Braucht Glaube Lehre? Warum und wenn ja, wieso und wozu?
Moin zusammen!
Die Frage, um die es hier gehen soll, steht im Großen und Ganzen im Betreff.
Der Begriff der "Lehre", den ich hier verwende, soll sowohl das Nachdenken und Reflektieren beinhalten, das wir Theologie nennen, als auch jene Aussagen, die mit dem Anspruch versehen werden, allgemeine christliche Wahrheiten zu formulieren.
Im Idealfall geht m.E. letzterem immer ersteres zuvor und ist ersteres nie selbstbezüglich, sondern immer auf die Bibel bezogen. Aber auch die Nichtidealfälle sind hier mitgemeint, denn:
Es soll hier nicht um einzelne Lehrfragen gehen, auch wenn die möglicherweise zur Veranschaulichung herangezogen werden können. Sondern darum, wie das mit dem Verhältnis von Glaube und Lehre überhaupt aussieht. Wenn Euch also zur Eingangsfrage gleich eine Antwort einfällt, haut sie raus.
Sonst würde ich zur Einstimmung gern zwei drei Anekdoten und Beobachtungen mit Euch teilen:
Zum einen wird immer wieder festgestellt, dass keine andere Religion überhaupt so viel an Lehre entwickelt hat wie das Christentum. Wissenschaft und Philosophie gibt es auch im islamischen Bereich oder im alten und neuen Ostasien. Da wird also insgesamt nicht weniger gedacht.
Aber dass über den Glauben selber nachgedacht und reflektiert wird, dass der Verstand in den Glauben mit einbezogen wird und sich das entwickelt, was wir heute "Theologie" nennen, das gibt es, zumindest der Quellenlage nach, nur im Christentum.
Diese Entwicklung sehen manche als essentiell für das Christentum an ("Glaube betrifft den ganzen Menschen, also auch den Verstand"), andere eher als eine Art Betriebsunfall ("Es steht der Vernunft nicht zu, Gottes Wort zu beurteilen oder zu sortieren." "Es geht um Beziehung, nicht ums Begreifen.") Und viele von uns werden wohl den Argumenten für beide Seiten nicht ganz ihren Wahrheitsgehalt absprechen können.
Ich muss in dem Zusammenhang an ein Gespräch denken, dass ich vor gut 20 Jahren in einer Hochburg des Pietismus mit einem orthodoxen Mitstudenten hatte. Er fragte
"Wie klingt für dich die orthodoxe These, dass am wichtigsten die Liturgie ist, dann erst die Lehre und an dritter Stelle die christliche Ethik?" Ich antwortete: "Wenn wir Liturgie als das verstehen, was sie sein will, nämlich gelebte Beziehung zu Jesus Christus, klingt es für mich sehr pietistisch." - "Oh nein!" - "Und dann würde ich sagen, die Aussage 'Liturgie ist wichtiger als Lehre' ist selbst eine Lehraussage." - "Schei***!" Aber er sah ein, dass es stimmte.
Will sagen: Auch wer Theologie und dem Stellenwert von Lehre skeptisch gegenübersteht, wird in dem Moment, wo er das formuliert, Lehre betreiben. Und dies im besten Fall auch wissen.
Wenn der Glaube für mich mehr ist als mein ganz individuelles Erleben ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit, kann ich gar nicht darüber reden, ohne zu lehren.
Lehre wäre in diesem Sinne allerdings nicht Selbstzweck, sondern dient der Beziehung. Auch wenn sie das mal mehr und mal eher weniger erkennbar und gut macht.
Und damit ahnt Ihr, wohin ich selbst tendiere. 😊
Dies aber nur als mein erstes Brainstorming.
Ich weiß, Metaebenen-Threads sind meist nicht so die Kassenschlager hier. Aber vielleicht finden sich ja ein paar unterschiedliche Ansichten dazu.
Veröffentlicht von: @andreas-wendtMoin zusammen!
Die Frage, um die es hier gehen soll, steht im Großen und Ganzen im Betreff.
Der Begriff der "Lehre", den ich hier verwende, soll sowohl das Nachdenken und Reflektieren beinhalten, das wir Theologie nennen, als auch jene Aussagen, die mit dem Anspruch versehen werden, allgemeine christliche Wahrheiten zu formulieren.
