ich habe sie noch mal in einen neuen Strang gesetzt. Ich hoffe das ist okay?

Wenn nicht, können wir darum bitten das zu löschen und ich denke dann für mich alleine weiter. Ich möchte das nicht gerne in einem neuen Thread machen, weil ich nicht vor habe hier zu bleiben und auch gar keine wilden Diskussionen wollte.

Hier passte es nur gerade rein, weil das für mich alles zusammen hängt. Und ich fände es auch interessant wie du das Ganze beantworten würdest.

Anonymous antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

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philologisch und völlig off-topic zum Mantel
Beim Blick in den griechischen Text fiel mir auf, dass hier für Mantel ein Wort benutzt wird, das sonst weder im NT noch in den alten griechischen Übersetzungen des AT für "Mantel" gebraucht wird.

Das häufigste Wort für Mantel ist "himation", der Mantel des Elia heißt in der ältesten Übersetzung "mälotä" (die Umschrift des Griechischen in unsere Schrift sieht immer komisch aus).

Hier benutzt Paulus den Begriff "phailonäs", es ist das einzige Mal, dass es in der Bibel vorkommt, und es ist auch sonst selten belegt.

"phailonäs" ist allem Anschein nach eine eigentlich falsche, aber verbreitete Schreibweise von "phainoläs", was mit dem lateinischen "paenula" verwandt ist. Die Wörterbücher geben dafür die Bedeutung "Reisemantel" an.

Ich bin wegen der unterschiedlichen Wörter zurückhaltend, von anderen Mantel-Stellen auf diese zu schließen, es ist aber auch nicht ganz unmöglich.

Diese Zurückhaltung hindert mich freilich nicht, eine eigene nicht weniger gewagte These zu erwägen: 😀

Wir wissen aus den anderen Schriften, dass Paulus durch Troas nur durchgereist ist. Warum sollte er dort einen Reisemantel lassen? Was also, wenn der Mantel ein zwischen Schreiber und Empfänger vereinbartes Codewort war? Paulus sitzt im Gefängnis, und wenn wir meinen, einer Pseudepigraphiethese anhängen zu müssen, wurden die Christen zumindest sehr genau beobachtet und hin und wieder ihre Briefe auch abgefangen. Entsprechend könnten die Hinweise, wer Paulus alles verlassen hat, auch für die Verfolger gedacht sein, um diese Mitstreiter zu schützen. Es ist in solchen Situationen nicht ungewöhnlich, wenn man seine Wünsche verklausuliert. Etwa wenn Paulus Geld braucht, dass er dann vereinbart hat, von einem Mantel zu schreiben.

All das ist natürlich völllig unbeweisbar, ich weiß.

Aber wir sind auch schon so weit vom Thema weg, dass auch das hier seinen Ort haben kann. 😊

andreas-wendt antworten
Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 2 Sekunden

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Dieser Mantel....
....wer hätte gedacht, dass eine von mir im Ursprung eher lustig gemeinte Bemerkung zu so viel Interpretation führen könnte? 😀

Ernsthaft: Ich lese mich gerade durch diverse Interpretationen und staune wie viel uns dieser Mantel scheinbar sagen will.

Spurgeon hat da eine ganz schön lange Predigt raus gemacht (Nebenfrage: war Paulus wirklich Witwer? Ich dachte immer er wäre Single gewesen):

https://schriftenarchiv.ch/texts/10192

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Ich bin wegen der unterschiedlichen Wörter zurückhaltend, von anderen Mantel-Stellen auf diese zu schließen, es ist aber auch nicht ganz unmöglich.

Wäre ich sowieso, weil ich den Zusammenhang ganz anders finde.

Aber ich hatte gar nicht bedacht, dass Paulus ja im Gefängnis war. Egal ob man jetzt Spurgeon oder dem nächsten Link folgt:
https://www.bibelstudium.de/articles/4045/ein-gang-durch-den-2-timotheusbrief.html
....ich vermute ihm war wirklich kalt. Ganz so schön wird ein römisches Gefängnis nicht gewesen sein.

