War es das für die Ukraine?
Das Thema "Ukraine" scheint nach und nach aus den Medien zu verschwinden. Dabei ist es nach wie vor genau so aktuell, wie es bereits vor 2 Jahren war. Und es zeigt sich mittlerweile, dass der Westen offenbar kein Interesse an einer Niederlage Russlands hat. Wenn aber das nicht das Ziel ist... was ist es dann?
Für Russland ist klar: Wenn Russland nicht verliert, dann wird Russland gewinnen. Andere Optionen stehen nicht zur Debatte. Die getöteten Soldaten spielen keine Rolle, das zerstörte Material spielt keine Rolle, die Wirtschaft spielt keine Rolle... Russland ignoriert alles, was ein Land eigentlich zur Aufgabe hätte bringen sollen.
Und der Ukraine werden die Waffen vorenthalten, die für einen Sieg über Russland notwendig wären. Auch wenn die Offensive 2023 als gescheitert gilt, so hatte die Ukraine doch die Initiative. Bei genügender Lieferung an Material hätte das zu einem Erfolg werden können. Aber das Material bleibt aus, der Westen liefert nicht. Es gibt auch keine Bestellungen, keine Pläne.
Vor kurzem gab es die Meldung, dass Europa endlich reagiert und 200.000 Schuss 155 mmm Munition in Auftrag gegeben hat. Die Produktion wird über zwei Jahre laufen. Auf dem Schlachtfeld der Ukraine reicht diese Menge zwischen 10 Tagen und einem Monat.
Damit ist dann wohl alles gesagt. Man möchte offenbar Russland das Feld überlassen, teils vermutlich aus Angst, teils in der Hoffnung, man könne doch irgendwie über kurz oder lang wieder gemeinsame Geschäfte machen und einfach vergessen, was passiert ist.
Nur... es wird dabei auch vergessen, dass Angriffskriege sich offensichtlich wieder lohnen. Und das bedeutet: Es wird nicht der Letzte bleiben...
Wie ist eure Meinung zum Stand der Dinge...?
Veröffentlicht von: @lucan-7Das Thema "Ukraine" scheint nach und nach aus den Medien zu verschwinden.
Ja. Das ist allerdings mit jedem Thema so, das hochkocht - es gibt immer aktuelleres, das andere Themen verdrängt. Corona war eine Ausnahme, weil es wirklich jeden betroffen hat.
Veröffentlicht von: @lucan-7Wenn Russland nicht verliert, dann wird Russland gewinnen.
Ich frage mich, wie für beide Seiten Sieg und Niederlage definiert werden. Bei der Ukraine ist das noch relativ klar: Für sie wäre es natürlich ein Sieg, wenn die Russen sich wieder zurückziehen müßten - vielleicht mit ein paar tausend Separatisten im Gepäck - und die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine zu akzeptieren hätte. Und für Russland? Ist das ein Sieg, z.B. die jetzt besetzen Gebiete behalten zu dürfen? War das die Toten und die Ächtung durch einen Teil der Welt wert? Das muß jeder Russe für sich selbst sagen, aber wenn ich an Putins Reden denke kurz vor und nach dem Einmarsch, hat er sich mehr versprochen.
Veröffentlicht von: @lucan-7Und der Ukraine werden die Waffen vorenthalten, die für einen Sieg über Russland notwendig wären.
Ich glaube nicht, daß eine Macht wie Russland mit konventionellen Mitteln militärisch zu besiegen ist, auch wegen der erwähnten Kriegsführung ohne Rücksicht auf eigene Verluste. Und ich glaube mittlerweile auch nicht, daß das Modell "Wir liefern das Material, die fechten das für uns aus" funktioniert - weil der Ukraine die Leute auszugehen scheinen. Ich glaube nicht, daß man Russland das Feld überlassen *möchte*, aber vielleicht setzt sich neben den inneren Streitereien in den USA die Einsicht durch, daß man der Ukraine höchstens hilft, die Stellung zu halten, wenn man nicht mit eigenen Truppen an die Front will - und ich halte diese Gedankenspiele von Macron für irre.
