Guten Abend an alle. 😊
Hier ist es ja sehr ruhig und eigentlich passt mein Thread sowohl hierher, als auch in "Miteinander". Und ich fürchte, ich muss auch ein wenig weiter ausholen. Da beides miteinander verquickt ist.
Gestern hatte ich mein 10jähriges Jubiläum, dass ich meinen Beruf ausübe. Mein Studienende war ausgerechnet, nach der Weltwirtschaftskrise 2008, es dauerte ein Weilchen, bis ich Fuss fand. Damals hatte mich hier bepe mega unterstützt und ich hoffe, er verirrt sich auch hierher. Ich fand dann auch nach seiner Hilfe fix eine Stelle, und zog ins Schwabenland.
Der Einstieg war heftig. Die Bezahlung war unterirdisch, der Ton rau. Fette Sau und dummer Ossi fiel damals öfter. Aber ich war raus aus Hartz4. Gleichzeitig wurde ich von meiner Vermieterin als gestört bezeichnet, weil ich z.B. andere Gerichte kochte als sie. Nach 3 Monaten musste ich etwas Neues suchen. Die ersten Kontakte damals waren Christen, die mich aber auch mehr oder weniger sofort nieder machten (eine richtige Christin sei nicht Architektin, und immer wieder Kram über die Optik). Diese Kontakte brach ich und wechselte nach 1,5 Jahren auch das Büro.
Über die Jahre hatte ich einen konstanten Freundeskreis im HS/HB/ spektrum (anteilig sind auch hb Autisten dabei) aufgebaut, hier vor Ort sind die wenigen Freunde entweder gestorben oder weggezogen. Jegliche anderen Kontakte brach ich, denn bei jeder minimalen Abweichung wie Musikgeschmacck, Hobby, wasauchimmer folgte wirklich jedes Mal Aussagen wie "krank, gestört, abartig".
Im Büro, wo ich nun seit 8 Jahren bin, lief es eine ganze Weile gut. Nur finanziell blie es mau. Etwas besser als im ersten Büro, dennoch eklatant unterbezahlt. Vor ein paar Jahren kam eine Kollegin mit Alkoholproblem dazu, die zur Ablenkung kleine Fehler in meinen Projekten suchte und damit jedesmal zum Chef rannte. Also Fehler der Marke "eine Beschriftung im Plan vergessen". Jeder übersieht doch mal was, und ein Hinweis zur korrektur wäre hilfreich. Aber sie rannte ständig...hier fehlt noch was (das waren oft noch nicht mal fertige Pläne)...und mit einem Mal war ich an allem Schuld, sogar an Dingen, die andere Leute im Projekt gemacht hatten. Wenn auf der Baustelle Arbeiter einen Plan nicht aufgefaltet hatten und Dinge übersahen. Detailierte Angaben ignorierten. "ich müsse halt mitdenken". Ich wurde immer mehr zum Blitzableiter vom Chef. Es wurde in Frage gestellt, ob mein Studium überhaupt ein Studium war, oder nicht eher ein Lehrgang. Ich bin Dipl.-Ing. Zwar FH, aber trotzdem. Jedes Ding wurde auf einmal überwacht, aus Angst Fehler zu machen, wurde ich immer nervöser, kränklicher, habe inzwischen chronische Magenprobleme. Wenn ich mit Fieber am Wochenende kam, durften die anderen vom Projekt danach ruhen, ich musste 12 Tage durcharbeiten, damit ich "einmal nicht ganz so faul bin". Und immer wieder kam, ich würde überall versagen. Weiterbildungen (=blau machen), die notwenig waren, um endlich Kammermitglied zu werden, wurden als Verschwendung angesehen. Als ich im Sommer mit unterstützung von meinem tollen Verlobten fertig wurde, um endlich vollwertige Architektin zu sein (vorher lief es unter Dil.-Ing für Architektur), da hieß es nur: wozu und die nehmen Sie da rein? Danach lies der Chef jede schlechte Laune an mir aus, und auf einmal fielen Worte wie hirnverbrannt und geistig umnachtet. Dann wurde mir angekreidet, dass ich "pampig" darauf reagieren würde, ich hätte das sachlich zu schlucken. Selbst meine Hausärztin, die mich nur widerwillig krank schrieb, meinte, sowas muss man abkönnen.
Ich wäre gern eher gegangen, aber ich hatte mich schlicht nicht getraut. Mein Ego war ziemlich am Boden. Schon auch weil von einigen Bekannten nicht etwa Unterstützung kam, sondern eher: Wenn dir das so häufig passiert, dass Leute dich erniedrigen und wertlos finden, dann sollte ich mal drüber nachdenken, ob das nicht gerechtfertigt sei.
Nachdem ich nur noch im Panik/Angstmodus war, wurde eine Freundin energisch, und ich suchte mir hilfe. So war ich endlich in der Lage, Bewerbungsunterlagen zu erstellen, und über Vitamin B kam es tatsächlich sehr kurzfristig zu einem Bewerbungsgespräch. Das zwar überwiegend wirklich positiv und sogar inspirierend war. Bis es ums Gehalt ging. Mein jetztiges Brutto liegt UNTER dem regionalen Einsteigergehalt, der letzte Inflationsausgleich ist 2016 gewesen. Und im Großen und Ganzen liege ich gut 1.000€ brutto unter dem, was für das was ich kann (bin wirklich breit aufgestellt, und muss mich für das was ich kann, nicht verstecken)...ich nannte also bei den Gehaltswünschen ein Spektrum im Durchschnittsbereich, ich hatte mich gut vorbereitet und wusste, was ich bekommen sollte. ein bereich, der weder unverschämt war, noch Bittsteller, der Bürogröße angemessen. Geboten wurde mir...noch weniger als jetzt. Ich arbeite 10 Jahre, zwar in einem miesen Büro, aber ich weiß, ich bin nicht übel. Das in dem Büro nix gescheites mehr nachkommt, klar. Aber das ich gleich den nächsten wieder nur weniger als ein Anfänger wert bin, das ist...übel. Ich erwähnte auch, dass das weniger als das ist, was ein Anfänger bekommt. Mehr zahlen wir nicht. Die dortigen Angestellten sind alle verheiratet. Mag sein, ihre Männer verdienes so, das es ihnen nicht egal ist. Aber ich mag nicht von meinem Partner abhängig sein.
Tja, und nun ist mein Ego wieder geschrumpft...was, wenn das immer so weiter geht. Ich bin wütend, und ich schäme mich gleichzeitig. Ich will doch kein Opfer sein. Ich bin nicht mal ein Mensch, der kleinlaut alles schluckt. Sondern sich auch wehrt. Und trotzdem.
Danke fürs Lesen. Für weisen Rat bin ich dankbar