Und vor lauter Mantel haben wir die Bücher und Pergamente ganz vergessen. Die sollte Timotheus ja auch noch mitbringen.

Gibts da auch Interpretationen zu?

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Aber wir sind auch schon so weit vom Thema weg, dass auch das hier seinen Ort haben kann. 😊

Eigentlich nicht. Eigentlich sind wir doch mitten im Thema, diesmal eben in der praktischen Umsetzung an Hand einer Bibelstelle. 😊

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Deborah71
(@deborah71)
Beigetreten : Vor 19 Jahren

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😀 spannende Idee 😀

hach...Altgriechisch hätte ich lernen sollen...

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Das häufigste Wort für Mantel ist "himation", der Mantel des Elia heißt in der ältesten Übersetzung "mälotä" (die Umschrift des Griechischen in unsere Schrift sieht immer komisch aus).

Elias Mantel > hebr. addereth ...Herrlichkeit, Mantel aus Pelz, Feinwirkerei, Robe, Prophetenmantel

Delitzsch verwendet das Wort für den Umhang Ruths, mitpachat, in den Boas ihr Getreide füllte, für den Mantel des Paulus. 2letterlookup.com beschreibt mitpachat als weiten Mantel (engl cloak)

die Übersetzung der bible society verwendet me'il mit diesen Angaben:
1) robe
1a) a garment worn over a tunic by men of rank
1b) a long garment worn by David's daughters
1c) a garment of the high priest
1d) (fig.) of attributes
AV translations: cloke, coat, mantle, robe

mitpachat und me'il beschreiben eine bodenlange Bedeckung, die auch als Frauenmantel verwendet wurde und für Männer von Rang, sogar für den Hohen Priester.

Möglicherweise war der Mantel ziemlich regendicht und er konnte als Verpackung für die Schriftrollen und Pergamente dienen.

deborah71 antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1804
Veröffentlicht von: @pottkind

In der Zwischenzeit ist der Drops in Deutschland ja gelutscht und man hat keine guten demokratischen Alternativen mehr, wenn man immer noch keine Abtreibung oder Homoehen möchte,

Die Argumentation finde ich interessant.
Wenn ich eine Wahlentscheidung treffe, dann, weil ich möchte, dass bestimmte Regeln für alle gelten - nicht nur für die, die so glauben wie ich.
Auf der anderen Seite ist es doch gerade missionarisch gesinnten Christenmenschen wichtig, dass es Religionsfreiheit gibt.

Man könnte also auch mit guten Gründen in diesen ethischen Fragen die klassisch-evangelikale Position vertreten, aber der Meinung sein, dass staatliche Vorschriften der falsche Weg sind, sie durchzusetzen.

Was bewegt "Evangelikale" denn, in bestimmten Fragen dann doch die Durchsetzung religiös begründeter Regeln für alle zum Wahlkriterium zu machen?

andreas-wendt antworten
Anonymous
 Anonymous
(@Anonymous)
Beigetreten : Vor 2 Sekunden

Beiträge : 0
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Was bewegt "Evangelikale" denn, in bestimmten Fragen dann doch die Durchsetzung religiös begründeter Regeln für alle zum Wahlkriterium zu machen?

Weiß ich nicht, da musst du mich schon persönlich fragen. 😊

Ich beschreibe ja nur mein Wahlverhalten und nicht das der gesamten evangelikalen Christenheit.

Im Übrigen finde ich deine Schlussfolgerungen irgendwie seltsam.

Erstens: du weißt schon, dass die Mosegesetze nicht irgendwas rein geistlich zu verstehendes waren, sondern auch ganz praktisch die "staatlichen" Gesetze Israels?

Diese Spannung zwischen Glaube auf der einen Seite und geltende Gesetze, die dem Glauben auch widersprachen, auf der anderen Seite, ergaben sich ja erst mit der babylonischen Gefangenschaft und später mit den Fremdbesatzungen.

Es ist also gar nicht so unbiblisch, wenn man möchte, dass Gottes Regeln auch staatlich umgesetzt werden.

