Was ist Aufgabe der Theologie?
Zwei Fragen fielen mir heute spontan im Zusammenhang mit "Theologie" ein, die ja gelegentlich den Anspruch erhebt, eine Art Wissenschaft zu sein (Sich aber auch in Konkurrenz zu dieser sieht):
1. Was ist Aufgabe der Theologie?
2. Wird sie dieser Aufgabe gerecht?
Die Antworten würden mich an dieser Stelle sehr interessieren.
Danke erst einmal für alle Beiträge bis jetzt. Ich habe jetzt bewusst erst einmal nichts dazu geschrieben, weil ich zunächst mal ein paar Meinungen sammeln wollte.
Natürlich ist die Frage nach den "Aufgaben" der Theologie sehr allgemein gehalten. So wie ich es sehe muss man hier verschiedene Aufgaben unterscheiden. Spontan fallen mir hier drei Felder ein:
1. Die Ausbildung von Priestern, Pfarrern, Gemeindeleitern oder anderen Leuten, die ein umfassendes Wissen über die Bibel und die christliche Lehre benötigen.
Das ist sicherlich eine Aufgabe, der die Theologie - also in diesem Fall die Institutionen selbst - gerecht werden, denn das findet ja statt.
2. Die Erforschung der Bedeutung von Texten und Lehren. Hier gibt es sicher viele Überschneidungen mit der Religionswissenschaft. Es geht schlicht und einfach darum, wie eine Aussage genau gemeint ist und welchen Stellenwert sie innerhalb der Lehre hat bzw. haben sollte. Im Gegensatz zur Religionswissenschaft dürfte es bei der Interpretation aber auch einen Unterschied machen, ob man hier Gottes oder menschliches Wirken sieht - also etwa in der Frage, ob Gott hier einen langfristigen Plan verfolgt, oder ob die Priesterschaft lediglich auf aktuelle soziale und politische Umstände reagiert.
Dieser Aufgabe wird die Theologie zumindest zu einem großen Teil gerecht, indem Sprache analysiert wird, historische Gegebenheiten berücksichtigt und Zusammenhänge betrachtet werden. Aber es zeigen sich je nach Voraussetzungen auch große Unterschiede in den Ergebnissen.
3. Einordnung eben dieser Lehre in aktuelle Zusammenhänge. Selbst wenn man verstanden hat (oder glaubt, verstanden zu haben), wie die ursprüngliche Lehre lautete, so muss sie ja immer noch auf die aktuellen Gegebenheiten übertragen werden. Also, was will Gott eigentlich und was macht den christlichen Glauben heute aus?
Hier zeigen sich sicherlich die größten Unterschiede. Eine allgemein anerkannte, einheitliche Lehre gibt es bis heute nicht - ganz im Gegenteil scheint sich vieles durch neue Interpretationen immer weiter aufzusplitten.
Je nach Erwartungshaltung scheitert die Theologie spätestens hier. Zwar werden verschiedene Möglichkeiten angeboten - aber endgültige, allgemein anerkannte Wahrheiten gibt es praktisch nicht. Alle "Wahrheiten", die geboten werden, sind Teil dieser verschiedenen Möglichkeiten. Das Ziel, ein tieferes Verständnis zu finden, bleibt letztlich dem Individuum überlassen.
Sicherlich kann man das auch anders einordnen, aber so sehe ich es zunächst mal.
Das Sprechen von und über Gott ist das Ergebnis. Es mag Unterthemen geben, welche Forschungsfragen stellen und Ergebnisse produzieren. Aber für die Theologie als Ganzes ist das Reden von Gott und über Gott bereits die Erfüllung ihres Auftrages.
Aber für die Theologie als Ganzes ist das Reden von Gott und über Gott bereits die Erfüllung ihres Auftrages.
Das klingt mir eher nach einer versteckten Kapitulationserklärung... da die Theologie ohnehin nicht mehr leisten kann als "Reden über Gott" erklärst du das einfach zu ihrem Daseinszweck.