Ich denke, Putin hat die Strategie bemerkenswert offen präsentiert: Verhandlungen anbieten und gleichzeitig weitere Geländegewinne zu machen, um die Ukrainer bzw. Selenskyj weichzukochen. Wahrscheinlich wird es darauf hinauslaufen, den Krieg "einzufrieren" - mit der aktuellen Frontlinie als Grenze, die nicht anerkannt ist, aber im Laufe der Zeit Realität wird. Wie's dann noch mit Nato- und EU-Beitritt aussieht, ist Verhandlungssache. Ich könnte mir vorstellen, daß letzteres für Putin nicht mal ein großes Problem sein wird.
Veröffentlicht von: @lucan-7es wird dabei auch vergessen, dass Angriffskriege sich offensichtlich wieder lohnen. Und das bedeutet: Es wird nicht der Letzte bleiben
Korrekt. Das ist auch das eigentliche Problem, das ich damit habe, nicht die territoriale Zugehörigkeit einer Stadt wie Donezk. Und eines vergißt man im Westen gern: Putin wird nicht mehr ewig an der Macht sein. Aber es ist keineswegs gesagt, daß ein Nachfolger einen ganz anderen Kurs einschlägt - Gorbatschow war ein historischer Glücksfall.
Ich frage mich, wie für beide Seiten Sieg und Niederlage definiert werden. Bei der Ukraine ist das noch relativ klar: Für sie wäre es natürlich ein Sieg, wenn die Russen sich wieder zurückziehen müßten - vielleicht mit ein paar tausend Separatisten im Gepäck - und die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine zu akzeptieren hätte. Und für Russland? Ist das ein Sieg, z.B. die jetzt besetzen Gebiete behalten zu dürfen?
Für Russland wäre es ein Sieg, wenn es am Ende mehr als nur die Krim besetzen würde. Wobei ich persönlich angesichts der Verluste überhaupt nicht von einem "Sieg" sprechen würde, Russland hat jetzt schon verloren. Aber aus Sicht der Regierung hätte es sich gelohnt. Für die zählt das Leben der Menschen, die ihnen anvertraut sind, nicht das geringste.
Ich glaube nicht, daß eine Macht wie Russland mit konventionellen Mitteln militärisch zu besiegen ist, auch wegen der erwähnten Kriegsführung ohne Rücksicht auf eigene Verluste.
Doch, das ist es. Das ist ja am Ende eine rein mathematische und wirtschaftliche Frage.
Und ich glaube mittlerweile auch nicht, daß das Modell "Wir liefern das Material, die fechten das für uns aus" funktioniert - weil der Ukraine die Leute auszugehen scheinen.
Doch, das würde es. Die Ukraine kann im Prinzip noch Millionen von Soldaten rekrutieren. Das Problem ist das Material, also Artillerie, Raketen, Munition, Flugzeuge etc...
Und die USA könnten mehr liefern. Sehr, sehr viel mehr... denn aus dessen Militärbeständen wird Jahr für Jahr veraltetes, aber noch funktionsfähiges Material verschrottet. Panzer, Munition, Rakten etc...
Das könnte man alles in die Ukraine schicken, wo es dringend gebraucht wird. Aber das geschieht nicht. Ich vermute, weil man Russland in einem Abnutzungskrieg ruinieren und auf diese Weise unschädlich machen will.
Was ich ausgesprochen zynisch finde... denn die Ukraine hätte längst gewinnen können. Wenn der Westen den Willen dazu hätte.
@lucan-7 Ich vermute, weil man Russland in einem Abnutzungskrieg ruinieren und auf diese Weise unschädlich machen will.
Was ich ausgesprochen zynisch finde... denn die Ukraine hätte längst gewinnen können. Wenn der Westen den Willen dazu hätte.