Kommen wir zur Demokratie: wenn die Mehrheit der Wahlberechtigten in Deutschland meine Ansichten vertreten würden und genauso wählen würden wie ich und (unwahrscheinlich, aber mal fürs Beispiel) es auch noch eine Partei gäbe, die exakt das in ihrem Wahlprogramm hätte uuuund die dann auch noch die absolute Mehrheit bekäme uuuuund das in den Bundesländern auch so wäre (weil wir für Gesetze auch den Bundesrat brauchen) , dann wäre es eben so.

Dann hätte die Mehrheit der Wähler entschieden, dass sie eben die Politik dieser Partei haben möchte.

Das schließt die Religionsfreiheit doch nicht aus. Die gab es hier früher auch schon. Auch als Abtreibung noch unter Strafe stand und Homosexuelle nicht heiraten konnten.

Gegenfrage: wie wählst du denn? Setzt du dich erst hin und denkst scharf drüber nach, welche deiner Wertvorstellungen, die dir eine Partei sympathischer als die andere macht, aus deinem Glauben begründet sein könnten und wählst dann lieber eine Partei, die das exakte Gegenteil möchte, damit du auf keinem Fall einem Menschen mit anderem Glauben auf die Füsse trittst?

Hart gesagt: hätte ich so eine Einstellung, müsste ich AfD wählen. Die sind mir gründlich unsympathisch, ich finde ihre Art des Populismus und ihre Sprachwahl unchristlich und ihre Haltung Fremden gegenüber befriedigt zwar hin und wieder den kleinen ungeheiligt von Ausländern Genervten in mir, aber widerspricht meinem Bibelverständnis (eine der Stellen wo ich bei politischen Entscheidungen meinen Glauben über meine Gefühle stelle....das trifft ja nicht nur Homosexuelle, das trifft immer dann, wenn ich finde, dass das was ich gerade will dem widerspricht, was Gott gerade will).

Oder noch mal anders gefragt: warum sollte ich als Christ denn in einer Demokratie nicht das tun, was alle anderen hoffentlich auch tun: nach meinen Werten wählen?

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andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1804
Veröffentlicht von: @pottkind

Weiß ich nicht, da musst du mich schon persönlich fragen. 😊

😀

Veröffentlicht von: @pottkind

Das schließt die Religionsfreiheit doch nicht aus. Die gab es hier früher auch schon. Auch als Abtreibung noch unter Strafe stand und Homosexuelle nicht heiraten konnten.

Da hast Du Recht.

Veröffentlicht von: @pottkind

wie wählst du denn?

Sehr gute Frage.
Tatsächlich würde ich sagen, dass alle meine Wertvorstellungen auch irgendwie aus dem Glauben begründbar sind. Der Schutz ungeborenen Lebens z.B. genauso wie der Schutz geborenen Lebens vor den Folgen des Klimawandels oder zu schnellen Autofahrens.

Eine andere Frage ist für mich, welche dieser Probleme sinnvollerweise über Gesetzgebung zu lösen sind und welche nicht.

Bei Thema "Abtreibung" etwa wissen wir, dass durch Verbote vor allem die Dunkelziffer, der Abtreibungstourismus und die Folgeerkrankungen durch "Engelmacher" steigen.
Das geht auch häufig damit einher, dass in Kulturen mit strengen Abtreibungsverboten gleichzeitig eine voreheliche Schwangerschaft als Schande gilt.

Darum halte ich gesetzliche Verbote für den falschen Weg, die Abtreibungszahlen zu senken. Wir bräuchten einen Kulturwandel an verschiedenen Stellen: Größeres Bewusstsein für feste Partnerschaften als Schutzraum der Sexualität, mehr Barmherzigkeit in strengreligiösen Gruppen, mehr gesellschaftliche Unterstützung für Single-Moms. Allein letzteres könnte gesetzliche Regelungen benötigen. Alles Andere geschieht nur durch Argumente und Vorleben.

Weil ich an der Stelle also die Möglichkeiten des Gesetzgebers als sehr begrenzt einschätze, spielt es bei meinen Wahlentscheidungen eine eher untergeordnete Rolle. Das heißt nicht, dass ich dann gegen meine Werte wähle, sondern pragmatisch frage, welche meiner Werte beim Parlament gut umsetzbar sind.