Wäre das aber so, dann wäre Intelligenz keine Voraussetzung für Theologen. Wenn es einfach nur darum geht "über Gott zu reden", dann kann jedes Kind Theologie betreiben.
Und zwar in gleicher Qualität wie die besten Gelehrten - denn um Ergebnisse geht es ja nicht...
Weil man in einem Theologiestudium Disziplinen, wie Hermeneutik, Exegese, Homiletik uvm. Jeder, der über Gott spricht, betreibt Theologie, auch du oder Jack betreiben Theologie.
Wenn mir ein 12 Jähriger Teenie erzählt, wie im Jesus beim Angeln begegnet ist, was er dabei erlebt habt und welche Bedeutung es hat. Dann ist das in seiner Gravität genauso so schwerwiegend wie die Schriften Luthers. Dies bedeutet aber nicht, dass dieser 12 Jährige eine gute Exegese eines Bibeltextes verfassen kann, oder sattelfest in der Teleologie ist.
Ich halte es für notwendig, den Begriff dermassen zu erweitern. Eben weil es in der Theologie so viele Unterbereiche gibt, die sehr eng gefasst sind. Denn Theologie sollte von Christologie, oder Soterologie unterschieden werden. Wenn man die Theologie enger fasst, dann nimmt man automatisch eine Wertung vor, und behauptet, dass dein Reden über Gott weniger wert ist als die eines Studierten.
Wenn man die Theologie enger fasst, dann nimmt man automatisch eine Wertung vor, und behauptet, dass dein Reden über Gott weniger wert ist als die eines Studierten.
Ein Beispiel:
A sagt: Ich kann die Existenz eines christlichen Gottes nicht nachvollziehen, da das Gottesbild, das dort transportiert wird, nicht mit dem Leiden in der Welt zusammenpasst.
B sagt: Die Welt in der wir leben ist die Beste aller mögliche Welt, da nur hier die Freiheit des Individuums und die Herrlichkeit Gottes zum Tragen kommen.
Beides ist Theologie, ein Reden über Gott, beides hat seine Berechtigung, und beides muss man ernst nehmen. Je nachdem was man glaubt, wird man das eine oder andere eher gewichten, aber beide müssen ernst genommen werden.
Deshalb hat in der Theologie alles Platz auch atheistische Gedanken.
Wenn man nur ein bestimmtes Reden von Gott zulassen will, dann zensieren wir uns.
Deshalb hat in der Theologie alles Platz auch atheistische Gedanken.
Wenn man nur ein bestimmtes Reden von Gott zulassen will, dann zensieren wir uns.
Dennoch gibt es unterschiedliche Qualitäten des Gesagten...
Klar, aber die sind nicht wirklich objektiv festlegbar. Nur weil etwas akademischen Standards entspricht, bedeutet dies nicht, dass es ein qualitativ gutes Reden über Gott ist.
Mir scheint, du verwechselst "akademische Standarts" mit inhaltlicher Richtigkeit. Es geht dabei aber um Form und Begründung. Und da macht es natürlich einen großen Unterschied, ob ein Kenner der Geschichte und der Sprache, der sich intensiv mit den Texten auseinandergesetzt hat, einen Kommentar dazu schreibt... oder ob jemand Jesus ablehnt, nachdem ihm die Bilder in einer Kinderbibel nicht gefallen haben, die er mal eben schnell durchgeblättert hat.
Was ja nach deiner Aussage auch "Theologie" wäre.
Veröffentlicht von: @lucan-7Zwei Fragen fielen mir heute spontan im Zusammenhang mit "Theologie" ein, die ja gelegentlich den Anspruch erhebt, eine Art Wissenschaft zu sein (Sich aber auch in Konkurrenz zu dieser sieht):
Die Wissenschaft möchte in Konkurrenz zur Theologie gehen
Die Wissenschaft möchte in Konkurrenz zur Theologie gehen
Ich wüsste nicht auf welche Weise. Wissenschaft ist keine Ideologie, sondern eine Methodik, welche zu einem Teil auch von der Theologie verwendet wird.