Im Idealfall geht m.E. letzterem immer ersteres zuvor und ist ersteres nie selbstbezüglich, sondern immer auf die Bibel bezogen. Aber auch die Nichtidealfälle sind hier mitgemeint, denn:Es soll hier nicht um einzelne Lehrfragen gehen, auch wenn die möglicherweise zur Veranschaulichung herangezogen werden können. Sondern darum, wie das mit dem Verhältnis von Glaube und Lehre überhaupt aussieht. Wenn Euch also zur Eingangsfrage gleich eine Antwort einfällt, haut sie raus.
Die Frage beschäftigt mich auch, mal mehr und mal weniger, aber doch kontinuierlich. Der Glauben, den ich meine, der mir was bedeutet, der braucht keine Lehre, denn für den sind die Konstrukte des natürlichen Verstandes (Lehre) ein Hindernis. Aber: woraus sollte sich dieser Glaube speisen, wenn nicht aus der Lehre? "Aus der Bibel" mag man antworten, wenn man der Bibel eine Sonderstellung einräumen will, welche sie von "Lehre" abgrenzt: Bibel hier - Interpretation der Bibel (Theologie/Lehre) da. Aber: Selbst wenn ich um Theologie einen Bogen mache, werde ich nicht umhinkönnen, die Bibel zu interpretieren. Warum aber sollte ich das Rad neu erfinden, wenn andere schon etwas vorgedacht haben? Also Bibel braucht Theologie und Theologie braucht Bibel.
Woraus aber speist sich der Glaube?
Was mich angeht, so speist er sich vermutlich (?) primär aus Theologie, welche auch das größte Hindernis für den Glauben ist, und nur sekundär aus Bibel (welche ja erst interpretiert werden muss, also Theologie/Lehre braucht). Weil ich von der Theologie schon erwarte, dass sie sich wo immer möglich auf die Bibel bezieht und so also durch Nicht-Bezug auch transparent macht, wenn sie im "freien Raum" fabuliert (was nicht selten der Fall ist), kann ich Theologie/Lehre (Interpretation von Bibel) an erster Stelle setzen.
Also:
"Braucht Glaube Lehre?" Ja, so wie ein Floß gebraucht wird, um zum andern Ufer eines Flußes zu gelangen (anderes Ufer = Glaube). Das Floß dann noch weiterhin mit sich herumzutragen wäre hinderlich und auch töricht.
Damit sollten dann auch die Fragen: "Warum und wenn ja, wieso und wozu?" beantwortet sein.
Damit habe ich nur ausgedrückt wie es mir erscheint, womit ich deine Aussage "... wird in dem Moment, wo er das formuliert, Lehre betreiben. Und dies im besten Fall auch wissen." zurückweise. Denn ich weiß nur wie es mir erscheint, aber ich gebe nicht vor zu wissen wie sich die Fragestellungen bzgl. anderen Individuen verhält oder verhalten muss/sollte.
Spontane Gedanken dazu
Röm 10,17 So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi.
Veröffentlicht von: @andreas-wendtIch weiß, Metaebenen-Threads sind meist nicht so die Kassenschlager hier. Aber vielleicht finden sich ja ein paar unterschiedliche Ansichten dazu.
Ich bin ein großer Fan der Metaebene, lese nachher den Thread noch komplett 🙂
Kann ich über Glauben reden, ohne zu lehren?
Also ohne meine spezifische Auffassung des Glaubens mindestens im Hintergrund zu haben und damit dann irgendwie zu verbalisieren?
Die Frage bleibt mir.
Wahrscheinlich nicht, wenn ich als ein Wesen mit Sprache agiere.
Wenn ich ohne Sprache agiere, kann ich ja trotzdem in einem Grundvertrauen, in der Richtung eines Denkens und Handelns mit anderen in einer Richtung, sogar in einem "flow" sein. Aber ist das dann schon Glauben? Was ist es? Denke, auch das ist Glauben.
Also geht glauben, ohne zu lehren.
Aber vielleicht geht nicht: sprechend glauben, ohne zu lehren.
Nun... da die Aussage: "Glaube braucht keine Lehre!" selbst eine Lehre darstellt gibt es hier eigentlich nichts weiter zu diskutieren...
Wenn die Frage nur "Ja oder Nein?" lautet, hast Du damit wohl recht.
Aber wir beiden sind lange genug bei j.de, um zu wissen, dass man auf der Grundlage von etwas, worüber man sich einig ist, wunderbar diskutieren kann.
Darum ist meine Frage auch eher, wieso und wozu?
Veröffentlicht von: @andreas-wendtDarum ist meine Frage auch eher, wieso und wozu?
Da müsste ich erst einmal verstehen, wie denn so ein "Glaube ohne Lehre" überhaupt aussehen soll. Ich kann mir darunter nichts vorstellen.