Andere Werte, wie etwa Schutz kommenden Lebens vor den Folgen des Klimawandels, sind eher durch Gesetzgebung beeinflussbar, und darum eher für mein Wahlverhalten wichtig.

andreas-wendt antworten
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Dieser (hervorragende) Beitrag geht ein bisschen in die Richtung dessen, was ich mir unter „post-evangelikal“ vorstelle. Es sind immernoch evangelikale Schwerpunkte, jedoch mit einem vernunftbasiertem Ansatz, statt pochen auf Gebote der Bibel.

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andreas
(@andreas-wendt)
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Wenn man sich ein wenig mit der Geschichte der evangelikalen Bewegung beschäftigt, ist das auch irgendwie "früh-evangelikal", bevor sie in den spätern 60ern politisch gehijackt wurden.

Der hier schon erwähnte Podcast "Das Wort und das Fleisch" erzählt dazu ein bisschen was.

andreas-wendt antworten
Jack-Black
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Grün! owT
owT

jack-black antworten
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jetzt wird es off topic
Hallo Andreas,

gut geantwortet 😊

Als ich mein Posting gerade noch mal las, fand ich dass es scharf klang. Tut mir leid, war nicht so gemeint. Fiel mir beim Absenden nicht auf.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Bei Thema "Abtreibung" etwa wissen wir, dass durch Verbote vor allem die Dunkelziffer, der Abtreibungstourismus und die Folgeerkrankungen durch "Engelmacher" steigen.
Das geht auch häufig damit einher, dass in Kulturen mit strengen Abtreibungsverboten gleichzeitig eine voreheliche Schwangerschaft als Schande gilt.

Ja, nein, vielleicht. Nur auf Deutschland bezogen: das wäre heutzutage kein Problem mehr, weil wir nicht mehr in einer Gesellschaft leben, in der man unehelich geborene Kinder irgendwie als Schande ansieht.

Mir ist aber auch klar, dass wir innerhalb der EU sowieso genug Ausweichmöglichkeiten hätten und vermutlich der Abtreibungstourismus angekurbelt würde.
Trotzdem würde ich eine Partei, die Abtreibung verbietet und meine anderen für mich wichtigen Punkte vertritt lieber wählen, als eine Partei, die Abtreibung nicht verbieten will und die anderen für mich wichtigen Punkte vertritt. Warum einen Kompromiss wählen, wenn ich die 100 Prozent haben kann?

Ist natürlich illusorisch, weil es keine Partei gibt, der ich 100 Prozent zustimme.

Von daher bin ich im praktischen Wahlverhalten da pragmatischer und setze mir entweder ein Schwerpunktthema oder schaue halt was mir allgemein besser liegt, jeweils abgestimmt auf die Ebene, auf der gewählt wird und den damit verbundenen Kompetenzen.

Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Andere Werte, wie etwa Schutz kommenden Lebens vor den Folgen des Klimawandels, sind eher durch Gesetzgebung beeinflussbar, und darum eher für mein Wahlverhalten wichtig.

Grundsätzlich ein guter Gedanke. Und was jetzt kommt, soll das gar nicht in Frage stellen (ich habe schon einen anderen Thread wo ich "Alt-Öko" Leuten erzähle, dass sie auch gerettet sind wenn sie die Umwelt verschmutzen 😀 )

Aber als ich da gestern so drüber nachdachte fielen mir zwei Punkte ein, die nicht im Zusammenhang stehen, aber mit Klimawandel und persönlichem Verhalten zu tun haben:

Ich versuche verstärkt darauf zu achten wo Produkte her kommen und es zu vermeiden auf Produkte zurück zu greifen, die erst um die halbe Welt geschippert werden müssen. Komplett inkonsequent, das gebe ich gerne zu (tut mir leid, aber Kaffee wächst bei uns scheinbar nicht....oder kennt jemand europäischen oder gar deutschen Kaffee aus nahe liegenden Anbaugebieten? *in die Runde frag*).