Zu einem großen Teil bewegt sich Theologie aber außerhalb wissenschaftlicher Methodik, so dass es hier auch keine Konkurrenzsituation gibt.
Veröffentlicht von: @lucan-7Ich wüsste nicht auf welche Weise.
Die Wissenschaft behauptet nicht, das sie - und nur sie - die Welt erklären kann?
Die Wissenschaft behauptet nicht, das sie - und nur sie - die Welt erklären kann?
"Die Welt" als Ganzes sicher nicht. Wenn überhaupt, dann nur Teile davon.
Und ich denke auch nicht, dass "erklären" hier der richtige Begriff ist. Letztlich "erklärt" die Wissenschaft nichts - sie beobachtet lediglich und beschreibt Zusammenhänge.
"Erklärungen" mag man noch in den Geschichtswissenschaften finden, also etwa aus welchen Gründen eine Person so oder so gehandelt hat. In der Naturwissenschaft gibt es meiner Ansicht nach keine "Erklärungen" im engeren Sinne, sondern im Wesentlichen die Beschreibung von Ursache-Wirkungs Zusammenhängen.
Veröffentlicht von: @lucan-7In der Naturwissenschaft gibt es meiner Ansicht nach keine "Erklärungen" im engeren Sinne, sondern im Wesentlichen die Beschreibung von Ursache-Wirkungs Zusammenhängen.
Im natürlichen Er-Leben geht die Sonne am Morgen auf und am Abend unter
Die Naturwissenschaft erklärt dir, dass das Quark ist, weil die Erde sich bewegt und die Sonne (scheinbar) fest ist.
Nehme ich die Theologie - dann verwendet sie die Aussage:
Ps 113,3 Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobt der Name des HERRN!
So, dass sie unserem Erleben entspricht - für einen Anhänger der Naturwissenschaft ist das natürlich Unsinn
Vielleicht haben Theologie und Naturwissenschaft unterschiedliche Lebensbereiche, für die sie zuständig sind?
Im natürlichen Er-Leben geht die Sonne am Morgen auf und am Abend unter
Die Naturwissenschaft erklärt dir, dass das Quark ist, weil die Erde sich bewegt und die Sonne (scheinbar) fest ist.
Nein, tut sie nicht. Die Sonne ist nicht "fest". Auch die Sonne bewegt sich.
Und wissenschaftlich gesehen ist es auch nicht absolut, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Diese Sichtweise ist lediglich mathematisch einfacher darzustellen - aber es ist eine willkürliche Festlegung.
Wir könnten genau so gut die Erde als Mittelpunkt definieren. Dann wären die Planetenbahnen lediglich komplexer in ihrer Darstellung, weil sie nicht mehr elliptisch wären. Aber alle Naturgesetze und Darstellungen würden genau so gut funktionieren, wenn wir die Erde im Mittelpunkt sähen. Die Sonne würde dann um die Erde kreisen, und die Planeten hätten dann spiralförmige, sehr komplexe Umlaufbahnen. Technisch kein Problem - aber umständlich.
Die Darstellung mit der Sonne in der Mitte ist lediglich die einfachste Darstellung. Aber nicht die einzig mögliche.
Vielleicht haben Theologie und Naturwissenschaft unterschiedliche Lebensbereiche, für die sie zuständig sind?
Mit Sicherheit. Theologie hat eine soziale Aufgabe, Naturwissenschaft eine logische.
Veröffentlicht von: @lucan-7Nein, tut sie nicht. Die Sonne ist nicht "fest". Auch die Sonne bewegt sich.
habe ich doch geschrieben - "scheinbar" = was liest du, wenn du die Texte anderer liest?
habe ich doch geschrieben - "scheinbar" = was liest du, wenn du die Texte anderer liest?
Ich habe deine Aussage bestätigt und ergänzt.
Das war jetzt aber nicht der Punkt... sondern der ganze Rest. War das für dich unwesentlich?