Kontaktabbruch
.... ich bin diesen Schritt (endlich) gegenüber meiner M. gegangen. Dieses Mal direkt, also in Worten ihr gegenüber. Es gab mal einen Versuch, eher hinten rum, ausgesprochen durch jemand anderen, aber in meinem Sinne. Aber dann schlich sie sich wieder in mein Leben. Als wäre nie etwas gewesen. Und ich ließ es zu. Irgendwie hilflos zu. Sie ist ja schließlich meine M.
So viele Dinge sind geschehen. Dann noch mehr und ich konnte nicht mehr. Nicht mehr zusehen. Nicht mehr schweigen. Nicht mehr aushalten. Ich muss(te) mich und meine Familie schützen.
Ich habe es ausgesprochen bzw. "ausgeschrieben". Nicht der rechte Weg, aber der für mich sichere. Resultat: Vorwürfe ihrerseits. So wie schon immer. Ich gebe meine Beweggründe preis, versuche zu vertrauen, aber das Ergebnis ist ihre Opfersicht (?). Ich teilte ihr mit, dass ich lieber sterben wollte, als das aushalten und laut schweigen zu müssen. Antwort: "War ich denn eine so schlechte M....?" Was soll man denn darauf antworten????
Wieder fühlt sich in mir alles so an: Ich werde nicht gesehen. Ich bin nicht. Nicht gut genug. Nicht dankbar genug. Ich bin falsch.
Alles in mir ist gerade so ambivalent. Ich sollte erleichtert sein und doch ist da viel Angst. Ich sollte durchatmen und doch fühle ich mich stündlich erschöpfter. Ich sollte mich frei(er) fühlen und doch sind da so viele Schuldgefühle.
Warum ich schreibe? Gedanken lesen hat mir schon immer geholfen. Meine Gedanken und die anderer. Gedanken sortieren. Last ablegen.
Ich setzt mich mal einfach dazu, denn was sagen, will ich gerade nicht.
Grad freu ich mich für die großen Kleinen, die da vor mir an der Wand hängen... und für dich... und...
"Antwort: "War ich denn eine so schlechte M....?" Was soll man denn darauf antworten????"
Auch wenn das sicher wehtut: ich glaube, dass "ja" hier eine echte Option wäre.
Werner

Und selbst wenn es bei der Mutter ankäme, wäre so viel vermutlich nicht mal gewonnen. Der Schaden ist da. Sie kann dann selbst an sich und ihrer Verletzung arbeiten, aber dem erwachsenen Kind bringt es doch nicht so viel. Außer dass man sich noch damit auseinandersetzen muss, dass die Mutter nun Schuldgefühle hat und versucht Dinge wieder gut zu machen... und vielleicht geht es bei den Gedanken gerade mehr um mich als um schmunzel-ich
Das ist leider eine nicht seltene Erfahrung. Fast immer geht die Auseinandersetzung mit den realen Eltern - oder anderer wichtiger Personen der Kindheit - schief.
Soweit ist das sicher mehr als frustrierend. Aber zur Lösung des Problems bedarf es nicht der realen Menschen bzw. der Auseinandersetzung mit ihnen, sondern der Auseinandersetzung mit den "internalisierten" Eltern, also dem Bild in mir, das ich von ihnen habe.
Das gelingt aber kaum im Alleingang, sondern bedarf in der Regel eines therapeutischen Settings, bei dem der Klient am Therapeuten auch andere, neue Erfahrungen machen kann.
Alles in mir ist gerade so ambivalent. Ich sollte erleichtert sein und doch ist da viel Angst. Ich sollte durchatmen und doch fühle ich mich stündlich erschöpfter. Ich sollte mich frei(er) fühlen und doch sind da so viele Schuldgefühle.
Zwar kenne ich jetzt die genauen Hintergründe nicht, aber es klingt für mich so, dass du hier richtig gehandelt hast.
Aber auch wenn es für diese Handlung einen bestimmten Zeitpunkt gibt, so ist die innere Heilung ein längerer Prozess. Das kann man nicht so einfach abschütteln, dafür steckt einfach zu viel dahinter. Das geht nur langsam, Schritt für Schritt. Aber es funktioniert.
Ich wünsche dir alles Gute.
Antwort: "War ich denn eine so schlechte M....?" Was soll man denn darauf antworten????
Ja.
Und sie war gleichzeitig Opfer ihrer Vergangenheit, dass sie nicht lieben konnte. Das entschuldigt sie nicht, macht aber einiges verständlicher.
Es will mir heute noch nicht wirklich in den Kopf, dass eine Mutter nicht lieben kann...und doch ist es Realtität.
Auch die verinnerlichte Notreaktion um zu überleben - 'es muss an mir liegen' - gehört in diese Realität. Es ist also völlig normal, dass diese Gedanken nach dem Trennungsgespräch sich stark melden.
Nein, du bist nicht schuld und du bist auch nicht falsch. Du stehst an einem entscheidenden Wendepunkt, zu dir selbst zu stehen.
So wie bei der natürlichen Geburt die Nabelschnur durchtrennt werden muss, so gibt es auch den Zeitpunkt, die seelische Nabelschnur zu durchtrennen um sich als eigenständige Person entfalten zu können. Kannst du sehen, dass du an dieser Stelle gerade deine Aufgabe hast?
Es ist ein Prozess, wie Lucan schreibt und Hilfe dabei ist sehr empfehlenswert, wie Queequeg ausführt....Schritt für Schritt in die Freiheit. Gutes Gelingen 🙂