Ich sitze einfach da, glaube so vor mich hin, und das war's?
Manchmal braucht Glauben ...
... auch Leere.
Wohl wahr!
Wie wäre es, wenn wir
die Wörte, also die Formulierungen einfach ändern? 😉
Der Glaube kommt nicht von uns, den machen wir nicht, der wird von Gott geschenkt. Was den "Glauben" (ich gebe zu, ich mag dieses Wort in diesem Gebrauch nicht sonderlich) nährt, ist die Beziehung.
Und schon bin ich am Ende.
😀
😉
Veröffentlicht von: @neubaugoereDer Glaube kommt nicht von uns, den machen wir nicht, der wird von Gott geschenkt.
Als Lutheraner stimme ich dem voll zu.
Aber über diesen Lehrsatz wurden schon einige erbitterte dogmatische Lehrstreitigkeiten geführt. Der Pelagianische Streit etwa, oder der zwischen Luther und Erasmus. Und auf nicht ganz so hohem Niveau auch einige hier (gib nur mal "freier Wille" ins Suchprogramm ein. Oder nein, tu's lieber nicht. 😊 ).
Ich teile Deine Lehre an dieser Stelle voll. Und da ich diese Lehre teile, bin ich Gott umso dankbarer, dass er den Glauben / das Vertrauen auf ihn / die Beziehung zu ihm, in mir geschaffen hat. Es gibt kaum eine Lehre, die mich so fröhlich in Christus macht.
Ich weiß aber, dass es auch fröhliche Geschwister in Christus gibt, die meinen, ihr Glaube sei ihre Entscheidung gewesen.
Wie gehen wir damit um?
Wenn Gott sich uns offenbart und wir uns auf ihn einlassen wollen..
Veröffentlicht von: @andreas-wendtIch weiß aber, dass es auch fröhliche Geschwister in Christus gibt, die meinen, ihr Glaube sei ihre Entscheidung gewesen.
Wenn Gott mich anspricht und ich darauf hin mich für ihn entscheiden tue, weil er mich überzeugt (überführt) hat...von der Wahrheit... von meinem Zustand als Sünder...
Dann bleibt Gott hier derjenige, der dann diesen Glauben - dieses Vertrauen in ihn anfangen lässt.... dort wo wir uns auf ihn eingelassen haben... nachdem er bei uns angeklopft hat
Die Schrift dagegenhalten. 😊
Ich denke, das sind Menschen, die vielleicht wenig bis gar nicht reflektiert sind. Es fühlt sich sicher vieles so an, als wäre es meine Entscheidung. Wahrheit ist jedoch Wahrheit. Den Rest: Stehenlassen und Gott fragen 😉 (das ist kein Witz) und weitergehen.
Veröffentlicht von: @neubaugoereStehenlassen und Gott fragen 😉 (das ist kein Witz) und weitergehen.
Das möchte ich sowieso viel häufiger schaffen 😊
Veröffentlicht von: @neubaugoereWahrheit ist jedoch Wahrheit.
Und wenn man sie formuliert, ist es Lehre, oder?
Frage dazu wäre jetzt (sorry, was mir denkerisch Spaß macht, wirkt für Dich manchmal wie Zerreden, also ruf bitte rechtzeitig Stopp!):
Wie wichtig ist es für den Glauben, dass der Glaubende selbst die Wahrheit über seinen Glauben ... ähm ... glaubt?
Freude an der eigenen Erkenntnis
Veröffentlicht von: @andreas-wendtDas möchte ich sowieso viel häufiger schaffen 😊
Und Gott redet nun auf welche Art und Weise zu uns? Nicht auch durch andere Menschen?
Ist es dann nicht manchmal gut mich mit dem auseinander zu setzen, was andere Menschen glauben und mir über ihr Verständnis mitteilen?
Veröffentlicht von: @andreas-wendtDich manchmal wie Zerreden, also ruf bitte rechtzeitig Stopp!):
für mich wäre an dieser Stelle ein Stopp Ruf an dich angesagt... denn ich denke, das du dich in vielen Beiträgen eher im Kreis drehst...sodass ich mich dann lieber anderen Beiträgen widmen werde
Veröffentlicht von: @resahUnd Gott redet nun auf welche Art und Weise zu uns? Nicht auch durch andere Menschen?
Auf jeden Fall.Gilt das Deiner Meinung nach auch für bereits verstorbene Theologen aus anderen Konfessionen? Oder nur für Forenteilnehmer in der Gegenwart?