Dabei kam mir in den Sinn, ob ich damit eigentlich den Leuten etwas gutes tue, die die Kleidung herstellen. Klar, ich kann mich über die Art aufregen, unter welchen Bedingungen sie arbeiten, aber das könnte u.U. ja noch regulierbar sein (FairTrade).
Trotzdem ist es dann wieder um die halbe Welt geschippert.

Aber was passiert denn mit den Leuten in der asiatischen Textilindustrie, wenn die Europäer aufhören wie blöd zu konsumieren und die Textilien nicht mehr oder nur wenig kaufen?

Dachte ich so dran, weil die indische Tante meines Mannes (als sie noch arbeitete) in der indischen Textilindustrie gearbeitet hat und die Produkte für deutsche und englische Firmen waren.

In dem Zusammenhang fiel mir auf: ich mag die AfD ja nicht, aber im Grunde versuche ich aus Umweltschutzgründen und wegen der Arbeitsbedingungen gerade etwas, was für die AfD eigentlich die helle Freude sein müsste: ich versuche die regionale und deutsche Wirtschaft zu fördern, indem ich wenigstens erst mal gucke, ob ich nicht auch ein Produkt finde, das in Deutschland hergestellt wurde (wegen der Regionalität geht auch Niederlande oder Belgien) oder wenigstens in der EU.

Hat da nicht jeder Versuch was Gutes zu tun auch seine Kehrseite?

Also retten wir dann vielleicht das Klima, aber in Indien/Bangladesch etc. stürzen wir die Leute in noch mehr Armut (also wenn wir das alle ganz konsequent umsetzen würden und bei dem was wir kaufen auf so regional wie möglich setzen?).

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Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 3609
Veröffentlicht von: @andreas-wendt

Auf der anderen Seite ist es doch gerade missionarisch gesinnten Christenmenschen wichtig, dass es Religionsfreiheit gibt.

Eine durchaus jüngere Tendenz...

jack-black antworten
andreas
(@andreas-wendt)
Beigetreten : Vor 17 Jahren

Beiträge : 1804

Stimmt.
Ich dachte jetzt vor allem an die heutigen missionarsich gesinnten, die vom Pietismus geprägt die persönliche Entscheidung des Einzelnen für heilsrelevant halten und darum Freiheit zur persönlichen Entscheidung verlangen.
An diese dachte ich vor allem, weil die evangelikale Bewegung in dieser Linie steht.

Aber das ist historisch gesehen tatsächlich nicht der einzig mögliche Missionsbegriff. Danke für den Hinweis.

andreas-wendt antworten
Jack-Black
(@jack-black)
Beigetreten : Vor 3 Jahren

Beiträge : 3609
Veröffentlicht von: @tojak

Für mich ist „evangelikal“ ein aus den USA importierter Begriff, eine Mischung aus evangelisch und radikal, der als eigene Abgrenzungsmerkmale wortwörtliches Bibelverständnis und persönliche Christusbeziehung in den Vordergrund stellt und in der Regel mit einer konservativen politischen Haltung im Stil der 1950er Jahre verbunden ist, die aktiv bis agressiv vertreten wird.

Ich denke, für Dich könnte (falls Du den nicht schon längst kennst) der Podcast "Das Wort und das Fleisch" interessant sein. Nicht nur die Folge über die Evangelikalen... Die zwei Diskutanten dort sehen übrigens die maßgeblichen Entwicklungen eher in den 60er- statt den 50er-Jahren, und die "konservative politische Haltung im Stil der 1950er", die Du hier anführst, könnte dementsprechend eine Art falscher Nostalgie entsprechen: dass da in den roaring sixties eine christlich-kulturelle Gegenbewegung entstand nach dem üblichen Motto: "Vorher war alles besser und so wollen wir' s wieder haben."

jack-black antworten


Anonymous
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Off-On-Topic: Evangelikal-Bibelverständnis-Kanonisierung
Ich fange mal einen neuen Strang an.

Als ich heute über diesen Thread nachdachte, insbesondere über die Bezeichnung "Gottes Wort" für Bibel, kamen mir weiterführende Gedanken.