"gibt es auch den Zeitpunkt, die seelische Nabelschnur zu durchtrennen"
Sicher muss diese Schnur irgendwann durchtrennt werden. Aber das ist mitunter enorm schwer, wenn z.B. mit der kindlichen Erfahrung das Erleben verbunden war, für die fehlende Liebe der Mutter - oder anderer - selbst verantwortlich zu sein. Wir reden hier von einem Alter von Geburt bis 3. Lebensjahr, in dem Kinder keinerlei "Begriff" für das haben, was abläuft, aber ungeheuer scharf empfindende Gefühle.
Weil das alles in einer vorsprachlichen Zeit stattgefunden hat, ist es auch so schwer, als Erwachsener dafür Wort finden zu können. Also tut man das, was man immer schon getan hat - die Mutter - oder wen auch immer - schonen, entschuldigen und denken, man sei selbst Schuld.
Am krassesten und eindrücklichsten habe ich das bei einem Pat. erlebt, der in einem Traum während der Therapie in einer Wüste dem Verdursten nahe war und einen Brunnen fand, der aber leider völlig ausgetrocknet war. Direkt daneben lief ein kristallklarer Bergbach mit einem Eimer am Ufer. Statt jetzt aus dem Bach zu trinken, schleppte er wie irre einen Eimer Wasser nach dem anderen und kippte ihn in den Brunnen, in der Hoffnung, dass der bald so voll ist, dass er daraus trinken kann. Aber das Wasser versickerte sofort wieder.
Tja, es war die Situation, dass er versuchen musste, soviel Liebe in seine Mutter hineinzuschütten, dass sie dann auch welche für ihn hatte. Hat nur leider in der Realität so wenig geklappt wie im Traum. Ich habe selten einen Traum gehört, der so präzise das frühe kindliche Drama zum Ausdruck brachte.
Übrigens hatte es der Pat. im Laufe der Therapie dann tatsächlich geschafft, sich abzunabeln und seine Liebe nicht in völlig vertrockneten Brunnen versickern zu lassen, sondern sie sich selbst zu geben. Und nicht so ganz unwichtig - er konnte sie auch anderen geben, aber jetzt ohne die offene oder stillschweigende Erwartung, es dann auch zurück zu bekommen.

Sehr schöner Beispieltraum für die möglichen Katastrophen.
Da fällt mir ein, dass ich zu dem Thema auch Brunnenträume hatte... Ich wollte aus einem schlammigen Brunnen raus, der in einem Keller versteckt war....
Später träumte ich dann Etappen des Aussteigens aus dem Brunnen. Jemand hatte eine Leiter hineingestellt... am Ende war es nochmal schwierig, weil oben der Brunnen mit zwei Eisenbalken, die kreuzweise lagen, verschlossen war. Ich konnte den blauen Himmel sehen, aber jemand musste den Eisenriegel entfernen und mir über den Brunnenrand helfen.
Damals hatte ich die Träume noch nicht so konkret verbunden. Durch deinen Bericht rutschen sie jetzt an den richtigen Platz.
Interessanterweise bin ich auf die persönliche Betroffenheit erst gekommen, als ich ein Buch zum Thema gelesen hatte, um eine Bekannte freundschaftlich zu begleiten und ihre Therapie nicht gutmeinend zu stören. Das war ein heilsamer Schrecken und half mir, mich aus dem automatisierten Schuldbewusstsein zu befreien.