(Und bei allem gilt: Prüft alles, das Gute behaltet.)
Veröffentlicht von: @resahdenn ich denke, das du dich in vielen Beiträgen eher im Kreis drehst...sodass ich mich dann lieber anderen Beiträgen widmen werde
Die Freiheit haben wir jederzeit.
Ich spreche sonst lieber vom gemeinsamen Kreisen um ein Thema. Aber das mit dem Kreis passt ganz gut. Und wer aussteigen will, soll das in Frieden tun.
Veröffentlicht von: @andreas-wendtAuf jeden Fall.Gilt das Deiner Meinung nach auch für bereits verstorbene Theologen aus anderen Konfessionen? Oder nur für Forenteilnehmer in der Gegenwart?
Hmm.. möchte da einer spitzfindig werden... 😉
jeder Theologe, der etwas wahres über Gott lehrt, wird dann auch gehört-- zumindest von denen, die sich hier Gottes Kinder nennen können, entsprechend:
1. Joh. 4
6 Wir sind aus Gott; wer Gott erkennt, hört uns; wer nicht aus Gott ist, hört uns nicht. Hieraus erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums.
Veröffentlicht von: @andreas-wendtUnd bei allem gilt: Prüft alles, das Gute behaltet.)
was an die Fragestellung anknüpft, woran und worin wir den nur erkennen können was gut ist...
Veröffentlicht von: @andreas-wendtIch spreche sonst lieber vom gemeinsamen Kreisen um ein Thema.
was alles gut und wichtig ist, wenn man dann auch auf einen Punkt kommt und einen gemeinsamen Konsens findet.
Jesus sagt: ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Er ist das Wort Gottes. Ist er - so gesehen - auch "Lehre"? 😉
Der Zweck des Glaubens
Veröffentlicht von: @andreas-wendtWie wichtig ist es für den Glauben, dass der Glaubende selbst die Wahrheit über seinen Glauben ... ähm ... glaubt?
Dem "Glauben" ist es egal, was da geglaubt wird. Die Frage nach der Wichtigkeit stellt sich erst dann, wenn nach dem Ziel des Glaubens gefragt wird. Also: "Ich glaube an dieses und jenes... und dann wird dies und das passieren!"
Denn Christen glauben ja nicht um des Glauben willens, sondern weil sie sich davon ein Ergebnis erhoffen: "Eins sein mit Gott", jetzt und sogar über den Tod hinaus.
Und es geht nicht nur darum, daran zu Glauben, nein... WEIL man daran glaubt, wird es auch passieren. Wer nicht daran glaubt, wird auch nicht bei Gott sein können.
Der Glaube hat also einen bestimmten Zweck. Und in diesem Sinne gibt es dann natürlich auch "richtigen" und "falschen" Glauben.
Der "richtige Glaube" führt zu Gott, der "falsche Glaube" führt von ihm weg. Und weil es nur diese zwei Möglichkeiten gibt kommt es da natürlich auf jedes Detail an.
Denn es muss hier irgendwo eine klare Trennlinie geben. Was muss zwingend im "richtigen Glauben" enthalten sein, damit er tatsächlich zu Gott führt?
Wann wird die Grenze überschritten, so dass Gott sagt: "Tja, wäre fast richtig gewesen... aber da ist dieses kleine Detail, an das du leider nicht geglaubt hast, deshalb, sorry, aber das reicht nicht, Pech gehabt!"
Glaube - ist ja allgemein das Überzeugtsein von etwas was man nicht mit den eigenen 5 Sinnen wahrnehmen kann und das darin seine Hoffnungen/Erwartungen richten
Lehre - beschäftigt sich mit dem Gegenstand des Glaubens - im Christentum, mit Gott und Jesus Christus z.B. und mit dem Weg dorthin und dem Leben darin
Eine Frage wäre nun: Kann ich an Gott glauben, ohne in irgendeiner Lehre über Gott unterwiesen worden zu sein...
Ich würde diese Frage mit Ja beantworten, wenn Gott sich Menschen auch in Träumen und Visionen offenbaren tut, die ansonsten vielleicht nichts vom Evangelium gehört haben.
Diese Menschen können dann in diesem Glauben bewahrt bleiben vor all dem, was andere Menschen sonst von Gott trennen tut.
Insofern ist die christliche Lehre dann wohl wichtig für ein Wachstum im Glauben. Und für ungläubige Menschen wichtig, auf das sie erkennen, wo sie sich denn in einer Trennung - in Sünde -- von Gott befinden. Auf das sie den Weg zu Gott finden mögen.