Deshalb der Titel: eigentlich ist es schon off topic, weil es ein eigener Themenkomplex ist, aber uneigentlich ist es ja trotzdem noch im Thema, wenn auch nicht mehr in der reinen Begriffsdefinition von evangelikal, weil das alles ja weitere Fragen aufwirft.

Also wenn man sagt "die Bibel ist Gottes Wort", dann ist ja wieder die Frage: warum nennen wir sie eigentlich "Gottes Wort" und nicht "Heilige Schrift"?

Wo kommt diese Bezeichnung eigentlich her?
Sind das Synonyme oder gibt es Unterschiede?

Wenn wir sagen "die Bibel ist vom Heiligen Geist inspiriert", dann bedeutet es ja was.

Und da bin ich wieder bei dem Posting von Andreas: unterscheide ich da zwischen Gottes- und Menschenwort? Und wenn nicht: Unterscheide ich dann über die Relevanz oder der geistlichen Wichtigkeit?

Und als ich bei dem Gedanken war, poppte bei mir auf: "Und wenn Luther sich irrte?"

Luther hat die deuterokanonischen Schriften doch aus dem AT raus genommen. Schon klar, er hat sich an dem hebräischen Kanon orientiert, der 100 nach Christus festgelegt wurde.

Aber was ist eigentlich, wenn Luther irrte? Haben wir Protestanten dann das getan, was wir - spätestens wenn wir Evangelikale sind - doch gar nicht tun wollen: Teile des Wortes Gottes für obsolet erklärt und rausgeschmissen?

Woher weiß man denn jetzt genau was Gottes Wort ist?

Also habe ich mir diesen wikipedia-Artikel zu Gemüt geführt:

https://de.wikipedia.org/wiki/Bibelkanon

Was mich wieder zur Frage brachte: Wenn die ersten Christen als Heilige Schriften das AT hatten, bzw. die Schriften die damals im jüdischen, aber auch im griechischsprachigen Judentum als Heilige Schriften galten....dann waren die deuterokanonischen Schriften doch dabei, oder?

Also gingen Jesus, Petrus, Paulus etc von diesen Schriften auch aus? Paulus war doch aus der griechischsprachigen Diasporagemeinde.
Da müssten ihm diese Schriften doch bekannt gewesen sein?

Dann noch eine Frage, die mir kam: Ich kenne es so, dass Christen eigentlich eher das NT als verbindlich sehen....das AT auch irgendwie, gehört ja zur Bibel, aber die Gesetze sind schon mal raus (wegen dem was Paulus dazu sagte und das Apostelkonzil für Heidenchristen festlegte, auch wenn sich dann doch keiner mehr an das Blutverbot hielt).
Andererseits sind sie dann doch wieder drin, weil wir uns ja trotzdem an diverse Sachen halten und das natürlich auch einen Einfluss auf unsere Kultur und unser Denken hatte (ich will hier kein neues Fass aufmachen, aber nehmen wir mal wer wen in welchem Verwandtschaftsgrad heiraten darf oder eben auch nicht.....das kommt aus den Mosegesetzen und hat Einzug in unsere Gesetzgebung gehalten).

Wenn die ersten Christen, also meinetwegen die Empfänger der Hirtenbriefe im NT als Heilige Schriften die AT-Schriften hatten, dann haben sie die doch wahrscheinlich trotzdem als verbindlich und Gottes Wort angesehen, oder?

Müssten wir das dann nicht auch mehr tun und wo ziehen wir dann die Grenze? Also was gilt für uns Heidenchristen und was nicht und was macht eigentlich ein Jude, wenn er sich zu Christus bekehrt?

Ich komme mir gerade vor, als würde sich in meinem Hirn eine Frage an die andere reihen.

Habt ihr Antworten?

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Veröffentlicht von: @pottkind

Aber was ist eigentlich, wenn Luther irrte? Haben wir Protestanten dann das getan, was wir - spätestens wenn wir Evangelikale sind - doch gar nicht tun wollen: Teile des Wortes Gottes für obsolet erklärt und rausgeschmissen?