Schön, dass das dann so gelaufen ist.
Dein Traum zeigt schön, wie es auch in der "Tagtraumtechnik" (Katathymes Bilderleben") funktionieren würde.
Bei dem "Brunnentraum" meines Pat. hat mich anfangs am meisten fasziniert, dass er trinken konnte, das aber nicht tat. Bis mir dann aufging, dass es nichts genutzt hätte, weil es ja der Durst der frühen Jahre war, unter dem er litt. Also musste tatsächlich der leere Brunnen seiner Kindheit aufgefüllt werden. Nicht das Wasser selbst war wichtig, sondern dass er es bekommen würde von dem einzigen Menschen, der es ihm damals hätte geben können.

Nicht das Wasser selbst war wichtig, sondern dass er es bekommen würde von dem einzigen Menschen, der es ihm damals hätte geben können.
Ich habe meine Mutter aus der Forderung nach "Wasser der Liebe" entlassen, dann mich selbst aus der Forderung entlassen, mir das "Wasser der Liebe" aus Ersatzquellen holen zu wollen und habe die Erstattung meines emotionalen Mangels von Gott erbeten und erhalten. Das war eine sehr gute Erfahrung. Der gute Hirte hat keinen Mangel und kann völlig auffüllen. Psalm 23,1 ist übrigens mein Babytaufvers und er ist Realität geworden.

Ja, auch ein interessanter Traum. Aber wir wollen ihn hier nicht deuten.
Nur so viel als Anregung: Ein Brunnen, wie in den beiden Träumen, verweist auf sehr tiefe seelische Gegebenheit - sehr frühe Erfahrungen - möglicherweise schon vor der Geburt. Der Brunnen ist der Lebensbereich, wenn das Leben anfängt, also die Gebärmutter
Vergleiche es mit Frau Holle. Beide Mädchen fallen oder springen in den Brunnen. In dem Leben da unten lernen sie alles, was sie für ihr Leben oben brauchen. Aber die eine lernt gut, die andere schlecht. Und so wird dann auch deren Leben.
Die Pechmarie hatte als richtige Mutter die ganz garstige Frau, die nur aus Neid bestand. Sie war aber nicht die Mutter der Glücksmarie. Die konnte sich im Erdreich von der Stiefmutter befreien und ein wirklich eigenes Leben führen.
Sprich: Wenn man an der hexenhaften, bösen Mutter gebunden bleibt, wird man immer eine Pechmarie sein. Kann man sich von ihr - und allerdings auch von den Ansprüchen an sie - lösen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man zur Glücksmarie wird.

Ja, auch ein interessanter Traum. Aber wir wollen ihn hier nicht deuten.
Genau. Es geht ja um Beispiele für Schmunzel-Ich und was aus Puzzleteilen anderer als Anregung zum Mitnehmen möglich wäre.
Deinen Hinweis auf Verwendung von Märchen finde ich hier auch anregend.

Märchen und Träume sprechen die gleiche Sprache. Man kann die Bilder 1:1 übertragen.

Nein, du bist nicht schuld und du bist auch nicht falsch.
Das ist eine wichtige und grundsätzliche Erkenntnis.
Ich möchte an der Stelle noch ergänzen, dass es natürlich trotzdem sein kann, dass man sich auch selbst in bestimmten Situationen falsch verhalten hat. Das kann die Sache wieder kompliziert machen, weil man sich dann eben doch wieder selbst Vorwürfe macht (Ob das hier der Fall ist kann ich nicht sagen, das ist jetzt eher allgemein).
Das Schwierige ist an dieser Stelle, diese eigenen Fehler entsprechend einzuordnen, indem man sich klar macht: "Ja, an dieser und jener Stelle habe auch ich mich falsch verhalten... aber das konnte nur deshalb passieren, weil hier etwas grundsätzlich falsch war, an dem ich keine Schuld trage"
Ich kenne jedenfalls solche Gedanken...

Gute Ergänzung 🙂
Es ist ein großer Unterschied, ob man in Schuld sein oder in Schuld haben denkt.
Schuld sein rutscht gerne in das eigene Identitätsverständnis, wenn es ständig und mit Nachdruck vermittelt wird... und dann wird es schwierig mit der Schuldentfernung.
Schuld haben, einen Fehler gemacht haben bleibt im Tun und kann bekannt und vergeben werden. Die Sicherheit und Stabilität der eigenen Identität bleibt unangetastet.