Bin ja kein Militärexperte und kann also nicht beurteilen, ob das, was Du da behauptest, den Tatsachen entspricht. Allerdings halte ich die Strategie, Russland in einem Abnutzungskrieg zu ruinieren, nach wie vor für die einzig sinnvolle Vorgehensweise mit dem geringsten Risiko einer nuklearen Eskalation. Zynisch? Nein - zynisch ist Freude über/an Leid. Das Kalkül, das ich mir hinter dem Vorgehen des Westens erhoffe (ob es tatsächlich existiert, weiß ich nicht), habe ich hier im Forum schon vor Monaten skizziert: die Art und Weise, wie man dafür sorgt, dass Putin sich an diesem Brocken Ukraine verschluckt, ist auch in Hinsicht auf das Taiwan-Problem zu sehen, also eine Botschaft an Xi Jinping: Eine Invasion/Annexion lohnt sich einfach nicht, und wir brauchen gar nicht selbst militärisch eingreifen, um so eine Suppe zu versalzen.
Für die ukrainische Bevölkerung ist es sicherlich tragisch, nicht die maximale militärische Hilfe des Westens zu bekommen - aber Realpolitik ist nicht automatisch zynisch: selbstverständlich hat "der Westen" immer auch zuerst seine eigenen Interessen im Blick.
@jack-black da besteht aber dann die Gefahr, das die Ukraine zerrieben wird. Zwar bleibt das Land, aber was ist mit den Menschen und dem Staat. Die werden sich davon doch zu unseren Lebzeiten nie wieder erholen wenn das noch eine Weile so weitergeht
Die werden sich davon doch zu unseren Lebzeiten nie wieder erholen wenn das noch eine Weile so weitergeht
Sie werden sich auch zu deinen Lebzeiten nicht erholen, wenn man die Russen gewähren lässt.
Bin ja kein Militärexperte und kann also nicht beurteilen, ob das, was Du da behauptest, den Tatsachen entspricht. Allerdings halte ich die Strategie, Russland in einem Abnutzungskrieg zu ruinieren, nach wie vor für die einzig sinnvolle Vorgehensweise mit dem geringsten Risiko einer nuklearen Eskalation.
Eine "nukleare Eskalation" ergibt nur dann einen Sinn, wenn man sich davon einen militärischen Vorteil verspricht. Dieser ist aber im Vergleich zum Risiko der vollständigen eigenen Zerstörung nicht gegeben.
Nebenbei: Nach russischer Militärdoktrin erfolgt der Einsatz von Atombomben dann, wenn das eigene Land angegriffen und besetzt wird. Das ist jetzt der Fall, die rote Linie wurde überschritten.
Und was ist? Eben...
Das Kalkül, das ich mir hinter dem Vorgehen des Westens erhoffe (ob es tatsächlich existiert, weiß ich nicht), habe ich hier im Forum schon vor Monaten skizziert: die Art und Weise, wie man dafür sorgt, dass Putin sich an diesem Brocken Ukraine verschluckt, ist auch in Hinsicht auf das Taiwan-Problem zu sehen, also eine Botschaft an Xi Jinping: Eine Invasion/Annexion lohnt sich einfach nicht, und wir brauchen gar nicht selbst militärisch eingreifen, um so eine Suppe zu versalzen.
China wird demonstriert, dass Hilfe für Taiwan zögerlich, viel zu spät und in viel zu geringen Mengen kommen wird. Der Angriff muss also so erfolgen, dass Taiwan schnell besetzt wird, bevor der Westen reagiert und seine Debatten zur Hilfe beenden kann.
Angesichts der geringen Größe Taiwans sollte das militärisch machbar sein, wenn auch unter hohen Opfern. Aber das ist für eine Nation mit hohem Überschuss an Männern nicht wirklich nachteilig... eher im Gegenteil, demographisch betrachtet.