Genau DAS frage ich mich auch immer wieder...
Seit Luther erleben wir Spaltung um Spaltung.
(obwohl es auch davor schon das Schisma zwischen Ost- und Westkirche gab)
Wo bleibt die Einigkeit, die Jesus zum Ziel formulierte?

Eine Antwort habe auch ich noch nicht gefunden.

hg poimen

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Veröffentlicht von: @poimen-a

Wo bleibt die Einigkeit, die Jesus zum Ziel formulierte?

hilf mir mal.. wo hat er das formuliert?

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Veröffentlicht von: @billy-shears

hilf mir mal.. wo hat er das formuliert?

Joh. 17 (Hohepriesterliches Gebet) Vers 11 und 21ff

hg poimen

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Ah okay. Hätt ich jetzt nicht auf die Kirchen bezogen, aber gut.

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Veröffentlicht von: @pottkind

Woher weiß man denn jetzt genau was Gottes Wort ist?

Steht in der Bibel.
(Spoiler: es ist nicht die Bibel)

Veröffentlicht von: @pottkind

Und da bin ich wieder bei dem Posting von Andreas: unterscheide ich da zwischen Gottes- und Menschenwort? Und wenn nicht: Unterscheide ich dann über die Relevanz oder der geistlichen Wichtigkeit?

Der User suivant hat dazu vor ein paar Jahren ein paar Gedanken hier im Forum geschrieben, die ich als extrem hilfreich empfand.
Die [url= https://community.jesus.de/forum/ansicht/thread.html?tx_scmforum_pi1 [post_uid]=8608155&tx_scmforum_pi1[disablepreset]=0]kürzere Version[/url] lautet:

"Die Bibel ereignet sich als Wort Gottes.

Der Buchstabe der Bibel an sich ist nichts wert. Als Wort Gottes erweist sich die Bibel aber dort, wo sie mich verändert, mich tröstet, mich erbaut, mich ermahnt, mich zur Buße treibt, mir Weisung für mein Leben gibt, kurz gesagt: wo das Wort der Bibel im Leben von Menschen lebendig wird.

Das hebräische Wort für "Wort", "dawar", heißt zugleich auch "Sache, Ereignis, Geschehen". Wo das Wort der Bibel zum Ereignis, zum Geschehen wird, da, so würde ich sagen, ist der Geist Gottes in uns wirksam.

Es bringt meines Erachtens wenig, Theorien und Lehrmeinungen über die Bibel aufzustellen (man trägt sie doch letztlich nur von außen an sie heran), sondern was die Bibel ist, das kann man erfahren, wenn man sie in seinem Leben lebendig werden lässt."

Eine längere Version findet sich [url= https://community.jesus.de/forum/ansicht/thread.html?tx_scmforum_pi1 [post_uid]=863051&tx_scmforum_pi1[disablepreset]=0]hier[/url]

Veröffentlicht von: @pottkind

Aber was ist eigentlich, wenn Luther irrte? Haben wir Protestanten dann das getan, was wir - spätestens wenn wir Evangelikale sind - doch gar nicht tun wollen: Teile des Wortes Gottes für obsolet erklärt und rausgeschmissen?

Luther "widerspricht" damit sogar der Bibel selbst. Denn in 2Tim 3,15f heisst es "Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre.."
- Und gemeint ist die Septuaginta (siehe Vers 15), die auch eben jene Bücher enthält, die Luther zu Apokryphen "degradierte".

Veröffentlicht von: @pottkind

Was mich wieder zur Frage brachte: Wenn die ersten Christen als Heilige Schriften das AT hatten, bzw. die Schriften die damals im jüdischen, aber auch im griechischsprachigen Judentum als Heilige Schriften galten....dann waren die deuterokanonischen Schriften doch dabei, oder?

Es ist etwas komplizierter. Zu jener Zeit gab es weder einen einheitlichen Bibelkanon, noch Einigkeit darüber, welche Schriften heilig sind und welche nicht. Sadduzäer und Samaritaner zB anerkannten nur die Torah (5 Bücher Mose). Im NT finden wir Anklänge und Zitate aus heute "völlig" apokryphen Büchern, wie dem "1.Henoch" oder der "Himmelfahrt des Mose".