Für die ukrainische Bevölkerung ist es sicherlich tragisch, nicht die maximale militärische Hilfe des Westens zu bekommen - aber Realpolitik ist nicht automatisch zynisch: selbstverständlich hat "der Westen" immer auch zuerst seine eigenen Interessen im Blick.
Es ist zynisch zu erklären, das Leiden beenden zu wollen um es dann ganz bewusst immer weiter zu verlängern.
Von den aktuellen News betreffs der Pipelinesprengungen in der Ostsee hat hier noch keiner geschrieben?
Heute Abend kam eine Meldung im DLF, die aufhorchen lässt:
Lindner habe dem Verteidigungsministerium mitgeteilt, dass keine weiteren Anträge mehr genehmigt würden, schreibt die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“.
Lediglich Material, das schon bewilligt sei, solle noch geliefert werden.
Weiter heißt es, dies geschehe auf Wunsch von Bundeskanzler Scholz.
Die Zeitung beruft sich dabei auf interne Regierungsdokumente.
Hintergrund sei der geringer gewordene Spielraum im Bundeshaushalt.
Das Finanzministerium setzt dem Bericht zufolge stattdessen auf internationale Lösungen für eine Finanzierung der Ukraine-Hilfen – etwa durch die von den G7 angestrebte Nutzung von Erträgen aus dem eingefrorenen Vermögen der russischen Zentralbank.
Von den aktuellen News betreffs der Pipelinesprengungen in der Ostsee hat hier noch keiner geschrieben?
Heute Abend kam eine Meldung im DLF, die aufhorchen lässt:
Das peinliche Finanzierungschaos unserer Regierung dürfte nicht unmittelbar mit der Sprengung zu tun haben... entweder man hält es für geboten, die Ukraine zu unserer eigenen Sicherheit zu unterstützen, dann hat sich daran nichts geändert. Oder man lässt es halt ganz bleiben.
Mir selbst ist das Motiv unbegreiflich: Warum sollte die Ukraine die Pipeline sprengen? Daraus ergibt sich kein unmittelbarer Vorteil, aber ein großes Risiko, dass die hiesige Bevölkerung aus Ärger fordert, die Unterstützung einzustellen.
Aber nur, weil deren Regierung Mist braucht, bedeutet das ja nicht, dass man jetzt deren Bevölkerung den Schergen Putins überlassen sollte. Denn die können nichts dafür.
An der grundsätzliche Argumentation für oder gegen die Unterstützung der Ukraine ändert die Sprengung daher nichts.
An der grundsätzliche Argumentation für oder gegen die Unterstützung der Ukraine ändert die Sprengung daher nichts.
Im Grundsatz ändert sich die Argumentation vllt nicht. Aber in der Folge könnte sie es durchaus tun.
Denn ein entscheidendes Argument für das Liefern von "schweren Waffe" (die über das vereinbarte Ziel hinausschießen könnten) war bei Scholz immer "Vertrauen".
Inzwischen sagt Lindner, dass er bereit ist, auszuhelfen, bis die andere Finanzierungen greifen. Bei Antragstellung, der eine gemeinsame Prüfung im Bundestag folgen soll. Spätestens dann kommt der Grundsatz wieder zur Sprache.
Inwieweit die Idee, für die weitere Finanzierung von Russlands eingefrorenen Konten zu nehmen, sich realisieren lässt, dürfte auch zu spannenden Gesprächen führen.
Denn ein entscheidendes Argument für das Liefern von "schweren Waffe" (die über das vereinbarte Ziel hinausschießen könnten) war bei Scholz immer "Vertrauen".
Das halte ich allerdings für eine Phrase ohne tiefere Bedeutung. Zwar spielt Vertrauen auch in der Politik eine gewisse Rolle - wenn es aber erst noch betont werden muss, dann weiß man schon dass es eben nicht selbstverständlich und damit ganz offensichtlich nicht der Fall ist.