Veröffentlicht von: @pottkind

Müssten wir das dann nicht auch mehr tun und wo ziehen wir dann die Grenze? Also was gilt für uns Heidenchristen und was nicht und was macht eigentlich ein Jude, wenn er sich zu Christus bekehrt?

Genau das wurde auf dem Apostelkonzil festgelegt. (Aber selbst daran hält sich heute keiner mehr. Jedenfalls habe ich noch nie einen Christen beim Metzger fragen hören, ob das Tier entsprechend dem Apostelkonzil geschlachtet wurde.)

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Kappa
 Kappa
(@kappa)
Beigetreten : Vor 2 Jahren

Beiträge : 236

Hallo , ja das sind gute Fragen, das hat sich zum Teil für mich früher auch so ähnlich gestellt .

 

ich sage das jetzt ungern, weil es hier von den meisten nicht gerne gelesen werden wird= In dem ich die ununterbrochene Binde- und Lösegewalt von den ersten Apostel und die Lehrautorität der heutigen Katholischen Kirche irgendwann akzeptiert habe, gab es eine Orientierung für mich die zufriedenstellender ist als sich als Nicht-Theologe ständig sein eigenes Bild in diesen ganzen Strömungen machen zu müssen. Mir hat es geholfen. 

Ich vertraue darauf das auch die von Luther verbannten Schriften auch zum Kanon gehören, weil es eine Autorität geben muss die Gott dieser Welt gibt zur Orientierung. Natürlich glaube ich auch das der Heilige Geist diese Auswahl gewirkt hat.

 

Liebe Grüße und frohe Ostern ,Ed

 

kappa antworten
Helmut-WK
(@hkmwk)
Beigetreten : Vor 20 Jahren

Beiträge : 7366

@kappa 

In dem ich die ununterbrochene Binde- und Lösegewalt von den ersten Apostel

Da geht es um Sündenvergebung.

die Lehrautorität der heutigen Katholischen Kirche

Warum von der? Warum nicht von der orthodoxen Kirche, von der sich die römische Kirche abgespalten hat? Ich finde: Wenn schon, dann das Original der Gemeinschaft der Patriarchen, und nicht die römische Kopie ohne Patriarchenkollegen. Oder wenn das kein Argument ist: Warum nicht die koptische Kirche (die hat auch nur einen Patriarchen - weshalb der Titel dann konsequenterweise mit »Papst« übersetzt wird …)?

gab es eine Orientierung für mich die zufriedenstellender ist als sich als Nicht-Theologe ständig sein eigenes Bild in diesen ganzen Strömungen machen zu müssen

Ich muss auch nicht alle Feinheiten kennen - auch wenn mich das als Verstandesmensch anspricht und ich schon mal gerne nachforsche. Aber man sollte immerhin angeben können, warum man denen vertraut, nach deren Lehraussagen man sich richtet. Ein „ich such mir das bequemste / zufriedenstellendste / denkfaulste / … heraus” ist gefährlich, so kann man das Opfer von Irrlehren werden.

Ich vertraue darauf das auch die von Luther verbannten Schriften auch zum Kanon gehören, weil es eine Autorität geben muss die Gott dieser Welt gibt zur Orientierung.

Was den Kanon des ATs angeht, ist diese Autorität aber das Judentum. Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich. (Paulus)

Natürlich glaube ich auch das der Heilige Geist diese Auswahl gewirkt hat.

Und was spricht für diese Annahme?

Und wie sieht das mit den Früchten aus? Inzwischen hat sich ja die kath. Kirche den evangelischen Kirchgen angenähert (Gottesdienste in der Landessprache, »Laien« dürfen die Bibel lesen, katholische Regenten werden nicht mehr aufgefordert, die protestantischen Ketzer zu verfolgen, …), das sind gute Früchte der Reformation innerhalb der rkk. Aber wo gibt es gute Früchte der Ablehnung Luthers?

hkmwk antworten
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